Verwaltungsgericht Köln Beschluss, 16. Aug. 2013 - 23 L 909/13
Gericht
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
2. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf € 3.750,00 festgesetzt.
1
Gründe
2I.
3Die Antragsteller wenden sich gegen eine der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung zur Errichtung zweier Mehrfamilien-Doppelhaushälften.
4Die Antragsteller sind Eigentümer eines im Jahre 1983 genehmigten eingeschossigen Einfamilienhauses auf dem Grundstück B.-------straße 00, Gemarkung G. , Flur 00, Flurstück 0000 (infolge Teilung hervorgegangen aus dem ehemaligen Flurstück 0000). Bei Genehmigung befanden sich bereits im rückwärtigen Bereich des Wohnhauses eine im Jahre 1972 errichtete Halle einer KFZ-Reparaturwerkstatt sowie eine im Jahre 1973 errichtete Doppelgarage, deren Tore an der von der B.-------straße abgewandten südlichen Garagenwand liegen. Die Halle hat in der Folge eine Reihe von Nutzungsänderungen erfahren. Mit Baugenehmigung vom 10.05.2001 genehmigte die Antragsgegnerin eine Nutzung als Ausstellungshalle mit Büroräumen und zehn Stellplätzen, von denen vier westlich des Einfamilienhauses und sechs weitere dahinter vorgesehen waren. Eine Baugenehmigung vom 21.02.2002 für einen Anbau an diese Halle sowie insgesamt 14 Stellplätze ist im Jahre 2005 erloschen. Die Halle besteht heute nicht mehr.
5Am 25.08.2006 erteilte die Antragsgegnerin gegenüber Frau E. W. -L. eine Baugenehmigung zum Neubau von zwei dreigeschossigen Mehrfamilien-Doppelhaushälften mit Pultdächern und je sechs Wohneinheiten sowie insgesamt zwölf Stellplätzen auf dem in ihrem Eigentum stehenden Grundstück B.-------straße 00, Gemarkung G. , Flur 00, Teil aus Flurstück 0000. Es handelt sich um den Grundstücksteil (heute Flurstück 0000), auf dem die ehemalige Halle gestanden hat. Von den zwölf Stellplätzen sind zehn an der östlichen Grenze und zwei weitere an der nördlichen Grenze zum Grundstück der Antragsteller geplant. Auf deren Grundstück liegt teilweise die Abstandfläche Nr. 00 des Vorhabens. Zu Lasten der Teilfläche, aus der das Flurstück 0000 hervorgegangen ist, bewilligte Frau E. W. -L. hinsichtlich der Abstandfläche Nr. 00 am 29.08.2006 die Eintragung einer Baulast ins Baulastenverzeichnis der Antragsgegnerin. Die Baulast wurde entsprechend eingetragen.
6Auf Antrag der ehemaligen Eigentümerin wurde das Flurstück 0000 im Jahre 2007 in die Flurstücke 0000, heute im Eigentum der Antragsteller, und 0000, das heutige Baugrundstück, aufgeteilt. Die Lage der beiden Grundstücke zueinander stellt sich folgendermaßen dar (die ehemalige Halle auf Flurstück 0000 ist noch, die Doppelgarage im südwestlichen Bereich des Flurstücks 0000 hingegen nicht dargestellt.):
78Beide Grundstücke werden ausschließlich über die B.-------straße im Norden erschlossen. Der Abstand zwischen dem Vorhaben und dem Einfamilienhaus beträgt ca. 13 m.
9Mit notariellem Kaufvertrag vom 20.03.2009 veräußerte Frau E. W. -L. das Eigentum an dem Flurstück 0000 an die Antragsteller. Am 01.09.2009 wurde das Eigentum im Grundbuch umgeschrieben. In Ziffer VI. 2 des Kaufvertrages heißt es u.a.: „Die Abstandsbaulast bezüglich des Flurstücks ist dem Käufer bekannt. Der Notar hat das Baulastenverzeichnis nicht eingesehen. Weiter ist ihm bekannt, dass die Fertiggarage derzeit nur als Speicherraum genutzt werden kann, da eine Zufahrt nicht möglich ist.“
10Die streitgegenständliche Baugenehmigung wurde durch Bescheide vom 28.10.2009, vom 02.11.2010, vom 09.09.2011 und zuletzt durch Bescheid vom 27.08.2012 bis zum 25.08.2013 verlängert.
11Das Flurstück 0000 ging im Jahre 2010 zunächst ins Eigentum eines Herrn N. L. über. Die Auflassung gegenüber den Beigeladenen erfolgte Mitte 2012, im Februar 2013 wurden sie als Eigentümer ins Grundbuch eingetragen.
12Zum 19.02.2013 zeigten die Beigeladenen gegenüber der Antragsgegnerin den Baubeginn an.
13Am 24.06.2013 haben die Antragsteller Klage (23 K 3917/13) gegen die Baugenehmigung erhoben und den vorliegenden Antrag gestellt. Zur Begründung tragen sie im Wesentlichen vor, die Baugenehmigung, die ihnen erst am 13.06.2013 bekannt gegeben worden sei, verletze sie in ihren Nachbarrechten. Diese seien nicht verwirkt. Die Genehmigung sei zum einen zu ihren Lasten unbestimmt, da die Abstandfläche Nr. 00 auf verschiedenen Bauvorlagen unterschiedliche Maße aufweise. Zum anderen verstoße die Anordnung von zehn Stellplätzen unmittelbar entlang der gemeinsamen Grundstücksgrenze und von zwei weiteren Stellplätzen jenseits der rückwärtigen Grenze ihres Grundstücks gegen § 51 Abs. 7 BauO NRW. Schließlich sei das Gebot der Rücksichtnahme verletzt, da das Vorhaben ihrem Grundstück gegenüber eine erdrückende und verschattende Wirkung entfalte und zu ihrem Nachteil Einsichtnahmemöglichkeiten schaffe.
14Die Antragsteller beantragen,
15die aufschiebende Wirkung ihrer Klage (23 K 3917/13) gegen die Baugenehmigung vom 25.08.2006 anzuordnen,
16Die Antragsgegnerin beantragt,
17den Antrag abzulehnen.
18Zur Begründung führt sie aus, es bestünden bereits Zweifel an der Zulässigkeit der Klage, da die Antragsteller durch den Kauf des Grundstücks in die Rechte und Pflichten der Rechtsvorgängerin eingetreten seien. Im Übrigen seien Nachbarrechte nicht verletzt. Die Lage der Abstandfläche Nr. 00 sei aufgrund der eingetragenen Baulast hinzunehmen. Die Baugenehmigung sei auch nicht unbestimmt, da Inhalt, Reichweite und Umfang des Vorhabens aus den mit Zugehörigkeitsvermerk versehenen Bauvorlagen erkennbar seien. Gegen § 51 Abs. 7 BauO NRW werde nicht verstoßen, da die Stellplätze nahe der Straße untergebracht seien. Eine erdrückende Wirkung oder unzumutbare Einsichtnahmemöglichkeiten entstünden nicht.
19Die Beigeladenen beantragen,
20den Antrag abzulehnen.
21Sie machen geltend, den Antragstellern sei die Baugenehmigung durch den seinerzeitigen Verkäufer bei Erwerb des Einfamilienhauses übergeben worden. Die Baugenehmigung sei nicht widersprüchlich, da sich die in das Baulastenverzeichnis eingetragene Abstandfläche dem Lageplan entnehmen lasse. Die Geräusche, die mit der Nutzung der nahe an der Straße untergebrachten Stellplätze einhergingen, seien den Antragstellern zumutbar. Dass auf das Grundstück der Antragsteller zukünftig unmittelbar Einsichtnahme genommen und dieses nur noch als eine vom Vorhabengrundstück beherrschte Fläche wahrgenommen werden könne, sei nicht ersichtlich.
22Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte dieses Verfahrens und des Verfahrens 23 K 3917/13 sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge (9 Hefte) ergänzend Bezug genommen.
23II.
24Der Antrag hat keinen Erfolg.
25Das Gericht ordnet gemäß § 80a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 S. 2, § 80 Abs. 5 VwGO die nach § 212a Abs. 1 BauGB entfallende aufschiebende Wirkung der Klage des Nachbarn gegen eine Baugenehmigung dann an, wenn das Interesse des Nachbarn, vorerst von der Ausführung des Bauvorhabens verschont zu bleiben, gegenüber dem Interesse des Bauherrn an der sofortigen Ausnutzung der Baugenehmigung überwiegt. Für diese Interessenabwägung sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache das maßgebliche Kriterium. Gemessen hieran fällt die Interessenabwägung zulasten der Antragsteller aus. Denn ihre gegen die Baugenehmigung gerichtete Nachbarklage stellt sich bei einer im vorläufigen Rechtsschutzverfahren alleine möglichen und gebotenen summarischen Prüfung sowohl als unzulässig wie auch als unbegründet dar.
26Die Klage ist unzulässig, da etwaige Abwehrrechte, falls sie entstanden sein sollten, jedenfalls nicht mehr angefochten werden können. Bei Genehmigungserteilung im Jahre 2006 konnte das streitige Vorhaben keine Abwehrrechte zugunsten des Einfamilienhauses auslösen, das heute im Eigentum der Antragsteller steht. Denn zu diesem Zeitpunkt war das Vorhaben auf demselben Flurstück (damalige Bezeichnung 0000) geplant, auf dem sich das Einfamilienhaus befand. Da sowohl das Bauplanungs- wie auch das Bauordnungsrecht grundstücks- und nicht personenbezogen sind, kann es keinen Nachbarrechtsschutz gegenüber einem Bauvorhaben auf ein und demselben Grundstück geben. Ob eventuelle Abwehrrechte zugunsten des Grundstücks der Antragsteller entstehen konnten, als diesen nach der Teilung das Eigentum an dem Grundstück übertragen wurde und damit die streitgegenständlichen Grundstücke unterschiedlichen Eigentümern gehörten, kann vorliegend dahinstehen.
27Denn selbst wenn nachbarliche Abwehrrechte für die Antragsteller beim Eigentumserwerb im Jahre 2009 entstanden sein sollten, wären diese Abwehrrechte inzwischen erloschen. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass eine Baugenehmigung auch von Nachbarn, denen sie nicht bekanntgegeben worden ist, nur eine begrenzte Zeit lang angefochten werden kann, nachdem die Nachbarn auf sonstige Weise zuverlässig Kenntnis von der Erteilung der Baugenehmigung erlangt haben. In aller Regel müssen sie sich dann nach Treu und Glauben bezüglich der Einlegung eines Rechtsbehelfs so behandeln lassen, als sei ihnen die Baugenehmigung im Zeitpunkt der zuverlässigen Kenntniserlangung amtlich bekanntgegeben worden. Denn mit Rücksicht auf das nachbarliche Gemeinschaftsverhältnis muss sie diese Kenntniserlangung nach Treu und Glauben in aller Regel in gleicher Weise wie eine amtliche Bekanntmachung der Genehmigung veranlassen, ihre Einwendungen in angemessener Frist geltend zu machen. Die Frist zur Einlegung des Rechtsbehelfs richtet sich deshalb für die Nachbarn vom Zeitpunkt der zuverlässigen Kenntniserlangung an regelmäßig nach den Fristvorschriften der §§ 74 Abs. 1 und 58 Abs. 2 VwGO. Sofern ihnen – wie fast immer – mit der anderweitigen Kenntniserlangung von der Genehmigung nicht zugleich eine Rechtsmittelbelehrung erteilt worden ist, müssen sie also ihren Rechtsbehelf regelmäßig innerhalb der Jahresfrist des § 58 Abs. 2 VwGO einlegen; ein später eingelegter Rechtsbehelf ist unzulässig („verwirkt“). Gleiches gilt nach Treu und Glauben regelmäßig für den Fall, dass die Nachbarn von der Baugenehmigung zuverlässige Kenntnis hätten haben müssen, weil sich ihnen das Vorliegen der Baugenehmigung aufdrängen musste und es ihnen möglich und zumutbar war, sich hierüber – etwa durch Anfrage beim Bauherrn oder bei der Baugenehmigungsbehörde – Gewissheit zu verschaffen. Dann läuft für sie die Frist des § 74 Abs. 1 in Verbindung mit § 58 Abs. 2 VwGO für die Einlegung der Klage von dem Zeitpunkt ab, in dem sie zuverlässige Kenntnis von der Genehmigung hätten erlangen müssen. Die dargelegte zeitliche Beschränkung des Klagerechts nach Treu und Glauben gilt allerdings nicht stets, sondern nur in der Regel. Sie lässt also Ausnahmen zu, wenn besondere von der Regel abweichende Umstände, die der Nachbar dartun und für deren Nichterweisbarkeit er die materielle Beweislast trägt, dies nach Treu und Glauben gebieten.
28Vgl. BVerwG, Urteil vom 25.01.1974 – IV C 2.72 –, juris, Rz. 23 ff., Beschlüsse vom 28.08.1987 – 4 N 3.86 –, juris, Rz. 12 ff., vom 18.01.1988 – 4 B 257.87 –, juris und vom 17.02.1989 – 4 B 28.89 –, juris.
29Insoweit kann vorliegend offen bleiben, ob die Baugenehmigung vom 25.08.2006 den Antragstellern, wie von den Beigeladenen behauptet, bei Erwerb des Einfamilienhauses von Verkäuferseite übergeben worden ist. Denn jedenfalls hätten die
30Antragsteller spätestens ab dem Zeitpunkt der Unterzeichnung des notariellen Kaufvertrags am 20.03.2009 Kenntnis von der streitigen Baugenehmigung haben müssen. In Ziffer VI. 2. des Kaufvertrages haben die Antragsteller durch Unterschrift bestätigt, dass ihnen die Abstandflächenbaulast auf ihrem Flurstück bekannt war. Angesichts dessen hätte sich ihnen die Existenz der streitigen Baugenehmigung aufdrängen müssen und wurde spätestens zu diesem Zeitpunkt die inzwischen bei weitem abgelaufene Jahresfrist ausgelöst. Die Kenntnis von der Abstandflächenbaulast jedenfalls gab ihnen Anlass, das Baulastenverzeichnis bei der Antragsgegnerin einzusehen und den sich daraus ergebenden Hinweisen auf die streitige Baugenehmigung nachzugehen, sei es durch Nachfrage bei ihrer Rechtsvorgängerin oder bei der Antragsgegnerin.
31Darüber hinaus stellt sich die Klage nach der vorliegend gebotenen summarischen Prüfung auch als unbegründet dar. Die angefochtene Baugenehmigung ist weder in nachbarrechtsrelevanter Weise zu Lasten der Antragsteller unbestimmt noch verstößt sie zu deren Ungunsten gegen die Vorschrift des § 51 Abs. 7 BauO NRW oder das baurechtliche Gebot der Rücksichtnahme.
32Ein Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot des § 37 Abs. 1 VwVfG NRW können die Antragsteller nicht mit Erfolg geltend machen. Eine Baugenehmigung muss inhaltlich bestimmt sein. Sie muss Inhalt, Reichweite und Umfang der getroffenen Regelung eindeutig erkennen lassen, damit der Bauherr die Bandbreite der für ihn zulässigen Nutzungen und Drittbetroffene das Maß der für sie aus der Baugenehmigung erwachsenden Betroffenheit zweifelsfrei feststellen können. Eine solche, dem Bestimmtheitsgebot genügende Aussage muss der Baugenehmigung selbst – gegebenenfalls durch Auslegung – entnommen werden können, wobei die mit Zugehörigkeitsvermerk versehenen Bauvorlagen bei der Ermittlung des objektiven Erklärungsinhalts der Baugenehmigung heranzuziehen sind.
33Vgl. OVG NRW, Urteil vom 25.01.2013 – 10 A 2269/10 –, juris, Rz. 59 ff. m.w.N.
34Die Frage der Bestimmtheit stellt sich in Nachbarstreitverfahren nur dann, wenn aufgrund einer Unbestimmtheit eine Verletzung nachbarschützender Normen nicht ausgeschlossen ist. Vorliegend ist aber ein Verstoß gegen die Regelung des § 6 BauO NRW durch die Abstandfläche Nr. 00 nicht (mehr) möglich. Bei Ersterteilung der streitigen Baugenehmigung im Jahre 2006 konnte die damalige Bauherrin lediglich das sogenannte Schmalseitenprivileg nach Maßgabe des § 6 Abs. 1 S. 1 i.V.m. Abs. 5 S. 1 BauO NRW in der damals gültigen Fassung in Anspruch nehmen. Danach genügte vor zwei Außenwänden eines Gebäudes auf einer Länge von nicht mehr als 16 m als Tiefe der Abstandfläche die Hälfte der an sich erforderlichen Tiefe. Die erforderliche Tiefe der Abstandflächen an den übrigen Außenwänden bestimmte sich nach § 6 Abs. 5 S. 1 BauO NRW a.F. Dementsprechend hat der Entwurfsverfasser bei der Berechnung der Abstandfläche Nr. 00 die betreffende Wandhöhe H (10,39 m) mit 0,8 (vgl. § 6 Abs. 5 S. 1 1. Spiegelstrich BauO NRW a.F.) multipliziert. Daraus ergibt sich als Tiefe dieser Abstandfläche 8,31 m. Mit Artikel I Nr. 2 des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Landesbauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen vom 12.12.2006 (GV. NRW. S. 615) wurde § 6 der Bauordnung novelliert. In der seitdem geltenden Fassung des § 6 Abs. 6 S. 1 Fall 1 BauO NRW genügt auf einer Länge der Außenwände und von Teilen der Außenwände von nicht mehr als 16 m gegenüber jeder Grundstücksgrenze und gegenüber jedem Gebäude auf demselben Grundstück als Tiefe der Abstandflächen 0,4 H, mindestens jedoch 3 m. Somit musste die Tiefe der Abstandfläche Nr. 00 im Zeitpunkt der hier maßgeblichen Verlängerung der Baugenehmigung vom 27.08.2012 nur noch die Hälfte, namentlich 4,16 m betragen. Diesen Abstand hält das Vorhaben auf jeden Fall ein.
35Die Anordnung und die Anzahl der zum Vorhaben gehörenden Stellplätze begründen keinen Verstoß gegen die nachbarschützende Vorschrift des § 51 Abs. 7 BauO NRW zum Nachteil der Antragsteller. Danach müssen Stellplätze und Garagen so angeordnet und ausgeführt werden, dass ihre Benutzung die Gesundheit nicht schädigt und Lärm oder Gerüche das Arbeiten und Wohnen, die Ruhe und die Erholung in der Umgebung nicht über das zumutbare Maß hinaus stören. Die Frage, wann die Benutzung von Garagen oder Stellplätzen die Umgebung unzumutbar stört, lässt sich nicht abstrakt und generell nach festen Merkmalen beurteilen. Deswegen kommt es beispielsweise darauf an, wo die Garagen oder Stellplätze angeordnet werden sollen und in welcher Lage sich dieser Standort zu dem Grundstück, dem Wohnhaus und gegebenenfalls gegenüber den Wohnräumen des betroffenen Nachbarn befindet. Entscheidend ist weiter der Umstand, wie der Bereich, in dem die Stellplätze oder Garagen errichtet werden sollen bzw. in dem sie sich auswirken werden, zu qualifizieren ist und welche Einwirkungen die Bewohner dort bereits hinzunehmen haben. Die Grenze ist umso niedriger anzusetzen, je empfindlicher und schutzwürdiger der Bereich, in dem die Stellplätze errichtet werden sollen, hinsichtlich der in § 51 Abs. 7 BauO NRW genannten Schutzgüter ist. Technisch-rechnerisch ermittelte Emissionswerte – seien es Einzelwerte, Wirk- oder Beurteilungspegel – sind dabei für die Beurteilung nicht ausschlaggebend.
36Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 16.11.2012 – 2 B 1095/12 –, juris, Rz. 32 m.w.N.
37Ausgehend von diesen Grundsätzen, die gleichermaßen für die Zufahrt zu Stellplätzen oder Garagen gelten, erweist sich die Anordnung der Stellplätze und der Ein- und Ausfahrt sowie die Anzahl der Stellplätze in der genehmigten Ausführung nicht als den Antragstellern unzumutbar. Dafür spricht bereits, dass die streitgegenständlichen Stellplätze auf dem nur über die B.-------straße erschlossenen Baugrundstück überwiegend straßennah errichtet werden. Entscheidend ist jedoch, dass die Stellplatzsituation westlich und südlich des Grundstücks der Antragsteller dergestalt vorgeprägt ist, dass die geplante Stellplatzanzahl und -anordnung keine ihnen unzumutbare Veränderung darstellt. Ob mit Blick auf die Doppelgarage im rückwärtigen Grundstücksbereich der Antragsteller angesichts mittlerweile fehlender Anfahrmöglichkeit eine prägende Wirkung hinsichtlich PKW-Nutzung anzunehmen ist, kann vorliegend dahinstehen. Denn das Vorhabengrundstück ist durch seine vorherige bauliche Nutzung in dieser Hinsicht entscheidend vorgeprägt. Für die dort vorher befindliche Ausstellungshalle waren insgesamt zehn Stellplätze genehmigt. Von diesen lagen immerhin vier auf der westlichen Seite des Einfamilienhauses und sogar sechs Stellplätze in dessen rückwärtigen Grundstücksbereich. Damit ist der Bereich des Grundstücks der Antragsteller bereits in der Vergangenheit erheblichen Beeinträchtigungen durch Parkverkehr und Rangierbewegungen auf den genannten Stellplätzen und der Zufahrt zu diesen ausgesetzt gewesen. Angesichts dessen mussten die Antragsteller damit rechnen, dass es zu einer zukünftigen Stellplatznutzung vergleichbaren Ausmaßes auf dem Vorhabengrundstück kommen würde. Somit ist ihnen die Genehmigung von zehn Stellplätzen an der westlichen Grundstücksgrenze sowie zwei weiteren Stellplätzen im Bereich hinter der südlichen Grundstücksgrenze zuzumuten.
38Das in § 34 Abs. 1 BauGB verankerte Gebot der Rücksichtnahme wird durch das Vorhaben nicht zu Ungunsten der Antragsteller verletzt. Das Rücksichtnahmegebot verlangt – soweit seine nachbarschützende Wirkung geht – im Einzelfall eine Abwägung der Interessen von Bauherrn und Nachbarn. Welche Anforderungen das Gebot der Rücksichtnahme begründet, hängt wesentlich von den jeweiligen Umständen ab. Der Nachbar kann umso mehr Rücksicht verlangen, je empfindlicher und schutzwürdiger seine Stellung ist; umgekehrt braucht der Bauherr umso weniger Rücksicht zu nehmen, je verständlicher und weniger abweisbar die von ihm verfolgten Interessen sind. Die hierbei vorzunehmende Interessenabwägung hat sich an dem Kriterium der Unzumutbarkeit auszurichten. Unzumutbarkeit liegt vor, wenn dem Betroffenen die nachteilige Einwirkung des streitigen Bauwerks billigerweise nicht mehr zugemutet werden kann. Dem Gebot der Rücksichtnahme kommt nachbarschützende Wirkung zu, wenn in qualifizierter und individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar begrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist.
39Vgl. BVerwG, Beschluss vom 06.12.1996 – 4 B 215.96 –, juris, Rz. 9 m.w.N.
40Die durch das streitige Vorhaben entstehenden Belastungen für das Grundstück der Antragsteller erreichen nicht den Grad der Rücksichtslosigkeit. Im Hinblick auf das Maß der baulichen Nutzung kann sich ein Bauvorhaben dann mit dem Gebot der Rücksichtnahme als nicht vereinbar erweisen, wenn es eine erdrückende Wirkung hat. Das Vorhaben der Beigeladenen entfaltet keine erdrückende Wirkung in Bezug auf das Grundstück der Antragsteller. Rücksichtslos erweist sich ein Bauvorhaben insoweit erst dann, wenn es ein benachbartes Grundstück unangemessen benachteiligt, indem es diesem förmlich „die Luft nimmt“, wenn für den Nachbarn das Gefühl des „Eingemauertseins“ entsteht oder wenn die Größe des „erdrückenden“ Gebäudes aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalls derart übermächtig ist, dass das „erdrückte“ Gebäude oder Grundstück nur noch oder überwiegend wie eine von einem „herrschenden“ Gebäude dominierte Fläche ohne eigene Charakteristik wahrgenommen wird.
41Vgl. OVG NRW, Urteil vom 18.10.2011 – 10 A 26/09 –, juris, Rz. 58 f. m.w.N.
42Eine erdrückende Wirkung ist indes in der Rechtsprechung erst bei gravierenderen Höhen- und Breitenunterschieden auf den jeweiligen Nachbargrundstücken angenommen worden,
43z.B. BVerwG, Urteil vom 23.05.1986 – 4 C 34.85 – (drei 11,50 m hohe Silos neben 7 m breiten Grundstück, 6 m hinter Wohnhaus und 3 m von der Grundstücksgrenze); OVG Lüneburg, Urteil vom 29.09.1988 – 1 A 75/87 – (160 m Lärmschutzwall und -wand in 25 m Entfernung); OVG NRW, Beschluss vom 22.11.1991 – 11 B 2890 – (75 m lange, 9,50 bzw. 7,50 m hohe, ungegliederte Halle mit Grenzabstand 3 m); BVerwG, Urteil vom 18.03.2009 – 9 A 37/07 – (für ein Planfeststellungsverfahren: Autobahntalbrücke 20 m neben einem Wohnhaus);
44keine Verletzung des Rücksichtnahmegebots z.B.: OVG NRW, Beschluss vom 19.07.2010 – 7 A 3199/08 – (17,50 m hohes Flachdachgebäude neben knapp 12 m hohem Wohnhaus mit Walmdach); OVG NRW, Beschluss vom 29.04.2010 – 7 B 201/10 – (2,70 m höheres Wohnhaus); OVG NRW, Beschluss vom 12.02.2010 – 7 B 1840/09 – (ähnlich hohes Gebäude mit Staffelgeschoss in ca. 9 m Entfernung); OVG NRW, Urteil vom 06.12.2009 – 8 D 6/08.AK - (181 m hoher Kühlturm eines Kraftwerkes in 570 m Entfernung zu einem Wohnhaus); OVG NRW, Urteil vom 03.05.2007 – 7 A 2364/06 – (6,20 m hohe Wand vor kleinem Grundstück); OVG NRW, Urteil vom 29.08.2005 – 10 A 3138/02 – (27 m hohe und 62 m lange Wand eines Versandlagers in 34 bis 38 m Entfernung zu Wohnhäusern); OVG NRW, Beschluss vom 12.07.1991 – 10 B 1547/91 – (Wand von 8 m Höhe und 45 m Länge unter Einhaltung der Abstandflächen); OVG NRW, Beschluss vom 22.05.1991 – 11 B 3358/90 – (44 m langes Gebäude im Abstand von 4 m zur Grundstücksgrenze bei einer Traufhöhe von 4,5 m); OVG NRW, Beschluss vom 08.05.1991 – 11 B 668/91 – (an die Grenze gebautes zwei- oder dreigeschossiges Gebäude); OVG NRW, Beschluss vom 21.07.1994 – 11 B 1511/94 – (5 m hoher, 270 m langer bepflanzter Lärmschutzwall); OVG Lüneburg, Urteil vom 11.4.1997 – 1 L 7286/95 – (insgesamt 80 m lange, 5,50 m hohe gewerbliche Hofüberdachung / Halle an zwei Grundstücksgrenzen); OVG NRW, Beschluss vom 13.09.1999 – 7 B 1457/99 – (Wohnbebauung mit 54 Wohneinheiten bei vorhandener Bebauung / Geländeerhöhung auf allen Seiten); BVerwG, Urteil vom 09.02.2005 – 9 A 62/03 – (für ein Planfeststellungsverfahren: 300 m lange und 3 m hohe Lärmschutzwand neben Wohnhäusern in 14 bis 24 m Entfernung); OVG NRW, Beschluss vom 06.06.2012 – 7 B 487/12 – (Firsthöhe von 7,20 m zu 15,86 m bei einem Gebäudeabstand von 5,23 m).
45Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze kommt es angesichts einer Pultdachfirsthöhe der geplanten Wohnhäuser von 11,40 m bei einem Abstand zwischen den Wohnhäusern von ca. 13 m nicht zu einer erdrückenden Wirkung zu Lasten des Grundstücks der Antragsteller. Hierfür spricht ferner die oben erläuterte Einhaltung der Abstandflächen. Eine Rücksichtslosigkeit resultiert den Antragstellern gegenüber auch nicht aus der zu erwartenden Verschattung ihres Grundstücks. In einem bebauten innerstädtischen Gebiet müssen Nachbarn hinnehmen, dass Grundstücke innerhalb des durch das Bauplanungs- und das Bauordnungsrecht vorgegebenen Rahmens baulich ausgenutzt werden und es dadurch zu einer gewissen Verschattung des eigenen Grundstücks kommt.
46Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 09.02.2009 – 10 B 1713/08 –, juris, Rz. 28 ff.
47Eine Verschattung unzumutbaren Ausmaßes ist weder substantiiert dargelegt noch ersichtlich. Ebenso wenig führen die geltend gemachten Einsichtsmöglichkeiten zu einer Unzumutbarkeit. Die Möglichkeit der Einsichtnahme auf ein benachbartes Grundstück ist in einem bebauten innerstädtischen Gebiet üblich und führt regelmäßig nicht zu einer Verletzung des Rücksichtnahmegebots.
48Vgl. OVG NRW, Urteil vom 19.02.2010 – 7 A 3199/08 –, juris, Rz. 67; Beschluss 09.02.2009 – 10 B 1713/08 –, juris, Rz. 30.
49Dies gilt insbesondere für das genehmigte Vorhaben. Es weist an der zum Grundstück der Antragsteller ausgerichteten Nordseite weder Balkone noch besonders großflächige oder zahlreiche Fenster auf.
50Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO. Dabei entsprach es der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, weil diese einen Antrag gestellt und sich damit auch selbst dem Kostenrisiko ausgesetzt haben.
51Mit Rücksicht auf die Bedeutung der Sache für die Antragsteller ist es angemessen, den Streitwert auf den festgesetzten Betrag zu bestimmen (§ 53 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG). Das Gericht orientiert sich insoweit in ständiger Rechtsprechung an den Ziffern 7. a) und 12. a) des Streitwertkataloges der Bausenate des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 17.09.2003 (BauR 2003, 1883).
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Annotations
(1) Legt ein Dritter einen Rechtsbehelf gegen den an einen anderen gerichteten, diesen begünstigenden Verwaltungsakt ein, kann die Behörde
- 1.
auf Antrag des Begünstigten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen, - 2.
auf Antrag des Dritten nach § 80 Abs. 4 die Vollziehung aussetzen und einstweilige Maßnahmen zur Sicherung der Rechte des Dritten treffen.
(2) Legt ein Betroffener gegen einen an ihn gerichteten belastenden Verwaltungsakt, der einen Dritten begünstigt, einen Rechtsbehelf ein, kann die Behörde auf Antrag des Dritten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen.
(3) Das Gericht kann auf Antrag Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2 ändern oder aufheben oder solche Maßnahmen treffen. § 80 Abs. 5 bis 8 gilt entsprechend.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens haben keine aufschiebende Wirkung.
(2) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Geltendmachung des Kostenerstattungsbetrags nach § 135a Absatz 3 sowie des Ausgleichsbetrags nach § 154 durch die Gemeinde haben keine aufschiebende Wirkung.
(1) Die Anfechtungsklage muß innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheids erhoben werden. Ist nach § 68 ein Widerspruchsbescheid nicht erforderlich, so muß die Klage innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts erhoben werden.
(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.
(1) Die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf beginnt nur zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehrt worden ist.
(2) Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Rechtsbehelfs nur innerhalb eines Jahres seit Zustellung, Eröffnung oder Verkündung zulässig, außer wenn die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder eine schriftliche oder elektronische Belehrung dahin erfolgt ist, daß ein Rechtsbehelf nicht gegeben sei. § 60 Abs. 2 gilt für den Fall höherer Gewalt entsprechend.
(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein.
(2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich oder elektronisch zu bestätigen, wenn hieran ein berechtigtes Interesse besteht und der Betroffene dies unverzüglich verlangt. Ein elektronischer Verwaltungsakt ist unter denselben Voraussetzungen schriftlich zu bestätigen; § 3a Abs. 2 findet insoweit keine Anwendung.
(3) Ein schriftlicher oder elektronischer Verwaltungsakt muss die erlassende Behörde erkennen lassen und die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten. Wird für einen Verwaltungsakt, für den durch Rechtsvorschrift die Schriftform angeordnet ist, die elektronische Form verwendet, muss auch das der Signatur zugrunde liegende qualifizierte Zertifikat oder ein zugehöriges qualifiziertes Attributzertifikat die erlassende Behörde erkennen lassen. Im Fall des § 3a Absatz 2 Satz 4 Nummer 3 muss die Bestätigung nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes die erlassende Behörde als Nutzer des De-Mail-Kontos erkennen lassen.
(4) Für einen Verwaltungsakt kann für die nach § 3a Abs. 2 erforderliche Signatur durch Rechtsvorschrift die dauerhafte Überprüfbarkeit vorgeschrieben werden.
(5) Bei einem schriftlichen Verwaltungsakt, der mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wird, können abweichend von Absatz 3 Unterschrift und Namenswiedergabe fehlen. Zur Inhaltsangabe können Schlüsselzeichen verwendet werden, wenn derjenige, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, auf Grund der dazu gegebenen Erläuterungen den Inhalt des Verwaltungsaktes eindeutig erkennen kann.
(6) Einem schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsakt, der der Anfechtung unterliegt, ist eine Erklärung beizufügen, durch die der Beteiligte über den Rechtsbehelf, der gegen den Verwaltungsakt gegeben ist, über die Behörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf einzulegen ist, den Sitz und über die einzuhaltende Frist belehrt wird (Rechtsbehelfsbelehrung). Die Rechtsbehelfsbelehrung ist auch der schriftlichen oder elektronischen Bestätigung eines Verwaltungsaktes und der Bescheinigung nach § 42a Absatz 3 beizufügen.
(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.
(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.
(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.
(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung
- 1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient: - a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs, - b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder - c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
- 2.
städtebaulich vertretbar ist und - 3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
(4) Die Gemeinde kann durch Satzung
- 1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, - 2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind, - 3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass
- 1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind, - 2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und - 3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.
(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.
(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.