Verwaltungsgericht Köln Urteil, 24. Nov. 2015 - 7 K 6723/14
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Leistung einer Sicherheit in Höhe von 110 % des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
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T a t b e s t a n d
2Die Klägerin ist am 00.00.0000 in Kijewka (Kasachstan) geboren. Ihr Vater war der am 00.00.1913 geborene Herr H. L. , ihre Mutter die am 00.00.1913 geborene M. T. . In dem ihrem Ehemann Herrn B. T1. , geboren 00.00.0000, erteilten Aufnahmebescheid nach dem Bundesvertriebenengesetz (BVFG) war sie gemäß § 8 BVFG als mitreisender nichtdeutscher Ehegatte aufgeführt. Einbezogen waren in den Aufnahmebescheid die Kinder U. (geb. 00.00.1977) und B1. (geb. 00.00.1981). Der Registrierschein der Familie datiert vom 22.02.1993.
3Die Klägerin beantragte am 10.03.1993 beim Landratsamt Bamberg die Ausstellung eines Vertriebenenausweises. In einem Vermerk des Landratsamtes vom gleichen Tag findet sich die Bewertung, die Klägerin verstehe und spreche Deutsch gut. In einer Niederschrift des Landratsamtes vom 16.03.1994 erklärte sich die Klägerin mit Rücksicht auf die Eintragung der ukrainischen Nationalität in ihrem ersten Inlandspass damit einverstanden, lediglich als Ehegatte eines Spätaussiedlers nach § 7 Abs. 2 BVFG geführt zu werden.
4Mit anwaltlichem Schreiben an das Landratsamt Bamberg vom 10.09.1999 wiederholte die Klägerin ihren Antrag auf Ausstellung einer Spätaussiedlerbescheinigung. Diesen Antrag lehnte das Zentrale Ausgleichsamt Bayern - Außenstelle Bayreuth - mit Bescheid vom 22.01.2003 ab. Die Klägerin erhob hiergegen am 28.02.2003 beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth Klage. Diese wies das Gericht mit Urteil vom 25.11.2009 ab. Die Berufung wies der Bayerische VGH mit Urteil vom 12.12.2012 zurück. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision war gemäß Beschluss des BVerwG vom 12.12.2012 - 5 B 11.13 - erfolglos.
5Mit anwaltlichem Schreiben vom 09.07.2013 beantragte die Klägerin beim Bundesverwaltungsamt (BVA) unter Hinweis auf das 10. BVFG-Änderungsgesetz das Wiederaufgreifen des Verfahrens zur Ausstellung einer Spätaussiedlerbescheinigung.
6Diesen Antrag lehnte das BVA mit Bescheid vom 28.05.2014 ab. Die Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens lägen nicht vor. Zwar habe sich die Rechtslage nach der Neuregelung durch das 10. BVFG-Änderungsgesetz geändert. Nach der gefestigten Rechtsprechung des BVerwG bestimmten sich die Voraussetzungen für den Erwerb des Spätaussiedlerstatus nach dem Zeitpunkt der Einreise. Da die Klägerin bereits 1993 eingereist sei, berührten spätere Rechtsänderungen diesen Status nicht mehr. Auch ein Wiederaufgreifen im Rahmen der Regelung des § 51 Abs. 5 i.V.m. §§ 48, 49 VwVfG komme nicht in Betracht. Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies das BVA mit Widerspruchsbescheid vom 28.10.2014 zurück. Die Zustellung des Widerspruchsbescheides erfolgte am 05.11.2014.
7Die Klägerin hat am 04.12.2014 Klage erhoben.
8Sie sei deutsche Volkszugehörige, denn sie stamme von einem deutschen Volkszugehörigen ab und habe sich zum deutschen Volkstum bekannt. Sie habe bei der Einreise aufgrund familiärer Vermittlung ausreichend Deutsch gesprochen. Nachdem das 10. Änderungsgesetz zum BVFG die deutsche Volkszugehörigkeit neu definiert habe und nunmehr das Bekenntnis lediglich bis zum Verlassen des Aussiedlungsgebietes vorliegen müsse, zudem das Bekenntnis auf sonstige Weise um zwei weitere Alternativen erweitert worden sei, handele es sich auch um eine Vorschrift, die zu ihren Gunsten wirke. Wer sich bis zum Verlassen der Aussiedlungsgebiete zum deutschen Volkstum bekannt habe, sei deutscher Volkszugehöriger.
9Die Klägerin beantragt,
10die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesverwaltungsamtes vom 28.05.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.10.2014 zu verpflichten, ihr eine Spätaussiedlerbescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG zu erteilen.
11Die Beklagte beantragt,
12die Klage abzuweisen.
13Sie tritt der Rechtsauffassung der Klägerin entgegen und verweist auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts.
14Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
15Entscheidungsgründe
16Die Klage ist nicht begründet.
17Der Bescheid des BVA vom 28.05.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.10.2014 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO). Sie hat keinen Anspruch auf die Erteilung einer Spätaussiedlerbescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG unter Wiederaufgreifen des mit der Ablehnung der Zulassung der Revision gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes vom 12.12.2012 durch das Bundesverwaltungsgericht rechtkräftig abgeschlossenen Verfahrens gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG). Hierbei bedarf es keiner Entscheidung der Frage, ob § 27 Abs. 3 BVFG, der sich wortlautgemäß auf unanfechtbar abgeschlossene Verfahren auf Erteilung eines Aufnahmebescheides oder auf Einbeziehung in einen solchen Bescheid bezieht, auf solche zur Erteilung einer Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG anwendbar ist. Denn es fehlt an einer nachträglich zugunsten der Klägerin eingetreten Änderung der Sach- oder Rechtslage:
18Eine Änderung der Rechtslage zugunsten der Klägerin ist durch das am 14.09.2013 in Kraft getretene 10. Gesetz zur Änderung des Bundesvertriebenengesetzes vom 06.09.2013 (BGBl. I S. 3554) nicht eingetreten. Denn Spätaussiedler ist auch nach neuer Rechtslage gemäß § 4 Abs. 1 BVFG nur, werim Wege des Aufnahmeverfahrens verlassen hat. Hieran fehlt es bei Antragstellern, die – wie die Klägerin – als mitreisende Person gemäß § 8 Abs. 2 BVFG in die Verteilung einbezogen wurden.
19Die gesetzliche Neuregelung gebietet auch im Übrigen keine erneute Entscheidung über den Antrag der Klägerin. Insbesondere hat nicht eine generelle Neudefinition des Begriffs der deutschen Volkszugehörigkeit durch das 10. Änderungsgesetz stattgefunden. Zwar ist ein Antrag auf Wiederaufahme eines unanfechtbar abgeschlossenen Verfahrens auf Erteilung eines Aufnahmebescheides oder auf Einbeziehung gemäß § 27 Abs. 3 Satz 1 BVFG n.F. nicht an eine Frist gebunden. Mit dieser Bestimmung soll jedoch nur eine verfahrensrechtliche Besserstellung derjenigen Aufnahmebewerber bewirkt werden, die materiell-rechtlich von den Neuerungen des 10. Änderungsgesetzes profitieren, namentlich derjenigen Personen, die auf die Neuregelung des § 6 Abs. 2 Satz 2 BVFG verweisen können. Nicht mit ihr verbunden ist hingegen ein allgemeiner Anspruch auf Wiederholung rechtkräftig abgeschlossener Verfahren. § 27 Abs. 3 Satz 1 BVFG n.F. lässt nämlich die materiellen Voraussetzungen der Wiederaufnahme nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz unberührt und suspendiert nur vom Fristerfordernis des § 51 Abs. 3 VwVfG. Im Übrigen verbleibt es bei den allgemeinen Anforderungen des Wiederaufgreifens nach § 51 Abs. 1 VwVfG.
20Vgl. zu den Anforderungen an ein Wiederaufgreifen nach den Änderungen durch das Zuwanderungsgesetz vom 30.07.2004 (BGBl. I S. 1950): OVG NRW, Beschluss vom 02.04.2014 - 11 A 2103/12 -.
21Diese sind hier nicht gegeben, weil die für die Ablehnung der Erteilung einer Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG maßgeblichen rechtlichen Umstände unverändert geblieben sind.
22Vgl. OVG NRW, Urteil vom 10.03.2014 - 11 A 1966/13 - unter Hinweis auf BT-Drs. 17/13937, S. 13.
23Diese bestimmen sich nämlich bei Personen, die bereits in die Bundesrepublik Deutschland eingereist sind, grundsätzlich nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Einreise. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass für die Beurteilung der Voraussetzungen der §§ 4 und 6 BVFG auf die Rechtslage bei Aufnahme abzustellen ist,
24vgl. BVerwG, Urteile vom 12.03.2002 - 5 C 45.01 -, vom 28.05.2015 - 1 C 24.14 - und vom 16.07.2015 - 1 C 29.14 -.
25Denn die nach § 15 Abs. 1 BVFG zu bescheinigende Spätaussiedlereigenschaft richtet sich materiell-rechtlich nach § 4 Abs. 1 und 2 BVFG. Spätaussiedler ist hiernach „ein deutscher Volkszugehöriger, der die (Aussiedlungsgebiete) nach dem 31. Dezember 1992 im Wege des Aufnahmeverfahrens verlassen und innerhalb von sechs Monaten im Geltungsbereich des Gesetzes seinen ständigen Aufenthalt genommen hat“. Die Vorschrift bestimmt damit sowohl die Voraussetzungen für den Erwerb des Spätaussiedlerstatus als auch den Zeitpunkt, zu dem die Erwerbsvoraussetzungen vorliegen müssen. Für die materiellen Voraussetzungen der Spätaussiedlereigenschaft ist damit auf den Zeitpunkt der Einreise, vorliegend also auf den Februar 1993, abzustellen. Dies gilt auch für solche Antragsteller, die auf ausländerrechtlicher Basis übergesiedelt sind,
26vgl. OVG NRW, Beschluss vom 25.11.2015 - 11 E 1113/15 -.
27Der Umstand, dass der Beleg eine Bekenntnisses zum deutschen Volkstum nach § 6 Abs. 2 Satz 2 BVFG n.F. nunmehr auch durch den Nachweis ausreichender deutscher Sprachkenntnisse entsprechend dem Niveau B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen oder durch den Nachweis familiär vermittelter Deutschkenntnisse erbracht werden kann, begründet folglich keinen Anspruch der Klägerin auf ein Wiederaufgreifen des unanfechtbar abgeschlossenen Verfahrens.
28Die Beklagte hat auch die nachträgliche Aufhebung des ablehnenden Bescheides nach § 51 Abs. 5 VwVfG i.V.m. §§ 48 Abs. 1, 49 Abs. 1 VwVfG ermessensfehlerfrei abgelehnt. Sie hat hierbei zutreffend auf die Abwägung der grundsätzlich gleichwertigen Belange des Schutzes der Bestandskraft der ablehnenden Entscheidung und damit der Belange von Rechtsfrieden und Rechtssicherheit auf der einen und auf das Interesse der Klägerin an der Einzelfallgerechtigkeit auf der anderen Seite abgehoben. Es ist aus rechtlicher Sicht nicht zu beanstanden, dass sie im Ergebnis dem öffentlichen Interesse an Rechtsfrieden und Rechtssicherheit den Vorzug gegeben hat. Hierbei ist von Bedeutung, dass die ablehnende Entscheidung hier durch ein rechtskräftiges Urteil bestätigt wurde,
29vgl. BVerwG, Urteil vom 22.10.2009 - 1 C 15.08 - und vom 13.12.2001 - 5 C 9.11 -, hierzu Engels, in: Mann/Sennekamp/Uechtritz, VwVfG-Großkommentar, 1. Auflage 2014, § 51 Rn. 10 .
30In einem solchen Fall dürften regelmäßig weitere Ermessenserwägungen nicht erforderlich sein. Dessen ungeachtet hat die Klägerin selbst keine weiteren Umstände vorgebracht, die gegen die Bestandskraft des ablehnenden Bescheides streiten. Denn solche Umstände müssten ein erhebliches Gewicht haben. Sie liegen vor, wenn die Aufrechterhaltung der getroffenen Entscheidung schlechthin unerträglich wäre oder gegen die guten Sitten oder Treu und Glauben verstieße. Hierfür ist jedoch nichts ersichtlich.
31Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
32Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 VwGO.
Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Köln Urteil, 24. Nov. 2015 - 7 K 6723/14
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Verwaltungsgericht Köln Urteil, 24. Nov. 2015 - 7 K 6723/14 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).
(1) Die Länder nehmen die Spätaussiedler und ihre Ehegatten und Abkömmlinge, soweit sie die Voraussetzungen des § 7 Abs. 2 erfüllen, auf. Das Bundesverwaltungsamt legt das aufnehmende Land fest (Verteilungsverfahren). Bis zu dieser Festlegung werden die Personen vom Bund untergebracht. Spätaussiedler und in den Aufnahmebescheid einbezogene Ehegatten oder Abkömmlinge sind verpflichtet, sich nach der Einreise in den Geltungsbereich des Gesetzes in einer Erstaufnahmeeinrichtung des Bundes registrieren zu lassen.
(2) Familienangehörige des Spätaussiedlers, die, ohne die Voraussetzungen des § 7 Abs. 2 zu erfüllen, gemeinsam mit dem Spätaussiedler eintreffen, können in das Verteilungsverfahren einbezogen werden.
(3) Die Länder können durch Vereinbarung einen Schlüssel zur Verteilung festlegen. Bis zum Zustandekommen dieser Vereinbarung oder bei deren Wegfall richten sich die Verteilungsquoten für das jeweilige Kalenderjahr nach dem von der Geschäftsstelle der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung im Bundesanzeiger veröffentlichten Schlüssel, der für das vorangegangene Kalenderjahr entsprechend Steuereinnahmen und Bevölkerungszahl der Länder errechnet worden ist (Königsteiner Schlüssel).
(4) Das Bundesverwaltungsamt hat den Schlüssel einzuhalten. Zu diesem Zweck kann ein von den Wünschen des Spätaussiedlers abweichendes Land zur Aufnahme verpflichtet werden.
(5) Wer abweichend von der Festlegung oder ohne Festlegung des Bundesverwaltungsamtes in einem Land ständigen Aufenthalt nimmt, muss dort nicht aufgenommen werden.
(6) (weggefallen)
(7) § 45 des Achten Buches Sozialgesetzbuch (Artikel 1 des Gesetzes vom 26. Juni 1990, BGBl. I S. 1163) gilt nicht für Einrichtungen zur Aufnahme von Spätaussiedlern.
(1) Spätaussiedlern ist die Eingliederung in das berufliche, kulturelle und soziale Leben in der Bundesrepublik Deutschland zu erleichtern. Durch die Spätaussiedlung bedingte Nachteile sind zu mildern.
(2) Die §§ 8, 10 und 11 sind auf den Ehegatten und die Abkömmlinge des Spätaussiedlers, die die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 oder 2 nicht erfüllen, aber die Aussiedlungsgebiete im Wege des Aufnahmeverfahrens verlassen haben, entsprechend anzuwenden. § 5 gilt sinngemäß.
(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.
(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er
- 1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat; - 2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren; - 3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.
(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.
(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(1) Ein rechtmäßiger nicht begünstigender Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, außer wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste oder aus anderen Gründen ein Widerruf unzulässig ist.
(2) Ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt darf, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft nur widerrufen werden,
- 1.
wenn der Widerruf durch Rechtsvorschrift zugelassen oder im Verwaltungsakt vorbehalten ist; - 2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat; - 3.
wenn die Behörde auf Grund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde; - 4.
wenn die Behörde auf Grund einer geänderten Rechtsvorschrift berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, soweit der Begünstigte von der Vergünstigung noch keinen Gebrauch gemacht oder auf Grund des Verwaltungsaktes noch keine Leistungen empfangen hat, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde; - 5.
um schwere Nachteile für das Gemeinwohl zu verhüten oder zu beseitigen.
(3) Ein rechtmäßiger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zwecks gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise auch mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden,
- 1.
wenn die Leistung nicht, nicht alsbald nach der Erbringung oder nicht mehr für den in dem Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet wird; - 2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat.
(4) Der widerrufene Verwaltungsakt wird mit dem Wirksamwerden des Widerrufs unwirksam, wenn die Behörde keinen anderen Zeitpunkt bestimmt.
(5) Über den Widerruf entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zu widerrufende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(6) Wird ein begünstigender Verwaltungsakt in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 3 bis 5 widerrufen, so hat die Behörde den Betroffenen auf Antrag für den Vermögensnachteil zu entschädigen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen schutzwürdig ist. § 48 Abs. 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend. Für Streitigkeiten über die Entschädigung ist der ordentliche Rechtsweg gegeben.
(1) Das Bundesverwaltungsamt stellt Spätaussiedlern zum Nachweis ihrer Spätaussiedlereigenschaft eine Bescheinigung aus. Eine Wiederholung des Gesprächs im Sinne von § 6 Abs. 2 Satz 3 findet hierbei nicht statt. Bei Personen, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, beteiligt das Bundesverwaltungsamt vor Erteilung der Bescheinigung den Bundesnachrichtendienst, das Bundesamt für Verfassungsschutz, den Militärischen Abschirmdienst, die Bundespolizei, das Bundeskriminalamt und das Zollkriminalamt, wenn dies zur Feststellung von Ausschlussgründen nach § 5 Nr. 1 Buchstabe d und e geboten ist. Die Entscheidung über die Ausstellung der Bescheinigung ist für Staatsangehörigkeitsbehörden und alle Behörden und Stellen verbindlich, die für die Gewährung von Rechten oder Vergünstigungen als Spätaussiedler nach diesem oder einem anderen Gesetz zuständig sind. Hält eine Behörde oder Stelle die Entscheidung des Bundesverwaltungsamtes über die Ausstellung der Bescheinigung nicht für gerechtfertigt, so kann sie nur ihre Änderung oder Aufhebung durch das Bundesverwaltungsamt beantragen.
(2) Das Bundesverwaltungsamt stellt dem in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogenen Ehegatten oder Abkömmling eine Bescheinigung zum Nachweis des Status nach Artikel 116 Abs. 1 des Grundgesetzes sowie seiner Leistungsberechtigung nach § 7 Abs. 2 Satz 1 aus. Eine Bescheinigung nach Absatz 1 kann nur ausgestellt werden, wenn die Erteilung eines Aufnahmebescheides beantragt und nicht bestands- oder rechtskräftig abgelehnt worden ist. Im Übrigen gilt Absatz 1 entsprechend.
(3) Über die Rücknahme und die Ausstellung einer Zweitschrift einer Bescheinigung entscheidet die Ausstellungsbehörde.
(4) Eine Bescheinigung kann mit Wirkung für die Vergangenheit nur zurückgenommen werden, wenn sie durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung oder durch vorsätzlich unrichtige oder unvollständige Angaben, die wesentlich für ihre Ausstellung gewesen sind, erwirkt worden ist. Die Rücknahme mit Wirkung für die Vergangenheit darf nur bis zum Ablauf von fünf Jahren nach Ausstellung der Bescheinigung erfolgen. Hat die Rücknahme einer Bescheinigung nach Absatz 1 auch Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit von Bescheinigungen nach Absatz 2, so ist für jeden Betroffenen eine selbständige Ermessensentscheidung zu treffen. Dabei ist das Maß der Beteiligung des Ehegatten oder Abkömmlings an einer arglistigen Täuschung, Drohung oder Bestechung oder an unrichtigen oder unvollständigen Angaben des Spätaussiedlers gegen die schutzwürdigen Belange des Ehegatten oder Abkömmlings, insbesondere unter Beachtung des Kindeswohls, abzuwägen. Der Widerruf einer Bescheinigung ist nicht zulässig.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Das Bundesverwaltungsamt stellt Spätaussiedlern zum Nachweis ihrer Spätaussiedlereigenschaft eine Bescheinigung aus. Eine Wiederholung des Gesprächs im Sinne von § 6 Abs. 2 Satz 3 findet hierbei nicht statt. Bei Personen, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, beteiligt das Bundesverwaltungsamt vor Erteilung der Bescheinigung den Bundesnachrichtendienst, das Bundesamt für Verfassungsschutz, den Militärischen Abschirmdienst, die Bundespolizei, das Bundeskriminalamt und das Zollkriminalamt, wenn dies zur Feststellung von Ausschlussgründen nach § 5 Nr. 1 Buchstabe d und e geboten ist. Die Entscheidung über die Ausstellung der Bescheinigung ist für Staatsangehörigkeitsbehörden und alle Behörden und Stellen verbindlich, die für die Gewährung von Rechten oder Vergünstigungen als Spätaussiedler nach diesem oder einem anderen Gesetz zuständig sind. Hält eine Behörde oder Stelle die Entscheidung des Bundesverwaltungsamtes über die Ausstellung der Bescheinigung nicht für gerechtfertigt, so kann sie nur ihre Änderung oder Aufhebung durch das Bundesverwaltungsamt beantragen.
(2) Das Bundesverwaltungsamt stellt dem in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogenen Ehegatten oder Abkömmling eine Bescheinigung zum Nachweis des Status nach Artikel 116 Abs. 1 des Grundgesetzes sowie seiner Leistungsberechtigung nach § 7 Abs. 2 Satz 1 aus. Eine Bescheinigung nach Absatz 1 kann nur ausgestellt werden, wenn die Erteilung eines Aufnahmebescheides beantragt und nicht bestands- oder rechtskräftig abgelehnt worden ist. Im Übrigen gilt Absatz 1 entsprechend.
(3) Über die Rücknahme und die Ausstellung einer Zweitschrift einer Bescheinigung entscheidet die Ausstellungsbehörde.
(4) Eine Bescheinigung kann mit Wirkung für die Vergangenheit nur zurückgenommen werden, wenn sie durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung oder durch vorsätzlich unrichtige oder unvollständige Angaben, die wesentlich für ihre Ausstellung gewesen sind, erwirkt worden ist. Die Rücknahme mit Wirkung für die Vergangenheit darf nur bis zum Ablauf von fünf Jahren nach Ausstellung der Bescheinigung erfolgen. Hat die Rücknahme einer Bescheinigung nach Absatz 1 auch Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit von Bescheinigungen nach Absatz 2, so ist für jeden Betroffenen eine selbständige Ermessensentscheidung zu treffen. Dabei ist das Maß der Beteiligung des Ehegatten oder Abkömmlings an einer arglistigen Täuschung, Drohung oder Bestechung oder an unrichtigen oder unvollständigen Angaben des Spätaussiedlers gegen die schutzwürdigen Belange des Ehegatten oder Abkömmlings, insbesondere unter Beachtung des Kindeswohls, abzuwägen. Der Widerruf einer Bescheinigung ist nicht zulässig.
(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn
- 1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat; - 2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden; - 3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.
(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.
(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.
(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberührt.
(1) Der Aufnahmebescheid wird auf Antrag Personen mit Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten erteilt, die nach Begründung des ständigen Aufenthalts im Geltungsbereich des Gesetzes die Voraussetzungen als Spätaussiedler erfüllen (Bezugspersonen). Abweichend hiervon kann Personen, die sich ohne Aufnahmebescheid im Geltungsbereich des Gesetzes aufhalten, ein Aufnahmebescheid erteilt oder es kann die Eintragung nach Absatz 2 Satz 1 nachgeholt werden, wenn die Versagung eine besondere Härte bedeuten würde und die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Der Wohnsitz im Aussiedlungsgebiet gilt als fortbestehend, wenn ein Antrag nach Satz 2 abgelehnt wurde und der Antragsteller für den Folgeantrag nach Satz 1 erneut Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten begründet hat.
(2) Der im Aussiedlungsgebiet lebende Ehegatte, sofern die Ehe seit mindestens drei Jahren besteht, oder der im Aussiedlungsgebiet lebende Abkömmling werden zum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung in den Aufnahmebescheid der Bezugsperson einbezogen, wenn in ihrer Person kein Ausschlussgrund im Sinne des § 5 vorliegt und die Bezugsperson die Einbeziehung ausdrücklich beantragt; Ehegatten und volljährige Abkömmlinge müssen auch Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen. Die Einbeziehung wird nachgeholt, wenn ein Abkömmling einer Bezugsperson nicht mehr im Aussiedlungsgebiet, sondern während des Aussiedlungsvorganges und vor Ausstellung der Bescheinigung nach § 15 Absatz 1 geboren wird. Abweichend von Satz 1 kann der im Aussiedlungsgebiet verbliebene Ehegatte oder Abkömmling eines Spätaussiedlers, der seinen ständigen Aufenthalt im Geltungsbereich des Gesetzes hat, nachträglich nach Satz 1 in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogen werden, wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Die Einbeziehung von minderjährigen Abkömmlingen in den Aufnahmebescheid ist nur gemeinsam mit der Einbeziehung der Eltern oder des sorgeberechtigten Elternteils zulässig. Ein Ehegatte oder volljähriger Abkömmling wird abweichend von Satz 1 einbezogen, wenn er wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder wegen einer Behinderung im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch keine Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen kann. Die Einbeziehung in den Aufnahmebescheid wird insbesondere dann unwirksam, wenn die Ehe aufgelöst wird, bevor beide Ehegatten die Aussiedlungsgebiete verlassen haben, oder die Bezugsperson verstirbt, bevor die einbezogenen Personen Aufnahme im Sinne von § 4 Absatz 3 Satz 2 gefunden haben.
(3) Der Antrag auf Wiederaufgreifen eines unanfechtbar abgeschlossenen Verfahrens auf Erteilung eines Aufnahmebescheides oder auf Einbeziehung ist nicht an eine Frist gebunden. § 8 Absatz 2 und § 9 Absatz 4 Satz 2 gelten für Familienangehörige der nach Absatz 2 Satz 3 nachträglich einbezogenen Personen entsprechend.
(4) Für jedes Kalenderjahr dürfen so viele Aufnahmebescheide erteilt werden, dass die Zahl der aufzunehmenden Spätaussiedler, Ehegatten und Abkömmlinge die Zahl der vom Bundesverwaltungsamt im Jahre 1998 verteilten Personen im Sinne der §§ 4, 7 nicht überschreitet. Das Bundesverwaltungsamt kann hiervon um bis zu 10 vom Hundert nach oben oder unten abweichen.
(1) Das Bundesverwaltungsamt stellt Spätaussiedlern zum Nachweis ihrer Spätaussiedlereigenschaft eine Bescheinigung aus. Eine Wiederholung des Gesprächs im Sinne von § 6 Abs. 2 Satz 3 findet hierbei nicht statt. Bei Personen, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, beteiligt das Bundesverwaltungsamt vor Erteilung der Bescheinigung den Bundesnachrichtendienst, das Bundesamt für Verfassungsschutz, den Militärischen Abschirmdienst, die Bundespolizei, das Bundeskriminalamt und das Zollkriminalamt, wenn dies zur Feststellung von Ausschlussgründen nach § 5 Nr. 1 Buchstabe d und e geboten ist. Die Entscheidung über die Ausstellung der Bescheinigung ist für Staatsangehörigkeitsbehörden und alle Behörden und Stellen verbindlich, die für die Gewährung von Rechten oder Vergünstigungen als Spätaussiedler nach diesem oder einem anderen Gesetz zuständig sind. Hält eine Behörde oder Stelle die Entscheidung des Bundesverwaltungsamtes über die Ausstellung der Bescheinigung nicht für gerechtfertigt, so kann sie nur ihre Änderung oder Aufhebung durch das Bundesverwaltungsamt beantragen.
(2) Das Bundesverwaltungsamt stellt dem in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogenen Ehegatten oder Abkömmling eine Bescheinigung zum Nachweis des Status nach Artikel 116 Abs. 1 des Grundgesetzes sowie seiner Leistungsberechtigung nach § 7 Abs. 2 Satz 1 aus. Eine Bescheinigung nach Absatz 1 kann nur ausgestellt werden, wenn die Erteilung eines Aufnahmebescheides beantragt und nicht bestands- oder rechtskräftig abgelehnt worden ist. Im Übrigen gilt Absatz 1 entsprechend.
(3) Über die Rücknahme und die Ausstellung einer Zweitschrift einer Bescheinigung entscheidet die Ausstellungsbehörde.
(4) Eine Bescheinigung kann mit Wirkung für die Vergangenheit nur zurückgenommen werden, wenn sie durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung oder durch vorsätzlich unrichtige oder unvollständige Angaben, die wesentlich für ihre Ausstellung gewesen sind, erwirkt worden ist. Die Rücknahme mit Wirkung für die Vergangenheit darf nur bis zum Ablauf von fünf Jahren nach Ausstellung der Bescheinigung erfolgen. Hat die Rücknahme einer Bescheinigung nach Absatz 1 auch Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit von Bescheinigungen nach Absatz 2, so ist für jeden Betroffenen eine selbständige Ermessensentscheidung zu treffen. Dabei ist das Maß der Beteiligung des Ehegatten oder Abkömmlings an einer arglistigen Täuschung, Drohung oder Bestechung oder an unrichtigen oder unvollständigen Angaben des Spätaussiedlers gegen die schutzwürdigen Belange des Ehegatten oder Abkömmlings, insbesondere unter Beachtung des Kindeswohls, abzuwägen. Der Widerruf einer Bescheinigung ist nicht zulässig.
(1) Spätaussiedler ist in der Regel ein deutscher Volkszugehöriger, der die Republiken der ehemaligen Sowjetunion nach dem 31. Dezember 1992 im Wege des Aufnahmeverfahrens verlassen und innerhalb von sechs Monaten im Geltungsbereich des Gesetzes seinen ständigen Aufenthalt genommen hat, wenn er zuvor
- 1.
seit dem 8. Mai 1945 oder - 2.
nach seiner Vertreibung oder der Vertreibung eines Elternteils seit dem 31. März 1952 oder - 3.
seit seiner Geburt, wenn er vor dem 1. Januar 1993 geboren ist und von einer Person abstammt, die die Stichtagsvoraussetzung des 8. Mai 1945 nach Nummer 1 oder des 31. März 1952 nach Nummer 2 erfüllt, es sei denn, dass Eltern oder Voreltern ihren Wohnsitz erst nach dem 31. März 1952 in die Aussiedlungsgebiete verlegt haben,
(2) Spätaussiedler ist auch ein deutscher Volkszugehöriger aus den Aussiedlungsgebieten des § 1 Abs. 2 Nr. 3 außer den in Absatz 1 genannten Staaten, der die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllt und glaubhaft macht, dass er am 31. Dezember 1992 oder danach Benachteiligungen oder Nachwirkungen früherer Benachteiligungen auf Grund deutscher Volkszugehörigkeit unterlag.
(3) Der Spätaussiedler ist Deutscher im Sinne des Artikels 116 Abs. 1 des Grundgesetzes. Ehegatten oder Abkömmlinge von Spätaussiedlern, die nach § 27 Abs. 1 Satz 2 in den Aufnahmebescheid einbezogen worden sind, erwerben, sofern die Einbeziehung nicht unwirksam geworden ist, diese Rechtsstellung mit ihrer Aufnahme im Geltungsbereich des Gesetzes.
(1) Die Länder nehmen die Spätaussiedler und ihre Ehegatten und Abkömmlinge, soweit sie die Voraussetzungen des § 7 Abs. 2 erfüllen, auf. Das Bundesverwaltungsamt legt das aufnehmende Land fest (Verteilungsverfahren). Bis zu dieser Festlegung werden die Personen vom Bund untergebracht. Spätaussiedler und in den Aufnahmebescheid einbezogene Ehegatten oder Abkömmlinge sind verpflichtet, sich nach der Einreise in den Geltungsbereich des Gesetzes in einer Erstaufnahmeeinrichtung des Bundes registrieren zu lassen.
(2) Familienangehörige des Spätaussiedlers, die, ohne die Voraussetzungen des § 7 Abs. 2 zu erfüllen, gemeinsam mit dem Spätaussiedler eintreffen, können in das Verteilungsverfahren einbezogen werden.
(3) Die Länder können durch Vereinbarung einen Schlüssel zur Verteilung festlegen. Bis zum Zustandekommen dieser Vereinbarung oder bei deren Wegfall richten sich die Verteilungsquoten für das jeweilige Kalenderjahr nach dem von der Geschäftsstelle der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung im Bundesanzeiger veröffentlichten Schlüssel, der für das vorangegangene Kalenderjahr entsprechend Steuereinnahmen und Bevölkerungszahl der Länder errechnet worden ist (Königsteiner Schlüssel).
(4) Das Bundesverwaltungsamt hat den Schlüssel einzuhalten. Zu diesem Zweck kann ein von den Wünschen des Spätaussiedlers abweichendes Land zur Aufnahme verpflichtet werden.
(5) Wer abweichend von der Festlegung oder ohne Festlegung des Bundesverwaltungsamtes in einem Land ständigen Aufenthalt nimmt, muss dort nicht aufgenommen werden.
(6) (weggefallen)
(7) § 45 des Achten Buches Sozialgesetzbuch (Artikel 1 des Gesetzes vom 26. Juni 1990, BGBl. I S. 1163) gilt nicht für Einrichtungen zur Aufnahme von Spätaussiedlern.
(1) Der Aufnahmebescheid wird auf Antrag Personen mit Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten erteilt, die nach Begründung des ständigen Aufenthalts im Geltungsbereich des Gesetzes die Voraussetzungen als Spätaussiedler erfüllen (Bezugspersonen). Abweichend hiervon kann Personen, die sich ohne Aufnahmebescheid im Geltungsbereich des Gesetzes aufhalten, ein Aufnahmebescheid erteilt oder es kann die Eintragung nach Absatz 2 Satz 1 nachgeholt werden, wenn die Versagung eine besondere Härte bedeuten würde und die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Der Wohnsitz im Aussiedlungsgebiet gilt als fortbestehend, wenn ein Antrag nach Satz 2 abgelehnt wurde und der Antragsteller für den Folgeantrag nach Satz 1 erneut Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten begründet hat.
(2) Der im Aussiedlungsgebiet lebende Ehegatte, sofern die Ehe seit mindestens drei Jahren besteht, oder der im Aussiedlungsgebiet lebende Abkömmling werden zum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung in den Aufnahmebescheid der Bezugsperson einbezogen, wenn in ihrer Person kein Ausschlussgrund im Sinne des § 5 vorliegt und die Bezugsperson die Einbeziehung ausdrücklich beantragt; Ehegatten und volljährige Abkömmlinge müssen auch Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen. Die Einbeziehung wird nachgeholt, wenn ein Abkömmling einer Bezugsperson nicht mehr im Aussiedlungsgebiet, sondern während des Aussiedlungsvorganges und vor Ausstellung der Bescheinigung nach § 15 Absatz 1 geboren wird. Abweichend von Satz 1 kann der im Aussiedlungsgebiet verbliebene Ehegatte oder Abkömmling eines Spätaussiedlers, der seinen ständigen Aufenthalt im Geltungsbereich des Gesetzes hat, nachträglich nach Satz 1 in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogen werden, wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Die Einbeziehung von minderjährigen Abkömmlingen in den Aufnahmebescheid ist nur gemeinsam mit der Einbeziehung der Eltern oder des sorgeberechtigten Elternteils zulässig. Ein Ehegatte oder volljähriger Abkömmling wird abweichend von Satz 1 einbezogen, wenn er wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder wegen einer Behinderung im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch keine Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen kann. Die Einbeziehung in den Aufnahmebescheid wird insbesondere dann unwirksam, wenn die Ehe aufgelöst wird, bevor beide Ehegatten die Aussiedlungsgebiete verlassen haben, oder die Bezugsperson verstirbt, bevor die einbezogenen Personen Aufnahme im Sinne von § 4 Absatz 3 Satz 2 gefunden haben.
(3) Der Antrag auf Wiederaufgreifen eines unanfechtbar abgeschlossenen Verfahrens auf Erteilung eines Aufnahmebescheides oder auf Einbeziehung ist nicht an eine Frist gebunden. § 8 Absatz 2 und § 9 Absatz 4 Satz 2 gelten für Familienangehörige der nach Absatz 2 Satz 3 nachträglich einbezogenen Personen entsprechend.
(4) Für jedes Kalenderjahr dürfen so viele Aufnahmebescheide erteilt werden, dass die Zahl der aufzunehmenden Spätaussiedler, Ehegatten und Abkömmlinge die Zahl der vom Bundesverwaltungsamt im Jahre 1998 verteilten Personen im Sinne der §§ 4, 7 nicht überschreitet. Das Bundesverwaltungsamt kann hiervon um bis zu 10 vom Hundert nach oben oder unten abweichen.
(1) Deutscher Volkszugehöriger im Sinne dieses Gesetzes ist, wer sich in seiner Heimat zum deutschen Volkstum bekannt hat, sofern dieses Bekenntnis durch bestimmte Merkmale wie Abstammung, Sprache, Erziehung, Kultur bestätigt wird.
(2) Wer nach dem 31. Dezember 1923 geboren worden ist, ist deutscher Volkszugehöriger, wenn er von einem deutschen Staatsangehörigen oder deutschen Volkszugehörigen abstammt und sich bis zum Verlassen der Aussiedlungsgebiete durch eine entsprechende Nationalitätenerklärung oder auf andere Weise zum deutschen Volkstum bekannt oder nach dem Recht des Herkunftsstaates zur deutschen Nationalität gehört hat. Das Bekenntnis auf andere Weise kann insbesondere durch den Nachweis ausreichender deutscher Sprachkenntnisse entsprechend dem Niveau B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen oder durch den Nachweis familiär vermittelter Deutschkenntnisse erbracht werden. Das Bekenntnis zum deutschen Volkstum muss bestätigt werden durch den Nachweis der Fähigkeit, zum Zeitpunkt der verwaltungsbehördlichen Entscheidung über den Aufnahmeantrag, in Fällen des § 27 Absatz 1 Satz 2 im Zeitpunkt der Begründung des ständigen Aufenthalts im Geltungsbereich dieses Gesetzes, zumindest ein einfaches Gespräch auf Deutsch führen zu können, es sei denn, der Aufnahmebewerber kann diese Fähigkeit wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder wegen einer Behinderung im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch nicht besitzen. Ein Bekenntnis zum deutschen Volkstum wird unterstellt, wenn es unterblieben ist, weil es mit Gefahr für Leib und Leben oder schwerwiegenden beruflichen oder wirtschaftlichen Nachteilen verbunden war, jedoch auf Grund der Gesamtumstände der Wille unzweifelhaft ist, der deutschen Volksgruppe und keiner anderen anzugehören.
(1) Der Aufnahmebescheid wird auf Antrag Personen mit Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten erteilt, die nach Begründung des ständigen Aufenthalts im Geltungsbereich des Gesetzes die Voraussetzungen als Spätaussiedler erfüllen (Bezugspersonen). Abweichend hiervon kann Personen, die sich ohne Aufnahmebescheid im Geltungsbereich des Gesetzes aufhalten, ein Aufnahmebescheid erteilt oder es kann die Eintragung nach Absatz 2 Satz 1 nachgeholt werden, wenn die Versagung eine besondere Härte bedeuten würde und die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Der Wohnsitz im Aussiedlungsgebiet gilt als fortbestehend, wenn ein Antrag nach Satz 2 abgelehnt wurde und der Antragsteller für den Folgeantrag nach Satz 1 erneut Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten begründet hat.
(2) Der im Aussiedlungsgebiet lebende Ehegatte, sofern die Ehe seit mindestens drei Jahren besteht, oder der im Aussiedlungsgebiet lebende Abkömmling werden zum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung in den Aufnahmebescheid der Bezugsperson einbezogen, wenn in ihrer Person kein Ausschlussgrund im Sinne des § 5 vorliegt und die Bezugsperson die Einbeziehung ausdrücklich beantragt; Ehegatten und volljährige Abkömmlinge müssen auch Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen. Die Einbeziehung wird nachgeholt, wenn ein Abkömmling einer Bezugsperson nicht mehr im Aussiedlungsgebiet, sondern während des Aussiedlungsvorganges und vor Ausstellung der Bescheinigung nach § 15 Absatz 1 geboren wird. Abweichend von Satz 1 kann der im Aussiedlungsgebiet verbliebene Ehegatte oder Abkömmling eines Spätaussiedlers, der seinen ständigen Aufenthalt im Geltungsbereich des Gesetzes hat, nachträglich nach Satz 1 in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogen werden, wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Die Einbeziehung von minderjährigen Abkömmlingen in den Aufnahmebescheid ist nur gemeinsam mit der Einbeziehung der Eltern oder des sorgeberechtigten Elternteils zulässig. Ein Ehegatte oder volljähriger Abkömmling wird abweichend von Satz 1 einbezogen, wenn er wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder wegen einer Behinderung im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch keine Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen kann. Die Einbeziehung in den Aufnahmebescheid wird insbesondere dann unwirksam, wenn die Ehe aufgelöst wird, bevor beide Ehegatten die Aussiedlungsgebiete verlassen haben, oder die Bezugsperson verstirbt, bevor die einbezogenen Personen Aufnahme im Sinne von § 4 Absatz 3 Satz 2 gefunden haben.
(3) Der Antrag auf Wiederaufgreifen eines unanfechtbar abgeschlossenen Verfahrens auf Erteilung eines Aufnahmebescheides oder auf Einbeziehung ist nicht an eine Frist gebunden. § 8 Absatz 2 und § 9 Absatz 4 Satz 2 gelten für Familienangehörige der nach Absatz 2 Satz 3 nachträglich einbezogenen Personen entsprechend.
(4) Für jedes Kalenderjahr dürfen so viele Aufnahmebescheide erteilt werden, dass die Zahl der aufzunehmenden Spätaussiedler, Ehegatten und Abkömmlinge die Zahl der vom Bundesverwaltungsamt im Jahre 1998 verteilten Personen im Sinne der §§ 4, 7 nicht überschreitet. Das Bundesverwaltungsamt kann hiervon um bis zu 10 vom Hundert nach oben oder unten abweichen.
(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn
- 1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat; - 2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden; - 3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.
(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.
(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.
(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberührt.
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 15.000 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Der Antrag hat keinen Erfolg.
31. Das Zulassungsvorbringen führt nicht zu ernstlichen Zweifeln an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. „Ernstliche Zweifel“ im Sinne des Gesetzes sind gegeben, wenn die Richtigkeit des angefochtenen Urteils einer weiteren Prüfung bedarf, ein Erfolg der angestrebten Berufung nach den Erkenntnismöglichkeiten des Zulassungsverfahrens mithin möglich ist.
4Vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. Juni 2002 ‑ 7 AV 1.02 ‑, Buchholz 310 § 124b VwGO Nr. 1.
5a) Der Anspruch auf Erteilung eines Aufnahmebescheides scheitert daran, dass ein Antrag des Klägers auf Erteilung eines Aufnahmebescheides bereits mit Bescheid des Bundesverwaltungsamts vom 19. Januar 1995 bestandskräftig abgelehnt worden ist. Der in der Zulassungsbegründung vertretenen Auffassung, die Bestandskraft des ablehnenden Bescheides stehe der erneuten Antragstellung nicht entgegen, weil sich zum 1. Januar 2005 die Rechtslage geändert habe, folgt der Senat nicht. Die durch das Zuwanderungsgesetz vom 30. Juli 2004 (BGBl. I S. 1950) eingeführte Änderung in § 27 BVFG, dass die Einbeziehung in einen Aufnahmebescheid nicht mehr von der einzubeziehenden Person, sondern nur noch von der Bezugsperson beantragt werden kann, ändert nichts daran, dass der Antrag des Klägers auf Erteilung eines (originären) Aufnahmebescheides bestandskräftig abgelehnt worden ist. § 27 Abs. 1 Satz 1 BVFG sieht einen Aufnahmebescheid für Personen vor, die die Voraussetzungen als Spätaussiedler erfüllen. Diese Vorschrift ist durch das Zuwanderungsgesetz nicht geändert worden. Die in der Zulassungsbegründung zur „zeitlichen Wirkung der Bestandskraft“ vertretene Auffassung, „dass die Ablehnung von Aufnahmebescheiden nicht der Rechtslage ab 01.01.2005 unterworfen werden darf“, geht davon aus, dass zwischen einem vor 2005 und nach 2004 beantragten Aufnahmebescheid zu unterscheiden sei; dies ist im Bundesvertriebenengesetz an keiner Stelle angelegt.
6Es gibt insbesondere in den §§ 100 ff. BVFG auch keine Übergangsvorschrift, der zu entnehmen sein könnte, dass für vor dem 1. Januar 2005 erteilte Aufnahmebescheide die vor dem 1. Januar 2005 bestehende Rechtslage maßgebend bleibt. Denn nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist das Verpflichtungsbegehren auf Erteilung eines Aufnahmebescheides, da gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nach der im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung geltenden Rechtslage zu beurteilen.
7Vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. November 2007
8- 5 B 83.06 -, juris, Rdnr. 4.
9Die vom Kläger dagegen angeführte Allgemeine Verwaltungsvorschrift zu dem ‑ mittlerweile aufgehobenen ‑ § 100b Abs. 2 BVFG (GMBl. 2010, 637 (655) ist als verwaltungsinternes Innenrecht von vornherein nicht geeignet, den Anwendungsbereich gesetzlicher Vorschriften auch für die Gerichte bindend zu bestimmen. Im Übrigen ergibt sich aus der Regelung, dass „Aufnahmebescheide einschließlich der Einbeziehung in diese Aufnahmebescheide, die bestandskräftig sind,… unbeschadet des Inkrafttretens des Zuwanderungsgesetzes am 1. Januar 2005 Grundlage für die Aufnahme in der Bundesrepublik Deutschland“ bleiben, nicht, dass auch das Bundesvertriebenengesetz in der vor dem 1. Januar 2005 geltenden Fassung Anwendung findet. Der Inhalt dieser Verwaltungsvorschrift erschöpft sich vielmehr darin, dass vor dem 1. Januar 2005 bestandskräftig gewordene Bescheide nicht widerrufen werden, sondern gültig bleiben. Das vom Kläger in diesem Zusammenhang angeführte Urteil des OVG NRW vom 20. Januar 2011 ‑ 12 A 2924/09 ‑ belegt die von ihm vertretene Auffassung gerade nicht. Der dortige Kläger hatte einen Aufnahmebescheid beantragt, der vom Bundesverwaltungsamt abgelehnt worden war; die hiergegen erhobene Klage war jedoch noch anhängig. Sein Antrag auf Erteilung eines Aufnahmebescheides war demnach ‑ anders als im vorliegenden Fall ‑ nicht bestandskräftig abgelehnt.
10b) Im Hinblick auf den in erster Instanz hilfsweise geltend gemachten und im angefochtenen Urteil verneinten Anspruch auf Wiederaufgreifen des durch Bescheid vom 19. Januar 1995 abgeschlossenen Verwaltungsverfahrens hat der Kläger Zulassungsgründe nicht dargelegt (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO). Der Schriftsatz vom 2. Juli 2013 ist lange nach Ablauf der Begründungsfrist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO eingegangen.
11c) Auf die ebenfalls beantragte Ausstellung einer Bescheinigung als Spätaussiedler nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BVFG geht die Zulassungsbegründung nicht ausdrücklich ein. Die gegen die Anwendbarkeit des Ausschlusstatbestandes gemäß § 15 Abs. 2 Satz 2 BVFG erhobenen Einwände greifen nicht durch. Nach dieser Vorschrift kann eine Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG nur ausgestellt werden, wenn die Erteilung eines Aufnahmebescheides beantragt und nicht bestands- oder rechtskräftig abgelehnt worden ist. Das ist hier der Fall, weil der vom Kläger gestellte Antrag auf Erteilung eines Aufnahmebescheides mit Bescheid des Bundesverwaltungsamts vom 19. Januar 1995 bestandskräftig abgelehnt worden ist.
12Die in der Zulassungsbegründung - im Zusammenhang mit der Wirkung der Bestandskraft des Bescheides vom 19. Januar 1995 - vertretene Auffassung, § 15 Abs. 2 Satz 2 BVFG gelte nur für ab dem 1. Januar 2005 gestellte Aufnahmeanträge, ist unzutreffend. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist auch das Begehren, die Beklagte zur Ausstellung einer Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG zu verpflichten, nach der im Entscheidungszeitpunkt geltenden Rechtslage zu beurteilen.
13Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. September 2007 – 5 C 38.06 -, BVerwGE 129, 265 (266).
14§ 15 Abs. 2 Satz 2 BVFG war in seiner am 1. Januar 2005 Gesetz gewordenen Fassung bereits im Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung und zur Regelung des Aufenthalts und der Integration von Unionsbürgern und Ausländern (Zuwanderungsgesetz) – BR-Drs. 22/03 vom 16. Januar 2003 – enthalten. In der Gesetzesbegründung (S. 290) heißt es hierzu: „Ferner wird durch die Neufassung bewirkt, dass Bescheinigungen nach Absatz 2 nur dann ausgestellt werden dürfen, wenn der (eigene) Antrag des Betroffenen auf Erteilung eines Aufnahmebescheides gestellt und nicht bestands- oder rechtskräftig abgelehnt wurde. Sofern ein solcher Antrag gestellt und bestands- oder rechtskräftig abgelehnt wurde, steht fest, dass der Anspruch auf Erteilung eines Aufnahmebescheides nicht besteht. In diesen Fällen oder dann, wenn ein Antrag auf Erteilung eines Aufnahmebescheides nicht gestellt wurde, haben die Betroffenen die Aussiedlungsgebiete nicht im Wege des Aufnahmeverfahrens gemäß § 4 Abs. 1 verlassen und können dementsprechend nicht als Spätaussiedler anerkannt werden. Letzteres trifft nicht zu, sofern über den (eigenen) Aufnahmebescheid noch nicht abschließend entschieden und das Aussiedlungsgebieten zum Zwecke der beschleunigten gemeinsamen Aussiedlung mit Hilfe des Instituts der Einbeziehung verlassen wurde.“ Daraus ergibt sich kein Hinweis, dass sich § 15 Abs. 2 Satz 2 BVFG „nur auf die Bezugsperson, die selbst eine Einbeziehung beantragt, also nicht auf den Kläger, der selbst die Einbeziehung bekam“, bezieht oder dass „die alte Rechtslage in die neue hineingetragen wurde“.
15Dass bereits erteilte Aufnahmebescheide „unangetastet“ bleiben, bedeutet nicht, dass § 15 Abs. 2 Satz 2 BVFG auf sie keine Anwendung findet. § 15 Abs. 2 Satz 2 BVFG greift dadurch nicht „in die Frage der Rechtmäßigkeit von Bescheiden vor dem 01.01.2005“ ein. Daher blieb der dem Kläger erteilte Einbeziehungsbescheid Grundlage für die ihm ausgestellte Bescheinigung nach § 15 Abs. 2 Satz 1 BVFG.
16Durch § 15 Abs. 2 Satz 2 BVFG entfallen ist (nur) die sog. Höherstufung, d. h. die Möglichkeit, nach Aufnahme (nur) mit einem Einbeziehungsbescheid eine Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG als Spätaussiedler zu beantragen. Insoweit hatte der Kläger allerdings vor dem 1. Januar 2005 keine Rechtsposition erworben, die ihm durch § 15 Abs. 2 Satz 2 BVFG entzogen werden konnte. Der Status als Spätaussiedler entsteht bei Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen der §§ 4, 6 BVFG mit der Aufnahme in das Bundesgebiet.
17Vgl. BVerwG, Urteile vom 12. März 2002 - 5 C 45.01 ‑, BVerwGE 116, 119 (121), und vom 13. September 2007 ‑ 5 C 38.06 ‑, BVerwGE 129, 265 (271).
18Der Kläger ist am 27. April 2005, also nach Inkrafttreten des § 15 Abs. 2 Satz 2 BVFG am 1. Januar 2005, im Bundesgebiet aufgenommen worden. Eine Höherstufung zum Spätaussiedler setzt denknotwendig voraus, dass die Spätaussiedlereigenschaft entstanden ist. Dies wäre beim Kläger – bei Erfüllung der Voraussetzungen des §§ 4, 6 BVFG – am 27. April 2005 der Fall gewesen. Im Hinblick auf eine Höherstufung hatte der Kläger mithin am 1. Januar 2005 noch keine Rechtsposition erworben, die durch das Inkrafttreten des § 15 Abs. 2 Satz 2 BVFG hätte entzogen werden können. Der ihm erteilte Einbeziehungbescheid hatte insoweit einen hypothetischen, in der Zukunft liegenden Statuserwerb zum Gegenstand. Im Vertriebenenrecht besteht generell kein Vertrauensschutz dahingehend, dass der Gesetzgeber die Voraussetzungen für den Erwerb eines Rechtsstatus nach dem Bundesvertriebenengesetz nicht für die Zukunft modifiziert.
19Vgl. bereits BVerwG, Urteil vom 29. August 1995 – 9 C 391.94 -, BVerwGE 99, 133 (138).
20Die Sperrwirkung des § 15 Abs. 2 Satz 2 BVFG ist auch nicht durch das Zehnte BVFG-Änderungsgesetz „gegenstandslos“ geworden. Der Spätaussiedlerstatus entsteht - wie soeben dargelegt - mit der Aufnahme in das Bundesgebiet. Daran hat sich durch das Zehnte BVFG-Änderungsgesetz nichts geändert. § 4 Abs. 1 BVFG bestimmt die Entstehung des Status auch in zeitlicher Hinsicht. Die Frage, ob eine Person mit ihrer Einreise nach Deutschland Spätaussiedler wird, hängt von der Rechtslage im Zeitpunkt der Einreise ab.
21So ausdrücklich BVerwG, Urteil vom 13. September 2007 ‑ 5 C 38.06 ‑, BVerwGE 129, 265 (271).
22Das bedeutet, dass eine nach der Aufnahme in Kraft tretende Änderung der materiellen Voraussetzungen für die Spätaussiedlereigenschaft auf die Entstehung der Spätaussiedlereigenschaft zum Zeitpunkt der Einreise keine Auswirkungen mehr haben kann. Daher kann bei dem am 27. April 2005 nach Deutschland eingereisten Kläger der Spätaussiedlerstatus nicht erst mit Inkrafttreten des Zehnten BVFG-Änderungsgesetzes am 14. September 2013 entstanden sein.
23d) Da der Kläger bereits wegen der Sperrwirkung des § 15 Abs. 2 Satz 2 BVFG keinen Anspruch auf Ausstellung einer Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG hat, kommt es auf die weitere Frage, ob er die Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 BVFG erfüllt, nicht mehr an. Da er auch keinen Anspruch auf Erteilung eines Aufnahmebescheides gemäß § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG hat, kommt eine Einbeziehung seiner Ehefrau und seines Sohnes gemäß § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG schon deshalb nicht in Betracht.
242. Es liegt auch kein Verfahrensfehler im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO vor. Die angefochtene Entscheidung beruht nicht auf dem geltend gemachten Verfahrensmangel. Denn dieser ist mit Blick auf das vom Verwaltungsgericht zu Recht bejahte Vorliegen des Ausschlusstatbestandes des § 15 Abs. 2 Satz 2 BVFG für das Ergebnis des Zulassungsverfahrens und auch einer etwaigen Berufungsentscheidung bedeutungslos.
25Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
26Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist nunmehr rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
27Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 GKG.
28Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
(1) Das Bundesverwaltungsamt stellt Spätaussiedlern zum Nachweis ihrer Spätaussiedlereigenschaft eine Bescheinigung aus. Eine Wiederholung des Gesprächs im Sinne von § 6 Abs. 2 Satz 3 findet hierbei nicht statt. Bei Personen, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, beteiligt das Bundesverwaltungsamt vor Erteilung der Bescheinigung den Bundesnachrichtendienst, das Bundesamt für Verfassungsschutz, den Militärischen Abschirmdienst, die Bundespolizei, das Bundeskriminalamt und das Zollkriminalamt, wenn dies zur Feststellung von Ausschlussgründen nach § 5 Nr. 1 Buchstabe d und e geboten ist. Die Entscheidung über die Ausstellung der Bescheinigung ist für Staatsangehörigkeitsbehörden und alle Behörden und Stellen verbindlich, die für die Gewährung von Rechten oder Vergünstigungen als Spätaussiedler nach diesem oder einem anderen Gesetz zuständig sind. Hält eine Behörde oder Stelle die Entscheidung des Bundesverwaltungsamtes über die Ausstellung der Bescheinigung nicht für gerechtfertigt, so kann sie nur ihre Änderung oder Aufhebung durch das Bundesverwaltungsamt beantragen.
(2) Das Bundesverwaltungsamt stellt dem in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogenen Ehegatten oder Abkömmling eine Bescheinigung zum Nachweis des Status nach Artikel 116 Abs. 1 des Grundgesetzes sowie seiner Leistungsberechtigung nach § 7 Abs. 2 Satz 1 aus. Eine Bescheinigung nach Absatz 1 kann nur ausgestellt werden, wenn die Erteilung eines Aufnahmebescheides beantragt und nicht bestands- oder rechtskräftig abgelehnt worden ist. Im Übrigen gilt Absatz 1 entsprechend.
(3) Über die Rücknahme und die Ausstellung einer Zweitschrift einer Bescheinigung entscheidet die Ausstellungsbehörde.
(4) Eine Bescheinigung kann mit Wirkung für die Vergangenheit nur zurückgenommen werden, wenn sie durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung oder durch vorsätzlich unrichtige oder unvollständige Angaben, die wesentlich für ihre Ausstellung gewesen sind, erwirkt worden ist. Die Rücknahme mit Wirkung für die Vergangenheit darf nur bis zum Ablauf von fünf Jahren nach Ausstellung der Bescheinigung erfolgen. Hat die Rücknahme einer Bescheinigung nach Absatz 1 auch Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit von Bescheinigungen nach Absatz 2, so ist für jeden Betroffenen eine selbständige Ermessensentscheidung zu treffen. Dabei ist das Maß der Beteiligung des Ehegatten oder Abkömmlings an einer arglistigen Täuschung, Drohung oder Bestechung oder an unrichtigen oder unvollständigen Angaben des Spätaussiedlers gegen die schutzwürdigen Belange des Ehegatten oder Abkömmlings, insbesondere unter Beachtung des Kindeswohls, abzuwägen. Der Widerruf einer Bescheinigung ist nicht zulässig.
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die am 13. September 1956 in der ehemaligen Sowjetunion geborene Klägerin ist die Tochter des am 18. Oktober 1930 ebenfalls in der ehemaligen Sowjetunion geborenen K. M. . Ihr Vater war laut Einbürgerungsurkunde des Deutschen Reichs vom 28. Dezember 1944 eingebürgert worden. Nach dem vom Bundesverwaltungsamt ausgestellten Staatsangehörigkeitsausweis vom 14. Oktober 2003 ist die Klägerin deutsche Staatsangehörige. Nach ihren Angaben reiste sie im April 2004 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Laut Meldebescheinigungen der Gemeinde C. meldete sie sich am 27. April 2004 unter der Adresse ihres Bruders M1. M. an und zog am 15. Mai 2004 in eine andere Wohnung in C. um. In der Zeit vom 17. Mai 2004 bis zum 16. November 2004 nahm sie am Sprachkurs „DEUTSCH FÜR AUSSIEDLER“ teil und legte die Sprachprüfung „GRUNDBAUSTEIN“ mit Erfolg ab. Im gleichen Zeitraum bestand sie im Rahmen eines Sprachkurses „DEUTSCH FÜR AUSSIEDLER“ die Sprachprüfung „ZERTIFIKAT DEUTSCH“ mit 207 von 300 möglichen Punkten.
3Den Geschwistern der Klägerin T. N. , M1. M. und H. M. waren in den Jahren 1993 und 1994 vor deren Ausreise und der Schwester M2. T1. im Jahr 1992 nach deren Einreise in das Bundesgebiet Aufnahmebescheide erteilt worden.
4Am 20. Dezember 2010 beantragte die Klägerin die Erteilung eines Aufnahmebescheids. Zur Begründung gab sie an: Wegen einer Schilddrüsenkrebserkrankung sei sie nicht mehr in der Lage, am Erwerbsleben teilzunehmen. Auf ihren Antrag auf Erwerbsminderungsrente sei ihr eine Rente von 56,97 € zugesprochen worden. Sämtliche Jahre, die sie im Ausland gearbeitet habe, seien nicht angerechnet worden, weil sie als deutsche Staatsangehörige nach Deutschland gekommen sei. Im Antragsformular kreuzte sie an, von der Kindheit an deutsch und russisch gesprochen zu haben, auf Deutsch fast alles zu verstehen, ihr Deutsch reiche für ein einfaches Gespräch aus. Sie habe ihren Aufnahmeantrag nicht vom Ausland aus gestellt, weil ihr damaliger Ehemann, der die Pflege seiner kranken Mutter übernommen gehabt habe, nicht mit nach Deutschland habe kommen können. Im Februar 2001 sei er verstorben. Sie habe ihre Schwiegermutter bis zu deren Tod im Jahr 2002 gepflegt. Anschließend habe sie, weil sie in Odessa allein zurück geblieben sei, so schnell wie möglich zu ihren Geschwistern nach Deutschland kommen wollen. Ihr Bruder H. M. habe sämtliche Dokumente mit nach Deutschland genommen und den Antrag auf Ausstellung einesStaatsangehörigkeitsausweises gestellt.
5Das Bundesverwaltungsamt lehnte die Erteilung eines Aufnahmebescheids durch Bescheid vom 24. Januar 2011 im Wesentlichen mit der Begründung ab: Besondere Härtegründe hätten nicht vorgelegen. Sie habe sich entschieden, aufgrund ihrer deutschen Staatsangehörigkeit nach Deutschland einzureisen. Wer seinen Wohnsitz im Herkunftsgebiet ohne die Absicht aufgebe, als Spätaussiedler Aufnahme finden zu wollen, könne sich im Nachhinein nicht darauf berufen, dass es ihm nicht zuzumuten gewesen sei, das Aufnahmeverfahrens vom Herkunftsgebiet aus zu betreiben. Des Weiteren erfülle sie die Voraussetzungen des § 6 BVFG nicht. Sie habe weder ein Bekenntnis zum deutschen Volkstum nachgewiesen noch die innerfamiliäre Vermittlung der deutschen Sprache glaubhaft gemacht.
6Den gegen diesen Ablehnungsbescheid erhobenen Widerspruch wies das Bundesverwaltungsamt durch Widerspruchsbescheid vom 14. September 2011 zurück und führte ergänzend aus: Nach dem Ableben ihrer Schwiegermutter im Jahr 2002 habe sie sich zielgerichtet für das Staatsangehörigkeitsfeststellungsverfahren entschieden, um schneller nach Deutschland kommen zu können. Sie habe offensichtlich darauf verzichtet, das Aufnahmeverfahren vom Aussiedlungsgebiet aus zu betreiben, um eventuellen zeitlichen Verzögerungen beim Wohnsitzwechsel aus dem Weg zu gehen. Zudem habe sie nicht glaubhaft gemacht, sich nur zum deutschen Volkstum bekannt zu haben.
7Am 14. Oktober 2011 hat die Klägerin Klage erhoben. Zur Begründung hat sie u. a. ausgeführt: Sie habe, als sie eingereist sei, nicht gewusst, dass sie einen Antrag auf Aufnahme als Deutsche habe stellen müssen oder können. Ihre Geschwister hätten ihr das nicht mitgeteilt. Sie habe gedacht, dass sie aufgrund der Erteilung des deutschen Passes als Spätaussiedlerin anerkannt sei. Wenn sie gewusst hätte, dass sie ohne Status eines Spätaussiedlers nach Deutschland einreise, hätte sie so lange gewartet, bis sie das Verfahren in der Ukraine durchlaufen hätte.
8Die Klägerin hat beantragt,
9die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids des Bundesverwaltungsamts vom 24. Januar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. September 2011 zu verpflichten, ihr einen Aufnahmebescheid zu erteilen.
10Die Beklagte hat beantragt,
11die Klage abzuweisen.
12Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Urteil vom 16. Juli 2013 abgewiesen und unter Verweis auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. Dezember 2012 - 5 C 23.11 - ausgeführt: Es könne dahinstehen, ob die Klägerin in ihrer Person alle Anforderungen an die Spätaussiedlereigenschaft erfülle. Denn die Erteilung eines Aufnahmebescheids sei schon deshalb ausgeschlossen, weil seine Beantragung in Härtefällen in zeitlichem Zusammenhang mit der Einreise erfolgen müsse. Eine Antragstellung mehr als sechs Jahre nach Einreise genüge diesem Erfordernis nicht.
13Die vom Senat zugelassene Berufung begründet die Klägerin wie folgt: Für eine Verwirkung des Härtefallantrags innerhalb eines Jahres fehle jegliche gesetzliche Regelung. Ob im Übrigen die zeitliche Voraussetzung der Verwirkung ihres Härtefallantrags gegeben sei, könne nur unter Umständen des Einzelfalls beantwortet werden. Dabei komme es nicht nur auf das Zeitmoment, sondern auch auf ein Umstandsmoment an. Als ihr die Erwerbsunfähigkeitsrente zugesprochen worden sei, habe sie erstmals erkannt, dass ihr fast vollständiges Arbeitsleben nicht anerkannt worden sei, weil sie nicht als Spätaussiedlerin anerkannt sei. Sie habe vor der Erteilung des Rentenbescheids nicht gewusst, dass sie sämtliche Arbeitsjahre verliere, wenn sie nicht als Spätaussiedlerin anerkannt werde und sie deshalb schon vor der Einreise ins Bundesgebiet habe einen Antrag stellen können bzw. müssen. Auf dieses Umstandsmoment sei besonderes Gewicht zu legen, das in ihrem Einzelfall erlaube, das Zeitmoment hinten anstehen zu lassen.
14Die Klägerin beantragt,
15das angefochtene Urteil zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids des Bundesverwaltungsamts vom 24. Januar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. September 2011 zu verpflichten, ihr einen Aufnahmebescheid zu erteilen.
16Die Beklagte beantragt,
17die Berufung zurückzuweisen.
18Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte nebst beigezogenen Verwaltungsvorgängen Bezug genommen.
19E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
20I. Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der ablehnende Bescheid des Bundesverwaltungsamts vom 24. Januar 2011 und der Widerspruchsbescheid vom 14. September 2011 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Erteilung eines Aufnahmebescheids.
21Rechtsgrundlage für den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch auf Erteilung eines Aufnahmebescheids sind die §§ 26 und 27 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes über die Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge (Bundesvertriebenengesetz ‑ BVFG) in der Fassung des am 14. September 2013 in Kraft getretenen Zehnten BVFG-Änderungsgesetzes (BGBl. I S. 3554). Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 BVFG wird der Aufnahmebescheid auf Antrag Personen mit Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten erteilt, die nach Begründung des ständigen Aufenthalts im Geltungsbereich des Gesetzes die Voraussetzungen als Spätaussiedler erfüllen. Nach § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG kann abweichend von Satz 1 Personen, die sich ohne Aufnahmebescheid im Geltungsbereich aufhalten, ein Aufnahmebescheid erteilt werden, wenn die Versagung eine besondere Härte bedeuten würde und die sonstigen Voraussetzungen vorliegen.
22Die Voraussetzungen dieser Anspruchsgrundlage erfüllt die Klägerin nicht. Sie hat den Härtefallantrag nach § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG nicht im zeitlichen Zusammenhang mit der Aussiedlung gestellt.
231. Die Klägerin kann sich auf eine besondere Härte im Sinne des § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG berufen. Sie hat die Aussiedlungsgebiete verlassen, ohne die Erteilung eines Aufnahmebescheids dort abzuwarten; sie ist als deutsche Staatsangehörige in die Bundesrepublik Deutschland eingereist. Zwar unterliegen auch deutsche Staatsangehörige dem Aufnahmeerfordernis nach §§ 26 ff. BVFG und es können damit nur Personen einen Aufnahmebescheid erhalten, die nach dem Verlassen der Aussiedlungsgebiete die Voraussetzung als Spätaussiedler erfüllen. Auch kann ihnen ein Aufnahmebescheid nur im Rahmen des Kontingents nach § 27 Abs. 4 BVFG erteilt werden. Aber das Aufnahmeverfahren berechtigt nicht, die Freizügigkeit eines erwiesen deutschen Staatsangehörigen einzuschränken. Der Schutzzweck des Aufnahmeverfahrens, mit Rücksicht auf die mit der Aufnahme verbundenen innerstaatlichen Belastungen - aber auch im Interesse der Betroffenen - grundsätzlich nur eine Aufnahme vom Herkunftsgebiet aus zuzulassen, greift für erwiesen deutsche Staatsangehörige nicht. Denn sie sind unabhängig von der Erweislichkeit deutscher Volkszugehörigkeit bereits aufgrund ihrer erwiesenen deutschen Staatsangehörigkeit berechtigt (Art. 11 Abs. 1 GG), in die Bundesrepublik Deutschland einzureisen und sich darin aufzuhalten. Mit dem Erfordernis, das Aufnahmeverfahren vom Herkunftsgebiet aus zu betreiben, soll verhindert werden, dass Antragsteller nach Deutschland einreisen, die nach vorläufiger Prüfung der Voraussetzungen zur Erlangung der Spätaussiedlereigenschaft diese nicht erlangen können. Dadurch sollen zum einen die Schwierigkeiten und Lasten einer Rücksiedlung und zum anderen für die Zeit des Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland Lasten für die Allgemeinheit vermieden werden. Dieser Schutzzweck rechtfertigt Einschränkungen bei erwiesen deutschen Staatsangehörigen nicht. Denn auch wenn ihnen mangels deutscher Volkszugehörigkeit kein Aufnahmebescheid erteilt werden kann, haben sie ein grundrechtlich geschütztes Aufenthaltsrecht in Deutschland und bei Bedarf Anspruch auf Sozialleistungen.
24Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2004 - 5 C 1.03 -, BVerwGE 122, 313 (316 f.) = juris, Rn. 15.
25Die Klägerin war zum Zeitpunkt der Einreise in das Bundesgebiet erwiesen deutsche Staatsangehörige. Sie war nach vorgängiger Prüfung durch das Bundesverwaltungsamt und mit einem von diesem ausgestellten Staatsangehörigkeitsausweis vom 14. Oktober 2003 im April 2004 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist. War damit die deutsche Staatsangehörigkeit der Klägerin bereits bei ihrer Übersiedlung nach Deutschland aufgrund amtlicher Prüfung durch den Staatsangehörigkeitsausweis nachgewiesen, entbehrt ihre nochmalige vorgängige Prüfung durch das Bundesverwaltungsamt zum Zwecke der Verhinderung einer Aufenthaltnahme nicht berechtigter Personen eines hinreichenden Sinnes. Vielmehr widerstreitet ein Verlassen des Aussiedlungsgebiets und eine Übersiedlung nach Deutschland ohne Aufnahmebescheid unter den hier gegebenen besonderen Umständen dem Gesetzeszweck nicht, sondern führt die nachträgliche Erteilung eines Aufnahmebescheids nach § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG zu einem Ergebnis, „das dem Regelergebnis in seiner grundsätzlichen Zielrichtung gleichwertig ist“.
26Vgl. zu der gleichlautenden Fassung des § 27 Abs. 2 BVFG a. F.: BVerwG, Urteil vom 18. November 1999 - 5 C 8.99 -, BVerwGE 110, 92 (98 f.) = juris, Rn. 16, unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 26. Januar 1966 - 5 C 88.64 ‑, BVerwGE 23, 149 (158).
272. Der Aufnahmeantrag der Klägerin bleibt aber ohne Erfolg, weil sie diesen Antrag erst mehr als sechs Jahre nach ihrer Einreise gestellt hat. Der Antrag auf Aufnahme als Spätaussiedler im Bundesgebiet muss auch in den von § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG erfassten Härtefällen in zeitlichem Zusammenhang mit der Aussiedlung gestellt werden.
28Vgl. zu der gleichlautenden Fassung des § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG a. F.: BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2012 - 5 C 23.11 -, BVerwGE 145, 248 = juris.
29§ 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG enthält zwar keine Frist für die Stellung eines Härtefallantrags. Die Auslegung der Vorschrift ergibt aber, dass der Aufnahmeantrag nach der ständigen Wohnsitznahme im Bundesgebiet nicht zeitlich unbegrenzt gestellt werden kann.
30Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2012 ‑ 5 C 23.11 -, BVerwGE 145, 248 (249 f.) = juris, Rn. 7 und 9.
31Die vom Bundesverwaltungsgericht in dem vorstehend zitierten Urteil vertretene Auffassung, der Härtefallantrag sei in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit der Aussiedlung zu stellen, greift regelmäßig im Fall eines ohne Aufnahmebescheid auf ausländerrechtlicher Grundlage eingereisten Aufnahmebewerbers, aber auch im Fall der ohne Aufnahmebescheid eingereisten Klägerin, die als erwiesen deutsche Staatsangehörige ausgesiedelt und ins Bundesgebiet eingereist ist; auch sie hätte den Härtefallantrag zeitnah zur Übersiedlung stellen müssen.
32Die vom Bundesverwaltungsgericht unter Anwendung der herkömmlichen Auslegungsmethoden vorgenommene Auslegung der Vorschrift des § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG betrifft zwar den Fall einer auf ausländerrechtlicher Grundlage eingereisten Person, die knapp fünf Jahre nach ihrer Übersiedlung einen Härtefallantrag gestellt hat. Die Vorschrift des § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG ist aber auf den Fall der Klägerin entsprechend dieser Auslegung anzuwenden.
33a. Zwar ergibt sich dies nicht schon aus der durch das Bundesverwaltungsgericht zunächst vorgenommenen Wortlautinterpretation der Vorschrift, insbesondere der dort in Bezug genommenen Begriffe „Aufnahme“ und „Aufnahmebescheid“. Denn mit Blick darauf ist festzustellen, dass die Klägerin nicht zum Kreis der - so die ausdrückliche Wortlautauslegung des Bundesverwaltungsgerichts - „Personen“ gehört, die „staatlicherseits in ein Land ‚aufgenommen‘“ werden müssen und sich hier „mit behördlicher Erlaubnis“ niederlassen. Denn die erwiesen deutsche Staatsangehörige musste weder als Person in der Bundesrepublik Deutschland „staatlicherseits aufgenommen“ werden noch war es für sie erforderlich, sich hier etwa mit ausländerrechtlicher, „behördlicher Erlaubnis“ aufzuhalten.
34Zur Wortlautauslegung des § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG a. F.: BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2012 - 5 C 23.11 -, BVerwGE 145, 248 (250), = juris, Rn. 9.
35Die bereits zum Zeitpunkt ihrer Übersiedlung im ganzen Bundesgebiet Freizügigkeit genießende Klägerin war vielmehr berechtigt, ohne das Aufnahmeverfahren durchzuführen, und damit ohne „Aufnahme“ und ohne die Erteilung eines „Aufnahmebescheid(s)“ abzuwarten, in die Bundesrepublik Deutschland einzureisen und sich hier niederzulassen.
36Vgl. hierzu die oben bereits zitierten Entscheidungen: BVerwG, Urteile vom 16. Dezember 2004 - 5 C 1.03 -, BVerwGE 122, 313 (316 f.) = juris, Rn. 13 ff., und vom 18. November 1999 ‑ 5 C 8.99 -, BVerwGE 110, 92 (96) = juris, Rn. 14 ff.
37b. Auch soweit das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 13. Dezember 2012 - 5 C 23.11 -, BVerwGE 145, 248 (250 f.) = juris, Rn. 9 ff., im Rahmen der historischen Auslegung ausführt, die Entstehungsgeschichte des § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG a. F. bzw. § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG deute in die gleiche Richtung wie die von ihm vorgenommene Wortlautauslegung, erfasst auch diese Interpretation den Fall der Klägerin nicht unmittelbar.
38Das Bundesverwaltungsgericht hat in diesem Zusammenhang in dem vorstehend zitierten Urteil folgende Begründung angeführt:
39„Die Vorschrift geht auf das Gesetz zur Regelung des Aufnahmeverfahrens für Aussiedler (Aussiedleraufnahmegesetz - AAG) vom 28. Juni 1990 (BGBl. I S. 1247) zurück. Dieses Gesetz war eine Reaktion darauf, dass bedingt durch den Fall des Eisernen Vorhangs Spätaussiedler aus dem ehemaligen Ostblock bessere Reisemöglichkeiten hatten und in steigender Anzahl im Bundesgebiet ankamen. Im Jahr 1987 waren es noch 80 000, im Jahr 1988 bereits 200 000 und im Jahr 1989 schon 380 000 (BT-Drucks. 11/6937 S. 5). Der Gesetzgeber hielt es daher für notwendig, den Zuzug von Aussiedlern zu begrenzen. Da sich die Verhältnisse in den ehemaligen Ostblockstaaten für die verbliebenen Deutschen erheblich verbessert hatten, sollten ausreisewillige Aussiedler auf ein Vorprüfungsverfahren in den Herkunftsgebieten verwiesen werden, um auf diese Weise den Zuzug zu regulieren (vgl. Urteil vom 19. April 1994 - BVerwG 9 C 343.93 - DVBl 1994, 938 = juris Rn. 21).
40Dementsprechend sollte nach § 27 Abs. 1 BVFG das Aufnahmeverfahren im Regelfall von den Herkunftsstaaten aus betrieben werden und nach § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG nur ausnahmsweise bei Vorliegen eines Härtefalls im Bundesgebiet. Der Begründung des Regierungsentwurfs zu § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG (BT-Drucks. 11/6937 S. 6) lässt sich zwar nicht entnehmen, in welchem Zeitraum ein Härtefallantrag gestellt werden sollte. Der Gesetzgeber ging aber von der Situation aus, dass die Aufnahmebewerber ‚fast ausnahmslos ... mit einem Besuchs- oder Touristenvisum‘ einreisten (BT-Drucks. 11/6937 S. 5) und daher zur Erlangung eines dauerhaften Bleiberechts nach Ablauf des im Regelfall auf drei Monate begrenzten Visums einen Antrag nach dem Bundesvertriebenengesetz stellen mussten. Insofern liegt die Annahme der Beklagten nahe, dass der Gesetzgeber von einer Antragstellung in zeitlichem Zusammenhang mit der Ausreise ausging.“
41Aus dieser unter Rückgriff auf die Entstehungsgeschichte begründeten Deutung der Vorschrift durch das Bundesverwaltungsgericht ist zu entnehmen, dass Grund für die Entstehung des Rechtsinstituts des Aufnahmeverfahrens die Zuzugsbegrenzung und damit einhergehend eine der Ausreise vorangehende Zuzugskontrolle von Aussiedlern gewesen ist und der Gesetzgeber bei der Schaffung dieses Rechtsinstituts hinsichtlich der ohne Aufnahmebescheid eingereisten Aufnahmebewerber „fast ausnahmslos“ mit einem Visum eingereiste Ausländer vor Augen hatte, die er dieser Begrenzung bzw. Kontrolle gleichfalls unterwerfen wollte. Diese vom Gesetzgeber „fast ausnahmslos“ in den Blick genommenen Aufnahmebewerber mussten und müssen nach Ablauf der in der Regel dreimonatigen Geltungsdauer ihres jeweils auf ausländerrechtlicher Grundlage erteilten Visums schon notwendigerweise eine Klärung über ihren weiteren Verbleib im Bundesgebiet herbeiführen und allein deshalb ihren Härtefallantrag zeitnah zur Ausreise stellen, andernfalls liefen sie Gefahr, nach Ablauf der Geltungsdauer ihres Visums in ihren Herkunftsstaat abgeschoben zu werden. Die Klägerin unterlag, als sie als deutsche Staatsangehörige nach Deutschland einreiste, weder der Zuzugskontrolle, ihr Zuzug aus den Aussiedlungsgebieten hätte wegen ihrer deutschen Staatsangehörigkeit schon nicht verweigert werden können, noch war sie darauf verwiesen, mit einem zeitlich begrenzten „Besuchs- oder Touristenvisum“ einzureisen.
42c. Aus der vom Bundesverwaltungsgericht vorgenommenen systematischen Auslegung folgt jedoch, dass auch bei der Anwendung des § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG auf den Fall der Klägerin, die als deutsche Staatsangehörige in das Bundesgebiet eingereist ist, eine gesetzlich nicht ausdrücklich geregelte Frist für die Stellung ihres Härtefallantrags gilt.
43aa. Die Klägerin erfüllt eine zwingende Tatbestandsvoraussetzung für den Erhalt des Aufnahmebescheids nicht. Sie hat den vom Bundesverwaltungsgericht aus der Systematik des Gesetzes, insbesondere des § 26 BVFG, hergeleiteten Spätaussiedlerwillen nicht zeitnah zur Aussiedlung durch eine Härtefallantragstellung nach außen betätigt.
44(1) Die Klägerin mag zwar einen Spätaussiedlerwillen gehabt haben, als sie übersiedelte.
45Zum Spätaussiedlerwillen hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 13. Dezember 2012 - 5 C 23.11 -, BVerwGE 145, 248 (251 f.) = juris, Rn. 13, ausgeführt:
46„Die Beklagte weist zutreffend darauf hin, dass nach § 26 BVFG nur Personen, die bereits beim Verlassen der Aussiedlungsgebiete Spätaussiedler sein wollen, einen Aufnahmebescheid erhalten können. Dieser Spätaussiedlerwille ist zwingende Tatbestandsvoraussetzung für den Erhalt des Aufnahmebescheids (von Schenckendorff, Vertriebenen- und Flüchtlingsrecht, Stand September 2012, B 2 § 26 BVFG n. F. Anm. 3. S. 9). Hierfür genügt die Absicht, zeitweise im Bundesgebiet zu leben, nicht. Vielmehr muss der Wille bestehen, auf Dauer als Deutscher unter Deutschen zu leben und sich mit Spätaussiedlerstatus im Bundesgebiet endgültig niederzulassen. Es reicht nicht, wenn sich ein deutscher Volkszugehöriger auf einen Vertriebenen-, Aussiedler- oder Umsiedlerstatus nach altem Recht oder auch nur auf seine deutsche Staatsangehörigkeit beruft. Vielmehr muss er gerade den Willen haben, nach endgültiger Wohnsitznahme den Spätaussiedlerstatus gemäß § 4 i. V. m. § 6 BVFG zu erwerben (Beschlüsse vom 2. November 1999 - BVerwG 5 B 17.99 - juris Rn: 3 und vom 17. August 2004 - BVerwG 5 B 72.04 - juris Rn 7 m. w. N.).“
47(a) Die Klägerin hatte, als sie übersiedelte, anders als die Klägerin in dem dem vorstehend zitierten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zugrunde liegenden Fall,
48die dortige Klägerin war mit einem Besuchsvisum eingereist, hatte gut drei Jahre nach der Einreise zunächst eine Niederlassungserlaubnis und erst weitere knapp zwei Jahre später einen Härtefallantrag gestellt,
49nicht den Willen sich hier aus anderen Gründen, als als Deutsche unter Deutschen zu leben, niederzulassen.
50Vgl. hierzu auch die vom Bundesverwaltungsgericht in dem Urteil vom 13. Dezember 2012 - 5 C 23.11 -, BVerwGE 145, 248 (252) = juris, Rn. 13, zitierten Entscheidungen vom 17. August 2004 - 5 B 72.04 -, juris, Rn. 7, und vom 2. November 1999 - 5 B 17.99 -, juris, Rn. 3, wonach im Aufnahmeverfahren das Bestehen anderer Gründe für einen dauernden Aufenthalt des Aufnahmebewerbers nicht Prüfungsgegenstand ist.
51Sie war als deutsche Staatsangehörige eingereist, hatte sich schon einen Monat nach ihrem Eintreffen eine eigene Wohnung gesucht, und sich nicht weiter (etwa nur besuchs- bzw. zeitweise) bei ihrem Bruder M1. M. aufgehalten; ferner hat sie kurz nach ihrem Eintreffen Sprachkurse für Aussiedler aufgenommen.
52(b) Die Klägerin hat sich auch nicht etwa nur auf ihre deutsche Staatsangehörigkeit berufen,
53vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 18. November 1999 - 5 C 6.99 -, NVwZ-RR 2000, 468 f. = juris, Rn. 17, wonach die bloße Behauptung, deutscher Staatsangehöriger zu sein, nicht zu einer besonderen Härte im Sinne der Regelung des § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG a. F. führt,
54vielmehr lag zum Zeitpunkt der Übersiedlung schon ein vom Bundesverwaltungsamt ausgestellter Nachweis ihrer deutschen Staatsangehörigkeit vor.
55Vgl. hierzu BVerwG, Urteile vom 16. Dezember 2004 - 5 C 1.03 -, BVerwGE 122, 313 (316 f.) = juris, Rn. 13 ff., und vom 18. November 1999 ‑ 5 C 8.99 -, BVerwGE 110, 92 = juris, Rn. 16, wonach eine besondere Härte nach § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG a. F. zu bejahen ist, wenn der Aufnahmebewerber erwiesen deutscher Staatsangehöriger ist.
56(2) Die Klägerin hat aber den Spätaussiedlerwillen nicht zeitnah zur Übersiedlung durch Stellung eines Härtefallantrags nach außen hin betätigt.
57Zu der Frage der Betätigung des Spätaussiedlerwillens hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 13. Dezember 2012 - 5 C 23.11 -, BVerwGE 145, 248 (252 f.) = juris, Rn. 14 f., ausgeführt:
58„Dieser Wille kann aber nur durch einen entsprechenden Antrag auf Aufnahme als Spätaussiedler nach außen hin betätigt werden. Die Auffassung, dass der Spätaussiedlerwille gleichsam ‚nur im Herzen getragen‘ werden müsse, vor der Aufnahmebehörde aber über Jahre oder sogar Jahrzehnte hinweg geheim gehalten werden dürfe, verkennt die systematische Stellung des § 26 BVFG in den das behördliche Aufnahmeverfahren regelnden Vorschriften. Das Willenserfordernis ist Teil des Vierten Abschnitts ‚Aufnahme‘ im Bundesvertriebenengesetz, in dem das vom Bundesverwaltungsamt zu führende Verfahren für den Zuzug von Spätaussiedlern geregelt ist. Damit ist der Spätaussiedlerwille keine mit dem Vertreibungsdruck nahezu wesensgleiche materiell-rechtliche Anerkennungsvoraussetzung, sondern ein eigenständiges verfahrensrechtliches Erfordernis für den Erhalt des Aufnahmebescheids. Der Spätaussiedlerwille muss dementsprechend auch gegenüber der Aufnahmebehörde zum Ausdruck gebracht werden.
59… Im Normalfall des § 27 Abs. 1 BVFG wird dieser Wille bereits vor dem Verlassen des Aussiedlungsgebietes durch einen Aufnahmeantrag zum Ausdruck gebracht. Liegen Härtefallgründe vor, die es ausnahmsweise unzumutbar erscheinen lassen, das Aufnahmeverfahren vom Aussiedlungsgebiet aus zu betreiben, befreit § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG vom Erfordernis der Antragstellung im Herkunftsstaat. Die Vorschrift entbindet aber nicht von den ‚sonstigen Voraussetzungen‘ des Aufnahmeverfahrens, so dass der Spätaussiedlerwille in gleicher Weise im zeitlichen Zusammenhang mit dem Verlassen des Aussiedlungsgebietes nicht nur vorliegen, sondern auch gegenüber der Aufnahmebehörde betätigt werden muss. Ist ein solcher Zusammenhang nicht gegeben, stellt dies ein gewichtiges Indiz gegen das Vorliegen eines Aussiedlungswillens zum Zeitpunkt der Ausreise dar.“
60So liegt es bei der Klägerin. Sie hat ihren Spätaussiedlerwillen mehr als sechs Jahre „nur im Herzen getragen“ und nicht nach außen hin betätigt. Dieser Umstand spricht schon gegen das für den Erwerb des Spätaussiedlerstatus erforderliche Vorliegen ihres Aussiedlungswillens zum Zeitpunkt der Ausreise. Das Bundesverwaltungsgericht stellt zwar unter Hinweis auf die systematische Stellung des § 26 BVFG darauf ab, der nach außen betätigte Spätaussiedlerwillen sei keine materiell-rechtliche Anerkennungsvoraussetzung, sondern vielmehr ein eigenständiges verfahrensrechtliches Erfordernis für das zur Regelung des Zuzugs von Spätaussiedlern durchzuführende Aufnahmeverfahren. Für die Klägerin gilt dieses verfahrensrechtliche Erfordernis aber gleichermaßen, auch wenn der Zuzug der Klägerin aus den Aussiedlungsgebieten, weil sie im Bundesgebiet Freizügigkeit genießt, nicht im Wege des Aufnahmeverfahrens geregelt werden musste. Denn sie begehrt hier die Aufnahme als Spätaussiedlerin und nicht als deutsche Staatsangehörige.
61bb. Ob die vom Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 13. Dezember 2012 - 5 C 23.11 -, BVerwGE 145, 248 (253 f.) = juris, Rn. 17, im Rahmen seiner systematischen Auslegung benannte Vorschrift des § 27 Abs. 4 Satz 1 BVFG für den Fall der Klägerin ein Argument dafür liefert, sie habe den Härtefallantrag zeitnah zur Übersiedlung zu stellen gehabt, kann dahinstehen. Auch deutschen Staatsangehörigen kann ein Aufnahmebescheid nur im Rahmen des Kontingents des § 27 Abs. 4 Satz 1 BVFG erteilt werden. Das Aufnahmeverfahren und damit auch die Kontingentierung berechtigen aber nicht dazu, die Freizügigkeit eines erwiesen deutschen Staatsangehörigen einzuschränken.
62Vgl. zu der gleichlautenden Vorschrift des § 27 Abs. 3 BFVG a. F. die bereits oben zitierte Entscheidung: BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2004 - 5 C 1.03 -, BVerwGE 122, 313 (316) = juris, Rn.14.
63Kann danach erwiesen deutschen Staatsangehörigen die Kontingentierung von Spätaussiedlern vor der Ausreise aus den Aussiedlungsgebieten nicht entgegengehalten werden, dürfte Gleiches auch nach ihrer Einreise in die Bundesrepublik Deutschland und ihrer dauerhaften Aufenthaltnahme im Bundesgebiet gelten, weil sie andernfalls nur die vom Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich für diese Personengruppe verneinte Alternative (gehabt) hätten, „entweder das Aufnahmeverfahren vom Herkunftsgebiet aus zu betreiben oder sich gestützt auf die Staatsangehörigkeit in Deutschland aufzuhalten, dafür aber nicht den Spätaussiedlerstatus erwerben zu können“.
64Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2004 - 5 C 1.03 -, BVerwGE 122, 313 (317) = juris, Rn. 17.
65cc. Das vom Bundesverwaltungsgericht im Rahmen seiner systematischen Interpretation des § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG angeführte Argument, auch das Erfordernis der behördlichen Sprachprüfung spreche für eine zeitnahe Stellung des Härtefallantrags, unterstreicht die Annahme, in einem Fall wie dem der Klägerin könne der Aufnahmeantrag ebenfalls nicht unbegrenzt gestellt werden.
66Zum Erfordernis der behördlichen Sprachprüfung hat das Bundesverwaltungsgericht in dem Urteil vom 13. Dezember 2012 - 5 C 23.11 -, BVerwGE 145, 248 (254 f.) = juris, Rn. 19 f., ausgeführt:
67„… Zur Überprüfung dieses Bestätigungsmerkmals ist im Rahmen des Aufnahmeverfahrens nach dem Willen des Gesetzgebers von der zuständigen Behörde ein Gespräch mit dem Aufnahmebewerber zu führen. Dies folgt aus § 15 Abs. 1 Satz 2 BVFG. In diesem Gespräch muss der entsprechende Nachweis der ausreichenden Beherrschung der deutschen Sprache erbracht werden. § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG entbindet nicht von dem Erfordernis, dass ein entsprechendes Gespräch im Aufnahmeverfahren zu führen ist. Vielmehr verschiebt § 6 Abs. 2 Satz 3 BVFG lediglich den maßgeblichen Zeitpunkt. Während im Regelfall die Sprachprüfung vor der Aussiedlung im Herkunftsgebiet durchgeführt wird, ist im Ausnahmefall des § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG die Sprachbeherrschung im Zeitpunkt der Begründung des ständigen Aufenthalts im Bundesgebiet zu prüfen.
68Diese vom Gesetz vorgesehene behördliche Überprüfung der Sprachkenntnisse im Zeitpunkt der ständigen Wohnsitznahme kann aber nur erfolgen, wenn der Betroffene in zeitlichem Zusammenhang zur Begründung des ständigen Aufenthalts einen Aufnahmeantrag stellt. Wenn der Aufnahmeantrag erst - wie hier - mehrere Jahre nach Einreise gestellt wird, ist eine zweifelsfreie Überprüfung der Sprachbeherrschung bei Wohnsitznahme vielfach nicht mehr möglich. Außerdem würde den Aufnahmebewerbern für einen unbegrenzten Zeitraum die Möglichkeit des Nacherwerbs der deutschen Sprache im Inland eröffnet. Dies entspräche nicht den Vorstellungen des Gesetzgebers.“
69Eine zweifelsfreie Überprüfung der Sprachbeherrschung bei Wohnsitznahme ist, nachdem sich die Klägerin seit Wohnsitznahme und bevor sie den Härtefallantrag gestellt hat, mehr als sechs Jahren im Bundesgebiet aufgehalten hatte, nur noch schwerlich möglich. Insbesondere hatte sie mehr als sechs Jahre die Möglichkeit des Nacherwerbs der deutschen Sprache. Gerade dieser Umstand spricht dafür, dass auch im Fall der Klägerin eine zeitlich unbegrenzte Stellung eines Härtefallantrags nicht von der Vorschrift des § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG gedeckt ist.
70dd. Auch das in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat gegen eine zeitliche Befristung der Härtefallantragstellung vorgetragene Argument der Klägerin, der Gesetzgeber habe in § 27 Abs. 3 Satz 1 BVFG ausdrücklich geregelt, der Antrag auf Wiederaufgreifen sei nicht an eine Frist gebunden, führt zu keinem anderen Ergebnis. (Unanfechtbar abgeschlossene) Härtefallanträge bleiben von dieser Regelung unberührt. Die mit dem Neunten BVFG-Änderungsgesetz vom 4. Dezember 2011, BGBl. I. S. 2426, eingefügte, zunächst nur für die Einbeziehung geltende Regelung (vgl. § 27 Abs. 3 Satz 3 BVFG a. F.), die der Gesetzgeber mit dem Zehnten BVFG-Änderungsgesetz auch auf den Antrag auf Wiederaufgreifen eines unanfechtbaren Aufnahmeverfahrens erweitert hat, soll nach dem Willen des Gesetzgebers nur für die in den Aussiedlungsgebieten verbliebenen Aufnahmebewerber und deren Familienangehörigen Geltung haben. Der Gesetzgeber hatte bei der Einfügung dieser Regelung durch das Neunte BVFG-Änderungsgesetz zunächst nur die im Aussiedlungsgebiet noch verbliebenen Familienangehörigen vor Augen. Die Regelung sollte nämlich nach der Gesetzesbegründung „die betroffenen Personen von der Verpflichtung“ befreien, „zeitnah nach Kenntnis von der Rechtsänderung darüber zu entscheiden, ob sie ausreisen“.
71Vgl. BT-Drucks. 17/5515, S. 7 f.
72Bei der mit dem Zehnten BVFG-Änderungsgesetz vorgenommenen Erweiterung der Regelung auch auf Anträge auf Wiederaufgreifen unanfechtbar abgeschlossener (eigener) Aufnahmeverfahren hat der Gesetzgeber wiederum lediglich die im Aussiedlungsgebiet verbliebenen Aufnahmebewerber in den Blick genommen und (nur) diese von der Bindung an Fristen befreien wollen. Denn nach der Gesetzesbegründung „geht“ diese Vorschrift „zurück auf den bisherigen § 27 Abs. 3 Satz 3 BVFG“,
73vgl. BT-Drucks. 17/13937, S. 13,
74der nur die Familienangehörigen in Bezug genommen hatte, die noch eine Entscheidung über eine Ausreise zu treffen hatten, also noch in den Aussiedlungsgebieten lebten.
75d. Auch mit Blick auf die vom Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 13. Dezember 2012 - 5 C 23.11. -, BVerwGE 145, 248 (255 f.), = juris, Rn. 22, vorgenommene teleologischen Auslegung des § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG lässt sich für den Fall der Klägerin folgern, sie habe ihren Härtefallantrag zu spät gestellt.
76aa. Das Bundesverwaltungsgericht hat in dem vorstehend zitierten Urteil zum Gesetzeszweck angeführt:
77„Wie bereits ausgeführt dient das Aufnahmeverfahren der Verstetigung und Kontrolle des Spätaussiedlerzuzugs (Urteil vom 19. April 1994 aaO, BT-Drucks. 11/6937 S. 5 f.). Soweit in der Ausnahmeregelung des § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG in Härtefällen von dem Erfordernis der Auslandsantragstellung befreit wird, wird damit nicht die Konzeption des Aufnahmeverfahrens als Zuzugsregelungsverfahren aufgegeben. Insbesondere muss aus Gründen der Zuzugskontrolle zeitnah geprüft werden, ob überhaupt besondere Härtefallgründe vorliegen, die eine Antragstellung im Bundesgebiet rechtfertigen. Nimmt der Aufnahmebewerber dies irrtümlich an, dann muss er nach der Ablehnung des Härtefallantrags - wie § 27 Abs. 1 Satz 6 BVFG zeigt - in das Aussiedlungsgebiet zurückreisen, um einen Folgeantrag erfolgreich stellen zu können. Auch diese im Interesse der Zuzugskontrolle bestehende Rückreisepflicht würde unterlaufen, wenn ein dauerhafter Zuzug auf ausländerrechtlicher Grundlage unschädlich wäre und wenn der Betroffene im Bundesgebiet das Entstehen eines Härtefallgrundes über mehrere Jahre gleichsam folgenlos abwarten oder fehlende deutsche Sprachkenntnisse über mehrere Jahre ungeprüft nacherwerben könnte. Denn § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG erfasst nicht Fallgestaltungen, die der Antragsteller oder andere Personen durch ein ihm oder ihnen zuzurechnendes Verhalten mit der Absicht herbeigeführt haben, das Regelerfordernis des § 27 Abs. 1 BVFG zu umgehen (Urteil vom 18. November 1999 aaO [S. 104]). Ließe man aber eine Antragstellung nach § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG zu einem beliebig späten Zeitpunkt nach der dauerhaften Wohnsitznahme zu, könnte dies eine Anreizwirkung für eine Umgehung der Regelerfordernisse haben.“
78Die Konzeption „des Aufnahmeverfahrens als Zuzugsregelungsverfahren“ wird im Fall der Klägerin nicht umgangen. Dessen Schutzzweck greift - wie bereits ausgeführt - nicht für sie als erwiesen deutsche Staatsangehörige. Sie war wegen des ihr zustehenden grundrechtlich durch Art. 11 Abs. 1 GG geschützten Aufenthaltsrechts ohne die Durchführung des Aufnahmeverfahrens berechtigt, in den Geltungsbereich des Bundesvertriebenengesetzes einzureisen und sich hier niederzulassen. Hinsichtlich ihrer Person war auch keine zeitnahe Überprüfung erforderlich, ob überhaupt Härtegründe vorliegen. Sie war laut dem vom Bundesverwaltungsamt vor ihrer Übersiedlung ausgestellten Staatsangehörigkeitsausweis schon zum Zeitpunkt ihrer Einreise deutsche Staatsangehörige. Für sie bestand auch nicht die „im Interesse der Zuzugskontrolle bestehende Rückreisepflicht“ aus § 27 Abs. 1 Satz 6 BVFG a. F. bzw. aus § 27 Abs. 1 Satz 3 BVFG in der geltenden Fassung. Ihr dauerhafter Zuzug war nicht auf ausländerrechtlicher Basis erfolgt. Sie hat nicht das „Entstehen eines Härtefallgrundes über mehrere Jahre gleichsam folgenlos abwarten“ können oder müssen.
79Allerdings liefe das Fehlen einer zur Aussiedlung zeitnahen Prüfung der Sprachkenntnisse und die Möglichkeit des Nacherwerbs der Sprache, ließe man die Antragstellung in einem Fall wie dem der Klägerin zu einem beliebig späteren Zeitpunkt nach der Aussiedlung zu, dem Zweck des Bundesvertriebenengesetzes zuwider. Denn dies führte zu einer Umgehung des Regelerfordernisses der behördlichen Sprachprüfung im Zusammenhang mit der Aussiedlung.
80bb. Zudem spricht auch der vom Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 13. Dezember 2012 - 5 C 23.11 -, BVerwGE 145, 248 (256 f.) = juris, Rn. 23, im Rahmen seiner Auslegung benannte Integrationszweck des Bundesvertriebenengesetzes für die Notwendigkeit einer zeitnahen Antragstellung auch in einem solchen Fall wie dem der Klägerin. Denn der Integrationszweck greift für aus den Aussiedlungsgebeiten stammende deutsche Staatsangehörige gleichermaßen wie für andere Aufnahmebewerber, auch wenn die vom Bundesverwaltungsgericht in Bezug genommenen Regelungen in den §§ 9, 10, 11 und 14 BVFG im Einzelfall der Klägerin nicht (mehr) von Relevanz sein dürften. So hat die Klägerin kurz nach ihrem Eintreffen in der Bundesrepublik Deutschland bereits Integrationskurse im Sinne von § 9 Abs. 1 BVFG (auf Kosten des Bruders) besucht. Überbrückungsgeld nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 BVFG dürfte sie - unabhängig vom Zeitpunkt der Antragstellung - auch nach Erteilung eines Aufnahmebescheids nicht beanspruchen können.
81Vgl. hierzu von Schenkendorff, Vertriebenen- und Flüchtlingsrecht, Stand Dezember 2013, B 2 § 9 BVFG n. F., Anm. II.1., S. 5.
82Die Einstiegshilfen ins Berufsleben wird sie aufgrund der persönlichen Umstände auch nach Erteilung eines Aufnahmebescheids nicht beanspruchen können.
833. Vor dem Hintergrund der Erfolglosigkeit ihres erst sechs Jahre nach Aussiedlung gestellten Härtefallantrags kommt es auch nicht darauf an, ob die Klägerin die ‑ von der Beklagten teilweise zugestandenden - sonstigen Voraussetzungen des § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG erfüllt.
84III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10, 711 Satz 1 ZPO.
85IV. Der Senat lässt die Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wegen der Frage zu, ob § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG grundsätzlich entsprechend der im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. Dezember 2012 - 5 C 23.11 -, BVerwGE 145, 248 = juris, vorgenommenen Auslegung auch auf solche ohne Aufnahmebescheid eingereiste Aufnahmebewerber anzuwenden ist, deren deutsche Staatsangehörigkeit zum Zeitpunkt der Übersiedlung bereits durch behördliche Vorprüfung festgestellt bzw. erwiesen ist.
(1) Spätaussiedler ist in der Regel ein deutscher Volkszugehöriger, der die Republiken der ehemaligen Sowjetunion nach dem 31. Dezember 1992 im Wege des Aufnahmeverfahrens verlassen und innerhalb von sechs Monaten im Geltungsbereich des Gesetzes seinen ständigen Aufenthalt genommen hat, wenn er zuvor
- 1.
seit dem 8. Mai 1945 oder - 2.
nach seiner Vertreibung oder der Vertreibung eines Elternteils seit dem 31. März 1952 oder - 3.
seit seiner Geburt, wenn er vor dem 1. Januar 1993 geboren ist und von einer Person abstammt, die die Stichtagsvoraussetzung des 8. Mai 1945 nach Nummer 1 oder des 31. März 1952 nach Nummer 2 erfüllt, es sei denn, dass Eltern oder Voreltern ihren Wohnsitz erst nach dem 31. März 1952 in die Aussiedlungsgebiete verlegt haben,
(2) Spätaussiedler ist auch ein deutscher Volkszugehöriger aus den Aussiedlungsgebieten des § 1 Abs. 2 Nr. 3 außer den in Absatz 1 genannten Staaten, der die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllt und glaubhaft macht, dass er am 31. Dezember 1992 oder danach Benachteiligungen oder Nachwirkungen früherer Benachteiligungen auf Grund deutscher Volkszugehörigkeit unterlag.
(3) Der Spätaussiedler ist Deutscher im Sinne des Artikels 116 Abs. 1 des Grundgesetzes. Ehegatten oder Abkömmlinge von Spätaussiedlern, die nach § 27 Abs. 1 Satz 2 in den Aufnahmebescheid einbezogen worden sind, erwerben, sofern die Einbeziehung nicht unwirksam geworden ist, diese Rechtsstellung mit ihrer Aufnahme im Geltungsbereich des Gesetzes.
(1) Deutscher Volkszugehöriger im Sinne dieses Gesetzes ist, wer sich in seiner Heimat zum deutschen Volkstum bekannt hat, sofern dieses Bekenntnis durch bestimmte Merkmale wie Abstammung, Sprache, Erziehung, Kultur bestätigt wird.
(2) Wer nach dem 31. Dezember 1923 geboren worden ist, ist deutscher Volkszugehöriger, wenn er von einem deutschen Staatsangehörigen oder deutschen Volkszugehörigen abstammt und sich bis zum Verlassen der Aussiedlungsgebiete durch eine entsprechende Nationalitätenerklärung oder auf andere Weise zum deutschen Volkstum bekannt oder nach dem Recht des Herkunftsstaates zur deutschen Nationalität gehört hat. Das Bekenntnis auf andere Weise kann insbesondere durch den Nachweis ausreichender deutscher Sprachkenntnisse entsprechend dem Niveau B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen oder durch den Nachweis familiär vermittelter Deutschkenntnisse erbracht werden. Das Bekenntnis zum deutschen Volkstum muss bestätigt werden durch den Nachweis der Fähigkeit, zum Zeitpunkt der verwaltungsbehördlichen Entscheidung über den Aufnahmeantrag, in Fällen des § 27 Absatz 1 Satz 2 im Zeitpunkt der Begründung des ständigen Aufenthalts im Geltungsbereich dieses Gesetzes, zumindest ein einfaches Gespräch auf Deutsch führen zu können, es sei denn, der Aufnahmebewerber kann diese Fähigkeit wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder wegen einer Behinderung im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch nicht besitzen. Ein Bekenntnis zum deutschen Volkstum wird unterstellt, wenn es unterblieben ist, weil es mit Gefahr für Leib und Leben oder schwerwiegenden beruflichen oder wirtschaftlichen Nachteilen verbunden war, jedoch auf Grund der Gesamtumstände der Wille unzweifelhaft ist, der deutschen Volksgruppe und keiner anderen anzugehören.
(1) Das Bundesverwaltungsamt stellt Spätaussiedlern zum Nachweis ihrer Spätaussiedlereigenschaft eine Bescheinigung aus. Eine Wiederholung des Gesprächs im Sinne von § 6 Abs. 2 Satz 3 findet hierbei nicht statt. Bei Personen, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, beteiligt das Bundesverwaltungsamt vor Erteilung der Bescheinigung den Bundesnachrichtendienst, das Bundesamt für Verfassungsschutz, den Militärischen Abschirmdienst, die Bundespolizei, das Bundeskriminalamt und das Zollkriminalamt, wenn dies zur Feststellung von Ausschlussgründen nach § 5 Nr. 1 Buchstabe d und e geboten ist. Die Entscheidung über die Ausstellung der Bescheinigung ist für Staatsangehörigkeitsbehörden und alle Behörden und Stellen verbindlich, die für die Gewährung von Rechten oder Vergünstigungen als Spätaussiedler nach diesem oder einem anderen Gesetz zuständig sind. Hält eine Behörde oder Stelle die Entscheidung des Bundesverwaltungsamtes über die Ausstellung der Bescheinigung nicht für gerechtfertigt, so kann sie nur ihre Änderung oder Aufhebung durch das Bundesverwaltungsamt beantragen.
(2) Das Bundesverwaltungsamt stellt dem in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogenen Ehegatten oder Abkömmling eine Bescheinigung zum Nachweis des Status nach Artikel 116 Abs. 1 des Grundgesetzes sowie seiner Leistungsberechtigung nach § 7 Abs. 2 Satz 1 aus. Eine Bescheinigung nach Absatz 1 kann nur ausgestellt werden, wenn die Erteilung eines Aufnahmebescheides beantragt und nicht bestands- oder rechtskräftig abgelehnt worden ist. Im Übrigen gilt Absatz 1 entsprechend.
(3) Über die Rücknahme und die Ausstellung einer Zweitschrift einer Bescheinigung entscheidet die Ausstellungsbehörde.
(4) Eine Bescheinigung kann mit Wirkung für die Vergangenheit nur zurückgenommen werden, wenn sie durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung oder durch vorsätzlich unrichtige oder unvollständige Angaben, die wesentlich für ihre Ausstellung gewesen sind, erwirkt worden ist. Die Rücknahme mit Wirkung für die Vergangenheit darf nur bis zum Ablauf von fünf Jahren nach Ausstellung der Bescheinigung erfolgen. Hat die Rücknahme einer Bescheinigung nach Absatz 1 auch Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit von Bescheinigungen nach Absatz 2, so ist für jeden Betroffenen eine selbständige Ermessensentscheidung zu treffen. Dabei ist das Maß der Beteiligung des Ehegatten oder Abkömmlings an einer arglistigen Täuschung, Drohung oder Bestechung oder an unrichtigen oder unvollständigen Angaben des Spätaussiedlers gegen die schutzwürdigen Belange des Ehegatten oder Abkömmlings, insbesondere unter Beachtung des Kindeswohls, abzuwägen. Der Widerruf einer Bescheinigung ist nicht zulässig.
(1) Spätaussiedler ist in der Regel ein deutscher Volkszugehöriger, der die Republiken der ehemaligen Sowjetunion nach dem 31. Dezember 1992 im Wege des Aufnahmeverfahrens verlassen und innerhalb von sechs Monaten im Geltungsbereich des Gesetzes seinen ständigen Aufenthalt genommen hat, wenn er zuvor
- 1.
seit dem 8. Mai 1945 oder - 2.
nach seiner Vertreibung oder der Vertreibung eines Elternteils seit dem 31. März 1952 oder - 3.
seit seiner Geburt, wenn er vor dem 1. Januar 1993 geboren ist und von einer Person abstammt, die die Stichtagsvoraussetzung des 8. Mai 1945 nach Nummer 1 oder des 31. März 1952 nach Nummer 2 erfüllt, es sei denn, dass Eltern oder Voreltern ihren Wohnsitz erst nach dem 31. März 1952 in die Aussiedlungsgebiete verlegt haben,
(2) Spätaussiedler ist auch ein deutscher Volkszugehöriger aus den Aussiedlungsgebieten des § 1 Abs. 2 Nr. 3 außer den in Absatz 1 genannten Staaten, der die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllt und glaubhaft macht, dass er am 31. Dezember 1992 oder danach Benachteiligungen oder Nachwirkungen früherer Benachteiligungen auf Grund deutscher Volkszugehörigkeit unterlag.
(3) Der Spätaussiedler ist Deutscher im Sinne des Artikels 116 Abs. 1 des Grundgesetzes. Ehegatten oder Abkömmlinge von Spätaussiedlern, die nach § 27 Abs. 1 Satz 2 in den Aufnahmebescheid einbezogen worden sind, erwerben, sofern die Einbeziehung nicht unwirksam geworden ist, diese Rechtsstellung mit ihrer Aufnahme im Geltungsbereich des Gesetzes.
(1) Deutscher Volkszugehöriger im Sinne dieses Gesetzes ist, wer sich in seiner Heimat zum deutschen Volkstum bekannt hat, sofern dieses Bekenntnis durch bestimmte Merkmale wie Abstammung, Sprache, Erziehung, Kultur bestätigt wird.
(2) Wer nach dem 31. Dezember 1923 geboren worden ist, ist deutscher Volkszugehöriger, wenn er von einem deutschen Staatsangehörigen oder deutschen Volkszugehörigen abstammt und sich bis zum Verlassen der Aussiedlungsgebiete durch eine entsprechende Nationalitätenerklärung oder auf andere Weise zum deutschen Volkstum bekannt oder nach dem Recht des Herkunftsstaates zur deutschen Nationalität gehört hat. Das Bekenntnis auf andere Weise kann insbesondere durch den Nachweis ausreichender deutscher Sprachkenntnisse entsprechend dem Niveau B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen oder durch den Nachweis familiär vermittelter Deutschkenntnisse erbracht werden. Das Bekenntnis zum deutschen Volkstum muss bestätigt werden durch den Nachweis der Fähigkeit, zum Zeitpunkt der verwaltungsbehördlichen Entscheidung über den Aufnahmeantrag, in Fällen des § 27 Absatz 1 Satz 2 im Zeitpunkt der Begründung des ständigen Aufenthalts im Geltungsbereich dieses Gesetzes, zumindest ein einfaches Gespräch auf Deutsch führen zu können, es sei denn, der Aufnahmebewerber kann diese Fähigkeit wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder wegen einer Behinderung im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch nicht besitzen. Ein Bekenntnis zum deutschen Volkstum wird unterstellt, wenn es unterblieben ist, weil es mit Gefahr für Leib und Leben oder schwerwiegenden beruflichen oder wirtschaftlichen Nachteilen verbunden war, jedoch auf Grund der Gesamtumstände der Wille unzweifelhaft ist, der deutschen Volksgruppe und keiner anderen anzugehören.
(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn
- 1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat; - 2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden; - 3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.
(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.
(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.
(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberührt.
(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.
(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er
- 1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat; - 2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren; - 3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.
(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.
(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.