Verwaltungsgericht Köln Beschluss, 29. Jan. 2014 - 6 L 1570/13
Gericht
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
2. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.
1
Gründe
2Der Antrag,
3die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Antragsteller Auskunft darüber zu gewähren,
4- in wie vielen Fällen das Bundesamt für Verfassungsschutz gegenwärtig Daten über Personen erfasst/sammelt, die hauptberuflich als Journalisten tätig sind,
- in wie vielen der im Antrag zu 1) genannten Fälle nachrichtendienstliche Mittel (Abhören etc.) zum Einsatz kommen bzw. kamen,
- welcher Art die Bestrebungen sind, derentwegen ggfs. Daten über die im Antrag zu 1) bezeichneten Personen gesammelt werden (§ 3 Abs. 1 BVerfSchG, ggf. Unterteilung Rechtsextremismus/Linksextremismus),
- in wie vielen Fällen das Bundesamt für Verfassungsschutz zum Zeitpunkt unmittelbar vor der Bundestagswahl 2013 Daten über Personen erfasst/gesammelt hat, die ein Abgeordnetenmandat entweder
a) im Bundestag
6b) in einem Parlament der Bundesländer
7innehaben,
8hat keinen Erfolg.
9Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis eine einstweilige Anordnung erlassen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder wenn diese Regelung aus anderen Gründen nötig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt voraus, dass der Antragsteller sowohl einen Anordnungsgrund als auch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht hat (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 ZPO). Ist der Antrag – wie vorliegend – auf eine Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet, so sind an die Glaubhaftmachung von Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch erhöhte Anforderungen zu stellen. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung kommt dann nur in Betracht, wenn ein Obsiegen des Antragstellers in der Hauptsache bei summarischer Prüfung mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist und dem Antragsteller ohne den Erlass einer einstweiligen Anordnung schwere und unzumutbare Nachteile entstünden, die auch bei einem späteren Erfolg in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden könnten.
10Gemessen hieran hat der Antragsteller einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht.
11Dabei lässt die Kammer im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes im Ergebnis offen, ob als Rechtsgrundlage für den geltend gemachten presserechtlichen Auskunftsanspruch gegen eine Bundesbehörde der verfassungsunmittelbare Auskunftsanspruch aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG,
12so BVerwG, Urteil vom 20.02.2013 – 6 A 2/12 -,
13oder § 4 Abs. 1 PresseG NRW,
14so OVG NRW, Urteil vom 18.12.2013 – 5 A 413/11 -,
15in Betracht kommt.
16Denn die Anspruchsvoraussetzungen liegen nach beiden Vorschriften nach summarischer Prüfung nicht vor.
17Der durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG gewährleistete Informationszugang beschränkt sich auf die bei der informationspflichtigen Stelle vorhandenen Informationen. Das sind diejenigen Informationen, die zum Zeitpunkt des begehrten Informationszugangs tatsächlich vorliegen. Das Auskunftsrecht führt also nicht zu einer Informationsbeschaffungspflicht zu Lasten der Behörde. Müssen Informationen erst durch Untersuchungen generiert werden, sind sie als Gegenstand eines presserechtlichen Auskunftsanspruchs noch nicht vorhanden.
18Vgl. BVerwG, a.a.O..
19Gemessen hieran beziehen sich die Anträge zu 1 bis 3 des Antragstellers auf bei der Antragsgegnerin nicht vorhandene Informationen. Dies ergibt sich aus der Antragserwiderung vom 29.10.2013. Danach ist die Berufsgruppe der Journalisten als solche kein Gegenstand der Beobachtung des Bundesamtes für Verfassungsschutz. Der Antragsgegnerin lägen daher auch keine entsprechend aufbereiteten Daten vor. Diese sind laut der Antragserwiderung auch nicht etwa in Form von dahingehenden Aufschlüsselungen, Statistiken oder Filterfunktionen in ihren Datenbanken verfügbar. Derartige Informationen müssten erst mit erheblichem Aufwand in den Fachbereichen unter Auswertung aller dort vorhandenen Datensätze generiert werden. Somit kann die Antragsgegnerin bezogen auf die begehrten Informationen nicht etwa auf einen zentralen Datenbestand zurückgreifen, sondern müsste bei jeder gegenwärtig beobachteten Person unter Beteiligung des jeweiligen Fachbereichs einzeln ermitteln, ob diese der Berufsgruppe der Journalisten angehört. Entgegen der Auffassung des Antragstellers müssen die begehrten Informationen daher nicht nur noch zusammengefasst und bereitgestellt werden, sondern es wäre eine aufwändige Untersuchung erforderlich.
20Auch der Auskunftsanspruch aus § 4 Abs. 1 PresseG NRW besteht gemäß § 4 Abs. 2 Nr. 4 PresseG NRW dann nicht, soweit der Umfang der begehrten Auskunft das zumutbare Maß überschreitet. Diesbezüglich gilt das oben gesagte entsprechend. Das zumutbare Maß ist dann überschritten, wenn sich die begehrte Auskunft auf nicht vorhandene Informationen bezieht, die erst mit erheblichem Aufwand erzeugt werden müssen.
21Auch der im Antrag zu 4) geltend gemachte Auskunftsanspruch bezieht sich auf Informationen, die bei der Antragsgegnerin nicht im o.g. Sinne vorhanden sind. Laut Antragserwiderung erfolgen keine durchgehenden Informationserhebungen bzw. Auflistungen, welche Mandatsträger welcher Parlamente zu welchem Zeitpunkt Gegenstand der Beobachtung durch das Bundesamt für Verfassungsschutz waren. Soweit einzelne Abgeordnete beobachtet würden, erfolge dies in der jeweiligen Fachabteilung. Eine strukturierte Auflistung werde nur anlassbezogen (z.B. anlässlich Kleiner Anfragen von Abgeordneten) unter Abfrage und Auswertung der in den jeweiligen Fachbereichen geführten Daten erstellt. In Bezug auf den vom Antragsteller genannten Zeitpunkt – unmittelbar vor der Bundestagswahl 2013 – lägen derartige Daten nicht vor und müssten erst erstellt werden. Die begehrten Informationen müssten also erst unter Beteiligung der einzelnen Fachbereiche bezogen auf den Bundestag und sämtliche Landesparlamente ermittelt werden. Der Umstand, dass aufgrund Kleiner Anfragen von Abgeordneten in der Vergangenheit bereits derartige Daten generiert worden sind, führt nicht zu einem anderen Ergebnis. Das verfassungsrechtlich verankerte Fragerecht der Parlamentarier und die entsprechende Beantwortung durch die Bundesregierung setzen keine rechtlichen Maßstäbe für den presserechtlichen Auskunftsanspruch.
22Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes folgt aus §§ 52 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG, wobei die Kammer im Hinblick auf die von dem Antragsteller begehrte endgültige Vorwegnahme der Hauptsache den vollen Auffangstreitwert angesetzt hat.
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(1) Aufgabe der Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder ist die Sammlung und Auswertung von Informationen, insbesondere von sach- und personenbezogenen Auskünften, Nachrichten und Unterlagen, über
- 1.
Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben, - 2.
sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten im Geltungsbereich dieses Gesetzes für eine fremde Macht, - 3.
Bestrebungen im Geltungsbereich dieses Gesetzes, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, - 4.
Bestrebungen im Geltungsbereich dieses Gesetzes, die gegen den Gedanken der Völkerverständigung (Artikel 9 Abs. 2 des Grundgesetzes), insbesondere gegen das friedliche Zusammenleben der Völker (Artikel 26 Abs. 1 des Grundgesetzes) gerichtet sind.
(2) Die Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder wirken mit
- 1.
bei der Sicherheitsüberprüfung von Personen, denen im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftige Tatsachen, Gegenstände oder Erkenntnisse anvertraut werden, die Zugang dazu erhalten sollen oder ihn sich verschaffen können, - 2.
bei der Sicherheitsüberprüfung von Personen, die an sicherheitsempfindlichen Stellen von lebens- oder verteidigungswichtigen Einrichtungen beschäftigt sind oder werden sollen, - 3.
bei technischen Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz von im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftigen Tatsachen, Gegenständen oder Erkenntnissen gegen die Kenntnisnahme durch Unbefugte, - 4.
bei der Überprüfung von Personen in sonstigen gesetzlich bestimmten Fällen, - 5.
bei der Geheimschutzbetreuung von nichtöffentlichen Stellen durch den Bund oder durch ein Land.
(3) Die Verfassungsschutzbehörden sind an die allgemeinen Rechtsvorschriften gebunden (Artikel 20 des Grundgesetzes).
(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.
(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.
(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.
(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.