Verwaltungsgericht Köln Beschluss, 02. Jan. 2015 - 24 L 2352/14
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.
2. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 594,75 Euro festgesetzt.
1
Gründe
21. Der Antrag,
3die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen den Vergnügungssteuerbescheid der Antragsgegnerin vom 22. Oktober 2014 (24 K 6365/14) anzuordnen,
4ist zulässig, aber nicht begründet.
5Nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) hat eine Anfechtungsklage gegen Abgabenbescheide - hierzu gehören auch Bescheide über die Erhebung kommunaler Steuern - keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht der Hauptsache kann jedoch in diesen Fällen nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO die aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs ganz oder teilweise anordnen. Dies kommt in entsprechender Anwendung von § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO dann in Betracht, wenn an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides ernstliche Zweifel bestehen (a) oder wenn die Vollziehung für den Abgabepflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (b).
6(a) Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Abgabenbescheides sind anzunehmen, wenn aufgrund summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der gerichtlichen (Eil-) Entscheidung ein Erfolg des Rechtsbehelfs im Hauptsacheverfahren wahrscheinlicher ist als ein Misserfolg,
7vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 28. Oktober 2013 - 14 B 535/13 -, juris, Rn. 3, m.w.N.
8Der Gesetzgeber hat mit dem Ausschluss der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Klage bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben für diesen Bereich das öffentliche Interesse an einem Sofortvollzug generell höher bewertet als das private Interesse an einer vorläufigen Befreiung von der Leistungspflicht. Dieser gesetzgeberischen Wertung entspricht es, dass Abgaben im Zweifel zunächst zu erbringen sind und dass das Risiko, im Ergebnis möglicherweise zu Unrecht in Vorleistung treten zu müssen, den Zahlungspflichtigen trifft,
9vgl. OVG NRW, Beschluss vom 03. September 1992 - 14 B 684/92 -, NVwZ-RR 1993, 269.
10Die Intensität der gerichtlichen Prüfung des Streitstoffs richtet sich nach den Gegebenheiten des vorläufigen Rechtsschutzes. Es sind vornehmlich solche Einwände zu berücksichtigen, die der Rechtsschutzsuchende selbst gegen die Rechtmäßigkeit des Abgabenbescheides geltend macht, es sei denn, dass sich sonstige Mängel bei summarischer Prüfung als offensichtlich darstellen. Ferner können weder aufwendige Tatsachenfeststellungen getroffen werden, noch sind schwierige Rechtsfragen abschließend zu klären,
11vgl. OVG NRW, Beschluss vom 24. Mai 2011 - 14 B 391/11 -, nrwe; Beschluss vom 17. März 1994 - 15 B 3022/93 -, NwVBl. 1994, 337.
12Gemessen an diesen Grundsätzen bestehen zum hier entscheidungserheblichen Zeitpunkt keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Vergnügungssteuerbescheides der Antragsgegnerin vom 22. Oktober 2014, mit dem die Antragsgegnerin gegenüber der Antragstellerin unter Zugrundelegung einer Veranstaltungsfläche von 127,03 Quadratmetern für den Zeitraum 1. August bis 31. August (31 Veranstaltungstage) und 1. September bis 30. September 2014 (30 Veranstaltungstage) eine Vergnügungssteuer in Höhe von insgesamt 2.379,00 Euro festgesetzt hat.
13Es spricht vielmehr nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung der bisherigen Sach- und Rechtslage Überwiegendes dafür, dass der angefochtene Bescheid der Antragsgegnerin rechtmäßig ist und die Antragstellerin nicht in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
14Rechtsgrundlage für den angefochtenen Bescheid ist die Satzung der Stadt Köln über die Erhebung einer Steuer auf Vergnügungen sexueller Art vom 19. Mai 2010 in der Fassung der 1. Satzung zur Änderung der Satzung der Stadt Köln über die Erhebung einer Steuer auf Vergnügungen sexueller Art vom 14. Februar 2013 (im Folgenden Vergnügungssteuersatzung – VStS), mit welcher die Antragsgegnerin unter anderem gemäß § 2 Nr. 3 VStS Vergnügungssteuer für die gezielte Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen in Bars, Sauna-, FKK- und Swingerclubs sowie ähnlichen Einrichtungen erhebt. Die Steuer wird gemäß § 4 VStS für diese Veranstaltungen nach der Größe der Veranstaltungsfläche erhoben und beträgt 3,00 Euro für jede angefangenen zehn Quadratmeter Veranstaltungsfläche pro Veranstaltungstag. Steuerschuldner ist der Unternehmer der Veranstaltung (Veranstalter), vgl. § 3 Abs. 1 VStS.
15Soweit die Antragstellerin im Verwaltungsverfahren mit Schreiben vom 29. August 2014 sinngemäß geltend gemacht hat, die Regelung des § 2 Nr. 3 VStS sei in Bezug auf die dort genannten „ähnlichen Einrichtungen“ unwirksam, da dieser Begriff gegen den Bestimmtheitsgrundsatz verstoße, ist dem nicht zu folgen. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (VGH BW) hat in seinem Urteil vom 3. Juli 2014, dem eine wortgleiche Satzungsregelung zu Grunde lag und welches nach eigenem Bekunden auch dem Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin bekannt ist, ausführlich und überzeugend dargelegt, dass die Verwendung dieses Begriffes mit dem Bestimmtheitsgrundsatz vereinbar ist. Auf die dortigen Ausführungen,
16VGH BW, Urteil vom 3. Juli 2014 - 2 S 3/14 -, juris, Rn. 27 ff.,
17mit denen sich die Antragstellerin weder in der Klage- noch in der Antragsbegründung auseinandersetzt, wird verweisen.
18Die Antragstellerin kann auch nicht mit ihrem Einwand durchdringen, der Steuermaßstab „3,00 € pro angefangenen 10 qm Veranstaltungsfläche“ weise keinen (ausreichenden) Bezug zum Besteuerungsgegenstand auf. In der Rechtsprechung ist insbesondere auch in Bezug auf die „gezielte Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen“ geklärt, dass bei einrichtungsgebundenen Veranstaltungen der Flächenmaßstab den notwendigen lockeren Bezug,
19vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluss vom 13. Juli 2011 - 9 B 78.10 -, juris, Rn. 5 m.w.N.,
20zum Aufwand des sich Vergnügenden (hier: der Kundinnen und Kunden der Antragstellerin) aufweist. Denn es ist wahrscheinlich, dass der Umfang des Vergnügungsaufwands mit der Größe eines Betriebes wächst. Zwar steht die Größe einer Veranstaltungsfläche ersichtlich in keinem direkten Zusammenhang mit dem Aufwand der Besucher der Veranstaltung. Mit der Größe der Veranstaltungsfläche werden typischerweise aber die Einnahmen steigen, weil mehr Kunden bedient werden können und so im Regelfall insgesamt auch ein höherer Aufwand betrieben wird. Es ist einleuchtend, dass je mehr Raum für die gezielte Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen zur Verfügung steht, ihn auch desto mehr Personen gleichzeitig nutzen können. Außerdem kann die Größe des zur gezielten Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen zur Verfügung gestellten Raumes auch ein Merkmal großzügig-gehobener Ausstattung sein, die sich in einem tendenziell höheren Aufwand zur Erlangung des Vergnügens niederschlägt. Die Größe des genutzten Raumes ist deshalb als zulässiger Vergnügungssteuermaßstab seit langem üblich und anerkannt,
21vgl. OVG NRW, Urteil vom 11. Dezember 2013 - 14 A 1948/13 -, juris, Rn. 56 ff., m.w.N.
22Im Übrigen ist entgegen der Ansicht der Antragstellerin nicht zweifelhaft, was unter dem Begriff „Veranstaltungsfläche“ zu verstehen ist, denn dieser ist in § 4 Nr. 1 VStS ausreichend definiert. Danach gelten als Veranstaltungsfläche alle für das Publikum zugänglichen Flächen mit Ausnahme der Toiletten– und Garderobenräume. Inwieweit zweifelhaft sein soll, welche Flächen „dem Publikum zugängliche Flächen“ sind, ist nicht ersichtlich und wird von der Antragstellerin auch nicht dargelegt. Die Regelung kann - wie gerade der vorliegende Fall zeigt - in der Praxis grundsätzlich ohne Probleme angewendet werden. Die Antragsgegnerin hat hier (nur) die Massagezimmer einschließlich der Flure,
23zur Zulässigkeit der Einbeziehung der Flurflächen vgl. OVG NRW, Urteil vom 11. Dezember 2013, a.a.O., Rn. 62,
24der Besteuerung zu Grunde gelegt und die Küchen sowie die Aufenthaltszimmer, die für die Kundinnen und Kunden nicht zugänglich sind, nicht in die Berechnung der Fläche einbezogen.
25Bei summarischer Prüfung des Sach- und Streitstandes spricht weiterhin Überwiegendes dafür, dass die Antragstellerin mit ihrem Angebot an Tantra-Massagen in verschiedenster Form und Ausgestaltung vergnügungssteuerpflichtige Vergnügungen sexueller Art in der Form der „gezielten Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen“ in einer „ähnlichen Einrichtung“ gemäß § 2 Nr. 3 VStS veranstaltet.
26Auch diesbezüglich wird auf die zutreffenden Ausführungen des Oberverwaltungsgerichtes Baden-Württemberg verwiesen,
27VGH BW, Urteil vom 3. Juli 2014, a.a.O.
28In diesem Zusammenhang macht die Antragstellerin allein geltend, die von ihr angebotenen Tantramassagen seien mit den „sexuellen Vergnügungen“, welche in den Einrichtungen, die in § 2 Nr. 3 VStS explizit genannt würden, angeboten würden, nicht zu vergleichen. Bei der Tantra-Massage handele es sich um eine Jahrhunderte alte traditionelle Massagepraxis, die das Körperbewusstsein ganzheitlich fördern solle. Dass hierzu auch sexuelle Empfindungen zählten, bedürfe keiner weiteren Erläuterung. Der gravierende Unterschied bestehe aber darin, dass die sexuellen Empfindungen weder den einzigen noch den Hauptzweck der von der Antragstellerin angebotenen Massagen darstellten. Das Angebot der Antragstellerin entspreche vielmehr dem Angebot einer medizinischen Massagepraxis.
29Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass bei den von der Klägerin angebotenen Massagen – unabhängig davon, ob der Intimbereich einbezogen wird – ausweislich des Prospektes, welcher in den Verwaltungsvorgängen abgeheftet ist, das Ziel „neue Formen sexueller Lust zu entdecken und tiefe Befriedigung zu erleben“, im Vordergrund steht. Dieser Bezug wird auch an zahlreichen anderen Stellen, z.B. bei den Beschreibungen der einzelnen Massageangeboten oder im Internetauftritt der Klägerin (www. ) durchgängig hergestellt. So heißt es dort z.B. unter der Überschrift „Tantra und Tantramassagen“:
30„Die Tantra-Massage sieht den Körper als den Tempel unserer Persönlichkeit. Sie respektiert die sexuelle Natur des Menschen und weiß, dass sexuelle Lust eine der stärksten und ursprünglichsten Quellen für Lebensfreude und Zufriedenheit sein kann“.
31Soweit die Antragstellerin schließlich vorträgt, sie biete auch ein gezieltes Coaching für Einzelpersonen aber auch für Paare an, um das Körperbewusstsein neu und ganzheitlich zu entdecken, sowie Gesprächstherapien an, diese Angebote könnten nicht unter „sexuelle Vergnügungen“ subsumiert werden, ist dem bei summarischer Prüfung des bisherigen Sach- und Streitstandes ebenfalls nicht zu folgen. Sollten die der Besteuerung zu Grunde gelegten Räumlichkeiten - unterstellt diese Angebote fielen nicht unter den Besteuerungstatbestand - an den jeweiligen Veranstaltungstagen sowohl für die Massagen als auch für das Coaching oder Gesprächstherapien genutzt werden, wäre dies wegen des der Besteuerung zu Grunde liegenden (pauschalisierenden) Flächenmaßstabes und des Umstandes, dass die Steuer pro Veranstaltungstag erhoben wird, rechtlich ohne Belang,
32vgl. OVG NRW, Urteil vom 11. Dezember 2013, a.a.O., Rn. 64.
33Die unterschiedliche Nutzung könnte allenfalls in Bezug auf einzelne Veranstaltungstage oder einzelne Räumlichkeiten im konkreten Besteuerungszeitraum relevant sein. Nähere Angaben hierzu hat die Antragstellerin, welche keine Steuererklärung abgegeben hat, jedoch nicht gemacht.
34Sonstige Anhaltspunkte, aus denen sich die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides ergeben könnte, hat die Antragstellerin, welche ihre Steuerschuldnerschaft (§ 3 Abs. 1 VStS) nicht in Abrede stellt, weder vorgetragen noch sind solche offensichtlich. Die Antragsgegnerin hat die Vergnügungssteuer entsprechend der dargestellten Regelungen der Satzung richtig berechnet. Bezüglich der zu versteuernden Fläche hat sie die Angaben der Antragstellerin zu Grunde gelegt. Bezüglich der Anzahl der Veranstaltungstage hat sie mangels Angaben der Antragstellerin zu Recht im Wege der Schätzung gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b) Kommunalabgabengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (KAG) i.V.m. § 162 Abgabenordnung (AO) für August 2014 31 und für September 2014 30 Veranstaltungstage zu Grunde gelegt, da die Antragstellerin ihre Leistungen ausweislich ihres Internetangebotes täglich (auch an allen Sonn- und Feiertagen) anbietet.
35(b) Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Vergnügungssteuerbescheid der Antragsgegnerin ist auch nicht deshalb anzuordnen, weil die Vollziehung der festgesetzten Vergnügungssteuer für die Antragstellerin eine unbillige Härte i. S. v. § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO zur Folge hat. Der Vortrag der Antragstellerin, die satzungsgemäße Besteuerung mit 3,00 € pro angefangenen 10 qm stelle für sie eine nicht tragbare Härte dar, weil ihre Praxis auch von der Ertragslage her einer medizinischer Massagepraxis nahe komme, ist bereits deshalb nicht nachvollziehbar, weil die Preise für die angebotenen Dienstleistungen zum Teil deutlich über den Preisen für medizinische Massagen liegen dürften. Laut der in den Verwaltungsvorgängen abgehefteten Preisübersicht vom 21. Oktober 2014 wird z.B. die Massage „B. M. “ für 310,00 € ab zwei Stunden oder „B. S. “ für 520,00 € ab 2,5 Stunden angeboten. Unabhängig davon ist der Vortrag unsubstantiiert und keiner rechtlichen Prüfung zugänglich. Es fehlt schon an der Darlegung der konkreten Ertragslage und des aktuellen Liquidationsstatus.
36Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
372. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs.1 GKG. Es entspricht ständiger Rechtsprechung, in abgabenrechtlichen Eilverfahren ¼ des im Hauptsacheverfahren festzusetzenden Streitwertes (hier: 2.379,00 €) zu Grunde zu legen (vgl. Ziff. 1.5 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013, NVwZ-Beilage 2013, 57).
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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
Tenor
Der angegriffene Beschluss des Verwaltungsgerichts Münster vom 25. April 2013 wird teilweise geändert:
Die aufschiebende Wirkung der Klage VG Münster 9 K 2772/12 gegen den Haftungsbescheid und die Zahlungsaufforderung der Antragsgegnerin vom 25. Januar 2013 wird angeordnet, soweit der Haftungsbescheid bzw. die Zahlungsaufforderung den Betrag von 178.091,94 € übersteigen.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge tragen die Antragstellerin zu 9/10 und die Antragsgegnerin zu 1/10.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 49.238,62 € festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Die Beschwerde mit dem - sinngemäß - gestellten Antrag,
3den angegriffenen Beschluss teilweise zu ändern und die aufschiebende Wirkung der Klage VG Münster 9 K 2772/12 gegen den Haftungsbescheid und die Zahlungsaufforderung der Antragsgegnerin vom 25. Januar 2013 insgesamt anzuordnen,
4hat aus den im Beschwerdeverfahren dargelegten und vom Senat allein zu prüfenden Gründen (§ 146 Abs. 4 Satz 6 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -) nur teilweise Erfolg. Ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO hat bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben Erfolg, wenn im Sinne des entsprechend anzuwendenden § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheides bestehen. Ernstliche Zweifel in diesem Sinne liegen vor, wenn bei der gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage ein Erfolg des Rechtsmittelführers im Hauptsacheverfahren wahrscheinlicher als sein Unterliegen ist.
5OVG NRW, Beschlüsse vom 22.5.2012 - 15 B 564/12 -, NRWE Rn. 4, vom 31.3.2004 - 11 B 116/04 ‑, NRWE Rn. 4 f., Beschluss vom 17.9.1993 ‑ 16 B 2069/93 -, NWVBl 1994, 29 (30).
6Grundlage für den Erlass des Haftungsbescheides sind die §§ 191, 69, 37 Abs. 1, 34 der Abgabenordnung - AO -. Danach kann durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden, wer als gesetzlicher Vertreter einer juristischen Person die ihm obliegenden steuerlichen Pflichten vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt hat. Dabei stehen dem Haftungsschuldner bzw. gesetzlichen Vertreter grundsätzlich sämtliche Einwendungen gegen die Steuer, für die gehaftet werden soll, offen. Dies gilt ‑ ungeachtet der Regelungen der §§ 184 Abs. 1, 182 Abs. 1 AO - auch für Einwendungen gegen Gewerbesteuermeßbescheide. Anderes gilt - auch für Gewerbesteuermeßbescheide (vgl. § 184 Abs. 1 Satz 3 AO) - allerdings, wenn und soweit die Vorschrift des § 166 AO greift.
7Vgl. BFH, Urteil vom 18.3.1987 - II R 35/86 -, BFHE 149, 267 (271) und BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 29.11.1996 ‑ 2 BvR 1157/93 -, NJW 1997, 726 (726 f.). Zur Erstreckung des § 166 AO auf Gewerbesteuermeßbescheide VGH B.-W., Urteil vom 11.10.2001 - 2 S 2429/99 -, NVwZ-RR 2002, 881 (882).
8Die gesetzlichen Vertreter juristischer Personen haben deren steuerliche Pflichten zu erfüllen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Steuern bzw. die steuerlichen Nebenleistungen aus den Mitteln entrichtet werden, die sie verwalten (§ 34 Abs. 1 AO). Eine diesbezügliche Pflichtverletzung ist in der Regel grob fahrlässig.
9Zur Erstreckung der Haftung auf die steuerlichen Nebenleistungen vgl. z.B. BFH, Urteile vom 1.8.2000 - VII R 110/99 -, BFHE 192, 249 (250) und vom 22.2.1980 - VI R 185/79 -, BFHE 130, 128 (129). Zur groben Fahrlässigkeit Boeker, in: HHSp, AO/FGO, Loseblatt (Stand: Juni 2013), § 69 AO Rn. 41.
10Zu der Pflicht dafür zu sorgen, dass die Steuern bzw. die steuerlichen Nebenleistungen entrichtet werden, gehört auch die Pflicht zur Bildung von Rücklagen (Vermögensvorsorgepflicht). Rücklagen sind zum einen zu bilden, wenn die Entstehung von Steuerforderungen bereits absehbar ist. Rücklagen sind zum anderen zu bilden, wenn Steuerforderungen entstanden, aber streitbefangen sind. Diesbezüglich gilt die Rücklagenbildungspflicht auch dann, wenn der Steuerberater des Steuerschuldners angegeben hat, dass die Rechtsbehelfe Erfolg haben würden bzw. wenn der Vollzug der Steuerbescheide ausgesetzt worden war. Pflichtverletzungen sind in beiden Fällen in der Regel grob fahrlässig.
11Z.B. BFH, Urteile vom 11.3.2004 - VII R 19/02 -, BFHE 205, 335 (339 ff.), und vom 17.11.1992 - VII R 13/92 -, BFHE 170, 295 (298); BFH, Beschluss vom 4.5.1998 - I B 116/96 -, juris, Rn. 16 f.
12Sind allerdings keine verwalteten Mittel (mehr) vorhanden, trifft den gesetzlichen Vertreter der juristischen Person auch nicht die Pflicht die Steuern bzw. steuerlichen Nebenleistungen zu entrichten. Reichen die vorhandenen Mittel nicht aus, um alle Schulden zu bezahlen, ist der Vertreter auch nicht verpflichtet die Steuerschulden vorrangig zu befriedigen. Er hat vielmehr im Zeitpunkt der Fälligkeit die vorhandenen Mittel lediglich anteilig zu Befriedigung des Steuergläubigers und der übrigen Gläubiger einzusetzen (Grundsatz der anteiligen Befriedigung).
13Zum Grundsatz der anteiligen Befriedigung vgl. BFH, Beschlüsse vom 11.6.1996 - I B 60/95 -, juris, Rn. 14, und vom 4.5.2004 - VII B 318/03 -, juris, Rn. 11 ff.; Rüsken, in: Klein, AO, 11. Aufl., § 69 Rn. 58 ff.
14Das Vorliegen der Voraussetzungen für den Erlass eines Haftungsbescheids hat grundsätzlich die Steuergläubigerin zu belegen. Allerdings ist der potentielle Haftungsschuldner auf Anforderung des Steuergläubigerin verpflichtet an der Feststellung der Grundlagen für den Erlass eines Haftungsbescheides mitzuwirken bzw. diesbezüglich Auskünfte zu erteilen (§§ 93 Abs. 1 Satz 1, 90 Abs. 1 AO). Wird diese Mitwirkungspflicht verletzt, kann dies gegen den potentiellen Haftungsschuldner verwertet werden. Der Haftungsschuldner ist jedoch nicht verpflichtet sich Buchführungsunterlagen, die sich ohne Verstoß gegen Rechtspflichten nicht mehr in seinem Besitz befinden, zu verschaffen.
15Z.B. BFH, Urteile vom 11.7.1989 - VII 81/87 -, BFHE 157, 315 (318 ff.), vom 23.8.1994 - VII R 134/92 -, juris, Rn. 13 ff., und vom 4.12.2007 - VII R 18/06 -, juris, Rn. 33.
16Dies zugrunde gelegt hat die Beschwerde keinen Erfolg, soweit sich der Haftungsbescheid vom 25. Januar 2013 auf eine Haftungsschuld in Höhe von 139.738,99 € bezieht (1). Hingegen hat die Beschwerde teilweise Erfolg, soweit sich der Haftungsbescheid vom 25. Januar 2013 auf Aussetzungszinsen (2.) und auf Säumniszuschläge (3.) bezieht.
171. Die Beschwerde hat keinen Erfolg, soweit sich der Haftungsbescheid vom 25. Januar 2013 auf eine Primärschuld von 125.784,99 € sowie auf Nachforderungszinsen in Höhe von 13.954,00 € bezieht.
18a) Das Verwaltungsgericht ist davon ausgegangen, dass eine Primärschuld der I. m.b.H. (GmbH) in Höhe von 125.784,99 € sowie Nachforderungszinsen in Höhe von 13.954,00 € aus dem Gewerbesteuer- /Zinsbescheid vom 9. März 2007 bestehen. Diese Forderungen aus dem Gewerbesteuer/Zinsbescheid seien rechtmäßig festgesetzt worden. Sie beruhten auf den bestandkräftigen Gewerbesteuermessbescheiden vom 7. März 2007, welche die Antragstellerin gegen sich nach § 166 AO gelten lassen müsse. Dies wird nicht hinreichend angegriffen.
19Die Rechtmäßigkeit des Gewerbesteuer- /Zinsbescheids vom 9. März 2007 ist von der Antragstellerin nicht bestritten worden (und sie ist im Hinblick auf die Vorschriften der §§ 184 Abs. 1 Satz 1 und 182 Abs. 1 AO auch nicht sinnvoll bestreitbar). Mit ihren Einwendungen gegen die Rechtmäßigkeit der Gewerbesteuermeßbescheide vom 7. März 2007 kann die Antragstellerin hingegen nicht gehört werden. Diese Gewerbesteuermeßbescheide sind bestandskräftig und die Antragstellerin muss die Drittwirkung dieser unanfechtbaren Steuerfestsetzung in jedenfalls entsprechender Anwendung des § 166 AO wohl gegen sich gelten lassen. Insoweit kann offen bleiben, ob eine unmittelbare Anwendbarkeit des § 166 AO daran scheitert, dass die Gewerbesteuermessbescheide vom 7. März 2007 für die Jahre 2004 und 2005 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen sind und dass die Antragstellerin zum Zeitpunkt eines etwaigen Wegfalls des Vorbehalts der Nachprüfung bzw. zum Zeitpunkt der Rücknahme der Klage gegen alle Meßbescheide nicht mehr Geschäftsführerin oder Liquidatorin der GmbH war, da ihre Vertretungsmacht durch die Auflösung der GmbH entfallen war.
20Zur Reichweite von § 166 AO BFH, Beschluss vom 28.3.2001 - VII B 213/00 -, juris, Rn. 18 ff.; FG Münster, Beschluss vom 7. August 2013 - 9 V 1234/12 -, Umdruck S. 10 ff. Zum Entfallen der Vertretungsmacht eines Geschäftsführers nach Auflösung einer GmbH nach österreichischem Recht vgl. § 93 des Österreichischen GmbHG. Zum deutschem Recht BFH, Urteil vom 17.2.1985 - I R 291/83 -, juris, Rn. 16 f.; Boeker, in: HHSp, AO/FGO, Kommentar, Loseblatt (Stand: Juni 2013), § 34 AO Rn. 66.
21Allerdings spricht einiges dafür, dass in der vorliegenden Konstellation § 166 AO entsprechend anwendbar ist. Denn die Antragstellerin dürfte sich deshalb nicht auf das Erlöschen ihrer Vertretungsmacht berufen können, da sie diese unter Rechtsverstoß zum Erlöschen gebracht und sich damit der Möglichkeit zur Einlegung bzw. Aufrechterhaltung von Rechtbehelfen begeben hat. Sie hätte mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nämlich die GmbH deshalb nicht auflösen dürfen, da eine Benachrichtigung gerade der Antragsgegnerin über die Auflösung - obschon die Antragstellerin wusste, dass diesbezüglich noch Steuerforderungen im Raume standen - entgegen § 91 Abs. 1 Satz 4 des Österreichischen GmbHG nicht erfolgt ist. Weiter durfte die GmbH - jedenfalls ohne die Bildung von Rücklagen - wahrscheinlich auch deshalb nicht aufgelöst werden, weil noch Steuerforderungen im Raum standen (vgl. § 91 Abs. 2, 3 und 4 des Österreichischen GmbHG).
22Zum deutschen Recht vgl. §§ 70 Satz 1, 73 Abs. 2, 74 Abs. 1 und 2 GmbHG. Siehe dazu etwa Haas, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 20. Aufl., § 70 Rn. 5. Zur Pflicht zur Bildung von Rücklagen durch den Liquidator für Steuerforderungen vgl. Boecker, in: HHSp, AO/FGO, Kommentar, Loseblatt (Stand: Juni 2013), § 34 AO Rn. 65.
23Nachdem die Antragstellerin mithin die bestandkräftigen Gewerbesteuermessbescheide gegen sich gelten lassen muss, kann dahinstehen, ob diese zutreffend sind bzw. (nunmehr) - etwa für die Jahre 2004 und 2005 aufgrund des Vorbehalts der Nachprüfung - geändert werden müssten.
24b) Das Verwaltungsgericht ist weiter davon ausgegangen, dass die Antragstellerin ihre Pflicht zur Entrichtung von Steuern aus Mitteln der GmbH (vgl. § 34 Abs. 1 Satz 2 AO) grob fahrlässig verletzt hat (§ 69 Satz 1 AO). Die dagegen gerichteten Rügen der Antragstellerin greifen nicht durch.
25Die GmbH war hinsichtlich der Gewerbesteuer und der Nachforderungszinsen mit Bescheid vom 9. März 2007 zur Zahlung herangezogen worden. Gleichwohl wurden weder die Gewerbesteuer noch die Aussetzungszinsen je entrichtet. Zwar traf die GmbH zunächst keine vollziehbare Pflicht zur Entrichtung der Gewerbesteuer und der Nachforderungszinsen, da sie gegen die Gewerbesteuermeßbescheide und den Gewerbesteuerbescheid Einspruch eingelegt bzw. gegen die Gewerbesteuermeßbescheide Klage erhoben hatte und der Vollzug der Meß- bzw. des Gewerbesteuerbescheides zunächst ausgesetzt worden war. Gleichwohl hatte die Antragstellerin nach dem oben Gesagten dafür zu sorgen, dass bei einem negativen Ausgang der Verfahren Mittel für die Zahlung der Gewerbesteuer bzw. der Nachforderungszinsen zur Verfügung standen. Dass die Antragsgegnerin den Vollzug ausgesetzt hatte bzw. dass der Steuerberater der GmbH der Antragstellerin ‑ so ihr Vortrag - mitgeteilt hatte, dass die Verfahren zu Gunsten der GmbH enden würden, ist ohne Belang.
26Dass die GmbH jedenfalls in den Jahren 2007 und 2008 keine Rücklagen für die Zahlung der Gewerbesteuern bzw. der Aussetzungszinsen habe bilden können, ohne in diesen Jahren andere Verbindlichkeiten zu schmälern oder die Existenz der GmbH zu gefährden, wird von der Antragstellerin weder substantiiert vorgetragen noch ist dies ersichtlich. Die Antragstellerin hat allein allgemein darauf hingewiesen, dass die GmbH außerstande gewesen wäre, Steuern in Österreich und Deutschland zu zahlen. Diese allgemeine Äußerung tut jedoch nichts zur Frage, ob sie - nachdem sie die Steuern in Österreich für die Jahre 2001 bis 2007 nach ihren Angaben regelmäßig entrichtet hatte - in den Jahren 2007 und 2008 Rücklagen für die Bezahlung der Gewerbesteuern bzw. der Aussetzungszinsen für die Jahre 2001 bis 2005 hätte bilden können. Im Rahmen der Anwendbarkeit des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (DBA Deutschland Österreich) hätte es im Übrigen - ohne das es darauf ankommt - genügt Rücklagen für die jeweils höhere potentielle Steuerbelastung zu bilden, bereits gezahlte Steuern hätten über das Verständigungsverfahren nach Artikel 25 DBA Deutschland Österreich abgewickelt werden können.
27c) Das Verwaltungsgericht hat im Rahmen der Prüfung des Entschließungsermessens zugrunde gelegt, dass die Ausübung dieses Ermessens nicht zu beanstanden gewesen sei. Dies wird mit der Beschwerde nicht durchgreifend angegriffen. Insbesondere scheitert eine Haftungsinanspruchnahme nicht daran, dass die Antragsgegnerin ihre Steuerforderung nicht im Verständigungsverfahren nach Artikel 25 DBA Deutschland Österreich geltend gemacht hat. Pflichtverletzungen im Rahmen der Beitreibung einer Steuerforderungen wirken sich allenfalls dann auf das Ermessen nach § 191 AO aus, wenn sie vorsätzlich oder besonders grob sind.
28BFH, Urteil vom 29.7.1992 - I R 112/91 -, juris, Rn. 15, und vom 4.7.1979 - II R 74/77 -, BFHE 129, 201 (202 f.).
29Eine besonders grobe Pflichtverletzung der Antragsgegnerin ist hier nicht erkennbar. Es wäre zunächst einmal Sache der Antragstellerin gewesen, für die GmbH auch hinsichtlich der Gewerbesteuerschulden - soweit möglich - das Verständigungsverfahren nach Artikel 25 DBA Deutschland Österreich einzuleiten (vgl. Art. 25 Abs. 1 Satz 1 DBA Deutschland Österreich). Daher kann dahinstehen ob und inwieweit die Antragsgegnerin Anspruch auf Mittel gehabt hätte, die das Finanzamt X. im Rahmen des Verständigungsverfahrens erhalten hat. Fraglich ist dies deshalb, da es in Österreich keine Gewerbesteuer gibt.
30d) Ggf. ermessenslenkende Abmachungen, wonach bei Durchführung des Verständigungsverfahrens mit Österreich ein Haftungsbescheid nicht hätte erlassen werden sollen, sind zwischen der Antragstellerin und der Antragsgegnerin nie getroffen worden.
31e) Das Verwaltungsgericht hat im Rahmen der Prüfung des Ermessens nach § 191 AO zugrunde gelegt, dass die Antragsgegnerin ihr Auswahlermessen ordnungsgemäß ausgeübt habe. Insbesondere habe - wie die Antragsgegnerin dargelegt habe - Herr S. deswegen nicht vordringlich in Anspruch genommen werden müssen, da dieser jedenfalls zum Zeitpunkt des Erlasses des Haftungsbescheids noch in der Schweiz gelebt habe. Das ist voraussichtlich nicht zu beanstanden.
32Vgl. Rüsken, in: Klein, AO, 11. Aufl., § 191 Rn. 59; Boeker, in: HHSp, AO/FGO, Loseblatt (Stand: Juni 2013), § 191 AO Rn. 38.
33f) Auch die Rüge, dass der Haftungsanspruch verjährt sei, greift nicht durch. Nach § 191 Abs. 3 Satz 1 AO sind die Vorschriften über die Festsetzungsfrist auf den Erlass von Haftungsbescheiden entsprechend anzuwenden. Die Festsetzungsfrist beträgt vier Jahre und beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Tatbestand verwirklicht worden ist, an den das Gesetz die Haftungsfolge knüpft (§ 191 Abs. 3 Satz 2 und 3 AO). Da die Klägerin nach § 69 AO jedenfalls bis Ende 2008 die Pflicht traf Rückstellungen zu bilden, endete die Festsetzungsverjährung für den Haftungsanspruch erst 2012. Der am 11. September 2012 erlassene Haftungsbescheid lag damit noch in der Festsetzungsverjährungsfrist. Da gegen den Haftungsbescheid Klage erhoben wurde, ist unerheblich, dass nunmehr Verjährung eingetreten wäre (§ 191 Abs. 3 Satz 1 AO i. V. m. § 171 Abs. 3a Satz 1 AO). Auch ist unerheblich, dass der Haftungsbescheid vom 11. September 2012 am 25. Januar 2013 aufgehoben wurde, da unter dem gleichen Datum ein neuer Haftungsbescheid erlassen wurde.
34Vgl. BFH, Urteil vom 5.10.2004 - VII R 18/03 -, BFHE 208, 292 (295).
352. Die Beschwerde hat auch keinen Erfolg, soweit sich der Haftungsbescheid vom 25. Januar 2013 auf Aussetzungszinsen in Höhe von 21.376,75 € bezieht (Zeitraum: 12. April 2007 bis 28. Februar 2010). Die Antragstellerin traf auch hinsichtlich der Aussetzungszinsen grundsätzlich eine (monatlich entstehende) Rücklagenbildungspflicht, da sie in Rechnung stellen musste, dass die Klage der GmbH keinen Erfolg haben würde. Dass die Aussetzungszinsen erst im Jahr 2010 festgesetzt wurden, ist insoweit ohne Belang. Diese Rücklagebildungspflicht galt ohne weiteres für die Jahre 2007 und 2008 (siehe oben). Es ist auch überwiegend wahrscheinlich, dass die Rücklagenbildungspflicht für das Jahr 2009 und die ersten 2 Monate des Jahrs 2010 galt. Dafür, dass zu diesem Zeitpunkt noch hinreichende Mittel - auch zur Rücklagenbildung - vorhanden waren, dürfte bereits sprechen, dass die Antragstellerin auch in diesem Zeitraum keinen Konkursantrag gestellt hat (vgl. § 67 der damals noch geltenden Österreichischen Konkursordnung). Eine „Überschuldung“ im Sinne der genannten Vorschrift dürfte nämlich auch vorgelegen haben, wenn mit der - hier notwendigen (siehe oben) - Bildung von Rückstellungen eine Überschuldung verbunden gewesen wäre.
36Zur Folgerung des Vorhandenseins von Mitteln aus der unterlassenen Stellung eines Konkurs- bzw. Insolvenzantrages vgl. BayVGH, Beschluss vom 28.7.2000 - 4 ZB 00.1416 -, juris, Rn. 4. Zur Einbeziehung von notwendigen Rückstellungen in den Überschuldungsbegriff nach deutschem Recht vgl. Kirchhof, in: Kreft, InsO, 5. Aufl., § 19 Rn. 24; Bremen, in: Graf-Schlicker, InsO, 2. Aufl., § 19 Rn. 30.
37Zwar hat die Antragstellerin vorgetragen, dass tatsächlich die finanzielle Situation der GmbH dergestalt gewesen sei, dass im Jahr 2009 mangels Kunden schon kein Gewinn mehr erwirtschaftet worden sei, im Frühjahr 2010 seien gerade noch 908,32 € auf dem Firmenkonto gewesen. Dies hat sie jedoch nicht hinreichend tragfähig belegen können. Die dazu vorlegten Kontoauszüge der GmbH liefern schon deshalb keinen hinreichenden Beleg, da weder ersichtlich noch vorgetragen ist, dass es keinen weiteren Bankverbindungen bzw. Vermögenswerte der GmbH gegeben hat. Verbleibende Unsicherheiten hinsichtlich der finanziellen Lage der GmbH von Januar 2009 bis Februar 2010 gehen zu Lasten der Antragstellerin. Diesbezüglich war die Antragstellerin nämlich - jedenfalls unter dem 5. Juni 2012 - zur Abgaben von detaillierten Erklärungen bzw. der Vorlage von Unterlagen aufgefordert worden (§ 93 Abs. 1 Satz 1 AO i. V. m. § 90 Abs. 1 AO). Sie hat jedoch weder detaillierte Erklärungen abgegeben noch hinreichende Unterlagen vorgelegt. Zwar war die Antragstellerin zu dem Zeitpunkt, in dem sie aufgefordert wurde, die Erklärungen abzugeben bzw. die Unterlagen vorzulegen, mit überwiegender Wahrscheinlichkeit in Folge der Löschung der GmbH nicht mehr Geschäftsführerin der GmbH und hatte ‑ so ihr Vortrag - die Unterlagen auch tatsächlich nicht mehr. Dies ist jedoch unerheblich, da sie die Löschung der GmbH unter Verstoß gegen Rechtspflichten selbst schuldhaft herbeigeführt hat (siehe oben). Dies kann gegen sie verwertet werden, so dass nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit festgestellt werden kann, dass 2009 und Anfang 2010 keine Vermögenswerte vorhanden waren.
38Vgl. Söhn, in: HHSp, AO/FGO, Loseblatt (Stand: Juni 2013), § 88 AO Rn. 253.
39Soweit sich der Haftungsbescheid vom 25. Januar 2013 auf Aussetzungszinsen in Höhe von 1.886,25 € bezieht (Zeitraum: 1. März bis 21. Mai 2010) spricht allerdings überwiegendes dafür, dass er rechtwidrig ist. Denn ab März 2010 dürfte die Antragstellerin schon deshalb nicht zur Bildung von Rücklagen für die GmbH verpflichtet gewesen sein, da sie jedenfalls ab dem 10. Februar 2010 nicht mehr Geschäftsführerin der GmbH gewesen sein dürfte (siehe oben).
403. Die Beschwerde hat keinen Erfolg, soweit sie sich auf Säumniszuschläge in Höhe von 16.976,25 € bezieht. Die Haftung nach § 69 Satz 1 AO umfasst auch die infolge der Pflichtverletzung zu zahlenden Säumniszuschläge (§ 69 Satz 2 AO). Dass die GmbH zum Zeitpunkt des Beginns des etwaigen Laufs der Säumniszuschläge - den 11. Juni 2010 - bereits aufgelöst war (womit die Antragstellerin nicht mehr Geschäftsführerin gewesen sein dürfte) bzw. dass nach dem insoweit nachvollziehbaren Vortrag der Antragstellerin zu diesem Zeitpunkt keine liquiden Mittel mehr zur Verfügung standen, ist für die Haftung nach § 69 Satz 2 AO grundsätzlich unerheblich.
41Vgl. Rüsken, in: Klein, AO, 11. Aufl., § 69 Rn. 15; Boeker, in: HHSp, AO/FGO, Loseblatt (Stand Juni 2013), § 69 AO Rn. 51.
42In Höhe von weiteren 16.976,25 € hat die Beschwerde hingegen Erfolg. Im Rahmen der Ermessensausübung nach § 191 Abs. 1 AO musste die Antragsgegnerin auch prüfen, ob der GmbH hinsichtlich der Säumniszuschläge ein Erlassanspruch nach § 227 AO zugestanden hätte. Hier hätte ein solcher Erlassanspruch in Höhe von 50% der Säumniszuschläge bestanden. Denn zum Zeitpunkt des Beginns des etwaigen Laufs der Säumniszuschläge - Juni 2010 - war die GmbH bereits aufgelöst, die Geschäftsführertätigkeit der Antragstellerin beendet und liquide Mittel waren wohl ‑ siehe oben - auch nicht mehr vorhanden. Damit hatte einer der Zwecke der Säumniszuschläge - die Ausübung von Druck zur Zahlung - seinen Sinn verloren.
43Vgl. zu alldem BFH, Urteil vom 19.12.2000 - VII R 63/99 -, BFHE 193, 524 (526 f.).
444. Soweit mit der Beschwerde möglicherweise gerügt wird, dass weder die Antragsgegnerin noch das Verwaltungsgericht die Akten der Verfahren beigezogen hätten, die bei dem Finanzamt X. bzw. in den finanzgerichtlichen Verfahren angefallen seien, ist die Beschwerde unzulässig. Zum einen liegt der Schriftsatz der Antragstellerin vom 30. August 2013 - mit dem diese Rüge erstmals erhoben wurde - außerhalb der Frist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO. Zum anderen wird mit dem Schriftsatz vom 30. August 2013 nicht dargelegt, weshalb bei Beiziehung und Auswertung der genannten Akten die Entscheidung des Verwaltungsgerichts anderes hätte ausfallen müssen und daher nunmehr abzuändern sei (§ 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO).
45Zur Pflicht der Darlegung gerade der Gründe, aus denen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts im Ergebnis abzuändern ist vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl., § 146 Rn. 41; Redeker, in: Redeker/von Oertzen, VwGO, 15. Aufl., § 146 Rn. 22; Guckelberger, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl., § 146 Rn. 78.
46Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
47Die Entscheidung über den Streitwert ergibt sich aus §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.
48Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 6. November 2013 - 8 K 28/13 - wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Tenor
Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt. Insoweit ist das angegriffene Urteil wirkungslos.
Die Berufung im Übrigen wird zurückgewiesen.
Unter Einbeziehung der erstinstanzlichen Kostenentscheidung trägt der Kläger die Kosten des Rechtsstreits beider Rechtszüge.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Vollstreckungsgläubigerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Der Kläger übt in der G.------straße in Oberhausen die Tätigkeit einer gewerblichen Zimmervermietung an Prostituierte aus. Insgesamt befinden sich dort sechzehn Häuser mit etwa 230 Zimmern, die von Prostituierten angemietet werden können.
3Mit Ratsbeschluss vom 15. Dezember 2008 erließ die Stadt Oberhausen erstmalig eine Vergnügungssteuersatzung, mit der die Besteuerung des Angebots sexueller Handlungen gegen Entgelt vergnügungssteuerpflichtig wurde. Die Satzung sollte am 1. Januar 2009 in Kraft treten.
4Nach § 1 der Vergnügungssteuersatzung unterliegen die im Gebiet der Stadt Oberhausen veranstalteten nachfolgenden Vergnügungen (Veranstaltungen) der Vergnügungssteuer. In der folgenden Auflistung ist unter Nr. 6 genannt die gezielte Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen in Bars, Sauna-, FKK- und Swingerclubs sowie ähnlichen Einrichtungen. Steuermaßstab ist nach § 4 der Satzung hier der Flächenmaßstab. Nr. 7 betrifft das Angebot sexueller Handlungen gegen Entgelt außerhalb der in Nr. 6 genannten Einrichtungen, zum Beispiel in Beherbergungsbetrieben, Privatwohnungen, Wohnwagen und Kraftfahrzeugen mit Ausnahme von Straßenprostitution in Verrichtungsboxen. In diesem Fall beträgt die Steuer nach § 8 der Satzung für jede/n Prostituierte/n 6,00 Euro pro Veranstaltungstag.
5Mit Schreiben vom 22. Januar 2009 wies die Beklagte den Kläger darauf hin, dass nach § 3 Abs. 2 der Vergnügungssteuersatzung auch derjenige Steuerschuldner sei, der die Räume für die Veranstaltung zur Verfügung stelle. Abweichend von der grundsätzlichen Regelung, dass jede Prostituierte eine Steueranmeldung monatlich einreichen müsse, werde ihm - dem Kläger - als gewerblichem Zimmervermieter die Möglichkeit angeboten, für den Betrieb eine zusammengefasste Steueranmeldung je Kalendermonat einzureichen. In der Folgezeit reichte der Kläger zusammengefasste Vergnügungssteueranmeldungen für die Monate Januar bis Juni 2009 ein. In den diesbezüglichen Vordrucken sind unter anderem die Namen der einzelnen Prostituierten sowie die diesen zuzurechnenden Veranstaltungstage aufgeführt.
6Gegen die Anmeldungen hat der Kläger Klage erhoben.
7Die Beklagte hob nach einem Hinweis des Verwaltungsgerichts die eingereichten Vergnügungssteueranmeldungen/Vergnügungssteuerbescheide wegen einer widersprüchlichen Fälligkeitsregelung auf.
8Durch Urteil vom 18. Juni 2009 ‑ 14 A 1577/07 ‑ hat der Senat entschieden, dass die Erhebung einer Vergnügungssteuer auf sexuelle Vergnügungen der ministeriellen Genehmigung gemäß § 2 Abs. 2 des Kommunalabgabengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen ‑ KAG ‑ bedarf.
9Nachdem das Innenministerium und das Finanzministerium des Landes Nordrhein-Westfalen mit Schreiben vom 10. Mai 2010 zwei Satzungen, die eine Steuer auf sexuelle Vergnügungen vorsahen, genehmigt hatten, beschloss der Rat der Beklagten am 12. Juli 2010 eine Vergnügungssteuersatzung (VS), die auch die Besteuerung sexueller Vergnügungen vorsah, erneut. Die Satzung wurde am 2. August 2010 bekanntgemacht. Sie sollte rückwirkend zum 1. Januar 2009 in Kraft treten. Diese Satzung ist, was die hier in Rede stehende Besteuerung betrifft, wortgleich mit den entsprechenden Regelungen in der Satzung vom Dezember 2008.
10Mit drei Vergnügungssteuerbescheiden vom 29. September 2010 zog die Beklagte den Kläger für die Monate Januar 2009 bis August 2010 zu einer Vergnügungssteuer in Höhe von 46.554,00 Euro für die Veranstaltungen (Angebot sexueller Handlungen in Beherbergungsbetrieben nach § 1 Nr. 7 VS) heran.
11Gegen diese Bescheide hat der Kläger Klage erhoben, die das Verwaltungsgericht abgewiesen hat.
12Nachdem der Senat in einem zu einem Parallelverfahren gehörenden Aussetzungsverfahren die aufschiebende Wirkung einer Klage angeordnet und einen Erörterungstermin durchgeführt hatte, hob die Beklagte die drei Vergnügungssteuerbescheide vom 29. September 2010 auf.
13Mit Schreiben vom 6. Juli 2012 wies die Beklagte den Kläger darauf hin, dass das von ihm betriebene Bordell als ähnliche Einrichtung nach § 1 Nr. 6 VS der Vergnügungssteuersatzung vom 12. Juli 2010 nach dem Flächenmaßstab zu besteuern sei. Es wurden Verhandlungen auch über die Frage geführt, ob die Flächen der Flure in die Besteuerungsgrundlage einzubeziehen seien. Nachdem der Kläger angegeben hatte, er werde die Veranstaltungsfläche nicht mitteilen, zog die Beklagte den Kläger mit Bescheid vom 11. Dezember 2012 für den Zeitraum vom 3. August 2010 bis zum 31. Oktober 2012 für das Haus G.------straße zu einer Vergnügungssteuer in Höhe von 90.576,00 Euro heran. Hierbei legte er den Flächenmaßstab nach § 4 VS zugrunde. § 4 Abs. 1 VS ordnet die Erhebung der Steuer für Veranstaltungen unter anderem nach § 1 Nr. 6 nach der Größe der Veranstaltungsfläche an. Als Veranstaltungsfläche gelten alle für das Publikum zugänglichen Flächen mit Ausnahmen der Toiletten und Garderobenräume. Gemäß § 4 Abs. 3 VS beträgt die Steuer für die Veranstaltungen nach § 1 Nr. 6 je Veranstaltungstag für jede angefangenen 10 qm Veranstaltungsfläche 3,00 Euro. Die Beklagte schätzte die Fläche auf 367 qm. Hierbei wurden die Flure ganz berücksichtigt und die Zimmer entsprechend einer geschätzten Belegungsquote.
14Hiergegen hat der Kläger Klage erhoben und geltend gemacht, in dem genannten Erörterungstermin sei der Beklagten vom OVG NRW nahegelegt worden, eine neue Satzung zu erlassen. Dies sei nicht geschehen. § 1 Nr. 6 VS sei unbestimmt. Bordelle als klassische Form von Einrichtungen, in denen sexuelle Vergnügungen angeboten würden, seien in der Aufzählung gerade nicht genannt. § 1 Nr. 6 und Nr. 7 VS, im Zusammenhang betrachtet, lasse als folgerichtig erscheinen, dass der Satzungsgeber Bordelle als Beherbergungsbetriebe habe erfassen wollen. Mit Beherbergungsbetrieben seien vor allem Bordelle gemeint. Die Schätzung sei nicht nachvollziehbar. Es dürften nur die von den Prostituierten gemieteten Zimmer in Ansatz gebracht werden, weil nur diese unmittelbar dem sexuellen Vergnügen dienten.
15Der Kläger hat beantragt,
16den Vergnügungssteuerbescheid der Beklagten vom 11. Dezember 2012 aufzuheben.
17Die Beklagte hat beantragt,
18die Klage abzuweisen.
19Sie hat geltend gemacht, nach der Rechtsprechung des OVG NRW sei das Bordell als ähnliche Einrichtung nach dem einrichtungsbezogenen Steuertatbestand des § 1 Nr. 6 VS zu besteuern. Unter Beherbergungsbetrieben nach § 1 Nr. 7 VS seien Hotels und Pensionen zu verstehen. Dort stattfindende Prostitution werde auch besteuert. Der Flächenmaßstab sei als Wahrscheinlichkeitsmaßstab sachlich gerechtfertigt. Da der Kläger seiner Mitwirkungspflicht nach § 15 VS nicht nachgekommen sei, sei eine Schätzung notwendig geworden, wobei die Flächen aus den Bauakten ermittelt worden seien.
20Durch das angegriffene Urteil hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen.
21Hiergegen hat der Kläger einen Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt, dem der Senat durch Beschluss vom 26. September 2013 entsprochen hat.
22Der Kläger trägt zur Begründung der Berufung vor: Der Flächenmaßstab in Form einer Pauschbesteuerung sei kein geeignetes Kriterium, Steuergerechtigkeit herzustellen. Ein lockerer Bezug des Vergnügungsaufwands zu dem gewählten Ersatzmaßstab sei nicht feststellbar. Wenn alle Zimmer vermietet worden seien, könne der Umsatz nicht mehr steigen, auch wenn die anderen Flächen des Beherbergungsbetriebes vergrößert würden. Zu Unrecht werde der Steuertatbestand des § 1 Nr. 6 VS angewandt. Anders als bei den dort aufgezählten Clubs und sonstigen Einrichtungen stehe bei Einrichtungen, in denen das Angebot sexueller Handlungen gegen Entgelt besteuert werden solle, nicht das Vergnügen beider im Vordergrund, sondern das Austauschgeschäft der Prostituierten mit dem Gast. Dieser Vergnügungsaufwand sei genau kalkulierbar. Es würden wegen der Besteuerung nach dem Düsseldorfer Verfahren Listen geführt, die für das Steueraufkommen von der Beklagten in der Vergangenheit auch anerkannt worden seien. Bei den in § 1 Nr. 6 VS aufgezählten Etablissements sei hingegen der Konsumaufwand schwer zu greifen, so dass hier eine pauschale Flächenbesteuerung geeignet sei. Nach dem Willen des Satzungsgebers sei ein Bordell unter Beherbergungsbetrieb im Sinne der Satzung zu subsumieren. Es komme auf den milieutypischen Sprachgebrauch an. Die Tatbestände des § 1 Nr. 6 und Nr. 7 VS seien danach abzugrenzen, ob entweder die sich Vergnügenden üblicherweise kein Entgelt für die Vergnügung entrichteten oder die sexuellen Handlungen gegen Entgelt stattfänden. Hier sei daher § 1 Nr. 7 VS anzuwenden. Da die Zimmer regelmäßig größer als 10 qm seien und auch noch die Fläche für die Flure in Ansatz gebracht worden sei, werde durch die Anwendung des falschen Tatbestands des § 1 Nr. 6 VS der in Wirklichkeit anzuwendende Steuersatz von 6 Euro nach § 8 VS regelmäßig überschritten. Jedenfalls dürften die Flure nicht mit berücksichtigt werden, da diese nicht der Kontaktaufnahme dienten. Dort finde insoweit kein Konsumaufwand statt.
23Die Steuer sei nicht abwälzbar. Da das Zimmerentgelt, die Miete, nur von den Prostituierten erhoben werde, könne die Steuer nicht auf die sich Vergnügenden abgewälzt werden. Eine mittelbare Abwälzung von ihm, dem Kläger, über die Prostituierten auf die Freier sei nur in engen Grenzen möglich. Der wirtschaftliche Vorteil bei der Vermietung der Räume an Prostituierte ergebe sich nicht aus der Beziehung zum Steuergegenstand, sondern knüpfe an die Verhältnisse des Immobilienmarkts an. Zwischen Vermieter und Freier bestünden keine vertraglichen Beziehungen, die es dem Kläger erlaubten, von dem Freier etwas zu erlangen.
24Es liege ein strukturelles Vollzugsdefizit bei der Besteuerung in der Stadt Oberhausen vor. Es sei nicht richtig, dass sich aus den Gewerbeanmeldungen Rückschlüsse auf die Anzahl der Prostituierten herleiten ließen. Das Gewerbe "Prostitution" oder ähnliches werde nämlich in der Regel nicht bei einer Gewerbeanmeldung akzeptiert. Eine Liste von Wohnungsprostituierten habe die Beklagte nicht von der Kriminalpolizei erhalten. Hier werde der Besteuerungsanspruch weitgehend nicht durchgesetzt. Die Beklagte habe nichts unternommen, um eine steuerliche Belastungsgleichheit gewährleistende Kontrollmöglichkeiten zu schaffen. Eine Steuererklärungspflicht begründe die Satzung nicht. Die Beklagte habe erst kürzlich in Erwägung gezogen, wegen illegal tätiger Prostituierten mit der Kriminalpolizei Kontakt aufzunehmen. Informationen habe die Beklagte jedoch dann nicht eingeholt. Die spärlich durchgeführten Außendienstkontrollen hätten nicht mehr als Alibiqualität. Bei einer Kalkulation des beabsichtigen zusätzlichen Steueraufkommens seien mindestens 80 bis 100 illegal tätige Prostituierte nicht berücksichtigt worden, wie sich aus der in der G.------straße tätigen Anzahl der Prostituierten und dem Steueraufkommen hierfür ergebe. Ausweislich einer Veröffentlichung in der "Welt" vom 4. November 2013 habe die Beklagte auf Anfrage der Zeitung die Anzahl der in Oberhausen tätigen Prostituierten mit 180 angegeben. Weitere Prostituierten seien nicht einkalkuliert worden und die Beklagte habe auch keine Vorkehrungen getroffen, die illegal tätigen Prostituierten zur Vergnügungssteuer heranzuziehen. Die Satzung sei ausschließlich gemacht worden, um die Vermieter in der G.------straße zur Vergnügungssteuer heranzuziehen. Auch nur diese seien zu einem Informationstreffen Anfang des Jahres 2009 eingeladen worden.
25Der Begriff "illegal" bezeichne in erster Linie solche Prostituierten, die von der Beklagten nicht zur Vergnügungssteuer herangezogen würden. Aus Sicht der Finanzverwaltung sei ein Teil dieser Prostituierten nicht als illegal anzusehen, weil sie am Düsseldorfer Verfahren teilnähmen. Andere Prostituierte hätten keine Arbeitserlaubnis oder gefälschte Ausweispapiere.
26Die Steuer habe erdrosselnde Wirkung. Die vorgelegte betriebswirtschaftliche Auswertung zeige, dass die Überschüsse durch die Steuer aufgezehrt würden. Ein angemessener Unternehmerlohn entsprechend einem Geschäftsführergehalt im Hotelgewerbe verbleibe nicht.
27Während des Berufungsverfahrens hat die Beklagte einen geänderten Vergnügungssteuerbescheid für den Zeitraum vom 3. August 2010 bis 31. Oktober 2012 vom 24. September 2013 erlassen, mit dem der Kläger zu einer Vergnügungssteuer in Höhe von 75.735,00 Euro veranlagt wurde. Dieser Bescheid änderte die Steuerfestsetzung vom 11. Dezember 2012 gemäß § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung ‑ AO ‑. Der Bescheid berücksichtigte die nachgereichten Angaben des Klägers zu der Fläche der Zimmer, die kalendertäglich von den Prostituierten in dem oben genannten Zeitraum belegt waren.
28Der Kläger beantragt,
29das angegriffene Urteil zu ändern und den Vergnügungssteuerbescheid der Beklagten vom 11. Dezember 2012 in der Gestalt des Bescheides vom 24. September 2013 aufzuheben.
30Die Beklagte beantragt,
31die Berufung zurückzuweisen.
32Sie macht geltend: Eine Besteuerung nach der Veranstaltungsfläche sei zulässig, weil die Größe eines Bordells einen Rückschluss auf die Attraktivität und die Besucherzahlen zulasse. Der Vermieter der Zimmer profitiere davon, wenn dort der Prostitution nachgegangen werde. Die Miete werde nämlich deutlich gesenkt, wenn die Prostituierten nicht ihrer Arbeit nachgingen und tatsächlich vorübergehend nur dort wohnten. Da das Bordell als Ganzes besteuert werde, seien auch die Flure zu berücksichtigen. Es hätten auch sämtliche Zimmer täglich der Besteuerung unterworfen werden können. Dennoch habe sie - die Beklagte - nur die täglich konkret zum Zwecke der Prostitution vermieteten Zimmer berücksichtigt.
33Ein strukturelles Vollzugsdefizit liege nicht vor. Die Prostituierten könnten sich in der Gewerbekartei der Stadt Oberhausen anmelden. Auf diese Gewerbekartei könne zurückgegriffen werden. Die mannigfachen Suchergebnisse seien vom Fachbereich Steuern zusammengestellt worden und könnten vorgelegt werden. In der G.------straße gebe es seit jeher 18 Häuser mit einer Gesamtveranstaltungsfläche von 2.015 qm. Vor Einführung der Steuer im Jahre 2009 sei von 250 bis 300 tätigen Prostituierten im Bereich G.------straße mit rückläufiger Tendenz auszugehen. Grundlage der Erkenntnis seien Zahlen aus dem Gesundheitsamt aus Zeiten, in denen noch Untersuchungen nach dem Infektions- und Seuchenschutzgesetz für Prostituierte vorgeschrieben gewesen seien. Im Jahre 2009 seien in der G.------straße ca. 200 Prostituierte monatlich beschäftigt gewesen. Da nicht alle Prostituierten täglich arbeiteten, habe die Zahl der Aktiven pro Kalendertag zwischen 90 und 125 gelegen. Diese Zahlen hätten sich aus den ursprünglichen Steueranmeldungen ergeben. Im Jahre 2010 seien noch ca. 150 Prostituierte gemeldet gewesen. Im Zeitraum 2009 bis 2013 seien im Stadtgebiet außerhalb der G.------straße zwei weitere Bordelle erfasst gewesen, in denen jeweils durchschnittlich fünf Prostituierte monatlich beschäftigt gewesen seien. Außerdem habe es in dem Zeitraum zwei Bars mit einer Veranstaltungsfläche von 60 qm und 76 qm und drei Massagestudios mit einer Fläche von jeweils 50 qm gegeben. 2009 seien fünfzehn Prostituierte in Wohnungen gemeldet gewesen, im Zeitraum 2010 bis 2013 seien etwa zehn Wohnungsprostituierte steuerlich erfasst worden. Die Erfassung neuer Steuerfälle erfolge durch Ermittlungen im Internet durch den Fachbereich Steuern, Ermittlungen über Kontakte mit der Polizei, über Gewerbeanmeldungen und den kommunalen Ordnungsdienst. Ferner werde Hinweisen von Steuerpflichtigen und Informanten nachgegangen. Seit dem Jahr 2009 seien dem kommunalen Ordnungsdienst ca. 30 Aufträge erteilt worden, in denen Ermittlungen durchgeführt worden seien.
34Ferner hat der Senat Auskünfte zu der Anzahl der in Oberhausen vorhandenen Bordelle oder bordellähnlichen Betrieben und der in Oberhausen tätigen Prostituierten durch die Finanzverwaltung und die Kriminalpolizei erbeten. Auf die übersandten Auskünfte wird verwiesen.
35Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Verfahrensakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
36Entscheidungsgründe:
37Soweit die Parteien im Hinblick auf die Reduzierung der Steuerforderung von 90.576,00 Euro auf 75.735,00 Euro durch den Bescheid vom 24. September 2013 die Hauptsache für erledigt erklärt haben, war das Verfahren einzustellen und die teilweise Unwirksamkeit des erstinstanzlichen Urteils auszusprechen.
38Die Berufung im Übrigen hat keinen Erfolg.
39Der Steuerbescheid vom 11. Dezember 2012 in der Gestalt des Bescheides vom 24. September 2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung ‑ VwGO ‑).
40Der angefochtene Bescheid findet seine Rechtsgrundlage in der Vergnügungssteuersatzung der Beklagten vom 12. Juli 2010, die am 2. August 2010 bekannt gemacht worden ist, und den hier in Rede stehenden Steuerzeitraum vom 3. August 2010 bis zum 31. Oktober 2012 erfasst.
41Das von dem Kläger betriebene Bordell in der G.------straße in Oberhausen erfüllt den Steuertatbestand des § 1 Nr. 6 VS. Es handelt sich um eine Einrichtung, in der gezielt die Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen eingeräumt wird. Bordelle sind zwar in der Aufzählung in § 1 Nr. 6 VS nicht ausdrücklich genannt, sie sind aber als Bars, Sauna-, FKK- und Swingerclubs ähnliche Einrichtungen anzusehen. Entgegen der Auffassung des Klägers erfüllt hingegen der Betrieb des Bordells nicht den Steuertatbestand des § 1 Nr. 7 VS, weil dort - wie der Kläger meint - in einem Beherbergungsbetrieb sexuelle Handlungen gegen Entgelt angeboten würden. Dies folgt aus dem Wortlaut und der Systematik der in § 1 Nr. 6 und 7 VS genannten, sich gegenseitig ausschließenden Steuertatbestände. § 1 Nr. 6 VS schafft einen einrichtungsbezogenen Steuergegenstand. Er erfasst das Steuergut, den Konsumaufwand des sich sexuell Vergnügenden, soweit das sexuelle Vergnügen in dafür bestimmten Einrichtungen stattfindet. § 1 Nr. 7 VS erfasst hingegen den Konsumaufwand des sich sexuell Vergnügenden, soweit das sexuelle Vergnügen auf einem Angebot sexueller Handlungen gegen Entgelt beruht und es nicht in den vorgenannten Einrichtungen, also einrichtungslosgelöst stattfindet. Der allgemeine Sprachgebrauch bezeichnet mit dem Begriff Beherbergungsbetrieb kein Bordell, sondern eine Unterkunft, namentlich ein Hotel.
42Vgl. zur Herkunft des Begriffs Herberge und zu seiner Verfestigung auf "Gasthaus" und "Unterkunft" Grimm, Deutsches Wörterbuch, 1877, Nachdruck 1984, Bd. 10, Sp. 1060 ff. (Stichwort: Herberge).
43So ist auch der ermäßigte Umsatzsteuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 11 des Umsatzsteuergesetzes für die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält, auf Bordelle nicht anzuwenden.
44Vgl. FG Düsseldorf, Urteil vom 1.6.2012 ‑ 1 K 2723/10 ‑, juris.
45Das Finanzgericht hat hierzu zutreffend ausgeführt, die Prostituierten zahlten ihre "Tagesmiete" nicht für den Empfang einer Beherbergungsleistung, sondern im Wesentlichen für die Bereitstellung einer Infrastruktur zur Ausübung ihres Gewerbes (juris Rn. 24). Beherbergen sei grundsätzlich nicht nur nach allgemeinem Sprachgebrauch das Bereitstellen einer Unterkunft oder Schlafstelle und nicht die Zurverfügungstellung von Räumlichkeiten zur Ausübung der Prostitution (juris Rn. 26). Der Einwand des Klägers, im "Milieu" sei der Begriff Beherbergungsbetrieb als Bordell zu verstehen, verfängt nicht. Es geht hier nicht um die Auslegung einer unter Bordellbetreibern und Prostituierten geäußerten Erklärung nach deren Empfängerhorizont, sondern um die Auslegung einer Satzung, also von Ortsrecht. Dafür mag ein dem Regelungsgegenstand angepasster spezieller juristischer Sprachgebrauch zu berücksichtigen sein, nicht aber der Sprachgebrauch des Rotlichtmilieus.
46Auch die Systematik der Vergnügungssteuersatzung der Stadt Oberhausen vom 12. Juli 2010 spricht gegen die Annahme, Bordelle seien Beherbergungsbetriebe im Sinne des § 1 Nr. 7 VS. Die Satzung differenziert mit den unterschiedlichen Steuertatbeständen nicht nach prostitutionsbezogenen und nicht prostitutionsbezogenen Steuergegenständen, sondern schafft in § 1 Nr. 6 VS einen einrichtungsbezogenen und in § 1 Nr. 7 VS einen einrichtungslosgelösten personenbezogenen Steuergegenstand zur Besteuerung des Aufwandes für sexuelle Vergnügungen. Die in § 1 Nr. 7 VS nur beispielhaft genannten Räumlichkeiten zeichnen sich alle dadurch aus, dass sie nicht schon von ihrer Eigenart zur Veranstaltung sexueller Vergnügungen bestimmt sind. In einem Beherbergungsbetrieb nach dem gewöhnlichen Sprachgebrauch mag auch Prostitution stattfinden (Hotelprostitution), aber die Prostituierten haben dort in der Regel kein Zimmer angemietet, um ihre Leistungen anzubieten. Besondere Räumlichkeiten zu einer Anbahnung der sexuellen Kontakte finden sich dort typischerweise nicht. Eine Infrastruktur zur Ausübung der Prostitution ist nicht vorhanden.
47Vgl. zu diesem Begriff, FG Düsseldorf, Urteil vom 1.6.2012, juris Rn. 24.
48Entsprechendes gilt für Privatwohnungen, Wohnwagen und Kraftfahrzeugen. So können zwar Wohnwagen speziell für die Ausübung der Prostitution angeschafft und hergerichtet werden, aber üblicherweise werden Wohnwagen für Freizeitzwecke, insbesondere zum Camping genutzt. Entsprechendes gilt für Wohnungen, die auch für Zwecke der Prostitution angemietet werden, aber in der Regel der Befriedigung des allgemeinen Wohnbedürfnisses dienen. In einem Bordell wird hingegen die Prostitution erwartet, das Bordell dient von seiner Eigenart her der Ausübung der Prostitution, während die in § 1 Nr. 7 VS namentlich bezeichneten Einrichtungen eine solche begriffliche Zweckbestimmung nicht haben.
49Die Meinung des Klägers, der von § 1 Nr. 6 VS nicht prostitutionsbezogene Vergnügungen und von § 1 Nr. 7 VS prostitutionsbezogene Vergnügungen erfasst sieht, überzeugt nicht. So findet in den in § 1 Nr. 6 VS genannten Bars Prostitution und nicht etwa Sexualverkehr unter Gleichgesinnten statt. In § 1 Nr. 7 VS wird ausdrücklich Prostitution in den in Nr. 6 erwähnten Einrichtungen als nicht Nr. 7 unterfallend ausgeschlossen und damit anerkannt, dass in solchen Einrichtungen Prostitution zu erwarten ist und nur nach Nr. 6 zu besteuern ist.
50Zur Stützung seiner Meinung, der Begriff des Beherbergungsbetriebes erfasse auch Bordelle, kann sich der Kläger nicht mit Erfolg darauf berufen, der Rat der Beklagten habe bei Erlass der Satzung eine solche Einstufung vornehmen wollen, wie auch der zunächst unternommene Versuch der Verwaltung zeige, eine Besteuerung nach § 1 Nr. 7 VS für seinen Betrieb durchzusetzen. Es kommt nämlich für die Auslegung nicht auf die subjektiven Meinungen der Ratsmitglieder oder der Verwaltung an. Für den Inhalt einer Norm ist vielmehr entscheidend der in ihr zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Normgebers, so wie er sich aus dem Wortlaut der Vorschrift und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den sie hineingestellt ist.
51Vgl. BVerfG, Urteil vom 20.3.2002 ‑ 2 BvR 794/95 ‑, BVerfGE 105, 135 (157).
52Materialien zum Willen des historischen Gesetzgebers bei der Normsetzung, hier der Satzung, sollen mit Vorsicht, lediglich unterstützend und insgesamt nur insofern herangezogen werden, als sie auf einen objektiven Norminhalt schließen lassen. Der sogenannte Wille des Normgebers bzw. der am Normerlassverfahren Beteiligten kann hiernach bei der Interpretation insoweit berücksichtigt werden, als er auch im Text Niederschlag gefunden hat. Die Materialien dürfen nicht dazu verleiten, die subjektiven Vorstellungen der normgebenden Instanzen dem objektivem Norminhalt gleichzusetzen.
53Vgl. BVerfG, Urteil vom 16.2.1983 ‑ 2 BvE 1‑4/83 ‑, BVerfGE 62, 1 (45); OVG NRW, Urteil vom 15.9.2004 ‑ 15 A 4544/02 ‑, NRWE Rn. 25 ff.
54Einen solchen Niederschlag im Normtext hat die Auffassung, Bordelle seien als Beherbergungsbetriebe im Sinne der Satzung anzusehen, nicht gefunden. Im Gegenteil sprechen Wortlaut und Sinnzusammenhang gerade für die Verneinung einer solchen Einordnung. Daher kommt es auf die subjektiven Vorstellungen der am Erlass der Satzung Beteiligten nicht an.
55Die Steuer ist der Höhe nach richtig festgesetzt worden. Nach § 4 VS richtet sich die Steuer bei der gezielten Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen nach der Größe der Veranstaltungsfläche. § 4 Abs. 1 Satz 2 VS bestimmt, dass als Veranstaltungsfläche alle für das Publikum zugänglichen Flächen mit Ausnahme der Toiletten und Garderobenräume gelten. Die Steuer beträgt nach § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VS je Veranstaltungstag für jede angefangenen 10 qm Veranstaltungsfläche 3,00 Euro. Endet eine Veranstaltung erst am Folgetag, wird ein Veranstaltungstag für die Berechnung zugrunde gelegt (vgl. § 4 Abs. 2 Satz 2 VS).
56Dieser Maßstab erfasst den Vergnügungsaufwand nicht genau. Eigentliches Steuergut ist der Vergnügungsaufwand des einzelnen Besuchers, weil die Steuer darauf abzielt, die mit der Einkommensverwendung für das Vergnügen zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu belasten. Da eine konkrete Besteuerung des Aufwandes des sich Vergnügenden, insbesondere des sich vergnügenden Freiers, (Wirklichkeitsmaßstab) praktisch nicht möglich ist,
57vgl. OVG NRW, Beschluss vom 12.4.2012 ‑ 14 B 1520/11 ‑, NRWE Rn. 32; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23.2.2011 ‑ 2 S 196/10 ‑, KStZ 2011, 231 (233),
58kann die Steuer pauschal bei dem Veranstalter des Vergnügens erhoben werden. Dieser Wahrscheinlichkeitsmaßstab muss aber jedenfalls einen lockeren Bezug zum individuellen Vergnügungsaufwand haben.
59Vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.7.2011‑ 9 B 78.10 ‑, juris, Rn. 5 m. w. N.
60Der Satzungsgeber ist dabei nicht gehalten, die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung zu wählen, ihm steht vielmehr ein weiter Gestaltungsspielraum zu, der erst dann überschritten wird, wenn ein einleuchtender Grund für die Gleichbehandlung oder Ungleichbehandlung fehlt und die Steuererhebung daher willkürlich wäre.
61Vgl. BVerfG, Beschluss vom 4.2.2009 ‑ 1 BvL 8/05 ‑, NVwZ 2009, 968 (971); OVG NRW, Urteil vom 23.6.2010 ‑ 14 A 597/09 ‑, NRWE Rn. 68.
62Diesen Anforderungen genügt der hier zu beurteilende Flächenmaßstab. Er weist den erforderlichen lockeren Bezug auf, weil es wahrscheinlich ist, dass der Umfang des Vergnügungsaufwands mit der Größe eines Betriebes wächst. Zwar steht die Größe der Veranstaltungsfläche ersichtlich in keinem direkten Zusammenhang mit dem Aufwand der Besucher der Veranstaltung. Mit der Größe der Veranstaltungsfläche werden typischerweise aber die Einnahmen steigen, weil mehr Freier aufgenommen werden können und so im Regelfall insgesamt auch ein höherer Aufwand betrieben wird. Es ist einleuchtend, dass je mehr Raum für die gezielte Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen zur Verfügung steht, ihn auch desto mehr Personen gleichzeitig nutzen können. Außerdem kann die Größe des zur gezielten Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen zur Verfügung gestellten Raumes auch ein Merkmal großzügig-gehobener Ausstattung sein, die sich in einem tendenziell höheren Aufwand zur Erlangung des Vergnügens niederschlägt. Die Größe des genutzten Raums ist deshalb als zulässiger Vergnügungssteuermaßstab seit langem üblich und anerkannt.
63Vgl. BVerwG, Urteil vom 3.3.2004 ‑ 9 C 3.03 ‑, BVerwGE 120, 175 (185 f.).
64Bei der Berücksichtigung der Veranstaltungsfläche hat die Beklagte zutreffend nicht nur die Zimmer, sondern auch die Flure einbezogen. Diese sind gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 VS Veranstaltungsfläche, weil sie für das Publikum zugänglich sind. Dies ist im Sinne der grundsätzlich gestatteten Pauschalierung zulässig, auch wenn die Flure ausschließlich dem bloßen Zu- und Abgang zu und von den Zimmern dienen sollten. Feinsinnige satzungsrechtliche Unterscheidungen etwa zwischen Bettbereichen, Aufenthaltsräumen, Kontaktzonen, Ruhezonen, Fluren mit und ohne Aufenthaltsfunktion müssen nach höherrangigem Recht nicht vorgenommen werden. Im Übrigen stehen auch die Flure in Zusammenhang mit der Zimmerzahl, weil um so mehr Flure erforderlich sind, je mehr Zimmer zu erschließen sind. Damit haben die Flure grundsätzlich einen ähnlichen Bezug zum individuellen Vergnügungsaufwand wie die Zimmer selbst.
65Vgl. zur Zulässigkeit eines pauschalierenden Flächenmaßstabs VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23.2.2011 ‑ 2 S 196/10 ‑, KStZ 2011, 231 (233).
66Es ist nicht erkennbar und wird von dem Kläger auch nicht gerügt, dass die Flächen unter Berücksichtigung der oben genannten Kriterien im konkreten Fall, also bei Berücksichtigung der je Tag genutzten Zimmer und der Flurflächen in dem Bordell, falsch berechnet worden wären. Die Beklagte hat in dem die Steuer ermäßigenden Bescheid vom 24. September 2013 entsprechend den Angaben des Klägers nur die Fläche der Zimmer in Ansatz gebracht, die tageweise an die Prostituierten vermietet und damit dem Publikum zugänglich waren. Es kann deshalb dahinstehen, ob die Beklagte - wie sie und das Verwaltungsgericht meinen - alle Zimmer, auch dann, wenn sie nicht an Prostituierte vermietet waren, hätte berücksichtigen dürfen. Gegen eine solche Annahme spricht, dass der Steuermaßstab (Größe der dem Publikum zugängliche Fläche) nach § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VS je Veranstaltungstag anzuwenden ist. Die Steuer erhöht sich nach § 4 Abs. 3 VS bei über 1.00 Uhr nachts hinausgehenden Veranstaltungen. Für mehrtägige Veranstaltungen enthält § 4 Abs. 3 VS ebenfalls eine Sonderregelung. Hiervon ausgehend dürften ‑ wie in dem Bescheid vom 24. September 2013 geschehen ‑ tägliche Einzelveranstaltungen anzunehmen sein mit der Folge, dass auch die jeweils täglich dem Publikum zugängliche, nicht etwa die für das Publikum bestimmte Fläche maßgeblich ist und damit täglich variieren kann. Dass eine solche Abhängigkeit der Steuer von nur schwer überprüfbaren Angaben des Steuerpflichtigen wenig praktikabel und zuverlässig ist, liegt auf der Hand und hat der Verwaltungsgerichtshof des Landes Baden-Württemberg zutreffend beschrieben. Die Beklagte hat sich jedoch mit ihrer Satzung für diesen Steuermaßstab entschieden.
67Ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes ‑ GG ‑ liegt nicht deshalb vor, weil Prostituierte, die nicht in einer Einrichtung nach § 1 Nr. 6 VS tätig sind, gemäß § 1 Nr. 7 VS i. V. m. § 8 VS je Person und Tag mit einem Steuersatz von 6,00 Euro veranlagt werden. Der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG bedeutet für den Normgeber die allgemeine Weisung, Gleiches gleich und Ungleiches seiner Eigenart entsprechend verschieden zu behandeln. Dies gilt nicht ausnahmslos, sondern nur, wenn die Gleichheit oder Ungleichheit der Sachverhalte so bedeutsam sind, dass ihre Beachtung unter Gerechtigkeitsgesichtspunkten geboten erscheint. Dabei ist dem Normgeber weitgehende Gestaltungsfreiheit zuzugestehen. Dies gilt auch für die das Steuerrecht beherrschende Ausprägung des Artikels 3 Abs. 1 GG als Grundsatz der Steuergerechtigkeit. Durchbrechungen des Gleichheitssatzes durch Typisierungen und Pauschalierungen können ‑ insbesondere bei der Regelung von Massenerscheinungen ‑ durch Erwägungen der Verwaltungsvereinfachung und Praktikabilität gerechtfertigt sein, solange die durch jede typisierende Regelung entstehende Ungerechtigkeit noch in einem angemessenen Verhältnis zu den steuerliche Vorteilen der Typisierung steht. Die mit der Typisierungsbefugnis einhergehende Gestaltungsfreiheit muss der Normgeber allerdings sachgerecht ausüben. Eine von der Norm vorgenommene ungleiche Behandlung muss sich im Hinblick auf die Eigenart des zu regelenden Sachbereichs auf einen vernünftigen oder sonst wie einleuchtenden Grund zurückführen lassen. Was dabei in Anwendung des Gleichheitssatzes sachlich vertretbar oder sachfremd ist, lässt sich nicht allgemein und abstrakt feststellen, sondern nur in Bezug auf die Eigenart des konkreten Sachbereichs, der geregelt wird.
68Vgl. BVerwG, Urteil vom 19.1.2000 ‑ 11 C 8.99 ‑, BVerwGE 110, 265 (272).
69Hier erfasst die Satzung ‑ wie dargelegt wurde ‑ einrichtungsgebundene und einrichtungslosgelöste Prostitution. Bei einer einrichtungsgebundenen Prostitution ist der Flächenmaßstab wie allgemein bei einrichtungsgebundenen Vergnügungen ein geeigneter Maßstab, während er bei einer Prostitution außerhalb von Einrichtungen nicht sinnvoll anwendbar ist. Dies rechtfertigt die Anwendung eines anderen, ebenfalls pauschalen Wahrscheinlichkeitsmaßstabs, nämlich den eines festen Satzes pro Veranstaltungstag.
70Vgl. dazu, dass dieser Wahrscheinlichkeitsmaßstab angesichts des für unterschiedliche Prostituierte unterschiedlich hohen täglichen Aufwands ebenfalls sehr pauschal ist, OVG NRW, Beschluss vom 21.8.2012 - 14 B 835/12 ‑, NRWE Rn. 36.
71Auch die weitere Voraussetzung für die Erhebung der Sexsteuer als Aufwandsteuer im Sinne des Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG, dass der Steuerschuldner die Steuer auf den sich Vergnügenden abwälzen kann, ist gegeben. Steuergegenstand (Steuerobjekt) ist das Steuergut mit dem Inhalt und Umfang der Tatbestandsverwirklichung. Steuergut ist hier der Konsumaufwand in Form des vom Steuerträger, dem sich sexuell Vergnügenden, aufgewandten Betrags zur Erlangung der Gelegenheit des sexuellen Vergnügens.
72Vgl. zum Begriff Steuergegenstand und Steuergut Seer in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 21. Auflage, § 6 Rn. 36 ff., und Hey, ebd., § 3 Rn. 52, 70 ff.
73Daraus ergibt sich, dass der Steuerschuldner (Betreiber der Einrichtung), der keinen besteuerbaren Aufwand betreibt, die Steuer grundsätzlich auf den Steuerträger abwälzen können muss. Der verfassungsrechtliche Begriff der Aufwandsteuer, soweit sie indirekt erhoben wird, gebietet somit die Abwälzbarkeit der Steuer.
74Vgl. BVerwG, Urteil vom 10.12.2009 ‑ 9 C 12/08 ‑, NVwZ 2010, 784 Rn. 28 ff.
75Diese Abwälzbarkeit der Steuer vom Steuerschuldner auf den Steuerträger hat aber nicht zum Inhalt, dass dem Steuerschuldner die rechtliche Gewähr geboten werden muss, er werde den als Steuer gezahlten Geldbetrag ‑ etwa wie einen durchlaufenden Posten ‑ von dem von der Steuernorm ins Auge gefassten Steuerträger auch ersetzt erhalten. Es genügt vielmehr die Möglichkeit einer kalkulatorischen Überwälzung in dem Sinne, dass der Steuerschuldner den von ihm gezahlten Betrag in die Kalkulation seiner Selbstkosten einsetzen und die hiernach zur Aufrechterhaltung der Wirtschaftlichkeit seines Unternehmens geeigneten Maßnahmen ‑ Preiserhöhung, Umsatzsteigerung oder Senkung der Kosten ‑ treffen kann. Es reicht aus, wenn die Steuer auf eine Überwälzung der Steuerlast vom Steuerschuldner auf den Steuerträger angelegt ist, auch wenn die Überwälzung nicht in jedem Einzelfall gelingt.
76Vgl. BVerfG, Beschluss vom 4.2.2009 ‑ 1 BvL 8/05 ‑ , NVwZ 2009, 968 (972)
77Die Abwälzbarkeit setzt nicht voraus, dass der Unternehmer die Steuer im Voraus exakt berechnen kann. Entscheidend ist vielmehr, dass er die abzuführende Steuer anhand langfristiger Erfahrungs- und Durchschnittswerte verlässlich kalkulieren kann.
78Vgl. BVerwGE, Urteil vom 10. Dezember 2009 ‑ 9 C 12.08 -, NVwZ 2010, 784 Rn. 30.
79Diese Überwälzung ist hier möglich, weil der Bordellbesitzer die Steuer, die er sogar im Voraus exakt berechnen kann, in den Mietpreis der Zimmer, die er den Prostituierten zur Verfügung stellt, einkalkulieren kann. Die Prostituierten ihrerseits können über eine Erhöhung der Preise für ihre Dienstleistungen die Steuer auf die Steuerträger, ihre Kunden, abwälzen. Der Bordellbetreiber kann die Steuer auch unmittelbar auf die Steuerträger abwälzen, indem er einen Eintritt für den Bordellbesuch verlangt. Das alles unterliegt der Ausgestaltung des Verhältnisses zwischen den drei beteiligten Personengruppen der Bordellbetreiber, der Prostituierten und der Kunden.
80Die Rechtmäßigkeit der Steuererhebung wird nicht unter dem Gesichtspunkt der Erdrosselungswirkung der Steuer in Frage gestellt. Eine erdrosselnde Steuer verletzt die Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG. Das ist dann der Fall, wenn die betroffenen Berufsangehörigen in aller Regel und nicht nur in Ausnahmefällen wirtschaftlich nicht mehr in der Lage wären, den gewählten Beruf ganz oder teilweise zur Grundlage ihrer Lebensführung zu machen.
81Vgl. BVerfG, Beschluss vom 1.4.1971 ‑ 1 BvL 22/67‑, BVerfGE 31, 8 (29); Urteil vom 22.5.1963 ‑ 1 BvR 78/56 ‑, BVerfGE 16, 147 (165).
82Daraus folgt, dass es nicht auf die wirtschaftliche Situation des Klägers ankommt, so dass dessen vorgelegte betriebswirtschaftliche Auswertung rechtlich irrelevant ist. Es kommt vielmehr darauf an, ob eine steuerbedingte Tendenz zum Absterben der Bordellbranche in Oberhausen erkennbar ist. Hierfür ist kein Anhaltspunkt ersichtlich. Wie die Beklagte unwidersprochen vorgetragen hat, ist die Zahl der Bordellbetriebe in der G.------straße seit langer Zeit unverändert. Außerhalb der G.------straße ist es zwar zu einem Rückgang bordellähnlicher Betriebe in Oberhausen gekommen. Diese Entwicklung setzte jedoch schon vor Erhebung der hier in Rede stehenden Sexsteuer ein.
83Legt man die nicht verifizierten Angaben des Klägers zu Grunde, so ergibt sich, dass die Sexsteuer in Oberhausen weit von jeder Erdrosselungswirkung entfernt ist. Veranlagt wurde der Kläger für sein Bordell zu einer Steuer von 75.735 Euro für 27 Monate. Unter Berücksichtigung der Schließungszeiten des Bordells ergibt dies eine Steuer von etwa 94 Euro pro Tag. Bei der von dem Kläger angegebenen Belegungsquote von durchschnittlich neun Zimmern folgt daraus eine Steuer von etwas mehr als zehn Euro pro Tag und Zimmer. Wird angenommen, dass durchschnittlich nur fünf Kunden eine Prostituierte aufsuchen, so beträgt die Steuer pro Kunde etwa 2,00 Euro, bewegt sich also in der Preisklasse eines Bieres. Tatsächlich dürfte die Steuer pro Kunde sogar niedriger liegen. Nach der vorgelegten betriebswirtschaftlichen Auswertung, die sicher nicht zu hohe Erlöse ausweist, erzielte der Kläger 1.108.160,50 Euro in 34 Monaten. Pro Tag wurden somit 1.086 Euro eingenommen, was bei durchschnittlich neun vermieteten Zimmern einem Mietpreis von 120 Euro pro vermietetem Zimmer und Tag entspricht. Legt man einen Preis von 30,00 Euro für die sexuelle Dienstleistung zugrunde, sind allein vier Kunden erforderlich, um überhaupt die Miete zu erwirtschaften. Hinzu kommen Umsatz- und Einkommensteuer bei Teilnahme am Düsseldorfer Verfahren, wie es hier der Fall ist.
84Vgl. dazu das Merkblatt des Finanzministeriums NRW, Grundlegende Informationen zur Besteuerung für ein verschwiegenes Gewerbe, Januar 2010.
85Dies zeigt, dass entweder mehr Kunden bedient werden oder von weniger Kunden höhere Entgelte für die sexuellen Dienstleistungen entrichtet werden. In jedem Falle ist die auf den Kunden abgewälzte Steuer bei großer Kundenanzahl absolut und bei geringer Kundenzahl relativ zum an die Prostituierte gezahlten Gesamtentgelt vernachlässigbar. Ein in das Gewand einer Steuernorm gekleidetes Berufsverbot für Bordellbetreiber ist danach mit Sicherheit auszuschließen.
86Die Steuererhebung ist auch nicht deshalb verfassungswidrig, weil ein gleichheitswidriges strukturelles Vollzugsdefizit vorläge. Der Gleichheitssatz verlangt für das Steuerrecht auch, dass die Steuerpflichtigen durch ein Steuergesetz rechtlich und tatsächlich gleich belastet werden. Die Besteuerungsgleichheit hat mithin als ihre Komponenten die Gleichheit der normativen Steuerpflicht ebenso wie die Gleichheit bei deren Durchsetzung in der Steuererhebung. Daraus folgt, dass das materielle Steuergesetz in ein normatives Umfeld eingebettet sein muss, welches die Gleichheit der Belastung auch hinsichtlich des tatsächlichen Erfolges prinzipiell gewährleistet.
87Vgl. BVerfG, Urteil vom 27.6.1991 ‑ 2 BvR 1493/89 ‑, BVerfGE 84, 239 (Leitsatz 1).
88Die steuerliche Lastengleichheit fordert mithin, dass das materielle Steuergesetz die Gewähr einer regelmäßigen Durchsetzbarkeit soweit wie möglich in sich selbst trägt. Der Gesetzgeber hat demgemäß die Besteuerungstatbestände und die ihnen entsprechenden Erhebungsregelungen aufeinander abzustimmen. Führen Erhebungsregelungen dazu, dass ein gleichmäßiger Belastungserfolg prinzipiell verfehlt wird, kann die materielle Steuernorm nicht mehr gewährleisten, dass die Steuerpflichtigen nach Maßgabe gleicher Lastenzuteilung belastet werden; sie wäre dann gerade umgekehrt Anknüpfungspunkt für eine gleichheitswidrige Lastenverteilung.
89Vgl. BVerfG, Urteil vom 27.6.1991 ‑ 2 BvR 1493/89 ‑, BVerfGE 84, 239 (271 f.).
90Regelungen, die die Durchsetzung des Steueranspruchs sichern und Steuerverkürzungen verhindern sollen, müssen auf die Eigenart des konkreten Lebensbereichs und des jeweiligen Steuertatbestands ausgerichtet werden. Wird eine Steuer nicht an der Quelle erhoben, hängt ihre Festsetzung vielmehr von der Erklärung des Steuerschuldners ab, werden erhöhte Anforderungen an die Steuerehrlichkeit des Steuerpflichtigen gestellt. Der Gesetzgeber muss die Steuerehrlichkeit deshalb durch hinreichende, die steuerliche Belastungsgleichheit gewährleistende Kontrollmöglichkeiten abstützen. Im Veranlagungsverfahren bedarf das Deklarationsprinzip der Ergänzung durch das Verifikationsprinzip.
91Vgl. BVerfG, Urteil vom 27.6.1991 ‑ 2 BvR 1493/89 ‑, BVerfGE 84, 239 (273).
92Verfassungsrechtlich verboten ist der Widerspruch zwischen dem normativen Befehl der materiell pflichtbegründenden Steuernorm und der nicht auf Durchsetzung angelegten Erhebungsregelungen. Die empirische Ineffizienz von Rechtsnormen ist für die Gleichheitswidrigkeit unerheblich; erheblich wäre erst das normative Defizit des widersprüchlich auf Ineffektivität angelegten Rechts.
93Vgl. BVerfG, Urteil vom 9. März 2004 ‑ 2 BvL 17/02 ‑, BVerfGE 110, 94 (113).
94Für die hier in Rede stehenden Einrichtungen ist die Steuerpflicht leicht feststellbar, da diese bekannt sind und auf Bekanntheit angewiesen sind. Für sie besteht eine Anmelde- und Anzeigepflicht nach § 12 VS. Der Kläger behauptet noch nicht einmal, dass es in Oberhausen Einrichtungen im Sinne des § 1 Nr. 6 VS gibt, die von der Beklagten nicht zur Steuer veranlagt wurden.
95Für die einrichtungslosgelöst tätigen Einzelprostituierten gilt, dass sie nach § 12 VS die Veranstaltung anmelden und nach § 8 VS die Steuer selbst errechnen müssen. Ob die Beklagte über die Begründung solcher Erklärungspflichten hinaus bezüglich der Einzelprostituierten ausreichend Kontrollen durchführt, um hinsichtlich des Kreises der Einzelprostituierten eine gleiche Besteuerung durchzusetzen, kann dahinstehen. Defizite bei der Durchsetzung gleichmäßiger Besteuerung bezüglich des Steuergegenstandes nach § 1 Nr. 7 VS können von vorneherein keine Unwirksamkeit des gleichheitsgerecht durchgesetzten einrichtungsbezogenen Steuergegenstands nach § 1 Nr. 6 VS begründen. Da der Satzungsgeber nicht verpflichtet ist, den Aufwand für jegliches sexuelle Vergnügen im Stadtgebiet der Besteuerung zu unterwerfen, könnte er sich auch auf solche in dazu bestimmten Einrichtungen beschränken, so wie es auch tatsächlich praktiziert wird.
96S. etwa § 1a der Satzung über die Erhebung einer Steuer für sexuelle Vergnügungen in der Stadt Dorsten vom 20. Mai 2010.
97Daher kann ein - unterstelltes ‑ strukturelles Vollzugsdefizit bei der Besteuerung von Einzelprostituierten unter Gleichheitsgesichtspunkten nicht zur Verfassungswidrigkeit der ‑ gleichheitsgerecht durchgesetzten ‑ Steuervorschriften führen, die die Besteuerung von zu sexuellem Vergnügen bestimmten Einrichtungen regeln.
98Der Kläger durfte gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 VS als Steuerschuldner in Anspruch genommen werden. Nach dieser Vorschrift ist der Unternehmer der Veranstaltung Steuerschuldner. Der Kläger ist Unternehmer der Veranstaltung "gezielte Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen" in der von ihm betriebenen, dem Steuertatbestand unterfallenden Einrichtung.
99Gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b KAG i. V. m. § 43 Satz 1 AO bestimmt die Satzung, wer Steuerschuldner ist. Dem Satzungsgeber wird damit ein Spielraum eröffnet. Allerdings ist er begrenzt: Der Satzungsgeber ist an die Grundentscheidungen des Kommunalabgabengesetzes gebunden, insbesondere daran, dass es für das Entstehen der Abgabeschuld an einen Abgabetatbestand anknüpft.
100Vgl. Holtbrügge in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Loseblattsammlung (Stand: September 2013), § 2 Rn. 52; Lenz in: Hamacher u. a., KAG NRW, Loseblattsammlung (Stand: März 2013), § 2 Rn. 50 f.
101Das gilt auch für die Steuer. Gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b KAG i. V. m. § 38 AO entstehen Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft. Daher muss die Satzung nach § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG den die Abgabe begründenden Tatbestand angeben. Diese Grundentscheidung des Kommunalabgabengesetzes, das Entstehen der Steuerschuld an die Verwirklichung eines Steuertatbestands zu knüpfen, begrenzt den Kreis der in der Satzung zu bestimmenden möglichen Steuerschuldner. Nur wem die Erfüllung des Steuertatbestands zugerechnet werden kann, darf zum Steuerschuldner bestimmt werden. Daher ist es zumindest erforderlich, dass der Steuerschuldner in einer besonderen rechtlichen oder wirtschaftlichen Beziehung zum Steuergegenstand steht oder einen maßgebenden Beitrag zur Verwirklichung des steuerbegründenden Tatbestands leistet.
102Vgl. OVG NRW, Urteil vom 23.10.2013 ‑ 14 A 316/13 ‑, NRWE Rn. 121 ff. m. w. N.
103Hier geht es um den Konsumaufwand des sich in einer zu sexuellem Vergnügen bestimmten Einrichtung Vergnügenden. Es kann nicht zweifelhaft sein, dass der Kläger als Betreiber der Einrichtung, des Bordells, zu diesem Steuergegenstand die notwendige enge Beziehung aufweist. Das ergibt sich im übrigen auch daraus, dass er mit der Teilnahme am Düsseldorfer Verfahren die Einkommen- und Umsatzsteuer der Prostituierten abwickelt.
104Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 161 Abs. 2 VwGO. Soweit der Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt worden ist, waren dem Kläger die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge aufzuerlegen, weil er sich trotz Aufforderung (ausdrücklich) geweigert hat, die notwendigen Angaben zur Besteuerung nach dem Flächenmaßstab zu machen. Die Beklagte war deshalb gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b KAG i. V. m. § 162 AO zur Schätzung berechtigt, wie es geschehen ist.
105Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung - ZPO -.
106Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
(1) Soweit die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie sie zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.
(2) Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft oder eine Versicherung an Eides statt verweigert oder seine Mitwirkungspflicht nach § 90 Abs. 2 verletzt. Das Gleiche gilt, wenn der Steuerpflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Steuergesetzen zu führen hat, nicht vorlegen kann, wenn die Buchführung oder die Aufzeichnungen nach § 158 Absatz 2 nicht der Besteuerung zugrunde gelegt werden oder wenn tatsächliche Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der vom Steuerpflichtigen gemachten Angaben zu steuerpflichtigen Einnahmen oder Betriebsvermögensmehrungen bestehen und der Steuerpflichtige die Zustimmung nach § 93 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 nicht erteilt. Hat der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach § 12 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb verletzt, so wird widerlegbar vermutet, dass in Deutschland steuerpflichtige Einkünfte in Bezug zu Staaten oder Gebieten im Sinne des § 3 Absatz 1 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb
- 1.
bisher nicht erklärt wurden, tatsächlich aber vorhanden sind, oder - 2.
bisher zwar erklärt wurden, tatsächlich aber höher sind als erklärt.
(3) Verletzt ein Steuerpflichtiger seine Mitwirkungspflichten nach § 90 Absatz 3 dadurch, dass er keine Aufzeichnungen über einen Geschäftsvorfall vorlegt, oder sind die über einen Geschäftsvorfall vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar oder wird festgestellt, dass der Steuerpflichtige Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 Satz 5 nicht zeitnah erstellt hat, so wird widerlegbar vermutet, dass seine im Inland steuerpflichtigen Einkünfte, zu deren Ermittlung die Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 dienen, höher als die von ihm erklärten Einkünfte sind. Hat in solchen Fällen die Finanzbehörde eine Schätzung vorzunehmen und können diese Einkünfte nur innerhalb eines bestimmten Rahmens, insbesondere nur auf Grund von Preisspannen bestimmt werden, kann dieser Rahmen zu Lasten des Steuerpflichtigen ausgeschöpft werden. Bestehen trotz Vorlage verwertbarer Aufzeichnungen durch den Steuerpflichtigen Anhaltspunkte dafür, dass seine Einkünfte bei Beachtung des Fremdvergleichsgrundsatzes höher wären als die auf Grund der Aufzeichnungen erklärten Einkünfte, und können entsprechende Zweifel deswegen nicht aufgeklärt werden, weil eine ausländische, nahe stehende Person ihre Mitwirkungspflichten nach § 90 Abs. 2 oder ihre Auskunftspflichten nach § 93 Abs. 1 nicht erfüllt, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden.
(4) Legt ein Steuerpflichtiger über einen Geschäftsvorfall keine Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 vor oder sind die über einen Geschäftsvorfall vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar, ist ein Zuschlag von 5 000 Euro festzusetzen. Der Zuschlag beträgt mindestens 5 Prozent und höchstens 10 Prozent des Mehrbetrags der Einkünfte, der sich nach einer Berichtigung auf Grund der Anwendung des Absatzes 3 ergibt, wenn sich danach ein Zuschlag von mehr als 5 000 Euro ergibt. Der Zuschlag ist regelmäßig nach Abschluss der Außenprüfung festzusetzen. Bei verspäteter Vorlage von verwertbaren Aufzeichnungen beträgt der Zuschlag bis zu 1 000 000 Euro, mindestens jedoch 100 Euro für jeden vollen Tag der Fristüberschreitung; er kann für volle Wochen und Monate der verspäteten Vorlage in Teilbeträgen festgesetzt werden. Soweit den Finanzbehörden Ermessen hinsichtlich der Höhe des jeweiligen Zuschlags eingeräumt ist, sind neben dem Zweck dieses Zuschlags, den Steuerpflichtigen zur Erstellung und fristgerechten Vorlage der Aufzeichnungen nach § 90 Absatz 3 anzuhalten, insbesondere die von ihm gezogenen Vorteile und bei verspäteter Vorlage auch die Dauer der Fristüberschreitung zu berücksichtigen. Von der Festsetzung eines Zuschlags ist abzusehen, wenn die Nichterfüllung der Pflichten nach § 90 Abs. 3 entschuldbar erscheint oder ein Verschulden nur geringfügig ist. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen steht dem eigenen Verschulden gleich.
(4a) Verletzt der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach § 12 des Steueroasen-Abwehrgesetzes, ist Absatz 4 entsprechend anzuwenden. Von der Festsetzung eines Zuschlags ist abzusehen, wenn die Nichterfüllung der Mitwirkungspflichten entschuldbar erscheint oder das Verschulden nur geringfügig ist. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen ist dem Steuerpflichtigen zuzurechnen.
(5) In den Fällen des § 155 Abs. 2 können die in einem Grundlagenbescheid festzustellenden Besteuerungsgrundlagen geschätzt werden.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:
- 1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen, - 2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts, - 3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung), - 4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und - 5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.
(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:
- 1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung, - 2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung, - 3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung, - 4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und - 5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.