Verwaltungsgericht Köln Urteil, 20. Okt. 2016 - 15 K 6760/15
Gericht
Tenor
Die Beklagte wird unter Aufhebung ihres Bescheides vom 11. November 2013 und der Auswahlentscheidung verpflichtet, über die Beförderung des Klägers nach A 11 BBesO im Rahmen der Beförderungsrunde 2013 erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.
Die Berufung wird zugelassen.
1
T a t b e s t a n d :
2Der Kläger ist Beamter der Besoldungsgruppe A 10 BBesO und bei der Beklagten dauerhaft am zweiten Dienstsitz in C. tätig. Er wendet sich dagegen, dass die Beklagte ihn - im Gegensatz zu den Beigeladenen - im Rahmen der Beförderungsrunde nach A 11 BBesO Ende November 2013 nicht für eine Beförderung vorgesehen hat.
3In die entsprechende Auswahlentscheidung, bei der 96 Planstellen zur Verfügung standen, wurden von insgesamt 226 Beamten 218 in das Betrachterfeld aufgenommen, darunter auch der Kläger. Die Gesamtnote der für den Kläger unter dem 27. Juni 2013 erstellten Regelbeurteilung für den Zeitraum vom 10. Januar 2011 bis zum 01. April 2012 lautete auf "erfüllt die Anforderungen in jeder Hinsicht (4)". Rund 78 Prozent der in seiner Vergleichsgruppe Beurteilten erzielten ein besseres Ergebnis. Nachdem eine Stellungnahme des Klägers, welche auf eine Beurteilung zumindest mit der Note "2" abzielte, nicht zu einer Änderung der Regelbeurteilung geführt hatte, hat der Kläger am 25. November 2015 Klage gegen die Beurteilung erhoben.
4In der in Rede stehenden Beförderungsrunde kam der Kläger nicht zum Zuge. In Auswertung des aktuellen Leistungsbildes der betrachteten 218 Beamten wählte die Beklagte 96 Beamte und Beamtinnen - darunter die Beigeladenen - aus, und zwar die mit den Noten "1" oder "2" benoteten 62 Beamten bzw. Beamtinnen sowie die 34 Beamten bzw. Beamtinnen, welche die Note "3" mit der besten Binnendifferenzierung (d.h. mit einem "A", zwei "B" und drei "C") erhalten haben.
5Mit Bescheid vom 11. November 2013 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass er in der fraglichen Beförderungsrunde nicht für eine Beförderung vorgesehen sei. Hiergegen hat der Kläger mit anwaltlichem Schreiben vom 20. November 2013 unter Hinweis auf die seiner Auffassung nach rechtsfehlerhafte Beurteilung Widerspruch erhoben, über den die Beklagte nicht entschieden hat.
6Dem wegen der Nichtberücksichtigung des Klägers in der Beförderungsrunde bei dem Verwaltungsgericht gestellten Eilantrag hat das Gericht mit Beschluss vom 03. Dezember 2014 (15 L 1796/13) entsprochen und der Beklagten im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig untersagt, die im Beförderungsauswahlverfahren 2012/2013 von ihr ausgewählten Beigeladenen unter Einweisung in die nach Besoldungsgruppe A 11 bewerteten offenen bzw. ausgeschriebenen Planstellen zu befördern. Zur Begründung verwies die Kammer darauf, dass die dienstliche Beurteilung des Klägers systembedingt rechtswidrig sei, weil sie wegen des bei der Beklagten praktizierten zentralen Beurteilungssystems auf einer nicht hinreichenden Tatsachengrundlage beruhe. Die dagegen gerichtete Beschwerde der Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein- Westfalen mit Beschluss vom 10. Juli 2015 (1 B 1474/14) zurückgewiesen.
7Die Kläger hat am 24. November 2015 die vorliegende Klage erhoben, die er als „Untätigkeitsklage“ für zulässig hält. Zur Begründung führt er aus, die im Rahmen der Beförderungsrunde 2013 getroffene Auswahlentscheidung der Beklagten zur Besetzung der Planstellen nach der Besoldungsgruppe A 11 sei rechtswidrig und verweist zur Begründung auf die seiner Auffassung nach rechtswidrige Beurteilung und die dies bestätigenden Entscheidungen des erkennenden Gerichts und des Oberverwaltungsgerichts für das Land- Nordrhein- Westfalen im gerichtlichen Eilverfahren.
8Der Kläger beantragt,
9die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 11. November 2013 und der Auswahlentscheidung zu verpflichten, über die Beförderung des Klägers im Rahmen der Beförderungsrunde 2013 nach A 11 BBesO erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.
10Die Beklagte beantragt,
11die Klage abzuweisen.
12Sie trägt vor, die ihrer Auswahlentscheidung zu Grunde liegende dienstliche Beurteilung des Klägers leide ebenso wenig an Rechtsfehlern wie die Beurteilungen der Beigeladenen, weshalb sie ihre Auswahlentscheidung im Rahmen der Bestenauslese auf diese Beurteilungen habe stützen können.
13Die Beigeladenen stellen keinen Antrag.
14In dem die dienstliche Beurteilung für den Zeitraum vom 10. Januar 2011 bis zum 01. April 2012 betreffenden Klageverfahren des Klägers (15 K 6796/15) hat das Gericht mit Urteil vom heutigen Tage die Beklagte verurteilt, die Regelbeurteilung des Klägers aufzuheben und den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts für den genannten Beurteilungszeitraum erneut dienstlich zu beurteilen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Urteilsgründe verwiesen.
15Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der gerichtlichen Verfahrensakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen. Weiter wird verwiesen auf die beigezogene Verfahrensakte des die Beurteilung des Klägers betreffenden Verfahrens 15 K 6796/15 und die in diesem Verfahren beigezogenen Verwaltungsvorgänge.
16E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
17Die Klage ist als sog. „Untätigkeitsklage“ gem. § 75 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zulässig. Die Beklagte hat über den mit Schreiben vom 20. November 2013 erhobenen Widerspruch des Klägers gegen den die Beförderung versagenden Bescheid der Beklagten vom 11. November 2013 ohne zureichenden Grund binnen angemessener Frist sachlich nicht entschieden (§ 75 Satz 1 VwGO); die Dreimonatsfrist (§ 75 Satz 2 VwGO) zwischen Einlegung des Widerspruchs und Klageerhebung wurde gewahrt.
18Die Klage ist auch begründet. Der Bescheid vom 11. November 2013 und die diesem zugrunde liegende Auswahlentscheidung sind rechtswidrig und verletzten den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 5 VwGO. Der Kläger hat einen Anspruch auf eine Neuentscheidung über seine Beförderung, da die angefochtene Auswahlentscheidung den beamtenrechtlichen Bewerbungsverfahrensanspruch des Klägers verletzt.
19Art. 33 Abs. 2 Grundgesetz gewährt jedem Deutschen ein grundrechtsgleiches Recht auf gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung. Ein Beförderungsbewerber hat dementsprechend einen Anspruch darauf, dass der Dienstherr über seine Bewerbung ermessens- und beurteilungsfehlerfrei entscheidet, mithin vor allem die Auswahlentscheidung nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung getroffen wird,
20vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 21.08.2003 - 2 C 14/02 -, BVerwGE 118, 370; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 21.03.2002 - 1 B 100/02 -.
21Durch die angefochtene Auswahlentscheidung ist der Bewerbungsverfahrensanspruch des Klägers verletzt. Der Auswahlentscheidung liegen keine miteinander vergleichbaren dienstlichen Beurteilungen der Konkurrenten zugrunde. Dies folgt schon daraus, dass die der Auswahlentscheidung zu Grunde liegende dienstliche Regelbeurteilung des Klägers für den Zeitraum vom 10. Januar 2011 bis zum 01. April 2012 rechtswidrig ist und die Beklagte mit Urteil des Gerichts vom heutigen Tag im Verfahren 15 K 6796/15, auf dessen Gründe verwiesen wird, verurteilt worden ist, diese aufzuheben und den Kläger erneut zu beurteilen. Die mit diesem Urteil festgestellten und im Beurteilungssystem der Beklagten angelegten Rechtsfehler wirken sich im Übrigen auch auf die dienstlichen Beurteilungen der Beigeladenen aus, die damit ebenso wenig eine rechtlich tragfähige Grundlage für die getroffene Auswahlentscheidung bilden können.
22Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs.1, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht billigem Ermessen, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen nicht in die Erstattung einzubeziehen, weil die Beigeladenen keinen Antrag gestellt und sich damit auch nicht am Kostenrisiko im vorliegenden Verfahren beteiligt haben.
23Die Entscheidung über die Zulassung der Berufung beruht auf §§ 124 a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.
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Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.
(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.
(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.