Verwaltungsgericht Köln Urteil, 02. Feb. 2016 - 7 K 6121/14
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
Tatbestand:
2Der am 00.00.0000 in der ehemaligen UdSSR geborene Kläger, B. I. , begehrt die Erteilung eines Aufnahmebescheides als Spätaussiedler nach dem BVFG.
3Seine Eltern sind der ukrainische Volkszugehörige B. U. und J. I. , die Klägerin des Verfahrens 7 K 6122/14. In der am 21.08.1991 ausgestellten Geburtsurkunde des Klägers ist die Mutter J. I. mit russischer Volkszugehörigkeit eingetragen. Die Großeltern mütterlicherseits des Klägers sind die russische Volkszugehörige B1. I. und der deutsche Volkszugehörige K. I. . Der Großvater, K. I. , erwarb im Jahr 1944 im Warthegau die deutsche Staatsangehörigkeit durch Einbürgerung.
4Im Jahr 1957 wurde dem Großvater des Klägers eine Übernahmegenehmigung erteilt. Daraufhin erhielt er für sich und seine Familie, darunter auch die Mutter des Klägers, eine Einreisegenehmigung durch die zuständige Ausländerbehörde. Jedoch erlaubten die sowjetischen Milizbehörden die Ausreise in der Folgezeit nicht. K. I. stellte im Jahr 1989 erneut einen Antrag auf Erteilung einer Übernahmegenehmigung für sich und seine Familie und siedelte im Jahr 1990 nach Deutschland aus. Im Jahr 1991 wurde ihm ein Vertriebenenausweis ausgestellt.
5Die Mutter des Klägers stellte erstmalig am 12.11.1991 einen Antrag auf Erteilung eines Aufnahmebescheides als Aussiedlerin für sich, ihren Ehemann und den seinerzeit minderjährigen Kläger. Dieser wurde mit Bescheid vom 18.02.1994 bestandskräftig abgelehnt, weil die Klägerin als russische Volkszugehörige im Inlandspass eingetragen war und angegeben hatte, die deutsche Sprache nur zu verstehen, aber nicht zu sprechen. Der Bescheid erstreckte sich auch auf den seinerzeit minderjährigen Kläger. Er wurde dem bevollmächtigten Großvater des Klägers mit PZU am 26.02.1994 zugestellt.
6Unter dem 20.11.2002 stellte die Mutter des Klägers einen neuen Antrag auf Aufnahme als Spätaussiedlerin unter Einbeziehung ihres Ehemannes und ihres Sohnes B. . Gleichzeitig stellte der Kläger einen eigenen Antrag auf Aufnahme als Spätaussiedler. Mit diesem Antrag wurde eine am 23.07.2002 neu ausgestellte Geburtsurkunde des Klägers vorgelegt, in dem die Mutter J. nunmehr mit der deutschen Volkszugehörigkeit eingetragen war. Die Nationalität der Mutter war zuvor durch Beschluss der Pass- und Visaabteilung der Stadt Kaliningrad vom 01.06.2001 von „Russisch“ in „Deutsch“ geändert worden.
7Zur Volkszugehörigkeit wurde angegeben, dass der Kläger Deutscher sei. In seinem ersten Inlandspass sei die russische Nationalität eingetragen gewesen. Diese sei am 27.12.2001 geändert worden. Im vorgelegten aktuellen Inlandspass der Russischen Föderation ist keine Nationalität verzeichnet. In der Geburtsurkunde des Sohnes Daniel vom 03.04.2002 wird der Kläger mit deutscher Nationalität geführt.
8Zu den Sprachkenntnissen wurde angegeben, der Kläger habe als Kind im Elternhaus kein Deutsch gesprochen. Er habe die deutsche Sprache vom Großvater und von anderen Verwandten erlernt, außerdem in der Schule und in Sprachkursen. Jetzt verstehe er in deutscher Sprache fast alles und könne ein einfaches Gespräch führen.
9Mit Schreiben vom 21.05.2003 teilte das BVA mit, dass die Aufnahmeanträge des Klägers und seiner Mutter durch den Bescheid vom 18.02.1994 bestandskräftig abgeschlossen seien.
10Der Großvater des Klägers, K. I. , beantragte daraufhin mit Schreiben vom 30.05.2003, die Aufnahmeverfahren der Mutter und des Klägers wiederaufzugreifen, weil sich Änderungen in den familiären Verhältnissen ergeben hätten. Außerdem seien seine Kinder wegen seiner deutschen Staatsangehörigkeit bereits ab Geburt auch deutsche Staatsangehörige.
11Das BVA erklärte mit Schreiben vom 08.07.2003 erneut, dass die Aufnahmeverfahren abgeschlossen seien und verwies die Antragsteller auf einen Antrag zur Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit.
12Der Mutter des Klägers und dem Kläger wurde am 18.03.2011 ein Staatsangehörigkeitsausweis der Bundesrepublik Deutschland ausgestellt. Beide reisten im Juni 2011 nach Deutschland ein und stellten einen Antrag auf Wiederaufgreifen des Aufnahmeverfahrens und Ausstellung einer Spätaussiedlerbescheinigung. Zum Antrag wurde ein Zertifikat des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 05.07.2013 nachgereicht, wonach der Kläger bei der Sprachprüfung am 21.06.2013 das Sprachniveau der Stufe A2 erreicht hat. Der Antrag der Mutter wurde mit Bescheid vom 02.06.2014 abgelehnt. Die Mutter des Klägers hat hiergegen nach Durchführung des Widerspruchsverfahrens unter dem Aktenzeichen 7 K 6122/14 Klage erhoben.
13Mit Bescheid vom 02.06.2014 wurde auch der Antrag des Klägers auf Wiederaufgreifen des Verfahrens abgelehnt.
14In der Begründung wurde ausgeführt, ein Grund für das Wiederaufgreifen des Verfahrens nach § 51 Abs. 1 VwVfG liege nicht vor. Die Rechtsänderung durch das am 14.09.2013 in Kraft getretene 10. Änderungsgesetz sei nicht zugunsten des Klägers anwendbar, da es für den Erwerb der Spätaussiedlereigenschaft auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der Einreise nach Deutschland, und damit auf das im Jahr 2011 geltende Recht ankomme.
15Es liege auch keine Änderung der Sachlage vor. Die deutsche Staatsangehörigkeit und die angegebenen deutschen Sprachkenntnisse seien Umstände, die schon immer vorgelegen und sich nicht geändert hätten. Das vorgelegte Sprachzertifikat sei kein neues Beweismittel im Sinne des § 51 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG, da der Kläger die dreimonatige Vorlagefrist des § 51 Abs. 3 VwVfG versäumt habe. Außerdem hätte der Kläger diese Umstände auch im früheren Verfahren geltend machen können, § 51 Abs. 2 VwVfG.
16Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf ein Wiederaufgreifen des Verfahrens gemäß § 51 Abs. 5 i.V.m. §§ 48, 49 VwVfG. Der ursprüngliche Ablehnungsbescheid sei rechtmäßig gewesen. Im Hinblick auf die vorgelegten Unterlagen und die Angaben im Antrag, in der Familie kein Deutsch zu sprechen, sei die Entscheidung nachvollziehbar. Unabhängig davon habe das Prinzip der materiellen Gerechtigkeit kein größeres Gewicht als das der Rechtssicherheit. Das Ermessen sei nicht auf Null reduziert. Umstände, die die Entscheidung als schlechthin unerträglich erscheinen ließen, seien nicht ersichtlich.
17Auch wenn das Schreiben vom 30.05.2003 als Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens zu bewerten wäre, hätte auch seinerzeit kein Anspruch darauf bestanden und das Ermessen wäre nicht anders ausgeübt worden.
18Hiergegen legte der Prozessbevollmächtigte des Klägers am 11.06.2014 Widerspruch ein. Der Kläger sei aufgrund des 10. Änderungsgesetzes im Zeitpunkt seiner Einreise Spätaussiedler geworden. Da er deutscher Staatsangehöriger sei, könne er sich auf § 25 Abs. 2 BVFG berufen. Ferner sei die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts zum Aktenzeichen 12 A 1878/09 zu berücksichtigen. Außerdem wurde ein weiteres Sprachzertifikat des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 24.01.2014 vorgelegt, in dem dem Kläger wiederum ein Sprachniveau der Stufe A2 bescheinigt wird.
19Mit Widerspruchsbescheid vom 20.10.2014 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Hiergegen hat der Kläger am 07.11.2014 Klage erhoben, mit der er weiter die Erteilung eines Aufnahmebescheides begehrt.
20In der Begründung wird vorgetragen, der Kläger sei nach Erteilung des Staatsangehörigkeitsausweises eingereist. Er sei Spätaussiedler, habe sich zum deutschen Volkstum bekannt. Seine Muttersprache sei die Deutsche; mit dem Großvater habe er auch deutsch gesprochen und bis zur Selbständigkeit die deutsche Sprache überwiegend gebraucht. Bei seiner Einreise sei er in der Lage gewesen, deutsch für ein einfaches Gespräch ausreichend zu sprechen. Die nun bescheinigten Sprachkenntnisse der Stufe A2 lägen über dem Niveau eines einfachen Gesprächs in deutscher Sprache.
21Die Voraussetzungen für die deutsche Volkszugehörigkeit seien sowohl nach dem 10. Änderungsgesetz als auch bei Anwendung alten Rechts gegeben.
22Der Kläger beantragt,
23die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des BVA vom 02.06.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.10.2014 zu verpflichten, dem Kläger einen Aufnahmebescheid zu erteilen.
24Die Beklagte beantragt,
25die Klage abzuweisen.
26Sie ist der Auffassung, dass die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für die Erteilung eines Härtefallaufnahmebescheides gemäß § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG nicht vorliegen. Dies gelte sowohl für die bei Einreise geltende als auch für die aktuelle Rechtslage.
27Denn es lasse sich nicht feststellen, ob der Kläger im Zeitpunkt der Einreise ein einfaches Gespräch auf Deutsch habe führen können. Sprachkenntnisse auf dem Niveau der Stufe A2 seien für ein einfaches Gespräch nicht ausreichend. Im Übrigen habe der Kläger die Sprachprüfung erst im Januar 2014 abgelegt, sodass die bei Einreise 2011 vorhandenen Sprachkenntnisse noch schlechter gewesen sein dürften. Daher liege ein Wiederaufgreifensgrund nicht vor.
28Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten im vorliegenden Verfahren und im Verfahren der Mutter, J. I. , 7 K 6122/14, sowie auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge in beiden Verfahren Bezug genommen.
29E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
30Die Klage auf Erteilung eines Aufnahmebescheides im Härteweg gemäß § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG, ist zulässig. Insbesondere ist das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis gegeben. Der Kläger benötigt den Aufnahmebescheid zur Erlangung einer Spätaussiedlerbescheinigung gemäß § 15 Abs. 1 BVFG. Denn Spätaussiedler kann gemäß § 4 Abs. 1 BVFG nur sein, wer im Wege des Aufnahmeverfahrens eingereist ist. Das ist bisher beim Kläger nicht der Fall. Er hatte im Zeitpunkt seiner Einreise im Jahr 2011 weder einen Aufnahmebescheid noch einen Einbeziehungsbescheid, sondern ist als deutscher Staatsangehöriger eingereist.
31Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Ablehnungsbescheid des Bundesverwaltungsamtes vom 02.06.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.10.2014 ist im Ergebnis rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO.
32Es kann offen bleiben, ob der Aufnahmeanspruch des Klägers durch den Bescheid vom 18.02.1994 bestandskräftig abgelehnt worden ist, sodass der Kläger die Erteilung eines Aufnahmebescheides nur nach einem Wiederaufgreifen des Verfahrens erlangen kann. Dies erscheint zweifelhaft, weil aus der Begründung des Bescheides nicht deutlich wird, ob ein eigener Aufnahmeantrag des seinerzeit noch minderjährigen Klägers oder ein Antrag auf Einbeziehung in den Aufnahmebescheid der Mutter abgelehnt werden sollte. In dem Bescheid heißt es lediglich, er erstrecke sich auch auf den nicht-deutschen Ehemann und das minderjährige Kind B. . Eine Begründung ist nicht ersichtlich.
33Selbst wenn man zugunsten des Klägers annehmen sollte, dass eine bestandskräftige Ablehnung nicht vorliegt und der Aufnahmeantrag des Klägers bisher nicht beschieden wurde, hat er nach der maßgeblichen, zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung geltenden Fassung des § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG keinen Anspruch auf eine nachträgliche Aufnahme im Härtefall.
34Nach dieser Vorschrift kann Personen, die sich abweichend von § 27 Abs. 1 Satz 1 BVFG ohne Aufnahmebescheid im Geltungsbereich des Gesetzes aufhalten, ein Aufnahmebescheid erteilt werden, wenn die Versagung eine besondere Härte bedeuten würde und die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Zwar könnte sich der Kläger auf eine besondere Härte berufen, weil er deutscher Staatsangehöriger ist und damit ein grundrechtlich geschütztes Aufenthaltsrecht in Deutschland hat, Art. 11 Abs. 1 GG. Es konnte ihm daher nicht zugemutet werden, das Aufnahmeverfahren im Aussiedlungsgebiet abzuwarten,
35vgl. OVG NRW, Urteil vom 10.03.2014 - 11 A 1966/13 - ; BVerwG, Urteil vom 16.12.2004 - 5 C 1.03 - , BVerwGE 122, 313 (316).
36Jedoch liegen die sonstigen Voraussetzungen nicht vor. Diese ergeben sich aus § 27 Abs. 1 Satz 1 BVFG. Danach wird auf Antrag Personen ein Aufnahmebescheid erteilt, die nach Begründung des ständigen Aufenthalts im Geltungsbereich des Gesetzes die Voraussetzungen als Spätaussiedler erfüllen. Wer Spätaussiedler ist, ergibt sich aus § 4 Abs. 1 BVFG für Personen, die aus den Gebieten der ehemaligen Sowjetunion stammen. Danach kann Spätaussiedler nur ein deutscher Volkszugehöriger sein, der die Aussiedlungsgebiete nach dem 31.12.1992 im Wege des Aufnahmeverfahrens verlassen und innerhalb von 6 Monaten im Geltungsbereich des Gesetzes seinen ständigen Aufenthalt genommen hat, wen er zuvor seit seiner Geburt seinen Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten hatte.
37Diese Voraussetzungen erfüllt der Kläger nicht. Denn er war im maßgeblichen Zeitpunkt der Begründung des ständigen Aufenthalts in Deutschland im Juni 2011 kein deutscher Volkszugehöriger im Sinne der seinerzeit geltenden Fassung des § 6 Abs. 2 BVFG. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist für den Erwerb der Spätaussiedlereigenschaft im Sinne des § 4 Abs. 1 BVFG grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Einreise zum dauerhaften Aufenthalt im Bundesgebiet abzustellen,
38vgl. BVerwG, Urteile vom 16.07.2015 - 1 C 30.14 und 1 C 29.14 - , Urteil vom 28.05.2015 - 1 C 24.14 - juris Rn. 20; Urteil vom 12.03.2002 - 5 C 45.01 - BVerwGE 116, 119 Rn. 9.
39Denn aus der materiell-rechtlichen Bestimmung des § 4 Abs. 1 BVFG ergeben sich nicht nur die Voraussetzungen für den Erwerb der Spätaussiedlereigenschaft, sondern auch der Zeitpunkt, auf den es für den Erwerb ankommt, nämlich den Zeitpunkt der Begründung des ständigen Aufenthalts. Dies gilt entgegen der Auffassung des Prozessbevollmächtigten des Klägers auch für Antragsteller, die nicht im Wege des Aufnahmeverfahrens übersiedeln, sondern auf einer anderen rechtlichen Grundlage in das Bundesgebiet eingereist sind und sodann einen Härtefallaufnahmebescheid beantragen,
40vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 25.11.2015 - 11 E 1113/15 - und vom 09.12.2015 - 11 E 1170/15 - .
41Denn die Voraussetzungen für die Begründung der Spätaussiedlereigenschaft sind im Verfahren zur Erteilung eines (nachträglichen) Aufnahmebescheides und im Verfahren auf Ausstellung der Spätaussiedlerbescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG einheitlich zu beurteilen. Das Bundesverwaltungsgericht hat hierzu in seinen Entscheidungen vom 16.07.2015 ausdrücklich ausgeführt, dass es auch bei einem nach der Aufenthaltnahme erfolgten Antrag auf einen Härtefallaufnahmebescheid nach Sinn und Zweck der Regelung nicht zu rechtfertigen sei, die lediglich vorläufige Beurteilung der Spätaussiedlereigenschaft nach anderen Grundsätzen vorzunehmen als die zu diesem Zeitpunkt bereits mögliche endgültige Entscheidung über die Ausstellung der Spätaussiedlerbescheinigung,
42BVerwG, Urteil vom 16.07.2015 – 1 C 29.14 – juris, Rn. 28, 29.
43Die vorherige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass in Fällen eines Härtefallaufnahmebescheides die Anforderungen an die Spätaussiedlereigenschaft, insbesondere an die deutsche Volkszugehörigkeit, nach dem Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung zu beurteilen sind, wurde aufgegeben,
44BVerwG, Urteil vom 16.07.2015 – 1 C 29.14 – juris, Rn. 28 unter Hinweis auf die bisherige Rechtsprechung, BVerwG, Urteil vom 22.04.2004 – 5 C 27.02 – Buchholz 412.3 § 27 BVFG Nr.11.
45Die jetzt in § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG geregelten Fälle der nachträglichen Beantragung eines Aufnahmebescheides umfassen aber auch die hier vorliegende Fallgestaltung, in denen der Aufnahmebewerber nicht im Wege des Aufnahmeverfahrens, also ohne Aufnahmebescheid oder Einbeziehungsbescheid, sondern als deutscher Staatsangehöriger eingereist ist.
46Demnach bleibt es dabei, dass auch im vorliegenden Streitverfahren für die Beurteilung der Spätaussiedlereigenschaft die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Begründung des ständigen Aufenthalts maßgeblich ist. Die Frage, ob der Kläger in diesem Zeitpunkt, nämlich im Juni 2011, deutscher Volkszugehöriger war, beurteilt sich demnach nach § 6 Abs. 2 BVFG in der Fassung der Bekanntmachung vom 10.08.2007 (BGBl. I S. 1902).
47Danach ist ein nach dem 31.12.1923 geborener Antragsteller deutscher Volkszugehöriger, wenn er von einem deutschen Staatsangehörigen oder deutschen Volkszugehörigen abstammt und sich bis zum Verlassen der Aussiedlungsgebiete durch eine entsprechende Nationalitätenerklärung oder auf vergleichbare Weise nur zum deutschen Volkstum bekannt oder nach dem Recht des Herkunftsstaates zur deutschen Nationalität gehört hat. Das Bekenntnis zum deutschen Volkstum muss bestätigt werden durch die familiäre Vermittlung der deutschen Sprache. Dies ist nur festgestellt, wenn der Antragsteller im Zeitpunkt der Begründung des ständigen Aufenthalts im Bundesgebiet (in den Fällen des § 27 Abs. 2 BVFG a.F.) auf Grund der familiären Vermittlung zumindest ein einfaches Gespräch auf Deutsch führen kann.
48Diese Voraussetzungen liegen nicht vollständig vor. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Kläger sich „nur“ zum deutschen Volkstum bekannt hat und dass ihm die deutsche Sprache in der Kindheit familiär vermittelt worden ist. Auf die Frage, ob er im Jahr 2011 bei seiner Einreise ein einfaches Gespräch in deutscher Sprache führen konnte, kommt es daher nicht an.
49Zwar liegt in der Eintragung der russischen Nationalität im ersten Inlandspass des Klägers kein Gegenbekenntnis zu einer fremden Nationalität, die ein gleichzeitiges Bekenntnis zum deutschen Volkstum ausschließen würde. Denn bei der Ausstellung seines ersten Inlandspasses im Jahr 1994 hatte der Kläger keine Möglichkeit, die deutsche Nationalität zu wählen. Zu diesem Zeitpunkt waren in der für die Ausstellung des Inlandspasses maßgeblichen Geburtsurkunde die Eltern des Klägers mit ukrainischer und russischer Nationalität eingetragen. Der Kläger hatte daher nach der in der Russischen Föderation fortgeltenden Passverordnung der ehemaligen Sowjetunion vom 28.08.1974 nur ein Wahlrecht zwischen den beiden Nationalitäten seiner Eltern. Die Wahl der russischen Nationalität kann ihm daher nicht als Gegenbekenntnis zugerechnet werden.
50Jedoch hat sich der Kläger erst mit der Änderung der Nationalitätseintragung der Mutter in seiner eigenen Geburtsurkunde vom 23.07.2002 und mit der Eintragung der deutschen Nationalität des Vaters in der Geburtsurkunde seines Sohnes vom 03.04.2002 zur deutschen Nationalität bekannt. Demnach fehlt es an einem durchgängigen Bekenntnis zum deutschen Volkstum, das von dem Zeitpunkt der Selbständigkeit mit 16 Jahren bis zur Ausreise vorliegen muss. Für den Zeitraum von 1994 bis 2002 ist jedoch kein Bekenntnis feststellbar. Insbesondere liegt für diesen Zeitraum auch kein Bekenntnis in vergleichbarer Weise vor, das nach Aussage und Gewicht der Nationalitätenerklärung entsprechen würde.
51Darüber hinaus lässt sich auch nicht feststellen, dass dem Kläger die Fähigkeit, ein einfaches Gespräch auf Deutsch zu führen, während seiner Kindheit familiär vermittelt worden ist. Der Kläger hat in seinem Aufnahmeantrag vom 20.11.2002 selbst angegeben, dass er als Kind im Elternhaus kein Deutsch gesprochen habe. Dies ist aufgrund der Angaben seiner Mutter nachvollziehbar. Denn diese hat in ihrem ersten Aufnahmeantrag vom 12.11.1991 erklärt, dass sie die deutsche Sprache nur verstehe, aber nicht spreche. Vielmehr sei die Umgangssprache in der Familie russisch. Deutsch gesprochen werde nur von den Großeltern und einem Elternteil. Mit dem Elternteil kann nur der Vater der Mutter gemeint sein, also der Großvater des Klägers, K. I. , denn die Großmutter war Russin. Im Antrag der Mutter wurde somit verneint, dass von ihr selbst oder ihren Kindern, und damit auch von ihrem Sohn B. , deutsch gesprochen wurde. Demnach kann die deutsche Sprache von der Mutter des Klägers nicht vermittelt worden sein
52Zwar hat der Kläger angegeben, er habe die deutsche Sprache vom Großvater und anderen Verwandten erlernt. Dies ist jedoch nicht glaubhaft. Denn eine Vermittlung durch diesen Personenkreis kommt ebenfalls nicht in Betracht. Der Großvater hat in seinem Schreiben an das Bundesverwaltungsamt vom 30.05.2003 selbst erklärt, dass er seine Sprachkenntnisse zwar bewahrt habe, aber nicht habe weitergeben können, weil die Ehefrau Russin war und am Wohnort in Magadan keine weiteren Verwandten, auch keine anderen Deutschen lebten. Dies stimmt mit den Angaben zum Vertreibungsschicksal der Familie überein, die durch die Ereignisse des Zweiten Weltkriegs weit verstreut wurde.
53Soweit der Prozessbevollmächtigte des Klägers nunmehr im Klageverfahren unsubstantiiert behauptet, der Kläger habe in seiner Kindheit deutsch gesprochen, steht dies in unauflöslichem Widerspruch zu den eigenen Angaben der Familienmitglieder. Demnach kann diesem Vortrag keine Bedeutung zugemessen werden.
54Auf die Frage, ob der Kläger bei seiner Einreise im Jahr 2011 ein einfaches Gespräch auf Deutsch führen konnte, kommt es daher nicht an.
55Da der Kläger die im Jahr 2011 bestehenden Anforderungen an die Feststellung der deutschen Volkszugehörigkeit und damit die Voraussetzungen der Spätaussiedlereigenschaft nicht erfüllt, musste die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abgewiesen werden. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Köln Urteil, 02. Feb. 2016 - 7 K 6121/14
Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Köln Urteil, 02. Feb. 2016 - 7 K 6121/14
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Verwaltungsgericht Köln Urteil, 02. Feb. 2016 - 7 K 6121/14 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
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Tatbestand:
2Die am 00.00.0000 in der ehemaligen UdSSR geborene Klägerin J. I. begehrt die Erteilung eines Aufnahmebescheides.
3Ihre Eltern sind ausweislich der im Geburtsjahr ausgestellten Geburtsurkunde der deutsche Volkszugehörige K. I. und die russische Volkszugehörige B. I. . Die Großeltern väterlicherseits sind ebenfalls deutsche Volkszugehörige. Der Großvater, K1. I. , diente in den Jahren 1944 – 1945 in der deutschen Wehrmacht, war bis 1947 in Kriegsgefangenschaft und siedelte anschließend in die Bundesrepublik Deutschland über, wo er 1964 verstarb. Die Großmutter siedelte 1944 in den Warthegau um, wurde nach Kriegsende jedoch in die UdSSR (Uralgebiet) zurücktransportiert. Der 1925 geborene Vater der Klägerin diente ebenfalls in der deutschen Wehrmacht, geriet in Kriegsgefangenschaft und wurde 1946 zurück in die UdSSR (Magadan-Gebiet) deportiert. Die Großeltern der Klägerin sowie ihr Vater erwarben ausweislich der vorgelegten Einbürgerungsurkunde vom 26.08.1944 im Warthegau die deutsche Staatsbürgerschaft.
4Im Mai 1957 übersandte das Deutsche Rote Kreuz an den Vater der Klägerin ein von der zuständigen Behörde (Gemeinde Brake, Kreis Lemgo) genehmigtes „Anforderungsschreiben“ des Großvaters der Klägerin an die sowjetischen Milizbehörden, das sich auf die Ausreise des Vaters der Klägerin mit Ehefrau und den Kindern W. und V. I. (der Klägerin) in die Bundesrepublik Deutschland richtete. Die Übersiedlung der Familie in das Bundesgebiet wurde jedoch von den sowjetischen Behörden in der Folgezeit nicht gestattet.
5Unter dem 28.06.1989 stellte der Vater der Klägerin erneut einen Antrag auf Übernahme in das Bundesgebiet. In diesem Antrag war die Klägerin wiederum als Kind des Übernahmebewerbers aufgeführt. Mit Schreiben des Landratsamtes des Ortenaukreises vom 08.11.1989 wurde dem Bevollmächtigten des Vaters mitgeteilt, dass das BVA den Übernahmeantrag mit Bescheid vom 19.07.1957 bereits genehmigt habe. Die Verwandten müssten nun bei den örtlichen Milizbehörden einen Ausreiseantrag stellen. Der Vater der Klägerin reiste sodann im Jahr 1990 nach Deutschland aus. Am 30.04.1991 wurde ihm ein Vertriebenenausweis ausgestellt.
6Am 12.11.1991 beantragte die Klägerin erstmalig die Aufnahme nach § 27 Abs. 1 BVFG als Aussiedlerin bei dem Bundesverwaltungsamt.
7Dem Aufnahmeantrag war ein im Jahr 1990 ausgestellter Inlandspass mit Eintragung der russischen Nationalität beigefügt. In der Geburtsurkunde des Sohnes Alexander vom 21.08.1991 war die Klägerin ebenfalls mit russischer Nationalität geführt. Zu den Sprachkenntnissen wurde angegeben, die Muttersprache sei deutsch/russisch, die jetzige Umgangssprache in der Familie russisch. Die Klägerin könne die deutsche Sprache verstehen. In der Familie werde deutsch gesprochen von den Großeltern und einem Elternteil, aber nicht vom Antragsteller oder den Kindern des Antragstellers.
8Der Aufnahmeantrag wurde mit Bescheid vom 18.02.1994 abgelehnt. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Klägerin beherrsche die deutsche Sprache nicht als Muttersprache oder als bevorzugte Umgangssprache. Sie habe angegeben, dass sie die deutsche Sprache lediglich verstehe. Außerdem habe sie sich nicht zum deutschen Volkstum bekannt, denn in ihrem Inlandspass sei die russische Volkszugehörigkeit angegeben. Der Ablehnungsbescheid wurde am 26.02.1994 mit Postzustellungsurkunde an den bevollmächtigten Vater der Klägerin zugestellt.
9Am 21.11.2002 stellte die Klägerin einen erneuten Aufnahmeantrag. Mit diesem legte sie einen am 05.02.2002 ausgestellten Inlandspass der Russischen Föderation ohne Eintragung einer Nationalität vor. Außerdem war dem Antrag ein Beschluss der Pass- und Visaabteilung der Stadt Kaliningrad vom 01.06.2001 beigefügt, wonach die Nationalität der Klägerin auf ihren Wunsch von „Russin“ in „Deutsche“ zu ändern sei. Zu den Sprachkenntnissen gab sie an, sie habe die deutsche Sprache als Kind vom 1. bis zum 7. Lebensjahr vom Vater, der Großmutter und anderen Verwandten väterlicherseits erlernt. Ferner habe sie Deutschunterricht in der Schule und in Sprachkursen gehabt. Sie verstehe in deutscher Sprache fast alles und ihre Kenntnisse seien für ein einfaches Gespräch ausreichend.
10Das BVA teilte mit Schreiben vom 21.05.2003 mit, dass das Aufnahmeverfahren durch den Bescheid vom 18.02.1994 bestandskräftig abgeschlossen sei. Mit Schreiben vom 30.05.2003 stellte der bevollmächtigte Vater der Klägerin den Antrag, das Aufnahmeverfahren wieder aufzugreifen, weil sich viele Änderungen in den familiären Verhältnissen ergeben hätten. Er sei nach dem Krieg als Vaterlandsverräter verurteilt und nach Magadan deportiert worden, wo es keine Deutschen gegeben hätte. Er habe zwar seine deutschen Sprachkenntnisse erhalten, habe aber keine Möglichkeit gehabt, diese weiterzugeben, weil seine Frau eine Russin gewesen sei und die deutschen Familienangehörigen sehr weit weg gelebt hätten. Er habe sich aber bemüht, die Kinder angemessen im Sinne des deutschen Volkstums zu erziehen. Sie seien bereits durch Geburt deutsche Staatsangehörige.
11Die Kinder hätten mit 16 Jahren dem Druck der Passbeamtin nicht Widerstand leisten können, die ihnen vorgemacht hätte, sie würden als Deutsche große berufliche und gesellschaftliche Benachteiligungen erleiden. Hierdurch seien die Töchter beeinflusst worden. Nun hätten sie sich aber die deutsche Nationalität durch Gerichtsbeschluss zurückerkämpft, was früher unter der Diktatur nicht möglich gewesen sei.
12Mit Schreiben vom 08.07.2003 erklärte das BVA erneut, dass das Aufnahmeverfahren bestandskräftig abgeschlossen sei und verwies die Klägerin auf die Durchführung des Staatsangehörigkeitsfeststellungsverfahrens. Am 18.03.2011 wurde der Klägerin ein Ausweis über die deutsche Staatsangehörigkeit ausgestellt.
13Mit zwei Schreiben vom 18.10.2012 stellte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin beim BVA einen Antrag auf Erteilung eines Aufnahmebescheides, vorsorglich im Wege des Wiederaufgreifens des Verfahrens sowie einer Spätaussiedlerbescheinigung. Die Klägerin sei deutsche Staatsangehörige. Sie habe bereits eine Übernahmegenehmigung unter der SO-Liste vom 19.07.1957 erhalten, so dass auf sie die Vorschriften des § 6 Abs. 1 BVFG anzuwenden seien. Die Klägerin könne sich nach § 100 Abs. 4 BVFG auf § 1 Abs. 2 Nr. 3 BVFG berufen.
14Mit weiteren Schreiben vom 24.10.2012 und vom 06.11.2012 beantragte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin erneut die Erteilung eines Aufnahmebescheides nach § 27 Abs. 2 BVFG und einer Spätaussiedlerbescheinigung. Die Klägerin halte sich als deutsche Staatsangehörige in der Bundesrepublik Deutschland auf. Sie sei auch deutsche Volkszugehörige. Die Aufnahmeverfahren seien noch anhängig, da die Bescheide nicht ordnungsgemäß zugestellt worden seien. Die Anträge müssten unter Berücksichtigung von § 100 Abs. 4 bzw. Abs. 5 BVFG beschieden werden. Da der Klägerin am 19.07.1957 eine Übernahmegenehmigung erteilt worden sei und die sonstigen Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 Nr. 3 BVFG bzw. § 4 BVFG vorlägen, sei auch dann eine Spätaussiedlerbescheinigung zu erteilen, wenn kein Aufnahmebescheid vorläge. Wegen der Übernahmegenehmigung sei die Eintragung im Inlandspass irrelevant. Im Übrigen sei die Eintragung der russischen Nationalität im Inlandspass während der Gefangenschaft als deutsche Staatsangehörige und gegen ihren Willen erfolgt.
15Das Deutsche Rote Kreuz teilte mit Schreiben vom 08.04.2013 auf eine Anfrage des BVA mit, dass für die Klägerin keine Übernahmegenehmigung aus dem Jahr 1957 und kein D1-Antrag aus dem Jahr 1989 vorlägen.
16Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin stellte mit Schreiben vom 12.09.2013, 05.11.2013, 21.11.2013 und 28.01.2014 einen ausdrücklichen Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens und die Erteilung eines Aufnahmebescheides unter Einbeziehung der Kinder und des Ehegatten sowie deren Abkömmlingen. Sie habe eine Aufnahmegenehmigung nach altem Recht, habe im Zeitpunkt der Einreise fließend Deutsch sprechen können und die deutsche Sprache in ihrer Familie von ihren Eltern gelernt. Hierzu wurde ein Deutsch-Zertifikat des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 06.05.2013 vorgelegt, wonach die Klägerin bei der Prüfung im April 2013 das Ergebnis A2 erzielt hat.
17Mit Auskunft vom 14.05.2014 teilte die Stadt Offenburg mit, dass die Klägerin am 06.09.2011 erstmalig eine Wohnung in Offenburg bezogen habe.
18Mit Bescheid vom 02.06.2014 wurde der Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens und Erteilung eines Aufnahmebescheides abgelehnt. In der Begründung wurde ausgeführt, ein Grund für das Wiederaufgreifen des Verfahrens im Sinne des § 51 Abs. 1 VwVfG liege nicht vor. Die Sachlage habe sich nicht zugunsten der Klägerin geändert. Eine Übernahmegenehmigung sei nach den Erkenntnissen des Amtes für die Klägerin nicht erteilt worden. Im Hinblick auf die deutsche Staatsangehörigkeit und die deutschen Sprachkenntnisse berufe sie sich auf eine Sachlage, die nach ihrer Behauptung schon immer bestanden und sich nicht geändert habe. Das Sprachzertifikat könne nicht als „neues Beweismittel“ im Sinne des § 51 Abs. 1 Nr. 2 berücksichtigt werden, da sie dieses nicht innerhalb der 3-Monats-Frist des § 51 Abs. 3 VwVfG vorgelegt habe.
19Durch das am 14.09.2013 in Kraft getretene 10. Änderungsgesetz sei auch keine Änderung der Rechtslage zugunsten der Klägerin erfolgt. Vielmehr sei das im Zeitpunkt der Aufenthaltnahme der Klägerin im Juni 2011 geltende Recht auf den Anspruch der Klägerin anzuwenden.
20Ein Wiederaufgreifen des Verfahrens komme auch nicht nach § 51 Abs. 5 i.V.m. §§ 48, 49 VwVfG in Betracht. Der Ablehnungsbescheid sei nicht offensichtlich rechtswidrig gewesen. Die Klägerin sei nach den seinerzeit vorgelegten Urkunden russische Volkszugehörige gewesen und habe die deutsche Sprache lediglich verstehen, aber nicht sprechen können. Auch bei einer Rechtswidrigkeit des Bescheides bestehe kein Anspruch auf ein Wiederaufgreifen. Bei der gebotenen Abwägung zwischen dem Interesse der Allgemeinheit am Eintritt von Rechtssicherheit und dem Individualinteresse der Klägerin an einer neuen Sachentscheidung überwiege das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung des Bescheides. Es lägen keine Umstände vor, die dies als unerträglich erscheinen ließen. Insbesondere habe die Klägerin die ablehnende Entscheidung von 1994 über mehrere Jahre hingenommen und damit akzeptiert.
21Auch wenn man das Schreiben vom 30.05.2003 als Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens bewertet und bearbeitet hätte, habe auch seinerzeit kein Anspruch darauf bestanden.
22Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 10.06.2014 am 11.06.2014 Widerspruch ein. Zur Begründung wurde angegeben, die Klägerin sei aufgrund des 10. Änderungsgesetzes im Zeitpunkt ihrer Einreise deutsche Volkszugehörige gewesen. Da sie deutsche Staatsangehörige sei, könne sie sich auf § 25 Abs. 2 BVFG berufen. Mit Schreiben vom 12.06.2014 legte der Prozessbevollmächtigte Bescheinigungen über die Teilnahme der Klägerin an Integrationskursen vor und bat um Berücksichtigung der Entscheidung des OVG NRW mit dem Az. 12 A 1878/09 .
23Mit Widerspruchsbescheid vom 20.10.2014 wurde der Widerspruch zurückgewiesen.
24Hiergegen hat die Klägerin am 07.11.2014 Klage erhoben, mit der sie die Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung eines Aufnahmebescheides begehrt. Zur Begründung wiederholt sie im Wesentlichen den Vortrag aus dem Verwaltungsverfahren. Ergänzend macht sie geltend, sie habe sich im Aussiedlungsgebiet auch zum deutschen Volkstum bekannt, indem sie mehrfach versucht habe, die Eintragung im Inlandspass zu ändern, und einen Antrag auf Ausreise als deutsche Staatsangehörige bei den russischen Behörden gestellt habe.
25Die Klägerin sei auch im Zeitpunkt der Einreise und im Zeitpunkt ihrer Selbständigkeit in der Lage gewesen, ein einfaches Gespräch in deutscher Sprache zu führen. Sie habe die deutsche Sprache im Elternhaus gelernt und bis zu ihrer Selbständigkeit deutsch gesprochen. Die nachgewiesenen Sprachkenntnisse der Stufe A2 lägen über dem Niveau, das für die Anerkennung als Spätaussiedler gefordert werde.
26Es sei unzutreffend, dass es allein auf den Zeitpunkt der Einreise ankomme. Jedenfalls hätten die Voraussetzungen für die deutsche Volkszugehörigkeit auch nach der damals geltenden Rechtslage vorgelegen.
27Mit Schriftsatz vom 18.08.2015 weist der Prozessbevollmächtigte der Klägerin auf die neueste Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hin. Nachdem die Beklagte in ähnlichen Fällen das Verfahren wiederaufgegriffen habe, sei sie gemäß Art. 3 GG auch hier verpflichtet, das Verfahren wiederaufzugreifen und die Sprachkenntnisse neu zu bewerten.
28Die Klägerin beantragt in der mündlichen Verhandlung,
29die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des BVA vom 02.06.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.10.2014 zu verpflichten, der Klägerin einen Aufnahmebescheid zu erteilen,
30die beiden Söhne der Klägerin, B1. I. und X. I. , in diesen Aufnahmebescheid einzubeziehen,
31hilfsweise,
32die beiden Söhne der Klägerin in die Übernahmegenehmigung einzutragen.
33Die Beklagte beantragt,
34die Klage abzuweisen.
35Sie hält an der Auffassung fest, dass kein Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens bestehe. Eine Änderung der Rechtslage liege nicht vor, weil die Klägerin sich nicht auf das 10. Änderungsgesetz berufen könne. Ungeachtet dessen seien die Voraussetzungen für die deutsche Volkszugehörigkeit weder nach der aktuellen Rechtslage noch nach der Rechtslage im Zeitpunkt der Einreise erfüllt.
36Auch nach der aktuellen Rechtslage müsse die Klägerin im Zeitpunkt der Einreise in der Lage gewesen sein, ein einfaches Gespräch auf Deutsch zu führen. Dies lasse sich jedoch nicht feststellen. Die durch das vorgelegte Zertifikat aus dem Jahr 2013 nachgewiesenen Sprachkenntnisse der Stufe A2 genügten nicht für ein einfaches Gespräch. Außerdem belegten sie nicht die Sprachkenntnisse zum Zeitpunkt der Einreise im Jahr 2011.
37Die Beklagte bestreitet, dass sie in vergleichbaren Fällen das Verfahren wiederaufgegriffen habe und daher in der Ermessensausübung gemäß Art. 3 GG gebunden sei.
38Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte im vorliegenden Verfahren und auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
39E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
40Soweit die Klägerin mit der Klage die Erteilung eines Aufnahmebescheides, gegebenenfalls im Wege des Wiederaufgreifens des Verwaltungsverfahrens begehrt, ist die Klage zulässig. Insbesondere steht der Klägerin das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis zur Seite. Es kann offen bleiben, ob die Klägerin einen Aufnahmebescheid zum Zweck der Erteilung einer Spätaussiedlerbescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG benötigt. Zwar ist sie nicht im Wege des Aufnahmeverfahrens, sondern als deutsche Staatsangehörige eingereist. Es erscheint jedoch derzeit nicht ausgeschlossen, dass der Klägerin eine Übernahmegenehmigung erteilt wurde und sie deshalb gemäß § 100 Abs. 4 BVFG auch ohne einen Aufnahmebescheid eine Spätaussiedlerbescheinigung erhalten kann.
41Das Rechtsschutzinteresse ergibt sich jedoch aus ihrem Antrag auf Einbeziehung ihrer Söhne B1. und X. in den Aufnahmebescheid,
42vgl. OVG NRW, Beschluss vom 28.08.2014 - 11 A 496/14 - ; BVerwG, Urteil vom 12.07.2001 - 5 C 32.00 - .
43Eine andere rechtliche Möglichkeit der Einbeziehung besteht nicht. Insbesondere ist eine nachträgliche Einbeziehung oder Eintragung der Söhne in eine Übernahmegenehmigung im BVFG nicht vorgesehen,
44vgl. BVerwG, Beschluss vom 02.11.1999 – 5 B 17/99 – juris, Rn. 4.
45Die Klägerin benötigt zum Zweck der Einbeziehung einen Aufnahmebescheid als Spätaussiedlerin nach § 27 Abs. 1 BVFG. Dies ist insbesondere für den Sohn X. von Bedeutung, weil dieser die deutsche Staatsangehörigkeit nicht besitzt und die Erteilung eines Härtefallaufnahmebescheids für ihn voraussichtlich nicht in Betracht kommt, sodass sein Aufenthalt im Bundesgebiet nicht gesichert ist,
46vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 18.01.2016 - 11 E 29/16 - und vom 10.02.2016 - 11 E 109/16 - .
47Die Klage ist jedoch unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens und nachträgliche Erteilung eines Aufnahmebescheides im Härteweg nach § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG. Der Bescheid des BVA vom 02.06.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.10.2014 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
48Das frühere Aufnahmeverfahren der Klägerin wurde durch den Bescheid des Bundesverwaltungsamts vom 18.02.1994 bestandskräftig abgeschlossen. Der Bescheid wurde ausweislich der im Verwaltungsvorgang befindlichen Postzustellungsurkunde an den bevollmächtigten Vater der Klägerin ordnungsgemäß bekanntgegeben. Da kein Widerspruch eingelegt wurde, wurde die Ablehnung bestandskräftig. Damit steht fest, dass der Klägerin ein Anspruch auf Erteilung eines Aufnahmebescheides als Spätaussiedlerin nicht zusteht, es sei denn, dass sie einen Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verwaltungsverfahrens nach § 51 VwVfG hat.
49Die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Wiederaufgreifen des Aufnahmeverfahrens sind jedoch nicht erfüllt. Insbesondere hat die Klägerin einen Wiederaufnahmegrund nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG nicht in zulässiger Weise geltend gemacht.
50Sie kann sich nicht auf eine Änderung der Rechtslage durch das 10. Gesetz zur Änderung des Bundesvertriebenengesetzes vom 06.09.2013 (BGBl. I S. 3554) berufen. Denn dieses Änderungsgesetz ist auf die Beurteilung des Aufnahmeanspruchs der Klägerin nicht anwendbar, soweit es um die Feststellung der Spätaussiedlereigenschaft geht. Daher wirkt es sich nicht zu ihren Gunsten aus.
51Nach § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG kann Personen, die sich ohne Aufnahmebescheid im Bundesgebiet aufhalten, ein Aufnahmebescheid erteilt werden, wenn die Versagung eine besondere Härte bedeuten würde und die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Die sonstigen Voraussetzungen ergeben sich aus § 27 Abs. 1 Satz 1 BVFG. Danach wird der Aufnahmebescheid auf Antrag an Personen erteilt, die nach Begründung des ständigen Aufenthalts im Geltungsbereich des Gesetzes die Voraussetzungen als Spätaussiedler erfüllen. Wer Spätaussiedler ist, ergibt sich aus § 4 Abs. 1 BVFG für Personen, die aus den Gebieten der ehemaligen Sowjetunion stammen. Nach dieser Vorschrift ist Spätaussiedler ein deutscher Volkszugehöriger, der die Aussiedlungsgebiete nach dem 31.12.1992 im Wege des Aufnahmeverfahrens verlassen und innerhalb von 6 Monaten im Geltungsbereich des Gesetzes seinen ständigen Aufenthalt genommen hat, wenn er zuvor seit seiner Geburt seinen Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten hatte.
52Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist für den Erwerb der Spätaussiedlereigenschaft im Sinne des § 4 Abs. 1 BVFG grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Einreise zum dauerhaften Aufenthalt im Bundesgebiet abzustellen,
53vgl. BVerwG, Urteile vom 16.07.2015 - 1 C 30.14 und 1 C 29.14 - , Urteil vom 28.05.2015 - 1 C 24.14 - juris Rn. 20; Urteil vom 12.03.2002 - 5 C 45.01 - BVerwGE 116, 119 Rn. 9.
54Denn aus der materiell-rechtlichen Bestimmung des § 4 Abs. 1 BVFG ergeben sich nicht nur die Voraussetzungen für den Erwerb der Spätaussiedlereigenschaft, sondern auch der Zeitpunkt, auf den es für den Erwerb ankommt, nämlich den Zeitpunkt der Begründung des ständigen Aufenthalts. Dies gilt entgegen der Auffassung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin auch für Antragsteller, die – wie die Klägerin - nicht im Wege des Aufnahmeverfahrens übersiedeln, sondern auf einer anderen rechtlichen Grundlage in das Bundesgebiet eingereist sind und sodann einen Härtefallaufnahmebescheid beantragen,
55vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 25.11.2015 - 11 E 1113/15 - und vom 09.12.2015 - 11 E 1170/15 - .
56Denn die Voraussetzungen für die Begründung der Spätaussiedlereigenschaft sind im Verfahren zur Erteilung eines (nachträglichen) Aufnahmebescheides und im Verfahren auf Ausstellung der Spätaussiedlerbescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG einheitlich zu beurteilen. Das Bundesverwaltungsgericht hat hierzu in seinen Entscheidungen vom 16.07.2015 ausdrücklich ausgeführt, dass es auch bei einem nach der Aufenthaltnahme erfolgten Antrag auf einen Härtefallaufnahmebescheid nach Sinn und Zweck der Regelung nicht zu rechtfertigen sei, die lediglich vorläufige Beurteilung der Spätaussiedlereigenschaft nach anderen Grundsätzen vorzunehmen als die zu diesem Zeitpunkt bereits mögliche endgültige Entscheidung über die Ausstellung der Spätaussiedlerbescheinigung,
57BVerwG, Urteil vom 16.07.2015 – 1 C 29.14 – juris, Rn. 28, 29.
58Die vorherige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass in Fällen eines Härtefallaufnahmebescheides die Anforderungen an die Spätaussiedlereigenschaft, insbesondere an die deutsche Volkszugehörigkeit, nach dem Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung zu beurteilen sind, wurde bewusst aufgegeben,
59BVerwG, Urteil vom 16.07.2015 – 1 C 29.14 – juris, Rn. 28 unter Hinweis auf die bisherige Rechtsprechung, BVerwG, Urteil vom 22.04.2004 – 5 C 27.02 – Buchholz 412.3 § 27 BVFG Nr.11.
60Die jetzt in § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG geregelten Fälle der nachträglichen Beantragung eines Aufnahmebescheides umfassen aber auch die hier vorliegende Fallgestaltung, in denen der Aufnahmebewerber nicht im Wege des Aufnahmeverfahrens, also ohne Aufnahmebescheid oder Einbeziehungsbescheid, sondern als deutscher Staatsangehöriger oder auf anderer Rechtsgrundlage eingereist ist.
61Demnach bleibt es dabei, dass auch in den Fällen einer Übersiedlung außerhalb des Aufnahmeverfahrens für die Beurteilung der Spätaussiedlereigenschaft die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Begründung des ständigen Aufenthalts, hier im Juni 2011, maßgeblich ist. Zu diesem Zeitpunkt richtete sich der Erwerb der Spätaussiedlereigenschaft nach § 4 Abs. 1 i.V.m. § 6 Abs. 2 BVFG in der Fassung der Bekanntmachung vom 10.08.2007 (BGBl. I S. 1902). Denn im Juni 2011 war das 10. Änderungsgesetz noch nicht in Kraft getreten. Eine Änderung der Rechtslage durch das 10. Änderungsgesetz zugunsten der Klägerin liegt somit nicht vor.
62Die Klägerin kann sich auch nicht auf eine nachträgliche Änderung der dem Bescheid zugrunde liegenden Sachlage berufen.
63Zwar hat sich die Sachlage insoweit geändert, als die Klägerin nach Erlass des Ablehnungsbescheides vom 18.02.1994 im Jahr 2001 ihre Nationalität durch Beschluss der Pass- und Visaabteilung der Stadt Kaliningrad vom 01.06.2001 von „Russisch“ in „Deutsch“ geändert hat. Dies wirkt sich jedoch nicht zugunsten der Klägerin aus. Denn nach der hier zum Zeitpunkt der Einreise der Klägerin geltenden Fassung des § 4 Abs. 1 i.V.m. § 6 Abs. 2 BVFG in der Fassung der Bekanntmachung vom 10.08.2007 (BGBl. I S. 1902) war für die Feststellung der deutschen Volkszugehörigkeit u. a. erforderlich, dass sich der Antragsteller bis zum Verlassen der Aussiedlungsgebiet „nur“ zum deutschen Volkstum bekannt oder nach dem Recht des Herkunftsstaates zur deutschen Nationalität gehört hat. Diese Voraussetzungen erfüllte die Klägerin auch nach der Änderung der Nationalität nicht, weil sie bei der Ausstellung ihres ersten Inlandspasses im Jahr 1968 die russische Nationalität ihrer Mutter, und nicht die deutsche Nationalität des Vaters gewählt hat und hiermit ein Gegenbekenntnis zu einem fremden Volkstum abgegeben hat. Dieses Gegenbekenntnis schließt ein durchgängiges und ausschließliches Bekenntnis „nur“ zum deutschen Volkstum aus.
64Das Gegenbekenntnis ist der Klägerin auch zurechenbar. Die Erklärung des Vaters der Klägerin im Brief vom 30.05.2003, die Passbeamtin habe seine Töchter zur Wahl der russischen Nationalität überredet, indem sie auf erhebliche gesellschaftliche und berufliche Nachteile bei einer Entscheidung für die deutsche Nationalität hingewiesen habe, lässt ein freiwilliges Bekenntnis nicht entfallen. Die Beeinflussung der Motivation für die Wahl einer anderen Nationalität durch Dritte schließt nicht aus, dass der jugendliche Passbewerber eine frei verantwortliche Entscheidung für ein fremdes Volkstum getroffen hat. Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn der freie Wille aufgrund einer körperlichen oder psychischen Zwangslage nicht mehr ausgeübt werden konnte. Dafür liegen aber keine Anhaltspunkte vor.
65Der Vortrag des Prozessbevollmächtigten der Klägerin, die Eintragung sei während der Gefangenschaft der Klägerin als deutsche Staatsangehörige und damit gegen ihren Willen erfolgt, ist nicht nachvollziehbar. Es gibt keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass sich die 16-jährige Klägerin im Jahr 1968 selbst in Gefangenschaft befand. Allein der Vater der Klägerin befand sich in Kriegsgefangenschaft und anschließend 20 Jahre in Strafhaft wegen der Zugehörigkeit zur deutschen Wehrmacht. Es gibt insbesondere auch keinen Hinweis im Brief des Vaters vom 30.05.2003, dass die Klägerin wegen der Verurteilung ihres Vaters zu einer Wahl der russischen Nationalität gezwungen worden sei.
66Demnach erfüllt die Klägerin auch bei Berücksichtigung der Nationalitätsänderung im Jahr 2001 nicht die Anforderungen an das notwendige durchgängige Bekenntnis.
67Soweit sich die Klägerin auf ihre deutsche Staatsangehörigkeit, auf das Bestehen einer Übernahmegenehmigung und familiär vermittelte Sprachkenntnisse beruft, macht sie keine nachträgliche Änderung der Sachlage geltend, sondern eine Rechtsstellung bzw. eine Sachlage, die nach ihrem Vortrag bereits zum Zeitpunkt des Ablehnungsbescheids im Jahr 1994 bestanden hat, aber nicht berücksichtigt worden ist. Diese Umstände hätte sie in einem Rechtsbehelfsverfahren gegenüber dem Ablehnungsbescheid geltend machen können; sie können daher jetzt nicht mehr berücksichtigt werden, § 51 Abs. 2 VwVfG.
68Schließlich kann sich die Klägerin auch nicht auf das Vorliegen neuer Beweismittel im Sinne des § 51 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG stützen. Der Staatsangehörigkeitsausweis vom 18.03.2011 ist zwar ein Beweismittel, das der Klägerin im Jahr 1994 nicht zur Verfügung stand. Dieses Beweismittel hat sie jedoch nicht in der Frist des § 51 Abs. 3 Satz 1 VwVfG vorgelegt. Der Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens und Erteilung eines Aufnahmebescheides wurde erst im Oktober 2012 gestellt.
69Auch das Sprachzertifikat vom 06.05.2013 ist kein neues Beweismittel, das eine für die Klägerin günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde. Es ist weder geeignet, Beweis für die bei Einreise im Juni 2011 vorhandenen Sprachkenntnisse zu erbringen noch für die erforderliche familiäre Vermittlung der deutschen Sprache.
70Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf ein Wiederaufgreifen des Verfahrens nach § 51 Abs. 5 i.V.m. § 48 VwVfG.
71Die Beklagte hat die nachträgliche Aufhebung des ablehnenden Bescheides nach § 51 Abs. 5 VwVfG i.V.m. §§ 48 Abs. 1, 49 Abs. 1 VwVfG ermessensfehlerfrei abgelehnt. Sie hat hierbei zutreffend auf die Abwägung der grundsätzlich gleichwertigen Belange des Schutzes der Bestandskraft der ablehnenden Entscheidung und damit der Belange von Rechtsfrieden auf der einen und auf das Interesse der Klägerin an der Einzelfallgerechtigkeit auf der anderen Seite abgehoben. Es ist aus rechtlicher Sicht nicht zu beanstanden, dass sie im Ergebnis dem öffentlichen Interesse an Rechtsfrieden und Rechtssicherheit den Vorzug gegeben hat. Es bedarf auch keiner abschließenden Klärung, ob der ablehnende Bescheid rechtswidrig ist oder nicht, denn allein der Umstand der Rechtswidrigkeit der ursprünglichen Entscheidung würde noch nicht ausnahmsweise eine erneute Sachentscheidung und damit ein Wiederaufgreifen gebieten. Das Ermessen der Behörde zu Gunsten des Betroffenen verdichtet sich lediglich dann, wenn das Festhalten an dem bestandskräftigen Verwaltungsakt schlechthin unerträglich wäre,
72vgl. BVerwG, Urteil vom 13.12.2011 - 5 C 9/11 -.
73Ob dies der Fall ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls und einer Gewichtung der einschlägigen Gesichtspunkte ab. Die Ablehnung des Wiederaufgreifens eines Verfahrens ist insbesondere dann schlechthin unerträglich, wenn die Berufung der Behörde auf die Unanfechtbarkeit als ein Verstoß gegen die guten Sitten, Treu und Glauben oder den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz zu bewerten wäre oder eine offensichtliche Rechtswidrigkeit der bestandskräftigen Entscheidung gegeben ist.
74Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich oder vorgetragen, dass die Ablehnung des Wiederaufgreifens gegen die guten Sitten, Treu und Glauben oder Art. 3 GG verstößt. Insbesondere ist nicht erkennbar, dass das BVA in vergleichbaren Fällen das Verfahren wiederaufgegriffen hätte. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat die diesbezügliche Behauptung nicht mit der Angabe von vergleichbaren Fällen belegt.
75Es lässt sich auch nicht feststellen, dass der Ablehnungsbescheid vom 18.02.1994 offensichtlich rechtswidrig war. Es ist nicht erkennbar, dass die Beklagte die für die Spätaussiedlereigenschaft maßgebliche deutsche Volkzugehörigkeit nach Maßgabe des § 6 Abs. 2 in der seinerzeit geltenden Fassung des Kriegsfolgenbereinigungsgesetzes vom 21.12.1992 (BGBl. I S. 2094) zu Unrecht verneint hat. Danach waren nach dem 31.12.1923 geborene Personen nur dann deutsche Volkszugehörige, wenn ihnen die Eltern oder andere Verwandte bestätigende Merkmale wie Sprache, Erziehung, Kultur vermittelt hatten. Ferner musste sich der Antragsteller bis zum Verlassen der Aussiedlungsgebiete zur deutschen Nationalität erklärt oder auf andere Weise zum deutschen Volkstum bekannt haben.
76Zwar hatte die Beklagte seinerzeit zu Unrecht darauf abgestellt, ob die deutsche Sprache als Muttersprache oder bevorzugte Umgangssprache beherrscht wird,
77vgl. BVerwG, Urteil vom 19.10.2000 - 5 C 37/99 - .
78Dies war jedoch nicht offensichtlich rechtswidrig, sondern entsprach bis zu der o.g. Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, die erst nach dem Erlass des Bescheides erging, der höchstrichterlichen Rechtsprechung, die sich bis dahin an der vor dem 01.01.1993 geltenden Fassung des § 6 BVFG orientiert hatte,
79vgl. BVerwG, Urteil vom 12.11.1996 - 9 C 8/96 - und vom 17.06.1997 - 9 C 10/96 - .
80Aber auch auf der Grundlage des Urteils des Bundeverwaltungsgerichts vom 19.10.2000 ist der Bescheid nicht offensichtlich rechtswidrig. Denn es konnte auch nach den dort aufgestellten Maßstäben für die Sprachbeherrschung gerade nicht festgestellt werden, dass die deutsche Sprache der Klägerin mit Gewicht und gleichrangig zur Landessprache vermittelt worden ist. Denn die Klägerin konnte nach den seinerzeitigen Angaben im Aufnahmeantrag die deutsche Sprache nur verstehen, nicht sprechen. Der Vater der Klägerin hat in seinem Brief an das BVA vom 30.05.2003 bestätigt, dass er die deutsche Sprache nicht an seine Kinder hat weitergeben können und andere Personen mit deutschen Sprachkenntnissen nicht vorhanden waren. Demgegenüber entbehrt die Behauptung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin im vorliegenden Verfahren, die Klägerin habe bei Ausreise und schon in der Kindheit ein einfaches Gespräch auf Deutsch führen können, jeglicher Grundlage und begründet keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Entscheidung.
81Außerdem fehlte seinerzeit die erforderliche „Erklärung“ zum deutschen Volkstum, da die Klägerin sich bei der Ausstellung des ersten Inlandspasses im Jahr 1968 für die russische Nationalität der Mutter entschieden hatte und dies zum Zeitpunkt der Verwaltungsentscheidung im Jahr 1994 auch noch nicht geändert hatte. Es liegen auch keine Hinweise darauf vor, dass sich die Klägerin in diesem Zeitraum auf andere Weise zum deutschen Volkstum bekannt hat.
82Der Ablehnungsbescheid war auch nicht deshalb offensichtlich rechtswidrig, weil die Beklagte seinerzeit nicht geprüft hat, ob die Klägerin möglicherweise Spätaussiedlerin in Anwendung von § 100 Abs. 4 BVFG i.V.m. § 1 Abs. 2 Nr. 3 BVFG a. F. ist. Nach dieser Vorschrift sind Personen, die vor dem 1. Juli 1990 eine Übernahmegenehmigung des Bundesverwaltungsamtes erhalten haben, bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 Nr. 3 BVFG in der vor dem 01.01.1993 geltenden Fassung oder des § 4 BVFG auch dann Spätaussiedler, wenn ihnen kein Aufnahmebescheid nach § 26 erteilt worden ist.
83Diese Regelung könnte der Klägerin die Möglichkeit bieten, den Spätaussiedlerstatus durch die Berufung auf die günstigeren Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 Nr. 3 BVFG in der Fassung des Aussiedleraufnahmegesetzes vom 28.06.1990 (BGBl. I S. 1247) zu erwerben. Nach § 1 Abs. 2 Nr. 3 BVFG 1990 war Vertriebener, wer als deutscher Staatsangehöriger oder deutscher Volkszugehöriger die Gebiete der ehemaligen Sowjetunion nach Abschluss der allgemeinen Vertreibungsmaßnahmen verlassen hat oder verlässt. Demnach war für die Begründung der Rechtsstellung als Vertriebener bereits ausreichend, die Aussiedlungsgebiete als deutscher Staatsangehöriger zu verlassen. Die deutsche Volkszugehörigkeit war nicht unbedingt erforderlich.
84Ob die Klägerin die Voraussetzungen dieser Vorschrift erfüllt, kann offen bleiben. Die Beklagte hat über den Antrag der Klägerin auf Ausstellung einer Spätaussiedlerbescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG noch nicht entschieden. Insbesondere bedarf es noch einer eingehenden Prüfung der Frage, ob der Klägerin selbst eine Übernahmegenehmigung erteilt worden ist. Dieser Antrag ist auch nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.
85Denn selbst, wenn man zu ihren Gunsten unterstellt, dass sie nach dieser Regelung den Status einer Spätaussiedlerin mit dem Verlassen des Aussiedlungsgebietes erworben hat, begründet dies keinen Anspruch auf Erteilung eines Aufnahmebescheides gemäß §§ 26 Abs. 1, 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG.
86Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gewährt § 27 BVFG in der Fassung des Kriegsfolgenbereinigungsgesetzes vom 21.12.1992 (BGBl. I S. 2094) keinen Rechtsanspruch für Vertriebene im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 3 BVFG auf Erteilung eines Aufnahmebescheides. Vielmehr steht dieser Anspruch nur solchen Personen zu, die die sich aus §§ 4, 6 Abs. 2 BVFG ergebenden Voraussetzungen als Spätaussiedler erfüllen, also insbesondere deutsche Volkszugehörige sind,
87vgl. OVG NRW, Beschluss vom 14.10.2010 - 12 A 2496/09 - juris Rn. 29 unter Hinweis auf BVerwG, Beschlüsse vom 07.07.1998 - 9 B 1202.97 - , 14.09.1999 - 5 B 57.99 - , 02.11.1999 - 5 B 17.99 - und 17.08.2004 - 5 B 72.04 - juris.
88Dies lässt sich schon aus dem Wortlaut ableiten. Denn § 100 Abs. 4 BVFG bestimmt ausdrücklich, dass der Inhaber einer Übernahmegenehmigung auch dann Spätaussiedler ist, wenn ihm kein Aufnahmebescheid erteilt wurde. Demnach ist zur Geltendmachung des Spätaussiedlerstatus nach § 100 Abs. 4 BVFG gerade kein Aufnahmebescheid erforderlich. Die Einreise kann mit Hilfe der Übernahmegenehmigung erfolgen, die in dieser Funktion den Aufnahmebescheid ersetzt. Die Erteilung eines Aufnahmebescheides an die Inhaber einer Übernahmegenehmigung ist daher zur Begründung des Spätaussiedlerstatus weder notwendig noch vorgesehen.
89Die Übergangsvorschrift des § 100 Abs. 4 BVFG lässt sich auch nicht dahingehend auslegen, dass ein Aufnahmebescheid zwar nicht notwendig ist, aber vom Inhaber der Übernahmegenehmigung gleichwohl beantragt werden kann, um Ehegatten oder Abkömmlinge darin einzubeziehen.
90Dies ist mit Sinn und Zweck der Vorschrift nicht vereinbar. Der Gesetzgeber wollte bei Erlass des Kriegsfolgenbereinigungsgesetzes für den Personenkreis der §§ 1 – 3 den Bestand an vertriebenenrechtlichen Rechtspositionen erhalten, der diesen Personen nach der früheren Gesetzesfassung zugestanden hatte. Die Regelung ist also Ausdruck des Grundsatzes des Vertrauensschutzes. Nach § 27 BVFG in der Fassung vom 28.06.1990 (BGBl. I S. 1247) war aber eine Einbeziehung von Angehörigen in den Aufnahmebescheid von Aussiedlern nicht vorgesehen. Diese rechtliche Möglichkeit wurde erstmalig durch die Einfügung von § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG mit dem Kriegsfolgenbereinigungsgesetz vom 21.12.1992 (BGBl. I S. 2094) für den Personenkreis der Spätaussiedler geschaffen. Der Grundsatz des Vertrauensschutzes gebietet demnach nicht, Personen mit Vertriebenenstatus eine darüber hinaus gehende Rechtsstellung einzuräumen,
91vgl. OVG NRW, Beschluss vom 14.10.2010 – 12 A 2496/09 – juris, Rn. 52 unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 05.12.2000 – 1 C 24.00 – juris, Rn. 14.
92Demnach hatte die Klägerin auch bei Erlass des Ablehnungsbescheides am 18.02.1994 keinen Anspruch auf Erteilung eines Aufnahmebescheides unter Berufung auf ihre – mögliche – Rechtsstellung als Vertriebene im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 3 BVFG a.F..
93Ein Anspruch der Klägerin auf Wiederaufgreifen des Verfahrens ist daher unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt begründet.
94Soweit der Prozessbevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung erstmalig beantragt hat, die Beklagte zu verpflichten, die Söhne der Klägerin in ihren Aufnahmebescheid einzubeziehen, bzw. hilfsweise in die (vorgebliche) Übernahmegenehmigung einzutragen, handelt es sich hiermit um eine Klageänderung im Sinne des § 91 VwGO. Dies ist jedoch unzulässig, da die Voraussetzungen des § 91 Abs. 1 und Abs. 2 VwGO nicht vorliegen. Die Beklagte hat in die Klageänderung nicht eingewilligt. Der Vertreter der Beklagten hat in der mündlichen Verhandlung auf die Ergänzung der Anträge nicht reagiert und nur den Klageabweisungsantrag gestellt. Darin ist auch keine Einlassung auf die geänderte Klage im Sinne des § 91 Abs. 2 VwGO zu sehen.
95Die Erweiterung der Klageanträge ist auch nicht sachdienlich, da sie die endgültige Beilegung des Rechtsstreits nicht fördert. Vielmehr ist es zweckmäßig, den Antrag auf Einbeziehung der Söhne in den Aufnahmebescheid der Klägerin erst nach rechtskräftigem Abschluss des vorliegenden Rechtsstreits weiter zu verfolgen bzw. den Hilfsantrag auf Eintragung in die Übernahmegenehmigung beim BVA erst dann zu stellen.
96Die Beklagte hat offensichtlich bisher über den von der Klägerin im Verwaltungsverfahren gestellten Antrag auf Einbeziehung ihrer Söhne nicht entschieden, weil die Entscheidung im Wesentlichen von der Erteilung eines Aufnahmebescheides für die Klägerin abhängig ist und diese Voraussetzung nicht vorlag. Das Absehen von einer Entscheidung ist auch sinnvoll, weil die Klägerin andernfalls gezwungen wäre, gegen die Ablehnung des Antrages Rechtsmittel einzulegen, um den Eintritt der Bestandskraft zu verhindern. Diese Rechtsmittel müssen aber erfolgslos bleiben, solange die Klägerin keinen Aufnahmebescheid erhält.
97Es unterliegt keinem Zweifel, dass die Beklagte bereit wäre, die beantragte Einbeziehung vollständig zu prüfen und positiv zu bescheiden, falls die Beklagte im vorliegenden Verfahren verpflichtet würde, der Klägerin einen Aufnahmebescheid zu erteilen und die übrigen Voraussetzungen für eine Einbeziehung nach § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG oder § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG vorlägen. Es besteht daher keine Veranlassung, den Einbeziehungsantrag oder den Antrag auf Eintragung in die Übernahmegenehmigung zum Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits zu machen.
98Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 und § 711 ZPO.
(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn
- 1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat; - 2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden; - 3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.
(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.
(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.
(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberührt.
(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.
(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er
- 1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat; - 2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren; - 3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.
(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.
(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(1) Ein rechtmäßiger nicht begünstigender Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, außer wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste oder aus anderen Gründen ein Widerruf unzulässig ist.
(2) Ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt darf, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft nur widerrufen werden,
- 1.
wenn der Widerruf durch Rechtsvorschrift zugelassen oder im Verwaltungsakt vorbehalten ist; - 2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat; - 3.
wenn die Behörde auf Grund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde; - 4.
wenn die Behörde auf Grund einer geänderten Rechtsvorschrift berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, soweit der Begünstigte von der Vergünstigung noch keinen Gebrauch gemacht oder auf Grund des Verwaltungsaktes noch keine Leistungen empfangen hat, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde; - 5.
um schwere Nachteile für das Gemeinwohl zu verhüten oder zu beseitigen.
(3) Ein rechtmäßiger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zwecks gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise auch mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden,
- 1.
wenn die Leistung nicht, nicht alsbald nach der Erbringung oder nicht mehr für den in dem Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet wird; - 2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat.
(4) Der widerrufene Verwaltungsakt wird mit dem Wirksamwerden des Widerrufs unwirksam, wenn die Behörde keinen anderen Zeitpunkt bestimmt.
(5) Über den Widerruf entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zu widerrufende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(6) Wird ein begünstigender Verwaltungsakt in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 3 bis 5 widerrufen, so hat die Behörde den Betroffenen auf Antrag für den Vermögensnachteil zu entschädigen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen schutzwürdig ist. § 48 Abs. 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend. Für Streitigkeiten über die Entschädigung ist der ordentliche Rechtsweg gegeben.
(1) Der Aufnahmebescheid wird auf Antrag Personen mit Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten erteilt, die nach Begründung des ständigen Aufenthalts im Geltungsbereich des Gesetzes die Voraussetzungen als Spätaussiedler erfüllen (Bezugspersonen). Abweichend hiervon kann Personen, die sich ohne Aufnahmebescheid im Geltungsbereich des Gesetzes aufhalten, ein Aufnahmebescheid erteilt oder es kann die Eintragung nach Absatz 2 Satz 1 nachgeholt werden, wenn die Versagung eine besondere Härte bedeuten würde und die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Der Wohnsitz im Aussiedlungsgebiet gilt als fortbestehend, wenn ein Antrag nach Satz 2 abgelehnt wurde und der Antragsteller für den Folgeantrag nach Satz 1 erneut Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten begründet hat.
(2) Der im Aussiedlungsgebiet lebende Ehegatte, sofern die Ehe seit mindestens drei Jahren besteht, oder der im Aussiedlungsgebiet lebende Abkömmling werden zum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung in den Aufnahmebescheid der Bezugsperson einbezogen, wenn in ihrer Person kein Ausschlussgrund im Sinne des § 5 vorliegt und die Bezugsperson die Einbeziehung ausdrücklich beantragt; Ehegatten und volljährige Abkömmlinge müssen auch Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen. Die Einbeziehung wird nachgeholt, wenn ein Abkömmling einer Bezugsperson nicht mehr im Aussiedlungsgebiet, sondern während des Aussiedlungsvorganges und vor Ausstellung der Bescheinigung nach § 15 Absatz 1 geboren wird. Abweichend von Satz 1 kann der im Aussiedlungsgebiet verbliebene Ehegatte oder Abkömmling eines Spätaussiedlers, der seinen ständigen Aufenthalt im Geltungsbereich des Gesetzes hat, nachträglich nach Satz 1 in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogen werden, wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Die Einbeziehung von minderjährigen Abkömmlingen in den Aufnahmebescheid ist nur gemeinsam mit der Einbeziehung der Eltern oder des sorgeberechtigten Elternteils zulässig. Ein Ehegatte oder volljähriger Abkömmling wird abweichend von Satz 1 einbezogen, wenn er wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder wegen einer Behinderung im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch keine Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen kann. Die Einbeziehung in den Aufnahmebescheid wird insbesondere dann unwirksam, wenn die Ehe aufgelöst wird, bevor beide Ehegatten die Aussiedlungsgebiete verlassen haben, oder die Bezugsperson verstirbt, bevor die einbezogenen Personen Aufnahme im Sinne von § 4 Absatz 3 Satz 2 gefunden haben.
(3) Der Antrag auf Wiederaufgreifen eines unanfechtbar abgeschlossenen Verfahrens auf Erteilung eines Aufnahmebescheides oder auf Einbeziehung ist nicht an eine Frist gebunden. § 8 Absatz 2 und § 9 Absatz 4 Satz 2 gelten für Familienangehörige der nach Absatz 2 Satz 3 nachträglich einbezogenen Personen entsprechend.
(4) Für jedes Kalenderjahr dürfen so viele Aufnahmebescheide erteilt werden, dass die Zahl der aufzunehmenden Spätaussiedler, Ehegatten und Abkömmlinge die Zahl der vom Bundesverwaltungsamt im Jahre 1998 verteilten Personen im Sinne der §§ 4, 7 nicht überschreitet. Das Bundesverwaltungsamt kann hiervon um bis zu 10 vom Hundert nach oben oder unten abweichen.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
Tatbestand:
2Die am 00.00.0000 in der ehemaligen UdSSR geborene Klägerin J. I. begehrt die Erteilung eines Aufnahmebescheides.
3Ihre Eltern sind ausweislich der im Geburtsjahr ausgestellten Geburtsurkunde der deutsche Volkszugehörige K. I. und die russische Volkszugehörige B. I. . Die Großeltern väterlicherseits sind ebenfalls deutsche Volkszugehörige. Der Großvater, K1. I. , diente in den Jahren 1944 – 1945 in der deutschen Wehrmacht, war bis 1947 in Kriegsgefangenschaft und siedelte anschließend in die Bundesrepublik Deutschland über, wo er 1964 verstarb. Die Großmutter siedelte 1944 in den Warthegau um, wurde nach Kriegsende jedoch in die UdSSR (Uralgebiet) zurücktransportiert. Der 1925 geborene Vater der Klägerin diente ebenfalls in der deutschen Wehrmacht, geriet in Kriegsgefangenschaft und wurde 1946 zurück in die UdSSR (Magadan-Gebiet) deportiert. Die Großeltern der Klägerin sowie ihr Vater erwarben ausweislich der vorgelegten Einbürgerungsurkunde vom 26.08.1944 im Warthegau die deutsche Staatsbürgerschaft.
4Im Mai 1957 übersandte das Deutsche Rote Kreuz an den Vater der Klägerin ein von der zuständigen Behörde (Gemeinde Brake, Kreis Lemgo) genehmigtes „Anforderungsschreiben“ des Großvaters der Klägerin an die sowjetischen Milizbehörden, das sich auf die Ausreise des Vaters der Klägerin mit Ehefrau und den Kindern W. und V. I. (der Klägerin) in die Bundesrepublik Deutschland richtete. Die Übersiedlung der Familie in das Bundesgebiet wurde jedoch von den sowjetischen Behörden in der Folgezeit nicht gestattet.
5Unter dem 28.06.1989 stellte der Vater der Klägerin erneut einen Antrag auf Übernahme in das Bundesgebiet. In diesem Antrag war die Klägerin wiederum als Kind des Übernahmebewerbers aufgeführt. Mit Schreiben des Landratsamtes des Ortenaukreises vom 08.11.1989 wurde dem Bevollmächtigten des Vaters mitgeteilt, dass das BVA den Übernahmeantrag mit Bescheid vom 19.07.1957 bereits genehmigt habe. Die Verwandten müssten nun bei den örtlichen Milizbehörden einen Ausreiseantrag stellen. Der Vater der Klägerin reiste sodann im Jahr 1990 nach Deutschland aus. Am 30.04.1991 wurde ihm ein Vertriebenenausweis ausgestellt.
6Am 12.11.1991 beantragte die Klägerin erstmalig die Aufnahme nach § 27 Abs. 1 BVFG als Aussiedlerin bei dem Bundesverwaltungsamt.
7Dem Aufnahmeantrag war ein im Jahr 1990 ausgestellter Inlandspass mit Eintragung der russischen Nationalität beigefügt. In der Geburtsurkunde des Sohnes Alexander vom 21.08.1991 war die Klägerin ebenfalls mit russischer Nationalität geführt. Zu den Sprachkenntnissen wurde angegeben, die Muttersprache sei deutsch/russisch, die jetzige Umgangssprache in der Familie russisch. Die Klägerin könne die deutsche Sprache verstehen. In der Familie werde deutsch gesprochen von den Großeltern und einem Elternteil, aber nicht vom Antragsteller oder den Kindern des Antragstellers.
8Der Aufnahmeantrag wurde mit Bescheid vom 18.02.1994 abgelehnt. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Klägerin beherrsche die deutsche Sprache nicht als Muttersprache oder als bevorzugte Umgangssprache. Sie habe angegeben, dass sie die deutsche Sprache lediglich verstehe. Außerdem habe sie sich nicht zum deutschen Volkstum bekannt, denn in ihrem Inlandspass sei die russische Volkszugehörigkeit angegeben. Der Ablehnungsbescheid wurde am 26.02.1994 mit Postzustellungsurkunde an den bevollmächtigten Vater der Klägerin zugestellt.
9Am 21.11.2002 stellte die Klägerin einen erneuten Aufnahmeantrag. Mit diesem legte sie einen am 05.02.2002 ausgestellten Inlandspass der Russischen Föderation ohne Eintragung einer Nationalität vor. Außerdem war dem Antrag ein Beschluss der Pass- und Visaabteilung der Stadt Kaliningrad vom 01.06.2001 beigefügt, wonach die Nationalität der Klägerin auf ihren Wunsch von „Russin“ in „Deutsche“ zu ändern sei. Zu den Sprachkenntnissen gab sie an, sie habe die deutsche Sprache als Kind vom 1. bis zum 7. Lebensjahr vom Vater, der Großmutter und anderen Verwandten väterlicherseits erlernt. Ferner habe sie Deutschunterricht in der Schule und in Sprachkursen gehabt. Sie verstehe in deutscher Sprache fast alles und ihre Kenntnisse seien für ein einfaches Gespräch ausreichend.
10Das BVA teilte mit Schreiben vom 21.05.2003 mit, dass das Aufnahmeverfahren durch den Bescheid vom 18.02.1994 bestandskräftig abgeschlossen sei. Mit Schreiben vom 30.05.2003 stellte der bevollmächtigte Vater der Klägerin den Antrag, das Aufnahmeverfahren wieder aufzugreifen, weil sich viele Änderungen in den familiären Verhältnissen ergeben hätten. Er sei nach dem Krieg als Vaterlandsverräter verurteilt und nach Magadan deportiert worden, wo es keine Deutschen gegeben hätte. Er habe zwar seine deutschen Sprachkenntnisse erhalten, habe aber keine Möglichkeit gehabt, diese weiterzugeben, weil seine Frau eine Russin gewesen sei und die deutschen Familienangehörigen sehr weit weg gelebt hätten. Er habe sich aber bemüht, die Kinder angemessen im Sinne des deutschen Volkstums zu erziehen. Sie seien bereits durch Geburt deutsche Staatsangehörige.
11Die Kinder hätten mit 16 Jahren dem Druck der Passbeamtin nicht Widerstand leisten können, die ihnen vorgemacht hätte, sie würden als Deutsche große berufliche und gesellschaftliche Benachteiligungen erleiden. Hierdurch seien die Töchter beeinflusst worden. Nun hätten sie sich aber die deutsche Nationalität durch Gerichtsbeschluss zurückerkämpft, was früher unter der Diktatur nicht möglich gewesen sei.
12Mit Schreiben vom 08.07.2003 erklärte das BVA erneut, dass das Aufnahmeverfahren bestandskräftig abgeschlossen sei und verwies die Klägerin auf die Durchführung des Staatsangehörigkeitsfeststellungsverfahrens. Am 18.03.2011 wurde der Klägerin ein Ausweis über die deutsche Staatsangehörigkeit ausgestellt.
13Mit zwei Schreiben vom 18.10.2012 stellte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin beim BVA einen Antrag auf Erteilung eines Aufnahmebescheides, vorsorglich im Wege des Wiederaufgreifens des Verfahrens sowie einer Spätaussiedlerbescheinigung. Die Klägerin sei deutsche Staatsangehörige. Sie habe bereits eine Übernahmegenehmigung unter der SO-Liste vom 19.07.1957 erhalten, so dass auf sie die Vorschriften des § 6 Abs. 1 BVFG anzuwenden seien. Die Klägerin könne sich nach § 100 Abs. 4 BVFG auf § 1 Abs. 2 Nr. 3 BVFG berufen.
14Mit weiteren Schreiben vom 24.10.2012 und vom 06.11.2012 beantragte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin erneut die Erteilung eines Aufnahmebescheides nach § 27 Abs. 2 BVFG und einer Spätaussiedlerbescheinigung. Die Klägerin halte sich als deutsche Staatsangehörige in der Bundesrepublik Deutschland auf. Sie sei auch deutsche Volkszugehörige. Die Aufnahmeverfahren seien noch anhängig, da die Bescheide nicht ordnungsgemäß zugestellt worden seien. Die Anträge müssten unter Berücksichtigung von § 100 Abs. 4 bzw. Abs. 5 BVFG beschieden werden. Da der Klägerin am 19.07.1957 eine Übernahmegenehmigung erteilt worden sei und die sonstigen Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 Nr. 3 BVFG bzw. § 4 BVFG vorlägen, sei auch dann eine Spätaussiedlerbescheinigung zu erteilen, wenn kein Aufnahmebescheid vorläge. Wegen der Übernahmegenehmigung sei die Eintragung im Inlandspass irrelevant. Im Übrigen sei die Eintragung der russischen Nationalität im Inlandspass während der Gefangenschaft als deutsche Staatsangehörige und gegen ihren Willen erfolgt.
15Das Deutsche Rote Kreuz teilte mit Schreiben vom 08.04.2013 auf eine Anfrage des BVA mit, dass für die Klägerin keine Übernahmegenehmigung aus dem Jahr 1957 und kein D1-Antrag aus dem Jahr 1989 vorlägen.
16Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin stellte mit Schreiben vom 12.09.2013, 05.11.2013, 21.11.2013 und 28.01.2014 einen ausdrücklichen Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens und die Erteilung eines Aufnahmebescheides unter Einbeziehung der Kinder und des Ehegatten sowie deren Abkömmlingen. Sie habe eine Aufnahmegenehmigung nach altem Recht, habe im Zeitpunkt der Einreise fließend Deutsch sprechen können und die deutsche Sprache in ihrer Familie von ihren Eltern gelernt. Hierzu wurde ein Deutsch-Zertifikat des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 06.05.2013 vorgelegt, wonach die Klägerin bei der Prüfung im April 2013 das Ergebnis A2 erzielt hat.
17Mit Auskunft vom 14.05.2014 teilte die Stadt Offenburg mit, dass die Klägerin am 06.09.2011 erstmalig eine Wohnung in Offenburg bezogen habe.
18Mit Bescheid vom 02.06.2014 wurde der Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens und Erteilung eines Aufnahmebescheides abgelehnt. In der Begründung wurde ausgeführt, ein Grund für das Wiederaufgreifen des Verfahrens im Sinne des § 51 Abs. 1 VwVfG liege nicht vor. Die Sachlage habe sich nicht zugunsten der Klägerin geändert. Eine Übernahmegenehmigung sei nach den Erkenntnissen des Amtes für die Klägerin nicht erteilt worden. Im Hinblick auf die deutsche Staatsangehörigkeit und die deutschen Sprachkenntnisse berufe sie sich auf eine Sachlage, die nach ihrer Behauptung schon immer bestanden und sich nicht geändert habe. Das Sprachzertifikat könne nicht als „neues Beweismittel“ im Sinne des § 51 Abs. 1 Nr. 2 berücksichtigt werden, da sie dieses nicht innerhalb der 3-Monats-Frist des § 51 Abs. 3 VwVfG vorgelegt habe.
19Durch das am 14.09.2013 in Kraft getretene 10. Änderungsgesetz sei auch keine Änderung der Rechtslage zugunsten der Klägerin erfolgt. Vielmehr sei das im Zeitpunkt der Aufenthaltnahme der Klägerin im Juni 2011 geltende Recht auf den Anspruch der Klägerin anzuwenden.
20Ein Wiederaufgreifen des Verfahrens komme auch nicht nach § 51 Abs. 5 i.V.m. §§ 48, 49 VwVfG in Betracht. Der Ablehnungsbescheid sei nicht offensichtlich rechtswidrig gewesen. Die Klägerin sei nach den seinerzeit vorgelegten Urkunden russische Volkszugehörige gewesen und habe die deutsche Sprache lediglich verstehen, aber nicht sprechen können. Auch bei einer Rechtswidrigkeit des Bescheides bestehe kein Anspruch auf ein Wiederaufgreifen. Bei der gebotenen Abwägung zwischen dem Interesse der Allgemeinheit am Eintritt von Rechtssicherheit und dem Individualinteresse der Klägerin an einer neuen Sachentscheidung überwiege das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung des Bescheides. Es lägen keine Umstände vor, die dies als unerträglich erscheinen ließen. Insbesondere habe die Klägerin die ablehnende Entscheidung von 1994 über mehrere Jahre hingenommen und damit akzeptiert.
21Auch wenn man das Schreiben vom 30.05.2003 als Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens bewertet und bearbeitet hätte, habe auch seinerzeit kein Anspruch darauf bestanden.
22Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 10.06.2014 am 11.06.2014 Widerspruch ein. Zur Begründung wurde angegeben, die Klägerin sei aufgrund des 10. Änderungsgesetzes im Zeitpunkt ihrer Einreise deutsche Volkszugehörige gewesen. Da sie deutsche Staatsangehörige sei, könne sie sich auf § 25 Abs. 2 BVFG berufen. Mit Schreiben vom 12.06.2014 legte der Prozessbevollmächtigte Bescheinigungen über die Teilnahme der Klägerin an Integrationskursen vor und bat um Berücksichtigung der Entscheidung des OVG NRW mit dem Az. 12 A 1878/09 .
23Mit Widerspruchsbescheid vom 20.10.2014 wurde der Widerspruch zurückgewiesen.
24Hiergegen hat die Klägerin am 07.11.2014 Klage erhoben, mit der sie die Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung eines Aufnahmebescheides begehrt. Zur Begründung wiederholt sie im Wesentlichen den Vortrag aus dem Verwaltungsverfahren. Ergänzend macht sie geltend, sie habe sich im Aussiedlungsgebiet auch zum deutschen Volkstum bekannt, indem sie mehrfach versucht habe, die Eintragung im Inlandspass zu ändern, und einen Antrag auf Ausreise als deutsche Staatsangehörige bei den russischen Behörden gestellt habe.
25Die Klägerin sei auch im Zeitpunkt der Einreise und im Zeitpunkt ihrer Selbständigkeit in der Lage gewesen, ein einfaches Gespräch in deutscher Sprache zu führen. Sie habe die deutsche Sprache im Elternhaus gelernt und bis zu ihrer Selbständigkeit deutsch gesprochen. Die nachgewiesenen Sprachkenntnisse der Stufe A2 lägen über dem Niveau, das für die Anerkennung als Spätaussiedler gefordert werde.
26Es sei unzutreffend, dass es allein auf den Zeitpunkt der Einreise ankomme. Jedenfalls hätten die Voraussetzungen für die deutsche Volkszugehörigkeit auch nach der damals geltenden Rechtslage vorgelegen.
27Mit Schriftsatz vom 18.08.2015 weist der Prozessbevollmächtigte der Klägerin auf die neueste Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hin. Nachdem die Beklagte in ähnlichen Fällen das Verfahren wiederaufgegriffen habe, sei sie gemäß Art. 3 GG auch hier verpflichtet, das Verfahren wiederaufzugreifen und die Sprachkenntnisse neu zu bewerten.
28Die Klägerin beantragt in der mündlichen Verhandlung,
29die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des BVA vom 02.06.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.10.2014 zu verpflichten, der Klägerin einen Aufnahmebescheid zu erteilen,
30die beiden Söhne der Klägerin, B1. I. und X. I. , in diesen Aufnahmebescheid einzubeziehen,
31hilfsweise,
32die beiden Söhne der Klägerin in die Übernahmegenehmigung einzutragen.
33Die Beklagte beantragt,
34die Klage abzuweisen.
35Sie hält an der Auffassung fest, dass kein Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens bestehe. Eine Änderung der Rechtslage liege nicht vor, weil die Klägerin sich nicht auf das 10. Änderungsgesetz berufen könne. Ungeachtet dessen seien die Voraussetzungen für die deutsche Volkszugehörigkeit weder nach der aktuellen Rechtslage noch nach der Rechtslage im Zeitpunkt der Einreise erfüllt.
36Auch nach der aktuellen Rechtslage müsse die Klägerin im Zeitpunkt der Einreise in der Lage gewesen sein, ein einfaches Gespräch auf Deutsch zu führen. Dies lasse sich jedoch nicht feststellen. Die durch das vorgelegte Zertifikat aus dem Jahr 2013 nachgewiesenen Sprachkenntnisse der Stufe A2 genügten nicht für ein einfaches Gespräch. Außerdem belegten sie nicht die Sprachkenntnisse zum Zeitpunkt der Einreise im Jahr 2011.
37Die Beklagte bestreitet, dass sie in vergleichbaren Fällen das Verfahren wiederaufgegriffen habe und daher in der Ermessensausübung gemäß Art. 3 GG gebunden sei.
38Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte im vorliegenden Verfahren und auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
39E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
40Soweit die Klägerin mit der Klage die Erteilung eines Aufnahmebescheides, gegebenenfalls im Wege des Wiederaufgreifens des Verwaltungsverfahrens begehrt, ist die Klage zulässig. Insbesondere steht der Klägerin das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis zur Seite. Es kann offen bleiben, ob die Klägerin einen Aufnahmebescheid zum Zweck der Erteilung einer Spätaussiedlerbescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG benötigt. Zwar ist sie nicht im Wege des Aufnahmeverfahrens, sondern als deutsche Staatsangehörige eingereist. Es erscheint jedoch derzeit nicht ausgeschlossen, dass der Klägerin eine Übernahmegenehmigung erteilt wurde und sie deshalb gemäß § 100 Abs. 4 BVFG auch ohne einen Aufnahmebescheid eine Spätaussiedlerbescheinigung erhalten kann.
41Das Rechtsschutzinteresse ergibt sich jedoch aus ihrem Antrag auf Einbeziehung ihrer Söhne B1. und X. in den Aufnahmebescheid,
42vgl. OVG NRW, Beschluss vom 28.08.2014 - 11 A 496/14 - ; BVerwG, Urteil vom 12.07.2001 - 5 C 32.00 - .
43Eine andere rechtliche Möglichkeit der Einbeziehung besteht nicht. Insbesondere ist eine nachträgliche Einbeziehung oder Eintragung der Söhne in eine Übernahmegenehmigung im BVFG nicht vorgesehen,
44vgl. BVerwG, Beschluss vom 02.11.1999 – 5 B 17/99 – juris, Rn. 4.
45Die Klägerin benötigt zum Zweck der Einbeziehung einen Aufnahmebescheid als Spätaussiedlerin nach § 27 Abs. 1 BVFG. Dies ist insbesondere für den Sohn X. von Bedeutung, weil dieser die deutsche Staatsangehörigkeit nicht besitzt und die Erteilung eines Härtefallaufnahmebescheids für ihn voraussichtlich nicht in Betracht kommt, sodass sein Aufenthalt im Bundesgebiet nicht gesichert ist,
46vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 18.01.2016 - 11 E 29/16 - und vom 10.02.2016 - 11 E 109/16 - .
47Die Klage ist jedoch unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens und nachträgliche Erteilung eines Aufnahmebescheides im Härteweg nach § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG. Der Bescheid des BVA vom 02.06.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.10.2014 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
48Das frühere Aufnahmeverfahren der Klägerin wurde durch den Bescheid des Bundesverwaltungsamts vom 18.02.1994 bestandskräftig abgeschlossen. Der Bescheid wurde ausweislich der im Verwaltungsvorgang befindlichen Postzustellungsurkunde an den bevollmächtigten Vater der Klägerin ordnungsgemäß bekanntgegeben. Da kein Widerspruch eingelegt wurde, wurde die Ablehnung bestandskräftig. Damit steht fest, dass der Klägerin ein Anspruch auf Erteilung eines Aufnahmebescheides als Spätaussiedlerin nicht zusteht, es sei denn, dass sie einen Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verwaltungsverfahrens nach § 51 VwVfG hat.
49Die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Wiederaufgreifen des Aufnahmeverfahrens sind jedoch nicht erfüllt. Insbesondere hat die Klägerin einen Wiederaufnahmegrund nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG nicht in zulässiger Weise geltend gemacht.
50Sie kann sich nicht auf eine Änderung der Rechtslage durch das 10. Gesetz zur Änderung des Bundesvertriebenengesetzes vom 06.09.2013 (BGBl. I S. 3554) berufen. Denn dieses Änderungsgesetz ist auf die Beurteilung des Aufnahmeanspruchs der Klägerin nicht anwendbar, soweit es um die Feststellung der Spätaussiedlereigenschaft geht. Daher wirkt es sich nicht zu ihren Gunsten aus.
51Nach § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG kann Personen, die sich ohne Aufnahmebescheid im Bundesgebiet aufhalten, ein Aufnahmebescheid erteilt werden, wenn die Versagung eine besondere Härte bedeuten würde und die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Die sonstigen Voraussetzungen ergeben sich aus § 27 Abs. 1 Satz 1 BVFG. Danach wird der Aufnahmebescheid auf Antrag an Personen erteilt, die nach Begründung des ständigen Aufenthalts im Geltungsbereich des Gesetzes die Voraussetzungen als Spätaussiedler erfüllen. Wer Spätaussiedler ist, ergibt sich aus § 4 Abs. 1 BVFG für Personen, die aus den Gebieten der ehemaligen Sowjetunion stammen. Nach dieser Vorschrift ist Spätaussiedler ein deutscher Volkszugehöriger, der die Aussiedlungsgebiete nach dem 31.12.1992 im Wege des Aufnahmeverfahrens verlassen und innerhalb von 6 Monaten im Geltungsbereich des Gesetzes seinen ständigen Aufenthalt genommen hat, wenn er zuvor seit seiner Geburt seinen Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten hatte.
52Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist für den Erwerb der Spätaussiedlereigenschaft im Sinne des § 4 Abs. 1 BVFG grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Einreise zum dauerhaften Aufenthalt im Bundesgebiet abzustellen,
53vgl. BVerwG, Urteile vom 16.07.2015 - 1 C 30.14 und 1 C 29.14 - , Urteil vom 28.05.2015 - 1 C 24.14 - juris Rn. 20; Urteil vom 12.03.2002 - 5 C 45.01 - BVerwGE 116, 119 Rn. 9.
54Denn aus der materiell-rechtlichen Bestimmung des § 4 Abs. 1 BVFG ergeben sich nicht nur die Voraussetzungen für den Erwerb der Spätaussiedlereigenschaft, sondern auch der Zeitpunkt, auf den es für den Erwerb ankommt, nämlich den Zeitpunkt der Begründung des ständigen Aufenthalts. Dies gilt entgegen der Auffassung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin auch für Antragsteller, die – wie die Klägerin - nicht im Wege des Aufnahmeverfahrens übersiedeln, sondern auf einer anderen rechtlichen Grundlage in das Bundesgebiet eingereist sind und sodann einen Härtefallaufnahmebescheid beantragen,
55vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 25.11.2015 - 11 E 1113/15 - und vom 09.12.2015 - 11 E 1170/15 - .
56Denn die Voraussetzungen für die Begründung der Spätaussiedlereigenschaft sind im Verfahren zur Erteilung eines (nachträglichen) Aufnahmebescheides und im Verfahren auf Ausstellung der Spätaussiedlerbescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG einheitlich zu beurteilen. Das Bundesverwaltungsgericht hat hierzu in seinen Entscheidungen vom 16.07.2015 ausdrücklich ausgeführt, dass es auch bei einem nach der Aufenthaltnahme erfolgten Antrag auf einen Härtefallaufnahmebescheid nach Sinn und Zweck der Regelung nicht zu rechtfertigen sei, die lediglich vorläufige Beurteilung der Spätaussiedlereigenschaft nach anderen Grundsätzen vorzunehmen als die zu diesem Zeitpunkt bereits mögliche endgültige Entscheidung über die Ausstellung der Spätaussiedlerbescheinigung,
57BVerwG, Urteil vom 16.07.2015 – 1 C 29.14 – juris, Rn. 28, 29.
58Die vorherige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass in Fällen eines Härtefallaufnahmebescheides die Anforderungen an die Spätaussiedlereigenschaft, insbesondere an die deutsche Volkszugehörigkeit, nach dem Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung zu beurteilen sind, wurde bewusst aufgegeben,
59BVerwG, Urteil vom 16.07.2015 – 1 C 29.14 – juris, Rn. 28 unter Hinweis auf die bisherige Rechtsprechung, BVerwG, Urteil vom 22.04.2004 – 5 C 27.02 – Buchholz 412.3 § 27 BVFG Nr.11.
60Die jetzt in § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG geregelten Fälle der nachträglichen Beantragung eines Aufnahmebescheides umfassen aber auch die hier vorliegende Fallgestaltung, in denen der Aufnahmebewerber nicht im Wege des Aufnahmeverfahrens, also ohne Aufnahmebescheid oder Einbeziehungsbescheid, sondern als deutscher Staatsangehöriger oder auf anderer Rechtsgrundlage eingereist ist.
61Demnach bleibt es dabei, dass auch in den Fällen einer Übersiedlung außerhalb des Aufnahmeverfahrens für die Beurteilung der Spätaussiedlereigenschaft die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Begründung des ständigen Aufenthalts, hier im Juni 2011, maßgeblich ist. Zu diesem Zeitpunkt richtete sich der Erwerb der Spätaussiedlereigenschaft nach § 4 Abs. 1 i.V.m. § 6 Abs. 2 BVFG in der Fassung der Bekanntmachung vom 10.08.2007 (BGBl. I S. 1902). Denn im Juni 2011 war das 10. Änderungsgesetz noch nicht in Kraft getreten. Eine Änderung der Rechtslage durch das 10. Änderungsgesetz zugunsten der Klägerin liegt somit nicht vor.
62Die Klägerin kann sich auch nicht auf eine nachträgliche Änderung der dem Bescheid zugrunde liegenden Sachlage berufen.
63Zwar hat sich die Sachlage insoweit geändert, als die Klägerin nach Erlass des Ablehnungsbescheides vom 18.02.1994 im Jahr 2001 ihre Nationalität durch Beschluss der Pass- und Visaabteilung der Stadt Kaliningrad vom 01.06.2001 von „Russisch“ in „Deutsch“ geändert hat. Dies wirkt sich jedoch nicht zugunsten der Klägerin aus. Denn nach der hier zum Zeitpunkt der Einreise der Klägerin geltenden Fassung des § 4 Abs. 1 i.V.m. § 6 Abs. 2 BVFG in der Fassung der Bekanntmachung vom 10.08.2007 (BGBl. I S. 1902) war für die Feststellung der deutschen Volkszugehörigkeit u. a. erforderlich, dass sich der Antragsteller bis zum Verlassen der Aussiedlungsgebiet „nur“ zum deutschen Volkstum bekannt oder nach dem Recht des Herkunftsstaates zur deutschen Nationalität gehört hat. Diese Voraussetzungen erfüllte die Klägerin auch nach der Änderung der Nationalität nicht, weil sie bei der Ausstellung ihres ersten Inlandspasses im Jahr 1968 die russische Nationalität ihrer Mutter, und nicht die deutsche Nationalität des Vaters gewählt hat und hiermit ein Gegenbekenntnis zu einem fremden Volkstum abgegeben hat. Dieses Gegenbekenntnis schließt ein durchgängiges und ausschließliches Bekenntnis „nur“ zum deutschen Volkstum aus.
64Das Gegenbekenntnis ist der Klägerin auch zurechenbar. Die Erklärung des Vaters der Klägerin im Brief vom 30.05.2003, die Passbeamtin habe seine Töchter zur Wahl der russischen Nationalität überredet, indem sie auf erhebliche gesellschaftliche und berufliche Nachteile bei einer Entscheidung für die deutsche Nationalität hingewiesen habe, lässt ein freiwilliges Bekenntnis nicht entfallen. Die Beeinflussung der Motivation für die Wahl einer anderen Nationalität durch Dritte schließt nicht aus, dass der jugendliche Passbewerber eine frei verantwortliche Entscheidung für ein fremdes Volkstum getroffen hat. Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn der freie Wille aufgrund einer körperlichen oder psychischen Zwangslage nicht mehr ausgeübt werden konnte. Dafür liegen aber keine Anhaltspunkte vor.
65Der Vortrag des Prozessbevollmächtigten der Klägerin, die Eintragung sei während der Gefangenschaft der Klägerin als deutsche Staatsangehörige und damit gegen ihren Willen erfolgt, ist nicht nachvollziehbar. Es gibt keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass sich die 16-jährige Klägerin im Jahr 1968 selbst in Gefangenschaft befand. Allein der Vater der Klägerin befand sich in Kriegsgefangenschaft und anschließend 20 Jahre in Strafhaft wegen der Zugehörigkeit zur deutschen Wehrmacht. Es gibt insbesondere auch keinen Hinweis im Brief des Vaters vom 30.05.2003, dass die Klägerin wegen der Verurteilung ihres Vaters zu einer Wahl der russischen Nationalität gezwungen worden sei.
66Demnach erfüllt die Klägerin auch bei Berücksichtigung der Nationalitätsänderung im Jahr 2001 nicht die Anforderungen an das notwendige durchgängige Bekenntnis.
67Soweit sich die Klägerin auf ihre deutsche Staatsangehörigkeit, auf das Bestehen einer Übernahmegenehmigung und familiär vermittelte Sprachkenntnisse beruft, macht sie keine nachträgliche Änderung der Sachlage geltend, sondern eine Rechtsstellung bzw. eine Sachlage, die nach ihrem Vortrag bereits zum Zeitpunkt des Ablehnungsbescheids im Jahr 1994 bestanden hat, aber nicht berücksichtigt worden ist. Diese Umstände hätte sie in einem Rechtsbehelfsverfahren gegenüber dem Ablehnungsbescheid geltend machen können; sie können daher jetzt nicht mehr berücksichtigt werden, § 51 Abs. 2 VwVfG.
68Schließlich kann sich die Klägerin auch nicht auf das Vorliegen neuer Beweismittel im Sinne des § 51 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG stützen. Der Staatsangehörigkeitsausweis vom 18.03.2011 ist zwar ein Beweismittel, das der Klägerin im Jahr 1994 nicht zur Verfügung stand. Dieses Beweismittel hat sie jedoch nicht in der Frist des § 51 Abs. 3 Satz 1 VwVfG vorgelegt. Der Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens und Erteilung eines Aufnahmebescheides wurde erst im Oktober 2012 gestellt.
69Auch das Sprachzertifikat vom 06.05.2013 ist kein neues Beweismittel, das eine für die Klägerin günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde. Es ist weder geeignet, Beweis für die bei Einreise im Juni 2011 vorhandenen Sprachkenntnisse zu erbringen noch für die erforderliche familiäre Vermittlung der deutschen Sprache.
70Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf ein Wiederaufgreifen des Verfahrens nach § 51 Abs. 5 i.V.m. § 48 VwVfG.
71Die Beklagte hat die nachträgliche Aufhebung des ablehnenden Bescheides nach § 51 Abs. 5 VwVfG i.V.m. §§ 48 Abs. 1, 49 Abs. 1 VwVfG ermessensfehlerfrei abgelehnt. Sie hat hierbei zutreffend auf die Abwägung der grundsätzlich gleichwertigen Belange des Schutzes der Bestandskraft der ablehnenden Entscheidung und damit der Belange von Rechtsfrieden auf der einen und auf das Interesse der Klägerin an der Einzelfallgerechtigkeit auf der anderen Seite abgehoben. Es ist aus rechtlicher Sicht nicht zu beanstanden, dass sie im Ergebnis dem öffentlichen Interesse an Rechtsfrieden und Rechtssicherheit den Vorzug gegeben hat. Es bedarf auch keiner abschließenden Klärung, ob der ablehnende Bescheid rechtswidrig ist oder nicht, denn allein der Umstand der Rechtswidrigkeit der ursprünglichen Entscheidung würde noch nicht ausnahmsweise eine erneute Sachentscheidung und damit ein Wiederaufgreifen gebieten. Das Ermessen der Behörde zu Gunsten des Betroffenen verdichtet sich lediglich dann, wenn das Festhalten an dem bestandskräftigen Verwaltungsakt schlechthin unerträglich wäre,
72vgl. BVerwG, Urteil vom 13.12.2011 - 5 C 9/11 -.
73Ob dies der Fall ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls und einer Gewichtung der einschlägigen Gesichtspunkte ab. Die Ablehnung des Wiederaufgreifens eines Verfahrens ist insbesondere dann schlechthin unerträglich, wenn die Berufung der Behörde auf die Unanfechtbarkeit als ein Verstoß gegen die guten Sitten, Treu und Glauben oder den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz zu bewerten wäre oder eine offensichtliche Rechtswidrigkeit der bestandskräftigen Entscheidung gegeben ist.
74Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich oder vorgetragen, dass die Ablehnung des Wiederaufgreifens gegen die guten Sitten, Treu und Glauben oder Art. 3 GG verstößt. Insbesondere ist nicht erkennbar, dass das BVA in vergleichbaren Fällen das Verfahren wiederaufgegriffen hätte. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat die diesbezügliche Behauptung nicht mit der Angabe von vergleichbaren Fällen belegt.
75Es lässt sich auch nicht feststellen, dass der Ablehnungsbescheid vom 18.02.1994 offensichtlich rechtswidrig war. Es ist nicht erkennbar, dass die Beklagte die für die Spätaussiedlereigenschaft maßgebliche deutsche Volkzugehörigkeit nach Maßgabe des § 6 Abs. 2 in der seinerzeit geltenden Fassung des Kriegsfolgenbereinigungsgesetzes vom 21.12.1992 (BGBl. I S. 2094) zu Unrecht verneint hat. Danach waren nach dem 31.12.1923 geborene Personen nur dann deutsche Volkszugehörige, wenn ihnen die Eltern oder andere Verwandte bestätigende Merkmale wie Sprache, Erziehung, Kultur vermittelt hatten. Ferner musste sich der Antragsteller bis zum Verlassen der Aussiedlungsgebiete zur deutschen Nationalität erklärt oder auf andere Weise zum deutschen Volkstum bekannt haben.
76Zwar hatte die Beklagte seinerzeit zu Unrecht darauf abgestellt, ob die deutsche Sprache als Muttersprache oder bevorzugte Umgangssprache beherrscht wird,
77vgl. BVerwG, Urteil vom 19.10.2000 - 5 C 37/99 - .
78Dies war jedoch nicht offensichtlich rechtswidrig, sondern entsprach bis zu der o.g. Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, die erst nach dem Erlass des Bescheides erging, der höchstrichterlichen Rechtsprechung, die sich bis dahin an der vor dem 01.01.1993 geltenden Fassung des § 6 BVFG orientiert hatte,
79vgl. BVerwG, Urteil vom 12.11.1996 - 9 C 8/96 - und vom 17.06.1997 - 9 C 10/96 - .
80Aber auch auf der Grundlage des Urteils des Bundeverwaltungsgerichts vom 19.10.2000 ist der Bescheid nicht offensichtlich rechtswidrig. Denn es konnte auch nach den dort aufgestellten Maßstäben für die Sprachbeherrschung gerade nicht festgestellt werden, dass die deutsche Sprache der Klägerin mit Gewicht und gleichrangig zur Landessprache vermittelt worden ist. Denn die Klägerin konnte nach den seinerzeitigen Angaben im Aufnahmeantrag die deutsche Sprache nur verstehen, nicht sprechen. Der Vater der Klägerin hat in seinem Brief an das BVA vom 30.05.2003 bestätigt, dass er die deutsche Sprache nicht an seine Kinder hat weitergeben können und andere Personen mit deutschen Sprachkenntnissen nicht vorhanden waren. Demgegenüber entbehrt die Behauptung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin im vorliegenden Verfahren, die Klägerin habe bei Ausreise und schon in der Kindheit ein einfaches Gespräch auf Deutsch führen können, jeglicher Grundlage und begründet keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Entscheidung.
81Außerdem fehlte seinerzeit die erforderliche „Erklärung“ zum deutschen Volkstum, da die Klägerin sich bei der Ausstellung des ersten Inlandspasses im Jahr 1968 für die russische Nationalität der Mutter entschieden hatte und dies zum Zeitpunkt der Verwaltungsentscheidung im Jahr 1994 auch noch nicht geändert hatte. Es liegen auch keine Hinweise darauf vor, dass sich die Klägerin in diesem Zeitraum auf andere Weise zum deutschen Volkstum bekannt hat.
82Der Ablehnungsbescheid war auch nicht deshalb offensichtlich rechtswidrig, weil die Beklagte seinerzeit nicht geprüft hat, ob die Klägerin möglicherweise Spätaussiedlerin in Anwendung von § 100 Abs. 4 BVFG i.V.m. § 1 Abs. 2 Nr. 3 BVFG a. F. ist. Nach dieser Vorschrift sind Personen, die vor dem 1. Juli 1990 eine Übernahmegenehmigung des Bundesverwaltungsamtes erhalten haben, bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 Nr. 3 BVFG in der vor dem 01.01.1993 geltenden Fassung oder des § 4 BVFG auch dann Spätaussiedler, wenn ihnen kein Aufnahmebescheid nach § 26 erteilt worden ist.
83Diese Regelung könnte der Klägerin die Möglichkeit bieten, den Spätaussiedlerstatus durch die Berufung auf die günstigeren Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 Nr. 3 BVFG in der Fassung des Aussiedleraufnahmegesetzes vom 28.06.1990 (BGBl. I S. 1247) zu erwerben. Nach § 1 Abs. 2 Nr. 3 BVFG 1990 war Vertriebener, wer als deutscher Staatsangehöriger oder deutscher Volkszugehöriger die Gebiete der ehemaligen Sowjetunion nach Abschluss der allgemeinen Vertreibungsmaßnahmen verlassen hat oder verlässt. Demnach war für die Begründung der Rechtsstellung als Vertriebener bereits ausreichend, die Aussiedlungsgebiete als deutscher Staatsangehöriger zu verlassen. Die deutsche Volkszugehörigkeit war nicht unbedingt erforderlich.
84Ob die Klägerin die Voraussetzungen dieser Vorschrift erfüllt, kann offen bleiben. Die Beklagte hat über den Antrag der Klägerin auf Ausstellung einer Spätaussiedlerbescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG noch nicht entschieden. Insbesondere bedarf es noch einer eingehenden Prüfung der Frage, ob der Klägerin selbst eine Übernahmegenehmigung erteilt worden ist. Dieser Antrag ist auch nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.
85Denn selbst, wenn man zu ihren Gunsten unterstellt, dass sie nach dieser Regelung den Status einer Spätaussiedlerin mit dem Verlassen des Aussiedlungsgebietes erworben hat, begründet dies keinen Anspruch auf Erteilung eines Aufnahmebescheides gemäß §§ 26 Abs. 1, 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG.
86Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gewährt § 27 BVFG in der Fassung des Kriegsfolgenbereinigungsgesetzes vom 21.12.1992 (BGBl. I S. 2094) keinen Rechtsanspruch für Vertriebene im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 3 BVFG auf Erteilung eines Aufnahmebescheides. Vielmehr steht dieser Anspruch nur solchen Personen zu, die die sich aus §§ 4, 6 Abs. 2 BVFG ergebenden Voraussetzungen als Spätaussiedler erfüllen, also insbesondere deutsche Volkszugehörige sind,
87vgl. OVG NRW, Beschluss vom 14.10.2010 - 12 A 2496/09 - juris Rn. 29 unter Hinweis auf BVerwG, Beschlüsse vom 07.07.1998 - 9 B 1202.97 - , 14.09.1999 - 5 B 57.99 - , 02.11.1999 - 5 B 17.99 - und 17.08.2004 - 5 B 72.04 - juris.
88Dies lässt sich schon aus dem Wortlaut ableiten. Denn § 100 Abs. 4 BVFG bestimmt ausdrücklich, dass der Inhaber einer Übernahmegenehmigung auch dann Spätaussiedler ist, wenn ihm kein Aufnahmebescheid erteilt wurde. Demnach ist zur Geltendmachung des Spätaussiedlerstatus nach § 100 Abs. 4 BVFG gerade kein Aufnahmebescheid erforderlich. Die Einreise kann mit Hilfe der Übernahmegenehmigung erfolgen, die in dieser Funktion den Aufnahmebescheid ersetzt. Die Erteilung eines Aufnahmebescheides an die Inhaber einer Übernahmegenehmigung ist daher zur Begründung des Spätaussiedlerstatus weder notwendig noch vorgesehen.
89Die Übergangsvorschrift des § 100 Abs. 4 BVFG lässt sich auch nicht dahingehend auslegen, dass ein Aufnahmebescheid zwar nicht notwendig ist, aber vom Inhaber der Übernahmegenehmigung gleichwohl beantragt werden kann, um Ehegatten oder Abkömmlinge darin einzubeziehen.
90Dies ist mit Sinn und Zweck der Vorschrift nicht vereinbar. Der Gesetzgeber wollte bei Erlass des Kriegsfolgenbereinigungsgesetzes für den Personenkreis der §§ 1 – 3 den Bestand an vertriebenenrechtlichen Rechtspositionen erhalten, der diesen Personen nach der früheren Gesetzesfassung zugestanden hatte. Die Regelung ist also Ausdruck des Grundsatzes des Vertrauensschutzes. Nach § 27 BVFG in der Fassung vom 28.06.1990 (BGBl. I S. 1247) war aber eine Einbeziehung von Angehörigen in den Aufnahmebescheid von Aussiedlern nicht vorgesehen. Diese rechtliche Möglichkeit wurde erstmalig durch die Einfügung von § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG mit dem Kriegsfolgenbereinigungsgesetz vom 21.12.1992 (BGBl. I S. 2094) für den Personenkreis der Spätaussiedler geschaffen. Der Grundsatz des Vertrauensschutzes gebietet demnach nicht, Personen mit Vertriebenenstatus eine darüber hinaus gehende Rechtsstellung einzuräumen,
91vgl. OVG NRW, Beschluss vom 14.10.2010 – 12 A 2496/09 – juris, Rn. 52 unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 05.12.2000 – 1 C 24.00 – juris, Rn. 14.
92Demnach hatte die Klägerin auch bei Erlass des Ablehnungsbescheides am 18.02.1994 keinen Anspruch auf Erteilung eines Aufnahmebescheides unter Berufung auf ihre – mögliche – Rechtsstellung als Vertriebene im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 3 BVFG a.F..
93Ein Anspruch der Klägerin auf Wiederaufgreifen des Verfahrens ist daher unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt begründet.
94Soweit der Prozessbevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung erstmalig beantragt hat, die Beklagte zu verpflichten, die Söhne der Klägerin in ihren Aufnahmebescheid einzubeziehen, bzw. hilfsweise in die (vorgebliche) Übernahmegenehmigung einzutragen, handelt es sich hiermit um eine Klageänderung im Sinne des § 91 VwGO. Dies ist jedoch unzulässig, da die Voraussetzungen des § 91 Abs. 1 und Abs. 2 VwGO nicht vorliegen. Die Beklagte hat in die Klageänderung nicht eingewilligt. Der Vertreter der Beklagten hat in der mündlichen Verhandlung auf die Ergänzung der Anträge nicht reagiert und nur den Klageabweisungsantrag gestellt. Darin ist auch keine Einlassung auf die geänderte Klage im Sinne des § 91 Abs. 2 VwGO zu sehen.
95Die Erweiterung der Klageanträge ist auch nicht sachdienlich, da sie die endgültige Beilegung des Rechtsstreits nicht fördert. Vielmehr ist es zweckmäßig, den Antrag auf Einbeziehung der Söhne in den Aufnahmebescheid der Klägerin erst nach rechtskräftigem Abschluss des vorliegenden Rechtsstreits weiter zu verfolgen bzw. den Hilfsantrag auf Eintragung in die Übernahmegenehmigung beim BVA erst dann zu stellen.
96Die Beklagte hat offensichtlich bisher über den von der Klägerin im Verwaltungsverfahren gestellten Antrag auf Einbeziehung ihrer Söhne nicht entschieden, weil die Entscheidung im Wesentlichen von der Erteilung eines Aufnahmebescheides für die Klägerin abhängig ist und diese Voraussetzung nicht vorlag. Das Absehen von einer Entscheidung ist auch sinnvoll, weil die Klägerin andernfalls gezwungen wäre, gegen die Ablehnung des Antrages Rechtsmittel einzulegen, um den Eintritt der Bestandskraft zu verhindern. Diese Rechtsmittel müssen aber erfolgslos bleiben, solange die Klägerin keinen Aufnahmebescheid erhält.
97Es unterliegt keinem Zweifel, dass die Beklagte bereit wäre, die beantragte Einbeziehung vollständig zu prüfen und positiv zu bescheiden, falls die Beklagte im vorliegenden Verfahren verpflichtet würde, der Klägerin einen Aufnahmebescheid zu erteilen und die übrigen Voraussetzungen für eine Einbeziehung nach § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG oder § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG vorlägen. Es besteht daher keine Veranlassung, den Einbeziehungsantrag oder den Antrag auf Eintragung in die Übernahmegenehmigung zum Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits zu machen.
98Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 und § 711 ZPO.
(1) Der Aufnahmebescheid wird auf Antrag Personen mit Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten erteilt, die nach Begründung des ständigen Aufenthalts im Geltungsbereich des Gesetzes die Voraussetzungen als Spätaussiedler erfüllen (Bezugspersonen). Abweichend hiervon kann Personen, die sich ohne Aufnahmebescheid im Geltungsbereich des Gesetzes aufhalten, ein Aufnahmebescheid erteilt oder es kann die Eintragung nach Absatz 2 Satz 1 nachgeholt werden, wenn die Versagung eine besondere Härte bedeuten würde und die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Der Wohnsitz im Aussiedlungsgebiet gilt als fortbestehend, wenn ein Antrag nach Satz 2 abgelehnt wurde und der Antragsteller für den Folgeantrag nach Satz 1 erneut Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten begründet hat.
(2) Der im Aussiedlungsgebiet lebende Ehegatte, sofern die Ehe seit mindestens drei Jahren besteht, oder der im Aussiedlungsgebiet lebende Abkömmling werden zum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung in den Aufnahmebescheid der Bezugsperson einbezogen, wenn in ihrer Person kein Ausschlussgrund im Sinne des § 5 vorliegt und die Bezugsperson die Einbeziehung ausdrücklich beantragt; Ehegatten und volljährige Abkömmlinge müssen auch Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen. Die Einbeziehung wird nachgeholt, wenn ein Abkömmling einer Bezugsperson nicht mehr im Aussiedlungsgebiet, sondern während des Aussiedlungsvorganges und vor Ausstellung der Bescheinigung nach § 15 Absatz 1 geboren wird. Abweichend von Satz 1 kann der im Aussiedlungsgebiet verbliebene Ehegatte oder Abkömmling eines Spätaussiedlers, der seinen ständigen Aufenthalt im Geltungsbereich des Gesetzes hat, nachträglich nach Satz 1 in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogen werden, wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Die Einbeziehung von minderjährigen Abkömmlingen in den Aufnahmebescheid ist nur gemeinsam mit der Einbeziehung der Eltern oder des sorgeberechtigten Elternteils zulässig. Ein Ehegatte oder volljähriger Abkömmling wird abweichend von Satz 1 einbezogen, wenn er wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder wegen einer Behinderung im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch keine Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen kann. Die Einbeziehung in den Aufnahmebescheid wird insbesondere dann unwirksam, wenn die Ehe aufgelöst wird, bevor beide Ehegatten die Aussiedlungsgebiete verlassen haben, oder die Bezugsperson verstirbt, bevor die einbezogenen Personen Aufnahme im Sinne von § 4 Absatz 3 Satz 2 gefunden haben.
(3) Der Antrag auf Wiederaufgreifen eines unanfechtbar abgeschlossenen Verfahrens auf Erteilung eines Aufnahmebescheides oder auf Einbeziehung ist nicht an eine Frist gebunden. § 8 Absatz 2 und § 9 Absatz 4 Satz 2 gelten für Familienangehörige der nach Absatz 2 Satz 3 nachträglich einbezogenen Personen entsprechend.
(4) Für jedes Kalenderjahr dürfen so viele Aufnahmebescheide erteilt werden, dass die Zahl der aufzunehmenden Spätaussiedler, Ehegatten und Abkömmlinge die Zahl der vom Bundesverwaltungsamt im Jahre 1998 verteilten Personen im Sinne der §§ 4, 7 nicht überschreitet. Das Bundesverwaltungsamt kann hiervon um bis zu 10 vom Hundert nach oben oder unten abweichen.
(1) Das Bundesverwaltungsamt stellt Spätaussiedlern zum Nachweis ihrer Spätaussiedlereigenschaft eine Bescheinigung aus. Eine Wiederholung des Gesprächs im Sinne von § 6 Abs. 2 Satz 3 findet hierbei nicht statt. Bei Personen, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, beteiligt das Bundesverwaltungsamt vor Erteilung der Bescheinigung den Bundesnachrichtendienst, das Bundesamt für Verfassungsschutz, den Militärischen Abschirmdienst, die Bundespolizei, das Bundeskriminalamt und das Zollkriminalamt, wenn dies zur Feststellung von Ausschlussgründen nach § 5 Nr. 1 Buchstabe d und e geboten ist. Die Entscheidung über die Ausstellung der Bescheinigung ist für Staatsangehörigkeitsbehörden und alle Behörden und Stellen verbindlich, die für die Gewährung von Rechten oder Vergünstigungen als Spätaussiedler nach diesem oder einem anderen Gesetz zuständig sind. Hält eine Behörde oder Stelle die Entscheidung des Bundesverwaltungsamtes über die Ausstellung der Bescheinigung nicht für gerechtfertigt, so kann sie nur ihre Änderung oder Aufhebung durch das Bundesverwaltungsamt beantragen.
(2) Das Bundesverwaltungsamt stellt dem in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogenen Ehegatten oder Abkömmling eine Bescheinigung zum Nachweis des Status nach Artikel 116 Abs. 1 des Grundgesetzes sowie seiner Leistungsberechtigung nach § 7 Abs. 2 Satz 1 aus. Eine Bescheinigung nach Absatz 1 kann nur ausgestellt werden, wenn die Erteilung eines Aufnahmebescheides beantragt und nicht bestands- oder rechtskräftig abgelehnt worden ist. Im Übrigen gilt Absatz 1 entsprechend.
(3) Über die Rücknahme und die Ausstellung einer Zweitschrift einer Bescheinigung entscheidet die Ausstellungsbehörde.
(4) Eine Bescheinigung kann mit Wirkung für die Vergangenheit nur zurückgenommen werden, wenn sie durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung oder durch vorsätzlich unrichtige oder unvollständige Angaben, die wesentlich für ihre Ausstellung gewesen sind, erwirkt worden ist. Die Rücknahme mit Wirkung für die Vergangenheit darf nur bis zum Ablauf von fünf Jahren nach Ausstellung der Bescheinigung erfolgen. Hat die Rücknahme einer Bescheinigung nach Absatz 1 auch Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit von Bescheinigungen nach Absatz 2, so ist für jeden Betroffenen eine selbständige Ermessensentscheidung zu treffen. Dabei ist das Maß der Beteiligung des Ehegatten oder Abkömmlings an einer arglistigen Täuschung, Drohung oder Bestechung oder an unrichtigen oder unvollständigen Angaben des Spätaussiedlers gegen die schutzwürdigen Belange des Ehegatten oder Abkömmlings, insbesondere unter Beachtung des Kindeswohls, abzuwägen. Der Widerruf einer Bescheinigung ist nicht zulässig.
(1) Spätaussiedler ist in der Regel ein deutscher Volkszugehöriger, der die Republiken der ehemaligen Sowjetunion nach dem 31. Dezember 1992 im Wege des Aufnahmeverfahrens verlassen und innerhalb von sechs Monaten im Geltungsbereich des Gesetzes seinen ständigen Aufenthalt genommen hat, wenn er zuvor
- 1.
seit dem 8. Mai 1945 oder - 2.
nach seiner Vertreibung oder der Vertreibung eines Elternteils seit dem 31. März 1952 oder - 3.
seit seiner Geburt, wenn er vor dem 1. Januar 1993 geboren ist und von einer Person abstammt, die die Stichtagsvoraussetzung des 8. Mai 1945 nach Nummer 1 oder des 31. März 1952 nach Nummer 2 erfüllt, es sei denn, dass Eltern oder Voreltern ihren Wohnsitz erst nach dem 31. März 1952 in die Aussiedlungsgebiete verlegt haben,
(2) Spätaussiedler ist auch ein deutscher Volkszugehöriger aus den Aussiedlungsgebieten des § 1 Abs. 2 Nr. 3 außer den in Absatz 1 genannten Staaten, der die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllt und glaubhaft macht, dass er am 31. Dezember 1992 oder danach Benachteiligungen oder Nachwirkungen früherer Benachteiligungen auf Grund deutscher Volkszugehörigkeit unterlag.
(3) Der Spätaussiedler ist Deutscher im Sinne des Artikels 116 Abs. 1 des Grundgesetzes. Ehegatten oder Abkömmlinge von Spätaussiedlern, die nach § 27 Abs. 1 Satz 2 in den Aufnahmebescheid einbezogen worden sind, erwerben, sofern die Einbeziehung nicht unwirksam geworden ist, diese Rechtsstellung mit ihrer Aufnahme im Geltungsbereich des Gesetzes.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Der Aufnahmebescheid wird auf Antrag Personen mit Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten erteilt, die nach Begründung des ständigen Aufenthalts im Geltungsbereich des Gesetzes die Voraussetzungen als Spätaussiedler erfüllen (Bezugspersonen). Abweichend hiervon kann Personen, die sich ohne Aufnahmebescheid im Geltungsbereich des Gesetzes aufhalten, ein Aufnahmebescheid erteilt oder es kann die Eintragung nach Absatz 2 Satz 1 nachgeholt werden, wenn die Versagung eine besondere Härte bedeuten würde und die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Der Wohnsitz im Aussiedlungsgebiet gilt als fortbestehend, wenn ein Antrag nach Satz 2 abgelehnt wurde und der Antragsteller für den Folgeantrag nach Satz 1 erneut Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten begründet hat.
(2) Der im Aussiedlungsgebiet lebende Ehegatte, sofern die Ehe seit mindestens drei Jahren besteht, oder der im Aussiedlungsgebiet lebende Abkömmling werden zum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung in den Aufnahmebescheid der Bezugsperson einbezogen, wenn in ihrer Person kein Ausschlussgrund im Sinne des § 5 vorliegt und die Bezugsperson die Einbeziehung ausdrücklich beantragt; Ehegatten und volljährige Abkömmlinge müssen auch Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen. Die Einbeziehung wird nachgeholt, wenn ein Abkömmling einer Bezugsperson nicht mehr im Aussiedlungsgebiet, sondern während des Aussiedlungsvorganges und vor Ausstellung der Bescheinigung nach § 15 Absatz 1 geboren wird. Abweichend von Satz 1 kann der im Aussiedlungsgebiet verbliebene Ehegatte oder Abkömmling eines Spätaussiedlers, der seinen ständigen Aufenthalt im Geltungsbereich des Gesetzes hat, nachträglich nach Satz 1 in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogen werden, wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Die Einbeziehung von minderjährigen Abkömmlingen in den Aufnahmebescheid ist nur gemeinsam mit der Einbeziehung der Eltern oder des sorgeberechtigten Elternteils zulässig. Ein Ehegatte oder volljähriger Abkömmling wird abweichend von Satz 1 einbezogen, wenn er wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder wegen einer Behinderung im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch keine Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen kann. Die Einbeziehung in den Aufnahmebescheid wird insbesondere dann unwirksam, wenn die Ehe aufgelöst wird, bevor beide Ehegatten die Aussiedlungsgebiete verlassen haben, oder die Bezugsperson verstirbt, bevor die einbezogenen Personen Aufnahme im Sinne von § 4 Absatz 3 Satz 2 gefunden haben.
(3) Der Antrag auf Wiederaufgreifen eines unanfechtbar abgeschlossenen Verfahrens auf Erteilung eines Aufnahmebescheides oder auf Einbeziehung ist nicht an eine Frist gebunden. § 8 Absatz 2 und § 9 Absatz 4 Satz 2 gelten für Familienangehörige der nach Absatz 2 Satz 3 nachträglich einbezogenen Personen entsprechend.
(4) Für jedes Kalenderjahr dürfen so viele Aufnahmebescheide erteilt werden, dass die Zahl der aufzunehmenden Spätaussiedler, Ehegatten und Abkömmlinge die Zahl der vom Bundesverwaltungsamt im Jahre 1998 verteilten Personen im Sinne der §§ 4, 7 nicht überschreitet. Das Bundesverwaltungsamt kann hiervon um bis zu 10 vom Hundert nach oben oder unten abweichen.
(1) Alle Deutschen genießen Freizügigkeit im ganzen Bundesgebiet.
(2) Dieses Recht darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes und nur für die Fälle eingeschränkt werden, in denen eine ausreichende Lebensgrundlage nicht vorhanden ist und der Allgemeinheit daraus besondere Lasten entstehen würden oder in denen es zur Abwehr einer drohenden Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes, zur Bekämpfung von Seuchengefahr, Naturkatastrophen oder besonders schweren Unglücksfällen, zum Schutze der Jugend vor Verwahrlosung oder um strafbaren Handlungen vorzubeugen, erforderlich ist.
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die am 13. September 1956 in der ehemaligen Sowjetunion geborene Klägerin ist die Tochter des am 18. Oktober 1930 ebenfalls in der ehemaligen Sowjetunion geborenen K. M. . Ihr Vater war laut Einbürgerungsurkunde des Deutschen Reichs vom 28. Dezember 1944 eingebürgert worden. Nach dem vom Bundesverwaltungsamt ausgestellten Staatsangehörigkeitsausweis vom 14. Oktober 2003 ist die Klägerin deutsche Staatsangehörige. Nach ihren Angaben reiste sie im April 2004 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Laut Meldebescheinigungen der Gemeinde C. meldete sie sich am 27. April 2004 unter der Adresse ihres Bruders M1. M. an und zog am 15. Mai 2004 in eine andere Wohnung in C. um. In der Zeit vom 17. Mai 2004 bis zum 16. November 2004 nahm sie am Sprachkurs „DEUTSCH FÜR AUSSIEDLER“ teil und legte die Sprachprüfung „GRUNDBAUSTEIN“ mit Erfolg ab. Im gleichen Zeitraum bestand sie im Rahmen eines Sprachkurses „DEUTSCH FÜR AUSSIEDLER“ die Sprachprüfung „ZERTIFIKAT DEUTSCH“ mit 207 von 300 möglichen Punkten.
3Den Geschwistern der Klägerin T. N. , M1. M. und H. M. waren in den Jahren 1993 und 1994 vor deren Ausreise und der Schwester M2. T1. im Jahr 1992 nach deren Einreise in das Bundesgebiet Aufnahmebescheide erteilt worden.
4Am 20. Dezember 2010 beantragte die Klägerin die Erteilung eines Aufnahmebescheids. Zur Begründung gab sie an: Wegen einer Schilddrüsenkrebserkrankung sei sie nicht mehr in der Lage, am Erwerbsleben teilzunehmen. Auf ihren Antrag auf Erwerbsminderungsrente sei ihr eine Rente von 56,97 € zugesprochen worden. Sämtliche Jahre, die sie im Ausland gearbeitet habe, seien nicht angerechnet worden, weil sie als deutsche Staatsangehörige nach Deutschland gekommen sei. Im Antragsformular kreuzte sie an, von der Kindheit an deutsch und russisch gesprochen zu haben, auf Deutsch fast alles zu verstehen, ihr Deutsch reiche für ein einfaches Gespräch aus. Sie habe ihren Aufnahmeantrag nicht vom Ausland aus gestellt, weil ihr damaliger Ehemann, der die Pflege seiner kranken Mutter übernommen gehabt habe, nicht mit nach Deutschland habe kommen können. Im Februar 2001 sei er verstorben. Sie habe ihre Schwiegermutter bis zu deren Tod im Jahr 2002 gepflegt. Anschließend habe sie, weil sie in Odessa allein zurück geblieben sei, so schnell wie möglich zu ihren Geschwistern nach Deutschland kommen wollen. Ihr Bruder H. M. habe sämtliche Dokumente mit nach Deutschland genommen und den Antrag auf Ausstellung einesStaatsangehörigkeitsausweises gestellt.
5Das Bundesverwaltungsamt lehnte die Erteilung eines Aufnahmebescheids durch Bescheid vom 24. Januar 2011 im Wesentlichen mit der Begründung ab: Besondere Härtegründe hätten nicht vorgelegen. Sie habe sich entschieden, aufgrund ihrer deutschen Staatsangehörigkeit nach Deutschland einzureisen. Wer seinen Wohnsitz im Herkunftsgebiet ohne die Absicht aufgebe, als Spätaussiedler Aufnahme finden zu wollen, könne sich im Nachhinein nicht darauf berufen, dass es ihm nicht zuzumuten gewesen sei, das Aufnahmeverfahrens vom Herkunftsgebiet aus zu betreiben. Des Weiteren erfülle sie die Voraussetzungen des § 6 BVFG nicht. Sie habe weder ein Bekenntnis zum deutschen Volkstum nachgewiesen noch die innerfamiliäre Vermittlung der deutschen Sprache glaubhaft gemacht.
6Den gegen diesen Ablehnungsbescheid erhobenen Widerspruch wies das Bundesverwaltungsamt durch Widerspruchsbescheid vom 14. September 2011 zurück und führte ergänzend aus: Nach dem Ableben ihrer Schwiegermutter im Jahr 2002 habe sie sich zielgerichtet für das Staatsangehörigkeitsfeststellungsverfahren entschieden, um schneller nach Deutschland kommen zu können. Sie habe offensichtlich darauf verzichtet, das Aufnahmeverfahren vom Aussiedlungsgebiet aus zu betreiben, um eventuellen zeitlichen Verzögerungen beim Wohnsitzwechsel aus dem Weg zu gehen. Zudem habe sie nicht glaubhaft gemacht, sich nur zum deutschen Volkstum bekannt zu haben.
7Am 14. Oktober 2011 hat die Klägerin Klage erhoben. Zur Begründung hat sie u. a. ausgeführt: Sie habe, als sie eingereist sei, nicht gewusst, dass sie einen Antrag auf Aufnahme als Deutsche habe stellen müssen oder können. Ihre Geschwister hätten ihr das nicht mitgeteilt. Sie habe gedacht, dass sie aufgrund der Erteilung des deutschen Passes als Spätaussiedlerin anerkannt sei. Wenn sie gewusst hätte, dass sie ohne Status eines Spätaussiedlers nach Deutschland einreise, hätte sie so lange gewartet, bis sie das Verfahren in der Ukraine durchlaufen hätte.
8Die Klägerin hat beantragt,
9die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids des Bundesverwaltungsamts vom 24. Januar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. September 2011 zu verpflichten, ihr einen Aufnahmebescheid zu erteilen.
10Die Beklagte hat beantragt,
11die Klage abzuweisen.
12Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Urteil vom 16. Juli 2013 abgewiesen und unter Verweis auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. Dezember 2012 - 5 C 23.11 - ausgeführt: Es könne dahinstehen, ob die Klägerin in ihrer Person alle Anforderungen an die Spätaussiedlereigenschaft erfülle. Denn die Erteilung eines Aufnahmebescheids sei schon deshalb ausgeschlossen, weil seine Beantragung in Härtefällen in zeitlichem Zusammenhang mit der Einreise erfolgen müsse. Eine Antragstellung mehr als sechs Jahre nach Einreise genüge diesem Erfordernis nicht.
13Die vom Senat zugelassene Berufung begründet die Klägerin wie folgt: Für eine Verwirkung des Härtefallantrags innerhalb eines Jahres fehle jegliche gesetzliche Regelung. Ob im Übrigen die zeitliche Voraussetzung der Verwirkung ihres Härtefallantrags gegeben sei, könne nur unter Umständen des Einzelfalls beantwortet werden. Dabei komme es nicht nur auf das Zeitmoment, sondern auch auf ein Umstandsmoment an. Als ihr die Erwerbsunfähigkeitsrente zugesprochen worden sei, habe sie erstmals erkannt, dass ihr fast vollständiges Arbeitsleben nicht anerkannt worden sei, weil sie nicht als Spätaussiedlerin anerkannt sei. Sie habe vor der Erteilung des Rentenbescheids nicht gewusst, dass sie sämtliche Arbeitsjahre verliere, wenn sie nicht als Spätaussiedlerin anerkannt werde und sie deshalb schon vor der Einreise ins Bundesgebiet habe einen Antrag stellen können bzw. müssen. Auf dieses Umstandsmoment sei besonderes Gewicht zu legen, das in ihrem Einzelfall erlaube, das Zeitmoment hinten anstehen zu lassen.
14Die Klägerin beantragt,
15das angefochtene Urteil zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids des Bundesverwaltungsamts vom 24. Januar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. September 2011 zu verpflichten, ihr einen Aufnahmebescheid zu erteilen.
16Die Beklagte beantragt,
17die Berufung zurückzuweisen.
18Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte nebst beigezogenen Verwaltungsvorgängen Bezug genommen.
19E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
20I. Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der ablehnende Bescheid des Bundesverwaltungsamts vom 24. Januar 2011 und der Widerspruchsbescheid vom 14. September 2011 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Erteilung eines Aufnahmebescheids.
21Rechtsgrundlage für den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch auf Erteilung eines Aufnahmebescheids sind die §§ 26 und 27 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes über die Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge (Bundesvertriebenengesetz ‑ BVFG) in der Fassung des am 14. September 2013 in Kraft getretenen Zehnten BVFG-Änderungsgesetzes (BGBl. I S. 3554). Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 BVFG wird der Aufnahmebescheid auf Antrag Personen mit Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten erteilt, die nach Begründung des ständigen Aufenthalts im Geltungsbereich des Gesetzes die Voraussetzungen als Spätaussiedler erfüllen. Nach § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG kann abweichend von Satz 1 Personen, die sich ohne Aufnahmebescheid im Geltungsbereich aufhalten, ein Aufnahmebescheid erteilt werden, wenn die Versagung eine besondere Härte bedeuten würde und die sonstigen Voraussetzungen vorliegen.
22Die Voraussetzungen dieser Anspruchsgrundlage erfüllt die Klägerin nicht. Sie hat den Härtefallantrag nach § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG nicht im zeitlichen Zusammenhang mit der Aussiedlung gestellt.
231. Die Klägerin kann sich auf eine besondere Härte im Sinne des § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG berufen. Sie hat die Aussiedlungsgebiete verlassen, ohne die Erteilung eines Aufnahmebescheids dort abzuwarten; sie ist als deutsche Staatsangehörige in die Bundesrepublik Deutschland eingereist. Zwar unterliegen auch deutsche Staatsangehörige dem Aufnahmeerfordernis nach §§ 26 ff. BVFG und es können damit nur Personen einen Aufnahmebescheid erhalten, die nach dem Verlassen der Aussiedlungsgebiete die Voraussetzung als Spätaussiedler erfüllen. Auch kann ihnen ein Aufnahmebescheid nur im Rahmen des Kontingents nach § 27 Abs. 4 BVFG erteilt werden. Aber das Aufnahmeverfahren berechtigt nicht, die Freizügigkeit eines erwiesen deutschen Staatsangehörigen einzuschränken. Der Schutzzweck des Aufnahmeverfahrens, mit Rücksicht auf die mit der Aufnahme verbundenen innerstaatlichen Belastungen - aber auch im Interesse der Betroffenen - grundsätzlich nur eine Aufnahme vom Herkunftsgebiet aus zuzulassen, greift für erwiesen deutsche Staatsangehörige nicht. Denn sie sind unabhängig von der Erweislichkeit deutscher Volkszugehörigkeit bereits aufgrund ihrer erwiesenen deutschen Staatsangehörigkeit berechtigt (Art. 11 Abs. 1 GG), in die Bundesrepublik Deutschland einzureisen und sich darin aufzuhalten. Mit dem Erfordernis, das Aufnahmeverfahren vom Herkunftsgebiet aus zu betreiben, soll verhindert werden, dass Antragsteller nach Deutschland einreisen, die nach vorläufiger Prüfung der Voraussetzungen zur Erlangung der Spätaussiedlereigenschaft diese nicht erlangen können. Dadurch sollen zum einen die Schwierigkeiten und Lasten einer Rücksiedlung und zum anderen für die Zeit des Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland Lasten für die Allgemeinheit vermieden werden. Dieser Schutzzweck rechtfertigt Einschränkungen bei erwiesen deutschen Staatsangehörigen nicht. Denn auch wenn ihnen mangels deutscher Volkszugehörigkeit kein Aufnahmebescheid erteilt werden kann, haben sie ein grundrechtlich geschütztes Aufenthaltsrecht in Deutschland und bei Bedarf Anspruch auf Sozialleistungen.
24Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2004 - 5 C 1.03 -, BVerwGE 122, 313 (316 f.) = juris, Rn. 15.
25Die Klägerin war zum Zeitpunkt der Einreise in das Bundesgebiet erwiesen deutsche Staatsangehörige. Sie war nach vorgängiger Prüfung durch das Bundesverwaltungsamt und mit einem von diesem ausgestellten Staatsangehörigkeitsausweis vom 14. Oktober 2003 im April 2004 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist. War damit die deutsche Staatsangehörigkeit der Klägerin bereits bei ihrer Übersiedlung nach Deutschland aufgrund amtlicher Prüfung durch den Staatsangehörigkeitsausweis nachgewiesen, entbehrt ihre nochmalige vorgängige Prüfung durch das Bundesverwaltungsamt zum Zwecke der Verhinderung einer Aufenthaltnahme nicht berechtigter Personen eines hinreichenden Sinnes. Vielmehr widerstreitet ein Verlassen des Aussiedlungsgebiets und eine Übersiedlung nach Deutschland ohne Aufnahmebescheid unter den hier gegebenen besonderen Umständen dem Gesetzeszweck nicht, sondern führt die nachträgliche Erteilung eines Aufnahmebescheids nach § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG zu einem Ergebnis, „das dem Regelergebnis in seiner grundsätzlichen Zielrichtung gleichwertig ist“.
26Vgl. zu der gleichlautenden Fassung des § 27 Abs. 2 BVFG a. F.: BVerwG, Urteil vom 18. November 1999 - 5 C 8.99 -, BVerwGE 110, 92 (98 f.) = juris, Rn. 16, unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 26. Januar 1966 - 5 C 88.64 ‑, BVerwGE 23, 149 (158).
272. Der Aufnahmeantrag der Klägerin bleibt aber ohne Erfolg, weil sie diesen Antrag erst mehr als sechs Jahre nach ihrer Einreise gestellt hat. Der Antrag auf Aufnahme als Spätaussiedler im Bundesgebiet muss auch in den von § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG erfassten Härtefällen in zeitlichem Zusammenhang mit der Aussiedlung gestellt werden.
28Vgl. zu der gleichlautenden Fassung des § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG a. F.: BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2012 - 5 C 23.11 -, BVerwGE 145, 248 = juris.
29§ 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG enthält zwar keine Frist für die Stellung eines Härtefallantrags. Die Auslegung der Vorschrift ergibt aber, dass der Aufnahmeantrag nach der ständigen Wohnsitznahme im Bundesgebiet nicht zeitlich unbegrenzt gestellt werden kann.
30Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2012 ‑ 5 C 23.11 -, BVerwGE 145, 248 (249 f.) = juris, Rn. 7 und 9.
31Die vom Bundesverwaltungsgericht in dem vorstehend zitierten Urteil vertretene Auffassung, der Härtefallantrag sei in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit der Aussiedlung zu stellen, greift regelmäßig im Fall eines ohne Aufnahmebescheid auf ausländerrechtlicher Grundlage eingereisten Aufnahmebewerbers, aber auch im Fall der ohne Aufnahmebescheid eingereisten Klägerin, die als erwiesen deutsche Staatsangehörige ausgesiedelt und ins Bundesgebiet eingereist ist; auch sie hätte den Härtefallantrag zeitnah zur Übersiedlung stellen müssen.
32Die vom Bundesverwaltungsgericht unter Anwendung der herkömmlichen Auslegungsmethoden vorgenommene Auslegung der Vorschrift des § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG betrifft zwar den Fall einer auf ausländerrechtlicher Grundlage eingereisten Person, die knapp fünf Jahre nach ihrer Übersiedlung einen Härtefallantrag gestellt hat. Die Vorschrift des § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG ist aber auf den Fall der Klägerin entsprechend dieser Auslegung anzuwenden.
33a. Zwar ergibt sich dies nicht schon aus der durch das Bundesverwaltungsgericht zunächst vorgenommenen Wortlautinterpretation der Vorschrift, insbesondere der dort in Bezug genommenen Begriffe „Aufnahme“ und „Aufnahmebescheid“. Denn mit Blick darauf ist festzustellen, dass die Klägerin nicht zum Kreis der - so die ausdrückliche Wortlautauslegung des Bundesverwaltungsgerichts - „Personen“ gehört, die „staatlicherseits in ein Land ‚aufgenommen‘“ werden müssen und sich hier „mit behördlicher Erlaubnis“ niederlassen. Denn die erwiesen deutsche Staatsangehörige musste weder als Person in der Bundesrepublik Deutschland „staatlicherseits aufgenommen“ werden noch war es für sie erforderlich, sich hier etwa mit ausländerrechtlicher, „behördlicher Erlaubnis“ aufzuhalten.
34Zur Wortlautauslegung des § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG a. F.: BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2012 - 5 C 23.11 -, BVerwGE 145, 248 (250), = juris, Rn. 9.
35Die bereits zum Zeitpunkt ihrer Übersiedlung im ganzen Bundesgebiet Freizügigkeit genießende Klägerin war vielmehr berechtigt, ohne das Aufnahmeverfahren durchzuführen, und damit ohne „Aufnahme“ und ohne die Erteilung eines „Aufnahmebescheid(s)“ abzuwarten, in die Bundesrepublik Deutschland einzureisen und sich hier niederzulassen.
36Vgl. hierzu die oben bereits zitierten Entscheidungen: BVerwG, Urteile vom 16. Dezember 2004 - 5 C 1.03 -, BVerwGE 122, 313 (316 f.) = juris, Rn. 13 ff., und vom 18. November 1999 ‑ 5 C 8.99 -, BVerwGE 110, 92 (96) = juris, Rn. 14 ff.
37b. Auch soweit das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 13. Dezember 2012 - 5 C 23.11 -, BVerwGE 145, 248 (250 f.) = juris, Rn. 9 ff., im Rahmen der historischen Auslegung ausführt, die Entstehungsgeschichte des § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG a. F. bzw. § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG deute in die gleiche Richtung wie die von ihm vorgenommene Wortlautauslegung, erfasst auch diese Interpretation den Fall der Klägerin nicht unmittelbar.
38Das Bundesverwaltungsgericht hat in diesem Zusammenhang in dem vorstehend zitierten Urteil folgende Begründung angeführt:
39„Die Vorschrift geht auf das Gesetz zur Regelung des Aufnahmeverfahrens für Aussiedler (Aussiedleraufnahmegesetz - AAG) vom 28. Juni 1990 (BGBl. I S. 1247) zurück. Dieses Gesetz war eine Reaktion darauf, dass bedingt durch den Fall des Eisernen Vorhangs Spätaussiedler aus dem ehemaligen Ostblock bessere Reisemöglichkeiten hatten und in steigender Anzahl im Bundesgebiet ankamen. Im Jahr 1987 waren es noch 80 000, im Jahr 1988 bereits 200 000 und im Jahr 1989 schon 380 000 (BT-Drucks. 11/6937 S. 5). Der Gesetzgeber hielt es daher für notwendig, den Zuzug von Aussiedlern zu begrenzen. Da sich die Verhältnisse in den ehemaligen Ostblockstaaten für die verbliebenen Deutschen erheblich verbessert hatten, sollten ausreisewillige Aussiedler auf ein Vorprüfungsverfahren in den Herkunftsgebieten verwiesen werden, um auf diese Weise den Zuzug zu regulieren (vgl. Urteil vom 19. April 1994 - BVerwG 9 C 343.93 - DVBl 1994, 938 = juris Rn. 21).
40Dementsprechend sollte nach § 27 Abs. 1 BVFG das Aufnahmeverfahren im Regelfall von den Herkunftsstaaten aus betrieben werden und nach § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG nur ausnahmsweise bei Vorliegen eines Härtefalls im Bundesgebiet. Der Begründung des Regierungsentwurfs zu § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG (BT-Drucks. 11/6937 S. 6) lässt sich zwar nicht entnehmen, in welchem Zeitraum ein Härtefallantrag gestellt werden sollte. Der Gesetzgeber ging aber von der Situation aus, dass die Aufnahmebewerber ‚fast ausnahmslos ... mit einem Besuchs- oder Touristenvisum‘ einreisten (BT-Drucks. 11/6937 S. 5) und daher zur Erlangung eines dauerhaften Bleiberechts nach Ablauf des im Regelfall auf drei Monate begrenzten Visums einen Antrag nach dem Bundesvertriebenengesetz stellen mussten. Insofern liegt die Annahme der Beklagten nahe, dass der Gesetzgeber von einer Antragstellung in zeitlichem Zusammenhang mit der Ausreise ausging.“
41Aus dieser unter Rückgriff auf die Entstehungsgeschichte begründeten Deutung der Vorschrift durch das Bundesverwaltungsgericht ist zu entnehmen, dass Grund für die Entstehung des Rechtsinstituts des Aufnahmeverfahrens die Zuzugsbegrenzung und damit einhergehend eine der Ausreise vorangehende Zuzugskontrolle von Aussiedlern gewesen ist und der Gesetzgeber bei der Schaffung dieses Rechtsinstituts hinsichtlich der ohne Aufnahmebescheid eingereisten Aufnahmebewerber „fast ausnahmslos“ mit einem Visum eingereiste Ausländer vor Augen hatte, die er dieser Begrenzung bzw. Kontrolle gleichfalls unterwerfen wollte. Diese vom Gesetzgeber „fast ausnahmslos“ in den Blick genommenen Aufnahmebewerber mussten und müssen nach Ablauf der in der Regel dreimonatigen Geltungsdauer ihres jeweils auf ausländerrechtlicher Grundlage erteilten Visums schon notwendigerweise eine Klärung über ihren weiteren Verbleib im Bundesgebiet herbeiführen und allein deshalb ihren Härtefallantrag zeitnah zur Ausreise stellen, andernfalls liefen sie Gefahr, nach Ablauf der Geltungsdauer ihres Visums in ihren Herkunftsstaat abgeschoben zu werden. Die Klägerin unterlag, als sie als deutsche Staatsangehörige nach Deutschland einreiste, weder der Zuzugskontrolle, ihr Zuzug aus den Aussiedlungsgebieten hätte wegen ihrer deutschen Staatsangehörigkeit schon nicht verweigert werden können, noch war sie darauf verwiesen, mit einem zeitlich begrenzten „Besuchs- oder Touristenvisum“ einzureisen.
42c. Aus der vom Bundesverwaltungsgericht vorgenommenen systematischen Auslegung folgt jedoch, dass auch bei der Anwendung des § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG auf den Fall der Klägerin, die als deutsche Staatsangehörige in das Bundesgebiet eingereist ist, eine gesetzlich nicht ausdrücklich geregelte Frist für die Stellung ihres Härtefallantrags gilt.
43aa. Die Klägerin erfüllt eine zwingende Tatbestandsvoraussetzung für den Erhalt des Aufnahmebescheids nicht. Sie hat den vom Bundesverwaltungsgericht aus der Systematik des Gesetzes, insbesondere des § 26 BVFG, hergeleiteten Spätaussiedlerwillen nicht zeitnah zur Aussiedlung durch eine Härtefallantragstellung nach außen betätigt.
44(1) Die Klägerin mag zwar einen Spätaussiedlerwillen gehabt haben, als sie übersiedelte.
45Zum Spätaussiedlerwillen hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 13. Dezember 2012 - 5 C 23.11 -, BVerwGE 145, 248 (251 f.) = juris, Rn. 13, ausgeführt:
46„Die Beklagte weist zutreffend darauf hin, dass nach § 26 BVFG nur Personen, die bereits beim Verlassen der Aussiedlungsgebiete Spätaussiedler sein wollen, einen Aufnahmebescheid erhalten können. Dieser Spätaussiedlerwille ist zwingende Tatbestandsvoraussetzung für den Erhalt des Aufnahmebescheids (von Schenckendorff, Vertriebenen- und Flüchtlingsrecht, Stand September 2012, B 2 § 26 BVFG n. F. Anm. 3. S. 9). Hierfür genügt die Absicht, zeitweise im Bundesgebiet zu leben, nicht. Vielmehr muss der Wille bestehen, auf Dauer als Deutscher unter Deutschen zu leben und sich mit Spätaussiedlerstatus im Bundesgebiet endgültig niederzulassen. Es reicht nicht, wenn sich ein deutscher Volkszugehöriger auf einen Vertriebenen-, Aussiedler- oder Umsiedlerstatus nach altem Recht oder auch nur auf seine deutsche Staatsangehörigkeit beruft. Vielmehr muss er gerade den Willen haben, nach endgültiger Wohnsitznahme den Spätaussiedlerstatus gemäß § 4 i. V. m. § 6 BVFG zu erwerben (Beschlüsse vom 2. November 1999 - BVerwG 5 B 17.99 - juris Rn: 3 und vom 17. August 2004 - BVerwG 5 B 72.04 - juris Rn 7 m. w. N.).“
47(a) Die Klägerin hatte, als sie übersiedelte, anders als die Klägerin in dem dem vorstehend zitierten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zugrunde liegenden Fall,
48die dortige Klägerin war mit einem Besuchsvisum eingereist, hatte gut drei Jahre nach der Einreise zunächst eine Niederlassungserlaubnis und erst weitere knapp zwei Jahre später einen Härtefallantrag gestellt,
49nicht den Willen sich hier aus anderen Gründen, als als Deutsche unter Deutschen zu leben, niederzulassen.
50Vgl. hierzu auch die vom Bundesverwaltungsgericht in dem Urteil vom 13. Dezember 2012 - 5 C 23.11 -, BVerwGE 145, 248 (252) = juris, Rn. 13, zitierten Entscheidungen vom 17. August 2004 - 5 B 72.04 -, juris, Rn. 7, und vom 2. November 1999 - 5 B 17.99 -, juris, Rn. 3, wonach im Aufnahmeverfahren das Bestehen anderer Gründe für einen dauernden Aufenthalt des Aufnahmebewerbers nicht Prüfungsgegenstand ist.
51Sie war als deutsche Staatsangehörige eingereist, hatte sich schon einen Monat nach ihrem Eintreffen eine eigene Wohnung gesucht, und sich nicht weiter (etwa nur besuchs- bzw. zeitweise) bei ihrem Bruder M1. M. aufgehalten; ferner hat sie kurz nach ihrem Eintreffen Sprachkurse für Aussiedler aufgenommen.
52(b) Die Klägerin hat sich auch nicht etwa nur auf ihre deutsche Staatsangehörigkeit berufen,
53vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 18. November 1999 - 5 C 6.99 -, NVwZ-RR 2000, 468 f. = juris, Rn. 17, wonach die bloße Behauptung, deutscher Staatsangehöriger zu sein, nicht zu einer besonderen Härte im Sinne der Regelung des § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG a. F. führt,
54vielmehr lag zum Zeitpunkt der Übersiedlung schon ein vom Bundesverwaltungsamt ausgestellter Nachweis ihrer deutschen Staatsangehörigkeit vor.
55Vgl. hierzu BVerwG, Urteile vom 16. Dezember 2004 - 5 C 1.03 -, BVerwGE 122, 313 (316 f.) = juris, Rn. 13 ff., und vom 18. November 1999 ‑ 5 C 8.99 -, BVerwGE 110, 92 = juris, Rn. 16, wonach eine besondere Härte nach § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG a. F. zu bejahen ist, wenn der Aufnahmebewerber erwiesen deutscher Staatsangehöriger ist.
56(2) Die Klägerin hat aber den Spätaussiedlerwillen nicht zeitnah zur Übersiedlung durch Stellung eines Härtefallantrags nach außen hin betätigt.
57Zu der Frage der Betätigung des Spätaussiedlerwillens hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 13. Dezember 2012 - 5 C 23.11 -, BVerwGE 145, 248 (252 f.) = juris, Rn. 14 f., ausgeführt:
58„Dieser Wille kann aber nur durch einen entsprechenden Antrag auf Aufnahme als Spätaussiedler nach außen hin betätigt werden. Die Auffassung, dass der Spätaussiedlerwille gleichsam ‚nur im Herzen getragen‘ werden müsse, vor der Aufnahmebehörde aber über Jahre oder sogar Jahrzehnte hinweg geheim gehalten werden dürfe, verkennt die systematische Stellung des § 26 BVFG in den das behördliche Aufnahmeverfahren regelnden Vorschriften. Das Willenserfordernis ist Teil des Vierten Abschnitts ‚Aufnahme‘ im Bundesvertriebenengesetz, in dem das vom Bundesverwaltungsamt zu führende Verfahren für den Zuzug von Spätaussiedlern geregelt ist. Damit ist der Spätaussiedlerwille keine mit dem Vertreibungsdruck nahezu wesensgleiche materiell-rechtliche Anerkennungsvoraussetzung, sondern ein eigenständiges verfahrensrechtliches Erfordernis für den Erhalt des Aufnahmebescheids. Der Spätaussiedlerwille muss dementsprechend auch gegenüber der Aufnahmebehörde zum Ausdruck gebracht werden.
59… Im Normalfall des § 27 Abs. 1 BVFG wird dieser Wille bereits vor dem Verlassen des Aussiedlungsgebietes durch einen Aufnahmeantrag zum Ausdruck gebracht. Liegen Härtefallgründe vor, die es ausnahmsweise unzumutbar erscheinen lassen, das Aufnahmeverfahren vom Aussiedlungsgebiet aus zu betreiben, befreit § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG vom Erfordernis der Antragstellung im Herkunftsstaat. Die Vorschrift entbindet aber nicht von den ‚sonstigen Voraussetzungen‘ des Aufnahmeverfahrens, so dass der Spätaussiedlerwille in gleicher Weise im zeitlichen Zusammenhang mit dem Verlassen des Aussiedlungsgebietes nicht nur vorliegen, sondern auch gegenüber der Aufnahmebehörde betätigt werden muss. Ist ein solcher Zusammenhang nicht gegeben, stellt dies ein gewichtiges Indiz gegen das Vorliegen eines Aussiedlungswillens zum Zeitpunkt der Ausreise dar.“
60So liegt es bei der Klägerin. Sie hat ihren Spätaussiedlerwillen mehr als sechs Jahre „nur im Herzen getragen“ und nicht nach außen hin betätigt. Dieser Umstand spricht schon gegen das für den Erwerb des Spätaussiedlerstatus erforderliche Vorliegen ihres Aussiedlungswillens zum Zeitpunkt der Ausreise. Das Bundesverwaltungsgericht stellt zwar unter Hinweis auf die systematische Stellung des § 26 BVFG darauf ab, der nach außen betätigte Spätaussiedlerwillen sei keine materiell-rechtliche Anerkennungsvoraussetzung, sondern vielmehr ein eigenständiges verfahrensrechtliches Erfordernis für das zur Regelung des Zuzugs von Spätaussiedlern durchzuführende Aufnahmeverfahren. Für die Klägerin gilt dieses verfahrensrechtliche Erfordernis aber gleichermaßen, auch wenn der Zuzug der Klägerin aus den Aussiedlungsgebieten, weil sie im Bundesgebiet Freizügigkeit genießt, nicht im Wege des Aufnahmeverfahrens geregelt werden musste. Denn sie begehrt hier die Aufnahme als Spätaussiedlerin und nicht als deutsche Staatsangehörige.
61bb. Ob die vom Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 13. Dezember 2012 - 5 C 23.11 -, BVerwGE 145, 248 (253 f.) = juris, Rn. 17, im Rahmen seiner systematischen Auslegung benannte Vorschrift des § 27 Abs. 4 Satz 1 BVFG für den Fall der Klägerin ein Argument dafür liefert, sie habe den Härtefallantrag zeitnah zur Übersiedlung zu stellen gehabt, kann dahinstehen. Auch deutschen Staatsangehörigen kann ein Aufnahmebescheid nur im Rahmen des Kontingents des § 27 Abs. 4 Satz 1 BVFG erteilt werden. Das Aufnahmeverfahren und damit auch die Kontingentierung berechtigen aber nicht dazu, die Freizügigkeit eines erwiesen deutschen Staatsangehörigen einzuschränken.
62Vgl. zu der gleichlautenden Vorschrift des § 27 Abs. 3 BFVG a. F. die bereits oben zitierte Entscheidung: BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2004 - 5 C 1.03 -, BVerwGE 122, 313 (316) = juris, Rn.14.
63Kann danach erwiesen deutschen Staatsangehörigen die Kontingentierung von Spätaussiedlern vor der Ausreise aus den Aussiedlungsgebieten nicht entgegengehalten werden, dürfte Gleiches auch nach ihrer Einreise in die Bundesrepublik Deutschland und ihrer dauerhaften Aufenthaltnahme im Bundesgebiet gelten, weil sie andernfalls nur die vom Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich für diese Personengruppe verneinte Alternative (gehabt) hätten, „entweder das Aufnahmeverfahren vom Herkunftsgebiet aus zu betreiben oder sich gestützt auf die Staatsangehörigkeit in Deutschland aufzuhalten, dafür aber nicht den Spätaussiedlerstatus erwerben zu können“.
64Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2004 - 5 C 1.03 -, BVerwGE 122, 313 (317) = juris, Rn. 17.
65cc. Das vom Bundesverwaltungsgericht im Rahmen seiner systematischen Interpretation des § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG angeführte Argument, auch das Erfordernis der behördlichen Sprachprüfung spreche für eine zeitnahe Stellung des Härtefallantrags, unterstreicht die Annahme, in einem Fall wie dem der Klägerin könne der Aufnahmeantrag ebenfalls nicht unbegrenzt gestellt werden.
66Zum Erfordernis der behördlichen Sprachprüfung hat das Bundesverwaltungsgericht in dem Urteil vom 13. Dezember 2012 - 5 C 23.11 -, BVerwGE 145, 248 (254 f.) = juris, Rn. 19 f., ausgeführt:
67„… Zur Überprüfung dieses Bestätigungsmerkmals ist im Rahmen des Aufnahmeverfahrens nach dem Willen des Gesetzgebers von der zuständigen Behörde ein Gespräch mit dem Aufnahmebewerber zu führen. Dies folgt aus § 15 Abs. 1 Satz 2 BVFG. In diesem Gespräch muss der entsprechende Nachweis der ausreichenden Beherrschung der deutschen Sprache erbracht werden. § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG entbindet nicht von dem Erfordernis, dass ein entsprechendes Gespräch im Aufnahmeverfahren zu führen ist. Vielmehr verschiebt § 6 Abs. 2 Satz 3 BVFG lediglich den maßgeblichen Zeitpunkt. Während im Regelfall die Sprachprüfung vor der Aussiedlung im Herkunftsgebiet durchgeführt wird, ist im Ausnahmefall des § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG die Sprachbeherrschung im Zeitpunkt der Begründung des ständigen Aufenthalts im Bundesgebiet zu prüfen.
68Diese vom Gesetz vorgesehene behördliche Überprüfung der Sprachkenntnisse im Zeitpunkt der ständigen Wohnsitznahme kann aber nur erfolgen, wenn der Betroffene in zeitlichem Zusammenhang zur Begründung des ständigen Aufenthalts einen Aufnahmeantrag stellt. Wenn der Aufnahmeantrag erst - wie hier - mehrere Jahre nach Einreise gestellt wird, ist eine zweifelsfreie Überprüfung der Sprachbeherrschung bei Wohnsitznahme vielfach nicht mehr möglich. Außerdem würde den Aufnahmebewerbern für einen unbegrenzten Zeitraum die Möglichkeit des Nacherwerbs der deutschen Sprache im Inland eröffnet. Dies entspräche nicht den Vorstellungen des Gesetzgebers.“
69Eine zweifelsfreie Überprüfung der Sprachbeherrschung bei Wohnsitznahme ist, nachdem sich die Klägerin seit Wohnsitznahme und bevor sie den Härtefallantrag gestellt hat, mehr als sechs Jahren im Bundesgebiet aufgehalten hatte, nur noch schwerlich möglich. Insbesondere hatte sie mehr als sechs Jahre die Möglichkeit des Nacherwerbs der deutschen Sprache. Gerade dieser Umstand spricht dafür, dass auch im Fall der Klägerin eine zeitlich unbegrenzte Stellung eines Härtefallantrags nicht von der Vorschrift des § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG gedeckt ist.
70dd. Auch das in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat gegen eine zeitliche Befristung der Härtefallantragstellung vorgetragene Argument der Klägerin, der Gesetzgeber habe in § 27 Abs. 3 Satz 1 BVFG ausdrücklich geregelt, der Antrag auf Wiederaufgreifen sei nicht an eine Frist gebunden, führt zu keinem anderen Ergebnis. (Unanfechtbar abgeschlossene) Härtefallanträge bleiben von dieser Regelung unberührt. Die mit dem Neunten BVFG-Änderungsgesetz vom 4. Dezember 2011, BGBl. I. S. 2426, eingefügte, zunächst nur für die Einbeziehung geltende Regelung (vgl. § 27 Abs. 3 Satz 3 BVFG a. F.), die der Gesetzgeber mit dem Zehnten BVFG-Änderungsgesetz auch auf den Antrag auf Wiederaufgreifen eines unanfechtbaren Aufnahmeverfahrens erweitert hat, soll nach dem Willen des Gesetzgebers nur für die in den Aussiedlungsgebieten verbliebenen Aufnahmebewerber und deren Familienangehörigen Geltung haben. Der Gesetzgeber hatte bei der Einfügung dieser Regelung durch das Neunte BVFG-Änderungsgesetz zunächst nur die im Aussiedlungsgebiet noch verbliebenen Familienangehörigen vor Augen. Die Regelung sollte nämlich nach der Gesetzesbegründung „die betroffenen Personen von der Verpflichtung“ befreien, „zeitnah nach Kenntnis von der Rechtsänderung darüber zu entscheiden, ob sie ausreisen“.
71Vgl. BT-Drucks. 17/5515, S. 7 f.
72Bei der mit dem Zehnten BVFG-Änderungsgesetz vorgenommenen Erweiterung der Regelung auch auf Anträge auf Wiederaufgreifen unanfechtbar abgeschlossener (eigener) Aufnahmeverfahren hat der Gesetzgeber wiederum lediglich die im Aussiedlungsgebiet verbliebenen Aufnahmebewerber in den Blick genommen und (nur) diese von der Bindung an Fristen befreien wollen. Denn nach der Gesetzesbegründung „geht“ diese Vorschrift „zurück auf den bisherigen § 27 Abs. 3 Satz 3 BVFG“,
73vgl. BT-Drucks. 17/13937, S. 13,
74der nur die Familienangehörigen in Bezug genommen hatte, die noch eine Entscheidung über eine Ausreise zu treffen hatten, also noch in den Aussiedlungsgebieten lebten.
75d. Auch mit Blick auf die vom Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 13. Dezember 2012 - 5 C 23.11. -, BVerwGE 145, 248 (255 f.), = juris, Rn. 22, vorgenommene teleologischen Auslegung des § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG lässt sich für den Fall der Klägerin folgern, sie habe ihren Härtefallantrag zu spät gestellt.
76aa. Das Bundesverwaltungsgericht hat in dem vorstehend zitierten Urteil zum Gesetzeszweck angeführt:
77„Wie bereits ausgeführt dient das Aufnahmeverfahren der Verstetigung und Kontrolle des Spätaussiedlerzuzugs (Urteil vom 19. April 1994 aaO, BT-Drucks. 11/6937 S. 5 f.). Soweit in der Ausnahmeregelung des § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG in Härtefällen von dem Erfordernis der Auslandsantragstellung befreit wird, wird damit nicht die Konzeption des Aufnahmeverfahrens als Zuzugsregelungsverfahren aufgegeben. Insbesondere muss aus Gründen der Zuzugskontrolle zeitnah geprüft werden, ob überhaupt besondere Härtefallgründe vorliegen, die eine Antragstellung im Bundesgebiet rechtfertigen. Nimmt der Aufnahmebewerber dies irrtümlich an, dann muss er nach der Ablehnung des Härtefallantrags - wie § 27 Abs. 1 Satz 6 BVFG zeigt - in das Aussiedlungsgebiet zurückreisen, um einen Folgeantrag erfolgreich stellen zu können. Auch diese im Interesse der Zuzugskontrolle bestehende Rückreisepflicht würde unterlaufen, wenn ein dauerhafter Zuzug auf ausländerrechtlicher Grundlage unschädlich wäre und wenn der Betroffene im Bundesgebiet das Entstehen eines Härtefallgrundes über mehrere Jahre gleichsam folgenlos abwarten oder fehlende deutsche Sprachkenntnisse über mehrere Jahre ungeprüft nacherwerben könnte. Denn § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG erfasst nicht Fallgestaltungen, die der Antragsteller oder andere Personen durch ein ihm oder ihnen zuzurechnendes Verhalten mit der Absicht herbeigeführt haben, das Regelerfordernis des § 27 Abs. 1 BVFG zu umgehen (Urteil vom 18. November 1999 aaO [S. 104]). Ließe man aber eine Antragstellung nach § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG zu einem beliebig späten Zeitpunkt nach der dauerhaften Wohnsitznahme zu, könnte dies eine Anreizwirkung für eine Umgehung der Regelerfordernisse haben.“
78Die Konzeption „des Aufnahmeverfahrens als Zuzugsregelungsverfahren“ wird im Fall der Klägerin nicht umgangen. Dessen Schutzzweck greift - wie bereits ausgeführt - nicht für sie als erwiesen deutsche Staatsangehörige. Sie war wegen des ihr zustehenden grundrechtlich durch Art. 11 Abs. 1 GG geschützten Aufenthaltsrechts ohne die Durchführung des Aufnahmeverfahrens berechtigt, in den Geltungsbereich des Bundesvertriebenengesetzes einzureisen und sich hier niederzulassen. Hinsichtlich ihrer Person war auch keine zeitnahe Überprüfung erforderlich, ob überhaupt Härtegründe vorliegen. Sie war laut dem vom Bundesverwaltungsamt vor ihrer Übersiedlung ausgestellten Staatsangehörigkeitsausweis schon zum Zeitpunkt ihrer Einreise deutsche Staatsangehörige. Für sie bestand auch nicht die „im Interesse der Zuzugskontrolle bestehende Rückreisepflicht“ aus § 27 Abs. 1 Satz 6 BVFG a. F. bzw. aus § 27 Abs. 1 Satz 3 BVFG in der geltenden Fassung. Ihr dauerhafter Zuzug war nicht auf ausländerrechtlicher Basis erfolgt. Sie hat nicht das „Entstehen eines Härtefallgrundes über mehrere Jahre gleichsam folgenlos abwarten“ können oder müssen.
79Allerdings liefe das Fehlen einer zur Aussiedlung zeitnahen Prüfung der Sprachkenntnisse und die Möglichkeit des Nacherwerbs der Sprache, ließe man die Antragstellung in einem Fall wie dem der Klägerin zu einem beliebig späteren Zeitpunkt nach der Aussiedlung zu, dem Zweck des Bundesvertriebenengesetzes zuwider. Denn dies führte zu einer Umgehung des Regelerfordernisses der behördlichen Sprachprüfung im Zusammenhang mit der Aussiedlung.
80bb. Zudem spricht auch der vom Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 13. Dezember 2012 - 5 C 23.11 -, BVerwGE 145, 248 (256 f.) = juris, Rn. 23, im Rahmen seiner Auslegung benannte Integrationszweck des Bundesvertriebenengesetzes für die Notwendigkeit einer zeitnahen Antragstellung auch in einem solchen Fall wie dem der Klägerin. Denn der Integrationszweck greift für aus den Aussiedlungsgebeiten stammende deutsche Staatsangehörige gleichermaßen wie für andere Aufnahmebewerber, auch wenn die vom Bundesverwaltungsgericht in Bezug genommenen Regelungen in den §§ 9, 10, 11 und 14 BVFG im Einzelfall der Klägerin nicht (mehr) von Relevanz sein dürften. So hat die Klägerin kurz nach ihrem Eintreffen in der Bundesrepublik Deutschland bereits Integrationskurse im Sinne von § 9 Abs. 1 BVFG (auf Kosten des Bruders) besucht. Überbrückungsgeld nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 BVFG dürfte sie - unabhängig vom Zeitpunkt der Antragstellung - auch nach Erteilung eines Aufnahmebescheids nicht beanspruchen können.
81Vgl. hierzu von Schenkendorff, Vertriebenen- und Flüchtlingsrecht, Stand Dezember 2013, B 2 § 9 BVFG n. F., Anm. II.1., S. 5.
82Die Einstiegshilfen ins Berufsleben wird sie aufgrund der persönlichen Umstände auch nach Erteilung eines Aufnahmebescheids nicht beanspruchen können.
833. Vor dem Hintergrund der Erfolglosigkeit ihres erst sechs Jahre nach Aussiedlung gestellten Härtefallantrags kommt es auch nicht darauf an, ob die Klägerin die ‑ von der Beklagten teilweise zugestandenden - sonstigen Voraussetzungen des § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG erfüllt.
84III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10, 711 Satz 1 ZPO.
85IV. Der Senat lässt die Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wegen der Frage zu, ob § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG grundsätzlich entsprechend der im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. Dezember 2012 - 5 C 23.11 -, BVerwGE 145, 248 = juris, vorgenommenen Auslegung auch auf solche ohne Aufnahmebescheid eingereiste Aufnahmebewerber anzuwenden ist, deren deutsche Staatsangehörigkeit zum Zeitpunkt der Übersiedlung bereits durch behördliche Vorprüfung festgestellt bzw. erwiesen ist.
(1) Der Aufnahmebescheid wird auf Antrag Personen mit Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten erteilt, die nach Begründung des ständigen Aufenthalts im Geltungsbereich des Gesetzes die Voraussetzungen als Spätaussiedler erfüllen (Bezugspersonen). Abweichend hiervon kann Personen, die sich ohne Aufnahmebescheid im Geltungsbereich des Gesetzes aufhalten, ein Aufnahmebescheid erteilt oder es kann die Eintragung nach Absatz 2 Satz 1 nachgeholt werden, wenn die Versagung eine besondere Härte bedeuten würde und die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Der Wohnsitz im Aussiedlungsgebiet gilt als fortbestehend, wenn ein Antrag nach Satz 2 abgelehnt wurde und der Antragsteller für den Folgeantrag nach Satz 1 erneut Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten begründet hat.
(2) Der im Aussiedlungsgebiet lebende Ehegatte, sofern die Ehe seit mindestens drei Jahren besteht, oder der im Aussiedlungsgebiet lebende Abkömmling werden zum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung in den Aufnahmebescheid der Bezugsperson einbezogen, wenn in ihrer Person kein Ausschlussgrund im Sinne des § 5 vorliegt und die Bezugsperson die Einbeziehung ausdrücklich beantragt; Ehegatten und volljährige Abkömmlinge müssen auch Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen. Die Einbeziehung wird nachgeholt, wenn ein Abkömmling einer Bezugsperson nicht mehr im Aussiedlungsgebiet, sondern während des Aussiedlungsvorganges und vor Ausstellung der Bescheinigung nach § 15 Absatz 1 geboren wird. Abweichend von Satz 1 kann der im Aussiedlungsgebiet verbliebene Ehegatte oder Abkömmling eines Spätaussiedlers, der seinen ständigen Aufenthalt im Geltungsbereich des Gesetzes hat, nachträglich nach Satz 1 in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogen werden, wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Die Einbeziehung von minderjährigen Abkömmlingen in den Aufnahmebescheid ist nur gemeinsam mit der Einbeziehung der Eltern oder des sorgeberechtigten Elternteils zulässig. Ein Ehegatte oder volljähriger Abkömmling wird abweichend von Satz 1 einbezogen, wenn er wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder wegen einer Behinderung im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch keine Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen kann. Die Einbeziehung in den Aufnahmebescheid wird insbesondere dann unwirksam, wenn die Ehe aufgelöst wird, bevor beide Ehegatten die Aussiedlungsgebiete verlassen haben, oder die Bezugsperson verstirbt, bevor die einbezogenen Personen Aufnahme im Sinne von § 4 Absatz 3 Satz 2 gefunden haben.
(3) Der Antrag auf Wiederaufgreifen eines unanfechtbar abgeschlossenen Verfahrens auf Erteilung eines Aufnahmebescheides oder auf Einbeziehung ist nicht an eine Frist gebunden. § 8 Absatz 2 und § 9 Absatz 4 Satz 2 gelten für Familienangehörige der nach Absatz 2 Satz 3 nachträglich einbezogenen Personen entsprechend.
(4) Für jedes Kalenderjahr dürfen so viele Aufnahmebescheide erteilt werden, dass die Zahl der aufzunehmenden Spätaussiedler, Ehegatten und Abkömmlinge die Zahl der vom Bundesverwaltungsamt im Jahre 1998 verteilten Personen im Sinne der §§ 4, 7 nicht überschreitet. Das Bundesverwaltungsamt kann hiervon um bis zu 10 vom Hundert nach oben oder unten abweichen.
(1) Spätaussiedler ist in der Regel ein deutscher Volkszugehöriger, der die Republiken der ehemaligen Sowjetunion nach dem 31. Dezember 1992 im Wege des Aufnahmeverfahrens verlassen und innerhalb von sechs Monaten im Geltungsbereich des Gesetzes seinen ständigen Aufenthalt genommen hat, wenn er zuvor
- 1.
seit dem 8. Mai 1945 oder - 2.
nach seiner Vertreibung oder der Vertreibung eines Elternteils seit dem 31. März 1952 oder - 3.
seit seiner Geburt, wenn er vor dem 1. Januar 1993 geboren ist und von einer Person abstammt, die die Stichtagsvoraussetzung des 8. Mai 1945 nach Nummer 1 oder des 31. März 1952 nach Nummer 2 erfüllt, es sei denn, dass Eltern oder Voreltern ihren Wohnsitz erst nach dem 31. März 1952 in die Aussiedlungsgebiete verlegt haben,
(2) Spätaussiedler ist auch ein deutscher Volkszugehöriger aus den Aussiedlungsgebieten des § 1 Abs. 2 Nr. 3 außer den in Absatz 1 genannten Staaten, der die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllt und glaubhaft macht, dass er am 31. Dezember 1992 oder danach Benachteiligungen oder Nachwirkungen früherer Benachteiligungen auf Grund deutscher Volkszugehörigkeit unterlag.
(3) Der Spätaussiedler ist Deutscher im Sinne des Artikels 116 Abs. 1 des Grundgesetzes. Ehegatten oder Abkömmlinge von Spätaussiedlern, die nach § 27 Abs. 1 Satz 2 in den Aufnahmebescheid einbezogen worden sind, erwerben, sofern die Einbeziehung nicht unwirksam geworden ist, diese Rechtsstellung mit ihrer Aufnahme im Geltungsbereich des Gesetzes.
(1) Deutscher Volkszugehöriger im Sinne dieses Gesetzes ist, wer sich in seiner Heimat zum deutschen Volkstum bekannt hat, sofern dieses Bekenntnis durch bestimmte Merkmale wie Abstammung, Sprache, Erziehung, Kultur bestätigt wird.
(2) Wer nach dem 31. Dezember 1923 geboren worden ist, ist deutscher Volkszugehöriger, wenn er von einem deutschen Staatsangehörigen oder deutschen Volkszugehörigen abstammt und sich bis zum Verlassen der Aussiedlungsgebiete durch eine entsprechende Nationalitätenerklärung oder auf andere Weise zum deutschen Volkstum bekannt oder nach dem Recht des Herkunftsstaates zur deutschen Nationalität gehört hat. Das Bekenntnis auf andere Weise kann insbesondere durch den Nachweis ausreichender deutscher Sprachkenntnisse entsprechend dem Niveau B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen oder durch den Nachweis familiär vermittelter Deutschkenntnisse erbracht werden. Das Bekenntnis zum deutschen Volkstum muss bestätigt werden durch den Nachweis der Fähigkeit, zum Zeitpunkt der verwaltungsbehördlichen Entscheidung über den Aufnahmeantrag, in Fällen des § 27 Absatz 1 Satz 2 im Zeitpunkt der Begründung des ständigen Aufenthalts im Geltungsbereich dieses Gesetzes, zumindest ein einfaches Gespräch auf Deutsch führen zu können, es sei denn, der Aufnahmebewerber kann diese Fähigkeit wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder wegen einer Behinderung im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch nicht besitzen. Ein Bekenntnis zum deutschen Volkstum wird unterstellt, wenn es unterblieben ist, weil es mit Gefahr für Leib und Leben oder schwerwiegenden beruflichen oder wirtschaftlichen Nachteilen verbunden war, jedoch auf Grund der Gesamtumstände der Wille unzweifelhaft ist, der deutschen Volksgruppe und keiner anderen anzugehören.
(1) Spätaussiedler ist in der Regel ein deutscher Volkszugehöriger, der die Republiken der ehemaligen Sowjetunion nach dem 31. Dezember 1992 im Wege des Aufnahmeverfahrens verlassen und innerhalb von sechs Monaten im Geltungsbereich des Gesetzes seinen ständigen Aufenthalt genommen hat, wenn er zuvor
- 1.
seit dem 8. Mai 1945 oder - 2.
nach seiner Vertreibung oder der Vertreibung eines Elternteils seit dem 31. März 1952 oder - 3.
seit seiner Geburt, wenn er vor dem 1. Januar 1993 geboren ist und von einer Person abstammt, die die Stichtagsvoraussetzung des 8. Mai 1945 nach Nummer 1 oder des 31. März 1952 nach Nummer 2 erfüllt, es sei denn, dass Eltern oder Voreltern ihren Wohnsitz erst nach dem 31. März 1952 in die Aussiedlungsgebiete verlegt haben,
(2) Spätaussiedler ist auch ein deutscher Volkszugehöriger aus den Aussiedlungsgebieten des § 1 Abs. 2 Nr. 3 außer den in Absatz 1 genannten Staaten, der die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllt und glaubhaft macht, dass er am 31. Dezember 1992 oder danach Benachteiligungen oder Nachwirkungen früherer Benachteiligungen auf Grund deutscher Volkszugehörigkeit unterlag.
(3) Der Spätaussiedler ist Deutscher im Sinne des Artikels 116 Abs. 1 des Grundgesetzes. Ehegatten oder Abkömmlinge von Spätaussiedlern, die nach § 27 Abs. 1 Satz 2 in den Aufnahmebescheid einbezogen worden sind, erwerben, sofern die Einbeziehung nicht unwirksam geworden ist, diese Rechtsstellung mit ihrer Aufnahme im Geltungsbereich des Gesetzes.
(1) Das Bundesverwaltungsamt stellt Spätaussiedlern zum Nachweis ihrer Spätaussiedlereigenschaft eine Bescheinigung aus. Eine Wiederholung des Gesprächs im Sinne von § 6 Abs. 2 Satz 3 findet hierbei nicht statt. Bei Personen, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, beteiligt das Bundesverwaltungsamt vor Erteilung der Bescheinigung den Bundesnachrichtendienst, das Bundesamt für Verfassungsschutz, den Militärischen Abschirmdienst, die Bundespolizei, das Bundeskriminalamt und das Zollkriminalamt, wenn dies zur Feststellung von Ausschlussgründen nach § 5 Nr. 1 Buchstabe d und e geboten ist. Die Entscheidung über die Ausstellung der Bescheinigung ist für Staatsangehörigkeitsbehörden und alle Behörden und Stellen verbindlich, die für die Gewährung von Rechten oder Vergünstigungen als Spätaussiedler nach diesem oder einem anderen Gesetz zuständig sind. Hält eine Behörde oder Stelle die Entscheidung des Bundesverwaltungsamtes über die Ausstellung der Bescheinigung nicht für gerechtfertigt, so kann sie nur ihre Änderung oder Aufhebung durch das Bundesverwaltungsamt beantragen.
(2) Das Bundesverwaltungsamt stellt dem in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogenen Ehegatten oder Abkömmling eine Bescheinigung zum Nachweis des Status nach Artikel 116 Abs. 1 des Grundgesetzes sowie seiner Leistungsberechtigung nach § 7 Abs. 2 Satz 1 aus. Eine Bescheinigung nach Absatz 1 kann nur ausgestellt werden, wenn die Erteilung eines Aufnahmebescheides beantragt und nicht bestands- oder rechtskräftig abgelehnt worden ist. Im Übrigen gilt Absatz 1 entsprechend.
(3) Über die Rücknahme und die Ausstellung einer Zweitschrift einer Bescheinigung entscheidet die Ausstellungsbehörde.
(4) Eine Bescheinigung kann mit Wirkung für die Vergangenheit nur zurückgenommen werden, wenn sie durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung oder durch vorsätzlich unrichtige oder unvollständige Angaben, die wesentlich für ihre Ausstellung gewesen sind, erwirkt worden ist. Die Rücknahme mit Wirkung für die Vergangenheit darf nur bis zum Ablauf von fünf Jahren nach Ausstellung der Bescheinigung erfolgen. Hat die Rücknahme einer Bescheinigung nach Absatz 1 auch Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit von Bescheinigungen nach Absatz 2, so ist für jeden Betroffenen eine selbständige Ermessensentscheidung zu treffen. Dabei ist das Maß der Beteiligung des Ehegatten oder Abkömmlings an einer arglistigen Täuschung, Drohung oder Bestechung oder an unrichtigen oder unvollständigen Angaben des Spätaussiedlers gegen die schutzwürdigen Belange des Ehegatten oder Abkömmlings, insbesondere unter Beachtung des Kindeswohls, abzuwägen. Der Widerruf einer Bescheinigung ist nicht zulässig.
(1) Der Aufnahmebescheid wird auf Antrag Personen mit Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten erteilt, die nach Begründung des ständigen Aufenthalts im Geltungsbereich des Gesetzes die Voraussetzungen als Spätaussiedler erfüllen (Bezugspersonen). Abweichend hiervon kann Personen, die sich ohne Aufnahmebescheid im Geltungsbereich des Gesetzes aufhalten, ein Aufnahmebescheid erteilt oder es kann die Eintragung nach Absatz 2 Satz 1 nachgeholt werden, wenn die Versagung eine besondere Härte bedeuten würde und die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Der Wohnsitz im Aussiedlungsgebiet gilt als fortbestehend, wenn ein Antrag nach Satz 2 abgelehnt wurde und der Antragsteller für den Folgeantrag nach Satz 1 erneut Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten begründet hat.
(2) Der im Aussiedlungsgebiet lebende Ehegatte, sofern die Ehe seit mindestens drei Jahren besteht, oder der im Aussiedlungsgebiet lebende Abkömmling werden zum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung in den Aufnahmebescheid der Bezugsperson einbezogen, wenn in ihrer Person kein Ausschlussgrund im Sinne des § 5 vorliegt und die Bezugsperson die Einbeziehung ausdrücklich beantragt; Ehegatten und volljährige Abkömmlinge müssen auch Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen. Die Einbeziehung wird nachgeholt, wenn ein Abkömmling einer Bezugsperson nicht mehr im Aussiedlungsgebiet, sondern während des Aussiedlungsvorganges und vor Ausstellung der Bescheinigung nach § 15 Absatz 1 geboren wird. Abweichend von Satz 1 kann der im Aussiedlungsgebiet verbliebene Ehegatte oder Abkömmling eines Spätaussiedlers, der seinen ständigen Aufenthalt im Geltungsbereich des Gesetzes hat, nachträglich nach Satz 1 in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogen werden, wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Die Einbeziehung von minderjährigen Abkömmlingen in den Aufnahmebescheid ist nur gemeinsam mit der Einbeziehung der Eltern oder des sorgeberechtigten Elternteils zulässig. Ein Ehegatte oder volljähriger Abkömmling wird abweichend von Satz 1 einbezogen, wenn er wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder wegen einer Behinderung im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch keine Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen kann. Die Einbeziehung in den Aufnahmebescheid wird insbesondere dann unwirksam, wenn die Ehe aufgelöst wird, bevor beide Ehegatten die Aussiedlungsgebiete verlassen haben, oder die Bezugsperson verstirbt, bevor die einbezogenen Personen Aufnahme im Sinne von § 4 Absatz 3 Satz 2 gefunden haben.
(3) Der Antrag auf Wiederaufgreifen eines unanfechtbar abgeschlossenen Verfahrens auf Erteilung eines Aufnahmebescheides oder auf Einbeziehung ist nicht an eine Frist gebunden. § 8 Absatz 2 und § 9 Absatz 4 Satz 2 gelten für Familienangehörige der nach Absatz 2 Satz 3 nachträglich einbezogenen Personen entsprechend.
(4) Für jedes Kalenderjahr dürfen so viele Aufnahmebescheide erteilt werden, dass die Zahl der aufzunehmenden Spätaussiedler, Ehegatten und Abkömmlinge die Zahl der vom Bundesverwaltungsamt im Jahre 1998 verteilten Personen im Sinne der §§ 4, 7 nicht überschreitet. Das Bundesverwaltungsamt kann hiervon um bis zu 10 vom Hundert nach oben oder unten abweichen.
(1) Deutscher Volkszugehöriger im Sinne dieses Gesetzes ist, wer sich in seiner Heimat zum deutschen Volkstum bekannt hat, sofern dieses Bekenntnis durch bestimmte Merkmale wie Abstammung, Sprache, Erziehung, Kultur bestätigt wird.
(2) Wer nach dem 31. Dezember 1923 geboren worden ist, ist deutscher Volkszugehöriger, wenn er von einem deutschen Staatsangehörigen oder deutschen Volkszugehörigen abstammt und sich bis zum Verlassen der Aussiedlungsgebiete durch eine entsprechende Nationalitätenerklärung oder auf andere Weise zum deutschen Volkstum bekannt oder nach dem Recht des Herkunftsstaates zur deutschen Nationalität gehört hat. Das Bekenntnis auf andere Weise kann insbesondere durch den Nachweis ausreichender deutscher Sprachkenntnisse entsprechend dem Niveau B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen oder durch den Nachweis familiär vermittelter Deutschkenntnisse erbracht werden. Das Bekenntnis zum deutschen Volkstum muss bestätigt werden durch den Nachweis der Fähigkeit, zum Zeitpunkt der verwaltungsbehördlichen Entscheidung über den Aufnahmeantrag, in Fällen des § 27 Absatz 1 Satz 2 im Zeitpunkt der Begründung des ständigen Aufenthalts im Geltungsbereich dieses Gesetzes, zumindest ein einfaches Gespräch auf Deutsch führen zu können, es sei denn, der Aufnahmebewerber kann diese Fähigkeit wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder wegen einer Behinderung im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch nicht besitzen. Ein Bekenntnis zum deutschen Volkstum wird unterstellt, wenn es unterblieben ist, weil es mit Gefahr für Leib und Leben oder schwerwiegenden beruflichen oder wirtschaftlichen Nachteilen verbunden war, jedoch auf Grund der Gesamtumstände der Wille unzweifelhaft ist, der deutschen Volksgruppe und keiner anderen anzugehören.
(1) Der Aufnahmebescheid wird auf Antrag Personen mit Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten erteilt, die nach Begründung des ständigen Aufenthalts im Geltungsbereich des Gesetzes die Voraussetzungen als Spätaussiedler erfüllen (Bezugspersonen). Abweichend hiervon kann Personen, die sich ohne Aufnahmebescheid im Geltungsbereich des Gesetzes aufhalten, ein Aufnahmebescheid erteilt oder es kann die Eintragung nach Absatz 2 Satz 1 nachgeholt werden, wenn die Versagung eine besondere Härte bedeuten würde und die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Der Wohnsitz im Aussiedlungsgebiet gilt als fortbestehend, wenn ein Antrag nach Satz 2 abgelehnt wurde und der Antragsteller für den Folgeantrag nach Satz 1 erneut Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten begründet hat.
(2) Der im Aussiedlungsgebiet lebende Ehegatte, sofern die Ehe seit mindestens drei Jahren besteht, oder der im Aussiedlungsgebiet lebende Abkömmling werden zum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung in den Aufnahmebescheid der Bezugsperson einbezogen, wenn in ihrer Person kein Ausschlussgrund im Sinne des § 5 vorliegt und die Bezugsperson die Einbeziehung ausdrücklich beantragt; Ehegatten und volljährige Abkömmlinge müssen auch Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen. Die Einbeziehung wird nachgeholt, wenn ein Abkömmling einer Bezugsperson nicht mehr im Aussiedlungsgebiet, sondern während des Aussiedlungsvorganges und vor Ausstellung der Bescheinigung nach § 15 Absatz 1 geboren wird. Abweichend von Satz 1 kann der im Aussiedlungsgebiet verbliebene Ehegatte oder Abkömmling eines Spätaussiedlers, der seinen ständigen Aufenthalt im Geltungsbereich des Gesetzes hat, nachträglich nach Satz 1 in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogen werden, wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Die Einbeziehung von minderjährigen Abkömmlingen in den Aufnahmebescheid ist nur gemeinsam mit der Einbeziehung der Eltern oder des sorgeberechtigten Elternteils zulässig. Ein Ehegatte oder volljähriger Abkömmling wird abweichend von Satz 1 einbezogen, wenn er wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder wegen einer Behinderung im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch keine Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen kann. Die Einbeziehung in den Aufnahmebescheid wird insbesondere dann unwirksam, wenn die Ehe aufgelöst wird, bevor beide Ehegatten die Aussiedlungsgebiete verlassen haben, oder die Bezugsperson verstirbt, bevor die einbezogenen Personen Aufnahme im Sinne von § 4 Absatz 3 Satz 2 gefunden haben.
(3) Der Antrag auf Wiederaufgreifen eines unanfechtbar abgeschlossenen Verfahrens auf Erteilung eines Aufnahmebescheides oder auf Einbeziehung ist nicht an eine Frist gebunden. § 8 Absatz 2 und § 9 Absatz 4 Satz 2 gelten für Familienangehörige der nach Absatz 2 Satz 3 nachträglich einbezogenen Personen entsprechend.
(4) Für jedes Kalenderjahr dürfen so viele Aufnahmebescheide erteilt werden, dass die Zahl der aufzunehmenden Spätaussiedler, Ehegatten und Abkömmlinge die Zahl der vom Bundesverwaltungsamt im Jahre 1998 verteilten Personen im Sinne der §§ 4, 7 nicht überschreitet. Das Bundesverwaltungsamt kann hiervon um bis zu 10 vom Hundert nach oben oder unten abweichen.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.