Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil, 21. Nov. 2016 - A 2 K 3605/16
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
Tatbestand
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Entscheidungsgründe
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Gründe
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Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil, 21. Nov. 2016 - A 2 K 3605/16
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Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil, 21. Nov. 2016 - A 2 K 3605/16 zitiert oder wird zitiert von 21 Urteil(en).
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht,
- 1.
über die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens; - 2.
bei Zurücknahme der Klage, Verzicht auf den geltend gemachten Anspruch oder Anerkenntnis des Anspruchs, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe; - 3.
bei Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe; - 4.
über den Streitwert; - 5.
über Kosten; - 6.
über die Beiladung.
(2) Im Einverständnis der Beteiligten kann der Vorsitzende auch sonst anstelle der Kammer oder des Senats entscheiden.
(3) Ist ein Berichterstatter bestellt, so entscheidet dieser anstelle des Vorsitzenden.
(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.
(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.
(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.
(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich
- 1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe - 2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, - a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder - b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen, - 2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder - 3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er
- 1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder - 2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.
(1) Als Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 gelten Handlungen, die
- 1.
auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Artikel 15 Absatz 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist, oder - 2.
in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist.
(2) Als Verfolgung im Sinne des Absatzes 1 können unter anderem die folgenden Handlungen gelten:
- 1.
die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt, - 2.
gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden, - 3.
unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung, - 4.
Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung, - 5.
Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des § 3 Absatz 2 fallen, - 6.
Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.
(3) Zwischen den in § 3 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit den in § 3b genannten Verfolgungsgründen und den in den Absätzen 1 und 2 als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen muss eine Verknüpfung bestehen.
Tenor
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
III.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Gründe
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der am ... 1993 in ..., Afghanistan geborene Kläger ist afghanischer Staatsangehöriger. Er reiste nach eigenen Angaben am ... 2012 auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte am ... 2012 seine Anerkennung als Asylberechtigter.
Bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am ... 2014 gab der Kläger insbesondere an, er sei jetzt (nicht mehr Religionszugehöriger des Islam), sondern evangelischer Christ. Getauft sei er noch nicht. Seit ca. drei Monaten besuche er den Bibel-Treff, seit ca. einem Jahr habe er Kontakt mit ihnen und habe den Bibel-Treff ab und zu besucht. Seit drei Monaten gehe er regelmäßig hin. Vorgelegt wurde eine Bestätigung vom ... 2014 der evangelisch-lutherischen ... in ..., wonach der Kläger einmal wöchentlich am Bibel-Treff im Gemeindehaus in der Zeit von 17:00 Uhr bis ca. 19:00 Uhr teilnimmt (Beiakte I S. 43). Er sei Analphabet und könne sein afghanisches Geburtsdatum nicht nennen. Erst in Europa habe er die Jahre und Monate gelernt.
In Griechenland sei er von ... 2008 bis zum ... 2012 gewesen. Es treffe zu, dass er am ... 2010 in Italien einen Asylantrag gestellt habe. Dort seien sie erwischt und wieder nach Griechenland zurückgebracht worden. In Griechenland habe er sich auf verschiedenen Inseln aufgehalten und Saisonarbeit verrichtet.
Er gehöre zum Volk der Hazara. Er habe sich bis zur Ausreise in der Provinz Ghazni, Bezirk Quarabagh, Dorf ... aufgehalten. Eine Woche vor seiner Ausreise sei er in der Stadt Ghazni gewesen. Er habe im Dorf ... mit den Eltern, einer Schwester und einem Burder gelebt. 2008 habe er gemeinsam mit der Familie Afghanistan verlassen und sei in den Iran gegangen. Die Familie lebe jetzt in ... Vor ca. vier Monaten habe er einmal Kontakt zu den Eltern gehabt, sie hätten kein Telefon und riefen ab und zu aus einer Telefonzelle an. Ihre wirtschaftliche Situation sei nicht sehr gut. Er habe in Afghanistan einen Onkel mütterlicherseits, zu dem er seit 2008 keinen Kontakt habe. Er habe als Automechaniker gearbeitet.
Er sei von Afghanistan in den Iran gereist und dann über die Türkei weiter mit dem Schlauchboot nach Griechenland. Dann sei er mit einem falschen Pass nach Italien gebracht worden und von dort aus von einem anderen Schleuser mit einem Pkw nach Deutschland. Von Afghanistan in den Iran hätten sie pro Person 145.000,00 Tuman bezahlt. Die Reise bis in die Türkei habe 800,00 Dollar gekostet, weiter bis nach Griechenland weitere 400 Dollar. Das erste Mal habe er dem Schleuser 2.800,00 EUR gegeben, als er von Italien zurückgeschickt worden sei. Die Reise nach Deutschland habe weitere 4.200,00 EUR gekostet. Bis nach Griechenland habe der Vater die Reise finanziert. In Griechenland habe er als Tagelöhner gearbeitet, um die Reise zu finanzieren. In Afghanistan hätten sie noch viel mehr Geld durch Grundstücke, Häuser und Bäume gehabt. Sie hätten aber nur ein Teil des Geldes mitnehmen können. Die politische Situation in Afghanistan sei ja bekannt. Er habe in der Provinz Ghazni gelebt und die Nachbarn seien auch Paschtunen. Als die Taliban an die Macht gekommen seien, hätten die Taliban und die Paschtunen ihre Grundstücke, Bäume und Häuser in Besitz genommen, sie hätten dort nicht mehr leben können. Bis 2003 hätten sie in der Stadt Ghazni gelebt. Ein Machthaber habe dann dafür gesorgt, dass sie zu ihren Häusern zurückkehren könnten. Dieser sei 2008 ums Leben gekommen und die Taliban seien zurückgekehrt und sie seien wieder vertrieben worden. Sie hätten in der Stadt Ghazni bleiben und wie zuvor Leben wollen. Die Taliban hätten dies verhindern und sie deshalb töten wollen. Im Dorf hätten neun Familien gewohnt und die seien alle betroffen. In der Stadt hätten sie sie nicht erwischt. Drei Familien seien in die Stadt Ghazni gegangen. Zwei Familienmitglieder anderer Familien seien umgebracht worden. Von seiner Familie habe es niemanden erwischt. Bei einer Rückkehr nach Afghanistan müsse er auf sein Leben verzichten. Wenn sie ihn erwischten, würden sie ihn töten.
Befragt danach, wie es dazu gekommen sei, dass er den Glaubenswechsel wolle, gab der Kläger an, er habe in Afghanistan gesehen, was die Taliban machten. Er habe von Religion wenig Ahnung. Er habe sich nicht damit zufrieden geben wollen, dass das seine Religion sei. Er habe von einer Kirche wie Orgel gehört und das habe ihm sehr gefallen und das habe ihn beruhigt. Als er dann in die Kirche gegangen und gesehen habe, dass die Leute dort friedlich säßen und beteten, habe ihn das sehr beeindruckt. Das sei ein Unterschied zu seiner bisherigen Religion. Er fühle sich in der Kirche leichter. Es tue ihm gut, wenn er etwas über diese Religion erfahre. In Griechenland habe er noch nicht über einen Glaubenswechsel nachgedacht. Wenn die Familie von seinem Glaubenswechsel erfahre, würden sie ihn entweder hassen oder sie ließen sich überzeugen. Beim Bibel-Treff säßen sie dort und die Leute redeten über Gott. Einiges verstehe er, einiges aber auch nicht. Er sei mit den Gedanken dabei. Er selbst beschäftige sich nur wenig mit dem Glauben. Er sei früher nicht so gläubig gewesen, obwohl er in einer islamischen Familie aufgewachsen sei. In Deutschland habe er einen Kurden getroffen, der ihm vom Christentum erzählt habe. Er sei selbst zum Christ geworden. Es habe keinen genauen Zeitpunkt gegeben, an dem er festgestellt habe, dass er den Glauben wechseln wolle. Der Glaube habe ihn angezogen, die christliche Gemeinschaft gefalle ihm. Einige Leute hätten ihn die Bibel auf Dari und Farsi gegeben. Er könne aber nicht lesen, er sei mit dem Herzen dabei und nehme regelmäßig am Bibel-Treff teil. An weiteren Aktivitäten der christlichen Gemeinschaft nehme er nicht teil. Gottesdienste besuche er jede Woche am Freitagnachmittag und am Sonntag alle zwei Woche in einer anderen Kirche in ... Er wisse nicht wie die heiße. Er spreche ein bisschen Deutsch. Er verstehe nicht viel, aber er sei mit dem Herzen beim Bibel-Treff dabei. Der christliche Glaube spiele in seinem privaten Leben die Rolle, dass es ihm gut gehe, wenn er zur Kirche gehe. Er sei dabei, einiges aus der Bibel zu lernen. Er habe große Schwierigkeiten beim Lesen. Viele Informationen über die Bibel habe er nicht. Ihm sei gesagt worden, er könne sich einen Film über Jesus ansehen. Dadurch habe er ein wenig gelernt, wo Jesus geboren und gestorben sei. Jesus sei in Israel geboren worden und er sei knapp über 30 gewesen, als er als Sohn Gottes bezeichnet worden sei. Christliche Feste könne er nicht nennen. Er könne nicht lesen. Er wolle mehr über den Glauben erfahren und sich danach taufen lassen. Um einen anderen zu überzeugen, müsse er erst noch viel mehr über den Glauben erfahren.
Mit Bescheid vom
Es sei schon nicht nachvollziehbar, wie der angebliche Glaubenswandel zustande gekommen sei. Der vom Kläger geschilderte Anlass für den Glaubenswechsel erscheine als eher nebensächlich und lasse in keiner Weise erkennen, dass dieser Schritt für ihn als existentiell anzusehen sei. Seine Angaben blieben unbestimmt, oberflächlich und beschränken sich darauf, dass die Orgel in der Kirche ihn beruhigt habe, die christliche Gemeinschaft habe ihn beeindruckt. Zudem lassen die Teilnahmen am Bibel-Treff im Gemeindehaus nicht erkennen, dass sich der Kläger tatsächlich intensiv mit dem christlichen Glauben beschäftigte und diesen für sein weiteres Leben verinnerlicht habe. Die Kirche, die er besuche, habe er nicht einmal namentlich benennen können.
Auf Nachfrage seines Prozessbevollmächtigten wurde diesem der Bescheid vom
Mit Schriftsatz vom 02.03.2015, bei Gericht eingegangen am 05.03.2015, wandte sich der Kläger vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten an das Bayerische Verwaltungsgericht Bayreuth mit folgenden Anträgen:
1. Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom
2. Dem Kläger wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt.
3. Der Antrag auf Asylanerkennung wird stattgegeben.
4. Der subsidiäre Schutzstatus wird zuerkannt.
Vorsorglich wurde wegen Versäumnis der Klagefrist Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand beantragt. Der Bescheid vom
Mit Schriftsatz vom
Mit Schriftsatz vom
die Klage abzuweisen.
Mit weiterem Schriftsatz vom
Mit gerichtlichen Schreiben vom
Mit Beschluss der Kammer vom
Für den Ablauf der mündlichen Verhandlung, in der der Kläger zwei Gemeindebestätigungen (eine undatiert, die andere vom ...) vorlegte, wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
Ergänzend wird auf die vorgelegte Behördenakte und die Gerichtsakte verwiesen.
Gründe
Die zulässige Klage hat keinen Erfolg.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter gemäß Art. 16a Abs. 1 GG, auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylVfG sowie subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 AsylVfG. Es liegen auch keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG in seiner Person vor. Der angefochtene Bescheid ist somit rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO).
1.
Die Voraussetzungen für seine Anerkennung als Asylberechtigter sind nicht gegeben, Art. 16a Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 GG. Der Kläger selbst hat angegeben, auf dem Landweg - und damit über einen sicheren Drittstaat - in die Bundesrepublik Deutschland eingereist zu sein, was seine Asylberechtigung ausschließt (Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG).
2.
Nach § 3 Abs. 4 i. V. m. Abs. 1 AsylVfG besteht ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft dann, wenn sich der Ausländer aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt oder dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will und er keine Ausschlusstatbestände erfüllt. Eine solche Verfolgung kann nicht nur vom Staat ausgehen (§ 3c Nr. 1 AsylVfG), sondern auch von Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen (§ 3c Nr. 2 AsylVfG) oder nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d AsylVfG Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht (§ 3c Nr. 3 AsylVfG). Allerdings wird dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d hat und sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt (§ 3e Abs. 1 AsylVfG).
Gemessen an diesen Grundsätzen hat der Kläger keinen Anspruch auf Gewährung des Flüchtlingsschutzes. Das Gericht verweist zunächst auf die zutreffende Begründung des angefochtenen Bescheids und sieht zur Vermeidung von Wiederholungen von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 77 Abs. 2 AsylVfG).
a)
In der mündlichen Verhandlung bezog sich der Kläger als Fluchtgrund insbesondere auf die Bedrohung durch nomadisierende Paschtunen (Kuchi/Kutschi), die den Hazara in seiner Heimat das Land und das Wasser streitig machen. Er gab dabei zwei Vertreibungsvorfälle betreffend die Bewohner seines Heimatortes (2003 und insbesondere 2008) an, und ergänzte, durch die Paschtunen nicht direkt und persönlich bedroht worden zu sein (Niederschrift S. 4).
Flüchtlingsrelevante Verfolgungshandlungen im Sinne des § 3a AsylVfG lassen sich darin indessen nicht erkennen. Dabei kommt es auf die Glaubhaftigkeit der Schilderungen des Klägers, sie hätten ihr Heimatdorf in der Provinz Ghazni verlassen, weil nomadische Paschtunen (Kuchi) dieses nach 2003 dann 2008 zum zweiten Mal überfallen hätten, schon nicht an. Zweifel daran, dass er den Übergriff 2008 persönlich erlebt hat, ergeben sich schon aus dem Widerspruch der Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung, wonach die Dorfbevölkerung bei dem Überfall der Paschtunen zunächst „auf den Feldern“ (Niederschrift S. 3), dann aber in Dunkelheit am Abend „auf einem Berg“ (Niederschrift S. 5) gewesen sein soll. Selbst Wahrunterstellung dieses Vortrags liegen jedoch die Voraussetzungen einer konkreten, an der Zugehörigkeit zur Gruppe der Hazara anknüpfenden Verfolgung durch die Paschtunen/Kuchi nicht vor; vielmehr handelte es sich dabei um nicht flüchtlingsrelevantes kriminelles Unrecht. Die in Art. 3a Abs. 3 geforderte Verknüpfung zwischen der als Verfolgung anzusehenden Handlung und den in § 3 Abs. 1 Nr. 1, § 3b AsylVfG genannten Verfolgungsgründen ist gerade nicht auszumachen.
Nach den vorliegenden Informationen ist dem Gericht zwar bekannt, dass Nomaden mit paschtunischer Volkszugehörigkeit alljährlich in den Sommermonaten in die Weidegebiete der sesshaften Hazara, insbesondere in der Provinz Wardak, einwandern. In den Jahren 2008 und 2010 kam es dabei zu bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen den Konfliktparteien (vgl. Lageberichte des Auswärtigen Amtes vom 9.2.2011 u. 10.1.2012). Von den Konflikten zwischen Kuchi und Hazara berichtet auch das Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation (ACCORD) in seiner Anfragebeantwortung vom 05.02.2013: „Afghanistan: Provinz Wardak bzw. Beshud: Informationen zu Auseinandersetzungen zwischen Kuchi und Hazara; Maßnahmen staatlicher Behörden“. Die Geschichte des Klägers über die Auseinandersetzungen der Bewohner des Dorfes mit den Kuchi stimmt somit mit der Auskunftslage überein, beinhaltet aber keine konkrete individuelle Bedrohung seiner Person durch diese Nomaden. Die beschriebenen Konflikte zwischen den Volksgruppen finde ihre Ursache auch nicht in der jeweiligen Gruppenzugehörigkeit. Es geht bei den saisonal auftretenden Auseinandersetzungen zwischen den zwei ethnischen Gruppen um Eigentums- und Besitzansprüche an lokalen Ressourcen, die bis in das Jahr 1887 zurückreichen. Der jährlich, meist in den Sommermonaten, erneut aufkommende Streit um Land knüpft nur mittelbar an die Volkszugehörigkeit der betroffenen Parteien an. Die Kuchi, die in besonderem Maße unter den ungeklärten Boden- und Wasserrechten leiden (s. Lagebericht des Auswärtigen Amtes v. 2.3.2015, S. 10), versuchen durch Überfälle, Vertreibung und Brandstiftungen Weideland für sich zu gewinnen und zwar unabhängig davon, wem dieses Weideland gehört. Die Angriffe sind somit nicht ethnisch motiviert, sondern erfolgen aus rein wirtschaftlichen Gründen. Die Hazara, deren Lage sich grundsätzlich gebessert hat (Lagebericht des Auswärtigen Amtes v. 2.3.2015, S. 10), sind nicht an sich im Sinne einer Volksgruppe Ziel der Angriffe, sondern die sesshaften Weidelandbesitzer der jeweiligen Region (s. insbesondere VG Köln, U. v. 3.2.2015 - 14 K 1202/14.A).
Unabhängig von der danach nicht vorliegenden, anlassgeprägten Einzelverfolgung durch die Kuchi, droht dem Kläger auch wegen seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara nicht die Gefahr einer landesweiten Verfolgung. Wie der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seinem Urteil vom 03.07.2012 (Az. 13a B 11.30064 - juris Rn. 20 ff.) aufgrund eingehender Prüfung festgestellt hat, sind nach den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Maßstäben keine Anhaltspunkte für eine Gruppenverfolgung durch die Taliban oder andere nichtstaatliche Akteure wegen der Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara zu erkennen. Die Verfolgungshandlungen denen die Hazara ausgesetzt sind, weisen weder in ganz Afghanistan noch in der Heimatprovinz des Klägers, Ghazni, die für die Annahme einer Gruppenverfolgung erforderliche kritische Verfolgungsdichte auf (a. a. O. Rn. 21). Hazara sind zwar in Afghanistan weiterhin einer gewissen Diskriminierung ausgesetzt (s. a. Lagebericht des Auswärtigen Amtes v. 2.3.2015, S. 10), „derzeit und in überschaubarer Zukunft aber keiner an ihre Volks- oder Religionszugehörigkeit anknüpfenden gruppengerichteten politischen oder religiösen Verfolgung“ (BayVGH
b)
Auch auf den Nachfluchtgrund des Religionswechsels kann sich der Kläger zur Begründung seiner Flüchtlingseigenschaft nicht mit Erfolg berufen.
Die Konversion zum Christentum kann bezüglich des Herkunftslandes Afghanistan für einen geborenen Moslem zwar unter bestimmten Umständen eine flüchtlingsrelevante Verfolgungsgefahr begründen. Da der Kläger zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 AsylVfG) aber noch nicht einmal christlich getauft war, bietet sich dem Gericht kein hinreichender tatsächlicher Anhaltspunkt für die Prüfung, ob dem Kläger wegen Konversion zum Christentum bei einer Rückkehr nach Afghanistan religiöse Verfolgung droht bzw. drohen könnte (s. BVerwG, B. v. 25.8.2015 - 1 B 40.15). Die erst in der mündlichen Verhandlung vorgelegte, handschriftliche und undatierte Bestätigung, deren Urheber mangels Briefkopf, Unterschrift oder Stempel im Übrigen völlig unklar ist, mit der Taufankündigung für den ... 2015, ist ersichtlich insofern nicht ausreichend. Abgesehen davon, wirft die Bestätigungspraxis von Mitgliedern der Kirchengemeinde ... in ... doch einige Zweifel auf, wenn am ... 2014 vom Prediger i. R. ... bestätigt wird, dass der Kläger am Bibel-Treff im Gemeindehaus in der Zeit von 17.00 bis ca. 19.00 Uhr „ab und zu“ teilnimmt, während die Bestätigung vom selben Tag durch ... (Beiakte I S. 43) dokumentiert, der Kläger habe „einmal wöchentlich“ am Bibel-Treff im Gemeindehaus teilgenommen.
3.
Dem Kläger steht auch kein Anspruch auf subsidiären Schutz gemäß § 4 AsylVfG zur Seite. Das Gericht teilt die - auch - auf der Auswertung jüngerer Erkenntnisse beruhende Würdigung des OVG Nordrhein-Westfalen in seinem Beschluss vom 20.07.2015, dass Kabul als interne Schutzalternative gemäß § 4 Abs. 3 i. V. m. § 3e AsylVfG einen Anspruch eines alleinstehenden, gesunden Mannes auf Anerkennung als Subsidiärschutzberechtigter ausschließt (Az. 13 A 1531/15.A - juris Rn. 8 ff.).
Zur Vermeidung von Wiederholungen wird zur Begründung dieser Entscheidung vollumfänglich auf die Ausführungen im vorgenannten Beschluss des OVG Nordrhein-Westfalen verwiesen (s. a. Sächsisches OVG, B. v. 23.1.2015 - A 1140/13 - juris Rn. 7 ff.).
a)
Soweit sich der Kläger auf eine Bedrohung durch die Paschtunen/Kuchi aus seinem Heimatort auch in Kabul beruft (Niederschrift S. 6), § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylVfG, besteht zur Überzeugung des Gerichts kein persönliches Risikoprofil, dass es für den Kläger unzumutbar erscheinen ließe, sich nach einer Rückführung, die ohnehin nach Kabul erfolgte, auch dort nieder zu lassen. Angesichts der Tatsache, dass Kabul nach einer Schätzung von 2011 mittlerweile 4,5 Mio. Einwohner hat (www.auswärtiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laender...), der Kläger nach seinem eigenen Vorbringen nie persönlich und individuell mit diesen Paschtunen konfrontiert war oder sogar von ihnen in irgendeiner Weise registriert worden wäre und der nunmehr 22-jährige Kläger sich in den vergangenen sieben Jahren seit dem geschilderten Überfall der Kuchi auf sein Dorf auch äußerlich durch das Erwachsenwerden nicht unerheblich verändert haben dürfte, ist es nicht beachtlich wahrscheinlich, dass dem Kläger durch diese Paschtunen/Kuchi in Kabul ein ernsthafter Schaden im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylVfG drohte. Hinzu kommt, dass das Interesse der Paschtunen/Kuchi gerade darauf gerichtet ist, Weideland der Hazara zu vereinnahmen, und schon von daher ein Verfolgungsinteresse an dem Kläger in Kabul selbst nicht nachvollziehbar ist.
b)
Auch sofern in der Provinz Ghazni, aus der der Kläger stammt, eine ernsthafte individuelle Bedrohung im Rahmen eines innerstaatlichen bewaffneten Konfliktes gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylVfG zu unterstellen wäre (verneinend insofern BayVGH, U. v. 3.7.2012 - 13a B 11.30064 - juris Rn. 23 ff.), kann vom Kläger vernünftigerweise erwartet werden, dass er sich in Kabul - wohin er ohnehin zurückgeführt würde - niederlässt.
Zwar ist die humanitäre Lage in Kabul im Allgemeinen weiterhin äußerst schwierig. Das Verelendungsrisiko einzelner Bevölkerungsgruppen weicht indes stark voneinander ab. Jedenfalls für den Kläger als arbeitsfähigem jungen Mann besteht es allerdings in geringfügigem Maße, denn es ist davon auszugehen, dass er seinen Lebensunterhalt nach einer Wiedereingliederungsphase auch ohne familiären Rückhalt zumindest auf einem - nach westlichen Maßstäben - niedrigen Niveau wird sicherstellen können (s. OVG Nordrhein-Westfalen, B. v. 20.7.2015 - 13 A 1531/15.A - Rn. 10). Da der Kläger sich in Griechenland über vier Jahre ohne familiären Rückhalt als Tagelöhner bzw. Erntehelfer „durchgeschlagen“ und damit auch die 7.200,00 EUR für den Schleuser verdient hat, besteht kein vernünftiger Zweifel daran, dass der Kläger - entsprechend auf sich alleine gestellt - auch bei einer Rückkehr nach Afghanistan/Kabul für sich selbst im Sinne einer bescheidenen Lebensgrundlage sorgen kann.
Auch die von ihm seit der Ausreise aus seinem Heimatland erworbenen Sprachkenntnisse (etwa Deutsch, s. Niederschrift S. 6) dürften seine Erwerbschancen eher begünstigen. Ergänzend wird insofern auf die nachfolgenden Ausführungen unter Nr. 4 verwiesen.
4.
Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG bestehen ebenfalls nicht. Ergänzend zu den Erwägungen im angefochtenen Bescheid (§ 77 Abs. 2 AsylVfG) wird noch ausgeführt:
Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit eine Abschiebung nach den Bestimmungen der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) unzulässig ist. Schlechte humanitäre Bedingungen im Abschiebezielstaat können jedoch nur in besonderen Ausnahmefällen in Bezug auf Art. 3 EMRK ein Abschiebungsverbot begründen. Die Einzelrichterin schließt sich der begründeten Einschätzung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs in seinem Urteil vom 12.02.2015 an, wonach in Afghanistan die Lage jedoch nicht so ernst ist, dass eine Abschiebung ohne weiteres eine Verletzung von Art. 3 EMRK wäre (Az. 13a B 14.30309 - juris Rn. 12).
Besondere Umstände, die vorliegend eine andere Beurteilung geböten, hat der Kläger nicht vorgetragen und sie sind auch ansonsten nicht ersichtlich.
Auf eine individuelle erhebliche konkrete Gefahr im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG bei einer Rückkehr nach Afghanistan kann sich der Kläger auch nicht berufen. Wie bereits vorangehend unter Nrn. 2. und 3. ausgeführt, ergibt sich für den Kläger bei einer Rückkehr in sein Heimatland weder aus dem Vorfluchtgeschehen, noch unter dem Aspekt des Nachfluchtgrundes einer - möglichen - Konversion mit identitätsprägender religiöser Praxis eine erhebliche konkrete Gefährdung bzw. ansonsten die Bedrohung mit einem ernsthaften konkreten Schaden (§§ 3, 4 AsylVfG).
Im Hinblick auf die unzureichende Versorgungslage hat sich die allgemeine Gefahr in Afghanistan für den Kläger auch nicht derart zu einer extremen Gefahr verdichtet, dass eine entsprechende Anwendung von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG geboten wäre. Wie sich der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs - der sich die Einzelrichterin angeschlossen hat - entnehmen lässt, ergibt sich aus den Erkenntnismitteln nicht, dass ein alleinstehender arbeitsfähiger männlicher afghanischer Rückkehrer mit hoher Wahrscheinlichkeit alsbald nach einer Rückkehr in eine derartige extreme Gefahrenlage geraten würde, die eine Abschiebung in den Heimatstaat verfassungsrechtlich als unzumutbar erscheinen ließe (BayVGH, U. v. 12.2.2015 - 13a B 14.30309 - juris Rn. 17 ff., erneut bestätigt etwa durch
Es gibt auch keine Anhaltspunkte dafür, dass etwaige Zwangsrekrutierungsversuche durch Aufständische die Chance in Kabul als Tagelöhner zu arbeiten, vereiteln würden. Gemäß den Erkenntnissen von UNHCR (Bericht v. August 2014, 3. Potentielle Risikoprofile von Schutzsuchenden, S. 45) kommen Rekrutierungsversuche regierungsfeindlicher Kräfte in Gebieten vor, welche ihrer tatsächlichen Kontrolle unterliegen oder die zwischen der Regierung und den Aufständischen umkämpft sind. Dies ist in Kabul nicht der Fall (so BayVGH, B. v. 10.8.2015 - 13a ZB 15.30050 - juris Rn. 11). Schließlich ist auch nicht anzunehmen, dass der Kläger als Angehöriger der Minderheit der Hazara keine Chance hätte, sich als Tagelöhner oder als Gelegenheitsarbeiter zu verdingen (so BayVGH, U. v. 12.2.2015 - 13a B 14.30309 - Rn. 24). Der mit den Gegebenheiten in seinem Heimatland bis zu seiner Ausreise Ende 2012 wohl vertraute Kläger ist handwerklich begabt und hat seit Kindesbeinen an in einer Werkstatt an der Reparatur von Autos mitgearbeitet. Eine solche Fertigkeit ist auf dem Arbeitsmarkt auch in Kabul mit hoher Wahrscheinlichkeit nachgefragt. Zudem hat sich der Kläger etwa viereinhalb Jahre von ... 2008 bis ... 2012 in Griechenland als Tagelöhner bzw. Erntehelfer verdingt, damit seinen Lebensunterhalt verdient und zusätzlich die 7.200,00 EUR für seinen Schleuser erarbeitet (Niederschrift S. 6). Schließlich hat der Kläger, wovon sich das Gericht in der mündlichen Verhandlung überzeugen konnte, mittlerweile durchaus praktisch einsetzbare Deutschkenntnisse erworben, so dass insgesamt mit vorgenannten Erfahrungen und Kenntnissen davon auszugehen ist, dass er auch (weiterhin) ohne familiären Rückhalt bei einer Rückkehr nach Afghanistan durch Erwerbstätigkeiten für seinen - bescheidenen - Unterhalt sorgen kann.
5.
Der Bescheid des Bundesamtes gibt auch hinsichtlich seiner Ziffer 5, wonach der Kläger unter Androhung der Abschiebung zur Ausreise aufgefordert worden ist, keinerlei Anlass zu Bedenken. Zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, auf den gemäß § 77 Abs. 1 AsylVfG abzustellen ist, sind Gründe, die dem Vollzug aufenthaltsbeendender Maßnahmen gegenüber dem Kläger entgegenstünden, nicht ersichtlich, denn er ist, wie oben ausgeführt, weder als Asylberechtigter und Flüchtling anzuerkennen, noch stehen ihm subsidiärer Schutz oder Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG zu; er besitzt auch keine asylunabhängige Aufenthaltsgenehmigung (§ 34 AsylVfG).
6.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83 b AsylVfG nicht erhoben. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung stützt sich auf § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.
Tenor
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Tatbestand
I.
Der am ... 1996 geborene Kläger ist afghanischer Staatsangehöriger mit tadschikischer Volkszugehörigkeit. Er reiste am
In seiner Anhörung am
Mit Bescheid vom
II.
Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom
Zur Begründung ließ er durch seine Bevollmächtigte im Wesentlichen ausführen:
Der Wiedereinsetzungsantrag sei vorsorglich gestellt. Die Rechtsbehelfsbelehrung sei ohne Hinweis auf die Möglichkeit einer Einlegung zur Niederschrift unrichtig.
Der streitgegenständliche Bescheid sei dem Jugendhilfezentrum am
Der Kläger habe Afghanistan verlassen müssen, da die Hazara in Afghanistan zu den von religiöser Gewalt seitens sunnitischer Extremisten besonderes betroffenen Minderheiten gehörten und deshalb willkürlichen Hinrichtungen, Folterungen, wahrloser Unterdrückung, systematischen Vergewaltigungen und Zwangsarbeit ausgesetzt seien. In Pakistan habe der Kläger wegen seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara in ständiger Angst um sein Leben gelebt. Der Vater des Klägers sei aufgrund seiner Mitgliedschaft der „Belutischen Shira Conferenze“ grundlos verhaftet und gefoltert worden. Auch der Kläger sei zur Polizeistation verschleppt worden. Dort sei sein Vater vor seinen Augen geschlagen und erniedrigt worden. Der Kläger sei mit einer Rute geschlagen worden. Der Kläger sei eines Tages von Polizisten auf der Straße aufgegriffen und in eine Polizeistation verbracht worden. Dort sei er nackt an ein Bettgestell in einem dunklen Raum festgebunden worden. Am nächsten Morgen sei er von denselben Leuten verhört und geschlagen worden. Die Polizisten hätten wissen wollen, ob er ein Mitglied der „Belutischen Shira Conferenze“ sei. Auch habe der Kläger in Pakistan ein Leben in menschenunwürdigen Umständen geführt. Daraufhin habe der Kläger Pakistan verlassen. Der Kläger würde bei seiner Rückkehr bereits am Flughafen verhaftet und zwangsrekrutiert. Sein Leben wäre in akuter Gefahr, da er wegen seiner Flucht ins europäische christliche Ausland des Verrates und der Spionage für Christen beschuldigt werde.
Der Kläger ließ durch seine Bevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung am
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesamts vom
hilfsweise dem Kläger subsidiären Schutz gemäß § 4 AsylG zuzuerkennen;
weiter hilfsweise, Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG festzustellen.
Soweit die Anerkennung als Asylberechtigter beantragt war, nahm die Klägerbevollmächtigte die Klage zurück. Dieser Streitgegenstand wurde abgetrennt und mit Beschluss in der mündlichen Verhandlung eingestellt (W 2 K 15.30837).
Die Beklagte beantragte,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung nahm die Beklagte auf die angefochtene Entscheidung Bezug und wies auf die Verfristung der Klage hin.
Mit Beschluss vom 17. September 2015
Mit Beschluss vom 11. Dezember 2015
Es wurden verschiedene Erkenntnismittel zu Afghanistan, Stand Oktober 2015, zum Gegenstand des Verfahrens gemacht, auf die Bezug genommen wird.
Im Übrigen wird auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung am
Gründe
Die Klage, über die auch in Abwesenheit eines Vertreters der Beklagten verhandelt und entschieden werden konnte (§ 102 Abs. 2 VwGO), ist zulässig, aber nicht begründet. Dem Kläger stehen die geltend gemachten Ansprüche nicht zu. Der Bescheid des Bundesamtes vom 24. Juli 2015 ist im Klageumfang rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1, Abs. 5 VwGO).
Nach § 77 Abs. 1 AsylG ist vorliegend das Asylgesetz in der ab
1.
Die Klage ist zulässig. Zwar hat der Kläger die Klagefrist des § 74 Abs. 1 AsylG versäumt. Danach muss innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung Klage erhoben werden. Der streitgegenständliche Bescheid des Bundesamtes vom 24. Juli 2015 wurde am 31. Juli 2015 zugestellt. Die Rechtsbehelfsbelehrung des streitgegenständlichen Bescheides vom 24. Juli 2015 weist auch keine Fehler auf, die zur Anwendung der Jahresfrist des § 58 Abs. 2 VwGO führen würden. Eine Rechtsbehelfsbelehrung ist dann unrichtig im Sinne von § 58 Abs. 2 VwGO, wenn sie die in § 58 Abs. 1 VwGO zwingend geforderten Angaben nicht enthält. § 58 Abs. 1 VwGO verlangt nur eine schriftliche Belehrung „über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist“, nicht aber über die Form der Einlegung des Rechtsbehelfs. Dementsprechend stellt der Hinweis auf § 81 VwGO, wonach die Klage schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Verwaltungsgerichts erhoben werden kann, keinen zwingenden Inhalt einer Rechtsmittelbelehrung dar (vgl. u. a. BVerwG, U. v. 27.4.1990 - 8 C 70/88 - juris). Da sich die Beklagte bezüglich der Form der Anbringung des Rechtsbehelfs nicht erklärt hat, konnte auch ein Unterlassen der Benennung der Möglichkeit der Einlegung zur Niederschrift keine Unrichtigkeit begründen. Eine Unrichtigkeit liegt lediglich vor, wenn darauf hingewiesen wird, dass der Rechtsbehelf schriftlich eingelegt werden muss, obwohl auch eine Einlegung zur Niederschrift möglich ist (BVerwGE 57, 188/190). Dies ist hier jedoch gerade nicht der Fall.
Dem Kläger ist jedoch Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Nach § 60 Abs. 1 VwGO ist auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden gehindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten. Der Antrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen; die Tatsachen zur Antragsbegründung sind glaubhaft zu machen (§ 60 Abs. 2 VwGO). Vorliegend hat der Kläger die Fristversäumnis nicht zu verschulden, denn die Fristversäumnis beruhte auf Organisationsmängeln in seiner Gemeinschaftsunterkunft. Nach Angaben der Heimleitung ist es gängige Praxis, dass Post von den Bewohnern und den Bezugsbetreuern gemeinsam geöffnet und gelesen wird. Das an den Kläger adressierte Schreiben wurde am 31. Juli 2015 in das Fach des Bezugsbetreuers Herrn W. eingeworfen, der sich zu diesem Zeitpunkt in Urlaub befand. Herr W. entdeckte das an den Kläger adressierte Schreiben an seinem ersten Arbeitstag (24.8.2015). Das Schreiben der Gesamtleitung des JHZ M... S... vom 26. August 2015 bestätigt die Vorgänge und ist für die Glaubhaftmachung des Wiedereinsetzungsgrundes ausreichend. Das JHZ M... S... hat bestätigt, dass es sich um ein einmaliges Versäumnis gehandelt habe und Vorkehrungen getroffen worden seien, um derartige Fehler in Zukunft zu vermeiden. Der Wiedereinsetzungsantrag wurde mitsamt der Begründung auch innerhalb der zweiwöchigen Frist des § 60 Abs. 2 VwGO gestellt, nämlich mit der Klageerhebung am 27. August 2015.
2.
Ausgangspunkt für die Prüfung, ob dem Kläger ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft zusteht, ist die Frage, ob ihm in dem Land seiner Staatsangehörigkeit Verfolgung droht. Dagegen ist es unerheblich, ob er in einem Drittstaat, in dem er seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte, Verfolgung befürchten muss. Denn eines Schutzes vor Verfolgung im Ausland bedarf es zur Erreichung des mit § 3 AsylG verfolgten Zieles nicht, wenn derjenige, der in einem Drittstaat verfolgt worden ist, den Schutz des Staates in Anspruch nehmen kann, dem er angehört (vgl. zu Art. 16 GG BVerwG, U. v. 18.10.1983 - 9 C 158.80 - BVerwGE 68, 106). Der Kläger ist afghanischer Staatsangehöriger. Eine Prüfung des § 3 AsylG erfolgt daher nur insoweit, ob dem Kläger in Afghanistan beachtliche Gefahren drohen, nicht jedoch in Bezug auf Pakistan.
Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG liegen nicht vor.
Gemäß § 3 Abs. 4 i. V. m. Abs. 1 AsylG besteht ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, wenn sich der Ausländer aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt oder dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will und er keine Ausschlusstatbestände erfüllt. In den §§ 3a bis 3e AsylG sind in Umsetzung von Art. 6 bis 10 der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. L 337/9 vom 20.12.2011) - QRL - (vgl. BT-Drs. 17/13063 S. 19) die Voraussetzungen für Verfolgungshandlungen, Verfolgungsgründe, Akteure, von denen Verfolgung ausgehen kann und Akteure, die Schutz bieten können, und für internen Schutz geregelt. Nach § 3c AsylG kann eine Verfolgung nicht nur vom Staat, sondern auch von nichtstaatlichen Akteuren ausgehen. Nach § 3a Abs. 1 AsylG gelten als Verfolgung i. S. des § 3 Abs. 1 AsylG Handlungen, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Art. 15 Abs. 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten - EMRK - (BGBl. 1952 - II S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist (Nr. 1), oder die in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nr. 1 beschriebenen Weise betroffen ist (Nr. 2).
Bei der Beurteilung der Flüchtlingseigenschaft ist der asylrechtliche Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit zugrunde zu legen. Der Wahrscheinlichkeitsmaßstab setzt voraus, dass bei einer zusammenfassenden Würdigung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Dabei ist eine „qualifizierende“ Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung anzulegen. Hierbei ist maßgeblich, ob in Anbetracht dieser Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnen Menschen in der Lage des Betroffenen Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann (BVerwG, U. v. 20.2.103 - 10 C 23/12 - NVwZ 2013, 936/940). Auf die Glaubhaftigkeit der Schilderung des Schutzsuchenden und die Glaubwürdigkeit seiner Person kommt es entscheidend an. Seinem persönlichen Vorbringen und dessen Würdigung ist daher gesteigerte Bedeutung beizumessen. Der Asylbewerber muss die persönlichen Umstände seiner Verfolgung und Furcht vor einer Rückkehr hinreichend substantiiert, detailliert und widerspruchsfrei vortragen, er muss kohärente und plausible wirklichkeitsnahe Angaben machen. Er muss die in seine Sphäre fallenden Ereignisse, zu denen insbesondere seine persönlichen Erlebnisse fallen, in einer Art und Weise schildern, die geeignet ist, den geltend gemachten Anspruch lückenlos zu tragen (VG Bayreuth, U. v. 13.7.2015 - B 3 K 14.30344 - juris). Dies ist nicht der Fall, wenn der Schutzsuchende im Laufe der Verfahrens unterschiedliche Angaben macht und sein Vorbringen unauflösbare Widersprüche enthält, wenn seine Darstellungen nach der Lebenserfahrung oder aufgrund der Kenntnis entsprechender vergleichbarer Geschehensabläuft nicht nachvollziehbar erscheinen, und auch dann, wenn er sein Vorbringen im Laufe des Verfahrens steigert, insbesondere wenn er Tatsachen, die er für sein Begehren als maßgeblich erachtet, ohne vernünftige Erklärung erst sehr spät in das Verfahren einführt (vgl. VGH BW, U. v. 27.8.2013 - A 12 S 2023/11 - juris, VGH Kassel, U. v. 4.9.2014 - 8 A 2434/11.A - juris).
Unter Zugrundelegung der Voraussetzungen des § 3 AsylG konnte das Gericht nicht die erforderliche Überzeugung gewinnen, dass der Kläger vor seiner Ausreise eine solche Verfolgung erlitten hat oder von einer solchen Verfolgung unmittelbar bedroht war. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die zutreffenden Ausführungen im Bescheid des Bundesamtes vom 24. Juli 2015 verwiesen (§ 77 Abs. 2 AsylG). Der Kläger hat angegeben, im Alter von einem Jahr gemeinsam mit seiner Familie nach Pakistan gegangen zu sein und dort ab diesem Zeitpunkt gelebt zu haben. Er hat eine Bedrohung in Pakistan, nicht aber in Afghanistan vorgetragen. Im Klageverfahren und insbesondere in der mündlichen Verhandlung wurden keine neuen Gesichtspunkte vorgetragen, die Anlass zu einer abweichenden Beurteilung geben könnten.
Dem Kläger droht wegen seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara nicht die Gefahr einer landesweiten Verfolgung. Wie der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seinem Urteil vom 03.07.2012 (Az. 13a B 11-30064 - juris) festgestellt hat, sind nach den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Maßstäben keine Anhaltspunkte für eine Gruppenverfolgung durch die Taliban oder andere nichtstaatliche Akteure wegen der Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara zu erkennen. Die Verfolgungshandlungen, denen die Hazara ausgesetzt sind, verfügen nicht über die für die Annahme einer Gruppenverfolgung erforderliche kritische Verfolgungsdichte. Hazara sind zwar in Afghanistan weiterhin einer gewissen Diskriminierung ausgesetzt (Auswärtiges Amt, Bericht vom 2.3.2015 über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, Stand Oktober 2014, S.10), „derzeit und in überschaubarer Zukunft aber keiner an ihre Volks- oder Religionszugehörigkeit anknüpfenden gruppengerichteten politischen oder religiösen Verfolgung“ (BayVGH, U. v. 3.7.2012 13a B 11.30064 - juris - Rn. 27; s.a. BayVGH, U. v. 21.6.2013 - 13a B 12.30170 - juris Rn. 24). Zudem wird im Lagebericht des Auswärtigen Amtes eine grundsätzliche Verbesserung für die während der Taliban-Herrschaft besonders verfolgten Hazara festgestellt (Auswärtiges Amt, Bericht vom 2.3.2015 über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, Stand Oktober 2014, S. 10).
Der Hinweis auf die Spannungen zwischen Sunniten und Schiiten sind unzureichend für eine flüchtlingsrelevante, konkrete und nicht unerhebliche Gefährdung des Klägers. Zudem weist das Auswärtige Amt in seinem Lagebericht darauf hin, dass Auseinandersetzungen zwischen Sunniten und Schiiten - mit der Ausnahme einer Anschlagsserie zum schiitischen Aschura-Fest am 6. Dezember 2011 - selten seien. Sowohl im Rat der Religionsgelehrten (Ulema) als auch im Hohen Friedensrat sind auch Schiiten vertreten (Auswärtiges Amt, Bericht vom 2.3.2015 über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, Stand Oktober 2014, S. 11). Dementsprechend geht auch aus der Mitgliedschaft des Vaters der Klägers in der schiitischbelutischen Shira-Konferenz, die er im Übrigen in der Anhörung gegenüber dem Bundesamt nicht erwähnt hatte, keine flüchtlingsrelevante Gefährdung des Klägers hervor, zumal es sich hierbei um eine Zusammenkunft in Pakistan handelt. Auch die vom Kläger vorgetragene Befürchtung einer Zwangsrekrutierung begründet keine flüchtlingsrelevante Gefährdung. Afghanistan kennt keine Wehrpflicht. Zwar sind Zwangsrekrutierungen nicht auszuschließen, allerdings erscheint nach den Erkenntnissen des Auswärtigen Amtes die Notwendigkeit für Zwangsrekrutierungen eher unwahrscheinlich, da die Tätigkeit bei der afghanischen Armee oder Polizei für den großen Teil der jungen männlichen Bevölkerung eine der wenigen Verdienstmöglichkeiten darstellt (Auswärtiges Amt, Bericht vom 2.3.2015 über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, Stand Oktober 2014, S. 12).
Demnach hat der Kläger in Afghanistan weder eine staatliche Verfolgung noch eine Bedrohung durch nichtstaatliche Akteure i. S. d. § 3 AsylG zu befürchten.
2.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylG. Danach ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als solcher gilt die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AsylG), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG) oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG). Nach § 4 Abs. 3 Satz 1 AsylG gelten dabei die §§ 3c bis 3e AsylG entsprechend. Damit werden die dortigen Bestimmungen über den Vorverfolgungsmaßstab, Nachfluchtgründe, Verfolgungs- und Schutzakteure und internen Schutz als anwendbar auch für die Zuerkennung subsidiären Schutzes erklärt.
2.1
Subsidiärer unionsrechtlicher Abschiebungsschutz nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 und 2 AsylG kommt deshalb nur in Betracht, wenn der Kläger schlüssig und substantiiert vorträgt, dass ihm im Falle seiner Rückkehr nach Afghanistan tatsächlich die konkrete Gefahr droht, dort körperlich misshandelt oder getötet zu werden. Davon ist vorliegend jedoch nicht auszugehen. Bereits infolge des langjährigen Aufenthalts des Klägers in Pakistan sowie mangels Vortrags sind weder Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass ihm im Falle seiner Rückkehr nach Afghanistan die Todesstrafe droht (§ 4 Abs. 1 Nr. 1 AsylG) noch dass er Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung zu befürchten hat (§ 4 Abs. 1 Nr. 2 AsylG). Insoweit wird auf den streitgegenständlichen Bescheid vom 24. Juli 2015 verwiesen (§ 77 Abs. 2 VwGO).
2.2
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG hinsichtlich der Provinz Ghazni. Dem Kläger droht in seiner Heimatprovinz keine ernsthafte individuelle Bedrohung seines Lebens infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts. Ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt liegt jedenfalls dann vor, wenn bewaffnete Konflikte im Hoheitsgebiet eines Staates zwischen dessen Streitkräften und abtrünnigen Streitkräften oder anderen organisierten Gruppen stattfinden, die unter verantwortlicher Führung eine solche Kontrolle über einen Teil des Hoheitsgebietes des Staates ausüben, dass sie anhaltende, koordinierte Kampfhandlungen ausüben können. Hiervon abzugrenzen sind Fälle bloßer innerer Unruhen oder Spannungen wie Tumulte oder vereinzelt auftretende Gewalttaten. Bei innerstaatlichen Krisen, die zwischen diesen Erscheinungsformen liegen, scheidet die Annahme eines bewaffneten Konfliktes zwar nicht von vornherein aus. Der Konflikt muss dann aber ein bestimmtes Maß an Intensität und Dauerhaftigkeit aufweisen, was beispielsweise bei Bürgerkriegsauseinandersetzungen oder Guerillakämpfen der Fall ist (vgl. EuGH, U. v. 30.1.2014 - Elgafaji, C-285/12
Aufgrund eines derartigen Konflikts muss für den Schutzsuchenden eine erhebliche individuelle Gefahr infolge willkürlicher Gewalt bestehen. In diesem Zusammenhang ist zu prüfen, ob sich die von einem bewaffneten Konflikt für eine Vielzahl von Zivilpersonen ausgehende und damit allgemeine Gefahr in der Person des Schutzsuchenden so verdichtet hat, dass sie eine ernsthafte und individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson i. S. d. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG darstellt. Hierbei ist jedenfalls annäherungsweise eine quantitative Ermittlung der Gesamtzahl der in dem betroffenen Gebiet lebenden Zivilpersonen einerseits und der Anzahl der Akte willkürlicher Gewalt andererseits, die von den Konfliktparteien gegen Leib oder Leben der Zivilpersonen verübt werden, sowie eine wertende Gesamtbetrachtung erforderlich (BVerwG, U. v. 27.4.2010 - 10 C 4/09 - BVerwGE 136, 360 Rn. 33). Ob die Voraussetzungen der Verfolgungsdichte erfüllt sind, ist aufgrund einer wertenden Betrachtung im Sinne der Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung zu entscheiden (BVerwG, U. v. 21.4.2009 - 10 C 11/08 - NVwZ 2009, 1237). Normalerweise hat ein derartiger bewaffneter Konflikt nicht eine solche Gefahrendichte, dass alle Bewohner des betroffenen Gebietes ernsthaft individuell bedroht sein werden. Ein Individualisierung der allgemeinen Gefahr kann ausnahmsweise bei einer außergewöhnlichen Situation eintreten, die durch einen so hohen Gefahrengrad gekennzeichnet ist, dass praktisch jede Zivilperson bei einer Rückkehr in das betreffende Land/die betreffende Region allein durch ihre Anwesenheit tatsächlich Gefahr liefe, einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit ausgesetzt zu sein. Dies bleibt allerdings außergewöhnlichen Situationen vorbehalten, die durch einen sehr hohen Gefahrengrad gekennzeichnet sind (BVerwG, U. v. 24.6.2008 - 10 C 43.07 - juris; EuGH, U. v. 17.2.2009 - Elgafaji, C-465/07
Der Bayer. Verwaltungsgerichtshof geht in seiner aktuellen Rechtsprechung auf der Grundlage der verfügbaren Erkenntnismittel davon aus, dass afghanische Staatsangehörige bei einer Rückkehr in die Südostregion, der die Provinz Ghazni zuzurechnen ist, nach derzeitiger Sicherheitslage im Allgemeinen keiner erheblichen individuellen Gefahr für Leib oder Leben nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG a. F. ausgesetzt sind (vgl. BayVGH, B. v. 20.8.2015 - 13a ZB 15.30062 - juris;
In der Person des Klägers sind keine gefahrerhöhenden Gesichtspunkte vorhanden. Als Angehöriger der Volksgruppe der Hazara wäre der Kläger keiner besonders hohen Gefährdung ausgesetzt. In der Provinz Ghazni gehören rund 44% der Bevölkerung dieser Volksgruppe an, weshalb nicht davon ausgegangen werden kann, dass diese Volkszugehörigkeit einen gefahrerhöhenden Umstand begründen würde (BayVGH, B. v. 1.12.2015 - 13a ZB 15.30224 - juris;
3.
Kann der Schutzsuchende keinen subsidiären Schutz erlangen, sind weiter hilfsweise die nationalen Abschiebungsverbote des § 60 Abs. 5 AufenthG und des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu prüfen (BVerwG, U. v. 27.4.2010 - 10 C 4/09 - BverwGE 136, 360).
3.1.
Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. In Konstellationen wie der Vorliegenden, in der gleichzeitig über die Gewährung unionsrechtlichen und nationalen Abschiebungsschutzes zu entscheiden ist, scheidet bei Verneinung der Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AsylG regelmäßig aus denselben tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen auch ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG in Bezug auf Art. 3 EMRK aus, weshalb in der Sache divergierende Bewertungen kaum denkbar sind (vgl. BVerwG, U. v. 31.1.2013 - 10 C 15/12 - juris; VG München, U. v. 8.5.2014 - M 15 K 12.30903 - juris Rn. 37). Es bestehen keine Anhaltspunkte für eine hiervon abweichende Fallgestaltung.
3.2.
Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG besteht ebenfalls nicht. Gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Allerdings sind nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG derartige Gefahren, denen die Bevölkerung oder Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen. Demnach kann der Schutzsuchende auf der Grundlage von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG lediglich individuelle nur ihm persönlich drohende Gefahren geltend machen (BVerwG, U. v. 29.6.2010 - 10 C 10/09 - NVwZ 2011, 48). Hingegen können allgemeine Gefahren außerhalb bewaffneter Konflikte, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Schutzsuchende angehört, nur bei Anordnungen nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG berücksichtigt werden. Hierzu zählt auch eine unzureichende Versorgungslage in Afghanistan, die insbesondere für Rückkehrer ohne Berufsausbildung und ohne familiäre Unterstützung besteht. Diese Gefahr kann auch dann nicht im Rahmen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG berücksichtigt werden, wenn sie durch Umstände in der Person oder in den Lebensverhältnissen des Ausländers begründet oder verstärkt wird, aber nur eine typische Auswirkung der allgemeinen Gefahrenlage darstellt (BVerwG, U. v. 8.12.1998 - 9 C 4.98 - BverwGE 108, 77). Dann greift grundsätzlich die Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG. Eine Abschiebestoppanordnung besteht jedoch für die Personengruppe, der der Kläger angehört, nicht.
Jedoch ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Einzelfall Ausländern, die einer gefährdeten Gruppe i. S. d. § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG angehören, für die kein Abschiebestopp nach § 60a Abs. 1 AufenthG vorliegt, ausnahmsweise Schutz vor der Abschiebung in verfassungskonformer Handhabung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu gewähren, wenn die Abschiebung wegen einer extremen Gefahrenlage im Zielstaat Verfassungsrecht verletzen würde. Dies ist der Fall, wenn der Schutzsuchende gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert werden würde (st. Rspr. des BverwG, z. B.
Die allgemeine Gefahr in Afghanistan hat sich für den Kläger nicht derart zu einer extremen Gefahr verdichtet, dass eine entsprechende Anwendung von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG geboten ist. Wann allgemeine Gefahren sich zu einer extremen Gefahr verdichten und somit zu einem Abschiebungsverbot von Verfassungs wegen führen, hängt maßgeblich von den Umständen des Einzelfalls ab. Die drohenden Gefahren müssen jedoch nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht sein, dass sich daraus bei objektiver Betrachtung für den Ausländer die begründete Furcht ableiten lässt, selbst in erheblicher Weise Opfer der extremen allgemeinen Gefahrenlage zu werden. Bezüglich der Wahrscheinlichkeit des Eintritts der drohenden Gefahren ist von einem im Vergleich zum Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit erhöhten Maßstab auszugehen. Die Gefahren müssen dem Ausländer daher mit hoher Wahrscheinlichkeit drohen. Dieser Wahrscheinlichkeitsgrad markiert die Grenze, ab der seine Abschiebung in den Heimatstaat verfassungsrechtlich unzumutbar erscheint. Zudem müssen sich die Gefahren alsbald nach der Rückkehr realisieren. Das bedeutet nicht, dass im Falle der Abschiebung der Tod oder schwerste Verletzungen sofort, gewissermaßen noch am Tag der Abschiebung, eintreten müssen. Vielmehr besteht eine extreme Gefahrenlage auch dann, wenn der Schutzsuchende mangels jeglicher Lebensgrundlage dem baldigen sicheren Hungertod ausgeliefert werden würde (vgl. BVerwG, U. v. 29.6.2010 - 10 C 10.09 - BVerwGE 137, 226).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bayer. Verwaltungsgerichtshofs (z. B.
Im Hinblick auf die allgemeine Sicherheitslage in Kabul ist nicht von einer extremen allgemeinen Gefahrenlage auszugehen (s.a. OVG NW, B. v. 20.7.2015 - 13 A 1531/15.A - juris; VG Köln, U. v. 15.9.2015 - 14 K 6064/14.A - juris). So wird im EASO-Bericht darauf hingewiesen, dass laut UNOCHA das Risiko für einen Zivilisten in der Provinz Kabul relativ gering ist, obwohl der Distrikt Kabul im Vergleich zu den meisten Distrikten in der Provinz und dem Land als Ganzes eine hohe Opferzahl aufweist. Dies liegt in der hohen Bevölkerungszahl (die Provinz Kabul verfügt über ca. 4 Mio. Einwohner) begründet (EASO, Country of Origin Information Report, Afghanistan, Security Situation, Januar 2015, S. 37). Die in den ersten Monaten des Jahres 2015 erfolgte Verschlechterung der Sicherheitslage führt zu keiner anderen Bewertung. Laut ECOI wurden unter Verweis auf den UNAMA Midyear Report 2015 in der ersten Hälfte des Jahres 2015 in Kabul bei zwölf Vorfällen 42 Zivilisten getötet und 260 weitere verletzt (European Country of Origin Information Network, Allgemeine Sicherheitslage in Afghanistan und Chronologie für Kabul, 15.7.2015). Des Weiteren wurden am 7. August 2015 in Kabul Anschläge verübt, welche über 70 Todesopfer und mehrere Hundert Verletzte unter der Zivilbevölkerung forderten (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Update zur aktuellen Sicherheitslage in Afghanistan vom 13.9.2015, S. 4). Diese Entwicklung ist in Anbetracht der hohen Bevölkerungszahl für die Annahme einer Extremgefahr unzureichend, denn die Wahrscheinlichkeit, in Kabul als Zivilperson Opfer eines Anschlags zu werden, liegt noch immer unter der Schwelle für eine Extremgefahr (s.a. VG Köln, U. v. 15.9.2015 - 14 K 6064/14.A - juris).
Eine konkrete Gefahr für Leib und Leben ergibt sich für den Kläger auch nicht aus der allgemeinen Versorgungslage in Kabul. Die Versorgungslage ist zwar kritisch (Auswärtiges Amt, Bericht vom 2.3.2015 über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, Stand Oktober 2014, S. 21 ff.; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Update zur aktuellen Sicherheitslage in Afghanistan vom 13.9.2015, S. 20 ff.). Gleichwohl muss nicht jeder Rückkehrer aus Europa generell in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit den Tod oder schwerste Gesundheitsschäden bei einer Rückführung erleiden (VG Bayreuth, U. v. 1.4.2015 - B 3 K 14.30510 - juris; VG Gelsenkirchen, U. v. 20.8.2015 - 5a K 2487/14.A - juris). Die Situation der Rückkehrenden stellt sich zwar als weiterhin schwierig dar (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Update zur aktuellen Sicherheitslage in Afghanistan vom 13.9.2015, S. 22). Allerdings weist das Auswärtige Amt in seinem Lagebericht darauf hin, dass sich Afghanistan im Hinblick auf den Human Development Index (HDI) kontinuierlich verbessert habe; in fast allen Bereich sei - bei einem weiterhin beträchtlichen Entwicklungsbedarf - eine positive Entwicklung gegeben (Auswärtiges Amt, Bericht vom 2.3.2015 über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, Stand Oktober 2014, S. 21).
Im Sinne einer Gesamtgefahrenschau ist nicht davon auszugehen, dass dem Kläger bei einer Rückführung nach Afghanistan alsbald der sichere Tod drohen oder ernste Gesundheitsbeeinträchtigungen zu erwarten wären. Der Kläger ist gesund und leistungsfähig. Zwar hat er in Pakistan die Schule nur bis zur 6. Klasse besucht. Allerdings hat er in Deutschland einen Alphabetisierungskurs absolviert und eine Ausbildung zum Maler begonnen. Der Kläger spricht Dari, Urdu und Deutsch, was gleichermaßen seine Chancen, eine Arbeit zu finden, erhöht. Es ist auch in Anbetracht seines noch vergleichsweise jungen Alters davon auszugehen, dass er befähigt sein wird, sich sein Existenzminimum auch ohne örtliche Kenntnisse und ohne familiäre Anbindung zumindest in Kabul zu sichern.
Der langjährige Aufenthalt des Klägers in Pakistan steht dieser Einschätzung nicht entgegen. Schließlich hat der Kläger den größten Teil seines Lebens in einer islamisch geprägten Umgebung verbracht (so auch BayVGH, B. v. 30.9.2015 - 13a ZB 15.30063 - juris). Zudem spricht der Kläger die Landessprache Dari, weshalb es nicht maßgeblich darauf ankommt, ob er speziell mit den afghanischen Verhältnissen vertraut ist (vgl. BayVGH, B. v. 19.2.2014 - 13a ZB 14.30022 - juris; VG Bayreuth, U. v. 1.4.2015 - B 3 K 14.30510 - juris; VG München, U. v. 20.6.2013 - M 15.K 12.31010 - juris). Auch hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung angegeben, die Familie eines Onkels sei in der Gegend von Kabul ansässig.
4.
Die vom Bundesamt verfügte Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung sind nicht zu beanstanden. Die betreffende Entscheidung beruht auf § 34 Abs. 1 AsylG, § 59 Abs. 1 bis 3 AufenthG, § 38 Abs. 1 AsylG. Die Voraussetzungen dieser Vorschriften sind gegeben. Die Bezeichnung des Abschiebezielstaats im Bescheid des Bundesamtes genügt den Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen (BayVGH, B. v. 10.1.2000 - 19 BZ 99.33208 - juris Rn. 4).
Somit konnte die Klage keinen Erfolg haben.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG.
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Tatbestand
Der zur Person nicht ausgewiesene Kläger ist seinen Angaben zufolge afghanischer Staatsangehöriger, Mitglied der Volksgruppe der Hazara und schiitischen Glaubens. Sein letzter Wohnort im Heimatland war die Provinz Parwan, Distrikt Sheikh Ali, Dorf Djaff. Eigenen Angaben zufolge ist er am ...1995 (...1374) geboren. Er reiste nach seinen Angaben über Österreich auf dem Landweg nach Deutschland ein und stellte am 28. Oktober 2010 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) einen Asylantrag.
Bei seiner Anhörung durch das Bundesamt am
Mit Bescheid des Bundesamtes vom 11. August 2011 wurde festgestellt, dass der Asylantrag unzulässig sei und es wurde die Abschiebung nach Ungarn angeordnet. Auf den hiergegen gestellten einstweiligen Rechtsschutzantrag wurde mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach
Das Bundesamt erkannte dem Kläger mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 13. Mai 2014 die Flüchtlingseigenschaft nicht zu (Ziffer 1.), lehnte den Antrag auf Asylanerkennung ab (Ziffer 2.), erkannte den subsidiären Schutzstatus nicht zu (Ziffer 3.) und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Ziffer 4.). In Ziffer 5. des Bescheides wurde der Kläger aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen, andernfalls wurde ihm die Abschiebung, zuvorderst nach Afghanistan, angedroht. Zur Begründung wurde hinsichtlich Flüchtlingseigenschaft und Asylberechtigung im Wesentlichen vorgetragen, dass der Kläger nicht glaubhaft habe machen können, dass er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung außerhalb seines Herkunftsstaates aufhalte oder bei einer Rückkehr mit Verfolgungsmaßnahmen rechnen müsse. Sein gesamter Sachvortrag sei vage und lasse jegliche Details vermissen. Er habe lediglich pauschal in den Raum gestellt, die Feinde seines Vaters hätten ihn mit Waffen bedroht und mitnehmen wollen. Er habe nicht einmal ansatzweise darlegen können, worin die Feindschaft zwischen seinem Vater und diesen Leuten begründet sein sollte und wie man zu der Annahme kommen sollte, dass der geschilderte Vorfall tatsächlich damit im Zusammenhang stehen sollte. Ebenso verhalte es sich mit dem Vortrag, auf seinen Bruder sei schon einmal in den Bergen geschossen worden. Auch hier fehlten jegliche Ausführungen, inwieweit dies in einem Zusammenhang mit der behaupteten alten Feindschaft seines Vaters stehen solle. Trotz mehrmaliger Nachfrage sei er nicht in der Lage gewesen, irgendwelche Angaben zu dieser angeblichen Feindschaft zu machen. Er habe nur immer wieder vorgetragen, dass er darüber nichts wisse, weil sein Vater ihm den Grund nicht gesagt, sondern nur von einer alten Feindschaft gesprochen habe. Auch auf die Frage, ob diese Feinde einmal an seinen Vater herangetreten seien, sei keine befriedigende Antwort erfolgt. Er habe hierzu lediglich vorgetragen, dass einmal in den Bergen auf seinen Bruder geschossen worden sei. Dass er nie etwas über diese angeblich alte Feindschaft mitbekommen haben solle, könne ihm nicht abgenommen werden. Hinsichtlich des begehrten subsidiären Schutzstatus wurde ausgeführt, dass zwar davon auszugehen sei, dass nunmehr in allen Teilen Afghanistans ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt herrsche. Der vorliegend festgestellte Grad willkürlicher Gewalt erreiche aber nicht das für eine Schutzgewährung erforderliche hohe Niveau, demzufolge jedem Antragsteller allein wegen seiner Anwesenheit im Konfliktgebiet ohne weiteres Schutz nach § 4 Abs. 1 Nr. 3 AsylVfG gewährt werden müsse. Der Kläger habe auch keine persönlichen, gefahrerhöhenden Umstände glaubhaft machen können. Hinsichtlich § 60 Abs. 5 AufenthG wurde ausgeführt, dass in Bezug auf Art. 3 EMRK eine andere Bewertung als im Rahmen von § 4 Abs. 1 Nr. 2 AsylVfG kaum denkbar sei. Daher werde auf die diesbezügliche Argumentation verwiesen. Hinsichtlich § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG wird die ablehnende Entscheidung dahingehend begründet, dass eine extreme Gefahrenlage im Sinne dieser Bestimmung nicht vorläge. Bei dem Kläger handle es sich um einen inzwischen volljährigen, ungebundenen, gesunden und arbeitsfähigen Mann, so dass es für ihn auch möglich erscheine, auch ohne familiären Rückhalt im Falle einer Rückkehr in der Lage zu sein, durch Gelegenheitsarbeiten wenigstens ein kleines Einkommen zu erzielen, um sich damit ein Leben am Rand des Existenzminimums zu finanzieren. Auch könnten sich noch seine Eltern, seine zwei Brüder und drei Schwestern in Afghanistan aufhalten, da diese zum Zeitpunkt seiner Ausreise noch im Dorf D. gewesen sein sollen, der Kläger nur nicht wisse, ob sie nach wie vor dort leben würden. Des Weiteren habe er vorgetragen, noch zwei Onkel väterlicherseits und eine Tante mütterlicherseits in Afghanistan zu haben. Es sei nicht ersichtlich, dass diese ihm bei einer Rückkehr Hilfe und Unterstützung im Bedarfsfall versagen würden. Der Bescheid wurde ausweislich der Bundesamtsakte am 14. Mai 2014 zur Post gegeben.
Mit Telefax vom 30. Mai 2014 seines Bevollmächtigten ließ der Kläger die vorliegende Klage erheben. Der Kläger beantragt:
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes vom 13. Mai 2014 verpflichtet, den Kläger als Flüchtlinge nach § 3 AsylVfG, § 60 Abs. 1 AufenthG anzuerkennen und festzustellen, dass in seiner Person die Voraussetzungen des § 60, Abs. 2 bis 7 AufenthG für subsidiäre und nationale Abschiebeverbote vorliegen.
Zur Begründung wurde zunächst auf das Urteil des VG Köln
Mit Schriftsatz des Bevollmächtigten des Klägers vom 19. November 2014 wurde unter Vorlage des Betreuerausweises mitgeteilt, dass für den Kläger vom Amtsgericht ... eine Betreuung eingerichtet worden sei. Vorgelegt wurde auch das psychiatrische Gutachten des Dr. H***** vom 18. August 2014 als Grundlage der Bestellung. Daraus gehe hervor, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG beim Kläger vorlägen. In dem Gutachten, auf das hinsichtlich der Einzelheiten Bezug genommen wird, wird ab Seite 6 unter „Zusammenfassung und Beurteilung“ im Wesentlichen folgendes ausgeführt: Der Kläger sei in der Gemeinschaftsunterkunft sozial isoliert, berichte über Suizidgedanken, Schlafstörungen, Alpträume. Er habe für eine allgemein gehaltene Konversation ausreichend Deutsch gelernt, sei aber sicherlich mit der Erledigung von Behördenangelegenheiten schon sprachlich überfordert. Von kinder- und jugendpsychiatrischer Seite sei ihm neben Schlafstörungen und depressiven Symptomen eine psychische Traumatisierung bescheinigt. Der Kläger sei ohne Zweifel psychisch belastet. Nach Einschätzung des Gutachters liege mehr als eine sprachliche Überforderung vor. Die geschilderte Symptomatik spreche für eine posttraumatische Belastungsstörung und depressive Episode. Im Sinne des Betreuungsgesetzes handele es sich um eine psychische Krankheit. Vor diesem Hintergrund bedürfe er der Hilfe und Unterstützung in Form einer Betreuung für die Angelegenheiten der Gesundheitssorge, Vertretung bei Behörden und Versicherungen, Geltendmachung von Ansprüchen auf Sozialleistungen, Vertretung in ausländerrechtlichen Verfahren, in Wohnungs- und Ausbildungsangelegenheiten.
Mit weiterem Schriftsatz des Bevollmächtigten vom 18. Dezember 2014 wurde von Seiten der Beklagten eine kinder- und jugendpsychiatrische Stellungnahme der überörtlichen Gemeinschaftspraxis Dr. W., B., B., ... vom 27. November 2014 vorgelegt. Darin ist unter Anamnese u. a. ausgeführt, dass der Kläger sich in der Praxis erstmals am 10. Februar 2014 vorgestellt habe. Er berichte, dass er massive Schlafprobleme habe, Alpträume, ständige Kopfschmerzen. Unter „Diagnose“ wurde „Schlafstörung und depressive Symptome nach Traumatisierung (F 32.2)“ ausgeführt. Unter „Beurteilung und Empfehlung“ wurde ausgeführt, dass der Unterzeichner sich sicher sei, dass der Kläger dringend ärztliche und therapeutische Hilfe bis auf Weiteres benötige. Im Heimatland wäre eine entsprechende Versorgung nicht möglich. Von einer Abschiebung werde aus ärztlicher und therapeutischer Sicht dringend abgeraten. Diese könne eine schnelle und dramatische Verschlechterung seines psychopathologischen Zustandes zur Folge haben, auch eine akute Suizidalität sei durchaus denkbar.
Die Beklagte beantragt
Klageabweisung
unter Bezugnahme auf die angefochtene Entscheidung.
Mit Schriftsatz vom 8. Januar 2015 wurde zum Gutachten des Dr. H. vom 18. August 2014 dahingehend Stellung genommen, dass es darin, abgesehen davon, dass dem Gutachten die fachärztliche Kompetenz des Begutachters nicht zu entnehmen sei, vornehmlich um die Notwendigkeit einer Betreuung gegangen sei. Eine Traumatisierung sei dem Gutachten daher nicht zu entnehmen. Insbesondere sei ihm keine gezielte Diagnose zu entnehmen, sondern lediglich ein allgemeiner Hinweis auf das Vorliegen einer psychischen Belastung, sowie lediglich ein Verdacht auf eine posttraumatische Belastungsstörung, allerdings einzig aufgrund der gezeigten Symptome. Angesichts der Unschärfen des Krankheitsbildes sowie seiner vielfältigen Symptome könne dies nicht genügen, um eine entsprechende Diagnose zu belegen. Es würden nicht einmal mögliche traumatische oder traumatisierende Ereignisse aufgezeigt. Zudem stelle sich die Frage, warum erst jetzt das mögliche Vorliegen einer PTBS geltend gemacht werde, da der Kläger bereits seit über vier Jahren in der Bundesrepublik weile. Ursächlich für die aufgeführten Symptome könnten auch Heimatlosigkeit/Heimweh, Isoliertheit, Perspektivlosigkeit, Hoffnungslosigkeit, Enttäuschung aufgrund unerfüllter Erwartungen etc. sein, Umstände, die einen jungen Mann durchaus psychisch erschüttern könnten.
Mit Schriftsatz des Bevollmächtigten des Klägers vom 14. April 2015 wurde eine Aktualisierung vom 13. April 2015 der kinder- und jugendpsychiatrischen Stellungnahme der überörtlichen Gemeinschaftspraxis Dr. W., B., B., ... vom 27. November 2015 vorgelegt. Dieser ist zu entnehmen, dass der Kläger weiter unter den in der Stellungnahme vom 27. November 2014 genannten Symptomen leide. Eine Verbesserung seiner psychopathologischen Befindlichkeit habe sich bisher nicht eingestellt. Er benötige weiter dringend fachpsychiatrische Behandlung. Diese wäre im Heimatland für ihn völlig unrealistisch. Im Falle einer Abschiebung sei eine akute Suizidalität durchaus wahrscheinlich.
Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze, die Bundesamtsakten und die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 15. April 2015 Bezug genommen.
Gründe
Der vom Bevollmächtigten des Klägers gestellte Klageantrag war entsprechend der obergerichtlichen Rechtsprechung dahingehend auszulegen, dass mit ihm im Hauptantrag die Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylVfG, § 60 Abs. 1 AufenthG begehrt wird. Sie ist weiter dahingehend auszulegen, dass in einem ersten Hilfsantrag die Feststellung, dass der Kläger subsidiär Schutzberechtigter im Sinne des § 4 AsylVfG (der aufgrund des Gesetzes vom 28. August 2013, BGBl. I S. 3474 mit Wirkung vom 1. Dezember 2013 an die Stelle der früheren Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2, 3 und 7 Satz 2
AufenthG getreten ist) ist, sowie in einem weiteren Hilfsantrag die Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung der nationalen Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5, Abs. 7 Satz 1 AufenthG begehrt wird.
Die Klage ist in dieser Auslegung zulässig, aber unbegründet. Der Kläger hat weder einen Anspruch auf die im Hauptantrag (hierzu im Folgenden 1.) noch auf eine der in den Hilfsanträgen (hierzu im Folgenden 2. und 3.) begehrten Feststellungen. Daher ist auch die in Ziffer 5 des streitgegenständlichen Bescheides verfügte Abschiebungsandrohung nicht zu beanstanden (hierzu im Folgenden 4.).
1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylVfG, § 60 Abs. 1 AufenthG.
Nach § 3 Abs. 1 AsylVfG ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe (Nr. 1) außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt (Nr. 2). Die befürchtete Verfolgung muss also an einen dieser Verfolgungsgründe, die in § 3b AsylVfG genau erläutert werden, anknüpfen. Daneben muss der Asylbewerber die persönlichen Umstände seiner Verfolgung und Furcht vor einer Rückkehr hinreichend substantiiert, detailliert und widerspruchsfrei vortragen. Er muss kohärente und plausible Angaben machen. Fehlt es hieran, kann sein Vorbringen insoweit als nicht glaubhaft zurückgewiesen werden (BVerwG, U. v. 23.2.1988, 9 C 32/87, juris und
Nach diesen Maßstäben konnte der Kläger auch unter Berücksichtigung seiner Ausführungen in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht eine ihm bei einer Rückkehr nach Afghanistan in seiner Heimatregion drohende Verfolgung im dargestellten Sinne nicht glaubhaft machen. Das Gericht nimmt insoweit nach § 77 Abs. 2 AsylVfG zur Vermeidung von Wiederholungen zuvorderst auf die zutreffenden Ausführungen des Bundesamts im streitgegenständlichen Bescheid Bezug.
Die vom Bundesamt im streitgegenständlichen Bescheid festgestellten Ungereimtheiten konnte der Kläger auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht nicht ausräumen. Soweit er dort auf Nachfrage des Richters, warum gerade er getötet würde, angegeben hatte, dass sein Vater Kommandant gewesen sei und gegen die Taliban gekämpft habe, widerspricht dies seinen Angaben beim Bundesamt. Es kann daher nicht als Grund für die vom Kläger geltend gemachte Bedrohung durch die Feinde seines Vaters berücksichtigt werden. Soweit der Bevollmächtigte des Klägers in der mündlichen Verhandlung hierzu anmerkte, dass beim Bundesamt danach auch nicht gefragt worden sei und der Anhörung insgesamt zu entnehmen gewesen sei, dass der Anhörende wenig Interesse an den Gründen dieser Feindschaft gehabt habe, kann dem nach Lektüre der Anhörungsniederschrift in keiner Weise gefolgt werden. Denn der Niederschrift, insbesondere den Seiten 4 bis 6 ist zu entnehmen, dass der Anhörende wiederholt nachgefragt hat, warum diese Leute ihn mitnehmen sollten und worin die angebliche alte Feindschaft begründet sei. Einen Grund dafür konnte der Kläger trotz mehrmaliger Nachfrage bei der Anhörung nicht geben. Ebenso wenig ist der Niederschrift über die Anhörung zu entnehmen, dass der Kläger, wie er in der mündlichen Verhandlung behauptete, den Kampf seines Vaters gegen die Taliban erwähnt hätte. Etwaige Verständigungsschwierigkeiten zwischen dem Kläger und dem Dolmetscher bei der Anhörung lassen sich hierfür auch nicht anführen, da die Anhörung in die Sprache Dari gedolmetscht wurde, in der auch die Übersetzung in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht erfolgte. Dass eine Verständigung mit dem Dolmetscher für Dari in der mündlichen Verhandlung nicht oder nur schwierig möglich gewesen wäre, konnte der Richter in der mündlichen Verhandlung gerade nicht feststellen. Im Gegenteil funktionierte die Verständigung vollkommen unproblematisch. Schließlich leuchtet es auch nicht ein, dass der Kläger einen derart wichtigen Umstand, ja letztlich das Motiv für seine Flucht aus seinem Heimatland, trotz mehrmaliger Nachfrage des Anhörers beim Bundesamt nicht nannte. Dies lässt letzten Endes nur den Schluss zu, dass es sich bei der Erklärung, sein Vater sei Kommandant gegen die Taliban gewesen, um gesteigertes Vorbringen handelt, das der Kläger in der mündlichen Verhandlung vorbrachte, um seinen bisher unglaubwürdigen Vortrag mehr Glaubwürdigkeit zu verleihen. Der Vortrag des Klägers zu den Gründen für seine Ausreise lässt sich damit dahingehend zusammenfassen, dass unbekannte Feinde seines Vaters gekommen seien, um ihn aus ihm nicht bekannten Gründen mitzunehmen. Einen Grund dafür habe sein Vater ihm trotz Nachfrage nicht geliefert. Dieser Vortrag ist schlichtweg nicht glaubwürdig.
Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung durch die Aussage, sein Dorf sei von Paschtunen umgeben, und diese seien alle Taliban, andeutet, dass die in der Mehrzahl aus der Volksgruppe der Paschtunen bestehenden Taliban die Hazara, zu denen auch der Kläger gehört, verfolgen würden, ist festzuhalten, dass eine Gruppenverfolgung der Hazara nach der derzeitigen Auskunftslage nicht stattfindet. Denn die in das Verfahren eingeführten Erkenntnismittel berichten über die Behandlung der Hazara in Afghanistan weitgehend übereinstimmend. Nach dem aktuellen Lagebericht des Auswärtigen Amts beträgt der Anteil der Volksgruppe der Hazara ca. 19 Prozent der Gesamtbevölkerung. Die afghanische Verfassung schütze sämtliche ethnischen Minderheiten. Das Parteiengesetz verbiete die Gründung politischer Parteien entlang ethnischer Grenzen. In der Regierung seien alle großen ethnischen Gruppen vertreten. Es gebe Bemühungen, Armee und Polizeikräfte so zu besetzen, dass sämtliche Volksstämme angemessen repräsentiert seien. Seit dem Ende der Talibanherrschaft habe sich die Situation auch für die traditionell diskriminierten Hazara insgesamt verbessert, obwohl die hergebrachten Spannungen in lokal unterschiedlicher Intensität fortbestünden und auch immer wieder auflebten. Gesellschaftliche Spannungen bestünden fort und lebten in lokal unterschiedlicher Intensität gelegentlich wieder auf (ständige Lageberichterstattung, zuletzt vom 3.3.2015). Nach der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (SFH) verlaufe der Ressourcenkampf oft entlang der ethnischen Linien. Hazara seien mit Diskriminierungen im Alltag konfrontiert. Zu gewaltsamen Auseinandersetzungen führten vor allem Konflikte um Land, Wasser und Weiderechte zwischen Hazara und Kuchi (hierzu auch Accord vom 5.2.2013). Da die Taliban nach einer landesweiten Akzeptanz strebten, würden sie Konflikte mit ethnischen Minderheiten bewusst vermeiden (SFH-Update vom 3.9.2012). Hazara werden nicht wie etwa Hindu und Sikhs zu den speziell gefährdeten Personengruppen gezählt. Allerdings sei davon auszugehen, dass Ethnien, die die Minderheit in ihrer Wohngegend bildeten, verletzlicher seien (SFH-Updates zur aktuellen Sicherheitslage vom 3.2.2006, vom 21.8.2008, vom 26.2 und 11.8.2009 und vom 11.8.2010). Der UNHCR ist der Auffassung, dass trotz der verfassungsrechtlichen Garantie der Gleichheit aller ethnischen Gruppen und Stämme und der Bestrebungen der Regierung, sich mit den Problemen der ethnischen Minderheiten zu befassen, weiterhin Diskriminierung und ethnische Konflikte insbesondere im Zusammenhang mit Land und Eigentumsfragen auftreten. Es werde auch über starke Diskriminierung ethnischer Minderheiten in einigen Gegenden berichtet, meistens in Form der Versagung des Zugangs zu Bildung und anderen Diensten sowie zu politischer Vertretung. In den Gegenden, in denen eine Volksgruppe eine ethnische Minderheit darstellt, könnten die Angehörigen dieser Minderheit einer Verfolgungsgefahr aufgrund ihrer ethnischen Volkszugehörigkeit/Rasse ausgesetzt sein. In dieser Hinsicht erstrecke sich die Furcht vor Verfolgung aber nicht notwendigerweise auf das gesamte afghanische Gebiet (Stellungnahmen vom 10.11.2009 und vom 30.11.2009 an BayVGH) und sei abhängig von den individuellen Umständen des Falls (Stellungnahme vom 11.11.2011 an OVG Rheinland-Pfalz). Eine ausführliche Darstellung der Minderheit der Hazara findet sich im ÖIF-Länderinfo vom Februar 2010. Die Hazara, die 9 Prozent der Bevölkerung Afghanistans ausmachten und zum 19-prozentigen Anteil an Schiiten zählten, stellten in doppelter Hinsicht, nämlich ethnisch und religiös, gegenüber den Paschtunen und Tadschiken eine Minderheit dar. Ihr Hauptsiedlungsgebiet sei das Hazarajat, ein Gebiet in Zentralafghanistan, verteilt auf verschiedene Provinzen mit dem Großteil der Provinz Bamjan und acht weiteren Provinzen. Daneben gebe es nennenswert hazarische Gruppen in den größeren Städten Afghanistans, insbesondere in Kabul und Herat. Sie bildeten dort die ökonomische Unterschicht und blieben weitgehend vom Rest der Gesellschaft getrennt. Seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert seien die Hazara meist von einer paschtunischen Elite beherrscht, benachteiligt und unterdrückt worden. Erst mit dem Beginn der kriegerischen Auseinandersetzungen im Zuge der kommunistischen Machtergreifung Ende 1970 sei es den Hazara gelungen, eine gewisse Autonomie und schließlich auch eine gemeinsame politische Führung zu erlangen. Im Jahr 1989 sei die Hizb-e Wahdat gegründet worden, die einen Großteil der Hazara hinter sich versammele. Während des Bürgerkriegs und der anschließenden Herrschaft der Taliban sei es mehrmals zu Massakern an den schiitischen Hazara gekommen (vgl. Ahmed Rashid, Taliban, S. 62 ff., 98 ff. und 113 ff.). Nach dem Sturz der Taliban seien die Hazara immer in den verschiedenen Regierungen Präsident Hamid Karzais vertreten gewesen. Aktuell bestehe der größte Konflikt der Hazara in der ungelösten Frage der Weiderechte der Nomaden im Hazarajat, wo es alljährlich zu bewaffneten Auseinandersetzungen komme. Nach dem Sturz der Taliban im Jahr 2001 habe es keine Angriffe der Taliban auf Schiiten allgemein mehr gegeben und seien die Hazara nicht mehr aus ethnischen und religiösen Motiven von den Taliban verfolgt worden.
Nach Würdigung aller dieser Erkenntnisse im Wege einer Gesamtschau ist das Gericht der Überzeugung, dass Hazara in Afghanistan keiner an ihre Volks- oder Religionszugehörigkeit anknüpfenden Gruppen gerichteten politischen oder religiösen Verfolgung ausgesetzt sind. Diese Auffassung wird in der Rechtsprechung weitgehend geteilt (vgl. BayVGH, U. v. 3.7.2012, 13a B 11.30064, jurs; BayVGH
Anderweitige Gründe, die eine Furcht vor Verfolgung in Anknüpfung an eines der in § 3b AsylVfG genannten Merkmale begründen würde, hat der Kläger nicht geltend gemacht und sind auch sonst nicht ersichtlich.
2. Auch die Voraussetzungen für die Feststellung der subsidiären Schutzberechtigung nach § 4 AsylVfG liegen nicht vor.
Die ihm bei einer Rückkehr nach Afghanistan drohende Gefahr einer Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe aufgrund eines Gerichtsurteils (zum letzteren vgl. Bergmann in: Renner/Bergmann/Dienelt, AuslR, § 60 AufenthG, zur Vorgängervorschrift des § 60 Abs. 3 AufenthG) hat der Kläger nicht geltend gemacht. Anhaltspunkte diesbezüglich sind auch nicht ersichtlich.
Auch die Gefahr eines ernsthaften Schadens aufgrund von Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylVfG) hat der Kläger nicht glaubhaft gemacht. Auch insoweit wird nach § 77 Abs. 2 AsylVfG zur Vermeidung von Wiederholungen auf die entsprechenden zutreffenden Ausführungen im streitgegenständlichen Bundesamtsbescheid Bezug genommen. Insoweit macht der Kläger sinngemäß die gleichen Ausführungen bzw. Gründe geltend, wie bereits im Rahmen des § 3 AsylVfG. Nachdem diese nicht als glaubwürdig einzustufen waren, kann im Rahmen des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylVfG nichts anderes gelten.
Es liegt auch kein Fall des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylVfG vor. Der Kläger hat eine ernsthafte individuelle Bedrohung seines Lebens oder seiner Unversehrtheit als Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts in seiner Heimatregion, den Bezirk Sheikh Ali, Provinz Parvan, nicht glaubhaft machen können. Der Kläger führte insoweit in der mündlichen Verhandlung aus, dass die Taliban ihre (gemeint: die der Hazaras) Dörfer ständig angriffen und die Jugendlichen könnten die Dörfer dann nicht verlassen. Auch nach seiner Ausreise habe es nach Auskunft seines Vaters noch eine Auseinandersetzung mit den Taliban gegeben, bei der sein Onkel väterlicherseits getötet worden sei. Nach der dem Gericht bekannten Auskunftslage ist in dem Heimatdistrikt der Provinz Parvan des Klägers aufgrund der in den letzten Jahren angestiegenen Zahl von Auseinandersetzungen zwischen aufständischen Regierungstruppen wohl von einem innerstaatlichen bewaffneten Konflikt im Sinne der genannten Vorschrift auszugehen. Allerdings liegt auch unter Berücksichtigung dieser Auseinandersetzungen nach der Auskunftslage im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung jedenfalls die für die Feststellung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 Nr. 3 AsylVfG zusätzlich notwendige ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson nicht vor.
Der Jahresbericht 2014 der United Nations Assistance Mission in Afghanistan (UNAMA) weist für dieses Jahr in ganz Afghanistan 10.548 zivile Opfer (Tote und Verletzte) des bewaffneten Konflikts in Afghanistan aus. Dies stellt einen deutlichen Anstieg gegenüber der 2013 festgestellten Zahl von 8637 zivilen Opfern (Tote und Verletzte) dar. Dementsprechend stellt die UNAMA in dem genannten Bericht auch fest, dass die mit dem Konflikt verbundene Gewalt sich intensivierte und die Opferzahlen unvorhergesehene Höhen erreicht hätten. Der UNAMA-Bericht differenziert aber nicht nach den einzelnen Provinzen oder Distrikten Afghanistans, so dass insoweit auf andere Erkenntnismittel zurückgegriffen werden muss. So stellt das European Asylum Support Office (EASO) in seinem Bericht zur Sicherheitssituation in Afghanistan vom Januar 2015 die Heimatprovinz des Klägers, Parvan, in die Kategorie von 1 bis 250 sicherheitsrelevanten Vorfällen im Zeitraum Januar bis Oktober 2014 (Seite 33 des genannten Berichts). Damit handelt es sich um die niedrigste Kategorie hinsichtlich der Intensität des Konflikts. Betrachtet man die gewaltsamen Vorfälle bezogen auf die Provinz Parvan und die einzelnen Distrikte der Provinz, so zeigt sich, dass der Heimatdistrikt des Klägers, Sheikh Ali, mit nur fünf Vorfällen in dem genannten Zeitraum der drittsicherste Distrikt der Provinz Parvan ist. Zum Vergleich sei angemerkt, dass der Distrikt Ghorband, der innerhalb der Provinz Parvan die meisten sicherheitsrelevanten Vorfälle zu verzeichnen hat, im Beobachtungszeitraum 38 derartige Vorfälle zu verzeichnen hatte. Auf dieser Grundlage kann folglich von einer von dem innerstaatlichen Konflikt ausgehenden Gefahr für den Kläger als Mitglied der Zivilbevölkerung, in seinem Heimatdistrikt allein aufgrund seiner Anwesenheit dort einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit der Person ausgesetzt zu sein, nicht die Rede sein. Gefahrerhöhende Umstände lassen sich aus der vom Kläger in der mündlichen Verhandlung geltend gemachten früheren Tätigkeit seines Vaters als Kommandant im Kampf gegen die Taliban nicht ableiten, da diese, wie bereits oben dargestellt wurde, nicht glaubwürdig ist.
3. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG.
Hinsichtlich des Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 (Verstoß der Abschiebung gegen Normen der EMRK) wird auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts
Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von einer Abschiebung abgesehen werden, wenn dem Ausländer eine erhebliche, individuelle und konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit droht. Nach Satz 2 des Absatz 7 (in der ab dem 1.12.2013 geltenden Fassung) sind aber Gefahren nach Satz 1, also außerhalb bewaffneter Konflikte, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, (nur) bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen, wozu insbesondere auch Gefahren durch eine unzureichende Versorgungslage oder eine schwierige Existenzlage bei Rückkehr zählen (BVerwG, U. v. 29.6.2010, 10 C 10/09, juris). Danach kann die oberste Landesbehörde aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von sonstigen Ausländergruppen allgemein oder in einzelne Zielländer für längstens sechs Monate ausgesetzt wird. Satz 2 entfaltet damit bezüglich der Gefahren nach Satz 1 grundsätzlich eine Sperrwirkung. Schutz vor Abschiebung darf aber bundesrechtlich in verfassungskonformer Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ausnahmsweise dann gewährt werden, wenn der Ausländer in seinem Heimatstaat einer extremen Gefahrenlage dergestalt ausgesetzt wäre, dass er im Fall seiner Abschiebung dorthin gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert wäre (BVerwG, U. v. 8.12.1998, 9 C 4/98, juris und
Eine derartige Gefahr für den Kläger lässt sich einerseits nicht unter dem Gesichtspunkt einer drohenden Retraumatisierung aus dem psychiatrischen Gutachten des Dr. H. vom 18. August 2014 oder den kinder- und jugendpsychiatrischen Stellungnahmen des Herrn B. vom 27. November 2014 bzw. vom 13. April 2015 ableiten. Was das Gutachten des Dr. H. angeht, so ergibt sich dies, wie die Beklagte anmerkte, bereits daraus, dass es in diesem Gutachten vornehmlich um die Notwendigkeit einer Betreuung hier in Deutschland gegangen ist. Ziel dieser Begutachtung war also zu klären, ob für den Kläger aufgrund seiner Probleme hier in Deutschland eine Betreuung notwendig ist. Diese Frage wurde von Dr. H. positiv beantwortet. Ob eine Traumatisierung im Sinne einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) vorliegt und wenn ja, aufgrund welcher Ereignisse eine solche Traumatisierung eingetreten ist, war für die Dr. H. gestellte Gutachterfrage nicht von Relevanz. Dementsprechend finden sich in dem Gutachten vom 18. August 2014 auch lediglich ein allgemeiner Hinweis auf das Vorliegen einer psychischen Belastung und der geäußerte Verdacht auf eine posttraumatische Belastungsstörung. Worin der Grund für die psychische Belastung des Klägers liegt, dazu enthält das Gutachten des Dr. H. keine eindeutige Aussage, was es auch nicht enthalten musste. Als denkbarer Grund sind darin die soziale Isolation in der Gemeinschaftsunterkunft, die Überforderung durch die Situation in Deutschland und die angedachte posttraumatische Belastungsstörung denkbar. Dass der Kläger bei einer Rückkehr nach Afghanistan dort einer Retraumatisierung und darauf basierend einer Gefahr im dargestellten Sinne nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ausgesetzt wäre, lässt sich dem Gutachten aber nicht entnehmen. Ebenso wahrscheinlich ist, dass die psychische Belastung des Klägers aus dem bereits über vier Jahre dauernden Aufenthalt in Deutschland, der ungesicherten Situation und dem für einen Jugendlichen aus einem fremden Kulturkreis überaus anstrengenden Verhältnissen in Deutschland resultiert.
Was die kinder- und jugendpsychiatrische Stellungnahme des Herrn B. angeht, so ist einerseits festzuhalten, dass dieses als Diagnose keine posttraumatische Belastungsstörung, sondern „nur“ depressive Symptome nach Traumatisierung (F32.2 nach ICD-10 und nicht wie bei der posttraumatischen Belastungsstörung F43 nach ICD-10) diagnostiziert. Aber auch wenn man von einer solchen ausginge, so enthält es weder eine systematische Diagnose, geschweige denn eine Nennung des angeblichen traumatischen Ereignisses. Dementsprechend ist vorliegend nicht ansatzweise klar, worin dieses bestehen soll. Noch viel weniger kann davon ausgegangen werden, dass es sich um ein traumatisches Ereignis, das sich im Heimatland ereignet hat und das deswegen eine drohende Retraumatisierung auslösen könnte bei Rückkehr nach Afghanistan, handelt. Ebenso gut könnte es sich um eine Traumatisierung aufgrund der gegenwärtigen Lebensumstände des Klägers handeln. Es ist daher jedenfalls nicht von vornherein ausgeschlossen, dass die gegenwärtigen depressiven Symptome beim Kläger nach einer Rückkehr in ein ihm vertrautes Umfeld in Afghanistan gemildert oder behoben würden.
Daneben ist eine Gefahr im dargestellten Sinne auch nicht deshalb zur Überzeugung des Gerichts festgestellt, dass der zweifellos psychisch belastete Kläger bei einer Rückkehr auf sich allein gestellt wäre und daher nicht in der Lage wäre, sich das unmittelbar zum Überleben Notwendige zu beschaffen. Denn zur Überzeugung des Gerichts ist es gerade nicht so, dass der Kläger, wie er in der mündlichen Verhandlung vortrug, über keinerlei Angehörige in Afghanistan mehr verfügt. Auch wenn man zu seinen Gunsten unterstellt, dass seine engere Familie nach seiner eigenen Ausreise ebenfalls das Land verlassen hat, woran aufgrund der fehlenden Glaubwürdigkeit seines Vortrags bezüglich des Verfolgungsschicksals ebenfalls erhebliche Zweifel bestehen, geht das Gericht jedenfalls davon aus, dass der Kläger noch über einen Onkel und eine Tante in Afghanistan verfügt. Denn beim Bundesamt erklärte er auf die Nachfrage nach Verwandten im Heimatland u. a., dass er noch zwei Onkel väterlicherseits und eine Tante mütterlicherseits in Afghanistan habe. Unterstellt man nun, dass der Vortrag des Klägers in der mündlichen Verhandlung, einer seiner Onkel väterlicherseits sei nach seiner Ausreise bei einer Auseinandersetzung mit den Taliban getötet worden, zutreffe, so verfügt er über einen weiteren Onkel väterlicherseits in Afghanistan. Seine Behauptung in der mündlichen Verhandlung, dass er nun keinen Onkel mehr habe, kann ihm nicht geglaubt werden, denn die für den Widerspruch zur Niederschrift über die Anhörung gegebene Erklärung, er bezeichne auch Freunde seines Vaters als Onkel, ist wiederum nicht glaubwürdig: Denn aufgrund der konkreten Frage muss dem Kläger bewusst gewesen sein, dass hier nicht nach irgendwelchen Bekannten gefragt wird, sondern nach Blutsverwandten. Verständigungsschwierigkeiten mit dem Dolmetscher können hierfür, wie bereits oben ausgeführt, nicht herangezogen werden. Darüber hinaus hat der Kläger auch noch angegeben, über eine Tante mütterlicherseits in Afghanistan zu verfügen. Daher ist davon auszugehen, dass er bei einer Rückkehr nach Afghanistan jedenfalls auf eine Unterstützung durch diese beiden engeren Verwandten zählen kann. Eine Gefahr im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG liegt damit nicht vor.
4. Nachdem weder ein Anspruch auf Feststellung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylVfG noch auf Feststellung der subsidiären Schutzberechtigung nach § 4 AsylVfG oder von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AsylVfG besteht, begegnet auch die in Ziffer 5 des streitgegenständlichen Bundesamtsbescheids verfügte Abschiebungsandrohung keinen Bedenken, so dass die Klage auch insoweit abzuweisen ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylVfG.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
1
Tatbestand
2Der nach eigenen Angaben am 00. 00. 1984 in B. in der Provinz E. geborene Kläger ist afghanischer Staatsangehöriger vom Volksstamm der Hazara. Er reiste am 21. Mai 2011 auf dem Landweg in das Bundesgebiet ein und stellte am 28. September 2011 einen Asylantrag.
3Bei der Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) am 17. Oktober 2011 gab der Kläger an, seine Eltern seien am 05. oder 06. April 2002 getötet worden. Er habe noch eine Schwester, die in E. lebe. Er habe in Teheran als Bauarbeiter gearbeitet. Den Iran habe er verlassen, weil ihm die Abschiebung nach Afghanistan gedroht habe. Zu seinen Asylgründen trug er vor, sein Vater sei örtlicher Kommandant der Hezbe Wahdat (Partei der Einigkeit) mit 15 bis 20 Leuten gewesen. Im Jahre 1994 „oder bis 1996“ habe es eine Auseinandersetzung zwischen den Taliban und dieser Organisation gegeben. Dabei seien zwei Personen mitgenommen und eine Person getötet worden. Die beiden Entführten sei später getötet worden; es sei unklar geblieben, wer dafür verantwortlich sei. Sein Vater habe jedenfalls Schwierigkeiten mit den Familien der Getöteten und habe sich drei Jahre auf der Flucht befunden und sich in Tadschikistan aufgehalten, während er, der Kläger, mit seiner Mutter in Q. in der Provinz E. geblieben sei. Nach dem Sturz der Taliban – 2002 – sei sein Vater zurückgekehrt und habe seine beiden Waffen abgegeben. Seine Eltern seien dann entführt worden. Er sei zufällig bei seiner Schwester gewesen, sonst hätten sie ihn auch mitgenommen. Als er vom Tod seiner Eltern erfahren habe, sei er in den Iran gegangen. Heute noch suchten die Familienangehörigen der Getöteten nach ihm. Seine Schwester sei mehrere Male geschlagen und gefragt worden, wo er sei. Jetzt im Moment lasse man sie in Ruhe.
4Mit anwaltlichem Schreiben vom 27. Mai 2013 ließ der Kläger vortragen, sein Vater sei örtlicher Kommandant der Hazara-Partei Hezbe Wahdat mit ca. 15 bis 20 Kämpfern gewesen. 1994 bis 1996 habe es Auseinandersetzungen zwischen der örtlichen Miliz unter seinem Kommando und den Taliban gegeben. Dabei seien zwei Personen von den Taliban mitgenommen und eine Person getötet worden. Mit den Entführungen hätten die Taliban seinen Vater zwingen wollen, sich den Taliban zu ergeben. Da er sich jedoch geweigert habe, seien die beiden entführten Personen getötet worden. Daraufhin habe der Vater auch noch Schwierigkeiten mit den Familien der Getöteten bekommen, die ihm und seiner Familie mit Blutrache gedroht hätten. Die Familie habe sich daraufhin in Q. versteckt und habe dort drei Jahre lang im Verborgenen gelebt.
5Mit Bescheid vom 19. September 2013 lehnte das Bundesamt den Asylantrag ab und stellte zugleich fest, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG nicht vorliegen. Es forderte den Kläger auf, die Bundesrepublik Deutschland zu verlassen. Für den Fall der nicht fristgemäßen Ausreise drohte es ihm die Abschiebung nach Afghanistan an.
6Der Kläger hat am 01. Oktober 2013 Klage erhoben. Er macht geltend, dass ihm bei einer Rückkehr nach Afghanistan Blutrache seitens der Familien der von den Taliban getöteten 2 Männern drohe. Außerdem werde er als Hazara diskriminiert. Schließlich drohe ihm Zwangsrekrutierung durch die Taliban.
7Der Kläger beantragt,
8die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes vom 19. September 2013 zu verpflichten, ihn als Asylberechtigten anzuerkennen und ihm die Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 AsylVfG zuzuerkennen,
9hilfsweise,
10die Beklagte unter entsprechender Aufhebung des Bescheides vom 19. September 2013 zu verpflichten, ihm subsidiären internationalen Schutz nach § 4 AsylVfG zuzuerkennen,
11weiter hilfsweise,
12die Beklagte unter entsprechender Aufhebung des Bescheides vom 19. September 2013 zu verpflichten festzustellen, dass in seiner Person Abschiebungsverbote gemäß 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich Afghanistans vorliegen.
13Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
14die Klage abzuweisen.
15Sie bezieht sich zur Begründung auf die Ausführungen in dem angefochtenen Bescheid.
16Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie den beigezogenen Verwaltungsvorgang des Bundesamtes Bezug genommen.
17E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
18Die Kammer kann entscheiden, obwohl die Beklagte zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen ist. Die Beteiligten wurden unter Hinweis auf diese Möglichkeit ordnungsgemäß geladen (vgl. § 102 Abs. 1 VwGO).
19Die Kammer hat sich nicht veranlasst gesehen, den Rechtsstreit aufgrund des Art. 267 AEUV gemäß dem Antrag des Klägers dem Gerichtshof der Europäischen Union vorzulegen. Die in Rede stehende Frage der inländischen Schutzalternative gemäß Art. 8 der Richtlinie 2004/83/EG bzw. Art. 8 der Richtlinie 2011/95/EU stellt sich - wie aus den nachstehenden Ausführungen folgt - im vorliegenden Verfahren nicht. Ungeachtet dessen ist das erkennende Gericht zur Vorlage auch nicht verpflichtet, da es nicht das in letzter Instanz entscheidende Gericht ist.
20Vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 18. Auflage 2012, § 94 Rn. 21 m.w.N.
21Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der Bescheid des Bundesamtes vom 19. September 2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 VwGO).
22Der Kläger hat nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung - § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG – weder einen Anspruch auf Asylanerkennung (nachfolgend I.) noch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne von § 3 Abs. 1 AsylVfG (II.). Zudem liegen in seiner Person weder Gründe für die Zuerkennung subsidiären (internationalen) Schutzes nach § 4 AsylVfG i.V.m. § 60 Abs. 2 Satz 1, 3 AufenthG (III.) noch die Voraussetzungen eines (nationalen) Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor (IV.).
23I.
24Der begehrten Asylanerkennung steht bereits die Regelung des Art. 16a Abs. 2 GG i.V.m. § 26a AsylVfG ("Drittstaatenregelung") entgegen, weil der Kläger nach eigenen Angaben auf dem Landweg und damit über einen sicheren Drittstaat eingereist ist.
25II.
26Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Feststellung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylVfG in seiner Person.
27Nach § 3 Abs. 1 AsylVfG ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 - Genfer Flüchtlingskonvention (GK) -, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe - zur Definition dieser Begriffe vgl. § 3 b Abs. 1 AsylVfG - außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, (a) dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder (b) in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
28Als Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylVfG gelten zunächst Handlungen, die auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Art. 15 Abs. 2 der Konvention vom 04. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) keine Abweichung zulässig ist (§ 3 a Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG), ferner Handlungen, die in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nr. 1 beschriebenen Weise betroffen ist (§ 3 a Abs. 1 Nr. 2 AsylVfG). § 3 a Abs. 2 AsylVfG nennt als mögliche Verfolgungshandlungen beispielhaft u.a. die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt, sowie gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden.
29Die Furcht vor Verfolgung ist begründet, wenn dem Ausländer die genannten Gefahren aufgrund der in seinem Herkunftsland gegebenen Umstände in Anbetracht seiner individuellen Lage tatsächlich, d.h. mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen.
30Vgl. BVerwG, Urteil vom 20.02.2013 - 10 C 22.12 -, juris Rn. 19 m.w.N.
31Diese Anforderungen gelten auch für den Fall, dass die Verfolgung nicht von dem Staat, sondern von nichtstaatlichen Akteuren ausgeht. Nach § 3 c AsylVfG kann die Verfolgung ausgehen von (1.) dem Staat, (2.) Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, oder (3.) von nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.
32Einen Ausländer wird die Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 e AsylVfG allerdings nicht zuerkannt, wenn er in einem Teil seines Herkunftsstaates keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz nach § 3 d AsylVfG hat (Nr. 1) und sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt (Nr. 2), sog. inländische Fluchtalternative.
33Ausgehend von diesen Grundsätzen hat die Kammer nicht die Überzeugung gewinnen können, dass der Kläger aufgrund einer anlassgeprägten Einzelverfolgung sein Heimatland verlassen hat oder ihm bei einer Rückkehr eine solche droht.
341.) Dem Kläger droht keine Verfolgung in Gestalt einer Gruppenverfolgung wegen seiner Zugehörigkeit zum Stamm der Hazara. Deren Lage hat das VG Ansbach in seinem Urteil vom 11. Juli 2014 – AN 11 K 14.30557 –, juris Rn. 37 f. - wie folgt zusammengefasst:
35„Über die Behandlung von Hazara in Afghanistan berichten die Auskunftsstellen in den in das Verfahren eingeführten Erkenntnismitteln weitgehend übereinstimmend. Nach dem Auswärtigen Amt beträgt der Anteil der Volksgruppe der Hazara ca. 19% der Gesamtbevölkerung. Die afghanische Verfassung schütze sämtliche ethnischen Minderheiten. Das Parteiengesetz verbiete die Gründung politischer Parteien entlang ethnischer Grenzen. In der Regierung seien alle großen ethnischen Gruppen vertreten. Es gebe Bemühungen, Armee- und Polizeikräfte so zu besetzen, dass sämtliche Volksstämme angemessen repräsentiert seien, was in der Praxis zuweilen sogar zu einer Überrepräsentation von ethnischen Minderheiten auch in den Führungspositionen führe. Seit dem Ende der Taliban-Herrschaft habe sich die Situation auch für die traditionell diskriminierten Hazara insgesamt verbessert, obwohl die hergebrachten Spannungen in lokal unterschiedlicher Intensität fortbestünden und auch immer wieder auflebten. Die Hazara seien in der öffentlichen Verwaltung zwar noch immer stark unterrepräsentiert, wobei unklar sei, ob dies eher eine Folge der früheren Marginalisierung als eine gezielte Benachteiligung neueren Datums sei. Gesellschaftliche Spannungen bestünden fort und lebten in lokal unterschiedlicher Intensität gelegentlich wieder auf (ständige Lageberichterstattung, zuletzt vom 31.3.2014). Nach der Schweizerischen Flüchtlingshilfe verläuft der Ressourcenkampf oft entlang ethnischer Linien. Im Westen Kabuls lebende Hazara wurden Ziel von Gewalt und Kriminalität seitens anderer ethnischer Gruppen. Im Januar 2004 wurde eine Gruppe von Hazara bei Baghran überfallen und erschossen. Im Januar 2004 kündete der schiitische Hazara-Führer und Planungsminister in der Übergangsregierung seine Präsidentschaftskandidatur an, um zu zeigen, dass es kein Verbrechen mehr sei, Hazara in Afghanistan zu sein (Update vom 1.3.2004). Hazara seien mit Diskriminierungen im Alltag konfrontiert. Zu gewaltsamen Auseinandersetzungen führten vor allem Konflikte um Land-, Wasser- und Weiderechte zwischen Hazara und Kuchi (hierzu Accord vom 5.2.2013). Da die Taliban nach einer landesweiten Akzeptanz strebten, würden sie Konflikte mit ethnischen Minderheiten bewusst vermeiden (Update vom 3.9.2012). Nach Djelani Davary hat Präsident Karsai den Chef der hazarischen Wahdat-Partei als zweiten Stellvertreter ernannt. Die Minister mit Hazara-Herkunft seien im Kabinett gut vertreten, den Hazara falle mehr und mehr Regierungsverantwortung zu. Dies gelte auch für die Justiz. Eine hazarische Frauenrechtlerin sei zur Gouverneurin der Provinz Bamiyan ernannt worden. Seit der Machtübernahme von Karsai sei kein Fall bekannt geworden, der auf Diskriminierung und Willkür seitens des Staates hindeuten könnte. Die (hazarischen) Schiiten könnten ihren religiösen Pflichten nachgehen. Zu keinem Zeitpunkt der modernen afghanischen Geschichte mit Ausnahme der Talibanzeit seien sie deshalb verfolgt oder zumindest an der Ausübung ihrer religiösen Zeremonien gehindert worden (Stellungnahme vom 9.3.2005). Hazara werden nicht wie etwa Hindu und Sikhs zu den speziell gefährdeten Personengruppen gezählt. Allerdings sei davon auszugehen, dass Ethnien, die die Minderheit in ihrer Wohngegend bildeten verletzlicher seien (SFH-Updates zur aktuellen Sicherheitslage vom 3.2.2006, vom 21.8.2008, vom 26.2. und 11.8.2009 und vom 11.8.2010). Der UNHCR ist der Auffassung, dass trotz der verfassungsrechtlichen Garantie der Gleichheit aller ethnischen Gruppen und Stämme und der Bestrebungen der Regierung, sich mit den Problemen der ethnischen Minderheiten zu befassen, weiterhin Diskriminierung und ethnische Konflikte insbesondere im Zusammenhang mit Land- und Eigentumsfragen auftreten. Es werde auch über starke Diskriminierung ethnischer Minderheiten in einigen Gegenden berichtet, meistens in Form der Versagung des Zugangs zu Bildung und anderen Diensten sowie zu politischer Vertretung. In den Gegenden, in denen eine Volksgruppe eine ethnische Minderheit darstellt, könnten die Angehörigen dieser Minderheit einer Verfolgungsgefahr aufgrund ihrer ethnischen Volkszugehörigkeit/Rasse ausgesetzt sein. In dieser Hinsicht erstrecke sich die Furcht vor Verfolgung aber nicht notwendigerweise auf das gesamte afghanische Gebiet (Stellungnahmen vom 10.11.2009 und vom 30.11.2009 an BayVGH) und sei abhängig von den individuellen Umständen des Falls (Stellungnahme vom 11.11.2011 an OVG RhPf). Im August 2012 seien nach einem angeblich von Taliban verübten Mord an zwei Hazara in der Provinz Uruzgan neun Paschtunen, vermutlich von Hazara getötet worden (Richtlinie vom 6.8.2013). Eine ausführliche Darstellung der Minderheit der Hazara findet sich im ÖIF-Länder-info von Februar 2010. Die Hazara, die 9% der Bevölkerung Afghanistans ausmachten und zum 19%igen Anteil an Schiiten zählen, stellten in doppelter Hinsicht, nämlich ethnisch und religiös, gegenüber den Paschtunen und Tadschiken eine Minderheit dar. Ihr Hauptsiedlungsgebiet ist das Hazarajat, ein Gebiet in Zentralafghanistan, verteilt auf verschiedene Provinzen mit dem Großteil der Provinz Bamyan und acht weiteren Provinzen. Daneben gibt es nennenswerte hazarische Gruppen in den größeren Städten Afghanistans, insbesondere in Kabul und Herat. Sie bildeten dort die ökonomische Unterschicht und blieben weitgehend vom Rest der Gesellschaft getrennt. Seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert seien die Hazara meist von einer paschtunischen Elite beherrscht, benachteiligt und unterdrückt worden. Erst mit dem Beginn der kriegerischen Auseinandersetzungen im Zuge der kommunistischen Machtergreifung Ende 1970 sei es den Hazara gelungen, eine gewisse Autonomie und schließlich auch eine gemeinsame politische Führung zu erlangen. Im Jahr 1989 sei die Hizb-e Wahdat gegründet worden, die einen Großteil der Hazara hinter sich versammele. Während des Bürgerkriegs und der anschließenden Herrschaft der Taliban sei es mehrmals zu Massakern an den schiitischen Hazara gekommen (vgl. Ahmed Rashid S. 62 ff, 98 ff. und 113 ff). Nach dem Sturz der Taliban seien die Hazara immer in den verschiedenen Regierungen Präsident Hamid Karsais vertreten gewesen. Aktuell bestehe der größte Konflikt der Hazara in der ungelösten Frage der Weiderechte der Nomaden im Hazarajat, wo es alljährlich zu bewaffneten Auseinandersetzungen komme. Nach dem Sturz der Taliban im Jahr 2001 habe es keine Angriffe der Taliban auf Schiiten allgemein mehr gegeben und seien die Hazara nicht mehr aus ethnischen und religiösen Motiven von den Taliban verfolgt worden.“
36Auf dieser Grundlage ist nach Auswertung der in das Verfahren eingeführten Erkenntnismittel die Annahme einer ihre Volks- oder Religionszugehörigkeit anknüpfenden Gruppenverfolgung der Hazara nicht gerechtfertigt. Soweit gelegentliche Nachstellungen durch regierungsfeindliche Gruppierungen einschließlich der Taliban berichtet werden, ist maßgeblich darauf abzustellen, dass die Referenzfälle von der Anzahl der Rechtsverletzungen im Verhältnis zur Gesamtzahl dieser Gruppe und ihrer staatlichen Behandlung weder die Schwelle, ab der eine Verfolgungsdichte anzunehmen wäre noch belegen sie in ausreichendem Maß eine staatliche Untätigkeit im Vorgehen gegen solche Übergriffe mit dem Ziel der Vernichtung dieser Minderheit.
37Vgl. ebenso BayVGH, Beschluss vom 20.08.2014 – 13a ZB 14.30207 –, juris Rn. 5; Beschluss vom 21.06.2013 – 13a ZB 12.30416 –, juris Rn. 5; OVG NRW, Beschluss vom 25.02.2013 – 13 A 180/12.A – juris Rn. 10 m.w.N.; VG Ansbach, Urteil vom 11. Juli 2014 – AN 11 K 14.30557 –, juris Rn. 25 ff. m.w.N.; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 10.07.2014 – 5a K 1857/13.A Rn. 37 ff. m.w.N.; VG Köln, Urteil vom 20.05.2014 – 14 K 4357/12.A –, juris Rn. 47 ff. m.w.N.
382.) Der Kläger war auch keiner individuellen asylerheblichen Verfolgung in Afghanistan ausgesetzt. Er kann sich insbesondere nicht mit Erfolg auf drohende Blutrache berufen.
39Seinem Vorbringen ist nicht zu entnehmen, dass er in Anknüpfung an ein asylrelevantes Merkmal - Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe – in seinem Heimatland individuell politischer Verfolgung ausgesetzt war oder ihm im Fall seiner Rückkehr eine solche droht. Er beruft sich darauf, dass ihm die Rache von Familien drohe, die seinen Vater für den Tod von Angehörigen verantwortlich gemacht hätten. Hierbei handelt es sich um eine Auseinandersetzung im privaten Bereich ohne Anknüpfung an ein in § 3 Abs. 1 AsylVfG genanntes asylrelevantes Merkmal. Insbesondere ist nicht erkennbar, dass der Kläger einer Verfolgung wegen Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe i. S. d. § 3 b Abs. 1 Nr. 4 AsylVfG ausgesetzt ist. Nach dieser Vorschrift gilt eine Gruppe insbesondere als eine bestimmte soziale Gruppe i. S. d. § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG, wenn die Mitglieder dieser Gruppe angeborene Merkmale oder einen gemeinsamen Hintergrund, der nicht verändert werden kann, gemein haben oder Merkmale oder eine Glaubensüberzeugung teilen, die so bedeutsam für die Identität oder das Gewissen sind, dass der Betreffende nicht gezwungen werden sollte, auf sie zu verzichten (Buchst. a), und die Gruppe in dem betreffenden Land eine deutlich abgegrenzte Identität hat, da sie von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird (Buchst. b). Es kann dahinstehen, ob die Familie grundsätzlich eine bestimmte soziale Gruppe bilden kann.
40Vgl. zu diesem Ansatz VG Ansbach, Urteil vom 10.07.2014 – AN 11 K 14.30425 – juris Rn. 26.
41Jedenfalls ist im Einzelfall unter Würdigung der jeweils konkreten Verfolgungssituation zu prüfen, ob sämtliche Tatbestandsmerkmale des § 3 b Abs. 1 Nr. 4 AsylVfG vorliegen.
42Vgl. BayVGH, Beschluss vom 04.08.2014 – 13a ZB 14.30173 – juris Rn. 7; Beschluss vom 22.07.2014 – 13a ZB 14.30059 – juris Rn. 5; VG Bayreuth, Urteil vom 19.09.2014 – B 5 K 14.30175 –, juris Rn. 26; VG Ansbach, Urteil vom 10.07.2014 – AN 11 K 14.30425 – juris Rn. 23 ff.
43Dies ist vom Kläger nicht dargelegt worden und auch sonst nicht erkennbar. Es fehlt vorliegend jedenfalls an dem Merkmal, dass die Familie des Klägers aufgrund einer deutlich abgegrenzten Identität von der umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird, § 3 b Abs. 1 Nr. 4 b) AsylVfG.
44III.
45Gründe für die Zuerkennung subsidiären (internationalen) Schutzes nach § 4 AsylVfG i.V.m. § 60 Abs. 2 Satz 1, 3 AufenthG – zuvor Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 2, 3 oder 7 Satz 2 AufenthG in der bis zum 30. November 2013 geltenden Fassung ‑ sind nicht gegeben.
461.) Nach § 60 Abs. 2 Satz 1 AufenthG darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm ein "ernsthafter Schaden" i.S.d. § 4 Abs. 1 AsylVfG droht und kein Ausschlussgrund nach § 4 Abs. 2 AsylVfG vorliegt. Gemäß § 4 Abs. 1 AsylVfG ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht, wobei nach Satz 2 als solcher gilt die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (Nr. 1) Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (Nr. 2) oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (3.).
47Aus dem Verweis des § 4 Abs. 3 Satz AsylVfG auf § 3 c AsylVfG folgt, dass auch hier die Verfolgung nicht zwingend vom Staat ausgehen muss. Der Schutz entfaltet sich vielmehr grundsätzlich auch gegenüber Gefahren, die von nichtstaatlichen Organisationen bzw. Akteuren ausgehen.
48a) Dem Kläger droht keine Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung.
49(1) Er kann sich nicht darauf berufen, es sei mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit mit Zwangsrekrutierung durch die Taliban zu rechnen. Zum einen stellt die Zwangsrekrutierung zum Kriegsdienst als solche ebenso wie die Tötung oder Verletzung im Krieg nicht ohne Weiteres eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung dar.
50Vgl. BVerwG, Urteil vom 27.04.2010 – 10 C 4/09 – juris Rn. 29; VG München, Urteil vom 13.03.2014 – M 7 K 13.30461 –, juris Rn. 30.
51Zum anderen ist dem Vorbringen des Klägers schon nicht zu entnehmen, dass er schon einmal individuell in irgendeiner Weise konkret Schwierigkeiten mit den Taliban hatte. Generell handelt es sich insgesamt nur um ein Randphänomen. Die Taliban können nach den vorliegenden Erkenntnissen auf einen großen Pool von Rekruten zurückgreifen, insbesondere sollen bis zu 70% der Taliban junge arbeitslose Männer sein, die versuchen, ihren Lebensunterhalt zu finanzieren. Auch stellt sich bei zwangsrekrutierten Kämpfern die Frage der mangelnden Zuverlässigkeit.
52Vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 31.03.2014, S. 12; Danesch, Gutachten an HessVGH vom 03.09.2013; Gutachten an Nds.OVG vom 30.04.2013; zur Rechtsprechung VG München, Urteil vom 13.03.2014 – M 7 K 13.30461 –, juris Rn. 29 m.w.N.
53(2) Hinsichtlich der befürchteten Blutrache ist das Vorbringen des Klägers nicht glaubhaft.
54Es weist in zentralen Punkten Widersprüche auf. So hat er bei der Anhörung vor dem Bundesamt davon berichtet, im Zuge der Auseinandersetzung mit den Taliban seien zwei Personen mitgenommen und eine getötet worden; die beiden Entführten seien später getötet worden. In der mündlichen Verhandlung hat er im Gegensatz dazu nur davon gesprochen, dass eine Person sofort und eine Person später umgebracht worden sei. Diesen Widerspruch hat der Kläger nicht überzeugend auflösen können. Zu berücksichtigen ist zwar, dass es hier um Vorgänge geht, von denen anzunehmen ist, dass der Kläger sie angesichts seines damaligen Alters nicht selbst mitbekommen hat. Indes hat er seine Aussage nicht unter diesen Vorbehalt gestellt, weder beim Bundesamt noch vor Gericht. Weiter hat er bei der Anhörung vor dem Bundesamt davon gesprochen, seine Eltern seien entführt (und später getötet) worden. Demgegenüber hat er in der mündlichen Verhandlung davon berichtet, sie seien beide zusammen in ihrem Haus in dem Dorf N. P. umgebracht worden. Auf Vorhalt hat sich der Kläger darauf beschränkt zu sagen, er habe bei der Anhörung vor dem Bundesamt nicht davon gesprochen, dass seine Eltern entführt worden seien. Allerdings hat der Kläger zum Abschluss der Anhörung bestätigt, dass es keine Verständigungsschwierigkeiten gegeben habe. Auch hat er nach der Rückübersetzung keine Korrekturen oder Ergänzungen angebracht. Dass nicht ein schlichter Übertragungsfehler vorliegen kann, folgt daraus, dass der Kläger in Bezug auf die Entführung beim Bundesamt weiter vorgetragen hat, dass er zufällig bei seiner Schwester gewesen sei, sonst hätte man ihn „auch mitgenommen“.
55Zweifel an der Glaubhaftigkeit des Vorbringens ergeben sich auch aus dem Umstand, dass der Kläger allein aufgrund der Nachricht eines 13- bis 14-jährigen Jungen das Land verlassen haben will. Es ist nicht nachvollziehbar, dass der Kläger sich nicht darum bemüht hat zu überprüfen, ob die Nachricht vom Tod der Eltern tatsächlich zutrifft. Das hätte zum einen deshalb nahegelegen, weil der Kläger den Jungen nach eigenen Angaben nicht gekannt hat. Zwar hat er auf Nachfrage bekundet, nicht den Jungen, wohl aber den Vater des Jungen zu kennen. In der vom Kläger geschilderten Situation gab es für ihn aber keine Möglichkeit, sich über die Herkunft des Jungen zu vergewissern, so dass er sich – was fraglich erscheint – allein auf dessen Aussage verlassen musste, wer sein Vater sei. Zum anderen hätte zumindest eine weitere Aufklärung auf welchem Wege auch immer anstatt der umgehenden Flucht in den Iran aufgedrängt, weil es sich bei dem gewaltsamen Tod der Eltern für den seinerzeit gerade mal 18-jährigen Kläger um einen massiven Einschnitt gehandelt haben muss, über den sich zu vergewissern naheliegt.
56Gegen die Annahme einer Gefahr aufgrund drohender Blutrache spricht ferner, dass der Kläger drei Jahre mit seiner Mutter in Q. gelebt hat, ohne dass sie in dieser Zeit irgendwelche Schwierigkeiten hatten. Der Kläger hat zwar noch im Verwaltungsverfahren mit anwaltlichem Schriftsatz vom 27. Mai 2013 vortragen lassen, sie hätten sich dort versteckt. Dies hat der Kläger auch in der mündlichen Verhandlung bekundet. Gleichwohl stellt sich die Frage, warum er es so bei der Anhörung vor dem Bundesamt nicht berichtet hat.
57Schließlich muss sich der Kläger seine Aussage vor dem Bundesamt entgegenhalten lassen, dass man "derzeit" seine Schwester in Ruhe lasse. Es mag zwar zutreffen, dass Frauen weniger gefährdet sind, der Blutrache zum Opfer zu fallen. Wenn aber die Familienangehörigen der Getöteten nicht mehr bei der Schwester nach dem Aufenthaltsort des Klägers nachfragen, ist dies als Indiz für ein gesunkenes Verfolgungsinteresse zu werten. Er hat zwar - auch - in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass seine Schwester nach ihm befragt werde. Auch hat er von einer Vergewaltigung gesprochen. Allerdings hat er diese Erkundigungen nach seinem Verbleib bzw. Belästigungen in keiner Weise und insbesondere nicht in zeitlicher Hinsicht konkretisiert.
58Vor diesem Hintergrund sieht die Kammer keine Veranlassung, den in der mündlichen Verhandlung hilfsweise gestellten Beweisanträgen zu entsprechen. Hat es der Kläger – wie hier – an der Schilderung eines zusammenhängenden und in sich stimmigen, im Wesentlichen widerspruchsfreien Sachverhalts mit Angabe genauer Einzelheiten aus seinem persönlichen Lebensbereich fehlen lassen, gibt das Klagevorbringen keinen Anlass, einer daraus hergeleiteten Verfolgungsgefahr weiter nachzugehen. Beweisanträgen zum Verfolgungsgeschehen braucht das Gericht dann nicht nachzugehen.
59Vgl. jüngst HessVGH, Urteil vom 04. September 2014 – 8 A 2434/11.A –, juris Rn. 19 unter Verweis auf BVerwG, Beschluss vom 26. Oktober 1989 - 9 B 405/89 – juris Rdnr. 7 ff.
60Davon abgesehen liegen schon keine ordnungsgemäßen Beweisanträge vor, soweit es um die Vernehmung des Abgeordneten des afghanischen Nationalparlaments S. B1. , des Senators von E. B2. B3. E1. und des Abgeordneten des Provinz E. im afghanischen Nationalparlament B4. T. geht. Die Anträge lassen nicht erkennen, weshalb die Zeugen etwas zu den - zahlreichen - Beweisthemen bekunden können sollen. Auch die Vernehmung der Schwester als Zeugin wäre auf der Grundlage des § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO abzulehnen, der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren entsprechend anwendbar ist.
61Vgl. BVerwG, Urteil vom 29.03.2012 - 2 A 11.10 -, juris Rn. 53.
62Danach kann ein Beweisantrag auf die Vernehmung eines Zeugen, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre, abgelehnt werden, wenn er nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Maßgebend ist, ob die Erhebung des beantragten Beweises ein Gebot der Aufklärung ist.
63Vgl. BGH, Urteil vom 18.01.1994 - 1 StR 745/93 -, juris Rn. 23; zur Verfassungsmäßigkeit der Norm BVerfG, Beschluss vom 21.08.1996 - 2 BvR 1304/96 -, juris Rn. 16 ff.
64Dabei ist es dem Richter erlaubt und aufgegeben, das bisherige Ergebnis der Beweisaufnahme zugrunde zu legen. Das sonst weitgehend herrschende Verbot der Beweisantizipation gilt nicht. Die Entscheidung über die Beweiserhebung darf davon abhängig gemacht werden, welche Ergebnisse von der Beweisaufnahme zu erwarten sind und wie sie zu würdigen wären. Hier wäre der Aussage der Zeugin ein geringer Beweiswert zuzumessen, da sie als unmittelbare Angehörige des Klägers in dessen "Lager" steht und demgemäß ein Interesse an einem für ihn positiven Ausgang des Klageverfahrens hat. Ein Einfluss der Beweiserhebung auf die Überzeugung des Gerichts wäre aber auch deshalb auszuschließen, weil die unter Beweis gestellte Tatsache, das mehrfache Aufsuchen und Schlagen der Zeugin, letztlich nichts darüber besagt, wie oft dies konkret in einem Zeitraum von nunmehr über 12 Jahren und ob es auch in der jüngsten Vergangenheit geschehen ist.
65b) Auch die Voraussetzungen des hier § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylVfG sind nicht erfüllt.
66Unabhängig von individuellen gefahrerhöhenden Umständen besteht ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 2 AufenthG i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 1, 2 Nr. 3 AsylVfG bei besonderer Verdichtung einer allgemeinen Gefahrenlage, wenn der den bestehenden bewaffneten Konflikt kennzeichnende Grad willkürlicher Gewalt ein so hohes Niveau erreicht, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass eine Zivilperson bei Rückkehr in das betreffende Land oder die betroffene Region allein durch ihre Anwesenheit in diesem Gebiet Gefahr liefe, einer solchen Bedrohung ausgesetzt zu sein.
67Vgl. EuGH, Urteil vom 30.01.2014 – Rs. C 285/12 (Diakite) -, juris Rn. 30; Urteil vom 17.02.2009 - Rs. C 465/07 (Elgafaji) -, juris, Rn. 35 und 39; BVerwG, Urteil vom 17.11.2011 – 10 C 13.10 -, juris Rn. 19; Urteil vom 27.04.2010 - 10 C 4.09 -, juris Rn. 32,
68Der Kläger hat aber in tatsächlicher Hinsicht bereits nichts dazu vorgetragen, was die Annahme einer derartigen Gefahrverdichtung in der Provinz E. rechtfertigen könnte und ist insoweit bereits dem aus § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylVfG folgenden Darlegungserfordernis nicht nachgekommen.
69Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 10.09.2014 – 13 A 1150/14.A -, juris Rn. 11; BayVGH, Beschluss vom 05.09.2011 - 13a ZB 11.30010 -, juris Rn. 5.
70Ungeachtet dessen ist nach Überzeugung des Gerichts auf der Grundlage der in das Verfahren eingeführten Erkenntnismittel nicht von einer Gefahrverdichtung im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union und des Bundesverwaltungsgerichts auszugehen.
71Vgl. Fortschrittsbericht der Bundesregierung „Afghanistan“ zur Unterrichtung des Deutschen Bundestages, Stand: Juni 2014, S. 16 f.; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update - Die aktuelle Sicherheitslage, Stand: 30.09.2013, S. 4 ff, 8: meist umkämpfte Provinzen: Kandahar, Helmand, Khost, Kunar, Ghazni.
72IV.
73Die Voraussetzungen für die Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung eines (nationalen) Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG sind ebenfalls nicht gegeben.
741.) Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, wenn sich seine Abschiebung in Anwendung der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten als unzulässig erweist. Ausschließlich zu prüfen sind auch in diesem Rahmen nur etwaige zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote. In Betracht kommt damit vor allem ein Abschiebungsverbot nach Art. 3 EMRK (Verbot der Folter). Das darin enthaltene Verbot von Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung entspricht allerdings inhaltlich vollständig dem in § 4 Abs. 1 Nr. 2 AsylVfG enthaltenen Grund für die Gewährung von subsidiären Schutz und ist bereits dort zu prüfen; insoweit hat § 60 Abs. 5 AufenthG in Verbindung mit Art. 3 EMRK keine eigenständige Bedeutung mehr. In Ausnahmefällen kann sich ein Abschiebungsverbot aus Art. 6 EMRK (Recht auf ein faires Verfahren) ergeben, etwa dann, wenn im Zielstaat der Abschiebung eine Verurteilung unter krasser Missachtung der in Art. 6 EMRK normierten rechtsstaatlichen Verfahrensgrundsätze droht. Auch kann Art. 9 EMRK (Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit) ein Abschiebungsverbot analog zum Asylrechtsschutz begründen.
75Vgl. etwa VGH BW, Urteil vom 13.12.2012 - A 2 S 1995/12 -, juris Rn. 15; Nds. OVG, Beschluss vom 12. Juli 2010 - 8 LA 154/10 -, juris Rn. 14 f. m.w.N.
76Hier ist indes nicht ersichtlich, welches Menschenrecht der EMRK im konkreten Fall des Klägers ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG begründen könnte.
772.) Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht.
78Diese Regelung erfasst grundsätzlich nur einzelfallbezogene, individuell bestimmte Gefährdungssituationen, da bei allgemeinen Gefahren gemäß § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG i.V.m. § 60a AufenthG über die Gewährung von Abschiebungsschutz im Wege politischer Leitentscheidungen entschieden werden soll (Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG). Grundsätzlich sind das Bundesamt und die Verwaltungsgerichte an diese gesetzgeberische Kompetenzentscheidung gebunden. Sie dürfen Ausländern, die einer gefährdeten Gruppe angehören, für die aber ein Abschiebestopp nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG nicht besteht, nur dann im Einzelfall ausnahmsweise Schutz vor einer Abschiebung in verfassungskonformer Anwendung des § 60 Abs. 7 AufenthG zusprechen, wenn eine Abschiebung Verfassungsrecht, insbesondere die Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 GG verletzen würde. Dies ist nach der Rechtsprechung des BVerwG nur dann der Fall, wenn der Ausländer im Zielstaat der Abschiebung einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wäre, die landesweit besteht oder der der Ausländer nicht ausweichen kann.
79Vgl. grundlegend BVerwG, Urteil vom 12.07.2001 - 1 C 2.01 -, juris (ständige Rechtsprechung).
80Dass hier eine solche extreme Gefahrenlage besteht, in der der Asylbewerber "gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde” und die sich alsbald nach der Rückkehr realisiert,
81Vgl. zu diesen Kriterien BVerwG, Urteil vom 31.01.2013 - 10 C 15.12 -, juris Rn. 38 unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung,
82ist aus der Sicht der Kammer nicht anzunehmen. Sie geht nach Auswertung der aktuellen Auskünfte und Erkenntnisse sowie der obergerichtlichen Rechtsprechung,
83vgl. BVerwG, Urteil vom 31.01.2013 - 10 C 15.12 -, juris; BayVGH, Beschluss vom 15.10.2014 - 13a ZB 14.30355 -, juris Rn. 4; OVG NRW, Beschluss vom 26.10.2010 - 20 A 964/10.A -, juris Rn. 7; HessVGH, Urteil vom 04.09.2014 - 8 A 2434/11.A -, juris Rn. 42 f.; VGH BW, Urteil vom 26.02.2014 - A 11 S 2519/12 -, juris; SächsOVG, Urteil vom 10.10.2013 - A 1 A 474/09 - juris Rn. 57; OVG RP, Urteil vom 21.03.2012 - 8 A 11050/10 – juris Rn. 43 ff. VG Regensburg, Urteil vom 23.06.2014 - RO 8 K 14.30271 -, juris; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 02.06.2014 - 5a K 3664/13.A -, juris Rn. 64, bestätigt durch OVG NRW, Beschluss vom 10.09.2014 - 13 A 1421/14.A -, juris.
84grundsätzlich davon aus, dass alleinstehende, gesunde, junge und arbeitsfähige Männer im Falle einer Abschiebung nach Afghanistan im Raum Kabul derzeit nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit einer Extremgefahr für Leben und Gesundheit im Sinne der zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ausgesetzt sind. Auch wenn die Versorgungslage in Afghanistan nach wie vor schlecht ist, ist im Wege einer Gesamtgefahrenschau grundsätzlich nämlich nicht anzunehmen, dass einem alleinstehenden arbeitsfähigen männlichen Rückkehrer bei einer Abschiebung nach Afghanistan alsbald der sichere Tod drohen würde oder alsbald schwere Gesundheitsbeeinträchtigungen zu erwarten wären. Das gilt selbst für beruflich nicht besonders qualifizierte afghanische männliche Staatsangehörige, die in Kabul ohne Rückhalt und Unterstützung durch Familie und Bekannte sind und dort weder über Grundbesitz noch über nennenswerte Ersparnisse verfügen.
85Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 29. August 2012 - 13 A 1101/11.A -, juris; VG Köln, Urteil vom 22. Januar 2014 - 14 K 2858/12.A -, n.v.; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 02. Juni 2014 - 5a K 3664/13.A -, juris;
86Diese Grundsätze finden auch auf den Fall des Klägers Anwendung. Als junger Mann ohne Unterhaltsverpflichtungen und ohne erkennbare gesundheitliche Einschränkungen ist er grundsätzlich imstande, durch Arbeit seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Aufgrund seines langjährigen Aufenthalts in Deutschland ist davon auszugehen, dass er auch - zumindest ansatzweise - die deutsche Sprache gelernt hat, so dass seine Chancen, Arbeit zu finden, gegenüber den Flüchtlingen, die in die Nachbarländer geflüchtet sind, wesentlich höher sind.
87Vgl. zu der letztgenannten Erwägung VGH BW, Urteil vom 26.02.2014 - A 11 S 2519/12 -, juris.
88Ausreisefrist und Abschiebungsandrohung (Ziffer 4 des Bescheides) begegnen keinen durchgreifenden Bedenken (§§ 34, 38 AsylVfG).
89Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylVfG.
(1) Als Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 gelten Handlungen, die
- 1.
auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Artikel 15 Absatz 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist, oder - 2.
in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist.
(2) Als Verfolgung im Sinne des Absatzes 1 können unter anderem die folgenden Handlungen gelten:
- 1.
die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt, - 2.
gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden, - 3.
unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung, - 4.
Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung, - 5.
Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des § 3 Absatz 2 fallen, - 6.
Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.
(3) Zwischen den in § 3 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit den in § 3b genannten Verfolgungsgründen und den in den Absätzen 1 und 2 als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen muss eine Verknüpfung bestehen.
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 9. Juli 2010 - A 4 K 1179/10 - wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 25. Oktober 2007 – A 2 K 11194/04 – wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten, die dieser selbst trägt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
die Beklagte unter entsprechender teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 14.10.2002 zu verpflichten, festzustellen, dass hinsichtlich einer Abschiebung in den Iran die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen,
hilfsweise,
festzustellen, dass einer Abschiebung in den Iran Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 2-7 AufenthG entgegenstehen.
die Klage abzuweisen.
die Beklagte unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 14.9.2005 - 5 K 5/05.A - sowie unter entsprechender Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 14.10.2002 - - zu verpflichten, festzustellen, dass hinsichtlich einer Abschiebung in den Iran die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen,
hilfsweise,
festzustellen, dass einer Abschiebung in den Iran Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG entgegenstehen.
die Berufung zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
I.
II.
Gründe
I.
II.
Gründe
-
I
- 1
-
Der Kläger, ein iranischer Staatsangehöriger, stellte im März 2011 einen Asylantrag wegen Wehrdienstentziehung. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) lehnte den Antrag mit Bescheid vom 19. Dezember 2012 mangels Glaubwürdigkeit der Angaben zu seinem Vorfluchtschicksal ab. Während des Klageverfahrens ist der Kläger zum Christentum übergetreten und hat sich im Mai 2013 taufen lassen.
- 2
-
Das Verwaltungsgericht hat seiner auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gerichteten Klage stattgegeben. Den Entscheidungsgründen ist zu entnehmen, dass sich das Gericht zwar nicht von der Ernsthaftigkeit der Konversion habe überzeugen können. Dennoch sei der Kläger als Flüchtling anzuerkennen, denn die Taufe gehöre als Aufnahmeakt zum seelsorgerischen Kernbereich einer Religionsgemeinschaft. Deshalb sei das Gericht gemäß Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV an die Beurteilung der die Taufe vollziehenden Pfarrerin gebunden, der Glaubensübertritt sei vom Kläger ernsthaft gewollt.
- 3
-
Auf die Berufung der Beklagten hat der Verwaltungsgerichtshof das Urteil des Verwaltungsgerichts geändert und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat er ausgeführt, ein flüchtlingsrechtlich relevanter, hinreichend schwerer Eingriff in die Religionsfreiheit des unverfolgt aus dem Iran ausgereisten Klägers setze u.a. voraus, dass für den Betroffenen die Befolgung bestimmter gefahrenträchtiger religiöser Praktiken in der Öffentlichkeit zur Wahrung seiner religiösen Identität besonders wichtig sei. Das Gericht habe jedoch auch in Ansehung der Taufe des Klägers nicht mit der notwendigen Überzeugungsgewissheit feststellen können, dass die von ihm geltend gemachte Hinwendung zur christlichen Religion auf einer festen Überzeugung und einem ernst gemeinten religiösen Einstellungswandel beruhe. Der christliche Glaube präge die religiöse Identität des Klägers nicht in einer Weise, dass dieser die christliche Betätigung für sich selbst als verpflichtend empfinde, um seine Identität zu wahren. Bei dieser Beurteilung binde der Umstand, dass der Betroffene durch den Amtsträger einer christlichen Kirche getauft worden sei, die staatlichen Stellen nicht. Es sei vielmehr die ureigene Aufgabe staatlicher Verwaltungsgerichte, zu einer eigenen Einschätzung hinsichtlich der Ernsthaftigkeit des Glaubensübertritts zu gelangen. Aus Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 1 und 3 WRV ergebe sich nichts anderes. Denn es bleibe der Kirchengemeinde unbenommen, den Kläger weiterhin als ihr Mitglied anzusehen. Die Beantwortung der davon zu unterscheidenden Frage, ob die Mitgliedschaft in einer christlichen Kirche eine religiöse Verfolgung nach sich ziehe und deshalb die Flüchtlingsanerkennung begründe, sei allein Aufgabe der staatlichen Gerichte.
- 4
-
Hiergegen wendet sich die Beschwerde des Klägers, mit der dieser die Zulassung der Revision erstrebt.
-
II
- 5
-
Die auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und eines Verfahrensmangels des Berufungsurteils (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.
- 6
-
1. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, wenn sie eine abstrakte, in dem zu entscheidenden Fall erhebliche Frage des revisiblen Rechts mit einer über den Einzelfall hinausgehenden allgemeinen Bedeutung aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder im Interesse der Rechtsfortbildung in einem Revisionsverfahren geklärt werden muss. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, wenn sich die aufgeworfene Frage im Revisionsverfahren nicht stellen würde, wenn sie bereits geklärt ist bzw. aufgrund des Gesetzeswortlauts mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Auslegung und auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens beantwortet werden kann oder wenn sie einer abstrakten Klärung nicht zugänglich ist (BVerwG, Beschluss vom 1. April 2014 - 1 B 1.14 - AuAS 2014, 110).
- 7
-
Die Beschwerde hält für grundsätzlich klärungsbedürftig,
-
"ob das staatliche Gericht uneingeschränkt befugt ist, im Rahmen eines Asylverfahrens entgegen einer Taufe in den christlichen Glauben und entgegen einer pfarramtlichen Bescheinigung der Pfarrerin seiner Kirchengemeinde davon auszugehen, dass ein Asylbewerber keine religiöse Identität in dem Sinne habe, dass ihm der Verzicht auf eine öffentlich wahrnehmbare Betätigung seines christlichen Glaubens zumutbar ist."
- 8
-
Dazu führt sie im Kern aus, die Feststellung der Ernsthaftigkeit des Übertritts zum Christentum sowie der religiösen Identität eines Asylbewerbers sei eine innerkirchliche Angelegenheit, die gemäß Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV staatlicher Überprüfung entzogen sei. Die Taufe gehöre zum Kernbereich kirchlichen Handelns, den der Staat nicht infrage stellen dürfe. Auch der Kläger werde in seiner grundrechtlich geschützten Glaubensfreiheit verletzt, wenn der Staat sich die Entscheidungskompetenz darüber anmaße, ob er "wahrer" Christ sei oder nicht. Mit diesem und dem weiteren Vorbringen zeigt die Beschwerde keine klärungsbedürftigen Fragen des revisiblen Rechts auf, die die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 oder 3 VwGO rechtfertigen.
- 9
-
Es bedarf keiner Durchführung eines Revisionsverfahrens, um zu klären, dass staatliche Behörden und Verwaltungsgerichte bei der Prüfung der Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 und 4 AsylVfG nicht an die Beurteilung des zuständigen Amtsträgers einer christlichen Kirche gebunden sind, der Taufe des betroffenen Asylbewerbers liege eine ernsthafte und nachhaltige Glaubensentscheidung zugrunde. Dies folgt insbesondere aus der dem Berufungsurteil vom Verwaltungsgerichtshof zugrunde gelegten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urteil vom 20. Februar 2013 - 10 C 23.12 - BVerwGE 146, 67 im Anschluss an EuGH, Urteil vom 5. September 2012 - C-71/11 und C-99/11 [ECLI:EU:C:2012:518] - NVwZ 2012, 1612). Das Vorbringen der Beschwerde zeigt keinen neuerlichen oder weitergehenden Klärungsbedarf auf.
- 10
-
Art. 4 Abs. 1 und 2 GG als einheitliches Grundrecht sowie Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 Satz 1 WRV garantieren den Religionsgesellschaften die Freiheit, ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes zu ordnen und zu verwalten (zum Verhältnis der Bestimmungen zueinander im Sinne einer Schrankenspezialität: BVerfG, Beschluss vom 22. Oktober 2014 - 2 BvR 661/12 - EuGRZ 2014, 698 Rn. 82 ff.). Das kirchliche Selbstbestimmungsrecht umfasst alle Maßnahmen, die der Sicherstellung der religiösen Dimension des Wirkens im Sinne kirchlichen Selbstverständnisses und der Wahrung der unmittelbaren Beziehung der Tätigkeit zum kirchlichen Grundauftrag dienen (BVerfG, Beschluss vom 22. Oktober 2014 - 2 BvR 661/12 - EuGRZ 2014, 698 Rn. 95 m.w.N.). Zu den "eigenen Angelegenheiten" in diesem Sinne zählen insbesondere die Rechte und Pflichten der Mitglieder der jeweiligen Religionsgemeinschaft, insbesondere Bestimmungen, die den Ein- und Austritt, die mitgliedschaftliche Stellung sowie den Ausschluss von Glaubensangehörigen regeln (BVerfG, Beschluss vom 17. Dezember 2014 - 2 BvR 278/11 - EuGRZ 2015, 250 Rn. 37 m.w.N.). Die Mitgliedschaft in einer Religionsgemeinschaft beurteilt sich mit Wirkung für den weltlichen Bereich (etwa als Voraussetzung für die Kirchensteuerpflicht) grundsätzlich nach den Regeln der jeweiligen Religionsgemeinschaft (BVerfG, Beschluss vom 31. März 1971 - 1 BvR 744/67 - BVerfGE 30, 415 <422> - auch zu der Grenze des für alle geltenden Gesetzes). Demzufolge obliegen die Interpretation und die Beurteilung der kirchenrechtlichen Voraussetzungen für eine Taufe sowie deren Wirksamkeit mit der Folge, dass der Betroffene Mitglied in der Gemeinde einer Religionsgemeinschaft wie der evangelisch-lutherischen Landeskirche ist, den innerkirchlich zuständigen Amtsträgern (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. November 2013 - 6 C 21.12 - BVerwGE 148, 271 Rn. 46 ff. - auch zur Abgrenzung gegenüber staatlichen Gerichten verbleibenden Prüfungspunkten).
- 11
-
Es liegt auf der Hand, dass - von Missbrauchsfällen abgesehen - die von einer Religionsgemeinschaft bestätigte Mitgliedschaft als solche von den Verwaltungsgerichten bei der Untersuchung, ob dem Asylbewerber in seinem Heimatland eine schwerwiegende Verletzung der Religionsfreiheit als flüchtlingsrechtlich relevante Verfolgung droht, nicht infrage gestellt werden darf. Die durch Taufe bewirkte Mitgliedschaft in einer christlichen Religionsgemeinschaft ist aber nur dann allein entscheidungserheblich, wenn eine Verfolgung in einem Land ausschließlich an der Kirchenzugehörigkeit anknüpft. Ist dies jedoch - wie nach der tatrichterlichen Würdigung der Verfolgungslage im Iran durch das Berufungsgericht - nicht der Fall, haben das Bundesamt bzw. die Verwaltungsgerichte auf der Rechtstatsache der Kirchenmitgliedschaft aufbauend bei der Beurteilung der Schwere einer drohenden Verletzung der Religionsfreiheit des Betroffenen zu prüfen, ob die Befolgung einer bestimmten gefahrträchtigen religiösen Praxis für ihn zur Wahrung seiner religiösen Identität besonders wichtig ist. Da bereits der unter dem Druck drohender Verfolgung erzwungene Verzicht auf eine Glaubensbetätigung die Qualität einer Verfolgung im Sinne des § 3a Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG erreichen kann, ist für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft aufgrund drohender religiöser Verfolgung in diesem Fall maßgeblich, wie der Einzelne seinen Glauben lebt und ob die verfolgungsträchtige Glaubensbetätigung für ihn persönlich nach seinem Glaubensverständnis ein zentrales Element seiner religiösen Identität bildet und in diesem Sinne für ihn unverzichtbar ist (BVerwG, Urteil vom 20. Februar 2013 - 10 C 23.12 - BVerwGE 146, 67 Rn. 28 ff. im Anschluss an EuGH, Urteil vom 5. September 2012 - C-71/11 und C-99/11 - NVwZ 2012, 1612). Dass diese Fragestellung in Teilbereichen zugleich auch als kirchenrechtliche Voraussetzung für die Taufe bedeutsam ist und von dem innerkirchlich zuständigen Amtsträger bejaht worden ist, macht sie - wie das Berufungsgericht zutreffend herausgestellt hat - mit Blick auf die hier zu prüfende, staatlichen Stellen obliegende Flüchtlingsanerkennung nicht zu einer "eigenen Angelegenheit" der Religionsgemeinschaft im Sinne des Art. 137 Abs. 3 Satz 1 WRV i.V.m. Art. 140 GG. Diese Grundsätze gelten unabhängig davon, ob die jeweilige Religionsgemeinschaft als Körperschaft des Öffentlichen Rechts konstituiert ist oder nicht.
- 12
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Es bedarf auch keiner Klärung in einem Revisionsverfahren, dass staatliche Stellen mit der eigenständigen Würdigung im Rahmen der Prüfung des § 3 Abs. 1 AsylVfG, ob eine bestimmte Glaubenspraxis für den Antragsteller nach seinem Glaubensverständnis ein zentrales Element seiner religiösen Identität bildet und in diesem Sinne für ihn unverzichtbar ist, nicht die sich aus Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG, Art. 4 Abs. 1 und 2 GG sowie Art. 140 i.V.m. Art. 136 Abs. 1 und 4, Art. 137 Abs. 1 WRV ergebende Pflicht des Staates zur weltanschaulichen Neutralität verletzen. Denn eine verfassungsrechtlich unzulässige Bewertung des Glaubens oder der Lehre einer Kirche ist damit nicht verbunden. Bei der Prüfung der Flüchtlingsanerkennung wegen geltend gemachter religiöser Verfolgung setzen sich staatliche Stellen weder mit Inhalten von Glaubenssätzen auseinander noch bewerten sie diese oder formulieren gar eigene Standpunkte in Glaubensdingen (zur Reichweite des Neutralitätsgebots: BVerfG, Beschluss vom 22. Oktober 2014 - 2 BvR 661/12 - EuGRZ 2014, 698 Rn. 88 ff. m.w.N.; vgl. auch EGMR, Urteil vom 15. Januar 2013 - Nr. 48420/10 u.a. - NJW 2014, 1935 Rn. 81 und Urteil vom 8. April 2014 - Nr. 70945/11 u.a. - NVwZ 2015, 499 Rn. 76). Sie entscheiden auch nicht über die Legitimität religiöser Glaubensüberzeugungen, sondern gehen lediglich der Stellung des einzelnen Antragstellers zu seinem Glauben nach, nämlich der Intensität selbst empfundener Verbindlichkeit von Glaubensgeboten für die Identität der Person. Darin liegt keine Verletzung der Pflicht des Staates zu weltanschaulicher Neutralität.
- 13
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In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist auch geklärt, dass die Verwaltungsgerichte sich bei der Prüfung der inneren Tatsache, ob der Kläger die unterdrückte religiöse Betätigung seines Glaubens für sich selbst als verpflichtend zur Wahrung seiner religiösen Identität empfindet, nicht auf eine Plausibilitätsprüfung hinreichend substantiierter Darlegung beschränken dürfen, sondern insoweit das Regelbeweismaß der vollen Überzeugung des Gerichts (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) zugrunde zu legen haben (BVerwG, Urteil vom Urteil vom 20. Februar 2013 - 10 C 23.12 - BVerwGE 146, 67 Rn. 30). Ein erneuter oder weitergehender Klärungsbedarf ergibt sich nicht daraus, dass die Anlegung des Regelbeweismaßes nach Auffassung der Beschwerde die Religionsfreiheit des Betroffenen und zugleich das kirchliche Selbstbestimmungsrecht verletzt. Denn eine Zurücknahme des tatrichterlichen Beweismaßes sowie der gerichtlichen Kontrolldichte ist nach der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung nur bei der Bestimmung der Reichweite des Schutzbereichs des Art. 4 GG angezeigt. Bei der Würdigung dessen, was im Einzelfall als korporative oder individuelle Ausübung von Religion und Weltanschauung im Sinne von Art. 4 Abs. 1 und 2 GG anzusehen ist, muss der zentralen Bedeutung des Begriffs der "Religionsausübung" durch eine extensive Auslegung Rechnung getragen werden; insoweit darf das Selbstverständnis der jeweils betroffenen Religionsgemeinschaften und des einzelnen Grundrechtsträgers nicht außer Betracht bleiben. Die Formulierung ihres Selbstverständnisses und Auftrags - des kirchlichen Proprium - obliegt allein den Kirchen und ist als elementarer Bestandteil der korporativen Religionsfreiheit durch Art. 4 Abs. 1 und 2 GG verfassungsrechtlich geschützt (BVerfG, Beschluss vom 22. Oktober 2014 - 2 BvR 661/12 - EuGRZ 2014, 698 Rn. 101, 114). Auch auf der individuellen Ebene dürfen staatliche Organe nur prüfen, ob hinreichend substantiiert dargelegt ist, dass sich ein von dem Betroffenen als religiös geboten reklamiertes Verhalten tatsächlich nach geistigem Gehalt und äußerer Erscheinung in plausibler Weise dem Schutzbereich des Art. 4 GG zuordnen lässt, also tatsächlich eine als religiös anzusehende Motivation hat (BVerfG, Beschluss vom 27. Januar 2015 - 1 BvR 471/10 u.a. - EuGRZ 2015, 181 Rn. 86 m.w.N.). Die gebotene Berücksichtigung des kirchlichen und individuellen Selbstverständnisses des Grundrechtsträgers bei der Bestimmung, wie weit der Schutzbereich des Art. 4 Abs. 1 und 2 GG im konkreten Einzelfall reicht, ist jedoch nicht auf die der Schutzbereichsbestimmung vorgelagerte tatrichterliche Würdigung zu übertragen, ob und inwieweit eine Person eine bestimmte religiöse Betätigung ihres Glaubens für sich selbst als verpflichtend zur Wahrung ihrer religiösen Identität empfindet.
- 14
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Der Senat hat auch klargestellt, dass die religiöse Identität als innere Tatsache sich nur aus dem Vorbringen des Asylbewerbers sowie im Wege des Rückschlusses von äußeren Anhaltspunkten auf die innere Einstellung des Betroffenen feststellen lässt (BVerwG, Urteil vom 20. Februar 2013 - 10 C 23.12 - BVerwGE 146, 67 Rn. 31). Entgegen der Auffassung der Beschwerde wird die Glaubensfreiheit eines Asylbewerbers, der sich auf eine ihm drohende Verfolgung wegen seiner Religion beruft, nicht dadurch verletzt, dass es ihm im Rahmen der asylverfahrensrechtlichen Mitwirkungspflichten (§ 15 Abs. 2 Nr. 1 AsylVfG) und des prozessrechtlichen Untersuchungsgrundsatzes (§ 86 Abs. 1 VwGO) obliegt, staatlichen Stellen über sein religiöses Selbstverständnis Auskunft zu geben. Es unterliegt der freien Beweiswürdigung gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO und ist insoweit keiner weiteren grundsätzlichen Klärung zugänglich, auf welche Weise der Tatrichter versucht, sich die erforderliche Überzeugungsgewissheit vom Vorliegen der entscheidungserheblichen Tatsache der Wahrung der religiösen Identität des Asylbewerbers zu verschaffen. Nicht weiter klärungsbedürftig ist in diesem Zusammenhang insbesondere, dass es - wovon das Berufungsgericht ausgegangen ist (UA S. 16) - die Glaubensfreiheit nicht verletzt und die Beweisanforderungen nicht überspannt, von einem Erwachsenen im Regelfall zu erwarten, dass dieser schlüssige und nachvollziehbare Angaben zu den inneren Beweggründen für die Konversion machen kann und im Rahmen seiner Persönlichkeit und intellektuellen Disposition mit den Grundzügen seiner neuen Religion vertraut ist.
- 15
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2. Die Beschwerde rügt des Weiteren, dem Berufungsgericht fehle die notwendige Sachkunde zur Beurteilung der religiösen Identität des Klägers. Dem Verwaltungsgerichtshof hätte sich eine Begutachtung des Klägers in psychologischer und religiöser Hinsicht aufdrängen müssen (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 86 Abs. 1 VwGO). Die Aufklärungs- und damit verbundene Gehörsrüge verhilft der Beschwerde nicht zum Erfolg.
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Zum einen hat der Kläger ausweislich der Sitzungsniederschrift in der Berufungsverhandlung keinen entsprechenden Beweisantrag gestellt. Ein Gericht verletzt seine Pflicht zur erschöpfenden Sachverhaltsaufklärung gemäß § 86 Abs. 1 VwGO grundsätzlich dann nicht, wenn es von einer sich nicht aufdrängenden Beweiserhebung absieht, die ein anwaltlich vertretener Beteiligter nicht ausdrücklich beantragt hat (BVerwG, Beschluss vom 2. November 1978 - 3 B 6.78 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 116). Aus welchen Gründen sich dem Verwaltungsgerichtshof eine weitere Aufklärung von Amts wegen hätte aufdrängen müssen, legt die Beschwerde nicht dar. Zum anderen ist bei der Prüfung, ob dem Berufungsgericht ein Verfahrensfehler unterlaufen ist, von dessen materiellrechtlicher Rechtsauffassung auszugehen, auch wenn diese - wofür hier nichts ersichtlich ist - verfehlt sein sollte (BVerwG, Urteil vom 9. Dezember 2010 - 10 C 13.09 - BVerwGE 138, 289 Rn. 17 m.w.N.; stRspr). Es ist weder von der Beschwerde dargelegt noch sonst ersichtlich, aus welchen Gründen das Berufungsgericht - nachdem nicht etwa Glaubensinhalte einer fremden Religion aufzuklären waren - nicht über die ausreichende Sachkunde zur Beurteilung der religiösen Überzeugung und Identität des Klägers verfügen sollte. Für die Ermittlung und Würdigung des (Nicht-)Vorliegens dieser inneren Tatsache bedarf es in aller Regel keines nur Experten vorbehaltenen Wissens. Letztlich wendet sich die Beschwerde im Wege der Aufklärungs- und Gehörsrüge gegen die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts; damit vermag sie indessen nicht durchzudringen.
- 18
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO; Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylVfG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 RVG; Gründe für eine Abweichung gemäß § 30 Abs. 2 RVG liegen nicht vor.
Tenor
I.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II.
Die Kläger tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Gründe
Tenor
I.
Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 AsylG zuzuerkennen. Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom
II.
Die Kosten des Verfahrens hat die Beklagte zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
III.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Tatbestand
Der Kläger wurde eigenen Angaben zufolge am ... in der Stadt Mashad im Iran geboren. Er ist afghanischer Staatsangehöriger schiitischer Glaubenszugehörigkeit und der Volkszugehörigkeit der Hazara. Der Kläger gibt an, am 11. Mai 2011 in die Bundesrepublik Deutschland auf dem Landweg eingereist zu sein, wo er am 31. Mai 2011 einen Asylantrag stellte.
Im Rahmen seiner Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) gab der Kläger im Wesentlichen an, er habe in Mashad die afghanische Schule bis zur 8. Klasse besucht. Seine Eltern, drei Brüder und zwei Schwestern lebten noch in dieser Stadt. Auch habe er eine Tante und mehrere Onkel im Iran. Die beiden letzten Jahre vor seiner Ausreise habe er alleine in Teheran gelebt und dort gearbeitet. Beruflich habe er das gemacht, was sich gerade angeboten habe. Seine Eltern stammten aus dem afghanischen Dorf Lale Sare Jangal. Er habe in Afghanistan keine Verwandten mehr. Zu seinen Fluchtgründen gab der Kläger an, dass die Lage im Iran für Afghanen schlimm gewesen sei. Seinen Wunsch, einen guten Job zu bekommen, habe ihm die iranische Regierung genommen. Um seine Ruhe zu haben, habe er ständig Schmiergeld zahlen müssen. Auch sei er mehrmals festgenommen worden. Er habe einmal eine Woche lang in einem Abschiebelager verbracht. Im Jahre 2006 sei ein Onkel getötet worden. Der Bruder der Frau des getöteten Onkels habe ihnen dann Probleme bereitet. Er habe die Familie bezichtigt, seine Schwester in Verruf gebracht zu haben. Dies habe dazu geführt, dass seine Familie beschlossen habe, den Iran zu verlassen. Zu Afghanistan habe er keinerlei Bezug. Die Hazara seien dort gefährdet; sie würden von den Taliban getötet.
Mit Bescheid des Bundesamts vom
Gegen den am 28. März 2013 zur Post gegebenen Bescheid ließ der Kläger durch Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 12. April 2013, eingegangen beim Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg am gleichen Tag, Klage erheben und beantragen:
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom
hilfsweise festzustellen, dass bei dem Kläger Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG vorliegen.
Des Weiteren wurde beantragt, dem Kläger Prozesskostenhilfe zu bewilligen.
Mit Schriftsatz vom
Mit Schriftsatz vom
die Klage abzuweisen.
Mit Beschluss vom 21. Juli 2016
Es wurden verschiedene Erkenntnismittel zu Afghanistan, Stand April 2016, zum Gegenstand des Verfahrens gemacht, auf die Bezug genommen wird.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- sowie der vorgelegten Behördenakten sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom
Gründe
Die zulässige Klage, über die trotz des Ausbleibens eines Vertreters der Beklagten in der mündlichen Verhandlung verhandelt und entschieden werden konnte (§ 102 Abs. 2 VwGO), ist auch begründet. Der Kläger hat einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1, Abs. 4 AsylG. Der Ablehnungsbescheid des Bundesamtes vom 25. März 2013 ist daher, soweit er Gegenstand der Klage ist und der Verpflichtung zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft entgegensteht, rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO). Soweit die Anerkennung des Klägers als Asylberechtigter abgelehnt wurde (Ziffer 1), ist der Bescheid hingegen unanfechtbar geworden und daher nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.
Rechtsgrundlage der begehrten Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ist vorliegend § 3 Abs. 4 und Abs. 1 AsylG. Danach wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, soweit er keinen Ausschlusstatbestand nach § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG erfüllt. Ein Ausländer ist Flüchtling i. S. d. Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Genfer Konvention - GK), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will. Nach § 77 Abs. 1 AsylG ist vorliegend das Asylgesetz in der ab 6. August 2016 geltenden, durch Art. 6 des Integrationsgesetzes vom 31. Juli 2016 (BGBl. I S. 1939 ff.) geschaffenen Fassung anzuwenden. Dieses Gesetz setzt in §§ 3 bis 3e AsylG - wie die Vorgängerregelungen in §§ 3 ff. AsylVfG - die Vorschriften der Art. 6 bis 10 der Richtlinie 2011/95/EU vom 28. August 2013 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (Amtsblatt Nr. L 337, S. 9) - Qualifikationsrichtlinie (QRL) im deutschen Recht um. Nach § 3a Abs. 1 AsylG gelten als Verfolgung i. S. d. § 3 Abs. 1 AsylG Handlungen, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Art. 15 Abs. 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 - EMRK (BGBl 1952 II, S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist (Nr. 1), oder die in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nr. 1 beschriebenen Weise betroffen ist (Nr. 2). Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AsylG muss die Verfolgung an eines der flüchtlingsrelevanten Merkmale anknüpfen, die in § 3b Abs. 1 AsylG näher beschrieben sind, wobei es nach § 3b Abs. 2 AsylG ausreicht, wenn der betreffenden Person das jeweilige Merkmal von ihren Verfolgern zugeschrieben wird. Nach § 3c AsylG kann eine solche Verfolgung nicht nur vom Staat, sondern auch von nicht-staatlichen Akteuren ausgehen.
Gemessen an diesen Maßstäben befindet sich der Kläger aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Religion außerhalb des Landes, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt. Aufgrund seiner Konversion zum christlichen Glauben droht ihm im Falle seiner Rückkehr nach Afghanistan eine Verfolgung i. S. d. § 3a Abs. 1 AsylG. Für den Kläger besteht auch keine Möglichkeit des internen Schutzes i. S. d. § 3e AsylG.
Eine Verfolgung i. S. d. Art. 9 Abs. 1 a) Qualifikationsrichtlinie (QRL), der durch § 3a Abs. 1 AsylVfG in deutsches Recht umgesetzt wurde, kann nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, U. v. 5.9.2012 - Y und Z, C-71/11
Die Beurteilung, wann eine Verletzung der Religionsfreiheit die erforderliche Schwere aufweist, um die Voraussetzungen einer Verfolgungshandlung im Sinne von Art. 9 Abs. 1 Buchst. a) QRL zu erfüllen, hängt von objektiven wie auch subjektiven Gesichtspunkten ab (EuGH, U. v. 5.9.2012 - Y und Z, C-71/11
Objektive Gesichtspunkte sind insbesondere die Schwere der dem Ausländer bei Ausübung seiner Religion drohenden Verletzung anderer Rechtsgüter wie z. B. Leib und Leben. Die erforderliche Schwere kann insbesondere - aber nicht nur - dann erreicht sein, wenn dem Ausländer durch die Teilnahme an religiösen Riten in der Öffentlichkeit die Gefahr droht, an Leib, Leben oder Freiheit verletzt, strafrechtlich verfolgt oder einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Bestrafung unterworfen zu werden. Bei strafrechtsbewehrten Verboten kommt es insoweit maßgeblich auf die tatsächliche Strafverfolgungspraxis im Herkunftsland des Ausländers an, weil ein Verbot, das erkennbar nicht durchgesetzt wird, keine erhebliche Verfolgungsgefahr begründet (BVerwG, U. v. 20.2.2013 - 10 C 23/12 - juris Rn. 28 m. w. N.).
Als relevanter subjektiver Gesichtspunkt ist der Umstand anzusehen, dass für den Betroffenen die Befolgung einer bestimmten gefahrenträchtigen religiösen Praxis zur Wahrung seiner religiösen Identität besonders wichtig ist (EuGH, U. v. 5.9.2012 - Y und Z, C-71/11
Die Tatsache, dass er die unterdrückte religiöse Betätigung für sich selbst als verpflichtend empfindet, um seine religiöse Identität zu wahren, muss der Asylbewerber zur vollen Überzeugung des Gerichts nachweisen (BVerwG, U. v. 20.2.2013 - 10 C 23/12 - juris Rn. 30;
Gemessen an diesen Grundsätzen liegen im Falle des Klägers die erforderliche objektive (1.) und subjektive (2.) Schwere der ihm im Falle seiner Rückkehr nach Afghanistan drohenden Verletzung seiner Religionsfreiheit vor. Ihm droht deshalb aufgrund eines anzuerkennenden subjektiven Nachfluchtgrundes mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine flüchtlingsrelevante Verfolgung i. S. d. §§ 3 Abs. 1 Nr. 1, 3a Abs. 1 und 3b Abs. 1 Nr. 2 AsylG.
1. Nach der Überzeugung des Gerichtes sind zum Christentum konvertierte ehemalige Moslems in Afghanistan gezwungen, ihren Glauben entweder ganz zu verleugnen oder ihn zumindest auch im privaten Umfeld zu verheimlichen, da anderenfalls schwerwiegende Übergriffe durch staatliche oder nicht-staatliche Akteure nicht ausgeschlossen werden können. Dauerhafter staatlicher Schutz vor derartigen Übergriffen ist derzeit - auch nur in bestimmten Landesteilen - nicht erreichbar (OVG NRW, U. v. 19.6.2008 - 20 A 3886/05.A - juris Rn. 25 ff.; VG Würzburg, U. v. 27.8.2013 - W 1 K 12.30200 - juris Rn. 25;
Die Verfassung der Islamischen Republik Afghanistan erklärt den Islam zur Staatsreligion Afghanistans. Zwar wird den Angehörigen anderer Religionsgemeinschaften das Recht eingeräumt, im Rahmen der Gesetze ihren Glauben auszuüben und ihre religiösen Bräuche zu pflegen. Somit gewährleistet die Verfassung grundsätzlich das Recht auf freie Religionsausübung. Dieses Grundrecht umfasst jedoch nicht die Freiheit, vom Islam zu einer anderen Religion zu konvertieren, und schützt somit nicht die freie Religionswahl (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, Stand: März 2013, S. 10 f.; Auswärtiges Amt, Auskunft an das VG Hamburg
2. Im Falle des Klägers liegt auch die erforderliche subjektive Schwere der Verletzung der Religionsfreiheit vor, weil es nach Überzeugung des Gerichts ein unverzichtbarer Bestandteil seiner religiösen Identität ist, seinen Glauben nicht zu verheimlichen, sondern ihn gemeinsam mit anderen auszuüben, insbesondere an Gottesdiensten teilzunehmen, sich mit der Bibel und den christlichen Glaubensinhalten zu beschäftigen und den Glauben an andere weiterzugeben.
Der formale Glaubenswechsel des Klägers ist durch den bereits vollzogenen Akt der Taufe am 11. Mai 2015 belegt. Darüber hinaus ist jedoch für die Annahme einer Verfolgungsgefahr und damit für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft erforderlich, dass der Glaubenswechsel, insbesondere wenn er erst nach der Ausreise aus dem Herkunftsland durchgeführt wurde, nicht rein aus asyltaktischen Gründen erfolgt, sondern auf einem ernsthaften, dauerhaften religiösen Einstellungswandel beruht und nunmehr die religiöse Identität des Betroffenen prägt (BayVGH, B. v. 20.4.2015 - 14 ZB 13.30257 - juris Rn. 4;
Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung die Hintergründe und Motive seines Glaubenswechsels zur vollen Überzeugung des Gerichts glaubhaft machen können. Das Gericht hat hierbei den Eindruck gewonnen, dass der Kläger sich aus voller innerer Überzeugung von seinem bisherigen Bekenntnis zum islamischen Glauben gelöst und dem Christentum zugewandt hat. So hat der Kläger nachvollziehbar dargelegt, wie er im Iran, obwohl seine Mitmenschen - wie er selbst - islamischen Glaubens gewesen seien, von der einheimischen Bevölkerung unterdrückt worden sei, weil er der Volksgruppe der Hazara zugehört und aus Afghanistan stammt. In Deutschland sei er dann vor etwa eineinhalb Jahren über einen iranischen Freund sowie seine seinerzeitige Deutschlehrerin das erste Mal mit der christlichen Gemeinde ... in Berührung gekommen. Der Kläger hat sodann überzeugend weiter ausgeführt, dass jeder Mensch eine Beruhigung brauche; er selbst benötige diese Ruhe insbesondere wegen seiner schwierigen Situation in Deutschland und weil man im Iran versucht habe, ihn zu töten. Er habe nach dem Besuch der Gottesdienste gespürt, dass er stets ruhiger gewesen sei; er habe sich immer gut gefühlt, so dass aufgrund dessen mit der Zeit der Glaube für ihn immer interessanter geworden sei. Die positive Wirkung der Gemeinschaft im Glauben auf seine eigene Person und die Erfahrung, dass die Menschen in der Kirche stets sehr nett zu ihm gewesen seien, hätten schließlich dazu geführt, dass auch er „so ein Mensch habe werden wollen“, weshalb er sich zur Taufe entschlossen habe.
Der Kläger hat zudem überzeugend darlegen können, dass er sich aus tiefer innerer Überzeugung dem Christentum zugewendet hat. Er hat in diesem Zusammenhang erläutert, dass er vom Christentum das erhalte, was er vom Islam nicht bekommen habe. Zentral sei für ihn in diesem Zusammenhang die Nächstenliebe im christlichen Glauben, die es im Islam so nicht gebe. Dies deckt sich auch mit der von ihm beschriebenen lebensgeschichtlichen Erfahrung, wonach er im Iran von gläubigen Menschen des Islam rein aufgrund äußerer Merkmale unterdrückt worden sei. Ein zweiter herausragender Aspekt für die Hinwendung zum christlichen Glauben sei für ihn der Friede; Frieden und Liebe seien die zentralen Aspekte in der Bibel, wohingegen der Koran grausam sei und man im Islam alles machen dürfe. Er sehe im Christentum zudem den einzig richtigen Weg, sich Gott zu nähern. Wichtig sei ihm hierbei vor allem, dass es sich beim christlichen Glauben um eine Religion handele, in der jeder sein Recht bekomme. Damit hat der Kläger einen gewissensgeleiteten, durch religiöse Werte und Normen hervorgerufenen Akt der inneren Umkehr und einen Wendepunkt in seinem Leben glaubhaft geschildert und hiermit hinreichend deutlich gemacht, dass es sich bei seiner Hinwendung zum Christentum um eine Gewissensentscheidung handelt, die von einer echten Glaubensüberzeugung und nicht von asyltaktischen Erwägungen geleitet ist. Der Kläger machte auf das Gericht in der mündlichen Verhandlung einen sehr ruhigen und in sich gekehrten Eindruck; seine Antworten auf die Fragen des Gerichts waren jedoch stets spontan und ohne Zögern. An keiner Stelle drängte sich dem Gericht der Eindruck auf, dass der Kläger in seinen Aussagen inhaltlich übertrieben, sondern stets in jeder Hinsicht authentisch von tatsächlichen eigenen Überzeugungen und Erlebnissen berichtet hat. Der Kläger erscheint dem Gericht daher auch persönlich glaubwürdig.
Der Kläger hat darüber hinaus auch glaubhaft machen können, mit zentralen Inhalten des christlichen Glaubens vertraut zu sein, indem er etwa auf Frage des Gerichts eine Reihe von christlichen Feiertagen aufzählen und deren Bedeutung erläutern konnte. Auch die Bedeutung der 10 Gebote konnte der Kläger darlegen sowie den Inhalt einzelner dieser Gebote benennen. Auch dies spricht nach Überzeugung des Gerichts für die Glaubhaftigkeit der Konversion.
Der Kläger konnte auch darlegen, dass er seinen neuen Glauben in Deutschland praktiziert und dies auch in Afghanistan tun wollen würde. Er hat diesbezüglich in der mündlichen Verhandlung glaubhaft erläutert, dass er jede Woche am Gottesdienst der Gemeinde .... teilnehme und dort zudem über die Bibel und das Christentum unterrichtet werde. Er habe sich explizit dieser Gemeinde angeschlossen, da der Glaube dort auch in persischer Sprache unterrichtet werde, was ihm besonders wichtig gewesen sei. Auch hierdurch wird die Ernsthaftigkeit des Glaubenswechsels zur Überzeugung des Gerichts nochmals bekräftigt. Überdies übernehme er in der Gemeinde auch ehrenamtliche Tätigkeiten und helfe neuen Flüchtlingen, die in die Gemeinde kämen. All diese Betätigungen werden auch durch eine Bescheinigung der Gemeinde Bauhaus e.V. vom 11. Juli 2015 bestätigt. Der Kläger hat klar und deutlich erklärt, dass er auch in Afghanistan auf jedem Fall Christ bleiben und seinen neuen Glauben dort öffentlich verbreiten wolle. Eine Rückkehr zum Islam und ein Leben nach den islamischen Glaubensriten könne er sich nicht mehr vorstellen. Er sei nun zum christlichen Glauben gekommen und wolle auch weiterhin danach leben. Mit diesen genannten Verhaltensweisen und Überzeugungen würde der Kläger in der ausschließlich muslimisch geprägten Gesellschaft Afghanistans unweigerlich auffallen und landesweit mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit erheblichen Gefahren für Leib und Leben ausgesetzt sein. Damit hat er glaubhaft gemacht, auch in Afghanistan unter Inkaufnahme von Risiken als Christ leben zu wollen. Es steht somit fest, dass der Kläger sich zur Wahrung seiner religiösen Identität auch in Afghanistan zu seinem Glauben bekennen würde. Es wäre ihm deshalb im Herkunftsland nicht möglich, seine Religion entsprechend seinem religiösen Selbstverständnis auszuüben, ohne der Gefahr einer Verfolgung durch staatliche oder nichtstaatliche Akteure i. S. des § 3c Nr. 1, 3 AsylG ausgesetzt zu sein.
Dem Kläger steht auch keine innerstaatliche Fluchtalternative zur Verfügung. Die oben (unter 1.) geschilderten Gefahren für vom Glauben abgefallene Muslime drohen in Afghanistan landesweit, auch in der Stadt Kabul. Zwar mögen insbesondere nach den Erkenntnissen des Auswärtigen Amtes Repressionen gegen Konvertiten in städtischen Gebieten aufgrund der größeren Anonymität weniger als in Dorfgemeinschaften zu befürchten seien. Selbst dort würde aber ein vom Glauben abgefallener Muslim unweigerlich auffallen und selbst im privaten, familiären Umfeld bedroht sein (vgl. Auswärtiges Amt, Auskunft an das VG Würzburg
Der Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei, § 83b AsylG.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 9. Juli 2010 - A 4 K 1179/10 - wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Tenor
I.
Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 AsylG zuzuerkennen. Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom
II.
Die Kosten des Verfahrens hat die Beklagte zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
III.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Tatbestand
Der Kläger wurde eigenen Angaben zufolge am ... in der Stadt Mashad im Iran geboren. Er ist afghanischer Staatsangehöriger schiitischer Glaubenszugehörigkeit und der Volkszugehörigkeit der Hazara. Der Kläger gibt an, am 11. Mai 2011 in die Bundesrepublik Deutschland auf dem Landweg eingereist zu sein, wo er am 31. Mai 2011 einen Asylantrag stellte.
Im Rahmen seiner Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) gab der Kläger im Wesentlichen an, er habe in Mashad die afghanische Schule bis zur 8. Klasse besucht. Seine Eltern, drei Brüder und zwei Schwestern lebten noch in dieser Stadt. Auch habe er eine Tante und mehrere Onkel im Iran. Die beiden letzten Jahre vor seiner Ausreise habe er alleine in Teheran gelebt und dort gearbeitet. Beruflich habe er das gemacht, was sich gerade angeboten habe. Seine Eltern stammten aus dem afghanischen Dorf Lale Sare Jangal. Er habe in Afghanistan keine Verwandten mehr. Zu seinen Fluchtgründen gab der Kläger an, dass die Lage im Iran für Afghanen schlimm gewesen sei. Seinen Wunsch, einen guten Job zu bekommen, habe ihm die iranische Regierung genommen. Um seine Ruhe zu haben, habe er ständig Schmiergeld zahlen müssen. Auch sei er mehrmals festgenommen worden. Er habe einmal eine Woche lang in einem Abschiebelager verbracht. Im Jahre 2006 sei ein Onkel getötet worden. Der Bruder der Frau des getöteten Onkels habe ihnen dann Probleme bereitet. Er habe die Familie bezichtigt, seine Schwester in Verruf gebracht zu haben. Dies habe dazu geführt, dass seine Familie beschlossen habe, den Iran zu verlassen. Zu Afghanistan habe er keinerlei Bezug. Die Hazara seien dort gefährdet; sie würden von den Taliban getötet.
Mit Bescheid des Bundesamts vom
Gegen den am 28. März 2013 zur Post gegebenen Bescheid ließ der Kläger durch Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 12. April 2013, eingegangen beim Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg am gleichen Tag, Klage erheben und beantragen:
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom
hilfsweise festzustellen, dass bei dem Kläger Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG vorliegen.
Des Weiteren wurde beantragt, dem Kläger Prozesskostenhilfe zu bewilligen.
Mit Schriftsatz vom
Mit Schriftsatz vom
die Klage abzuweisen.
Mit Beschluss vom 21. Juli 2016
Es wurden verschiedene Erkenntnismittel zu Afghanistan, Stand April 2016, zum Gegenstand des Verfahrens gemacht, auf die Bezug genommen wird.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- sowie der vorgelegten Behördenakten sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom
Gründe
Die zulässige Klage, über die trotz des Ausbleibens eines Vertreters der Beklagten in der mündlichen Verhandlung verhandelt und entschieden werden konnte (§ 102 Abs. 2 VwGO), ist auch begründet. Der Kläger hat einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1, Abs. 4 AsylG. Der Ablehnungsbescheid des Bundesamtes vom 25. März 2013 ist daher, soweit er Gegenstand der Klage ist und der Verpflichtung zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft entgegensteht, rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO). Soweit die Anerkennung des Klägers als Asylberechtigter abgelehnt wurde (Ziffer 1), ist der Bescheid hingegen unanfechtbar geworden und daher nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.
Rechtsgrundlage der begehrten Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ist vorliegend § 3 Abs. 4 und Abs. 1 AsylG. Danach wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, soweit er keinen Ausschlusstatbestand nach § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG erfüllt. Ein Ausländer ist Flüchtling i. S. d. Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Genfer Konvention - GK), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will. Nach § 77 Abs. 1 AsylG ist vorliegend das Asylgesetz in der ab 6. August 2016 geltenden, durch Art. 6 des Integrationsgesetzes vom 31. Juli 2016 (BGBl. I S. 1939 ff.) geschaffenen Fassung anzuwenden. Dieses Gesetz setzt in §§ 3 bis 3e AsylG - wie die Vorgängerregelungen in §§ 3 ff. AsylVfG - die Vorschriften der Art. 6 bis 10 der Richtlinie 2011/95/EU vom 28. August 2013 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (Amtsblatt Nr. L 337, S. 9) - Qualifikationsrichtlinie (QRL) im deutschen Recht um. Nach § 3a Abs. 1 AsylG gelten als Verfolgung i. S. d. § 3 Abs. 1 AsylG Handlungen, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Art. 15 Abs. 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 - EMRK (BGBl 1952 II, S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist (Nr. 1), oder die in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nr. 1 beschriebenen Weise betroffen ist (Nr. 2). Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AsylG muss die Verfolgung an eines der flüchtlingsrelevanten Merkmale anknüpfen, die in § 3b Abs. 1 AsylG näher beschrieben sind, wobei es nach § 3b Abs. 2 AsylG ausreicht, wenn der betreffenden Person das jeweilige Merkmal von ihren Verfolgern zugeschrieben wird. Nach § 3c AsylG kann eine solche Verfolgung nicht nur vom Staat, sondern auch von nicht-staatlichen Akteuren ausgehen.
Gemessen an diesen Maßstäben befindet sich der Kläger aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Religion außerhalb des Landes, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt. Aufgrund seiner Konversion zum christlichen Glauben droht ihm im Falle seiner Rückkehr nach Afghanistan eine Verfolgung i. S. d. § 3a Abs. 1 AsylG. Für den Kläger besteht auch keine Möglichkeit des internen Schutzes i. S. d. § 3e AsylG.
Eine Verfolgung i. S. d. Art. 9 Abs. 1 a) Qualifikationsrichtlinie (QRL), der durch § 3a Abs. 1 AsylVfG in deutsches Recht umgesetzt wurde, kann nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, U. v. 5.9.2012 - Y und Z, C-71/11
Die Beurteilung, wann eine Verletzung der Religionsfreiheit die erforderliche Schwere aufweist, um die Voraussetzungen einer Verfolgungshandlung im Sinne von Art. 9 Abs. 1 Buchst. a) QRL zu erfüllen, hängt von objektiven wie auch subjektiven Gesichtspunkten ab (EuGH, U. v. 5.9.2012 - Y und Z, C-71/11
Objektive Gesichtspunkte sind insbesondere die Schwere der dem Ausländer bei Ausübung seiner Religion drohenden Verletzung anderer Rechtsgüter wie z. B. Leib und Leben. Die erforderliche Schwere kann insbesondere - aber nicht nur - dann erreicht sein, wenn dem Ausländer durch die Teilnahme an religiösen Riten in der Öffentlichkeit die Gefahr droht, an Leib, Leben oder Freiheit verletzt, strafrechtlich verfolgt oder einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Bestrafung unterworfen zu werden. Bei strafrechtsbewehrten Verboten kommt es insoweit maßgeblich auf die tatsächliche Strafverfolgungspraxis im Herkunftsland des Ausländers an, weil ein Verbot, das erkennbar nicht durchgesetzt wird, keine erhebliche Verfolgungsgefahr begründet (BVerwG, U. v. 20.2.2013 - 10 C 23/12 - juris Rn. 28 m. w. N.).
Als relevanter subjektiver Gesichtspunkt ist der Umstand anzusehen, dass für den Betroffenen die Befolgung einer bestimmten gefahrenträchtigen religiösen Praxis zur Wahrung seiner religiösen Identität besonders wichtig ist (EuGH, U. v. 5.9.2012 - Y und Z, C-71/11
Die Tatsache, dass er die unterdrückte religiöse Betätigung für sich selbst als verpflichtend empfindet, um seine religiöse Identität zu wahren, muss der Asylbewerber zur vollen Überzeugung des Gerichts nachweisen (BVerwG, U. v. 20.2.2013 - 10 C 23/12 - juris Rn. 30;
Gemessen an diesen Grundsätzen liegen im Falle des Klägers die erforderliche objektive (1.) und subjektive (2.) Schwere der ihm im Falle seiner Rückkehr nach Afghanistan drohenden Verletzung seiner Religionsfreiheit vor. Ihm droht deshalb aufgrund eines anzuerkennenden subjektiven Nachfluchtgrundes mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine flüchtlingsrelevante Verfolgung i. S. d. §§ 3 Abs. 1 Nr. 1, 3a Abs. 1 und 3b Abs. 1 Nr. 2 AsylG.
1. Nach der Überzeugung des Gerichtes sind zum Christentum konvertierte ehemalige Moslems in Afghanistan gezwungen, ihren Glauben entweder ganz zu verleugnen oder ihn zumindest auch im privaten Umfeld zu verheimlichen, da anderenfalls schwerwiegende Übergriffe durch staatliche oder nicht-staatliche Akteure nicht ausgeschlossen werden können. Dauerhafter staatlicher Schutz vor derartigen Übergriffen ist derzeit - auch nur in bestimmten Landesteilen - nicht erreichbar (OVG NRW, U. v. 19.6.2008 - 20 A 3886/05.A - juris Rn. 25 ff.; VG Würzburg, U. v. 27.8.2013 - W 1 K 12.30200 - juris Rn. 25;
Die Verfassung der Islamischen Republik Afghanistan erklärt den Islam zur Staatsreligion Afghanistans. Zwar wird den Angehörigen anderer Religionsgemeinschaften das Recht eingeräumt, im Rahmen der Gesetze ihren Glauben auszuüben und ihre religiösen Bräuche zu pflegen. Somit gewährleistet die Verfassung grundsätzlich das Recht auf freie Religionsausübung. Dieses Grundrecht umfasst jedoch nicht die Freiheit, vom Islam zu einer anderen Religion zu konvertieren, und schützt somit nicht die freie Religionswahl (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, Stand: März 2013, S. 10 f.; Auswärtiges Amt, Auskunft an das VG Hamburg
2. Im Falle des Klägers liegt auch die erforderliche subjektive Schwere der Verletzung der Religionsfreiheit vor, weil es nach Überzeugung des Gerichts ein unverzichtbarer Bestandteil seiner religiösen Identität ist, seinen Glauben nicht zu verheimlichen, sondern ihn gemeinsam mit anderen auszuüben, insbesondere an Gottesdiensten teilzunehmen, sich mit der Bibel und den christlichen Glaubensinhalten zu beschäftigen und den Glauben an andere weiterzugeben.
Der formale Glaubenswechsel des Klägers ist durch den bereits vollzogenen Akt der Taufe am 11. Mai 2015 belegt. Darüber hinaus ist jedoch für die Annahme einer Verfolgungsgefahr und damit für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft erforderlich, dass der Glaubenswechsel, insbesondere wenn er erst nach der Ausreise aus dem Herkunftsland durchgeführt wurde, nicht rein aus asyltaktischen Gründen erfolgt, sondern auf einem ernsthaften, dauerhaften religiösen Einstellungswandel beruht und nunmehr die religiöse Identität des Betroffenen prägt (BayVGH, B. v. 20.4.2015 - 14 ZB 13.30257 - juris Rn. 4;
Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung die Hintergründe und Motive seines Glaubenswechsels zur vollen Überzeugung des Gerichts glaubhaft machen können. Das Gericht hat hierbei den Eindruck gewonnen, dass der Kläger sich aus voller innerer Überzeugung von seinem bisherigen Bekenntnis zum islamischen Glauben gelöst und dem Christentum zugewandt hat. So hat der Kläger nachvollziehbar dargelegt, wie er im Iran, obwohl seine Mitmenschen - wie er selbst - islamischen Glaubens gewesen seien, von der einheimischen Bevölkerung unterdrückt worden sei, weil er der Volksgruppe der Hazara zugehört und aus Afghanistan stammt. In Deutschland sei er dann vor etwa eineinhalb Jahren über einen iranischen Freund sowie seine seinerzeitige Deutschlehrerin das erste Mal mit der christlichen Gemeinde ... in Berührung gekommen. Der Kläger hat sodann überzeugend weiter ausgeführt, dass jeder Mensch eine Beruhigung brauche; er selbst benötige diese Ruhe insbesondere wegen seiner schwierigen Situation in Deutschland und weil man im Iran versucht habe, ihn zu töten. Er habe nach dem Besuch der Gottesdienste gespürt, dass er stets ruhiger gewesen sei; er habe sich immer gut gefühlt, so dass aufgrund dessen mit der Zeit der Glaube für ihn immer interessanter geworden sei. Die positive Wirkung der Gemeinschaft im Glauben auf seine eigene Person und die Erfahrung, dass die Menschen in der Kirche stets sehr nett zu ihm gewesen seien, hätten schließlich dazu geführt, dass auch er „so ein Mensch habe werden wollen“, weshalb er sich zur Taufe entschlossen habe.
Der Kläger hat zudem überzeugend darlegen können, dass er sich aus tiefer innerer Überzeugung dem Christentum zugewendet hat. Er hat in diesem Zusammenhang erläutert, dass er vom Christentum das erhalte, was er vom Islam nicht bekommen habe. Zentral sei für ihn in diesem Zusammenhang die Nächstenliebe im christlichen Glauben, die es im Islam so nicht gebe. Dies deckt sich auch mit der von ihm beschriebenen lebensgeschichtlichen Erfahrung, wonach er im Iran von gläubigen Menschen des Islam rein aufgrund äußerer Merkmale unterdrückt worden sei. Ein zweiter herausragender Aspekt für die Hinwendung zum christlichen Glauben sei für ihn der Friede; Frieden und Liebe seien die zentralen Aspekte in der Bibel, wohingegen der Koran grausam sei und man im Islam alles machen dürfe. Er sehe im Christentum zudem den einzig richtigen Weg, sich Gott zu nähern. Wichtig sei ihm hierbei vor allem, dass es sich beim christlichen Glauben um eine Religion handele, in der jeder sein Recht bekomme. Damit hat der Kläger einen gewissensgeleiteten, durch religiöse Werte und Normen hervorgerufenen Akt der inneren Umkehr und einen Wendepunkt in seinem Leben glaubhaft geschildert und hiermit hinreichend deutlich gemacht, dass es sich bei seiner Hinwendung zum Christentum um eine Gewissensentscheidung handelt, die von einer echten Glaubensüberzeugung und nicht von asyltaktischen Erwägungen geleitet ist. Der Kläger machte auf das Gericht in der mündlichen Verhandlung einen sehr ruhigen und in sich gekehrten Eindruck; seine Antworten auf die Fragen des Gerichts waren jedoch stets spontan und ohne Zögern. An keiner Stelle drängte sich dem Gericht der Eindruck auf, dass der Kläger in seinen Aussagen inhaltlich übertrieben, sondern stets in jeder Hinsicht authentisch von tatsächlichen eigenen Überzeugungen und Erlebnissen berichtet hat. Der Kläger erscheint dem Gericht daher auch persönlich glaubwürdig.
Der Kläger hat darüber hinaus auch glaubhaft machen können, mit zentralen Inhalten des christlichen Glaubens vertraut zu sein, indem er etwa auf Frage des Gerichts eine Reihe von christlichen Feiertagen aufzählen und deren Bedeutung erläutern konnte. Auch die Bedeutung der 10 Gebote konnte der Kläger darlegen sowie den Inhalt einzelner dieser Gebote benennen. Auch dies spricht nach Überzeugung des Gerichts für die Glaubhaftigkeit der Konversion.
Der Kläger konnte auch darlegen, dass er seinen neuen Glauben in Deutschland praktiziert und dies auch in Afghanistan tun wollen würde. Er hat diesbezüglich in der mündlichen Verhandlung glaubhaft erläutert, dass er jede Woche am Gottesdienst der Gemeinde .... teilnehme und dort zudem über die Bibel und das Christentum unterrichtet werde. Er habe sich explizit dieser Gemeinde angeschlossen, da der Glaube dort auch in persischer Sprache unterrichtet werde, was ihm besonders wichtig gewesen sei. Auch hierdurch wird die Ernsthaftigkeit des Glaubenswechsels zur Überzeugung des Gerichts nochmals bekräftigt. Überdies übernehme er in der Gemeinde auch ehrenamtliche Tätigkeiten und helfe neuen Flüchtlingen, die in die Gemeinde kämen. All diese Betätigungen werden auch durch eine Bescheinigung der Gemeinde Bauhaus e.V. vom 11. Juli 2015 bestätigt. Der Kläger hat klar und deutlich erklärt, dass er auch in Afghanistan auf jedem Fall Christ bleiben und seinen neuen Glauben dort öffentlich verbreiten wolle. Eine Rückkehr zum Islam und ein Leben nach den islamischen Glaubensriten könne er sich nicht mehr vorstellen. Er sei nun zum christlichen Glauben gekommen und wolle auch weiterhin danach leben. Mit diesen genannten Verhaltensweisen und Überzeugungen würde der Kläger in der ausschließlich muslimisch geprägten Gesellschaft Afghanistans unweigerlich auffallen und landesweit mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit erheblichen Gefahren für Leib und Leben ausgesetzt sein. Damit hat er glaubhaft gemacht, auch in Afghanistan unter Inkaufnahme von Risiken als Christ leben zu wollen. Es steht somit fest, dass der Kläger sich zur Wahrung seiner religiösen Identität auch in Afghanistan zu seinem Glauben bekennen würde. Es wäre ihm deshalb im Herkunftsland nicht möglich, seine Religion entsprechend seinem religiösen Selbstverständnis auszuüben, ohne der Gefahr einer Verfolgung durch staatliche oder nichtstaatliche Akteure i. S. des § 3c Nr. 1, 3 AsylG ausgesetzt zu sein.
Dem Kläger steht auch keine innerstaatliche Fluchtalternative zur Verfügung. Die oben (unter 1.) geschilderten Gefahren für vom Glauben abgefallene Muslime drohen in Afghanistan landesweit, auch in der Stadt Kabul. Zwar mögen insbesondere nach den Erkenntnissen des Auswärtigen Amtes Repressionen gegen Konvertiten in städtischen Gebieten aufgrund der größeren Anonymität weniger als in Dorfgemeinschaften zu befürchten seien. Selbst dort würde aber ein vom Glauben abgefallener Muslim unweigerlich auffallen und selbst im privaten, familiären Umfeld bedroht sein (vgl. Auswärtiges Amt, Auskunft an das VG Würzburg
Der Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei, § 83b AsylG.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Tenor
I.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II.
Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
Gründe
(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:
- 1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, - 2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder - 3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.
(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen, - 2.
eine schwere Straftat begangen hat, - 3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder - 4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.
Die Verfolgung kann ausgehen von
- 1.
dem Staat, - 2.
Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder - 3.
nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.
(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:
- 1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, - 2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder - 3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.
(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen, - 2.
eine schwere Straftat begangen hat, - 3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder - 4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.
Tenor
I.
Die Beklagte wird verpflichtet festzustellen, dass bei den Klägern die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AsylG bezüglich Afghanistan vorliegen. Soweit die Ziffern 3. und 4. des Bescheides des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 24. Juli 2012 dem entgegenstehen, werden sie aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II.
Von den Kosten des Verfahrens haben die Kläger 3/4, die Beklagte 1/4 zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
III.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
I.
Der eigenen Angaben zufolge am … geborene Kläger zu 1) sowie die am … geborene Klägerin zu 2) sind afghanische Staatsangehörige. Sie gehörten der Volksgruppe der Multani an und seien ihrer Religionszugehörigkeit nach Hindus. Die Kläger hätten etwa Ende Juni 2011 ihr Heimatland zunächst nach Pakistan verlassen. Die Klägerin zu 2) sei Ende Juni 2011, der Kläger zu 1) Anfang September 2011 auf dem Luftweg nach Deutschland eingereist. Die Kläger stellten sodann am 14. September 2011 einen Asylantrag.
Im Rahmen der Erstbefragung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) am 14. September 2011 sowie der Anhörung beim Bundesamt am
Zu seinen Fluchtgründen gab der Kläger zu 1) an, dass seine Tochter namens I. ca. drei Monate vor der Ausreise von vermummten Personen - diese seien Taliban gewesen - entführt und ermordet worden sei. Auch sein Sohn namens M. sei im Jahr 1994 während des Krieges ums Leben gekommen. Sein Bruder namens R. sie vor ca. drei Jahren von den Mujaheddin in Ghazni getötet worden. Er selbst sei zusammengeschlagen und am Rücken operiert worden. Man habe ein Haus von ihm zwangsweise übernommen. Seine Ehefrau sei krank. Schließlich habe man versucht, seine zweite Tochter namens K. ebenfalls zwangsweise mitzunehmen. Gleich nach dem Tod seiner Tochter I. habe man einen Brief bei ihnen eingeworfen, wonach er seine Tochter K. freiwillig übergeben solle, weil man sie ansonsten ebenfalls zwangsweise mitnehmen werde. Der Tochter werde es dann ebenso ergehen wie der ersten. Der Drohbrief habe von dem gleichen Mann gestammt, der auch seine erste Tochter getötet habe. Es sei ein Taliban gewesen. Warum seine Tochter entführt und getötet worden sei, wisse er nicht genau. Es könne sein, dass es wegen seines hinduistischen Glaubens gewesen sei oder weil man Geld habe erpressen wollen. In Ghazni sei es öfters vorgekommen, dass man als Hindu beschimpft und bespuckt worden sei. Drei bis vier Tage nach Erhalt des Drohbriefs sei die Familie nach Kabul gegangen. Dort habe er als kleiner Händler begonnen und wieder als Fotograf gearbeitet. In Kabul habe man nichts mehr von dem Mann gehört, der seine Tochter ermordet habe und Drohungen hinsichtlich der Tochter K. ausgesprochen habe. In Kabul habe er aufgrund seiner hinduistischen Glaubenszugehörigkeit keine Probleme gehabt. Sie hätten tagsüber die Tempel besucht, auch wenn sie immer Angst gehabt hätten, dorthin zu gehen. Er habe aber seinen Glauben auch nicht so praktiziert. Allgemein hätten Hindus in Afghanistan immer Probleme mit den Behörden. So habe er z. B. Geld verliehen und es nicht zurück erhalten. Bei der Polizei habe man ihn deswegen aber nicht einmal angehört. Konkrete Probleme habe er mit den Behörden allerdings nicht gehabt. Seine Ehefrau habe Probleme mit dem Kopf und dem Kreislauf gehabt und sei in Kabul behandelt worden. Sie habe bis zu ihrer Ausreise auch Medikamente erhalten, die er habe selbst bezahlen können. Dafür, dass die Familie das Land schließlich verlassen habe, habe es keinen konkreten Anlass gegeben.
Die Klägerin zu 2) gab im Rahmen ihrer Erstbefragung beim Bundesamt am
Zu ihren Fluchtgründen gab die Klägerin zu 2) im Wesentlichen an, ihre Tochter namens S. sei vor ca. 1 ½ Jahren in Ghazni getötet worden. Zwei vermummte Personen, einer davon bewaffnet, seien nachts gewaltsam in ihr Haus eingedrungen und hätten ihre Tochter mitgenommen. Nach etwa einem Monat hätten diese Leute die Tochter tot vor die Türe gelegt. Sie hätten dann auch einen Brief erhalten, wonach auch die zweite Tochter mitgenommen werden sollte. Dieser Drohbrief habe auf der Leiche ihrer Tochter gelegen. Zwei bis drei Tage danach seien sie dann nach Kabul gegangen. Das letzte Jahr vor der Ausreise hätten sie dann in Kabul gelebt.
Auf den Vorhalt, dass ihr Ehemann, der Kläger zu 1), den Namen der getöteten Tochter mit „I.“ angegeben habe, erklärte die Klägerin zu 2), dieser könne den Namen nicht richtig aussprechen. Auf Vorhalt, dass ihre andere Tochter erklärt habe, ihre Schwester habe „S.“ geheißen, meinte die Klägerin zu 2), dies könne ihr Spitzname gewesen sein. Dass ihre Tochter weiter angegeben habe, dass ihre Schwester sich selbst in ihrem Zimmer erhängt habe, gab die Klägerin zu 2) an, dies stimme nicht. Sie habe tot vor der Haustüre gelegen. Auf erneute Nachfrage hierzu gab sie sodann an, sie habe die Tochter nicht vor der Haustüre liegen sehen. Auf weiteren Vorhalt, ob ihr der Name „M.“ etwas sage, erwiderte die Klägerin zu 2), sie kenne diesen Namen nicht. Nach dem Hinweis, dass der Kläger zu 1) angegeben habe, dass es sich hierbei um einen weiteren Sohn handele, der 1994 ermordet worden sei, gab die Klägerin zu 2) an, dass sie ihn kenne. Der Kläger zu 1) meine damit aber jemanden, den er als seinen Sohn angesehen habe. Tatsächlich sei es sein Bruder gewesen.
In Afghanistan seien sie als Hindus von den Moslems oft beschimpft, beleidigt und bespuckt worden. In Kabul sei sie ein- oder zwei Mal persönlich beleidigt und beschimpft worden. Weitere konkrete Maßnahmen gegen sie habe es nicht gegeben. Auch habe sie niemals Probleme mit den afghanischen Behörden gehabt. Zu ihrem hinduistischen Glauben gab die Klägerin an, sie wisse nichts Näheres darüber. Sie praktiziere den Glauben nicht besonders und sei insgesamt ein- oder zwei Mal mit ihrer Familie in einem Tempel in Kabul gewesen.
Zu ihrem Gesundheitszustand erklärte die Klägerin zu 2), dass sie seit etwa drei Jahren an Epilepsie leide. Sie habe sowohl in Ghazni als auch in Kabul Medikamente und Spritzen erhalten, die sie selbst hätten bezahlen können. Sie sei deswegen auch in Deutschland in Behandlung und erhalte Medikamente namens Phenytoin AWD 100 mg (Wirkstoff Phenytoin) und Phenobarbital neuraxpharm 100 mg (Wirkstoff Phenobarbital).
Mit Bescheid des Bundesamtes vom
II.
Mit Schriftsatz vom 3. August 2012, eingegangen beim Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg
1. Die Beklagte wird verpflichtet, die Kläger unter Aufhebung des Bescheides vom
2. Es wird festgestellt, dass für die Kläger Abschiebeverbote nach § 60 AufenthG vorliegen.
Ferner wurde ein Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe gestellt.
Zur Klagebegründung wurde auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sowie des Bundesverwaltungsgerichts zur religiösen Verfolgung verwiesen, wonach es bereits ausreiche, wenn ein Flüchtling seine Religion nicht in der Öffentlichkeit ausüben könne. Zudem wurde auf die diversen Erkrankungen der Klägerin zu 2) hingewiesen. Diese müsse täglich 12 Tabletten einnehmen und vermutlich lebenslang ärztlich behandelt werden. Eine Behandlung der vorliegenden Erkrankungen sei in Afghanistan nicht möglich. Die medizinische Versorgung sei unzureichend, darüber hinaus müsse diese selbst finanziert werden. Hierzu sei die Klägerin zu 2) nicht in der Lage. Sofern eine Behandlung nicht stattfinde, sei dies für die Klägerin zu 2) lebensbedrohlich.
Ärztliche Atteste über die vorgetragenen Erkrankungen wurden mit Datum vom
Mit Beschluss vom 6. Juni 2016
Mit Beschluss vom 7. Juni 2016
Es wurden verschiedene Erkenntnismittel zu Afghanistan, Stand April 2016, zum Gegenstand des Verfahrens gemacht, auf die Bezug genommen wird.
Hinsichtlich des Antrages auf Anerkennung der Kläger als Asylberechtigte nach Art. 16a Abs. 1 GG wurde die Klage in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen und das Verfahren insoweit abgetrennt und eingestellt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- sowie der vorgelegten Behördenakte sowie die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 5. Juli 2016 Bezug genommen.
Gründe
Die Klage, über die trotz des Ausbleibens von Beteiligten in der mündlichen Verhandlung verhandelt und entschieden werden konnte (§ 102 Abs. 2 VwGO), ist zulässig und teilweise begründet, soweit sie darauf gerichtet ist, bei den Klägern ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich Afghanistan festzustellen. Die Kläger haben einen Anspruch auf die Feststellung eines Abschiebungsverbotes gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Soweit der Bescheid des Bundesamtes vom 24. Juli 2012 dem in seinen Ziffern 3. und 4. entgegensteht, ist dieser aufzuheben (§ 113 Abs. 5 Satz 1 und Abs. 1 Satz 1 VwGO). Darüber hinaus ist der angegriffene Bescheid des Bundesamtes vom 24. Juli 2012 rechtmäßig. Die Kläger haben weder einen Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, § 3 Abs. 1 und 4 AsylG, oder die Zuerkennung des subsidiären Schutzes, § 4 Abs. 1 AsylG, noch auf die Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 AufenthG. Insoweit ist die Klage unbegründet und war daher abzuweisen. Maßgeblich für die Entscheidung über Streitigkeiten nach dem Asylgesetz ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 AsylG).
A. I.
Die Kläger haben Anspruch auf die Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG.
Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn diesem dort eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit droht. Dies setzt das Bestehen individueller Gefahren voraus. Beruft sich ein Ausländer hingegen auf allgemeine Gefahren i. S. des § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG, die nicht nur ihn persönlich, sondern zugleich die gesamte Bevölkerung oder eine Bevölkerungsgruppe allgemein betreffen, so ist die Gewährung von Abschiebungsschutz einer politischen Leitentscheidung der obersten Landesbehörde nach § 60a AufenthG vorbehalten. Beim Fehlen einer politischen Regelung i. S. des § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG kommt die Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nur zur Vermeidung einer verfassungswidrigen Schutzlücke in Betracht. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist zutreffend anerkannt, dass im Falle einer extremen allgemeinen Gefahrenlage, die den einzelnen Ausländer im Falle seiner Abschiebung gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausliefern würde, unabhängig vom Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 a AufenthG Schutz vor Abschiebung gewährt werden muss (vgl. BVerwG, U.v. 17.10.1995 - 9 C 9/95 - BVerwGE 99, 324 ff., juris; U.v.
1.a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs sowie weiterer Oberverwaltungsgerichte ergibt sich aus den Erkenntnismitteln zu Afghanistan derzeit nicht, dass ein alleinstehender arbeitsfähiger männlicher Rückkehrer mit hoher Wahrscheinlichkeit alsbald nach seiner Rückkehr aufgrund der allgemein schwierigen Verhältnisse in eine extreme Gefahrenlage geraten würde, die eine Abschiebung in den Heimatstaat verfassungsrechtlich als unzumutbar erscheinen ließe. Zwar ist die Versorgungslage in Afghanistan schlecht, jedoch ist im Wege einer Gesamtgefahrenschau nicht anzunehmen, dass bei einer Rückführung nach Afghanistan alsbald der sichere Tod drohen würde oder alsbald schwere Gesundheitsbeeinträchtigungen zu erwarten wären. Der Betroffene wäre selbst ohne nennenswertes Vermögen und ohne familiären Rückhalt in der Lage, durch Gelegenheitsarbeiten wenigstens ein kleines Arbeitseinkommen zu erzielen und sich damit zumindest ein Leben am Rand des Existenzminimums zu finanzieren (ständige Rechtsprechung, z. B. BayVG,
b) Die Kläger im vorliegenden Verfahren können jedoch aufgrund ihrer persönlichen Umstände gerade nicht der o.g. Gruppe der alleinstehenden und arbeitsfähigen männlichen Rückkehrer nach Afghanistan zugerechnet werden. Eine extreme Gefahrenlage kann sich nämlich umgekehrt für besonders schutzbedürftige Rückkehrer wie Minderjährige, alte oder behandlungsbedürftig kranke Personen, alleinstehende Frauen mit und ohne Kinder, Familien mit Kleinkindern und Personen, die aufgrund besonderer persönlicher Merkmale zusätzlicher Diskriminierung unterliegen, ergeben (vgl. München,
Zur aktuellen Lage in Afghanistan stellt das Auswärtige Amt im Lagebericht vom
Die Schweizer Flüchtlingshilfe teilt in ihrem Update vom
Der UNHCR erklärt in seinen Richtlinien vom
c) Bei der Beurteilung, ob im Einzelfall eine extreme Gefahrenlage besteht, ist zudem zu beachten, dass Familienangehörige wegen des Schutzes von Ehe und Familie nach Art. 6 GG nur gemeinsam mit ihren Kindern und ihrem Ehepartner nach Afghanistan zurückkehren können (vgl. BVerfG, B.v. 5.6.2013 - 2 BVR 586/13 - juris). Daher sind bei der Beantwortung der Frage, ob das Existenzminimum im Heimatland gewährleistet sein wird, alle Familienmitglieder gemeinsam in den Blick zu nehmen (BVerwG, U.v. 8.9.1992 - 9 C 8.91 - juris; VG München, U.v. 21.4.2016 - M 15 K 16.30413 - juris Rn. 23; VG Gelsenkirchen, U.v. 20.8.2015 - 5 a K 4515/13 A - juris Rn. 42). Nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen, wie bei Angehörigen, die als politisch Verfolgte Abschiebungsschutz genießen, könne eine andere Betrachtung geboten sei (BVerwG a. a. O.). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier jedoch nicht vor, so dass eine gemeinsame Rückkehr der beiden verheirateten Kläger im hiesigen Verfahren mit ihrer Tochter, der Klägerin im ebenfalls am 5. Juli 2016 entschiedenen Parallelverfahren W 1 K 16.30615, zugrunde zu legen ist.
d) Unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen würde sich die allgemeine Gefahrensituation in Afghanistan für die Kläger derart zu einer extremen Gefahr verdichten, dass eine Anwendung von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG in verfassungskonformer Auslegung im vorliegenden Fall geboten ist.
Bezogen auf den Kläger zu 1) ergibt sich dies insbesondere bereits aus dem hohen Alter des Klägers, der mittlerweile 70 Jahre alt ist und damit die in Afghanistan derzeit bestehende Lebenserwartung von 50 Jahren (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 6.11.2015) statistisch bereits signifikant überschritten hat. Aufgrund dieses Alters erscheint es dem Gericht ausgeschlossen, dass er in Afghanistan noch in der Lage wäre, den Lebensunterhalt für sich, geschweige denn - wie es in Afghanistan vielfach üblich ist - auch für seine Familie, mit der er nach dem oben Ausgeführten gemeinsam nach Afghanistan zurückkehren würde, zu erwirtschaften. Zwar hat der Kläger zu 1) in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass es ihm gesundheitlich gut gehe, er hat jedoch in glaubhafter Weise ebenfalls darauf verwiesen, dass er Probleme mit den Zähnen und seinem Rücken habe, an dem er in Afghanistan operiert worden sei. Er sieht sich selbst daher nicht mehr in der Lage dazu, aufgrund seines Alters in Afghanistan zu arbeiten. Dies deckt sich mit der Einschätzung des Gerichts aus der mündlichen Verhandlung, in dem der Kläger augenscheinlich einen schwachen und gebrechlichen Eindruck gemacht hat. In Afghanistan herrscht zudem wie ausgeführt sehr hohe Arbeitslosigkeit. Menschen, die, wie der Kläger zu 1) Analphabeten sind und keinen Beruf erlernt haben, haben bestenfalls die Möglichkeit, sich um Hilfsarbeiten zu bemühen, die regelmäßig mit harter körperlicher Arbeit verbunden sind (vgl. Sachverständigengutachten des Dr. D. an den Hess. VGH
Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass die Rückkehrsituation wesentlich auch davon mitgeprägt wird, ob sich Rückkehrer auf familiäre oder sonstige verwandtschaftliche Strukturen verlassen können oder ob sie auf sich allein gestellt sind. Der Kläger hat insoweit vor dem Bundesamt angegeben, dass er in Kabul einen Cousin habe. Er hat dort jedoch auch mehrmals erwähnt, dass er schon lange keinen Kontakt mehr zu diesem Cousin gehabt habe und er darüber hinaus keinerlei Verwandtschaft in Afghanistan habe. In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger nunmehr nach diesem Cousin befragt angegeben, dass es einen solchen Cousin nicht gebe, es habe sich um einen Übersetzungsfehler vor dem Bundesamt gehandelt. Auch wenn dies dem Gericht nicht glaubhaft erscheint, so ist es dennoch davon überzeugt, dass der Kläger zu diesem einzigen Verwandten in seinem Heimatstaat - nicht zuletzt aufgrund des vergangenen langen Zeitraums seit der Ausreise der Kläger vor rund 5 Jahren - keine Verbindungen mehr hat und insoweit auch nicht auf dessen Hilfe hoffen könnte. Auch die Klägerin zu 2) hat im gesamten Verfahren glaubhaft angegeben, nicht über weitere Verwandtschaft in Afghanistan zu verfügen, was auch naheliegend erscheint, nachdem nur noch rund 3.000 Hindus überhaupt noch in Afghanistan leben.
Auch verfügt der Kläger zu 1) weder hier in Deutschland noch in Afghanistan über Vermögen. Er hat insofern auf Frage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar vorgetragen, dass er insbesondere seinen Grundbesitz in der Stadt Ghazni seinerzeit verkauft habe, um die Flucht der Familie zu finanzieren, was sich insoweit auch mit seinen Angaben vor dem Bundesamt deckt.
Schließlich ist zu berücksichtigen, dass der Kläger der Religionsgruppe der Hindus zugehört, welche in Afghanistan von der muslimischen Mehrheitsbevölkerung als Außenseiter betrachtet werden und mit gesellschaftlicher Diskriminierung konfrontiert sind, was die wirtschaftliche Situation des Klägers über die ohnehin sehr schwierige allgemeine Lage hinaus noch weiter negativ beeinflussen würde. Als Zugehöriger einer kleinen Minderheit könnte der Kläger nämlich nicht auf ein Patronagenetzwerk zurückgreifen, welches in Afghanistan der Erkenntnismittellage entsprechend notwendig ist, um die Chance etwa auf einen Arbeitsplatz oder Wohnraum zu erhalten.
Im Rahmen einer Gesamtschau all dieser Aspekte würde der Kläger zu 1) bei einer Rückkehr nach Afghanistan alsbald in eine extreme Gefahrenlage geraten, in der sein Leben akut in Gefahr wäre.
Dasselbe gilt für die Klägerin zu 2). Auch sie ist bereits 61 Jahre alt, Angehörige der religiösen Minderheit der Hindus und leidet darüber hinaus an einer Vielzahl von Erkrankungen (cerebrales Anfallsleiden, chronische Bronchitis, Retropatellar-Arthrose beidseitig, Arthrose der rechten Hand, chronisches degeneratives Wirbelsäulensyndrom, Helicobacter positive Gastritis (Oktober 2013), Hypertonie). Auch die Klägerin zu 2) machte in der mündlichen Verhandlung auf den erkennenden Einzelrichter einen sehr geschwächten Eindruck und hat sich beim Gehen auf einen Rollator stützen müssen. Aufgrund dieser sehr schlechten gesundheitlichen Situation sowie der aufgrund der geltenden Sozialnormen generell untergeordneten Stellung der Frau in der afghanischen Gesellschaft wäre es ihr vollkommen unmöglich, ihren eigenen Lebensunterhalt oder gar den der Familie zu erwirtschaften. Die Klägerin zu 2) verfügt darüber hinaus wie ihr Ehemann ebenfalls nicht über Schulbildung, ist Analphabetin und hat zeitlebens nur im Haushalt gearbeitet. Darüber hinaus ist bei der Klägerin zu 2) zu bedenken, dass sie - zumindest was ihr cerebrales Anfallsleiden betrifft - zur Vorbeugung gegen epileptische Anfälle auf eine Dauermedikation angewiesen ist, wie sie glaubhaft in der mündlichen Verhandlung angegeben hat und sich darüber hinaus der in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Medikamentenverordnungsübersicht von Herrn Dr. P. vom 20. Juni 2016 ergibt. Die Klägerin zu 2) ist gegen diese Erkrankung in ihrem Heimatland zwar bereits vor ihrer Ausreise behandelt worden, jedoch sind die erforderlichen Medikamente nach dem klägerischen Vortrag wie auch den Ausführungen des Beklagten im angegriffenen Bundesamtsbescheid durch die Kläger selbst zu finanzieren (vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 10.1.2012). Diese für afghanische Verhältnisse keinesfalls vernachlässigbaren Kosten würden den Lebensunterhalt der Klägerin zu 2) und damit den der gesamten Familie über die gewöhnlichen Verhältnisse hinaus verteuern und stützen damit zusätzlich die Erkenntnis, dass sich für die Klägerin zu 2), aber auch den Kläger zu 1), alsbald nach ihrer Rückkehr nach Afghanistan eine extreme Gefahr für Leib und Leben ergeben würde.
Eine andere Einschätzung ergibt sich schließlich auch nicht mit Blick auf die Tochter der Kläger, die Klägerin im Parallelverfahren W 1 K 16.30615. Auch wenn diese - wie oben dargelegt - gemeinsam mit ihren Eltern nach Afghanistan zurückkehren würde, so wäre sie doch allein schon aufgrund der patriarchalischen Sozialnormen und der damit einhergehenden untergeordneten Stellung der Frau in Afghanistan nicht in der Lage, für ihren Unterhalt, geschweige denn den gesamten Familie, zu sorgen. In Afghanistan hat sie keine Schule besucht oder einen Beruf erlernt. Sie wäre - abgesehen von den obigen Ausführungen - keinesfalls in der Lage, in dem harten Verdrängungswettbewerb mit jungen Männern um die einfachen und körperlich anstrengenden Hilfsarbeiten zu konkurrieren. Darüber hinaus gehört auch die Tochter der in Afghanistan von Ausgrenzung betroffenen religiösen Minderheit der Hindus an.
Das Gericht ist davon überzeugt, dass die beschriebene extreme Gefahr die Kläger landesweit, insbesondere in der Hauptstadt Kabul und in ihrer Herkunftsregion, der Stadt Ghazni in der gleichnamigen Provinz, alsbald nach ihrer Rückkehr treffen würde.
2. Bei der Klägerin zu 2) ergibt sich darüber hinaus eine nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AsylG relevante individuelle Gefahr aus dem cerebralen Anfallsleiden (Epilepsie), an dem diese nach den von der Klägerseite vorgelegten medizinischen Attesten und Unterlagen leidet.
Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG kann sich aus gesundheitlichen Gründen ergeben - dies allerdings nur bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden, § 60 Abs. 7 S. 2 AufenthG, weil die Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat wegen des geringen Versorgungsstandards generell unzureichend oder nicht verfügbar sind (BVerwG, U.v. 17.10.2006 - 1 C 18/05 - NVwZ 2007, 12 ff.). Es ist dabei allerdings nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist, § 60 Abs. 7 S. 3 und 4 AufenthG. Eine krankheitsbedingte zielstaatsbezogene Gefahr i. S. des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG kann sich im Einzelfall aber daraus ergeben, dass der erkrankte Ausländer eine an sich im Zielstaat verfügbare medizinische Behandlung mit Blick auf die konkrete Situation des Betroffenen tatsächlich nicht erlangen kann, z. B. wenn eine notwendige Behandlung oder Medikation zwar allgemein zur Verfügung steht, dem betroffenen Ausländer jedoch aus finanziellen oder sonstigen Gründen nicht zugänglich ist (BVerwG, U.v. 29.10.2002 - 1 C 1/02 - DVBl. 2003, 463).
Das cerebrale Anfallsleiden (Epilepsie) der Klägerin zu 2), von dessen Vorhandensein das Gericht aufgrund der vorliegenden ärztlichen Atteste, insbesondere über die stationäre Behandlung im B. Krankenhaus in Hamburg vom 28. bis 30. Juni 2011 sowie ärztlicher Atteste des Dr. P., zuletzt vom 20. Juni 2016, überzeugt ist, stellt eine schwerwiegende Erkrankung i. S. d. § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG dar. So haben Menschen mit Epilepsien ein zwei- bis dreifach höheres relatives Sterblichkeitsrisiko gegenüber der nicht erkrankten Vergleichsbevölkerung. Auch besteht vor allem im Zusammenhang mit den charakteristischen Krampfanfällen ein hohes Verletzungsrisiko sowie das Risiko einer zunehmenden Schädigung des Gehirns (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Epilepsie). Das Gericht ist darüber hinaus der Überzeugung, dass sich die Erkrankung durch die Abschiebung nach Afghanistan wesentlich verschlechtern würde. Zwar ist - wie die Beklagte zu Recht eingewandt hat - eine Epilepsie in Afghanistan grundsätzlich behandelbar, was die Klägerin für ihre eigene Person auch vor dem Bundesamt bestätigt hat. Allerdings geht das Gericht davon aus, dass die erforderliche Medikation für die Klägerin nicht finanzierbar ist - auch nicht mit Unterstützung durch ihren Familienverband, in dem sie nach Afghanistan zurückkehren würde, s.o. Eine medikamentöse Therapie ohne zeitliche Begrenzung hat bereits das B. Krankenhaus in H. am 30. Juni 2011 empfohlen. Eine solche Dauermedikation ist bei Epilepsie von herausragender Bedeutung, um den gefahrenträchtigen epileptischen Anfällen möglichst vorzubeugen (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Epilepsie). Laut Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 10. Januar 2012 ist das staatliche Gesundheitssystem in Afghanistan nach der Verfassung zwar kostenfrei, die Patienten müssen jedoch de facto erforderliche Medikamente in aller Regel selbst beschaffen. Davon geht auch die Beklagte im angegriffenen Bescheid vom 24. Juli 2012 aus, aus dem sich unter Hinweis auf Erkenntnisse des Auswärtigen Amtes ergibt, dass die Kosten für Medikamente, niedergelassene Ärzte und die Durchführung eines EEG selbst finanziert werden müssten. Dies jedoch ist den Klägern nicht möglich. Wie oben ausführlich dargelegt, ist die Klägerin zu 2) bereits nicht - auch nicht gemeinsam mit ihrem Ehemann und ihrer Tochter - in der Lage, ihren allgemeinen Lebensunterhalt in Afghanistan zu finanzieren. Verteuert sich dieser durch die zusätzlich erforderliche Beschaffung von Medikamenten und die Finanzierung von Arztbesuchen, so erscheint dies erst recht gänzlich ausgeschlossen, so dass der Klägerin zu 2) auch ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG wegen ihrer Epilepsie zur Seite steht.
Die im ärztlichen Attest vom 20. Juni 2016 genannten anderweitigen Erkrankungen stellen zur Überzeugung des Gerichts keine schwerwiegenden oder gar lebensbedrohlichen Erkrankungen dar. Es handelt sich hierbei um weit verbreitete „Volkskrankheiten“ und natürliche Alterungserscheinungen (chronische Bronchitis, Hypertonie, Helicobacter positive Gastritis, chronisches degeneratives Wirbelsäulensyndrom, Retropatellararthrose, Arthrosen der rechten Hand), für deren wesentliche Verschlechterung im Heimatland weder etwas vorgetragen noch anderweitig ersichtlich ist.
II.
Wegen des nach alledem festzustellenden Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG steht § 34 Abs. 1 Nr. 3 AsylG auch der unter Ziffer 4. des angegriffenen Bundesamtsbescheides verfügten Abschiebungsandrohung entgegen, so dass diese ebenso wie dessen Ziffer 3. - soweit sie der ausgesprochenen Verpflichtung entgegen steht - aufzuheben war.
B. Im Übrigen ist die Klage unbegründet. Die Kläger haben im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 AsylG) weder einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 und 4 AsylG oder auf Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus (§ 4 AsylG) noch auf die Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 AufenthG (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
III.
Die Kläger haben keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 und 4 AsylG, weil ihnen im Falle ihrer Rückkehr nach Afghanistan keine landesweite asylrelevante Verfolgung i. S. d. § 3 Abs. 1 i. V. m. §§ 3a ff. AsylG droht.
Rechtsgrundlage der begehrten Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ist vorliegend § 3 Abs. 4 und Abs. 1 AsylG (BT-Drs. 16/5065 S. 213; vgl. auch § 60 Abs. 1 Satz 3 AufenthG). Danach wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, soweit er keinen Ausschlusstatbestand nach § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG erfüllt. Ein Ausländer ist Flüchtling i. S. d. Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Genfer Konvention - GK), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will. Gemäß § 77 Abs. 1 AsylG ist vorliegend das Asylgesetz in der ab 24. Oktober 2015 geltenden Fassung (Art. 1, Art. 15 Abs. 1 des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes v. 20.10.2015, BGBl I, S. 1722 ff.) in der Fassung der Änderungen durch Art. 1 des Gesetzes zur Einführung beschleunigter Asylverfahren vom 12. März 2016 (BGBl. I, S. 390 ff.) sowie Art. 2 des Gesetzes zur erleichterten Ausweisung von straffälligen Ausländern und zum erweiterten Ausschluss der Flüchtlingsanerkennung bei straffälligen Asylbewerbern vom 12. März 2016 (BGBl. I, S. 394 ff.) anzuwenden. Dieses Gesetz setzt in §§ 3 bis 3e AsylG - wie die Vorgängerregelungen in §§ 3 ff. AsylVfG - die Vorschriften der Art. 6 bis 10 der Richtlinie 2011/95/EU vom 28. August 2013 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (Amtsblatt Nr. L 337, S. 9) - Qualifikationsrichtlinie (QRL) im deutschen Recht um. Nach § 3a Abs. 1 AsylG gelten als Verfolgung i. S. d. § 3 Abs. 1 AsylG Handlungen, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Art. 15 Abs. 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 - EMRK (BGBl 1952 II, S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist (Nr. 1), oder die in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nr. 1 beschriebenen Weise betroffen ist (Nr. 2). Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AsylG muss die Verfolgung an eines der flüchtlingsrelevanten Merkmale anknüpfen, die in § 3b Abs. 1 AsylG näher beschrieben sind, wobei es nach § 3b Abs. 2 AsylG ausreicht, wenn der betreffenden Person das jeweilige Merkmal von ihren Verfolgern zugeschrieben wird. Nach § 3c AsylG kann eine solche Verfolgung nicht nur vom Staat, sondern auch von nicht-staatlichen Akteuren ausgehen.
1. Dies zugrunde gelegt haben die Kläger keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 und 4 AsylG. Der Einzelrichter folgt gemäß § 77 Abs. 2 AsylG den Ausführungen der Beklagten im Bescheid des Bundesamtes vom 24. Juli 2012 und sieht von einer weiteren Darstellung ab, soweit darin eine Gruppenverfolgung der Hindus in Afghanistan abgelehnt wird.
Ergänzend ist auszuführen, dass diese Auffassung durch den Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg im Urteil vom 19. September 2013 mit überzeugenden Ausführungen bestätigt wurde (VGH Baden-Württemberg, U.v. 19.9.2013 - A 11 S 689/13 - juris Rn. 65 ff.). Diesen Ausführungen schließt sich das erkennende Gericht für das vorliegende Verfahren an. Auch den vorliegenden aktuellsten Erkenntnismitteln lässt sich keine Situation entnehmen, die eine Änderung dieser Einschätzung rechtfertigen würde.
So wird im Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 6. November 2015 im hier relevanten Kontext dargelegt, dass die indische Botschaft in Kabul davon ausgehe, dass in Afghanistan wenige Tausend Hindus und Sikhs verblieben seien. Es gebe vier Hindutempel landesweit, zwei davon in Kabul sowie je einen in Jalalabad und Helmand. Staatliche Diskriminierung gebe es nicht, auch wenn der Weg in öffentliche Ämter für Hindus schon aufgrund fehlender Patronagenetzwerke schwierig sei. Hindus würden aber von großen Teilen der muslimischen Bevölkerung als Außenseiter wahrgenommen. Viele Muslime lehnten insbesondere Feuerbestattungen ab, die im Hinduismus das zentrale Begräbnisritual darstellten. Die afghanische Regierung habe darauf reagiert, indem sie den Hindus einen dafür gewidmeten Ort zur Verfügung gestellt habe. Auf dem Weg dorthin würden Trauergemeinden allerdings den Berichten zufolge belästigt und bedroht. Es gebe auch Berichte, wonach Hindus und Sikhs Opfer illegaler Enteignungen und Beschlagnahmung ihrer Grundstücke geworden seien. Seit 2014 hätten Hindus und Sikhs Anspruch auf einen gemeinsamen Sitz im Parlament, der derzeit durch eine Frau eingenommen werde.
Die Schweizerische Flüchtlingshilfe führt in ihrem Update vom 13. September 2015 aus, dass sich Hindus weiterhin mit Diskriminierungen konfrontiert sähen. Die afghanische Regierung sei bislang nicht gegen die stark eingeschränkte Teilhabe der Hindus an Politik, Geschäftsleben und unrechtmäßigen Enteignungen vorgegangen. Sie sei nicht willens oder fähig, die religiösen Minderheiten vor Übergriffen zu schützen. Bei Ausübung der religiösen Zeremonien, insbesondere bei Beisetzungen, komme es immer wieder zu gewaltsamen Übergriffen.
Der UNHCR schreibt in seinen aktuellen Richtlinien vom 19. April 2016, dass eine große Zahl von Hindus Afghanistan als Reaktion auf große Schwierigkeiten, denen sie sich ausgesetzt sähen, verlassen hätte. Die geringe Zahl der verbliebenen Hindus sei Berichten zufolge umso verletzlicher für Missbrauch. Obwohl es den Hindugemeinden erlaubt sei, ihre Religion öffentlich zu praktizieren, werde berichtet, dass sie sich fortgesetzter Diskriminierung durch den Staat gegenüber sähen, etwa im Bereich der politischen Partizipation und Stellenbesetzung innerhalb der Regierung. Ebenso werde berichtet, dass sich die Hindus gesellschaftlicher Diskriminierung und Einschüchterung ausgesetzt sähen. Die Hindugemeinden berichteten von Schwierigkeiten bei der Ausführung von Begräbnisritualen und fühlten sich ungeschützt durch staatliche Behörden, etwa im Falle von Landstreitigkeiten. Hindus seien Berichten zufolge Opfer von illegaler Landnahme geworden und würden es aus Angst vor Vergeltung unterlassen, zur Wiedererlangung der Grundstücke gerichtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Es gebe eine kleine Zahl von Schulen für Hindus; Hindu-Kinder seien beim Besuch staatlicher Schulen in Kabul Belästigungen und Mobbing ausgesetzt.
Es zeigt sich nach alledem, dass Hindus allein aufgrund ihrer Volks- bzw. Religionszugehörigkeit oder ihres Erscheinungsbildes weder Tötungen noch schweren körperlichen Misshandlungen oder ähnlich schwerwiegenden Rechtsgutsverletzungen ausgesetzt sind. Insoweit hat sich die Situation seit der Herrschaftszeit der Taliban deutlich verbessert. Das, was den Hindus in Afghanistan widerfährt, ist Ausfluss der allgemeinen Situation in Afghanistan. Politische und administrative Ämter werden oft willkürlich vergeben, wobei informelle Beziehungsnetzwerke und der Proporz der Ethnien eine wesentliche Rolle spielen. Primäres Kriterium bei der Personalauswahl ist häufig die Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe oder einem bestimmten Clan. Marginalisierte Gruppen wie etwa die Hindus haben aus diesem Grunde geringere oder nahezu keine Chancen, bei öffentlichen Positionen eingestellt zu werden. Korruption und die Zahlung von Schmiergeldern ist in Afghanistan an der Tagesordnung. Durch Einflussnahme und Zahlung von Bestechungsgeldern an Justiz und Verwaltung werden Entscheidungen nach rechtstaatlichen Grundsätzen in weiten Teilen verhindert. So ist etwa das Problem der illegalen Landnahmen und die mangelnde Durchsetzbarkeit von Rückgabeansprüchen kein spezifisches gegen Hindus gerichtetes Phänomen, sondern auch andere Bevölkerungsgruppen sind hiervon betroffen (vgl. VGH BW, U.v. 19.9.2013 - A 11 S 689/13 - juris Rn. 89). Das Gericht schließt sich vor diesem Hintergrund abermals der Einschätzung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg in der zitierten Entscheidung an, wonach konkrete Referenzfälle, die den Schluss erlauben würden, dass die Diskriminierung der Minderheit der Hindus oder auch sonstige Beeinträchtigungen und Repressalien gegen sie nicht nur auf den vorstehend beschriebenen Missständen beruhen, sondern Bestandteile eines Vorgehens gezielt gegen diese Minderheiten wären, den vorliegenden - auch aktuellsten -Erkenntnisquellen nicht zu entnehmen sind.
2. Auch eine individuelle Verfolgung aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit als Hindus, § 3b Abs. 1 Nr. 2 AsylG, die eine Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach sich zöge, können die Kläger nicht geltend machen.
Eine Verfolgung i. S. d. § 3 Abs. 1 AsylG aus Gründen der Religion kann nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH v. 5.9.2012 - C - 71/11 und C - 99/11
Die Beurteilung, wann eine Verletzung der Religionsfreiheit die erforderliche Schwere aufweist, um die Voraussetzungen einer Verfolgungshandlung i. S.v. § 3a Abs. 1 AsylG zu erfüllen, hängt von objektiven wie auch subjektiven Gesichtspunkten ab (EuGH a. a. O. Rn. 70; BVerwG a. a. O. Rn. 28 ff.).
Objektive Gesichtspunkte sind insbesondere die Schwere der dem Ausländer bei Ausübung seiner Religion drohenden Verletzung anderer Rechtsgüter, wie z. B. Leib und Leben. Die erforderliche Schwere kann insbesondere - aber nicht nur - dann erreicht sein, wenn dem Ausländer durch die Teilnahme an religiösen Riten in der Öffentlichkeit die Gefahr droht, an Leib, Leben oder Freiheit verletzt, strafrechtlich verfolgt oder einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Bestrafung unterworfen zu werden. Bei Strafrechtsverboten kommt es insoweit maßgeblich auf die tatsächliche Strafverfolgungspraxis im Herkunftsland des Ausländers an, weil ein Verbot, das erkennbar nicht durchgesetzt wird, keine erhebliche Verfolgungsgefahr begründet (BVerwG a. a. O., Rn. 28 m. w. N.). Ein hinreichend schwerer Eingriff setzt dabei nicht voraus, dass der Ausländer seinen Glauben nach der Rückkehr in sein Heimatland tatsächlich in einer Weise ausübt, die ihn der Gefahr einer Verfolgung aussetzt. Auch der unter dem Druck der Verfolgungsgefahr erzwungene Verzicht auf die Glaubensbetätigung kann die Qualität einer Verfolgung erreichen (BVerwG, a. a. O. Rn. 26).
Als relevanter subjektiver Gesichtspunkt ist der Umstand anzusehen, dass für den Betroffenen die Befolgung einer bestimmten gefahrenträchtigen religiösen Praxis zur Wahrung seiner religiösen Identität besonders wichtig ist (EuGH a. a. O. Rn. 70; BVerwG a. a. O. Rn. 29; VGH BW a. a. O. Rn. 48; OVG NRW a. a. O. Rn. 35). Denn der Schutzbereich der Religionsfreiheit erfasst sowohl die von der Glaubenslehre vorgeschriebenen Verhaltensweisen als auch diejenigen, die der einzelne Gläubige für sich selbst als unverzichtbar empfindet. Dabei kommt es auf die Bedeutung der religiösen Praxis für die Wahrung der religiösen Identität des einzelnen Ausländers an, auch wenn die Befolgung einer solchen religiösen Praxis nicht von zentraler Bedeutung für die betreffende Glaubensgemeinschaft ist (BVerwG
a) Die vom Kläger zu 1) vorgetragenen Verfolgungsmaßnahmen aus religiösen Gründen weisen bereits objektiv nicht die erforderliche Schwere auf, so dass sie nicht als Verfolgungshandlungen i. S. d. § 3a Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 AsylG zu qualifizieren sind.
Der Kläger zu 1) hat insoweit vor dem Bundesamt vorgetragen, dass es - als er noch in Ghazni gelebt habe - öfters vorgekommen sei, dass er als Hindu beschimpft und bespuckt worden sei. Als er einmal Geld verliehen und es nicht zurück erhalten habe, sei er zur Polizei gegangen, die ihn aber nicht einmal angehört habe. Dies bringt er mit seiner Glaubenszugehörigkeit in Verbindung. Auch hätten sie immer Angst gehabt, wenn sie tagsüber die Tempel in Kabul besucht hätten. Dieser Teil seiner Schilderungen kann nach Auffassung des Gerichts als wahr unterstellt werden. Er deckt sich insbesondere auch mit der bereits oben dargestellten Erkenntnismittellage zur Situation der Hindus in Afghanistan. Diese erlittenen Handlungen sind jedoch nicht so gravierend, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte, insbesondere der Rechte, von denen nach Art. 15 Abs. 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten keine Abweichung zulässig ist, darstellen, § 3a Abs. 1 Nr. 1 AsylG. Nach Art. 15 Abs. 2 EMRK sind Abweichungen von dem Recht auf Leben, dem Verbot der Folter, dem Verbot der Sklaverei und Leibeigenschaft sowie dem Grundsatz, dass keine Strafe ohne Gesetz erfolgen darf, nicht zulässig. Diese Rechtsgüter wurden durch die genannten Handlungen in keiner Weise tangiert. Auch darüber hinaus ist eine schwerwiegende Verletzung grundlegender Menschenrechte weder durch die Art noch durch die Wiederholung der in Rede stehenden Handlungen ersichtlich, auch nicht in Form einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen i. S.v. § 3a Abs. 1 Nr. 2 AsylG. Das Beschimpfen und Bespucken sowie das Versagen von Rechtshilfe durch die Polizei im Falle einer Darlehensrückforderung weisen als Angriffe insbesondere auf die Ehre des Klägers zu 1) ihrer Art nach keine derartige Schwere auf, dass sie einer schwerwiegenden Menschenrechtsverletzung gleichkämen. Dasselbe gilt - abgesehen von der fehlenden Unterstützung durch die Polizei, bei der es sich offensichtlich ohnehin um einen Einzelfall handelte - aber auch mit Blick auf die Wiederholung und Kumulierung derartiger Handlungen gegenüber dem Kläger, der insoweit angegeben hat, dass das Beschimpfen und Bespucken „öfters“ geschehen sei. Eine flüchtlingsrelevante Verfolgungshandlung vermag dies gleichwohl nicht zu begründen, da eine unzumutbare Einschränkung der persönlichen Existenz hierin noch nicht zu erblicken ist. So konnte der Kläger etwa - wie zur Überzeugung des Gerichts feststeht, s.u. - in Kabul bis zur Ausreise einer Arbeit nachgehen und seine Familie ernähren. Ebenso konnte er den Hindutempel aufsuchen, auch wenn dies mit Ängsten verbunden gewesen sein mag.
Soweit der Kläger zu 1) darüber hinaus weiterreichende Verfolgungshandlungen aufgrund seiner Religionszugehörigkeit als Hindu vorgetragen hat, so können ihm diese nicht geglaubt werden. Der Kläger zu 1) hat nämlich bei seiner informatorischen Befragung in der mündlichen Verhandlung, insbesondere aber auch schriftsätzlich (eingereicht als Anlage zum Schriftsatz seines Klägerbevollmächtigten vom 24. Juni 2016), erhebliche Steigerungen seines diesbezüglichen Vortrages vorgenommen, welche zur Überzeugung des Gerichts erhebliche Zweifel an der Glaubhaftigkeit seiner Angaben hervorrufen (vgl. auch § 30 Abs. 3 Nr. 1 AsylG). Der Kläger hat vielmehr alle wesentlichen Umstände seiner Verfolgung bzw. der Furcht vor Verfolgung bereits in der Anhörung vor dem Bundesamt vorzutragen (§ 25 Abs. 1 AsylG). So hat der Kläger zu 1) in seinem schriftsätzlichen Vortrag erst kurz vor der mündlichen Verhandlung und fast 5 Jahre nach seiner Einreise nach Deutschland erstmals erwähnt, dass er während seiner Aufenthaltszeit in Kabul mehrmals geschlagen worden sei. Es habe auch Tage gegeben, an denen die Muslime ihn auf offener Straße mit dem Messer bedroht hätten, damit er zum Islam konvertiere. Es sei die Drohung ausgesprochen worden, dass er und seine Familie getötet würden, falls sie nicht konvertierten. Damit hat der Kläger für die Einschätzung seiner Bedrohungssituation wesentliche Punkte seines Schutzbegehrens erst sehr spät im gerichtlichen Verfahren vorgebracht und damit sein bisheriges Vorbringen wesentlich gesteigert. Dies alles führt zur Überzeugung des Gerichts dazu, dass sein Vortrag in diesen Teilen nicht glaubhaft ist, zumal der Kläger auch auf Vorhalt durch den Einzelrichter in der mündlichen Verhandlung diese Steigerungen nicht nachvollziehbar erklären konnte. Der Hinweis des Klägers zu 1) darauf, dass er vor dem Bundesamt nur das vorgetragen habe, was er auch gefragt worden sei, und die Fragen nicht sehr ausführlich gewesen seien, geht nach Auffassung des Gerichts fehl, da der Kläger auf die ausdrückliche Frage des Anhörenden vor dem Bundesamt, ob er in Kabul aufgrund seiner hinduistischen Glaubenszugehörigkeit irgendwelche Probleme gehabt habe, klar mit „Nein“ geantwortet hat. Zum Ende der Anhörung hat er zudem bestätigt, dass es keine Verständigungsschwierigkeiten gegeben habe.
Zudem stehen weitere Teile seines Vortrags zu einer angeblichen religiösen Verfolgung auch in Widerspruch zum insoweit getätigten früheren Vortrag. So hat der Kläger zu 1) schriftsätzlich unter dem 24. Juni 2016 vorgetragen, dass sich die Familie aus Angst nicht getraut habe, in den Tempel zu gehen. Sie hätten nicht einmal beten und ihre Feste feiern können. Darüber hinaus habe er in Kabul nicht arbeiten können, weil sonst seine Familie alleine gewesen sei. Ohne Arbeit habe er aber seine Familie nicht versorgen können. Vor dem Bundesamt hat der Kläger im Widerspruch hierzu auf Nachfrage eindeutig erklärt, dass er bis zu seiner Ausreise aus Afghanistan gearbeitet habe. Er berichtete ebenso darüber, dass sie die Tempel tagsüber besucht hätten, auch wenn sie dabei Angst gehabt hätten. In der mündlichen Verhandlung wiederum gibt der Kläger zu 1) auf Befragen des Gerichts an, dass er in Kabul seine Familie finanziell über Wasser gehalten habe, indem er in verschiedenen Geschäften gearbeitet habe. Auch seine Tochter, die Klägerin im Verfahren W 1 K 16.30615, hat auf Befragen des Gerichts angegeben, dass ihr Vater stets gearbeitet habe, um die Familie zu ernähren.
Abschließend kann dem Kläger auch nicht geglaubt werden, wenn er behauptet, dass eine muslimische Familie versucht habe, seine Tochter bzw. beide Töchter mit deren Sohn zwangsweise zu verheiraten. Dies ist schon aus dem Grunde unglaubhaft, weil die muslimische Mehrheitsbevölkerung die Hindus als Ungläubige betrachtet und diese diskriminiert, so dass es schlicht abwegig erscheint, dass ausgerechnet eine Zwangsverheiratung mit der Tochter einer Hindufamilie in Betracht gezogen wird. Auf einen entsprechenden Vorhalt des Gerichts in der mündlichen Verhandlung konnte der Kläger zu 1) keine sinnvolle Erklärung hierzu abgeben. Er flüchtete sich vielmehr in Allgemeinplätze, indem er erklärte, die Hindus seien als Minderheit stets unterdrückt und von anderen Bevölkerungsgruppen ausgenutzt worden. Eine Zwangsverheiratung seiner Töchter aus religiösen Gründen kann dem Kläger nicht abgenommen werden.
Das Gericht ist nach alledem zusammenfassend der Überzeugung, dass der gesamte Vortrag des Klägers zu 1) zu auf seiner Religion beruhenden Verfolgungshandlungen, soweit sie über die - als glaubhaft eingestuften - Angaben vor dem Bundesamt hinausgehen, aufgrund nicht erklärbarer Steigerungen sowie zahlreicher Widersprüche und Ungereimtheiten unglaubhaft ist. Bezeichnenderweise erklärt der Kläger zu 1) in der mündlichen Verhandlung auf die Frage seines Bevollmächtigten, welche Verfolgungsmaßnahmen er konkret in Kabul erlitten habe auch nur, sie seien immer wieder gefragt worden, woher sie kämen und was sie denn hier machten. Darüber hinaus seien sie nach Geld und Essen gefragt und allgemein ausgenutzt worden, was - am Rande bemerkt - wiederum jedenfalls in keiner Weise den erforderlichen Schweregrad einer Verfolgungshandlung nach § 3a Abs. 1 Nrn. 1 oder 2 Asyl erreicht.
b) Auch die Klägerin zu 2) hat keinen Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 und 4 AsylG aus begründeter Furcht vor Verfolgung aus religiösen Gründen.
Im Hinblick hierauf hat die Klägerin zu 2) vor dem Bundesamt vorgetragen, dass sie in Kabul auf der Straße beschimpft, beleidigt und bespuckt worden sei, weil sie Hindu sei. Dies sei ihr ein- oder zweimal selbst passiert. In der mündlichen Verhandlung erklärte die Klägerin auf Frage des Gerichts zu einer religiösen Verfolgung in Afghanistan, sie hätten immer Angst gehabt aus der Wohnung zu gehen. Sie seien dann immer gefragt worden, was sie hier überhaupt machten. Diesen Vortrag nimmt das Gericht der Klägerin als wahr und tatsächlich erlebt ab, zumal sich dieser auch mit der oben dargestellten Erkenntnismittellage deckt und mit den Schilderungen ihres Ehemannes vor dem Bundesamt im Kern übereinstimmt. Wie allerdings bereits beim Kläger zu 1) ausgeführt erreicht das Erlittene nicht die Qualität, die § 3a Abs. 1 Nrn. 1 und 2 AsylG für relevante Verfolgungshandlungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft fordern. Insofern wird auf die Ausführungen den Kläger zu 1) betreffend verwiesen.
Soweit die Klägerin zu Beginn ihrer informatorischen Befragung in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, alles was ihr Ehemann gesagt habe, sei richtig gewesen und sie damit auf den erweiterten Vortrag ihres Ehemannes zur religiösen Verfolgung in der mündlichen Verhandlung sowie in der mit Schriftsatz des Klägerbevollmächtigten vom 24. Juni 2016 vorgelegten schriftlichen Stellungnahme abhebt, so sind diese Weiterungen als nicht nachvollziehbarer gesteigerter, mit Widersprüchen behafteter und letztlich nicht glaubhafter Vortrag einzustufen. Das Gericht nimmt auch insoweit auf die Ausführungen den Kläger zu 1) betreffend Bezug.
Sind die Kläger nach alledem hinsichtlich ihrer Religionszugehörigkeit unverfolgt aus Afghanistan ausgereist, so lässt sich darüber hinaus der aktuellen Erkenntnismittellage ebenfalls nicht entnehmen, dass den Klägern bei ihrer jetzigen Rückkehr nach Afghanistan Maßnahmen von staatlicher bzw. nicht staatlicher Seite drohen, die über das seinerzeit Erlebte hinausgehen würden. Auf die obigen Ausführungen zur Situation der Hindus in Afghanistan wird diesbezüglich verwiesen.
3. Darüber hinaus ergibt sich für die Kläger auch keine begründete Furcht vor Verfolgung aus ihrem weiteren Vortrag betreffend die Entführung und Ermordung einer angeblichen weiteren Tochter sowie der drohenden Entführung und Ermordung ihrer Tochter K., der Klägerin im Verfahren W 1 K 16.30615, bzw. sogar der gesamten Familie.
Bei ihrer Befragung vor dem Bundesamt haben die Kläger dieses Verfolgungsschicksal bereits nicht mit Verfolgungsgründen i. S. d. § 3b AsylG in Verbindung gebracht, so dass bereits aus diesem Grunde die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ausscheiden würde. Soweit die Kläger jedoch nunmehr diese Handlungen damit in Verbindung bringen wollen, dass sie Hindus sind und damit eine Hinwendung zum islamischen Glauben erzwungen werden sollte bzw. nach anderweitigem Vortrag die Verheiratung der Töchter erzwungen werden sollte, so ist dieser gesamte vorgetragene Komplex mit einer solchen Vielzahl nicht erklärbarer Widersprüche behaftet, dass er den Klägern insgesamt nicht geglaubt werden kann.
Zunächst divergieren bereits die Namen der angeblich getöteten weiteren Tochter der Kläger. Während der Kläger zu 1) vor dem Bundesamt angegeben hat, seine Tochter habe I. geheißen, wurde der Name von seiner Ehefrau und Klägerin zu 2) vor dem Bundesamt mit S. angegeben, während wiederum die Tochter K., die Klägerin im Verfahren W 1 K 16.30615, den Namen S. gebrauchte. Auf entsprechenden Vorhalt vor dem Bundesamt erklärte die Klägerin zu 2) bezüglich dieser Differenzen, ihr Ehemann könne den Namen der Tochter nicht richtig aussprechen und bei dem von der Tochter gebrauchten Namen könne es sich um einen Spitznamen handeln. Bereits dies erscheint abwegig, nachdem die Bezeichnungen S. und I. keinerlei phonetische Gemeinsamkeiten aufweisen. Falls es sich bei dem Namen S. um einen Spitznamen gehandelt haben sollte, so ist nicht erklärlich, warum die Mutter diese Tatsache über ihre Tochter nicht sicher gewusst haben sollte. Im schriftsätzlichen Vortrag des Klägers zu 1) vom 24. Juni 2016 bezeichnet der Kläger zu 1) seine Tochter nunmehr als S., während er sie auf Nachfrage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung als Se. bezeichnet. Auf Vorhalt des Gerichts in der mündlichen Verhandlung zu diesen Diskrepanzen erläutert der Kläger zu 1), es habe sich vor dem Bundesamt um eine falsche Übersetzung gehandelt. Dies erscheint nicht nachvollziehbar, nachdem der Kläger zu 1) diesen Namen dort mindestens zweimal selbst erwähnt hat und auch der Anhörende in seinen Nachfragen den Namen I. gebraucht hat, so dass der Kläger diesen sicherlich korrigiert hätte, wenn es sich tatsächlich um einen Übersetzungsfehler gehandelt hätte. Zudem hat er zum Ende der Anhörung vor dem Bundesamt angegeben, dass es keine Verständigungsschwierigkeiten gegeben habe. In Abweichung ihren Angaben vor dem Bundesamt erklärt die Tochter der Kläger in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage des Gerichts, dass ihre getötete Schwester Se. geheißen habe. Auf entsprechenden Vorhalt des Gerichts gab die Tochter an, der Übersetzer vor dem Bundesamt habe den genannten Namen (S.) wohl falsch gehört, es liege ein Übersetzungsfehler vor. Auch dies ist aufgrund fehlender phonetischer Gemeinsamkeiten zwischen den Namen Se. und S. sowie ihrer Aussage am Ende der Befragung, dass es keine Verständigungsschwierigkeiten gegeben habe, nicht glaubhaft. All dies legt einzig und allein den Schluss nahe, dass es sich hierbei nicht um tatsächlich Erlebtes handelt. An derartiges Basiswissen wie den Namen eines Familienmitgliedes müssten sich alle Familienmitglieder gleichermaßen zwingend erinnern können.
Darüber hinaus divergieren sodann auch die Beschreibungen zum Ablauf der Entführung und Tötung der Tochter. Unklarheiten bestehen schon dahingehend, wann sich dieser Vorfall zugetragen haben soll. So erwähnte der Kläger zu 1) vor dem Bundesamt zunächst, dass diese Tochter drei Monate vor der Ausreise aus Afghanistan ums Leben gekommen sei. An anderer Stelle gibt er jedoch an, dass die Familie nach diesem Vorfall nach Kabul geflüchtet sei und dort noch ein Jahr bis zur endgültigen Ausreise aus Afghanistan gelebt habe. Letztere wiederum soll laut Vortrag vor dem Bundesamt Ende Juni 2011/Anfang Juli 2011 stattgefunden habe, was nach Einschätzung des Gerichts der Wahrheit entsprechen dürfte, da sich bei den Behördenakten ein Schreiben des B.-Krankenhauses in Hamburg befindet, in dem die Klägerin am 28. Juni 2011 nach einem epileptischen Anfall vorstellig geworden ist. Darin wird erwähnt, dass die Klägerin kurz zuvor aus Afghanistan kommend nach Deutschland eingereist sei. In der mündlichen Verhandlung wiederum nimmt der Kläger zu 1) als Zeitpunkt für den Vorfall der Entführung und Ermordung der Tochter etwa den November 2009 an, jedenfalls sei es im Winter gewesen. Die Tochter K. wiederum gab bei ihrer Befragung vor dem Bundesamt an, dass sie, nachdem sie nach Kabul geflüchtet seien, dort noch eineinhalb Jahre bis zur Ausreise gelebt hätten. In der mündlichen Verhandlung gab die Tochter zu Protokoll, sie könne den Vorfall zeitlich nicht genau einordnen. Es sei jedoch in der kalten Jahreszeit gewesen. Sie hätten in Kabul danach noch etwa ein Jahr gelebt. Die Klägerin zu 2) im vorliegenden Verfahren kann sich ebenfalls nicht erinnern, wann sich der Vorfall genau zugetragen hat. Sie meint, dass es etwa sechs Jahre her sein müsse. Das Gericht ist der Überzeugung, dass ein derartig einschneidendes Ereignis, sollte es sich tatsächlich zugetragen haben, von den Familienmitgliedern genauer zeitlich eingeordnet werden müsste - auch unter Berücksichtigung des Bildungsstandes der Kläger. Dass dem nicht so ist, lässt für das Gericht nur den Schluss zu, dass dieses tatsächlich nicht stattgefunden hat. Dafür sprechen auch weitere Ungereimtheiten.
Zum Ablauf der Entführung hat der Kläger zu 1) vor dem Bundesamt angegeben, die Tochter sei von vermummten Personen entführt und getötet worden. Später sprach er dann von einem Mann, der zu ihnen ins Haus gekommen sei und die Tochter zwangsweise mitgenommen habe. Die Klägerin zu 2) erwähnte vor dem Bundesamt zwei vermummte Personen, die nachts gewaltsam in ihr Haus gekommen seien und die Tochter mitgenommen hätten. Einer davon sei bewaffnet gewesen und habe sie gestoßen. Ob ihre Tochter K. die Entführung gesehen habe, wisse sie nicht. Diese habe sich versteckt. Die Tochter K. schließlich gab vor dem Bundesamt an, sie wisse nicht, wie und wo ihre Schwester entführt worden sei. Der Entführer habe jedenfalls einen Brief zurückgelassen, aus dem ersichtlich gewesen sei, dass er sie mitgenommen habe. Im Schreiben vom 24. Juni 2016 erklärte der Kläger zu 1) demgegenüber, dass zunächst zwei Männer an der Haustüre gewesen seien, die etwas zu essen hätten haben wollen und die er dann in das Haus gelassen habe. Nach dem Essen habe der ältere der beiden Männer gewollt, dass dessen mit anwesender Sohn seine Tochter S. heiratet. Da die Familie damit nicht einverstanden gewesen sei, seien sie mit einer Pistole bedroht worden. Einer der Männer habe dann mittels Handy zwei weitere Männer verständigt, die ihn dann auf sein Gesicht geschlagen hätten, so dass er geblutet und Zähne verloren habe. Seine Frau habe dabei einen epileptischen Anfall erlitten. Er und seine Tochter K. seien dann gefesselt worden und daraufhin hätten die Männer die Tochter S. mitgenommen. In der mündlichen Verhandlung wiederum berichtet der Kläger zu 1) nur mehr von zwei Personen, die bei der Entführung anwesend gewesen seien. Dies bestätigt auch die Tochter in der mündlichen Verhandlung, so dass sich eine nicht erklärbare Diskrepanz hinsichtlich der Zahl der Entführer ergibt. Auch besteht eine solche hinsichtlich der Frage, ob die Kläger die Entführer ins Haus gelassen haben oder ob diese gewaltsam eingedrungen sind, wie die Klägerin zu 2) vor dem Bundesamt behauptet hat. Auch besteht ein Widerspruch dahingehend, ob die Tochter K. bei der Entführung zugegen war. Während ihre Mutter und sie selbst in der mündlichen Verhandlung angaben, sie sei im Haus gewesen, habe sich aber in einem anderen Zimmer versteckt, konnte sie vor dem Bundesamt auf Befragen nicht angeben, wo und wie sich die Entführung abgespielt habe, obwohl sie diese gleichwohl mit eigenen Augen aus ihren Versteck mit angesehen haben will, wie sie in der mündlichen Verhandlung erklärt hat. Demgegenüber trägt der Vater in seinem Schreiben vom 24. Juni 2016 vor, dass er und seine Tochter K. von den Entführern gefesselt worden seien, was wiederum zwingend für deren direkte Anwesenheit bei dem Geschehen spricht und mit dem Vortrag der Tochter und der Mutter nicht in Einklang zu bringen ist.
Unüberwindbare Widersprüche ergeben sich auch zu der Frage, wann die angeblichen Entführer die Leiche der Tochter zurückgebracht haben und wie diese tatsächlich zu Tode gekommen ist. Während sämtliche Familienmitglieder in der mündlichen Verhandlung angegeben haben, dass die tote Tochter nach einer Woche bzw. acht Tagen zurückgebracht worden sei, hat die Klägerin zu 2) diesen Zeitraum vor dem Bundesamt mit einem Monat angegeben. Die Tochter K. hat darüber hinaus vor dem Bundesamt erläutert, dass ihre Schwester Selbstmord begangen habe. Sie sei nach einer Woche zurückgekommen und habe sich noch in der gleichen Nacht in ihrem Zimmer erhängt. Auf Vorhalt vor dem Bundesamt, dass dies von den Angaben ihres Vaters abweiche, erklärte sie zunächst, ihr Vater habe das Richtige gesagt, während sie sodann, auf erneuten Vorhalt, angab, sie wisse, dass die Schwester Selbstmord begangen habe. Auf diese erhebliche Diskrepanz in der mündlichen Verhandlung angesprochen, erklärte die Klägerin, dass es sich vor dem Bundesamt um einen Übersetzungsfehler gehandelt haben müsse. Sie habe das mit dem Selbstmord so nicht gesagt. Dies wiederum erscheint aufgrund der völligen Andersartigkeit der Sachverhalte ausgeschlossen und beweist zur Überzeugung des Gerichts ein weiteres Mal, dass die Kläger hier nicht über tatsächlich Erlebtes berichten.
Unauflösbare Widersprüche ergeben sich auch zur Frage, wie lange die Familie nach der Ermordung der Tochter bzw. Schwester noch in Ghazni verblieben ist. Der Kläger zu 1) sprach vor dem Bundesamt zunächst von drei bis vier Tagen, im Schriftsatz vom 24. Juni 2016 erklärte er, dass sie gleich am nächsten Tag nach Kabul gegangen seien, während er wiederum in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage des Gerichts angab, dass sie eine Woche nach der Ermordung der Tochter nach Kabul geflohen seien. Die Klägerin zu 2) sprach vor dem Bundesamt von einem Zeitraum von zwei bis drei Tagen, in der mündlichen Verhandlung jedoch von acht Tagen. Die Tochter K. erklärte vor dem Bundesamt, dass sie nach dem Tod der Schwester noch etwa 15 bis 20 Tage in der Stadt Ghazni gewesen seien.
Schließlich differieren auch die Aussagen zu dem angeblichen Drohbrief betreffend die Tochter K. und zu den Motiven der Täter für die Entführung und Ermordung der Töchter bzw. der gesamten Familie in nicht nachvollziehbarer Weise. Der Kläger zu 1) hat vor dem Bundesamt vorgetragen, gleich nach dem Tod seiner Tochter I. sei ein Brief bei ihnen eingeworfen worden, wonach er seine Tochter K. freiwillig übergeben sollte, weil auch sie ansonsten zwangsweise mitgenommen würde. Auf die Frage, warum die Täter die Töchter entführen und töten wollten, gab der Kläger zu 1) vor dem Bundesamt an, es könne sein, dass es wegen seines hinduistischen Glaubens gewesen sei oder weil sie vielleicht Geld von ihm erpressen wollten. Er wisse es aber nicht genau. In dem Schreiben vom 24. Juni 2016 gab der Kläger zu 1) erstmals an, dass die Entführung der Tochter S. den Zweck gehabt habe, diese zwangsweise zu verheiraten. Dies sei dann auch Gegenstand des Drohbriefes gewesen hinsichtlich seiner Tochter K. Er solle diese in die Familie der Entführer verheiraten, ansonsten würden sie sie auch mitnehmen und töten. In der mündlichen Verhandlung schließlich gab der Kläger im Rahmen seiner informatorischen Befragung an, dass man ihm nach den Tod der Tochter gesagt habe, er solle Muslim werden, dann werde man seine andere Tochter auch mitnehmen, um sie zu verheiraten, ansonsten werde er getötet werden. Zunächst stellt es ein unerklärliches gesteigertes Vorbringen dar, wenn der Kläger nunmehr am 24. Juni 2016 erstmals eine angebliche Motivation für die Entführung in Form einer Zwangsverheiratung angibt. Dies ist aus den bereits oben dargelegten Gründen nicht glaubhaft, da es abwegig erscheint, dass gläubige Muslime ihren Sohn mit einer in ihren Augen ungläubigen Hinduistin verheiraten wollen. Wenn dem aber so wäre, so erklärt es sich nicht, warum sie die entführte Tochter dann nicht tatsächlich ihrem Sohn zur Frau geben, sondern sie ermorden. Ebenfalls eine nicht nachvollziehbare Steigerung enthält der Vortrag in der mündlichen Verhandlung, in dem der Kläger zu 1) nunmehr erläutert, dass er zusätzlich gezwungen werden sollte, zum Islam zu konvertieren, andernfalls seine Tochter K. zum Zwecke der Zwangsverheiratung mitgenommen würde und er selbst getötet würde. Der Zwang zu konvertieren und die Gefahr für seine eigene Person sollen offensichtlich seinem Vortrag nachträglich mehr Nachdruck verleihen und können dem Kläger zu 1) als allein prozesstaktisch einzustufende Steigerung nicht geglaubt werden. Die Klägerin zu 2) hat vor dem Bundesamt diesbezüglich angegeben, sie hätten nach der Ermordung der einen Tochter einen Brief erhalten, worin gestanden habe, dass auch ihre zweite Tochter K. mitgenommen werden solle. Dieser Drohbrief habe auf der Leiche der Tochter gelegen. Auf Vorhalt vor dem Bundesamt räumte sie sodann jedoch ein, dass sie die Leiche nicht selbst vor der Haustüre habe liegen sehen. Auf Nachfrage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung erklärte die Klägerin zum Inhalt des Briefes, dass sich aus diesem ergeben habe, dass auch sie Gefahr liefen, getötet zu werden. Dies lässt sich wiederum nicht mit dem Vortrag vor dem Bundesamt in Einklang bringen, wo nur eine Gefahr für die Tochter K. geschildert wird. Auch insoweit besteht bei der Klägerin zu 2) ein gesteigerter Sachvortrag, der ihr nicht abgenommen werden kann. Von einer etwaigen Zwangsverheiratung hat die Klägerin zu 2) in der mündlichen Verhandlung gar nichts erwähnt. Ihre Angaben sind widersprüchlich und können ihr nicht geglaubt werden. Schließlich erklärt die Tochter K. vor dem Bundesamt zu diesem Teilkomplex, sie hätten einen Drohbrief erhalten, wonach auch sie selbst mitgenommen werden sollte. Sie erklärte im Gegensatz zu ihren Eltern, dass es zwei Briefe gegeben habe, einen nach der Entführung der Schwester und einen weiteren nach dem Tod ihrer Schwester. Letzteren Brief hätten sie ca. drei Tage nach dem Tod der Schwester erhalten, was sich nicht mit den Aussagen der Eltern deckt, die davon gesprochen haben, dass der Brief sie gleich nach dem Tod der Tochter erreicht habe. In der mündlichen Verhandlung wiederum setzt sich die Klägerin zu ihren eigenen Aussagen vor dem Bundesamt in Widerspruch, indem sie anführt, dass der Brief gleichzeitig mit der Leiche der Schwester gebracht worden sei. Inhaltlich habe sich daraus ergeben, dass auch sie getötet werden sollten, wenn sie keine Muslime würden.
All diese weder erklärbaren noch nachvollziehbaren Unstimmigkeiten und Widersprüche bereits im jeweils eigenen Vortrag jedes Familienmitgliedes und sodann auch im Vergleich mit den Schilderungen der jeweils anderen Familienmitglieder ergeben in der Gesamtschau, dass der gesamte Vortrag betreffend die Entführung und Ermordung der Tochter bzw. Schwester sowie die drohende Entführung und Ermordung der K. oder aber der gesamten Familie durch Muslime bzw. Taliban nicht glaubhaft ist. Lediglich ergänzend sei exemplarisch für diese Einschätzung noch darauf hingewiesen, dass der Kläger zu 1) vor dem Bundesamt einen Sohn namens M. erwähnt hat, der 1994 im Krieg getötet worden sei, den jedoch Ehefrau und Tochter gar nicht kennen. Die Ehefrau meinte hierzu auf Vorhalt vor dem Bundesamt, dass es sich tatsächlich um seinen Bruder gehandelt habe, den ihr Ehemann jedoch als seinen Sohn angesehen habe. Demgegenüber führt der Kläger in seinem Vortrag vom 24. Juni 2016 wiederum noch einmal eindeutig aus, dass es sich um seinen eigenen Sohn gehandelt habe.
IV.
Die Kläger haben des Weiteren auch keinen Anspruch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus gemäß § 4 Abs. 1 AsylG.
Den Klägern droht nach Überzeugung des Gerichts weder die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AsylG noch droht ihnen ein ernsthafter Schaden durch unmenschliche oder erniedrigende Behandlung i. S.v. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG.
Der Begriff der unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i. S. d. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG ist im Gesetz nicht näher definiert. Da die zuletzt genannte Vorschrift der Umsetzung der Qualifikationsrichtlinie 2011/95/EU vom 13. Dezember 2011 (ABl. L 337, S. 9) - QRL - dient, ist dieser Begriff jedoch in Übereinstimmung mit dem entsprechenden Begriff in Art. 15b QRL auszulegen. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) legt Art. 15b QRL wiederum in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg zu Art. 3 EMRK aus (z. B. EuGH, U.v. 17.2.2009 - Elgafaji, C - 465/07
Dass den Klägern insoweit keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung droht, ergibt sich bereits daraus, dass ihr Vortrag zu ihren Fluchtgründen in weiten Teilen unglaubhaft ist. Insoweit kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden. Soweit das Gericht den Vortrag insoweit als glaubhaft eingestuft hat, dass die Kläger aufgrund ihrer Religion beschimpft, beleidigt und bespuckt worden seien, so erreicht dies nicht den notwendigen Schweregrad, um eine Verletzung des Art. 3 EMRK annehmen zu können.
Darüber hinaus stellen auch die schlechten humanitären Bedingungen, die in Afghanistan herrschen, keinen Grund dar, um einen subsidiären Schutzstatus nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG zu begründen. Zwar ist dies nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in ganz außergewöhnlichen Fällen grundsätzlich möglich. Allerdings existiert hierfür eine sehr hohe Eingriffsschwelle und setzt voraus, dass im Falle der Rückführung die konkrete Gefahr einer unmenschlichen Behandlung in der Form unzureichender humanitärer Lebensbedingungen gerade Folge einer direkten oder indirekten Aktion von Seiten staatlicher oder nichtstaatlicher Akteure ist. Dieses Erfordernis ergibt sich auch aus § 4 Abs. 3 i. V. m. § 3c AsylG, wonach es auch beim subsidiären Schutz eines Verfolgungsakteurs, von dem die Gefahr eines ernsthaften Schadens ausgeht, bedarf (BVerwG, U.v. 31.1.2013 - 10 C 15/12 - juris). Schlechte allgemeine wirtschaftliche oder humanitäre Lebensbedingungen im Abschiebezielstaat, die nicht auf einen solchen Akteur zurückführbar sind, fallen nicht in den Anwendungsbereich des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG. Die schlechten humanitären Lebensbedingungen in Afghanistan sind gerade nicht auf einen spezifischen Verfolgungsakteur zurückzuführen, sondern allgemeine und nicht individualisierbare Folge der schlechten ökonomischen Bedingungen und der schwierigen Sicherheitslage im Land. An dieser Situation hat sich auch aufgrund der jüngsten Erkenntnismittellage nichts geändert.
2. Ein Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes ergibt sich auch nicht aufgrund einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit der Kläger infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG.
Für die Beurteilung kommt es hierbei regelmäßig auf die Herkunftsregion des Ausländers an (BVerwG, U.v. 14.7.2009 - 10 C 9/08 - BverwGE 134, 188; BayVGH, U.v. 12.1.2012 - 13a B 11.30427 - juris Rn. 15 m. w. N.). Die Kläger stammen vorliegend aus der Stadt und Provinz Ghazni, so dass auf diese Region abzustellen ist. Die obergerichtliche Rechtsprechung geht auf der Grundlage der verfügbaren Erkenntnismittel davon aus, dass afghanische Staatsangehörige bei einer Rückkehr in die Provinz Ghazni nach derzeitiger Sicherheitslage im Allgemeinen keiner erheblichen individuellen Gefahr für Leib und Leben nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG ausgesetzt sind (BayVGH, B.v. 20.8.2015 - 13 ZB 15.30062 - juris Rn. 7 zur Südostregion, der die Provinz Ghazni zuzurechnen ist; BayVGH, B.v. 11.3.2014 - 13a ZB 13.30246 - juris Rn. 5 f.; BayVGH, U.v. 4.6.2013 - 13a B 12.30063 - juris Rn. 15 ff.; OVG Lüneburg, U.v. 7.9.2015 - 9 LB 98/13 - juris Rn. 42 ff.). Das Gericht schließt sich dieser Einschätzung an. Auch aus den aktuellsten Erkenntnismitteln ergibt sich trotz der sich verschlechternden Sicherheitslage keine derart hohe Gefahrendichte, dass praktisch jede Zivilperson schon alleine aufgrund ihrer Anwesenheit in der Provinz Ghazni einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens oder der körperlichen Unversehrtheit ausgesetzt wäre (UNAMA Report v. 14.2.2016; EASO, Country of Origin Information Report, Afghanistan - Security Situation, v. 1.1.2016, S. 89 ff.). Individuelle gefahrerhöhende Umstände sind bei den Klägern nicht erkennbar, insbesondere handelt es sich bei den von den Klägern befürchteten Gefahren und objektiv vorliegenden Indikatoren, wie der Zugehörigkeit zur hinduistischen Religion, dem hohen Alter und den Erkrankungen der Klägerin zu 2), ersichtlich um andere Gefahren als denjenigen, welche Zivilpersonen in einem innerstaatlichen bewaffneten Konflikt drohen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass Hindus oder alte und kranke Menschen der besonderen Gefahr von Anschlägen ausgesetzt oder gar Zielscheibe solcher Anschläge wären.
V.
Schließlich haben die Kläger auch keinen Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 AufenthG. Ein solches kommt nicht in Betracht, da den Klägern keine gegen Art. 3 EMRK oder ein anderes Grundrecht nach der EMRK verstoßende Behandlung droht. Insbesondere stellt die allgemeine Versorgungslage in Afghanistan keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung i. S. d. Art. 3 EMRK dar. Zwar können schlechte humanitäre Bedingungen im Abschiebezielstaat in ganz besonderen Ausnahmefällen in Bezug auf Art. 3 EMRK ein Abschiebungsverbot begründen. Der Umstand, dass im Fall einer Aufenthaltsbeendigung die Lage des Betroffenen einschließlich seiner Lebenserwartung erheblich beeinträchtigt würde, reicht jedoch allein nicht aus, einen Verstoß gegen Art. 3 EMRK zu begründen. In Afghanistan ist die allgemeine Lage jedenfalls nicht so ernst, dass eine Abschiebung ohne Weiteres eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellen würde (EGMR, U.v. 13.10.2011 - NJOZ 2012, 952, Rn. 84; BVerwG, U.v. 31.1.2013 - 10 C 15/12 - juris). In Fällen, in denen wie vorliegend gleichzeitig über die Gewährung subsidiären Schutzes zu entscheiden ist, scheidet darüber hinaus bei Verneinung dieser Voraussetzungen regelmäßig aus denselben tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen auch ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG in Bezug auf Art. 3 EMRK aus (BVerwG, U.v. 31.1.2013 - 10 C 15/12 - juris Rn. 36). Insofern wird auf die Ausführungen zu § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG Bezug genommen. Auch hinsichtlich des individuellen Vortrages der Kläger in Bezug auf religiöse und sonstige Verfolgungsmaßnahmen kann auf obige Ausführungen zu den §§ 3 und 4 AsylG verwiesen werden, wonach der Vortrag nicht glaubhaft bzw. nicht von solcher Schwere ist, dass eine Verletzung des Art. 3 EMRK in Betracht zu ziehen ist.
VI.
Die Entscheidung über die Kosten ergibt sich aus § 155 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Tenor
I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
Tenor
I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:
- 1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, - 2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder - 3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.
(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen, - 2.
eine schwere Straftat begangen hat, - 3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder - 4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.
Tenor
I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 19. September 2007 - A 6 K 4738/07 - wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des - gerichtskostenfreien - Berufungsverfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Tenor
I.
Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts München
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.
III.
Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Gründe
Tenor
I.
Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 24. Oktober 2012 wird die Klage insgesamt abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.
III.
Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Gründe
Tenor
I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
Tenor
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Tatbestand
1.
Der Kläger wurde nach widersprüchlichen Angaben entweder am
2.
In der persönlichen Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) am 11. Oktober 2011 verwies der Kläger auf die vorgelegte Tazkira (Bl. 47/48 und 50 der BA-Akte) und gab im Wesentlichen an, er sei ledig und habe keine Kinder, im Herkunftsland wohne noch seine Mutter, die bei einem seiner Onkel mütterlicherseits im Dorf Q. lebe. Er selbst habe bis zur Ausreise bei seinem Onkel väterlicherseits gewohnt. Sein Vater sei verstorben. Des Weiteren lebten im Herkunftsland noch ein jüngerer Bruder sowie zwei weitere Onkel mütterlicherseits, einer in Q. und einer in Ghazni, darüber hinaus habe er keine weiteren Verwandten in Afghanistan. Er habe vier Jahre lang die Grundschule besucht, dort lesen und schreiben gelernt und anschließend bis zur Ausreise in der Landwirtschaft gearbeitet. Der Onkel, bei dem er seit dem Tod seines Vaters gelebt habe, habe fünf Söhne, die alle sehr viel Einfluss hätten. Einer dieser Cousins sei zu Zeiten der Mudjaheddin Kommandant gewesen. Der Kläger habe für seine Cousins auf seinem eigenen Land schwer arbeiten müssen. Obwohl das Land seinem Vater und seinem Onkel gemeinsam gehört habe, habe er nichts von den Erträgen erhalten. Wenn er seinen Anteil gefordert habe, sei er geschlagen worden. Etwa sieben Monate vor seiner Ausreise habe er sie dann aufgefordert, das Land mit ihm zu teilen. Er sei wie immer geschlagen und diesmal auch bedroht worden. Sein Onkel habe ihm gesagt, dass seine Cousins sehr mächtig seien und dass es sehr gefährlich für ihn werden könnte, weshalb er besser das Land verlassen solle. Eine Anzeige beim Landrat würde nichts bringen, weil die Cousins zu viel Einfluss hätten. Der Kläger habe auch beim Dorfvorsteher verlangt, das Land zu teilen. Es habe auch eine Versammlung gegeben, seine Cousins seien dazu jedoch nicht erschienen. Sein Onkel habe ihn nicht unterstützt. Seine Cousins hätten ihm gedroht, dass sie ihn umbringen würden, wenn er zum Landrat gehe. In den letzten sieben Monaten vor seiner Ausreise habe er weiter für seine Cousins in der Landwirtschaft gearbeitet. Sie hätten ihn weiterhin belästigt, bezüglich der Teilung des Landes aber nichts mehr gesagt. Auch sein elfjähriger Bruder müsse nun für die Cousins arbeiten und werde von ihnen schlecht behandelt. Seine Mutter habe den kleineren Bruder nicht mitgenommen, weil sein Onkel väterlicherseits dies nicht zugelassen habe. Der Onkel habe auch nicht zugelassen, dass der Kläger zu seiner Mutter gehe. In Kabul habe er niemanden, außerdem sei die Sicherheitslage dort schlecht.
3.
Mit Bescheid vom
4.
Gegen diesen ihm am
Der Kläger beantragt zuletzt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom
hilfsweise festzustellen, dass bei dem Kläger Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG vorliegen.
5.
Die Beklagte beantragt demgegenüber,
die Klage abzuweisen.
6.
Mit Beschluss vom 11. März 2016
7.
Verschiedene, in der Liste für Afghanistan, Stand Januar 2016, verzeichnete Erkenntnismittel waren Gegenstand des Verfahrens.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- sowie der vorgelegten Behördenakten, insbesondere auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom
Gründe
Die zulässige Klage, über die trotz des Ausbleibens von Beteiligten in der mündlichen Verhandlung verhandelt und entschieden werden konnte (§ 102 Abs. 2 VwGO), ist nicht begründet.
Gegenstand der Klage sind nach der Neufassung des Klageantrags in der mündlichen Verhandlung das Begehren des Klägers auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, hilfsweise auf Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus, weiter hilfsweise auf Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG. Die Ablehnung der Anerkennung des Klägers als Asylberechtigter nach Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheides ist dem gegenüber nicht mit der Klage angegriffen und damit unanfechtbar geworden.
Dem Kläger stehen die begehrten Statusentscheidungen bzw. Feststellungen nicht zu. Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom
1.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach §§ 3 ff. AsylG.
Rechtsgrundlage der begehrten Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ist vorliegend § 3 Abs. 4 und Abs. 1 AsylG (BT-Drs. 16/5065 S. 213; vgl. auch § 60 Abs. 1 Satz 3 AufenthG). Danach wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, soweit er keinen Ausschlusstatbestand nach § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG erfüllt. Ein Ausländer ist Flüchtling i. S. d. Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Genfer Konvention - GK), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will. Anzuwenden ist vorliegend gemäß § 77 Abs. 1 AsylG das Asylgesetz vom 24. Oktober 2015 (Art. 1, Art. 15 Abs. 1 des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes v. 20.10.2015, BGBl. I, S. 1722 ff.) in der Fassung der Änderungen durch Art. 1 des Gesetzes zur Einführung beschleunigter Asylverfahren vom 12. März 2016 (BGBl. I, S. 390 ff.) sowie Art. 2 des Gesetzes zur erleichterten Ausweisung von straffälligen Ausländern und zum erweiterten Ausschluss der Flüchtlingsanerkennung bei straffälligen Asylbewerbern vom 12. März 2016 (BGBl. I, S. 394 ff.). Die §§ 3 bis 3e AsylG setzen die Vorschriften der Art. 6 bis 10 der Richtlinie 2011/95/EU vom 28. August 2013 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. EU Nr. L 337, S. 9) - Qualifikationsrichtlinie (QRL) - im deutschen Recht um. Nach § 3a Abs. 1 AsylG gelten als Verfolgung i. S. d. § 3 Abs. 1 AsylG Handlungen, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Art. 15 Abs. 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 - EMRK (BGBl. 1952 II, S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist (Nr. 1), oder die in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nr. 1 beschriebenen Weise betroffen ist (Nr. 2). Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AsylG muss die Verfolgung an eines der flüchtlingsrelevanten Merkmale anknüpfen, die in § 3b Abs. 1 AsylG näher beschrieben sind, wobei es nach § 3b Abs. 2 AsylG ausreicht, wenn der betroffenen Person das jeweilige Merkmal von ihren Verfolgern zugeschrieben wird. Nach § 3c AsylG kann eine solche Verfolgung nicht nur vom Staat, sondern auch von nichtstaatlichen Akteuren ausgehen.
Gemessen an diesen Maßstäben hat der Kläger sein Herkunftsland nicht aus Furcht vor Verfolgung in Anknüpfung an eines der in § 3b Abs. 1 AsylG genannten Merkmale verlassen. Ihm droht auch im Falle der Rückkehr keine derartige Verfolgung.
Die vorgetragenen Übergriffe auf den Kläger durch seine Cousins knüpfen nicht an ein flüchtlingsrelevantes Merkmal i. S. d. § 3b Abs. 1 AsylG an. Zum einen knüpft dieses Vorgehen ersichtlich nicht an die Zugehörigkeit des Klägers zur Volksgruppe der Hazara an. Ihm droht im Falle der Rückkehr nach Afghanistan auch keine Verfolgung in Anknüpfung an seine Volkszugehörigkeit durch andere Akteure i. S. d. § 3c AsylG. Ungeachtet der unbestritten bestehenden gesellschaftlichen Ausgrenzung und Benachteiligung besteht derzeit keine Gruppenverfolgung von Hazara in Afghanistan, weil die genannten Benachteiligungen und vereinzelten gewaltsamen Übergriffe nicht die dafür erforderliche Verfolgungsintensität und Verfolgungsdichte i. S. d. § 3a Abs. 1 AsylG aufweisen (Lagebericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschieberelevante Lage in der islamischen Republik Afghanistan vom 6. November 2015 - Stand: November 2015 - Seite 11; ebenso st.Rspr., z. B. BayVGH, U. v. 3.7.2012 - 13a B 11.30064 - juris Rn. 27;
Zum anderen vermag das Gericht dem Vortrag des Klägerbevollmächtigten auch nicht darin zu folgen, dass der Kläger als eine von einer Grundstücksstreitigkeit betroffene Person wegen seiner Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe i. S. d. § 3b Abs. 1 Nr. 4 AsylG verfolgt werde. Gemäß § 3b Abs. 1 Nr. 4 AsylG gilt eine Gruppe insbesondere als eine bestimmte soziale Gruppe, wenn die Mitglieder dieser Gruppe angeborene Merkmale oder einen gemeinsamen Hintergrund, der nicht verändert werden kann, gemein haben oder Merkmale oder eine Glaubensüberzeugung teilen, die so bedeutsam für die Identität oder das Gewissen sind, dass der Betreffende nicht gezwungen werden sollte, auf sie zu verzichten, und die Gruppe in dem betreffenden Land eine deutlich abgegrenzte Identität hat, da sie von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird. Unter Zugrundelegung dieser Definition ist nicht ersichtlich, anhand welcher Merkmale Personen, die von Grundstücksstreitigkeiten betroffen sind, als Mitglieder einer abgegrenzten sozialen Gruppe bestimmt werden könnten. Es ist schon nicht ersichtlich, dass es überhaupt möglich wäre, abstrakte Merkmale einer solchen Gruppe zu bestimmen, durch welche deren Mitglieder von der afghanischen Gesellschaft als andersartig betrachtet werden könnten. Die Umstände, weshalb eine Person von Landstreitigkeiten in Afghanistan betroffen sein kann, können vielfältig sein. Im Falle des Klägers geht es letztendlich um eine private Erbschaftsstreitigkeit. Die Cousins des Klägers weigern sich, die Grundstücke, die diesem sein verstorbener Vater hinterlassen hat, herauszugeben, obwohl sein Vater und dessen Bruder, d. h. der Onkel des Klägers, die Grundstücke ihrerseits zu gleichen Teilen geerbt hatten. Der vorliegende Fall ist deshalb nicht vergleichbar mit anderen dem Gericht bekannten Fällen, in denen die Zugehörigen verschiedener ethnischer Gruppen in einem bestimmten Gebiet um landwirtschaftliche Grundstücke streiten, wie dies beispielsweise in von sesshaften Hazara und paschtunischen Nomaden bewohnten Gebieten vorkommt. Weitere anders geartete Fallkonstellationen sind ebenfalls denkbar. Bereits diese Beispiele zeigen, dass es nicht möglich ist, die von einer Grundstücksstreitigkeit betroffenen Personen in Afghanistan als soziale Gruppe i. S. d. § 3b Abs. 1 Nr. 4 AsylG anzusehen. Vielmehr nennt auch der UNHCR in seinen Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender als besonders schutzbedürftig Personen, die von Grundstücksstreitigkeiten mit ethnischem Hintergrund betroffen sind (UNHCR, Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 24. März 2011, zusammenfassende Übersetzung, Seite 10), so dass in solchen Fällen zumindest nach der Meinung des UNHCR eine Verfolgung in Anknüpfung an das Merkmal der ethnischen Zugehörigkeit nach § 3b Abs. 1 Nr. 1 AsylG in Betracht kommen könnte. Einen derartigen ethnischen Hintergrund hat die vorliegende Grundstücksstreitigkeit jedoch, wie festgestellt, nicht.
2.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus gemäß § 4 Abs. 1 AsylG.
§ 4 Abs. 1 AsylG setzt die Bestimmungen der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 (ABl. L 304 v. 30.9.2004, S. 2 - 2, ABl. L 304 v. 30.9.2004, S. 12 - 23) - Qualifikationsrichtlinie (QRL) -, insbesondere deren Art. 15 ff. im deutschen Recht um. Diese bilden nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes - zu den Vorläuferregelungen des § 60 Abs. 2, 3 und 7 Satz 2 AufenthG - einen einheitlichen, in sich nicht weiter teilbaren Streitgegenstand (BVerwG, U. v. 8.9.2011 - 10 C 14/10 - DVBl. 2011, 1565 f.; BayVGH, U. v. 20.1.2012 - 13a B 11.30427 - juris). Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG gilt als ernsthafter Schaden die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (Nr. 1), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (Nr. 2) oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (Nr. 3).
2.1
Dem Kläger droht nach der Überzeugung des Gerichts kein ernsthafter Schaden durch unmenschliche oder erniedrigende Behandlung i. S. v. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG.
Der Begriff der unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i. S. d. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG ist im Gesetz nicht näher definiert. Da die zuletzt genannte Vorschrift der Umsetzung der QRL dient, ist dieser Begriff jedoch in Übereinstimmung mit dem entsprechenden Begriff in Art. 15b QRL auszulegen. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) legt Art. 15b QRL wiederum in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) zu Art. 3 EMRK aus (z. B. EuGH, U. v. 17.2.2009 - Elgafaji, C-465/07
Der Kläger hat zwar glaubhaft vorgetragen, seine Cousins hätten ihn aufgrund seiner Erbschaftsforderungen geschlagen und ihm auch gedroht, ihn umzubringen. Er hat des Weiteren glaubhaft vorgetragen, dass er seine Cousins für fähig halte, ihn tatsächlich auch aus diesem Grunde zu töten. Dennoch ist nicht erkennbar, dass derartige Gewaltakte der Cousins des Klägers die Voraussetzungen der unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung erfüllen würden. Der Vortrag des Klägers hierzu ist auch in der mündlichen Verhandlung zu unbestimmt und vage geblieben.
2.2
Dem Kläger droht auch keine individuelle und konkrete Gefahr eines ernsthaften Schadens i. S. v. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG aufgrund der Sicherheitslage in seiner Herkunftsregion. Die Provinz Samangan gehört - unabhängig von der Frage, ob dort ein bewaffneter innerstaatlicher Konflikt vorliegt - zur Nordregion Afghanistans, die trotz der Verschärfung der Sicherheitslage im gesamten Staatsgebiet Afghanistans noch kein signifikant erhöhtes Anschlagsrisiko aufweist (vgl. BayVGH, B. v. 19.2.2015 - 13a ZB 14.30450 - juris;
3.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG.
3.1
Ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG kommt nicht in Betracht, da dem Kläger keine gegen Art. 3 EMRK oder ein anderes Grundrecht nach der EMRK verstoßende Behandlung droht. Hinsichtlich der vom Kläger individuell vorgetragenen Gefahr der Verletzung oder Tötung durch seine Cousins kann auf die Ausführungen zu § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG (siehe oben Punkt 2.1) verwiesen werden. Die allgemeine Versorgungslage in Afghanistan stellt demgegenüber keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung i. S. d. Art. 3 EMRK dar. Zwar können schlechte humanitäre Bedingungen im Abschiebezielstaat in besonderen Ausnahmefällen in Bezug auf Art. 3 EMRK ein Abschiebungsverbot begründen. In Afghanistan ist die Lage für alleinstehende männliche arbeitsfähige afghanische Staatsangehörige jedoch nicht so ernst, dass eine Abschiebung ohne weiteres eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde (BVerwG, U. v. 31.1.2013 - 10 C 15.12 - NVwZ 2013, 1167; BayVGH, U. v. 12.2.2015 - 13a B 14.30309 - juris Rn. 12). Besondere Umstände, die vorliegend eine andere Beurteilung gebieten würden, hat der Kläger nicht vorgetragen. Derartige Umstände sind auch nicht anderweitig erkennbar.
3.2
Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG liegt ebenfalls nicht vor. Nach dieser Vorschrift soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Gemäß § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG sind die Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen. Nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG kann die oberste Landesbehörde anordnen, dass die Abschiebung für längstens sechs Monate ausgesetzt wird.
3.2.1
Dem Kläger droht nach der Überzeugung des Gerichts keine individuelle erhebliche und konkrete Gefahr i. S. v. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG, auch nicht im Hinblick auf die vorgetragene Grundstücksstreitigkeit. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung seinen bisherigen Vortrag bestätigt, wonach seine Cousins ihn in Ruhe gelassen hätten, solange er nicht seine Erbschaftsansprüche geltend gemacht und für sie gearbeitet habe. Nur wenn er versucht habe, seine Ansprüche geltend zu machen, hätten sie ihn geschlagen und ihn bedroht. Daraus ergibt sich, dass der Kläger gewaltsame Übergriffe seiner Cousins vermeiden kann, indem er auf die Durchsetzung seiner Ansprüche verzichtet, soweit ihm hierzu keine staatliche Unterstützung zur Verfügung steht. Zwar hat der Kläger vorgetragen, dass eine Versammlung der Dorfältesten stattgefunden habe, in der seine Ansprüche auch bestätigt worden seien. Seine Cousins seien der Versammlung jedoch ferngeblieben und seien auch danach nicht bereit gewesen, seine Ansprüche anzuerkennen. Soweit es dem Kläger somit nicht möglich ist, ggf. mit Hilfe der öffentlichen Gewalt seine Rechtsansprüche durchzusetzen, liegt darin möglicherweise eine Schwäche des Rechtsschutzsystems in Afghanistan, über die jedoch der internationale Schutz im Wege der Flüchtlings- oder subsidiären Schutzzuerkennung nicht hinwegzuhelfen vermag. Das System des internationalen Schutzes ist erkennbar nicht darauf ausgerichtet, zivilrechtliche Ansprüche im Herkunftsstaat eines Ausländers durchzusetzen bzw. diesem Schutz zu gewähren, weil ihm im Falle des Versuches, derartige Ansprüche durchzusetzen, Gefahren drohen. Auch ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 AufenthG kann auf einen derartigen Sachverhalt nicht gestützt werden. Vielmehr ist es dem Kläger zumutbar, gegebenenfalls zum Schutze seiner körperlichen Unversehrtheit bzw. seines Lebens auf die Durchsetzung derartiger Ansprüche gegenüber seinen Cousins zu verzichten.
3.2.2
Dem Kläger droht auch aufgrund der unzureichenden Versorgungslage in Afghanistan keine extreme Gefahr infolge einer Verdichtung der allgemeinen Gefahrenlage, die zu einem Abschiebungsverbot im Sinne der verfassungskonformen Auslegung des § 60 Abs. 7 AufenthG führen könnte. Wann allgemeine Gefahren von Verfassungs wegen zu einem Abschiebungsverbot führen, hängt wesentlich von den Umständen des Einzelfalles ab und entzieht sich einer rein quantitativen oder statistischen Betrachtung. Die drohenden Gefahren müssen jedoch nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht sein, dass sich daraus bei objektiver Betrachtung für den betroffenen Ausländer die begründete Furcht ableiten lässt, selbst in erheblicher Weise ein Opfer der extremen allgemeinen Gefahrenlage zu werden. Bezüglich der Wahrscheinlichkeit des Eintritts der drohenden Gefahren ist von einem im Vergleich zum Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit erhöhten Maßstab auszugehen. Die Gefahren müssen dem Ausländer daher mit hoher Wahrscheinlichkeit drohen. Dieser Wahrscheinlichkeitsgrad markiert die Grenze, ab der seine Abschiebung in den Heimatstaat verfassungsrechtlich unzumutbar erscheint. Das Erfordernis des unmittelbaren - zeitlichen - Zusammenhangs zwischen Abschiebung und drohender Rechtsgutverletzung setzt zudem für die Annahme einer extremen Gefahrensituation wegen der allgemeinen Versorgungslage voraus, dass der Ausländer mit hoher Wahrscheinlichkeit alsbald nach seiner Rückkehr in sein Heimatland in eine lebensgefährliche Situation gerät, aus der er sich weder allein noch mit erreichbarer Hilfe anderer befreien kann (BayVGH, U. v. 12.2.2015 - 13a B 14.30309 - juris Rn. 16; Bergmann in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 11. A. 2016, § 60 AufenthG Rn. 54). Das bedeutet nicht, dass im Falle der Abschiebung der Tod oder schwerste Verletzungen sofort, gewissermaßen noch am Tag der Abschiebung, eintreten müssten. Vielmehr besteht eine extreme Gefahrenlage auch dann, wenn der Ausländer mangels jeglicher Lebensgrundlage dem baldigen sicheren Hungertod ausgeliefert würde (vgl. BVerwG, U. v. 29.6.2010 - 10 C 10.09 - BVerwGE 137, 226).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs sowie weiterer Oberverwaltungsgerichte ergibt sich aus den Erkenntnismitteln zu Afghanistan derzeit nicht, dass ein alleinstehender arbeitsfähiger männlicher Rückkehrer mit hoher Wahrscheinlichkeit alsbald nach einer Rückkehr in eine derartige extreme Gefahrenlage geraten würde, die eine Abschiebung in den Heimatstaat verfassungsrechtlich als unzumutbar erscheinen ließe. Zwar ist die Versorgungslage in Afghanistan schlecht, jedoch ist im Wege einer Gesamtgefahrenschau nicht anzunehmen, dass bei einer Rückführung nach Afghanistan alsbald der sichere Tod drohen würde oder alsbald schwere Gesundheitsbeeinträchtigungen zu erwarten wären. Der Betroffene wäre selbst ohne nennenswertes Vermögen und ohne familiären Rückhalt in der Lage, durch Gelegenheitsarbeiten wenigstens ein kleines Einkommen zu erzielen und sich damit zumindest ein Leben am Rand des Existenzminimums zu finanzieren (st.Rspr., z. B. BayVGH, U. v. 12.2.2015 - 13a B 14.30309 - juris Rn. 17 m. w. N..;
Aus den aktuellen Erkenntnismitteln ergibt sich nichts anderes. Zwar stelle Afghanistan nach dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: November 2015 (a. a. O. S. 23 f.) eines der ärmsten Länder der Welt dar und belege trotz Unterstützung der internationalen Gemeinschaft, erheblicher Anstrengungen der Regierung und kontinuierlicher Fortschritte im Jahr 2015 weiterhin einen sehr niedrigen Rang im Human Development Index. Die afghanische Wirtschaft ringe in der Übergangsphase nach Beendigung des NATO-Kampfeinsatzes zum Jahresende 2014 nicht nur mit der schwierigen Sicherheitslage, sondern auch mit sinkenden internationalen Investitionen und der stark schrumpfenden Nachfrage durch den Rückgang internationaler Truppen. So seien ausländische Investitionen in der ersten Jahreshälfte 2015 bereits um 30% zurückgegangen, zumal sich die Rahmenbedingungen für Investoren in den vergangenen Jahren kaum verbessert hätten. Rund 36% der Bevölkerung lebe unterhalb der Armutsgrenze. Dabei bestehe ein eklatantes Gefälle zwischen urbanen Zentren wie z. B. Kabul und ländlichen Gebieten Afghanistans. Das rapide Bevölkerungswachstum stelle eine weitere Herausforderung für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung des Landes dar. Zwischen den Jahren 2012 und 2015 werde das Bevölkerungswachstum auf rund 2,4% pro Jahr geschätzt, was in etwa einer Verdoppelung der Bevölkerung innerhalb einer Generation gleichkomme. Die Schaffung von Arbeitsplätzen bleibe eine zentrale Herausforderung. Nach Angaben des afghanischen Statistikamtes sei die Arbeitslosenquote im Oktober 2015 auf 40% gestiegen. Aufgrund kultureller Bedingungen seien die Aufnahme und die Chancen außerhalb des eigenen Familien- bzw. Stammesverbandes vor allem in größeren Städten realistisch.
Die Schweizerische Flüchtlingshilfe (Afghanistan: Update - Die aktuelle Sicherheitslage vom
Dr. M. D. führt in seinem Gutachten an den Hessischen Verwaltungsgerichtshof vom
Zusammenfassend lassen sich damit auch aus den aktuellsten Dokumenten, ebenso wie aus den vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in o.g. Entscheidungen ausgewerteten Berichten (BayVGH a. a. O. Rn. 17 ff.), keine für die Beurteilung der hier relevanten Gefahrenlage bedeutsamen Änderungen entnehmen. Aufgrund der in den Auskünften geschilderten Rahmenbedingungen sind insbesondere Rückkehrer aus dem Westen in einer vergleichsweise guten Position. Allein schon durch ihre Sprachkenntnisse sind ihre Chancen, einen Arbeitsplatz zu erhalten, gegenüber den Flüchtlingen, die in Nachbarländer geflüchtet sind, wesentlich höher. Hinzu kommt, dass eine extreme Gefahrenlage zwar auch dann besteht, wenn der Ausländer mangels jeglicher Lebensgrundlage dem baldigen sicheren Hungertod ausgeliefert würde (vgl. BVerwG, U. v. 29.6.2010 - 10 C 10.09 - BVerwGE 137, 226), jedoch Mangelernährung, unzureichende Wohnverhältnisse und eine schwierige Arbeitssuche nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit „alsbald“ zu einer extremen Gefahr führen. Diese muss zwar, wie oben ausgeführt, nicht sofort, also noch am Tag der Ankunft eintreten. Erforderlich ist allerdings eine hinreichende zeitliche Nähe zwischen Rückkehr und unausweichlichem lebensbedrohenden Zustand. Die Gefahr muss sich alsbald nach der Rückkehr realisieren. Dies ist aus den genannten Erkenntnismitteln nicht ersichtlich. Aus den von Klägerseite vorgelegten Berichten ergibt sich nichts anderes.
Es ist auch nicht anzunehmen, dass der Kläger als Zugehöriger der ethnischen Minderheit der Hazara keine Chance hätte, sich etwa als Tagelöhner zu verdingen. Die vorliegenden Gutachten und Berichte enthalten keine entsprechenden Hinweise. Der Umstand, dass der Kläger längere Zeit in Europa verbracht hat, steht der Annahme, er könne sich in Kabul auf sich allein gestellt notfalls „durchschlagen“, ebenfalls nicht entgegen. Eine Rückkehr nach Afghanistan scheitert nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs grundsätzlich nicht an einem langjährigen Aufenthalt in Europa oder in Drittländern, z. B. in Pakistan oder dem Iran. Maßgeblich ist vielmehr, dass der Betroffene - wie hier der Kläger - den größten Teil seines Lebens in einer islamisch geprägten Umgebung verbracht hat und eine der beiden Landessprachen spricht. Ein spezielles „Vertraut-Sein mit den afghanischen Verhältnissen“ mag die Sicherung des Lebensunterhaltes vereinfachen. Anhaltspunkte, dass dies erforderlich sein könnte, sind jedoch nicht ersichtlich (BayVGH, U. v. 12.2.2015 - 13a B 14.30309 - juris Rn. 24 m. w. N.). Damit fehlt es an der für eine verfassungskonforme Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit, dass der Kläger alsbald existenzbedrohenden Mangellagen in Afghanistan ausgesetzt wäre. Der Kläger ist in Afghanistan aufgewachsen und spricht die Landessprache Dari. Er hat vier Jahre lang die Grundschule besucht und Lesen und Schreiben gelernt. Bis zu seiner Ausreise hat er in der Landwirtschaft gearbeitet. Auch wenn der Kläger nicht über eine Berufsausbildung verfügt, verfügt er somit über Landeskenntnisse und über einen Bildungsstand, mit dem er gegenüber den vielen Analphabeten in Afghanistan im Vorteil ist. Aufgrund seiner Tätigkeit in der Landwirtschaft dürfte er gute Chancen haben, wiederum in der Landwirtschaft, auf Baustellen oder als Tagelöhner in anderen Wirtschaftszweigen Arbeit zu finden. Aufgrund seiner in Europa erworbenen Erfahrungen und Sprachkenntnisse hätte er wohl auch gute Chancen, höherwertige Tätigkeiten zu finden. Mit diesen Erfahrungen und Kenntnissen ist davon auszugehen, dass der Kläger selbst ohne nennenswertes Vermögen und ohne familiären Rückhalt im Falle einer zwangsweisen Rückkehr nach Afghanistan in der Lage wäre, durch Gelegenheitsarbeiten, etwa in Kabul, wenigstens ein kleines Einkommen zu erzielen und sich damit zumindest ein Leben am Rand des Existenzminimums zu finanzieren. Das entspricht auch der Auffassung des UNHCR, wonach bei alleinstehenden leistungsfähigen Männern eine Ausnahme vom Erfordernis der externen Unterstützung in Betracht komme (UNHCR-Richtlinien vom 6.8.2013, Seite 9). Im Übrigen verfügt der Kläger noch über familiäre Verbindungen in Afghanistan, denn zum einen leben sein Onkel väterlicherseits sowie seine Cousins noch im Heimatdorf, zum anderen lebt - wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat - ein Onkel mütterlicherseits in der Provinz Ghazni. Es ist nicht ersichtlich, dass die genannten Verwandten den Kläger - zumindest im Falle einer Notlage - nicht (erneut) aufnehmen würden.
4.
Schließlich bestehen auch gegen die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung einschließlich der Zielstaatsbestimmung im Hinblick auf § 34 Abs. 1 AsylG i. V. m. § 59 AufenthG keine Bedenken.
5.
Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei (§ 83b AsylG).
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der am ... 1993 in ..., Afghanistan geborene Kläger ist afghanischer Staatsangehöriger. Er reiste nach eigenen Angaben am ... 2012 auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte am ... 2012 seine Anerkennung als Asylberechtigter.
Bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am ... 2014 gab der Kläger insbesondere an, er sei jetzt (nicht mehr Religionszugehöriger des Islam), sondern evangelischer Christ. Getauft sei er noch nicht. Seit ca. drei Monaten besuche er den Bibel-Treff, seit ca. einem Jahr habe er Kontakt mit ihnen und habe den Bibel-Treff ab und zu besucht. Seit drei Monaten gehe er regelmäßig hin. Vorgelegt wurde eine Bestätigung vom ... 2014 der evangelisch-lutherischen ... in ..., wonach der Kläger einmal wöchentlich am Bibel-Treff im Gemeindehaus in der Zeit von 17:00 Uhr bis ca. 19:00 Uhr teilnimmt (Beiakte I S. 43). Er sei Analphabet und könne sein afghanisches Geburtsdatum nicht nennen. Erst in Europa habe er die Jahre und Monate gelernt.
In Griechenland sei er von ... 2008 bis zum ... 2012 gewesen. Es treffe zu, dass er am ... 2010 in Italien einen Asylantrag gestellt habe. Dort seien sie erwischt und wieder nach Griechenland zurückgebracht worden. In Griechenland habe er sich auf verschiedenen Inseln aufgehalten und Saisonarbeit verrichtet.
Er gehöre zum Volk der Hazara. Er habe sich bis zur Ausreise in der Provinz Ghazni, Bezirk Quarabagh, Dorf ... aufgehalten. Eine Woche vor seiner Ausreise sei er in der Stadt Ghazni gewesen. Er habe im Dorf ... mit den Eltern, einer Schwester und einem Burder gelebt. 2008 habe er gemeinsam mit der Familie Afghanistan verlassen und sei in den Iran gegangen. Die Familie lebe jetzt in ... Vor ca. vier Monaten habe er einmal Kontakt zu den Eltern gehabt, sie hätten kein Telefon und riefen ab und zu aus einer Telefonzelle an. Ihre wirtschaftliche Situation sei nicht sehr gut. Er habe in Afghanistan einen Onkel mütterlicherseits, zu dem er seit 2008 keinen Kontakt habe. Er habe als Automechaniker gearbeitet.
Er sei von Afghanistan in den Iran gereist und dann über die Türkei weiter mit dem Schlauchboot nach Griechenland. Dann sei er mit einem falschen Pass nach Italien gebracht worden und von dort aus von einem anderen Schleuser mit einem Pkw nach Deutschland. Von Afghanistan in den Iran hätten sie pro Person 145.000,00 Tuman bezahlt. Die Reise bis in die Türkei habe 800,00 Dollar gekostet, weiter bis nach Griechenland weitere 400 Dollar. Das erste Mal habe er dem Schleuser 2.800,00 EUR gegeben, als er von Italien zurückgeschickt worden sei. Die Reise nach Deutschland habe weitere 4.200,00 EUR gekostet. Bis nach Griechenland habe der Vater die Reise finanziert. In Griechenland habe er als Tagelöhner gearbeitet, um die Reise zu finanzieren. In Afghanistan hätten sie noch viel mehr Geld durch Grundstücke, Häuser und Bäume gehabt. Sie hätten aber nur ein Teil des Geldes mitnehmen können. Die politische Situation in Afghanistan sei ja bekannt. Er habe in der Provinz Ghazni gelebt und die Nachbarn seien auch Paschtunen. Als die Taliban an die Macht gekommen seien, hätten die Taliban und die Paschtunen ihre Grundstücke, Bäume und Häuser in Besitz genommen, sie hätten dort nicht mehr leben können. Bis 2003 hätten sie in der Stadt Ghazni gelebt. Ein Machthaber habe dann dafür gesorgt, dass sie zu ihren Häusern zurückkehren könnten. Dieser sei 2008 ums Leben gekommen und die Taliban seien zurückgekehrt und sie seien wieder vertrieben worden. Sie hätten in der Stadt Ghazni bleiben und wie zuvor Leben wollen. Die Taliban hätten dies verhindern und sie deshalb töten wollen. Im Dorf hätten neun Familien gewohnt und die seien alle betroffen. In der Stadt hätten sie sie nicht erwischt. Drei Familien seien in die Stadt Ghazni gegangen. Zwei Familienmitglieder anderer Familien seien umgebracht worden. Von seiner Familie habe es niemanden erwischt. Bei einer Rückkehr nach Afghanistan müsse er auf sein Leben verzichten. Wenn sie ihn erwischten, würden sie ihn töten.
Befragt danach, wie es dazu gekommen sei, dass er den Glaubenswechsel wolle, gab der Kläger an, er habe in Afghanistan gesehen, was die Taliban machten. Er habe von Religion wenig Ahnung. Er habe sich nicht damit zufrieden geben wollen, dass das seine Religion sei. Er habe von einer Kirche wie Orgel gehört und das habe ihm sehr gefallen und das habe ihn beruhigt. Als er dann in die Kirche gegangen und gesehen habe, dass die Leute dort friedlich säßen und beteten, habe ihn das sehr beeindruckt. Das sei ein Unterschied zu seiner bisherigen Religion. Er fühle sich in der Kirche leichter. Es tue ihm gut, wenn er etwas über diese Religion erfahre. In Griechenland habe er noch nicht über einen Glaubenswechsel nachgedacht. Wenn die Familie von seinem Glaubenswechsel erfahre, würden sie ihn entweder hassen oder sie ließen sich überzeugen. Beim Bibel-Treff säßen sie dort und die Leute redeten über Gott. Einiges verstehe er, einiges aber auch nicht. Er sei mit den Gedanken dabei. Er selbst beschäftige sich nur wenig mit dem Glauben. Er sei früher nicht so gläubig gewesen, obwohl er in einer islamischen Familie aufgewachsen sei. In Deutschland habe er einen Kurden getroffen, der ihm vom Christentum erzählt habe. Er sei selbst zum Christ geworden. Es habe keinen genauen Zeitpunkt gegeben, an dem er festgestellt habe, dass er den Glauben wechseln wolle. Der Glaube habe ihn angezogen, die christliche Gemeinschaft gefalle ihm. Einige Leute hätten ihn die Bibel auf Dari und Farsi gegeben. Er könne aber nicht lesen, er sei mit dem Herzen dabei und nehme regelmäßig am Bibel-Treff teil. An weiteren Aktivitäten der christlichen Gemeinschaft nehme er nicht teil. Gottesdienste besuche er jede Woche am Freitagnachmittag und am Sonntag alle zwei Woche in einer anderen Kirche in ... Er wisse nicht wie die heiße. Er spreche ein bisschen Deutsch. Er verstehe nicht viel, aber er sei mit dem Herzen beim Bibel-Treff dabei. Der christliche Glaube spiele in seinem privaten Leben die Rolle, dass es ihm gut gehe, wenn er zur Kirche gehe. Er sei dabei, einiges aus der Bibel zu lernen. Er habe große Schwierigkeiten beim Lesen. Viele Informationen über die Bibel habe er nicht. Ihm sei gesagt worden, er könne sich einen Film über Jesus ansehen. Dadurch habe er ein wenig gelernt, wo Jesus geboren und gestorben sei. Jesus sei in Israel geboren worden und er sei knapp über 30 gewesen, als er als Sohn Gottes bezeichnet worden sei. Christliche Feste könne er nicht nennen. Er könne nicht lesen. Er wolle mehr über den Glauben erfahren und sich danach taufen lassen. Um einen anderen zu überzeugen, müsse er erst noch viel mehr über den Glauben erfahren.
Mit Bescheid vom
Es sei schon nicht nachvollziehbar, wie der angebliche Glaubenswandel zustande gekommen sei. Der vom Kläger geschilderte Anlass für den Glaubenswechsel erscheine als eher nebensächlich und lasse in keiner Weise erkennen, dass dieser Schritt für ihn als existentiell anzusehen sei. Seine Angaben blieben unbestimmt, oberflächlich und beschränken sich darauf, dass die Orgel in der Kirche ihn beruhigt habe, die christliche Gemeinschaft habe ihn beeindruckt. Zudem lassen die Teilnahmen am Bibel-Treff im Gemeindehaus nicht erkennen, dass sich der Kläger tatsächlich intensiv mit dem christlichen Glauben beschäftigte und diesen für sein weiteres Leben verinnerlicht habe. Die Kirche, die er besuche, habe er nicht einmal namentlich benennen können.
Auf Nachfrage seines Prozessbevollmächtigten wurde diesem der Bescheid vom
Mit Schriftsatz vom 02.03.2015, bei Gericht eingegangen am 05.03.2015, wandte sich der Kläger vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten an das Bayerische Verwaltungsgericht Bayreuth mit folgenden Anträgen:
1. Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom
2. Dem Kläger wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt.
3. Der Antrag auf Asylanerkennung wird stattgegeben.
4. Der subsidiäre Schutzstatus wird zuerkannt.
Vorsorglich wurde wegen Versäumnis der Klagefrist Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand beantragt. Der Bescheid vom
Mit Schriftsatz vom
Mit Schriftsatz vom
die Klage abzuweisen.
Mit weiterem Schriftsatz vom
Mit gerichtlichen Schreiben vom
Mit Beschluss der Kammer vom
Für den Ablauf der mündlichen Verhandlung, in der der Kläger zwei Gemeindebestätigungen (eine undatiert, die andere vom ...) vorlegte, wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
Ergänzend wird auf die vorgelegte Behördenakte und die Gerichtsakte verwiesen.
Gründe
Die zulässige Klage hat keinen Erfolg.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter gemäß Art. 16a Abs. 1 GG, auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylVfG sowie subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 AsylVfG. Es liegen auch keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG in seiner Person vor. Der angefochtene Bescheid ist somit rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO).
1.
Die Voraussetzungen für seine Anerkennung als Asylberechtigter sind nicht gegeben, Art. 16a Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 GG. Der Kläger selbst hat angegeben, auf dem Landweg - und damit über einen sicheren Drittstaat - in die Bundesrepublik Deutschland eingereist zu sein, was seine Asylberechtigung ausschließt (Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG).
2.
Nach § 3 Abs. 4 i. V. m. Abs. 1 AsylVfG besteht ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft dann, wenn sich der Ausländer aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt oder dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will und er keine Ausschlusstatbestände erfüllt. Eine solche Verfolgung kann nicht nur vom Staat ausgehen (§ 3c Nr. 1 AsylVfG), sondern auch von Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen (§ 3c Nr. 2 AsylVfG) oder nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d AsylVfG Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht (§ 3c Nr. 3 AsylVfG). Allerdings wird dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d hat und sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt (§ 3e Abs. 1 AsylVfG).
Gemessen an diesen Grundsätzen hat der Kläger keinen Anspruch auf Gewährung des Flüchtlingsschutzes. Das Gericht verweist zunächst auf die zutreffende Begründung des angefochtenen Bescheids und sieht zur Vermeidung von Wiederholungen von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 77 Abs. 2 AsylVfG).
a)
In der mündlichen Verhandlung bezog sich der Kläger als Fluchtgrund insbesondere auf die Bedrohung durch nomadisierende Paschtunen (Kuchi/Kutschi), die den Hazara in seiner Heimat das Land und das Wasser streitig machen. Er gab dabei zwei Vertreibungsvorfälle betreffend die Bewohner seines Heimatortes (2003 und insbesondere 2008) an, und ergänzte, durch die Paschtunen nicht direkt und persönlich bedroht worden zu sein (Niederschrift S. 4).
Flüchtlingsrelevante Verfolgungshandlungen im Sinne des § 3a AsylVfG lassen sich darin indessen nicht erkennen. Dabei kommt es auf die Glaubhaftigkeit der Schilderungen des Klägers, sie hätten ihr Heimatdorf in der Provinz Ghazni verlassen, weil nomadische Paschtunen (Kuchi) dieses nach 2003 dann 2008 zum zweiten Mal überfallen hätten, schon nicht an. Zweifel daran, dass er den Übergriff 2008 persönlich erlebt hat, ergeben sich schon aus dem Widerspruch der Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung, wonach die Dorfbevölkerung bei dem Überfall der Paschtunen zunächst „auf den Feldern“ (Niederschrift S. 3), dann aber in Dunkelheit am Abend „auf einem Berg“ (Niederschrift S. 5) gewesen sein soll. Selbst Wahrunterstellung dieses Vortrags liegen jedoch die Voraussetzungen einer konkreten, an der Zugehörigkeit zur Gruppe der Hazara anknüpfenden Verfolgung durch die Paschtunen/Kuchi nicht vor; vielmehr handelte es sich dabei um nicht flüchtlingsrelevantes kriminelles Unrecht. Die in Art. 3a Abs. 3 geforderte Verknüpfung zwischen der als Verfolgung anzusehenden Handlung und den in § 3 Abs. 1 Nr. 1, § 3b AsylVfG genannten Verfolgungsgründen ist gerade nicht auszumachen.
Nach den vorliegenden Informationen ist dem Gericht zwar bekannt, dass Nomaden mit paschtunischer Volkszugehörigkeit alljährlich in den Sommermonaten in die Weidegebiete der sesshaften Hazara, insbesondere in der Provinz Wardak, einwandern. In den Jahren 2008 und 2010 kam es dabei zu bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen den Konfliktparteien (vgl. Lageberichte des Auswärtigen Amtes vom 9.2.2011 u. 10.1.2012). Von den Konflikten zwischen Kuchi und Hazara berichtet auch das Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation (ACCORD) in seiner Anfragebeantwortung vom 05.02.2013: „Afghanistan: Provinz Wardak bzw. Beshud: Informationen zu Auseinandersetzungen zwischen Kuchi und Hazara; Maßnahmen staatlicher Behörden“. Die Geschichte des Klägers über die Auseinandersetzungen der Bewohner des Dorfes mit den Kuchi stimmt somit mit der Auskunftslage überein, beinhaltet aber keine konkrete individuelle Bedrohung seiner Person durch diese Nomaden. Die beschriebenen Konflikte zwischen den Volksgruppen finde ihre Ursache auch nicht in der jeweiligen Gruppenzugehörigkeit. Es geht bei den saisonal auftretenden Auseinandersetzungen zwischen den zwei ethnischen Gruppen um Eigentums- und Besitzansprüche an lokalen Ressourcen, die bis in das Jahr 1887 zurückreichen. Der jährlich, meist in den Sommermonaten, erneut aufkommende Streit um Land knüpft nur mittelbar an die Volkszugehörigkeit der betroffenen Parteien an. Die Kuchi, die in besonderem Maße unter den ungeklärten Boden- und Wasserrechten leiden (s. Lagebericht des Auswärtigen Amtes v. 2.3.2015, S. 10), versuchen durch Überfälle, Vertreibung und Brandstiftungen Weideland für sich zu gewinnen und zwar unabhängig davon, wem dieses Weideland gehört. Die Angriffe sind somit nicht ethnisch motiviert, sondern erfolgen aus rein wirtschaftlichen Gründen. Die Hazara, deren Lage sich grundsätzlich gebessert hat (Lagebericht des Auswärtigen Amtes v. 2.3.2015, S. 10), sind nicht an sich im Sinne einer Volksgruppe Ziel der Angriffe, sondern die sesshaften Weidelandbesitzer der jeweiligen Region (s. insbesondere VG Köln, U. v. 3.2.2015 - 14 K 1202/14.A).
Unabhängig von der danach nicht vorliegenden, anlassgeprägten Einzelverfolgung durch die Kuchi, droht dem Kläger auch wegen seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara nicht die Gefahr einer landesweiten Verfolgung. Wie der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seinem Urteil vom 03.07.2012 (Az. 13a B 11.30064 - juris Rn. 20 ff.) aufgrund eingehender Prüfung festgestellt hat, sind nach den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Maßstäben keine Anhaltspunkte für eine Gruppenverfolgung durch die Taliban oder andere nichtstaatliche Akteure wegen der Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara zu erkennen. Die Verfolgungshandlungen denen die Hazara ausgesetzt sind, weisen weder in ganz Afghanistan noch in der Heimatprovinz des Klägers, Ghazni, die für die Annahme einer Gruppenverfolgung erforderliche kritische Verfolgungsdichte auf (a. a. O. Rn. 21). Hazara sind zwar in Afghanistan weiterhin einer gewissen Diskriminierung ausgesetzt (s. a. Lagebericht des Auswärtigen Amtes v. 2.3.2015, S. 10), „derzeit und in überschaubarer Zukunft aber keiner an ihre Volks- oder Religionszugehörigkeit anknüpfenden gruppengerichteten politischen oder religiösen Verfolgung“ (BayVGH
b)
Auch auf den Nachfluchtgrund des Religionswechsels kann sich der Kläger zur Begründung seiner Flüchtlingseigenschaft nicht mit Erfolg berufen.
Die Konversion zum Christentum kann bezüglich des Herkunftslandes Afghanistan für einen geborenen Moslem zwar unter bestimmten Umständen eine flüchtlingsrelevante Verfolgungsgefahr begründen. Da der Kläger zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 AsylVfG) aber noch nicht einmal christlich getauft war, bietet sich dem Gericht kein hinreichender tatsächlicher Anhaltspunkt für die Prüfung, ob dem Kläger wegen Konversion zum Christentum bei einer Rückkehr nach Afghanistan religiöse Verfolgung droht bzw. drohen könnte (s. BVerwG, B. v. 25.8.2015 - 1 B 40.15). Die erst in der mündlichen Verhandlung vorgelegte, handschriftliche und undatierte Bestätigung, deren Urheber mangels Briefkopf, Unterschrift oder Stempel im Übrigen völlig unklar ist, mit der Taufankündigung für den ... 2015, ist ersichtlich insofern nicht ausreichend. Abgesehen davon, wirft die Bestätigungspraxis von Mitgliedern der Kirchengemeinde ... in ... doch einige Zweifel auf, wenn am ... 2014 vom Prediger i. R. ... bestätigt wird, dass der Kläger am Bibel-Treff im Gemeindehaus in der Zeit von 17.00 bis ca. 19.00 Uhr „ab und zu“ teilnimmt, während die Bestätigung vom selben Tag durch ... (Beiakte I S. 43) dokumentiert, der Kläger habe „einmal wöchentlich“ am Bibel-Treff im Gemeindehaus teilgenommen.
3.
Dem Kläger steht auch kein Anspruch auf subsidiären Schutz gemäß § 4 AsylVfG zur Seite. Das Gericht teilt die - auch - auf der Auswertung jüngerer Erkenntnisse beruhende Würdigung des OVG Nordrhein-Westfalen in seinem Beschluss vom 20.07.2015, dass Kabul als interne Schutzalternative gemäß § 4 Abs. 3 i. V. m. § 3e AsylVfG einen Anspruch eines alleinstehenden, gesunden Mannes auf Anerkennung als Subsidiärschutzberechtigter ausschließt (Az. 13 A 1531/15.A - juris Rn. 8 ff.).
Zur Vermeidung von Wiederholungen wird zur Begründung dieser Entscheidung vollumfänglich auf die Ausführungen im vorgenannten Beschluss des OVG Nordrhein-Westfalen verwiesen (s. a. Sächsisches OVG, B. v. 23.1.2015 - A 1140/13 - juris Rn. 7 ff.).
a)
Soweit sich der Kläger auf eine Bedrohung durch die Paschtunen/Kuchi aus seinem Heimatort auch in Kabul beruft (Niederschrift S. 6), § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylVfG, besteht zur Überzeugung des Gerichts kein persönliches Risikoprofil, dass es für den Kläger unzumutbar erscheinen ließe, sich nach einer Rückführung, die ohnehin nach Kabul erfolgte, auch dort nieder zu lassen. Angesichts der Tatsache, dass Kabul nach einer Schätzung von 2011 mittlerweile 4,5 Mio. Einwohner hat (www.auswärtiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laender...), der Kläger nach seinem eigenen Vorbringen nie persönlich und individuell mit diesen Paschtunen konfrontiert war oder sogar von ihnen in irgendeiner Weise registriert worden wäre und der nunmehr 22-jährige Kläger sich in den vergangenen sieben Jahren seit dem geschilderten Überfall der Kuchi auf sein Dorf auch äußerlich durch das Erwachsenwerden nicht unerheblich verändert haben dürfte, ist es nicht beachtlich wahrscheinlich, dass dem Kläger durch diese Paschtunen/Kuchi in Kabul ein ernsthafter Schaden im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylVfG drohte. Hinzu kommt, dass das Interesse der Paschtunen/Kuchi gerade darauf gerichtet ist, Weideland der Hazara zu vereinnahmen, und schon von daher ein Verfolgungsinteresse an dem Kläger in Kabul selbst nicht nachvollziehbar ist.
b)
Auch sofern in der Provinz Ghazni, aus der der Kläger stammt, eine ernsthafte individuelle Bedrohung im Rahmen eines innerstaatlichen bewaffneten Konfliktes gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylVfG zu unterstellen wäre (verneinend insofern BayVGH, U. v. 3.7.2012 - 13a B 11.30064 - juris Rn. 23 ff.), kann vom Kläger vernünftigerweise erwartet werden, dass er sich in Kabul - wohin er ohnehin zurückgeführt würde - niederlässt.
Zwar ist die humanitäre Lage in Kabul im Allgemeinen weiterhin äußerst schwierig. Das Verelendungsrisiko einzelner Bevölkerungsgruppen weicht indes stark voneinander ab. Jedenfalls für den Kläger als arbeitsfähigem jungen Mann besteht es allerdings in geringfügigem Maße, denn es ist davon auszugehen, dass er seinen Lebensunterhalt nach einer Wiedereingliederungsphase auch ohne familiären Rückhalt zumindest auf einem - nach westlichen Maßstäben - niedrigen Niveau wird sicherstellen können (s. OVG Nordrhein-Westfalen, B. v. 20.7.2015 - 13 A 1531/15.A - Rn. 10). Da der Kläger sich in Griechenland über vier Jahre ohne familiären Rückhalt als Tagelöhner bzw. Erntehelfer „durchgeschlagen“ und damit auch die 7.200,00 EUR für den Schleuser verdient hat, besteht kein vernünftiger Zweifel daran, dass der Kläger - entsprechend auf sich alleine gestellt - auch bei einer Rückkehr nach Afghanistan/Kabul für sich selbst im Sinne einer bescheidenen Lebensgrundlage sorgen kann.
Auch die von ihm seit der Ausreise aus seinem Heimatland erworbenen Sprachkenntnisse (etwa Deutsch, s. Niederschrift S. 6) dürften seine Erwerbschancen eher begünstigen. Ergänzend wird insofern auf die nachfolgenden Ausführungen unter Nr. 4 verwiesen.
4.
Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG bestehen ebenfalls nicht. Ergänzend zu den Erwägungen im angefochtenen Bescheid (§ 77 Abs. 2 AsylVfG) wird noch ausgeführt:
Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit eine Abschiebung nach den Bestimmungen der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) unzulässig ist. Schlechte humanitäre Bedingungen im Abschiebezielstaat können jedoch nur in besonderen Ausnahmefällen in Bezug auf Art. 3 EMRK ein Abschiebungsverbot begründen. Die Einzelrichterin schließt sich der begründeten Einschätzung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs in seinem Urteil vom 12.02.2015 an, wonach in Afghanistan die Lage jedoch nicht so ernst ist, dass eine Abschiebung ohne weiteres eine Verletzung von Art. 3 EMRK wäre (Az. 13a B 14.30309 - juris Rn. 12).
Besondere Umstände, die vorliegend eine andere Beurteilung geböten, hat der Kläger nicht vorgetragen und sie sind auch ansonsten nicht ersichtlich.
Auf eine individuelle erhebliche konkrete Gefahr im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG bei einer Rückkehr nach Afghanistan kann sich der Kläger auch nicht berufen. Wie bereits vorangehend unter Nrn. 2. und 3. ausgeführt, ergibt sich für den Kläger bei einer Rückkehr in sein Heimatland weder aus dem Vorfluchtgeschehen, noch unter dem Aspekt des Nachfluchtgrundes einer - möglichen - Konversion mit identitätsprägender religiöser Praxis eine erhebliche konkrete Gefährdung bzw. ansonsten die Bedrohung mit einem ernsthaften konkreten Schaden (§§ 3, 4 AsylVfG).
Im Hinblick auf die unzureichende Versorgungslage hat sich die allgemeine Gefahr in Afghanistan für den Kläger auch nicht derart zu einer extremen Gefahr verdichtet, dass eine entsprechende Anwendung von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG geboten wäre. Wie sich der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs - der sich die Einzelrichterin angeschlossen hat - entnehmen lässt, ergibt sich aus den Erkenntnismitteln nicht, dass ein alleinstehender arbeitsfähiger männlicher afghanischer Rückkehrer mit hoher Wahrscheinlichkeit alsbald nach einer Rückkehr in eine derartige extreme Gefahrenlage geraten würde, die eine Abschiebung in den Heimatstaat verfassungsrechtlich als unzumutbar erscheinen ließe (BayVGH, U. v. 12.2.2015 - 13a B 14.30309 - juris Rn. 17 ff., erneut bestätigt etwa durch
Es gibt auch keine Anhaltspunkte dafür, dass etwaige Zwangsrekrutierungsversuche durch Aufständische die Chance in Kabul als Tagelöhner zu arbeiten, vereiteln würden. Gemäß den Erkenntnissen von UNHCR (Bericht v. August 2014, 3. Potentielle Risikoprofile von Schutzsuchenden, S. 45) kommen Rekrutierungsversuche regierungsfeindlicher Kräfte in Gebieten vor, welche ihrer tatsächlichen Kontrolle unterliegen oder die zwischen der Regierung und den Aufständischen umkämpft sind. Dies ist in Kabul nicht der Fall (so BayVGH, B. v. 10.8.2015 - 13a ZB 15.30050 - juris Rn. 11). Schließlich ist auch nicht anzunehmen, dass der Kläger als Angehöriger der Minderheit der Hazara keine Chance hätte, sich als Tagelöhner oder als Gelegenheitsarbeiter zu verdingen (so BayVGH, U. v. 12.2.2015 - 13a B 14.30309 - Rn. 24). Der mit den Gegebenheiten in seinem Heimatland bis zu seiner Ausreise Ende 2012 wohl vertraute Kläger ist handwerklich begabt und hat seit Kindesbeinen an in einer Werkstatt an der Reparatur von Autos mitgearbeitet. Eine solche Fertigkeit ist auf dem Arbeitsmarkt auch in Kabul mit hoher Wahrscheinlichkeit nachgefragt. Zudem hat sich der Kläger etwa viereinhalb Jahre von ... 2008 bis ... 2012 in Griechenland als Tagelöhner bzw. Erntehelfer verdingt, damit seinen Lebensunterhalt verdient und zusätzlich die 7.200,00 EUR für seinen Schleuser erarbeitet (Niederschrift S. 6). Schließlich hat der Kläger, wovon sich das Gericht in der mündlichen Verhandlung überzeugen konnte, mittlerweile durchaus praktisch einsetzbare Deutschkenntnisse erworben, so dass insgesamt mit vorgenannten Erfahrungen und Kenntnissen davon auszugehen ist, dass er auch (weiterhin) ohne familiären Rückhalt bei einer Rückkehr nach Afghanistan durch Erwerbstätigkeiten für seinen - bescheidenen - Unterhalt sorgen kann.
5.
Der Bescheid des Bundesamtes gibt auch hinsichtlich seiner Ziffer 5, wonach der Kläger unter Androhung der Abschiebung zur Ausreise aufgefordert worden ist, keinerlei Anlass zu Bedenken. Zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, auf den gemäß § 77 Abs. 1 AsylVfG abzustellen ist, sind Gründe, die dem Vollzug aufenthaltsbeendender Maßnahmen gegenüber dem Kläger entgegenstünden, nicht ersichtlich, denn er ist, wie oben ausgeführt, weder als Asylberechtigter und Flüchtling anzuerkennen, noch stehen ihm subsidiärer Schutz oder Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG zu; er besitzt auch keine asylunabhängige Aufenthaltsgenehmigung (§ 34 AsylVfG).
6.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83 b AsylVfG nicht erhoben. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung stützt sich auf § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
Tenor
I.
Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts München
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.
III.
Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Gründe
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Das Bundesamt erlässt nach den §§ 59 und 60 Absatz 10 des Aufenthaltsgesetzes eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn
- 1.
der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird, - 2.
dem Ausländer nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wird, - 2a.
dem Ausländer kein subsidiärer Schutz gewährt wird, - 3.
die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen oder die Abschiebung ungeachtet des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes ausnahmsweise zulässig ist und - 4.
der Ausländer keinen Aufenthaltstitel besitzt.
(2) Die Abschiebungsandrohung soll mit der Entscheidung über den Asylantrag verbunden werden. Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, sind die Entscheidungsformel der Abschiebungsandrohung und die Rechtsbehelfsbelehrung dem Ausländer in eine Sprache zu übersetzen, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann.
(1) Die Abschiebung ist unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Ausnahmsweise kann eine kürzere Frist gesetzt oder von einer Fristsetzung abgesehen werden, wenn dies im Einzelfall zur Wahrung überwiegender öffentlicher Belange zwingend erforderlich ist, insbesondere wenn
- 1.
der begründete Verdacht besteht, dass der Ausländer sich der Abschiebung entziehen will, oder - 2.
von dem Ausländer eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht.
- 1.
der Aufenthaltstitel nach § 51 Absatz 1 Nummer 3 bis 5 erloschen ist oder - 2.
der Ausländer bereits unter Wahrung der Erfordernisse des § 77 auf das Bestehen seiner Ausreisepflicht hingewiesen worden ist.
(2) In der Androhung soll der Staat bezeichnet werden, in den der Ausländer abgeschoben werden soll, und der Ausländer darauf hingewiesen werden, dass er auch in einen anderen Staat abgeschoben werden kann, in den er einreisen darf oder der zu seiner Übernahme verpflichtet ist. Gebietskörperschaften im Sinne der Anhänge I und II der Verordnung (EU) 2018/1806 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. November 2018 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind (ABl. L 303 vom 28.11.2018, S. 39), sind Staaten gleichgestellt.
(3) Dem Erlass der Androhung steht das Vorliegen von Abschiebungsverboten und Gründen für die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nicht entgegen. In der Androhung ist der Staat zu bezeichnen, in den der Ausländer nicht abgeschoben werden darf. Stellt das Verwaltungsgericht das Vorliegen eines Abschiebungsverbots fest, so bleibt die Rechtmäßigkeit der Androhung im Übrigen unberührt.
(4) Nach dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung bleiben für weitere Entscheidungen der Ausländerbehörde über die Abschiebung oder die Aussetzung der Abschiebung Umstände unberücksichtigt, die einer Abschiebung in den in der Abschiebungsandrohung bezeichneten Staat entgegenstehen und die vor dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung eingetreten sind; sonstige von dem Ausländer geltend gemachte Umstände, die der Abschiebung oder der Abschiebung in diesen Staat entgegenstehen, können unberücksichtigt bleiben. Die Vorschriften, nach denen der Ausländer die im Satz 1 bezeichneten Umstände gerichtlich im Wege der Klage oder im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach der Verwaltungsgerichtsordnung geltend machen kann, bleiben unberührt.
(5) In den Fällen des § 58 Abs. 3 Nr. 1 bedarf es keiner Fristsetzung; der Ausländer wird aus der Haft oder dem öffentlichen Gewahrsam abgeschoben. Die Abschiebung soll mindestens eine Woche vorher angekündigt werden.
(6) Über die Fristgewährung nach Absatz 1 wird dem Ausländer eine Bescheinigung ausgestellt.
(7) Liegen der Ausländerbehörde konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass der Ausländer Opfer einer in § 25 Absatz 4a Satz 1 oder in § 25 Absatz 4b Satz 1 genannten Straftat wurde, setzt sie abweichend von Absatz 1 Satz 1 eine Ausreisefrist, die so zu bemessen ist, dass er eine Entscheidung über seine Aussagebereitschaft nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 3 oder nach § 25 Absatz 4b Satz 2 Nummer 2 treffen kann. Die Ausreisefrist beträgt mindestens drei Monate. Die Ausländerbehörde kann von der Festsetzung einer Ausreisefrist nach Satz 1 absehen, diese aufheben oder verkürzen, wenn
- 1.
der Aufenthalt des Ausländers die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder - 2.
der Ausländer freiwillig nach der Unterrichtung nach Satz 4 wieder Verbindung zu den Personen nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 2 aufgenommen hat.
(8) Ausländer, die ohne die nach § 4a Absatz 5 erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit beschäftigt waren, sind vor der Abschiebung über die Rechte nach Artikel 6 Absatz 2 und Artikel 13 der Richtlinie 2009/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 über Mindeststandards für Sanktionen und Maßnahmen gegen Arbeitgeber, die Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßigen Aufenthalt beschäftigen (ABl. L 168 vom 30.6.2009, S. 24), zu unterrichten.
(1) In den sonstigen Fällen, in denen das Bundesamt den Ausländer nicht als Asylberechtigten anerkennt, beträgt die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist 30 Tage. Im Falle der Klageerhebung endet die Ausreisefrist 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens.
(2) Im Falle der Rücknahme des Asylantrags vor der Entscheidung des Bundesamtes oder der Einstellung des Verfahrens beträgt die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist eine Woche.
(3) Im Falle der Rücknahme des Asylantrags oder der Klage oder des Verzichts auf die Durchführung des Asylverfahrens nach § 14a Absatz 3 kann dem Ausländer eine Ausreisefrist bis zu drei Monaten eingeräumt werden, wenn er sich zur freiwilligen Ausreise bereit erklärt.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.
(1) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht,
- 1.
über die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens; - 2.
bei Zurücknahme der Klage, Verzicht auf den geltend gemachten Anspruch oder Anerkenntnis des Anspruchs, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe; - 3.
bei Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe; - 4.
über den Streitwert; - 5.
über Kosten; - 6.
über die Beiladung.
(2) Im Einverständnis der Beteiligten kann der Vorsitzende auch sonst anstelle der Kammer oder des Senats entscheiden.
(3) Ist ein Berichterstatter bestellt, so entscheidet dieser anstelle des Vorsitzenden.
(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.
(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.
(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.
(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich
- 1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe - 2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, - a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder - b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen, - 2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder - 3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er
- 1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder - 2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.
(1) Als Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 gelten Handlungen, die
- 1.
auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Artikel 15 Absatz 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist, oder - 2.
in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist.
(2) Als Verfolgung im Sinne des Absatzes 1 können unter anderem die folgenden Handlungen gelten:
- 1.
die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt, - 2.
gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden, - 3.
unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung, - 4.
Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung, - 5.
Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des § 3 Absatz 2 fallen, - 6.
Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.
(3) Zwischen den in § 3 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit den in § 3b genannten Verfolgungsgründen und den in den Absätzen 1 und 2 als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen muss eine Verknüpfung bestehen.
Tenor
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
III.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Gründe
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der am ... 1993 in ..., Afghanistan geborene Kläger ist afghanischer Staatsangehöriger. Er reiste nach eigenen Angaben am ... 2012 auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte am ... 2012 seine Anerkennung als Asylberechtigter.
Bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am ... 2014 gab der Kläger insbesondere an, er sei jetzt (nicht mehr Religionszugehöriger des Islam), sondern evangelischer Christ. Getauft sei er noch nicht. Seit ca. drei Monaten besuche er den Bibel-Treff, seit ca. einem Jahr habe er Kontakt mit ihnen und habe den Bibel-Treff ab und zu besucht. Seit drei Monaten gehe er regelmäßig hin. Vorgelegt wurde eine Bestätigung vom ... 2014 der evangelisch-lutherischen ... in ..., wonach der Kläger einmal wöchentlich am Bibel-Treff im Gemeindehaus in der Zeit von 17:00 Uhr bis ca. 19:00 Uhr teilnimmt (Beiakte I S. 43). Er sei Analphabet und könne sein afghanisches Geburtsdatum nicht nennen. Erst in Europa habe er die Jahre und Monate gelernt.
In Griechenland sei er von ... 2008 bis zum ... 2012 gewesen. Es treffe zu, dass er am ... 2010 in Italien einen Asylantrag gestellt habe. Dort seien sie erwischt und wieder nach Griechenland zurückgebracht worden. In Griechenland habe er sich auf verschiedenen Inseln aufgehalten und Saisonarbeit verrichtet.
Er gehöre zum Volk der Hazara. Er habe sich bis zur Ausreise in der Provinz Ghazni, Bezirk Quarabagh, Dorf ... aufgehalten. Eine Woche vor seiner Ausreise sei er in der Stadt Ghazni gewesen. Er habe im Dorf ... mit den Eltern, einer Schwester und einem Burder gelebt. 2008 habe er gemeinsam mit der Familie Afghanistan verlassen und sei in den Iran gegangen. Die Familie lebe jetzt in ... Vor ca. vier Monaten habe er einmal Kontakt zu den Eltern gehabt, sie hätten kein Telefon und riefen ab und zu aus einer Telefonzelle an. Ihre wirtschaftliche Situation sei nicht sehr gut. Er habe in Afghanistan einen Onkel mütterlicherseits, zu dem er seit 2008 keinen Kontakt habe. Er habe als Automechaniker gearbeitet.
Er sei von Afghanistan in den Iran gereist und dann über die Türkei weiter mit dem Schlauchboot nach Griechenland. Dann sei er mit einem falschen Pass nach Italien gebracht worden und von dort aus von einem anderen Schleuser mit einem Pkw nach Deutschland. Von Afghanistan in den Iran hätten sie pro Person 145.000,00 Tuman bezahlt. Die Reise bis in die Türkei habe 800,00 Dollar gekostet, weiter bis nach Griechenland weitere 400 Dollar. Das erste Mal habe er dem Schleuser 2.800,00 EUR gegeben, als er von Italien zurückgeschickt worden sei. Die Reise nach Deutschland habe weitere 4.200,00 EUR gekostet. Bis nach Griechenland habe der Vater die Reise finanziert. In Griechenland habe er als Tagelöhner gearbeitet, um die Reise zu finanzieren. In Afghanistan hätten sie noch viel mehr Geld durch Grundstücke, Häuser und Bäume gehabt. Sie hätten aber nur ein Teil des Geldes mitnehmen können. Die politische Situation in Afghanistan sei ja bekannt. Er habe in der Provinz Ghazni gelebt und die Nachbarn seien auch Paschtunen. Als die Taliban an die Macht gekommen seien, hätten die Taliban und die Paschtunen ihre Grundstücke, Bäume und Häuser in Besitz genommen, sie hätten dort nicht mehr leben können. Bis 2003 hätten sie in der Stadt Ghazni gelebt. Ein Machthaber habe dann dafür gesorgt, dass sie zu ihren Häusern zurückkehren könnten. Dieser sei 2008 ums Leben gekommen und die Taliban seien zurückgekehrt und sie seien wieder vertrieben worden. Sie hätten in der Stadt Ghazni bleiben und wie zuvor Leben wollen. Die Taliban hätten dies verhindern und sie deshalb töten wollen. Im Dorf hätten neun Familien gewohnt und die seien alle betroffen. In der Stadt hätten sie sie nicht erwischt. Drei Familien seien in die Stadt Ghazni gegangen. Zwei Familienmitglieder anderer Familien seien umgebracht worden. Von seiner Familie habe es niemanden erwischt. Bei einer Rückkehr nach Afghanistan müsse er auf sein Leben verzichten. Wenn sie ihn erwischten, würden sie ihn töten.
Befragt danach, wie es dazu gekommen sei, dass er den Glaubenswechsel wolle, gab der Kläger an, er habe in Afghanistan gesehen, was die Taliban machten. Er habe von Religion wenig Ahnung. Er habe sich nicht damit zufrieden geben wollen, dass das seine Religion sei. Er habe von einer Kirche wie Orgel gehört und das habe ihm sehr gefallen und das habe ihn beruhigt. Als er dann in die Kirche gegangen und gesehen habe, dass die Leute dort friedlich säßen und beteten, habe ihn das sehr beeindruckt. Das sei ein Unterschied zu seiner bisherigen Religion. Er fühle sich in der Kirche leichter. Es tue ihm gut, wenn er etwas über diese Religion erfahre. In Griechenland habe er noch nicht über einen Glaubenswechsel nachgedacht. Wenn die Familie von seinem Glaubenswechsel erfahre, würden sie ihn entweder hassen oder sie ließen sich überzeugen. Beim Bibel-Treff säßen sie dort und die Leute redeten über Gott. Einiges verstehe er, einiges aber auch nicht. Er sei mit den Gedanken dabei. Er selbst beschäftige sich nur wenig mit dem Glauben. Er sei früher nicht so gläubig gewesen, obwohl er in einer islamischen Familie aufgewachsen sei. In Deutschland habe er einen Kurden getroffen, der ihm vom Christentum erzählt habe. Er sei selbst zum Christ geworden. Es habe keinen genauen Zeitpunkt gegeben, an dem er festgestellt habe, dass er den Glauben wechseln wolle. Der Glaube habe ihn angezogen, die christliche Gemeinschaft gefalle ihm. Einige Leute hätten ihn die Bibel auf Dari und Farsi gegeben. Er könne aber nicht lesen, er sei mit dem Herzen dabei und nehme regelmäßig am Bibel-Treff teil. An weiteren Aktivitäten der christlichen Gemeinschaft nehme er nicht teil. Gottesdienste besuche er jede Woche am Freitagnachmittag und am Sonntag alle zwei Woche in einer anderen Kirche in ... Er wisse nicht wie die heiße. Er spreche ein bisschen Deutsch. Er verstehe nicht viel, aber er sei mit dem Herzen beim Bibel-Treff dabei. Der christliche Glaube spiele in seinem privaten Leben die Rolle, dass es ihm gut gehe, wenn er zur Kirche gehe. Er sei dabei, einiges aus der Bibel zu lernen. Er habe große Schwierigkeiten beim Lesen. Viele Informationen über die Bibel habe er nicht. Ihm sei gesagt worden, er könne sich einen Film über Jesus ansehen. Dadurch habe er ein wenig gelernt, wo Jesus geboren und gestorben sei. Jesus sei in Israel geboren worden und er sei knapp über 30 gewesen, als er als Sohn Gottes bezeichnet worden sei. Christliche Feste könne er nicht nennen. Er könne nicht lesen. Er wolle mehr über den Glauben erfahren und sich danach taufen lassen. Um einen anderen zu überzeugen, müsse er erst noch viel mehr über den Glauben erfahren.
Mit Bescheid vom
Es sei schon nicht nachvollziehbar, wie der angebliche Glaubenswandel zustande gekommen sei. Der vom Kläger geschilderte Anlass für den Glaubenswechsel erscheine als eher nebensächlich und lasse in keiner Weise erkennen, dass dieser Schritt für ihn als existentiell anzusehen sei. Seine Angaben blieben unbestimmt, oberflächlich und beschränken sich darauf, dass die Orgel in der Kirche ihn beruhigt habe, die christliche Gemeinschaft habe ihn beeindruckt. Zudem lassen die Teilnahmen am Bibel-Treff im Gemeindehaus nicht erkennen, dass sich der Kläger tatsächlich intensiv mit dem christlichen Glauben beschäftigte und diesen für sein weiteres Leben verinnerlicht habe. Die Kirche, die er besuche, habe er nicht einmal namentlich benennen können.
Auf Nachfrage seines Prozessbevollmächtigten wurde diesem der Bescheid vom
Mit Schriftsatz vom 02.03.2015, bei Gericht eingegangen am 05.03.2015, wandte sich der Kläger vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten an das Bayerische Verwaltungsgericht Bayreuth mit folgenden Anträgen:
1. Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom
2. Dem Kläger wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt.
3. Der Antrag auf Asylanerkennung wird stattgegeben.
4. Der subsidiäre Schutzstatus wird zuerkannt.
Vorsorglich wurde wegen Versäumnis der Klagefrist Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand beantragt. Der Bescheid vom
Mit Schriftsatz vom
Mit Schriftsatz vom
die Klage abzuweisen.
Mit weiterem Schriftsatz vom
Mit gerichtlichen Schreiben vom
Mit Beschluss der Kammer vom
Für den Ablauf der mündlichen Verhandlung, in der der Kläger zwei Gemeindebestätigungen (eine undatiert, die andere vom ...) vorlegte, wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
Ergänzend wird auf die vorgelegte Behördenakte und die Gerichtsakte verwiesen.
Gründe
Die zulässige Klage hat keinen Erfolg.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter gemäß Art. 16a Abs. 1 GG, auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylVfG sowie subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 AsylVfG. Es liegen auch keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG in seiner Person vor. Der angefochtene Bescheid ist somit rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO).
1.
Die Voraussetzungen für seine Anerkennung als Asylberechtigter sind nicht gegeben, Art. 16a Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 GG. Der Kläger selbst hat angegeben, auf dem Landweg - und damit über einen sicheren Drittstaat - in die Bundesrepublik Deutschland eingereist zu sein, was seine Asylberechtigung ausschließt (Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG).
2.
Nach § 3 Abs. 4 i. V. m. Abs. 1 AsylVfG besteht ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft dann, wenn sich der Ausländer aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt oder dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will und er keine Ausschlusstatbestände erfüllt. Eine solche Verfolgung kann nicht nur vom Staat ausgehen (§ 3c Nr. 1 AsylVfG), sondern auch von Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen (§ 3c Nr. 2 AsylVfG) oder nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d AsylVfG Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht (§ 3c Nr. 3 AsylVfG). Allerdings wird dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d hat und sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt (§ 3e Abs. 1 AsylVfG).
Gemessen an diesen Grundsätzen hat der Kläger keinen Anspruch auf Gewährung des Flüchtlingsschutzes. Das Gericht verweist zunächst auf die zutreffende Begründung des angefochtenen Bescheids und sieht zur Vermeidung von Wiederholungen von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 77 Abs. 2 AsylVfG).
a)
In der mündlichen Verhandlung bezog sich der Kläger als Fluchtgrund insbesondere auf die Bedrohung durch nomadisierende Paschtunen (Kuchi/Kutschi), die den Hazara in seiner Heimat das Land und das Wasser streitig machen. Er gab dabei zwei Vertreibungsvorfälle betreffend die Bewohner seines Heimatortes (2003 und insbesondere 2008) an, und ergänzte, durch die Paschtunen nicht direkt und persönlich bedroht worden zu sein (Niederschrift S. 4).
Flüchtlingsrelevante Verfolgungshandlungen im Sinne des § 3a AsylVfG lassen sich darin indessen nicht erkennen. Dabei kommt es auf die Glaubhaftigkeit der Schilderungen des Klägers, sie hätten ihr Heimatdorf in der Provinz Ghazni verlassen, weil nomadische Paschtunen (Kuchi) dieses nach 2003 dann 2008 zum zweiten Mal überfallen hätten, schon nicht an. Zweifel daran, dass er den Übergriff 2008 persönlich erlebt hat, ergeben sich schon aus dem Widerspruch der Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung, wonach die Dorfbevölkerung bei dem Überfall der Paschtunen zunächst „auf den Feldern“ (Niederschrift S. 3), dann aber in Dunkelheit am Abend „auf einem Berg“ (Niederschrift S. 5) gewesen sein soll. Selbst Wahrunterstellung dieses Vortrags liegen jedoch die Voraussetzungen einer konkreten, an der Zugehörigkeit zur Gruppe der Hazara anknüpfenden Verfolgung durch die Paschtunen/Kuchi nicht vor; vielmehr handelte es sich dabei um nicht flüchtlingsrelevantes kriminelles Unrecht. Die in Art. 3a Abs. 3 geforderte Verknüpfung zwischen der als Verfolgung anzusehenden Handlung und den in § 3 Abs. 1 Nr. 1, § 3b AsylVfG genannten Verfolgungsgründen ist gerade nicht auszumachen.
Nach den vorliegenden Informationen ist dem Gericht zwar bekannt, dass Nomaden mit paschtunischer Volkszugehörigkeit alljährlich in den Sommermonaten in die Weidegebiete der sesshaften Hazara, insbesondere in der Provinz Wardak, einwandern. In den Jahren 2008 und 2010 kam es dabei zu bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen den Konfliktparteien (vgl. Lageberichte des Auswärtigen Amtes vom 9.2.2011 u. 10.1.2012). Von den Konflikten zwischen Kuchi und Hazara berichtet auch das Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation (ACCORD) in seiner Anfragebeantwortung vom 05.02.2013: „Afghanistan: Provinz Wardak bzw. Beshud: Informationen zu Auseinandersetzungen zwischen Kuchi und Hazara; Maßnahmen staatlicher Behörden“. Die Geschichte des Klägers über die Auseinandersetzungen der Bewohner des Dorfes mit den Kuchi stimmt somit mit der Auskunftslage überein, beinhaltet aber keine konkrete individuelle Bedrohung seiner Person durch diese Nomaden. Die beschriebenen Konflikte zwischen den Volksgruppen finde ihre Ursache auch nicht in der jeweiligen Gruppenzugehörigkeit. Es geht bei den saisonal auftretenden Auseinandersetzungen zwischen den zwei ethnischen Gruppen um Eigentums- und Besitzansprüche an lokalen Ressourcen, die bis in das Jahr 1887 zurückreichen. Der jährlich, meist in den Sommermonaten, erneut aufkommende Streit um Land knüpft nur mittelbar an die Volkszugehörigkeit der betroffenen Parteien an. Die Kuchi, die in besonderem Maße unter den ungeklärten Boden- und Wasserrechten leiden (s. Lagebericht des Auswärtigen Amtes v. 2.3.2015, S. 10), versuchen durch Überfälle, Vertreibung und Brandstiftungen Weideland für sich zu gewinnen und zwar unabhängig davon, wem dieses Weideland gehört. Die Angriffe sind somit nicht ethnisch motiviert, sondern erfolgen aus rein wirtschaftlichen Gründen. Die Hazara, deren Lage sich grundsätzlich gebessert hat (Lagebericht des Auswärtigen Amtes v. 2.3.2015, S. 10), sind nicht an sich im Sinne einer Volksgruppe Ziel der Angriffe, sondern die sesshaften Weidelandbesitzer der jeweiligen Region (s. insbesondere VG Köln, U. v. 3.2.2015 - 14 K 1202/14.A).
Unabhängig von der danach nicht vorliegenden, anlassgeprägten Einzelverfolgung durch die Kuchi, droht dem Kläger auch wegen seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara nicht die Gefahr einer landesweiten Verfolgung. Wie der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seinem Urteil vom 03.07.2012 (Az. 13a B 11.30064 - juris Rn. 20 ff.) aufgrund eingehender Prüfung festgestellt hat, sind nach den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Maßstäben keine Anhaltspunkte für eine Gruppenverfolgung durch die Taliban oder andere nichtstaatliche Akteure wegen der Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara zu erkennen. Die Verfolgungshandlungen denen die Hazara ausgesetzt sind, weisen weder in ganz Afghanistan noch in der Heimatprovinz des Klägers, Ghazni, die für die Annahme einer Gruppenverfolgung erforderliche kritische Verfolgungsdichte auf (a. a. O. Rn. 21). Hazara sind zwar in Afghanistan weiterhin einer gewissen Diskriminierung ausgesetzt (s. a. Lagebericht des Auswärtigen Amtes v. 2.3.2015, S. 10), „derzeit und in überschaubarer Zukunft aber keiner an ihre Volks- oder Religionszugehörigkeit anknüpfenden gruppengerichteten politischen oder religiösen Verfolgung“ (BayVGH
b)
Auch auf den Nachfluchtgrund des Religionswechsels kann sich der Kläger zur Begründung seiner Flüchtlingseigenschaft nicht mit Erfolg berufen.
Die Konversion zum Christentum kann bezüglich des Herkunftslandes Afghanistan für einen geborenen Moslem zwar unter bestimmten Umständen eine flüchtlingsrelevante Verfolgungsgefahr begründen. Da der Kläger zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 AsylVfG) aber noch nicht einmal christlich getauft war, bietet sich dem Gericht kein hinreichender tatsächlicher Anhaltspunkt für die Prüfung, ob dem Kläger wegen Konversion zum Christentum bei einer Rückkehr nach Afghanistan religiöse Verfolgung droht bzw. drohen könnte (s. BVerwG, B. v. 25.8.2015 - 1 B 40.15). Die erst in der mündlichen Verhandlung vorgelegte, handschriftliche und undatierte Bestätigung, deren Urheber mangels Briefkopf, Unterschrift oder Stempel im Übrigen völlig unklar ist, mit der Taufankündigung für den ... 2015, ist ersichtlich insofern nicht ausreichend. Abgesehen davon, wirft die Bestätigungspraxis von Mitgliedern der Kirchengemeinde ... in ... doch einige Zweifel auf, wenn am ... 2014 vom Prediger i. R. ... bestätigt wird, dass der Kläger am Bibel-Treff im Gemeindehaus in der Zeit von 17.00 bis ca. 19.00 Uhr „ab und zu“ teilnimmt, während die Bestätigung vom selben Tag durch ... (Beiakte I S. 43) dokumentiert, der Kläger habe „einmal wöchentlich“ am Bibel-Treff im Gemeindehaus teilgenommen.
3.
Dem Kläger steht auch kein Anspruch auf subsidiären Schutz gemäß § 4 AsylVfG zur Seite. Das Gericht teilt die - auch - auf der Auswertung jüngerer Erkenntnisse beruhende Würdigung des OVG Nordrhein-Westfalen in seinem Beschluss vom 20.07.2015, dass Kabul als interne Schutzalternative gemäß § 4 Abs. 3 i. V. m. § 3e AsylVfG einen Anspruch eines alleinstehenden, gesunden Mannes auf Anerkennung als Subsidiärschutzberechtigter ausschließt (Az. 13 A 1531/15.A - juris Rn. 8 ff.).
Zur Vermeidung von Wiederholungen wird zur Begründung dieser Entscheidung vollumfänglich auf die Ausführungen im vorgenannten Beschluss des OVG Nordrhein-Westfalen verwiesen (s. a. Sächsisches OVG, B. v. 23.1.2015 - A 1140/13 - juris Rn. 7 ff.).
a)
Soweit sich der Kläger auf eine Bedrohung durch die Paschtunen/Kuchi aus seinem Heimatort auch in Kabul beruft (Niederschrift S. 6), § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylVfG, besteht zur Überzeugung des Gerichts kein persönliches Risikoprofil, dass es für den Kläger unzumutbar erscheinen ließe, sich nach einer Rückführung, die ohnehin nach Kabul erfolgte, auch dort nieder zu lassen. Angesichts der Tatsache, dass Kabul nach einer Schätzung von 2011 mittlerweile 4,5 Mio. Einwohner hat (www.auswärtiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laender...), der Kläger nach seinem eigenen Vorbringen nie persönlich und individuell mit diesen Paschtunen konfrontiert war oder sogar von ihnen in irgendeiner Weise registriert worden wäre und der nunmehr 22-jährige Kläger sich in den vergangenen sieben Jahren seit dem geschilderten Überfall der Kuchi auf sein Dorf auch äußerlich durch das Erwachsenwerden nicht unerheblich verändert haben dürfte, ist es nicht beachtlich wahrscheinlich, dass dem Kläger durch diese Paschtunen/Kuchi in Kabul ein ernsthafter Schaden im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylVfG drohte. Hinzu kommt, dass das Interesse der Paschtunen/Kuchi gerade darauf gerichtet ist, Weideland der Hazara zu vereinnahmen, und schon von daher ein Verfolgungsinteresse an dem Kläger in Kabul selbst nicht nachvollziehbar ist.
b)
Auch sofern in der Provinz Ghazni, aus der der Kläger stammt, eine ernsthafte individuelle Bedrohung im Rahmen eines innerstaatlichen bewaffneten Konfliktes gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylVfG zu unterstellen wäre (verneinend insofern BayVGH, U. v. 3.7.2012 - 13a B 11.30064 - juris Rn. 23 ff.), kann vom Kläger vernünftigerweise erwartet werden, dass er sich in Kabul - wohin er ohnehin zurückgeführt würde - niederlässt.
Zwar ist die humanitäre Lage in Kabul im Allgemeinen weiterhin äußerst schwierig. Das Verelendungsrisiko einzelner Bevölkerungsgruppen weicht indes stark voneinander ab. Jedenfalls für den Kläger als arbeitsfähigem jungen Mann besteht es allerdings in geringfügigem Maße, denn es ist davon auszugehen, dass er seinen Lebensunterhalt nach einer Wiedereingliederungsphase auch ohne familiären Rückhalt zumindest auf einem - nach westlichen Maßstäben - niedrigen Niveau wird sicherstellen können (s. OVG Nordrhein-Westfalen, B. v. 20.7.2015 - 13 A 1531/15.A - Rn. 10). Da der Kläger sich in Griechenland über vier Jahre ohne familiären Rückhalt als Tagelöhner bzw. Erntehelfer „durchgeschlagen“ und damit auch die 7.200,00 EUR für den Schleuser verdient hat, besteht kein vernünftiger Zweifel daran, dass der Kläger - entsprechend auf sich alleine gestellt - auch bei einer Rückkehr nach Afghanistan/Kabul für sich selbst im Sinne einer bescheidenen Lebensgrundlage sorgen kann.
Auch die von ihm seit der Ausreise aus seinem Heimatland erworbenen Sprachkenntnisse (etwa Deutsch, s. Niederschrift S. 6) dürften seine Erwerbschancen eher begünstigen. Ergänzend wird insofern auf die nachfolgenden Ausführungen unter Nr. 4 verwiesen.
4.
Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG bestehen ebenfalls nicht. Ergänzend zu den Erwägungen im angefochtenen Bescheid (§ 77 Abs. 2 AsylVfG) wird noch ausgeführt:
Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit eine Abschiebung nach den Bestimmungen der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) unzulässig ist. Schlechte humanitäre Bedingungen im Abschiebezielstaat können jedoch nur in besonderen Ausnahmefällen in Bezug auf Art. 3 EMRK ein Abschiebungsverbot begründen. Die Einzelrichterin schließt sich der begründeten Einschätzung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs in seinem Urteil vom 12.02.2015 an, wonach in Afghanistan die Lage jedoch nicht so ernst ist, dass eine Abschiebung ohne weiteres eine Verletzung von Art. 3 EMRK wäre (Az. 13a B 14.30309 - juris Rn. 12).
Besondere Umstände, die vorliegend eine andere Beurteilung geböten, hat der Kläger nicht vorgetragen und sie sind auch ansonsten nicht ersichtlich.
Auf eine individuelle erhebliche konkrete Gefahr im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG bei einer Rückkehr nach Afghanistan kann sich der Kläger auch nicht berufen. Wie bereits vorangehend unter Nrn. 2. und 3. ausgeführt, ergibt sich für den Kläger bei einer Rückkehr in sein Heimatland weder aus dem Vorfluchtgeschehen, noch unter dem Aspekt des Nachfluchtgrundes einer - möglichen - Konversion mit identitätsprägender religiöser Praxis eine erhebliche konkrete Gefährdung bzw. ansonsten die Bedrohung mit einem ernsthaften konkreten Schaden (§§ 3, 4 AsylVfG).
Im Hinblick auf die unzureichende Versorgungslage hat sich die allgemeine Gefahr in Afghanistan für den Kläger auch nicht derart zu einer extremen Gefahr verdichtet, dass eine entsprechende Anwendung von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG geboten wäre. Wie sich der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs - der sich die Einzelrichterin angeschlossen hat - entnehmen lässt, ergibt sich aus den Erkenntnismitteln nicht, dass ein alleinstehender arbeitsfähiger männlicher afghanischer Rückkehrer mit hoher Wahrscheinlichkeit alsbald nach einer Rückkehr in eine derartige extreme Gefahrenlage geraten würde, die eine Abschiebung in den Heimatstaat verfassungsrechtlich als unzumutbar erscheinen ließe (BayVGH, U. v. 12.2.2015 - 13a B 14.30309 - juris Rn. 17 ff., erneut bestätigt etwa durch
Es gibt auch keine Anhaltspunkte dafür, dass etwaige Zwangsrekrutierungsversuche durch Aufständische die Chance in Kabul als Tagelöhner zu arbeiten, vereiteln würden. Gemäß den Erkenntnissen von UNHCR (Bericht v. August 2014, 3. Potentielle Risikoprofile von Schutzsuchenden, S. 45) kommen Rekrutierungsversuche regierungsfeindlicher Kräfte in Gebieten vor, welche ihrer tatsächlichen Kontrolle unterliegen oder die zwischen der Regierung und den Aufständischen umkämpft sind. Dies ist in Kabul nicht der Fall (so BayVGH, B. v. 10.8.2015 - 13a ZB 15.30050 - juris Rn. 11). Schließlich ist auch nicht anzunehmen, dass der Kläger als Angehöriger der Minderheit der Hazara keine Chance hätte, sich als Tagelöhner oder als Gelegenheitsarbeiter zu verdingen (so BayVGH, U. v. 12.2.2015 - 13a B 14.30309 - Rn. 24). Der mit den Gegebenheiten in seinem Heimatland bis zu seiner Ausreise Ende 2012 wohl vertraute Kläger ist handwerklich begabt und hat seit Kindesbeinen an in einer Werkstatt an der Reparatur von Autos mitgearbeitet. Eine solche Fertigkeit ist auf dem Arbeitsmarkt auch in Kabul mit hoher Wahrscheinlichkeit nachgefragt. Zudem hat sich der Kläger etwa viereinhalb Jahre von ... 2008 bis ... 2012 in Griechenland als Tagelöhner bzw. Erntehelfer verdingt, damit seinen Lebensunterhalt verdient und zusätzlich die 7.200,00 EUR für seinen Schleuser erarbeitet (Niederschrift S. 6). Schließlich hat der Kläger, wovon sich das Gericht in der mündlichen Verhandlung überzeugen konnte, mittlerweile durchaus praktisch einsetzbare Deutschkenntnisse erworben, so dass insgesamt mit vorgenannten Erfahrungen und Kenntnissen davon auszugehen ist, dass er auch (weiterhin) ohne familiären Rückhalt bei einer Rückkehr nach Afghanistan durch Erwerbstätigkeiten für seinen - bescheidenen - Unterhalt sorgen kann.
5.
Der Bescheid des Bundesamtes gibt auch hinsichtlich seiner Ziffer 5, wonach der Kläger unter Androhung der Abschiebung zur Ausreise aufgefordert worden ist, keinerlei Anlass zu Bedenken. Zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, auf den gemäß § 77 Abs. 1 AsylVfG abzustellen ist, sind Gründe, die dem Vollzug aufenthaltsbeendender Maßnahmen gegenüber dem Kläger entgegenstünden, nicht ersichtlich, denn er ist, wie oben ausgeführt, weder als Asylberechtigter und Flüchtling anzuerkennen, noch stehen ihm subsidiärer Schutz oder Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG zu; er besitzt auch keine asylunabhängige Aufenthaltsgenehmigung (§ 34 AsylVfG).
6.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83 b AsylVfG nicht erhoben. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung stützt sich auf § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.
Tenor
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Tatbestand
I.
Der am ... 1996 geborene Kläger ist afghanischer Staatsangehöriger mit tadschikischer Volkszugehörigkeit. Er reiste am
In seiner Anhörung am
Mit Bescheid vom
II.
Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom
Zur Begründung ließ er durch seine Bevollmächtigte im Wesentlichen ausführen:
Der Wiedereinsetzungsantrag sei vorsorglich gestellt. Die Rechtsbehelfsbelehrung sei ohne Hinweis auf die Möglichkeit einer Einlegung zur Niederschrift unrichtig.
Der streitgegenständliche Bescheid sei dem Jugendhilfezentrum am
Der Kläger habe Afghanistan verlassen müssen, da die Hazara in Afghanistan zu den von religiöser Gewalt seitens sunnitischer Extremisten besonderes betroffenen Minderheiten gehörten und deshalb willkürlichen Hinrichtungen, Folterungen, wahrloser Unterdrückung, systematischen Vergewaltigungen und Zwangsarbeit ausgesetzt seien. In Pakistan habe der Kläger wegen seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara in ständiger Angst um sein Leben gelebt. Der Vater des Klägers sei aufgrund seiner Mitgliedschaft der „Belutischen Shira Conferenze“ grundlos verhaftet und gefoltert worden. Auch der Kläger sei zur Polizeistation verschleppt worden. Dort sei sein Vater vor seinen Augen geschlagen und erniedrigt worden. Der Kläger sei mit einer Rute geschlagen worden. Der Kläger sei eines Tages von Polizisten auf der Straße aufgegriffen und in eine Polizeistation verbracht worden. Dort sei er nackt an ein Bettgestell in einem dunklen Raum festgebunden worden. Am nächsten Morgen sei er von denselben Leuten verhört und geschlagen worden. Die Polizisten hätten wissen wollen, ob er ein Mitglied der „Belutischen Shira Conferenze“ sei. Auch habe der Kläger in Pakistan ein Leben in menschenunwürdigen Umständen geführt. Daraufhin habe der Kläger Pakistan verlassen. Der Kläger würde bei seiner Rückkehr bereits am Flughafen verhaftet und zwangsrekrutiert. Sein Leben wäre in akuter Gefahr, da er wegen seiner Flucht ins europäische christliche Ausland des Verrates und der Spionage für Christen beschuldigt werde.
Der Kläger ließ durch seine Bevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung am
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesamts vom
hilfsweise dem Kläger subsidiären Schutz gemäß § 4 AsylG zuzuerkennen;
weiter hilfsweise, Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG festzustellen.
Soweit die Anerkennung als Asylberechtigter beantragt war, nahm die Klägerbevollmächtigte die Klage zurück. Dieser Streitgegenstand wurde abgetrennt und mit Beschluss in der mündlichen Verhandlung eingestellt (W 2 K 15.30837).
Die Beklagte beantragte,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung nahm die Beklagte auf die angefochtene Entscheidung Bezug und wies auf die Verfristung der Klage hin.
Mit Beschluss vom 17. September 2015
Mit Beschluss vom 11. Dezember 2015
Es wurden verschiedene Erkenntnismittel zu Afghanistan, Stand Oktober 2015, zum Gegenstand des Verfahrens gemacht, auf die Bezug genommen wird.
Im Übrigen wird auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung am
Gründe
Die Klage, über die auch in Abwesenheit eines Vertreters der Beklagten verhandelt und entschieden werden konnte (§ 102 Abs. 2 VwGO), ist zulässig, aber nicht begründet. Dem Kläger stehen die geltend gemachten Ansprüche nicht zu. Der Bescheid des Bundesamtes vom 24. Juli 2015 ist im Klageumfang rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1, Abs. 5 VwGO).
Nach § 77 Abs. 1 AsylG ist vorliegend das Asylgesetz in der ab
1.
Die Klage ist zulässig. Zwar hat der Kläger die Klagefrist des § 74 Abs. 1 AsylG versäumt. Danach muss innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung Klage erhoben werden. Der streitgegenständliche Bescheid des Bundesamtes vom 24. Juli 2015 wurde am 31. Juli 2015 zugestellt. Die Rechtsbehelfsbelehrung des streitgegenständlichen Bescheides vom 24. Juli 2015 weist auch keine Fehler auf, die zur Anwendung der Jahresfrist des § 58 Abs. 2 VwGO führen würden. Eine Rechtsbehelfsbelehrung ist dann unrichtig im Sinne von § 58 Abs. 2 VwGO, wenn sie die in § 58 Abs. 1 VwGO zwingend geforderten Angaben nicht enthält. § 58 Abs. 1 VwGO verlangt nur eine schriftliche Belehrung „über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist“, nicht aber über die Form der Einlegung des Rechtsbehelfs. Dementsprechend stellt der Hinweis auf § 81 VwGO, wonach die Klage schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Verwaltungsgerichts erhoben werden kann, keinen zwingenden Inhalt einer Rechtsmittelbelehrung dar (vgl. u. a. BVerwG, U. v. 27.4.1990 - 8 C 70/88 - juris). Da sich die Beklagte bezüglich der Form der Anbringung des Rechtsbehelfs nicht erklärt hat, konnte auch ein Unterlassen der Benennung der Möglichkeit der Einlegung zur Niederschrift keine Unrichtigkeit begründen. Eine Unrichtigkeit liegt lediglich vor, wenn darauf hingewiesen wird, dass der Rechtsbehelf schriftlich eingelegt werden muss, obwohl auch eine Einlegung zur Niederschrift möglich ist (BVerwGE 57, 188/190). Dies ist hier jedoch gerade nicht der Fall.
Dem Kläger ist jedoch Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Nach § 60 Abs. 1 VwGO ist auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden gehindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten. Der Antrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen; die Tatsachen zur Antragsbegründung sind glaubhaft zu machen (§ 60 Abs. 2 VwGO). Vorliegend hat der Kläger die Fristversäumnis nicht zu verschulden, denn die Fristversäumnis beruhte auf Organisationsmängeln in seiner Gemeinschaftsunterkunft. Nach Angaben der Heimleitung ist es gängige Praxis, dass Post von den Bewohnern und den Bezugsbetreuern gemeinsam geöffnet und gelesen wird. Das an den Kläger adressierte Schreiben wurde am 31. Juli 2015 in das Fach des Bezugsbetreuers Herrn W. eingeworfen, der sich zu diesem Zeitpunkt in Urlaub befand. Herr W. entdeckte das an den Kläger adressierte Schreiben an seinem ersten Arbeitstag (24.8.2015). Das Schreiben der Gesamtleitung des JHZ M... S... vom 26. August 2015 bestätigt die Vorgänge und ist für die Glaubhaftmachung des Wiedereinsetzungsgrundes ausreichend. Das JHZ M... S... hat bestätigt, dass es sich um ein einmaliges Versäumnis gehandelt habe und Vorkehrungen getroffen worden seien, um derartige Fehler in Zukunft zu vermeiden. Der Wiedereinsetzungsantrag wurde mitsamt der Begründung auch innerhalb der zweiwöchigen Frist des § 60 Abs. 2 VwGO gestellt, nämlich mit der Klageerhebung am 27. August 2015.
2.
Ausgangspunkt für die Prüfung, ob dem Kläger ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft zusteht, ist die Frage, ob ihm in dem Land seiner Staatsangehörigkeit Verfolgung droht. Dagegen ist es unerheblich, ob er in einem Drittstaat, in dem er seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte, Verfolgung befürchten muss. Denn eines Schutzes vor Verfolgung im Ausland bedarf es zur Erreichung des mit § 3 AsylG verfolgten Zieles nicht, wenn derjenige, der in einem Drittstaat verfolgt worden ist, den Schutz des Staates in Anspruch nehmen kann, dem er angehört (vgl. zu Art. 16 GG BVerwG, U. v. 18.10.1983 - 9 C 158.80 - BVerwGE 68, 106). Der Kläger ist afghanischer Staatsangehöriger. Eine Prüfung des § 3 AsylG erfolgt daher nur insoweit, ob dem Kläger in Afghanistan beachtliche Gefahren drohen, nicht jedoch in Bezug auf Pakistan.
Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG liegen nicht vor.
Gemäß § 3 Abs. 4 i. V. m. Abs. 1 AsylG besteht ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, wenn sich der Ausländer aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt oder dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will und er keine Ausschlusstatbestände erfüllt. In den §§ 3a bis 3e AsylG sind in Umsetzung von Art. 6 bis 10 der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. L 337/9 vom 20.12.2011) - QRL - (vgl. BT-Drs. 17/13063 S. 19) die Voraussetzungen für Verfolgungshandlungen, Verfolgungsgründe, Akteure, von denen Verfolgung ausgehen kann und Akteure, die Schutz bieten können, und für internen Schutz geregelt. Nach § 3c AsylG kann eine Verfolgung nicht nur vom Staat, sondern auch von nichtstaatlichen Akteuren ausgehen. Nach § 3a Abs. 1 AsylG gelten als Verfolgung i. S. des § 3 Abs. 1 AsylG Handlungen, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Art. 15 Abs. 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten - EMRK - (BGBl. 1952 - II S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist (Nr. 1), oder die in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nr. 1 beschriebenen Weise betroffen ist (Nr. 2).
Bei der Beurteilung der Flüchtlingseigenschaft ist der asylrechtliche Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit zugrunde zu legen. Der Wahrscheinlichkeitsmaßstab setzt voraus, dass bei einer zusammenfassenden Würdigung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Dabei ist eine „qualifizierende“ Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung anzulegen. Hierbei ist maßgeblich, ob in Anbetracht dieser Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnen Menschen in der Lage des Betroffenen Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann (BVerwG, U. v. 20.2.103 - 10 C 23/12 - NVwZ 2013, 936/940). Auf die Glaubhaftigkeit der Schilderung des Schutzsuchenden und die Glaubwürdigkeit seiner Person kommt es entscheidend an. Seinem persönlichen Vorbringen und dessen Würdigung ist daher gesteigerte Bedeutung beizumessen. Der Asylbewerber muss die persönlichen Umstände seiner Verfolgung und Furcht vor einer Rückkehr hinreichend substantiiert, detailliert und widerspruchsfrei vortragen, er muss kohärente und plausible wirklichkeitsnahe Angaben machen. Er muss die in seine Sphäre fallenden Ereignisse, zu denen insbesondere seine persönlichen Erlebnisse fallen, in einer Art und Weise schildern, die geeignet ist, den geltend gemachten Anspruch lückenlos zu tragen (VG Bayreuth, U. v. 13.7.2015 - B 3 K 14.30344 - juris). Dies ist nicht der Fall, wenn der Schutzsuchende im Laufe der Verfahrens unterschiedliche Angaben macht und sein Vorbringen unauflösbare Widersprüche enthält, wenn seine Darstellungen nach der Lebenserfahrung oder aufgrund der Kenntnis entsprechender vergleichbarer Geschehensabläuft nicht nachvollziehbar erscheinen, und auch dann, wenn er sein Vorbringen im Laufe des Verfahrens steigert, insbesondere wenn er Tatsachen, die er für sein Begehren als maßgeblich erachtet, ohne vernünftige Erklärung erst sehr spät in das Verfahren einführt (vgl. VGH BW, U. v. 27.8.2013 - A 12 S 2023/11 - juris, VGH Kassel, U. v. 4.9.2014 - 8 A 2434/11.A - juris).
Unter Zugrundelegung der Voraussetzungen des § 3 AsylG konnte das Gericht nicht die erforderliche Überzeugung gewinnen, dass der Kläger vor seiner Ausreise eine solche Verfolgung erlitten hat oder von einer solchen Verfolgung unmittelbar bedroht war. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die zutreffenden Ausführungen im Bescheid des Bundesamtes vom 24. Juli 2015 verwiesen (§ 77 Abs. 2 AsylG). Der Kläger hat angegeben, im Alter von einem Jahr gemeinsam mit seiner Familie nach Pakistan gegangen zu sein und dort ab diesem Zeitpunkt gelebt zu haben. Er hat eine Bedrohung in Pakistan, nicht aber in Afghanistan vorgetragen. Im Klageverfahren und insbesondere in der mündlichen Verhandlung wurden keine neuen Gesichtspunkte vorgetragen, die Anlass zu einer abweichenden Beurteilung geben könnten.
Dem Kläger droht wegen seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara nicht die Gefahr einer landesweiten Verfolgung. Wie der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seinem Urteil vom 03.07.2012 (Az. 13a B 11-30064 - juris) festgestellt hat, sind nach den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Maßstäben keine Anhaltspunkte für eine Gruppenverfolgung durch die Taliban oder andere nichtstaatliche Akteure wegen der Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara zu erkennen. Die Verfolgungshandlungen, denen die Hazara ausgesetzt sind, verfügen nicht über die für die Annahme einer Gruppenverfolgung erforderliche kritische Verfolgungsdichte. Hazara sind zwar in Afghanistan weiterhin einer gewissen Diskriminierung ausgesetzt (Auswärtiges Amt, Bericht vom 2.3.2015 über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, Stand Oktober 2014, S.10), „derzeit und in überschaubarer Zukunft aber keiner an ihre Volks- oder Religionszugehörigkeit anknüpfenden gruppengerichteten politischen oder religiösen Verfolgung“ (BayVGH, U. v. 3.7.2012 13a B 11.30064 - juris - Rn. 27; s.a. BayVGH, U. v. 21.6.2013 - 13a B 12.30170 - juris Rn. 24). Zudem wird im Lagebericht des Auswärtigen Amtes eine grundsätzliche Verbesserung für die während der Taliban-Herrschaft besonders verfolgten Hazara festgestellt (Auswärtiges Amt, Bericht vom 2.3.2015 über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, Stand Oktober 2014, S. 10).
Der Hinweis auf die Spannungen zwischen Sunniten und Schiiten sind unzureichend für eine flüchtlingsrelevante, konkrete und nicht unerhebliche Gefährdung des Klägers. Zudem weist das Auswärtige Amt in seinem Lagebericht darauf hin, dass Auseinandersetzungen zwischen Sunniten und Schiiten - mit der Ausnahme einer Anschlagsserie zum schiitischen Aschura-Fest am 6. Dezember 2011 - selten seien. Sowohl im Rat der Religionsgelehrten (Ulema) als auch im Hohen Friedensrat sind auch Schiiten vertreten (Auswärtiges Amt, Bericht vom 2.3.2015 über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, Stand Oktober 2014, S. 11). Dementsprechend geht auch aus der Mitgliedschaft des Vaters der Klägers in der schiitischbelutischen Shira-Konferenz, die er im Übrigen in der Anhörung gegenüber dem Bundesamt nicht erwähnt hatte, keine flüchtlingsrelevante Gefährdung des Klägers hervor, zumal es sich hierbei um eine Zusammenkunft in Pakistan handelt. Auch die vom Kläger vorgetragene Befürchtung einer Zwangsrekrutierung begründet keine flüchtlingsrelevante Gefährdung. Afghanistan kennt keine Wehrpflicht. Zwar sind Zwangsrekrutierungen nicht auszuschließen, allerdings erscheint nach den Erkenntnissen des Auswärtigen Amtes die Notwendigkeit für Zwangsrekrutierungen eher unwahrscheinlich, da die Tätigkeit bei der afghanischen Armee oder Polizei für den großen Teil der jungen männlichen Bevölkerung eine der wenigen Verdienstmöglichkeiten darstellt (Auswärtiges Amt, Bericht vom 2.3.2015 über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, Stand Oktober 2014, S. 12).
Demnach hat der Kläger in Afghanistan weder eine staatliche Verfolgung noch eine Bedrohung durch nichtstaatliche Akteure i. S. d. § 3 AsylG zu befürchten.
2.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylG. Danach ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als solcher gilt die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AsylG), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG) oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG). Nach § 4 Abs. 3 Satz 1 AsylG gelten dabei die §§ 3c bis 3e AsylG entsprechend. Damit werden die dortigen Bestimmungen über den Vorverfolgungsmaßstab, Nachfluchtgründe, Verfolgungs- und Schutzakteure und internen Schutz als anwendbar auch für die Zuerkennung subsidiären Schutzes erklärt.
2.1
Subsidiärer unionsrechtlicher Abschiebungsschutz nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 und 2 AsylG kommt deshalb nur in Betracht, wenn der Kläger schlüssig und substantiiert vorträgt, dass ihm im Falle seiner Rückkehr nach Afghanistan tatsächlich die konkrete Gefahr droht, dort körperlich misshandelt oder getötet zu werden. Davon ist vorliegend jedoch nicht auszugehen. Bereits infolge des langjährigen Aufenthalts des Klägers in Pakistan sowie mangels Vortrags sind weder Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass ihm im Falle seiner Rückkehr nach Afghanistan die Todesstrafe droht (§ 4 Abs. 1 Nr. 1 AsylG) noch dass er Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung zu befürchten hat (§ 4 Abs. 1 Nr. 2 AsylG). Insoweit wird auf den streitgegenständlichen Bescheid vom 24. Juli 2015 verwiesen (§ 77 Abs. 2 VwGO).
2.2
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG hinsichtlich der Provinz Ghazni. Dem Kläger droht in seiner Heimatprovinz keine ernsthafte individuelle Bedrohung seines Lebens infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts. Ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt liegt jedenfalls dann vor, wenn bewaffnete Konflikte im Hoheitsgebiet eines Staates zwischen dessen Streitkräften und abtrünnigen Streitkräften oder anderen organisierten Gruppen stattfinden, die unter verantwortlicher Führung eine solche Kontrolle über einen Teil des Hoheitsgebietes des Staates ausüben, dass sie anhaltende, koordinierte Kampfhandlungen ausüben können. Hiervon abzugrenzen sind Fälle bloßer innerer Unruhen oder Spannungen wie Tumulte oder vereinzelt auftretende Gewalttaten. Bei innerstaatlichen Krisen, die zwischen diesen Erscheinungsformen liegen, scheidet die Annahme eines bewaffneten Konfliktes zwar nicht von vornherein aus. Der Konflikt muss dann aber ein bestimmtes Maß an Intensität und Dauerhaftigkeit aufweisen, was beispielsweise bei Bürgerkriegsauseinandersetzungen oder Guerillakämpfen der Fall ist (vgl. EuGH, U. v. 30.1.2014 - Elgafaji, C-285/12
Aufgrund eines derartigen Konflikts muss für den Schutzsuchenden eine erhebliche individuelle Gefahr infolge willkürlicher Gewalt bestehen. In diesem Zusammenhang ist zu prüfen, ob sich die von einem bewaffneten Konflikt für eine Vielzahl von Zivilpersonen ausgehende und damit allgemeine Gefahr in der Person des Schutzsuchenden so verdichtet hat, dass sie eine ernsthafte und individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson i. S. d. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG darstellt. Hierbei ist jedenfalls annäherungsweise eine quantitative Ermittlung der Gesamtzahl der in dem betroffenen Gebiet lebenden Zivilpersonen einerseits und der Anzahl der Akte willkürlicher Gewalt andererseits, die von den Konfliktparteien gegen Leib oder Leben der Zivilpersonen verübt werden, sowie eine wertende Gesamtbetrachtung erforderlich (BVerwG, U. v. 27.4.2010 - 10 C 4/09 - BVerwGE 136, 360 Rn. 33). Ob die Voraussetzungen der Verfolgungsdichte erfüllt sind, ist aufgrund einer wertenden Betrachtung im Sinne der Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung zu entscheiden (BVerwG, U. v. 21.4.2009 - 10 C 11/08 - NVwZ 2009, 1237). Normalerweise hat ein derartiger bewaffneter Konflikt nicht eine solche Gefahrendichte, dass alle Bewohner des betroffenen Gebietes ernsthaft individuell bedroht sein werden. Ein Individualisierung der allgemeinen Gefahr kann ausnahmsweise bei einer außergewöhnlichen Situation eintreten, die durch einen so hohen Gefahrengrad gekennzeichnet ist, dass praktisch jede Zivilperson bei einer Rückkehr in das betreffende Land/die betreffende Region allein durch ihre Anwesenheit tatsächlich Gefahr liefe, einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit ausgesetzt zu sein. Dies bleibt allerdings außergewöhnlichen Situationen vorbehalten, die durch einen sehr hohen Gefahrengrad gekennzeichnet sind (BVerwG, U. v. 24.6.2008 - 10 C 43.07 - juris; EuGH, U. v. 17.2.2009 - Elgafaji, C-465/07
Der Bayer. Verwaltungsgerichtshof geht in seiner aktuellen Rechtsprechung auf der Grundlage der verfügbaren Erkenntnismittel davon aus, dass afghanische Staatsangehörige bei einer Rückkehr in die Südostregion, der die Provinz Ghazni zuzurechnen ist, nach derzeitiger Sicherheitslage im Allgemeinen keiner erheblichen individuellen Gefahr für Leib oder Leben nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG a. F. ausgesetzt sind (vgl. BayVGH, B. v. 20.8.2015 - 13a ZB 15.30062 - juris;
In der Person des Klägers sind keine gefahrerhöhenden Gesichtspunkte vorhanden. Als Angehöriger der Volksgruppe der Hazara wäre der Kläger keiner besonders hohen Gefährdung ausgesetzt. In der Provinz Ghazni gehören rund 44% der Bevölkerung dieser Volksgruppe an, weshalb nicht davon ausgegangen werden kann, dass diese Volkszugehörigkeit einen gefahrerhöhenden Umstand begründen würde (BayVGH, B. v. 1.12.2015 - 13a ZB 15.30224 - juris;
3.
Kann der Schutzsuchende keinen subsidiären Schutz erlangen, sind weiter hilfsweise die nationalen Abschiebungsverbote des § 60 Abs. 5 AufenthG und des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu prüfen (BVerwG, U. v. 27.4.2010 - 10 C 4/09 - BverwGE 136, 360).
3.1.
Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. In Konstellationen wie der Vorliegenden, in der gleichzeitig über die Gewährung unionsrechtlichen und nationalen Abschiebungsschutzes zu entscheiden ist, scheidet bei Verneinung der Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AsylG regelmäßig aus denselben tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen auch ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG in Bezug auf Art. 3 EMRK aus, weshalb in der Sache divergierende Bewertungen kaum denkbar sind (vgl. BVerwG, U. v. 31.1.2013 - 10 C 15/12 - juris; VG München, U. v. 8.5.2014 - M 15 K 12.30903 - juris Rn. 37). Es bestehen keine Anhaltspunkte für eine hiervon abweichende Fallgestaltung.
3.2.
Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG besteht ebenfalls nicht. Gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Allerdings sind nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG derartige Gefahren, denen die Bevölkerung oder Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen. Demnach kann der Schutzsuchende auf der Grundlage von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG lediglich individuelle nur ihm persönlich drohende Gefahren geltend machen (BVerwG, U. v. 29.6.2010 - 10 C 10/09 - NVwZ 2011, 48). Hingegen können allgemeine Gefahren außerhalb bewaffneter Konflikte, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Schutzsuchende angehört, nur bei Anordnungen nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG berücksichtigt werden. Hierzu zählt auch eine unzureichende Versorgungslage in Afghanistan, die insbesondere für Rückkehrer ohne Berufsausbildung und ohne familiäre Unterstützung besteht. Diese Gefahr kann auch dann nicht im Rahmen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG berücksichtigt werden, wenn sie durch Umstände in der Person oder in den Lebensverhältnissen des Ausländers begründet oder verstärkt wird, aber nur eine typische Auswirkung der allgemeinen Gefahrenlage darstellt (BVerwG, U. v. 8.12.1998 - 9 C 4.98 - BverwGE 108, 77). Dann greift grundsätzlich die Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG. Eine Abschiebestoppanordnung besteht jedoch für die Personengruppe, der der Kläger angehört, nicht.
Jedoch ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Einzelfall Ausländern, die einer gefährdeten Gruppe i. S. d. § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG angehören, für die kein Abschiebestopp nach § 60a Abs. 1 AufenthG vorliegt, ausnahmsweise Schutz vor der Abschiebung in verfassungskonformer Handhabung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu gewähren, wenn die Abschiebung wegen einer extremen Gefahrenlage im Zielstaat Verfassungsrecht verletzen würde. Dies ist der Fall, wenn der Schutzsuchende gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert werden würde (st. Rspr. des BverwG, z. B.
Die allgemeine Gefahr in Afghanistan hat sich für den Kläger nicht derart zu einer extremen Gefahr verdichtet, dass eine entsprechende Anwendung von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG geboten ist. Wann allgemeine Gefahren sich zu einer extremen Gefahr verdichten und somit zu einem Abschiebungsverbot von Verfassungs wegen führen, hängt maßgeblich von den Umständen des Einzelfalls ab. Die drohenden Gefahren müssen jedoch nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht sein, dass sich daraus bei objektiver Betrachtung für den Ausländer die begründete Furcht ableiten lässt, selbst in erheblicher Weise Opfer der extremen allgemeinen Gefahrenlage zu werden. Bezüglich der Wahrscheinlichkeit des Eintritts der drohenden Gefahren ist von einem im Vergleich zum Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit erhöhten Maßstab auszugehen. Die Gefahren müssen dem Ausländer daher mit hoher Wahrscheinlichkeit drohen. Dieser Wahrscheinlichkeitsgrad markiert die Grenze, ab der seine Abschiebung in den Heimatstaat verfassungsrechtlich unzumutbar erscheint. Zudem müssen sich die Gefahren alsbald nach der Rückkehr realisieren. Das bedeutet nicht, dass im Falle der Abschiebung der Tod oder schwerste Verletzungen sofort, gewissermaßen noch am Tag der Abschiebung, eintreten müssen. Vielmehr besteht eine extreme Gefahrenlage auch dann, wenn der Schutzsuchende mangels jeglicher Lebensgrundlage dem baldigen sicheren Hungertod ausgeliefert werden würde (vgl. BVerwG, U. v. 29.6.2010 - 10 C 10.09 - BVerwGE 137, 226).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bayer. Verwaltungsgerichtshofs (z. B.
Im Hinblick auf die allgemeine Sicherheitslage in Kabul ist nicht von einer extremen allgemeinen Gefahrenlage auszugehen (s.a. OVG NW, B. v. 20.7.2015 - 13 A 1531/15.A - juris; VG Köln, U. v. 15.9.2015 - 14 K 6064/14.A - juris). So wird im EASO-Bericht darauf hingewiesen, dass laut UNOCHA das Risiko für einen Zivilisten in der Provinz Kabul relativ gering ist, obwohl der Distrikt Kabul im Vergleich zu den meisten Distrikten in der Provinz und dem Land als Ganzes eine hohe Opferzahl aufweist. Dies liegt in der hohen Bevölkerungszahl (die Provinz Kabul verfügt über ca. 4 Mio. Einwohner) begründet (EASO, Country of Origin Information Report, Afghanistan, Security Situation, Januar 2015, S. 37). Die in den ersten Monaten des Jahres 2015 erfolgte Verschlechterung der Sicherheitslage führt zu keiner anderen Bewertung. Laut ECOI wurden unter Verweis auf den UNAMA Midyear Report 2015 in der ersten Hälfte des Jahres 2015 in Kabul bei zwölf Vorfällen 42 Zivilisten getötet und 260 weitere verletzt (European Country of Origin Information Network, Allgemeine Sicherheitslage in Afghanistan und Chronologie für Kabul, 15.7.2015). Des Weiteren wurden am 7. August 2015 in Kabul Anschläge verübt, welche über 70 Todesopfer und mehrere Hundert Verletzte unter der Zivilbevölkerung forderten (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Update zur aktuellen Sicherheitslage in Afghanistan vom 13.9.2015, S. 4). Diese Entwicklung ist in Anbetracht der hohen Bevölkerungszahl für die Annahme einer Extremgefahr unzureichend, denn die Wahrscheinlichkeit, in Kabul als Zivilperson Opfer eines Anschlags zu werden, liegt noch immer unter der Schwelle für eine Extremgefahr (s.a. VG Köln, U. v. 15.9.2015 - 14 K 6064/14.A - juris).
Eine konkrete Gefahr für Leib und Leben ergibt sich für den Kläger auch nicht aus der allgemeinen Versorgungslage in Kabul. Die Versorgungslage ist zwar kritisch (Auswärtiges Amt, Bericht vom 2.3.2015 über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, Stand Oktober 2014, S. 21 ff.; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Update zur aktuellen Sicherheitslage in Afghanistan vom 13.9.2015, S. 20 ff.). Gleichwohl muss nicht jeder Rückkehrer aus Europa generell in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit den Tod oder schwerste Gesundheitsschäden bei einer Rückführung erleiden (VG Bayreuth, U. v. 1.4.2015 - B 3 K 14.30510 - juris; VG Gelsenkirchen, U. v. 20.8.2015 - 5a K 2487/14.A - juris). Die Situation der Rückkehrenden stellt sich zwar als weiterhin schwierig dar (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Update zur aktuellen Sicherheitslage in Afghanistan vom 13.9.2015, S. 22). Allerdings weist das Auswärtige Amt in seinem Lagebericht darauf hin, dass sich Afghanistan im Hinblick auf den Human Development Index (HDI) kontinuierlich verbessert habe; in fast allen Bereich sei - bei einem weiterhin beträchtlichen Entwicklungsbedarf - eine positive Entwicklung gegeben (Auswärtiges Amt, Bericht vom 2.3.2015 über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, Stand Oktober 2014, S. 21).
Im Sinne einer Gesamtgefahrenschau ist nicht davon auszugehen, dass dem Kläger bei einer Rückführung nach Afghanistan alsbald der sichere Tod drohen oder ernste Gesundheitsbeeinträchtigungen zu erwarten wären. Der Kläger ist gesund und leistungsfähig. Zwar hat er in Pakistan die Schule nur bis zur 6. Klasse besucht. Allerdings hat er in Deutschland einen Alphabetisierungskurs absolviert und eine Ausbildung zum Maler begonnen. Der Kläger spricht Dari, Urdu und Deutsch, was gleichermaßen seine Chancen, eine Arbeit zu finden, erhöht. Es ist auch in Anbetracht seines noch vergleichsweise jungen Alters davon auszugehen, dass er befähigt sein wird, sich sein Existenzminimum auch ohne örtliche Kenntnisse und ohne familiäre Anbindung zumindest in Kabul zu sichern.
Der langjährige Aufenthalt des Klägers in Pakistan steht dieser Einschätzung nicht entgegen. Schließlich hat der Kläger den größten Teil seines Lebens in einer islamisch geprägten Umgebung verbracht (so auch BayVGH, B. v. 30.9.2015 - 13a ZB 15.30063 - juris). Zudem spricht der Kläger die Landessprache Dari, weshalb es nicht maßgeblich darauf ankommt, ob er speziell mit den afghanischen Verhältnissen vertraut ist (vgl. BayVGH, B. v. 19.2.2014 - 13a ZB 14.30022 - juris; VG Bayreuth, U. v. 1.4.2015 - B 3 K 14.30510 - juris; VG München, U. v. 20.6.2013 - M 15.K 12.31010 - juris). Auch hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung angegeben, die Familie eines Onkels sei in der Gegend von Kabul ansässig.
4.
Die vom Bundesamt verfügte Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung sind nicht zu beanstanden. Die betreffende Entscheidung beruht auf § 34 Abs. 1 AsylG, § 59 Abs. 1 bis 3 AufenthG, § 38 Abs. 1 AsylG. Die Voraussetzungen dieser Vorschriften sind gegeben. Die Bezeichnung des Abschiebezielstaats im Bescheid des Bundesamtes genügt den Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen (BayVGH, B. v. 10.1.2000 - 19 BZ 99.33208 - juris Rn. 4).
Somit konnte die Klage keinen Erfolg haben.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG.
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Tatbestand
Der zur Person nicht ausgewiesene Kläger ist seinen Angaben zufolge afghanischer Staatsangehöriger, Mitglied der Volksgruppe der Hazara und schiitischen Glaubens. Sein letzter Wohnort im Heimatland war die Provinz Parwan, Distrikt Sheikh Ali, Dorf Djaff. Eigenen Angaben zufolge ist er am ...1995 (...1374) geboren. Er reiste nach seinen Angaben über Österreich auf dem Landweg nach Deutschland ein und stellte am 28. Oktober 2010 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) einen Asylantrag.
Bei seiner Anhörung durch das Bundesamt am
Mit Bescheid des Bundesamtes vom 11. August 2011 wurde festgestellt, dass der Asylantrag unzulässig sei und es wurde die Abschiebung nach Ungarn angeordnet. Auf den hiergegen gestellten einstweiligen Rechtsschutzantrag wurde mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach
Das Bundesamt erkannte dem Kläger mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 13. Mai 2014 die Flüchtlingseigenschaft nicht zu (Ziffer 1.), lehnte den Antrag auf Asylanerkennung ab (Ziffer 2.), erkannte den subsidiären Schutzstatus nicht zu (Ziffer 3.) und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Ziffer 4.). In Ziffer 5. des Bescheides wurde der Kläger aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen, andernfalls wurde ihm die Abschiebung, zuvorderst nach Afghanistan, angedroht. Zur Begründung wurde hinsichtlich Flüchtlingseigenschaft und Asylberechtigung im Wesentlichen vorgetragen, dass der Kläger nicht glaubhaft habe machen können, dass er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung außerhalb seines Herkunftsstaates aufhalte oder bei einer Rückkehr mit Verfolgungsmaßnahmen rechnen müsse. Sein gesamter Sachvortrag sei vage und lasse jegliche Details vermissen. Er habe lediglich pauschal in den Raum gestellt, die Feinde seines Vaters hätten ihn mit Waffen bedroht und mitnehmen wollen. Er habe nicht einmal ansatzweise darlegen können, worin die Feindschaft zwischen seinem Vater und diesen Leuten begründet sein sollte und wie man zu der Annahme kommen sollte, dass der geschilderte Vorfall tatsächlich damit im Zusammenhang stehen sollte. Ebenso verhalte es sich mit dem Vortrag, auf seinen Bruder sei schon einmal in den Bergen geschossen worden. Auch hier fehlten jegliche Ausführungen, inwieweit dies in einem Zusammenhang mit der behaupteten alten Feindschaft seines Vaters stehen solle. Trotz mehrmaliger Nachfrage sei er nicht in der Lage gewesen, irgendwelche Angaben zu dieser angeblichen Feindschaft zu machen. Er habe nur immer wieder vorgetragen, dass er darüber nichts wisse, weil sein Vater ihm den Grund nicht gesagt, sondern nur von einer alten Feindschaft gesprochen habe. Auch auf die Frage, ob diese Feinde einmal an seinen Vater herangetreten seien, sei keine befriedigende Antwort erfolgt. Er habe hierzu lediglich vorgetragen, dass einmal in den Bergen auf seinen Bruder geschossen worden sei. Dass er nie etwas über diese angeblich alte Feindschaft mitbekommen haben solle, könne ihm nicht abgenommen werden. Hinsichtlich des begehrten subsidiären Schutzstatus wurde ausgeführt, dass zwar davon auszugehen sei, dass nunmehr in allen Teilen Afghanistans ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt herrsche. Der vorliegend festgestellte Grad willkürlicher Gewalt erreiche aber nicht das für eine Schutzgewährung erforderliche hohe Niveau, demzufolge jedem Antragsteller allein wegen seiner Anwesenheit im Konfliktgebiet ohne weiteres Schutz nach § 4 Abs. 1 Nr. 3 AsylVfG gewährt werden müsse. Der Kläger habe auch keine persönlichen, gefahrerhöhenden Umstände glaubhaft machen können. Hinsichtlich § 60 Abs. 5 AufenthG wurde ausgeführt, dass in Bezug auf Art. 3 EMRK eine andere Bewertung als im Rahmen von § 4 Abs. 1 Nr. 2 AsylVfG kaum denkbar sei. Daher werde auf die diesbezügliche Argumentation verwiesen. Hinsichtlich § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG wird die ablehnende Entscheidung dahingehend begründet, dass eine extreme Gefahrenlage im Sinne dieser Bestimmung nicht vorläge. Bei dem Kläger handle es sich um einen inzwischen volljährigen, ungebundenen, gesunden und arbeitsfähigen Mann, so dass es für ihn auch möglich erscheine, auch ohne familiären Rückhalt im Falle einer Rückkehr in der Lage zu sein, durch Gelegenheitsarbeiten wenigstens ein kleines Einkommen zu erzielen, um sich damit ein Leben am Rand des Existenzminimums zu finanzieren. Auch könnten sich noch seine Eltern, seine zwei Brüder und drei Schwestern in Afghanistan aufhalten, da diese zum Zeitpunkt seiner Ausreise noch im Dorf D. gewesen sein sollen, der Kläger nur nicht wisse, ob sie nach wie vor dort leben würden. Des Weiteren habe er vorgetragen, noch zwei Onkel väterlicherseits und eine Tante mütterlicherseits in Afghanistan zu haben. Es sei nicht ersichtlich, dass diese ihm bei einer Rückkehr Hilfe und Unterstützung im Bedarfsfall versagen würden. Der Bescheid wurde ausweislich der Bundesamtsakte am 14. Mai 2014 zur Post gegeben.
Mit Telefax vom 30. Mai 2014 seines Bevollmächtigten ließ der Kläger die vorliegende Klage erheben. Der Kläger beantragt:
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes vom 13. Mai 2014 verpflichtet, den Kläger als Flüchtlinge nach § 3 AsylVfG, § 60 Abs. 1 AufenthG anzuerkennen und festzustellen, dass in seiner Person die Voraussetzungen des § 60, Abs. 2 bis 7 AufenthG für subsidiäre und nationale Abschiebeverbote vorliegen.
Zur Begründung wurde zunächst auf das Urteil des VG Köln
Mit Schriftsatz des Bevollmächtigten des Klägers vom 19. November 2014 wurde unter Vorlage des Betreuerausweises mitgeteilt, dass für den Kläger vom Amtsgericht ... eine Betreuung eingerichtet worden sei. Vorgelegt wurde auch das psychiatrische Gutachten des Dr. H***** vom 18. August 2014 als Grundlage der Bestellung. Daraus gehe hervor, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG beim Kläger vorlägen. In dem Gutachten, auf das hinsichtlich der Einzelheiten Bezug genommen wird, wird ab Seite 6 unter „Zusammenfassung und Beurteilung“ im Wesentlichen folgendes ausgeführt: Der Kläger sei in der Gemeinschaftsunterkunft sozial isoliert, berichte über Suizidgedanken, Schlafstörungen, Alpträume. Er habe für eine allgemein gehaltene Konversation ausreichend Deutsch gelernt, sei aber sicherlich mit der Erledigung von Behördenangelegenheiten schon sprachlich überfordert. Von kinder- und jugendpsychiatrischer Seite sei ihm neben Schlafstörungen und depressiven Symptomen eine psychische Traumatisierung bescheinigt. Der Kläger sei ohne Zweifel psychisch belastet. Nach Einschätzung des Gutachters liege mehr als eine sprachliche Überforderung vor. Die geschilderte Symptomatik spreche für eine posttraumatische Belastungsstörung und depressive Episode. Im Sinne des Betreuungsgesetzes handele es sich um eine psychische Krankheit. Vor diesem Hintergrund bedürfe er der Hilfe und Unterstützung in Form einer Betreuung für die Angelegenheiten der Gesundheitssorge, Vertretung bei Behörden und Versicherungen, Geltendmachung von Ansprüchen auf Sozialleistungen, Vertretung in ausländerrechtlichen Verfahren, in Wohnungs- und Ausbildungsangelegenheiten.
Mit weiterem Schriftsatz des Bevollmächtigten vom 18. Dezember 2014 wurde von Seiten der Beklagten eine kinder- und jugendpsychiatrische Stellungnahme der überörtlichen Gemeinschaftspraxis Dr. W., B., B., ... vom 27. November 2014 vorgelegt. Darin ist unter Anamnese u. a. ausgeführt, dass der Kläger sich in der Praxis erstmals am 10. Februar 2014 vorgestellt habe. Er berichte, dass er massive Schlafprobleme habe, Alpträume, ständige Kopfschmerzen. Unter „Diagnose“ wurde „Schlafstörung und depressive Symptome nach Traumatisierung (F 32.2)“ ausgeführt. Unter „Beurteilung und Empfehlung“ wurde ausgeführt, dass der Unterzeichner sich sicher sei, dass der Kläger dringend ärztliche und therapeutische Hilfe bis auf Weiteres benötige. Im Heimatland wäre eine entsprechende Versorgung nicht möglich. Von einer Abschiebung werde aus ärztlicher und therapeutischer Sicht dringend abgeraten. Diese könne eine schnelle und dramatische Verschlechterung seines psychopathologischen Zustandes zur Folge haben, auch eine akute Suizidalität sei durchaus denkbar.
Die Beklagte beantragt
Klageabweisung
unter Bezugnahme auf die angefochtene Entscheidung.
Mit Schriftsatz vom 8. Januar 2015 wurde zum Gutachten des Dr. H. vom 18. August 2014 dahingehend Stellung genommen, dass es darin, abgesehen davon, dass dem Gutachten die fachärztliche Kompetenz des Begutachters nicht zu entnehmen sei, vornehmlich um die Notwendigkeit einer Betreuung gegangen sei. Eine Traumatisierung sei dem Gutachten daher nicht zu entnehmen. Insbesondere sei ihm keine gezielte Diagnose zu entnehmen, sondern lediglich ein allgemeiner Hinweis auf das Vorliegen einer psychischen Belastung, sowie lediglich ein Verdacht auf eine posttraumatische Belastungsstörung, allerdings einzig aufgrund der gezeigten Symptome. Angesichts der Unschärfen des Krankheitsbildes sowie seiner vielfältigen Symptome könne dies nicht genügen, um eine entsprechende Diagnose zu belegen. Es würden nicht einmal mögliche traumatische oder traumatisierende Ereignisse aufgezeigt. Zudem stelle sich die Frage, warum erst jetzt das mögliche Vorliegen einer PTBS geltend gemacht werde, da der Kläger bereits seit über vier Jahren in der Bundesrepublik weile. Ursächlich für die aufgeführten Symptome könnten auch Heimatlosigkeit/Heimweh, Isoliertheit, Perspektivlosigkeit, Hoffnungslosigkeit, Enttäuschung aufgrund unerfüllter Erwartungen etc. sein, Umstände, die einen jungen Mann durchaus psychisch erschüttern könnten.
Mit Schriftsatz des Bevollmächtigten des Klägers vom 14. April 2015 wurde eine Aktualisierung vom 13. April 2015 der kinder- und jugendpsychiatrischen Stellungnahme der überörtlichen Gemeinschaftspraxis Dr. W., B., B., ... vom 27. November 2015 vorgelegt. Dieser ist zu entnehmen, dass der Kläger weiter unter den in der Stellungnahme vom 27. November 2014 genannten Symptomen leide. Eine Verbesserung seiner psychopathologischen Befindlichkeit habe sich bisher nicht eingestellt. Er benötige weiter dringend fachpsychiatrische Behandlung. Diese wäre im Heimatland für ihn völlig unrealistisch. Im Falle einer Abschiebung sei eine akute Suizidalität durchaus wahrscheinlich.
Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze, die Bundesamtsakten und die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 15. April 2015 Bezug genommen.
Gründe
Der vom Bevollmächtigten des Klägers gestellte Klageantrag war entsprechend der obergerichtlichen Rechtsprechung dahingehend auszulegen, dass mit ihm im Hauptantrag die Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylVfG, § 60 Abs. 1 AufenthG begehrt wird. Sie ist weiter dahingehend auszulegen, dass in einem ersten Hilfsantrag die Feststellung, dass der Kläger subsidiär Schutzberechtigter im Sinne des § 4 AsylVfG (der aufgrund des Gesetzes vom 28. August 2013, BGBl. I S. 3474 mit Wirkung vom 1. Dezember 2013 an die Stelle der früheren Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2, 3 und 7 Satz 2
AufenthG getreten ist) ist, sowie in einem weiteren Hilfsantrag die Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung der nationalen Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5, Abs. 7 Satz 1 AufenthG begehrt wird.
Die Klage ist in dieser Auslegung zulässig, aber unbegründet. Der Kläger hat weder einen Anspruch auf die im Hauptantrag (hierzu im Folgenden 1.) noch auf eine der in den Hilfsanträgen (hierzu im Folgenden 2. und 3.) begehrten Feststellungen. Daher ist auch die in Ziffer 5 des streitgegenständlichen Bescheides verfügte Abschiebungsandrohung nicht zu beanstanden (hierzu im Folgenden 4.).
1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylVfG, § 60 Abs. 1 AufenthG.
Nach § 3 Abs. 1 AsylVfG ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe (Nr. 1) außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt (Nr. 2). Die befürchtete Verfolgung muss also an einen dieser Verfolgungsgründe, die in § 3b AsylVfG genau erläutert werden, anknüpfen. Daneben muss der Asylbewerber die persönlichen Umstände seiner Verfolgung und Furcht vor einer Rückkehr hinreichend substantiiert, detailliert und widerspruchsfrei vortragen. Er muss kohärente und plausible Angaben machen. Fehlt es hieran, kann sein Vorbringen insoweit als nicht glaubhaft zurückgewiesen werden (BVerwG, U. v. 23.2.1988, 9 C 32/87, juris und
Nach diesen Maßstäben konnte der Kläger auch unter Berücksichtigung seiner Ausführungen in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht eine ihm bei einer Rückkehr nach Afghanistan in seiner Heimatregion drohende Verfolgung im dargestellten Sinne nicht glaubhaft machen. Das Gericht nimmt insoweit nach § 77 Abs. 2 AsylVfG zur Vermeidung von Wiederholungen zuvorderst auf die zutreffenden Ausführungen des Bundesamts im streitgegenständlichen Bescheid Bezug.
Die vom Bundesamt im streitgegenständlichen Bescheid festgestellten Ungereimtheiten konnte der Kläger auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht nicht ausräumen. Soweit er dort auf Nachfrage des Richters, warum gerade er getötet würde, angegeben hatte, dass sein Vater Kommandant gewesen sei und gegen die Taliban gekämpft habe, widerspricht dies seinen Angaben beim Bundesamt. Es kann daher nicht als Grund für die vom Kläger geltend gemachte Bedrohung durch die Feinde seines Vaters berücksichtigt werden. Soweit der Bevollmächtigte des Klägers in der mündlichen Verhandlung hierzu anmerkte, dass beim Bundesamt danach auch nicht gefragt worden sei und der Anhörung insgesamt zu entnehmen gewesen sei, dass der Anhörende wenig Interesse an den Gründen dieser Feindschaft gehabt habe, kann dem nach Lektüre der Anhörungsniederschrift in keiner Weise gefolgt werden. Denn der Niederschrift, insbesondere den Seiten 4 bis 6 ist zu entnehmen, dass der Anhörende wiederholt nachgefragt hat, warum diese Leute ihn mitnehmen sollten und worin die angebliche alte Feindschaft begründet sei. Einen Grund dafür konnte der Kläger trotz mehrmaliger Nachfrage bei der Anhörung nicht geben. Ebenso wenig ist der Niederschrift über die Anhörung zu entnehmen, dass der Kläger, wie er in der mündlichen Verhandlung behauptete, den Kampf seines Vaters gegen die Taliban erwähnt hätte. Etwaige Verständigungsschwierigkeiten zwischen dem Kläger und dem Dolmetscher bei der Anhörung lassen sich hierfür auch nicht anführen, da die Anhörung in die Sprache Dari gedolmetscht wurde, in der auch die Übersetzung in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht erfolgte. Dass eine Verständigung mit dem Dolmetscher für Dari in der mündlichen Verhandlung nicht oder nur schwierig möglich gewesen wäre, konnte der Richter in der mündlichen Verhandlung gerade nicht feststellen. Im Gegenteil funktionierte die Verständigung vollkommen unproblematisch. Schließlich leuchtet es auch nicht ein, dass der Kläger einen derart wichtigen Umstand, ja letztlich das Motiv für seine Flucht aus seinem Heimatland, trotz mehrmaliger Nachfrage des Anhörers beim Bundesamt nicht nannte. Dies lässt letzten Endes nur den Schluss zu, dass es sich bei der Erklärung, sein Vater sei Kommandant gegen die Taliban gewesen, um gesteigertes Vorbringen handelt, das der Kläger in der mündlichen Verhandlung vorbrachte, um seinen bisher unglaubwürdigen Vortrag mehr Glaubwürdigkeit zu verleihen. Der Vortrag des Klägers zu den Gründen für seine Ausreise lässt sich damit dahingehend zusammenfassen, dass unbekannte Feinde seines Vaters gekommen seien, um ihn aus ihm nicht bekannten Gründen mitzunehmen. Einen Grund dafür habe sein Vater ihm trotz Nachfrage nicht geliefert. Dieser Vortrag ist schlichtweg nicht glaubwürdig.
Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung durch die Aussage, sein Dorf sei von Paschtunen umgeben, und diese seien alle Taliban, andeutet, dass die in der Mehrzahl aus der Volksgruppe der Paschtunen bestehenden Taliban die Hazara, zu denen auch der Kläger gehört, verfolgen würden, ist festzuhalten, dass eine Gruppenverfolgung der Hazara nach der derzeitigen Auskunftslage nicht stattfindet. Denn die in das Verfahren eingeführten Erkenntnismittel berichten über die Behandlung der Hazara in Afghanistan weitgehend übereinstimmend. Nach dem aktuellen Lagebericht des Auswärtigen Amts beträgt der Anteil der Volksgruppe der Hazara ca. 19 Prozent der Gesamtbevölkerung. Die afghanische Verfassung schütze sämtliche ethnischen Minderheiten. Das Parteiengesetz verbiete die Gründung politischer Parteien entlang ethnischer Grenzen. In der Regierung seien alle großen ethnischen Gruppen vertreten. Es gebe Bemühungen, Armee und Polizeikräfte so zu besetzen, dass sämtliche Volksstämme angemessen repräsentiert seien. Seit dem Ende der Talibanherrschaft habe sich die Situation auch für die traditionell diskriminierten Hazara insgesamt verbessert, obwohl die hergebrachten Spannungen in lokal unterschiedlicher Intensität fortbestünden und auch immer wieder auflebten. Gesellschaftliche Spannungen bestünden fort und lebten in lokal unterschiedlicher Intensität gelegentlich wieder auf (ständige Lageberichterstattung, zuletzt vom 3.3.2015). Nach der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (SFH) verlaufe der Ressourcenkampf oft entlang der ethnischen Linien. Hazara seien mit Diskriminierungen im Alltag konfrontiert. Zu gewaltsamen Auseinandersetzungen führten vor allem Konflikte um Land, Wasser und Weiderechte zwischen Hazara und Kuchi (hierzu auch Accord vom 5.2.2013). Da die Taliban nach einer landesweiten Akzeptanz strebten, würden sie Konflikte mit ethnischen Minderheiten bewusst vermeiden (SFH-Update vom 3.9.2012). Hazara werden nicht wie etwa Hindu und Sikhs zu den speziell gefährdeten Personengruppen gezählt. Allerdings sei davon auszugehen, dass Ethnien, die die Minderheit in ihrer Wohngegend bildeten, verletzlicher seien (SFH-Updates zur aktuellen Sicherheitslage vom 3.2.2006, vom 21.8.2008, vom 26.2 und 11.8.2009 und vom 11.8.2010). Der UNHCR ist der Auffassung, dass trotz der verfassungsrechtlichen Garantie der Gleichheit aller ethnischen Gruppen und Stämme und der Bestrebungen der Regierung, sich mit den Problemen der ethnischen Minderheiten zu befassen, weiterhin Diskriminierung und ethnische Konflikte insbesondere im Zusammenhang mit Land und Eigentumsfragen auftreten. Es werde auch über starke Diskriminierung ethnischer Minderheiten in einigen Gegenden berichtet, meistens in Form der Versagung des Zugangs zu Bildung und anderen Diensten sowie zu politischer Vertretung. In den Gegenden, in denen eine Volksgruppe eine ethnische Minderheit darstellt, könnten die Angehörigen dieser Minderheit einer Verfolgungsgefahr aufgrund ihrer ethnischen Volkszugehörigkeit/Rasse ausgesetzt sein. In dieser Hinsicht erstrecke sich die Furcht vor Verfolgung aber nicht notwendigerweise auf das gesamte afghanische Gebiet (Stellungnahmen vom 10.11.2009 und vom 30.11.2009 an BayVGH) und sei abhängig von den individuellen Umständen des Falls (Stellungnahme vom 11.11.2011 an OVG Rheinland-Pfalz). Eine ausführliche Darstellung der Minderheit der Hazara findet sich im ÖIF-Länderinfo vom Februar 2010. Die Hazara, die 9 Prozent der Bevölkerung Afghanistans ausmachten und zum 19-prozentigen Anteil an Schiiten zählten, stellten in doppelter Hinsicht, nämlich ethnisch und religiös, gegenüber den Paschtunen und Tadschiken eine Minderheit dar. Ihr Hauptsiedlungsgebiet sei das Hazarajat, ein Gebiet in Zentralafghanistan, verteilt auf verschiedene Provinzen mit dem Großteil der Provinz Bamjan und acht weiteren Provinzen. Daneben gebe es nennenswert hazarische Gruppen in den größeren Städten Afghanistans, insbesondere in Kabul und Herat. Sie bildeten dort die ökonomische Unterschicht und blieben weitgehend vom Rest der Gesellschaft getrennt. Seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert seien die Hazara meist von einer paschtunischen Elite beherrscht, benachteiligt und unterdrückt worden. Erst mit dem Beginn der kriegerischen Auseinandersetzungen im Zuge der kommunistischen Machtergreifung Ende 1970 sei es den Hazara gelungen, eine gewisse Autonomie und schließlich auch eine gemeinsame politische Führung zu erlangen. Im Jahr 1989 sei die Hizb-e Wahdat gegründet worden, die einen Großteil der Hazara hinter sich versammele. Während des Bürgerkriegs und der anschließenden Herrschaft der Taliban sei es mehrmals zu Massakern an den schiitischen Hazara gekommen (vgl. Ahmed Rashid, Taliban, S. 62 ff., 98 ff. und 113 ff.). Nach dem Sturz der Taliban seien die Hazara immer in den verschiedenen Regierungen Präsident Hamid Karzais vertreten gewesen. Aktuell bestehe der größte Konflikt der Hazara in der ungelösten Frage der Weiderechte der Nomaden im Hazarajat, wo es alljährlich zu bewaffneten Auseinandersetzungen komme. Nach dem Sturz der Taliban im Jahr 2001 habe es keine Angriffe der Taliban auf Schiiten allgemein mehr gegeben und seien die Hazara nicht mehr aus ethnischen und religiösen Motiven von den Taliban verfolgt worden.
Nach Würdigung aller dieser Erkenntnisse im Wege einer Gesamtschau ist das Gericht der Überzeugung, dass Hazara in Afghanistan keiner an ihre Volks- oder Religionszugehörigkeit anknüpfenden Gruppen gerichteten politischen oder religiösen Verfolgung ausgesetzt sind. Diese Auffassung wird in der Rechtsprechung weitgehend geteilt (vgl. BayVGH, U. v. 3.7.2012, 13a B 11.30064, jurs; BayVGH
Anderweitige Gründe, die eine Furcht vor Verfolgung in Anknüpfung an eines der in § 3b AsylVfG genannten Merkmale begründen würde, hat der Kläger nicht geltend gemacht und sind auch sonst nicht ersichtlich.
2. Auch die Voraussetzungen für die Feststellung der subsidiären Schutzberechtigung nach § 4 AsylVfG liegen nicht vor.
Die ihm bei einer Rückkehr nach Afghanistan drohende Gefahr einer Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe aufgrund eines Gerichtsurteils (zum letzteren vgl. Bergmann in: Renner/Bergmann/Dienelt, AuslR, § 60 AufenthG, zur Vorgängervorschrift des § 60 Abs. 3 AufenthG) hat der Kläger nicht geltend gemacht. Anhaltspunkte diesbezüglich sind auch nicht ersichtlich.
Auch die Gefahr eines ernsthaften Schadens aufgrund von Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylVfG) hat der Kläger nicht glaubhaft gemacht. Auch insoweit wird nach § 77 Abs. 2 AsylVfG zur Vermeidung von Wiederholungen auf die entsprechenden zutreffenden Ausführungen im streitgegenständlichen Bundesamtsbescheid Bezug genommen. Insoweit macht der Kläger sinngemäß die gleichen Ausführungen bzw. Gründe geltend, wie bereits im Rahmen des § 3 AsylVfG. Nachdem diese nicht als glaubwürdig einzustufen waren, kann im Rahmen des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylVfG nichts anderes gelten.
Es liegt auch kein Fall des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylVfG vor. Der Kläger hat eine ernsthafte individuelle Bedrohung seines Lebens oder seiner Unversehrtheit als Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts in seiner Heimatregion, den Bezirk Sheikh Ali, Provinz Parvan, nicht glaubhaft machen können. Der Kläger führte insoweit in der mündlichen Verhandlung aus, dass die Taliban ihre (gemeint: die der Hazaras) Dörfer ständig angriffen und die Jugendlichen könnten die Dörfer dann nicht verlassen. Auch nach seiner Ausreise habe es nach Auskunft seines Vaters noch eine Auseinandersetzung mit den Taliban gegeben, bei der sein Onkel väterlicherseits getötet worden sei. Nach der dem Gericht bekannten Auskunftslage ist in dem Heimatdistrikt der Provinz Parvan des Klägers aufgrund der in den letzten Jahren angestiegenen Zahl von Auseinandersetzungen zwischen aufständischen Regierungstruppen wohl von einem innerstaatlichen bewaffneten Konflikt im Sinne der genannten Vorschrift auszugehen. Allerdings liegt auch unter Berücksichtigung dieser Auseinandersetzungen nach der Auskunftslage im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung jedenfalls die für die Feststellung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 Nr. 3 AsylVfG zusätzlich notwendige ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson nicht vor.
Der Jahresbericht 2014 der United Nations Assistance Mission in Afghanistan (UNAMA) weist für dieses Jahr in ganz Afghanistan 10.548 zivile Opfer (Tote und Verletzte) des bewaffneten Konflikts in Afghanistan aus. Dies stellt einen deutlichen Anstieg gegenüber der 2013 festgestellten Zahl von 8637 zivilen Opfern (Tote und Verletzte) dar. Dementsprechend stellt die UNAMA in dem genannten Bericht auch fest, dass die mit dem Konflikt verbundene Gewalt sich intensivierte und die Opferzahlen unvorhergesehene Höhen erreicht hätten. Der UNAMA-Bericht differenziert aber nicht nach den einzelnen Provinzen oder Distrikten Afghanistans, so dass insoweit auf andere Erkenntnismittel zurückgegriffen werden muss. So stellt das European Asylum Support Office (EASO) in seinem Bericht zur Sicherheitssituation in Afghanistan vom Januar 2015 die Heimatprovinz des Klägers, Parvan, in die Kategorie von 1 bis 250 sicherheitsrelevanten Vorfällen im Zeitraum Januar bis Oktober 2014 (Seite 33 des genannten Berichts). Damit handelt es sich um die niedrigste Kategorie hinsichtlich der Intensität des Konflikts. Betrachtet man die gewaltsamen Vorfälle bezogen auf die Provinz Parvan und die einzelnen Distrikte der Provinz, so zeigt sich, dass der Heimatdistrikt des Klägers, Sheikh Ali, mit nur fünf Vorfällen in dem genannten Zeitraum der drittsicherste Distrikt der Provinz Parvan ist. Zum Vergleich sei angemerkt, dass der Distrikt Ghorband, der innerhalb der Provinz Parvan die meisten sicherheitsrelevanten Vorfälle zu verzeichnen hat, im Beobachtungszeitraum 38 derartige Vorfälle zu verzeichnen hatte. Auf dieser Grundlage kann folglich von einer von dem innerstaatlichen Konflikt ausgehenden Gefahr für den Kläger als Mitglied der Zivilbevölkerung, in seinem Heimatdistrikt allein aufgrund seiner Anwesenheit dort einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit der Person ausgesetzt zu sein, nicht die Rede sein. Gefahrerhöhende Umstände lassen sich aus der vom Kläger in der mündlichen Verhandlung geltend gemachten früheren Tätigkeit seines Vaters als Kommandant im Kampf gegen die Taliban nicht ableiten, da diese, wie bereits oben dargestellt wurde, nicht glaubwürdig ist.
3. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG.
Hinsichtlich des Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 (Verstoß der Abschiebung gegen Normen der EMRK) wird auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts
Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von einer Abschiebung abgesehen werden, wenn dem Ausländer eine erhebliche, individuelle und konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit droht. Nach Satz 2 des Absatz 7 (in der ab dem 1.12.2013 geltenden Fassung) sind aber Gefahren nach Satz 1, also außerhalb bewaffneter Konflikte, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, (nur) bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen, wozu insbesondere auch Gefahren durch eine unzureichende Versorgungslage oder eine schwierige Existenzlage bei Rückkehr zählen (BVerwG, U. v. 29.6.2010, 10 C 10/09, juris). Danach kann die oberste Landesbehörde aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von sonstigen Ausländergruppen allgemein oder in einzelne Zielländer für längstens sechs Monate ausgesetzt wird. Satz 2 entfaltet damit bezüglich der Gefahren nach Satz 1 grundsätzlich eine Sperrwirkung. Schutz vor Abschiebung darf aber bundesrechtlich in verfassungskonformer Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ausnahmsweise dann gewährt werden, wenn der Ausländer in seinem Heimatstaat einer extremen Gefahrenlage dergestalt ausgesetzt wäre, dass er im Fall seiner Abschiebung dorthin gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert wäre (BVerwG, U. v. 8.12.1998, 9 C 4/98, juris und
Eine derartige Gefahr für den Kläger lässt sich einerseits nicht unter dem Gesichtspunkt einer drohenden Retraumatisierung aus dem psychiatrischen Gutachten des Dr. H. vom 18. August 2014 oder den kinder- und jugendpsychiatrischen Stellungnahmen des Herrn B. vom 27. November 2014 bzw. vom 13. April 2015 ableiten. Was das Gutachten des Dr. H. angeht, so ergibt sich dies, wie die Beklagte anmerkte, bereits daraus, dass es in diesem Gutachten vornehmlich um die Notwendigkeit einer Betreuung hier in Deutschland gegangen ist. Ziel dieser Begutachtung war also zu klären, ob für den Kläger aufgrund seiner Probleme hier in Deutschland eine Betreuung notwendig ist. Diese Frage wurde von Dr. H. positiv beantwortet. Ob eine Traumatisierung im Sinne einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) vorliegt und wenn ja, aufgrund welcher Ereignisse eine solche Traumatisierung eingetreten ist, war für die Dr. H. gestellte Gutachterfrage nicht von Relevanz. Dementsprechend finden sich in dem Gutachten vom 18. August 2014 auch lediglich ein allgemeiner Hinweis auf das Vorliegen einer psychischen Belastung und der geäußerte Verdacht auf eine posttraumatische Belastungsstörung. Worin der Grund für die psychische Belastung des Klägers liegt, dazu enthält das Gutachten des Dr. H. keine eindeutige Aussage, was es auch nicht enthalten musste. Als denkbarer Grund sind darin die soziale Isolation in der Gemeinschaftsunterkunft, die Überforderung durch die Situation in Deutschland und die angedachte posttraumatische Belastungsstörung denkbar. Dass der Kläger bei einer Rückkehr nach Afghanistan dort einer Retraumatisierung und darauf basierend einer Gefahr im dargestellten Sinne nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ausgesetzt wäre, lässt sich dem Gutachten aber nicht entnehmen. Ebenso wahrscheinlich ist, dass die psychische Belastung des Klägers aus dem bereits über vier Jahre dauernden Aufenthalt in Deutschland, der ungesicherten Situation und dem für einen Jugendlichen aus einem fremden Kulturkreis überaus anstrengenden Verhältnissen in Deutschland resultiert.
Was die kinder- und jugendpsychiatrische Stellungnahme des Herrn B. angeht, so ist einerseits festzuhalten, dass dieses als Diagnose keine posttraumatische Belastungsstörung, sondern „nur“ depressive Symptome nach Traumatisierung (F32.2 nach ICD-10 und nicht wie bei der posttraumatischen Belastungsstörung F43 nach ICD-10) diagnostiziert. Aber auch wenn man von einer solchen ausginge, so enthält es weder eine systematische Diagnose, geschweige denn eine Nennung des angeblichen traumatischen Ereignisses. Dementsprechend ist vorliegend nicht ansatzweise klar, worin dieses bestehen soll. Noch viel weniger kann davon ausgegangen werden, dass es sich um ein traumatisches Ereignis, das sich im Heimatland ereignet hat und das deswegen eine drohende Retraumatisierung auslösen könnte bei Rückkehr nach Afghanistan, handelt. Ebenso gut könnte es sich um eine Traumatisierung aufgrund der gegenwärtigen Lebensumstände des Klägers handeln. Es ist daher jedenfalls nicht von vornherein ausgeschlossen, dass die gegenwärtigen depressiven Symptome beim Kläger nach einer Rückkehr in ein ihm vertrautes Umfeld in Afghanistan gemildert oder behoben würden.
Daneben ist eine Gefahr im dargestellten Sinne auch nicht deshalb zur Überzeugung des Gerichts festgestellt, dass der zweifellos psychisch belastete Kläger bei einer Rückkehr auf sich allein gestellt wäre und daher nicht in der Lage wäre, sich das unmittelbar zum Überleben Notwendige zu beschaffen. Denn zur Überzeugung des Gerichts ist es gerade nicht so, dass der Kläger, wie er in der mündlichen Verhandlung vortrug, über keinerlei Angehörige in Afghanistan mehr verfügt. Auch wenn man zu seinen Gunsten unterstellt, dass seine engere Familie nach seiner eigenen Ausreise ebenfalls das Land verlassen hat, woran aufgrund der fehlenden Glaubwürdigkeit seines Vortrags bezüglich des Verfolgungsschicksals ebenfalls erhebliche Zweifel bestehen, geht das Gericht jedenfalls davon aus, dass der Kläger noch über einen Onkel und eine Tante in Afghanistan verfügt. Denn beim Bundesamt erklärte er auf die Nachfrage nach Verwandten im Heimatland u. a., dass er noch zwei Onkel väterlicherseits und eine Tante mütterlicherseits in Afghanistan habe. Unterstellt man nun, dass der Vortrag des Klägers in der mündlichen Verhandlung, einer seiner Onkel väterlicherseits sei nach seiner Ausreise bei einer Auseinandersetzung mit den Taliban getötet worden, zutreffe, so verfügt er über einen weiteren Onkel väterlicherseits in Afghanistan. Seine Behauptung in der mündlichen Verhandlung, dass er nun keinen Onkel mehr habe, kann ihm nicht geglaubt werden, denn die für den Widerspruch zur Niederschrift über die Anhörung gegebene Erklärung, er bezeichne auch Freunde seines Vaters als Onkel, ist wiederum nicht glaubwürdig: Denn aufgrund der konkreten Frage muss dem Kläger bewusst gewesen sein, dass hier nicht nach irgendwelchen Bekannten gefragt wird, sondern nach Blutsverwandten. Verständigungsschwierigkeiten mit dem Dolmetscher können hierfür, wie bereits oben ausgeführt, nicht herangezogen werden. Darüber hinaus hat der Kläger auch noch angegeben, über eine Tante mütterlicherseits in Afghanistan zu verfügen. Daher ist davon auszugehen, dass er bei einer Rückkehr nach Afghanistan jedenfalls auf eine Unterstützung durch diese beiden engeren Verwandten zählen kann. Eine Gefahr im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG liegt damit nicht vor.
4. Nachdem weder ein Anspruch auf Feststellung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylVfG noch auf Feststellung der subsidiären Schutzberechtigung nach § 4 AsylVfG oder von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AsylVfG besteht, begegnet auch die in Ziffer 5 des streitgegenständlichen Bundesamtsbescheids verfügte Abschiebungsandrohung keinen Bedenken, so dass die Klage auch insoweit abzuweisen ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylVfG.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
1
Tatbestand
2Der nach eigenen Angaben am 00. 00. 1984 in B. in der Provinz E. geborene Kläger ist afghanischer Staatsangehöriger vom Volksstamm der Hazara. Er reiste am 21. Mai 2011 auf dem Landweg in das Bundesgebiet ein und stellte am 28. September 2011 einen Asylantrag.
3Bei der Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) am 17. Oktober 2011 gab der Kläger an, seine Eltern seien am 05. oder 06. April 2002 getötet worden. Er habe noch eine Schwester, die in E. lebe. Er habe in Teheran als Bauarbeiter gearbeitet. Den Iran habe er verlassen, weil ihm die Abschiebung nach Afghanistan gedroht habe. Zu seinen Asylgründen trug er vor, sein Vater sei örtlicher Kommandant der Hezbe Wahdat (Partei der Einigkeit) mit 15 bis 20 Leuten gewesen. Im Jahre 1994 „oder bis 1996“ habe es eine Auseinandersetzung zwischen den Taliban und dieser Organisation gegeben. Dabei seien zwei Personen mitgenommen und eine Person getötet worden. Die beiden Entführten sei später getötet worden; es sei unklar geblieben, wer dafür verantwortlich sei. Sein Vater habe jedenfalls Schwierigkeiten mit den Familien der Getöteten und habe sich drei Jahre auf der Flucht befunden und sich in Tadschikistan aufgehalten, während er, der Kläger, mit seiner Mutter in Q. in der Provinz E. geblieben sei. Nach dem Sturz der Taliban – 2002 – sei sein Vater zurückgekehrt und habe seine beiden Waffen abgegeben. Seine Eltern seien dann entführt worden. Er sei zufällig bei seiner Schwester gewesen, sonst hätten sie ihn auch mitgenommen. Als er vom Tod seiner Eltern erfahren habe, sei er in den Iran gegangen. Heute noch suchten die Familienangehörigen der Getöteten nach ihm. Seine Schwester sei mehrere Male geschlagen und gefragt worden, wo er sei. Jetzt im Moment lasse man sie in Ruhe.
4Mit anwaltlichem Schreiben vom 27. Mai 2013 ließ der Kläger vortragen, sein Vater sei örtlicher Kommandant der Hazara-Partei Hezbe Wahdat mit ca. 15 bis 20 Kämpfern gewesen. 1994 bis 1996 habe es Auseinandersetzungen zwischen der örtlichen Miliz unter seinem Kommando und den Taliban gegeben. Dabei seien zwei Personen von den Taliban mitgenommen und eine Person getötet worden. Mit den Entführungen hätten die Taliban seinen Vater zwingen wollen, sich den Taliban zu ergeben. Da er sich jedoch geweigert habe, seien die beiden entführten Personen getötet worden. Daraufhin habe der Vater auch noch Schwierigkeiten mit den Familien der Getöteten bekommen, die ihm und seiner Familie mit Blutrache gedroht hätten. Die Familie habe sich daraufhin in Q. versteckt und habe dort drei Jahre lang im Verborgenen gelebt.
5Mit Bescheid vom 19. September 2013 lehnte das Bundesamt den Asylantrag ab und stellte zugleich fest, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG nicht vorliegen. Es forderte den Kläger auf, die Bundesrepublik Deutschland zu verlassen. Für den Fall der nicht fristgemäßen Ausreise drohte es ihm die Abschiebung nach Afghanistan an.
6Der Kläger hat am 01. Oktober 2013 Klage erhoben. Er macht geltend, dass ihm bei einer Rückkehr nach Afghanistan Blutrache seitens der Familien der von den Taliban getöteten 2 Männern drohe. Außerdem werde er als Hazara diskriminiert. Schließlich drohe ihm Zwangsrekrutierung durch die Taliban.
7Der Kläger beantragt,
8die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes vom 19. September 2013 zu verpflichten, ihn als Asylberechtigten anzuerkennen und ihm die Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 AsylVfG zuzuerkennen,
9hilfsweise,
10die Beklagte unter entsprechender Aufhebung des Bescheides vom 19. September 2013 zu verpflichten, ihm subsidiären internationalen Schutz nach § 4 AsylVfG zuzuerkennen,
11weiter hilfsweise,
12die Beklagte unter entsprechender Aufhebung des Bescheides vom 19. September 2013 zu verpflichten festzustellen, dass in seiner Person Abschiebungsverbote gemäß 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich Afghanistans vorliegen.
13Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
14die Klage abzuweisen.
15Sie bezieht sich zur Begründung auf die Ausführungen in dem angefochtenen Bescheid.
16Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie den beigezogenen Verwaltungsvorgang des Bundesamtes Bezug genommen.
17E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
18Die Kammer kann entscheiden, obwohl die Beklagte zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen ist. Die Beteiligten wurden unter Hinweis auf diese Möglichkeit ordnungsgemäß geladen (vgl. § 102 Abs. 1 VwGO).
19Die Kammer hat sich nicht veranlasst gesehen, den Rechtsstreit aufgrund des Art. 267 AEUV gemäß dem Antrag des Klägers dem Gerichtshof der Europäischen Union vorzulegen. Die in Rede stehende Frage der inländischen Schutzalternative gemäß Art. 8 der Richtlinie 2004/83/EG bzw. Art. 8 der Richtlinie 2011/95/EU stellt sich - wie aus den nachstehenden Ausführungen folgt - im vorliegenden Verfahren nicht. Ungeachtet dessen ist das erkennende Gericht zur Vorlage auch nicht verpflichtet, da es nicht das in letzter Instanz entscheidende Gericht ist.
20Vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 18. Auflage 2012, § 94 Rn. 21 m.w.N.
21Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der Bescheid des Bundesamtes vom 19. September 2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 VwGO).
22Der Kläger hat nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung - § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG – weder einen Anspruch auf Asylanerkennung (nachfolgend I.) noch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne von § 3 Abs. 1 AsylVfG (II.). Zudem liegen in seiner Person weder Gründe für die Zuerkennung subsidiären (internationalen) Schutzes nach § 4 AsylVfG i.V.m. § 60 Abs. 2 Satz 1, 3 AufenthG (III.) noch die Voraussetzungen eines (nationalen) Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor (IV.).
23I.
24Der begehrten Asylanerkennung steht bereits die Regelung des Art. 16a Abs. 2 GG i.V.m. § 26a AsylVfG ("Drittstaatenregelung") entgegen, weil der Kläger nach eigenen Angaben auf dem Landweg und damit über einen sicheren Drittstaat eingereist ist.
25II.
26Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Feststellung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylVfG in seiner Person.
27Nach § 3 Abs. 1 AsylVfG ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 - Genfer Flüchtlingskonvention (GK) -, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe - zur Definition dieser Begriffe vgl. § 3 b Abs. 1 AsylVfG - außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, (a) dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder (b) in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
28Als Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylVfG gelten zunächst Handlungen, die auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Art. 15 Abs. 2 der Konvention vom 04. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) keine Abweichung zulässig ist (§ 3 a Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG), ferner Handlungen, die in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nr. 1 beschriebenen Weise betroffen ist (§ 3 a Abs. 1 Nr. 2 AsylVfG). § 3 a Abs. 2 AsylVfG nennt als mögliche Verfolgungshandlungen beispielhaft u.a. die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt, sowie gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden.
29Die Furcht vor Verfolgung ist begründet, wenn dem Ausländer die genannten Gefahren aufgrund der in seinem Herkunftsland gegebenen Umstände in Anbetracht seiner individuellen Lage tatsächlich, d.h. mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen.
30Vgl. BVerwG, Urteil vom 20.02.2013 - 10 C 22.12 -, juris Rn. 19 m.w.N.
31Diese Anforderungen gelten auch für den Fall, dass die Verfolgung nicht von dem Staat, sondern von nichtstaatlichen Akteuren ausgeht. Nach § 3 c AsylVfG kann die Verfolgung ausgehen von (1.) dem Staat, (2.) Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, oder (3.) von nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.
32Einen Ausländer wird die Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 e AsylVfG allerdings nicht zuerkannt, wenn er in einem Teil seines Herkunftsstaates keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz nach § 3 d AsylVfG hat (Nr. 1) und sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt (Nr. 2), sog. inländische Fluchtalternative.
33Ausgehend von diesen Grundsätzen hat die Kammer nicht die Überzeugung gewinnen können, dass der Kläger aufgrund einer anlassgeprägten Einzelverfolgung sein Heimatland verlassen hat oder ihm bei einer Rückkehr eine solche droht.
341.) Dem Kläger droht keine Verfolgung in Gestalt einer Gruppenverfolgung wegen seiner Zugehörigkeit zum Stamm der Hazara. Deren Lage hat das VG Ansbach in seinem Urteil vom 11. Juli 2014 – AN 11 K 14.30557 –, juris Rn. 37 f. - wie folgt zusammengefasst:
35„Über die Behandlung von Hazara in Afghanistan berichten die Auskunftsstellen in den in das Verfahren eingeführten Erkenntnismitteln weitgehend übereinstimmend. Nach dem Auswärtigen Amt beträgt der Anteil der Volksgruppe der Hazara ca. 19% der Gesamtbevölkerung. Die afghanische Verfassung schütze sämtliche ethnischen Minderheiten. Das Parteiengesetz verbiete die Gründung politischer Parteien entlang ethnischer Grenzen. In der Regierung seien alle großen ethnischen Gruppen vertreten. Es gebe Bemühungen, Armee- und Polizeikräfte so zu besetzen, dass sämtliche Volksstämme angemessen repräsentiert seien, was in der Praxis zuweilen sogar zu einer Überrepräsentation von ethnischen Minderheiten auch in den Führungspositionen führe. Seit dem Ende der Taliban-Herrschaft habe sich die Situation auch für die traditionell diskriminierten Hazara insgesamt verbessert, obwohl die hergebrachten Spannungen in lokal unterschiedlicher Intensität fortbestünden und auch immer wieder auflebten. Die Hazara seien in der öffentlichen Verwaltung zwar noch immer stark unterrepräsentiert, wobei unklar sei, ob dies eher eine Folge der früheren Marginalisierung als eine gezielte Benachteiligung neueren Datums sei. Gesellschaftliche Spannungen bestünden fort und lebten in lokal unterschiedlicher Intensität gelegentlich wieder auf (ständige Lageberichterstattung, zuletzt vom 31.3.2014). Nach der Schweizerischen Flüchtlingshilfe verläuft der Ressourcenkampf oft entlang ethnischer Linien. Im Westen Kabuls lebende Hazara wurden Ziel von Gewalt und Kriminalität seitens anderer ethnischer Gruppen. Im Januar 2004 wurde eine Gruppe von Hazara bei Baghran überfallen und erschossen. Im Januar 2004 kündete der schiitische Hazara-Führer und Planungsminister in der Übergangsregierung seine Präsidentschaftskandidatur an, um zu zeigen, dass es kein Verbrechen mehr sei, Hazara in Afghanistan zu sein (Update vom 1.3.2004). Hazara seien mit Diskriminierungen im Alltag konfrontiert. Zu gewaltsamen Auseinandersetzungen führten vor allem Konflikte um Land-, Wasser- und Weiderechte zwischen Hazara und Kuchi (hierzu Accord vom 5.2.2013). Da die Taliban nach einer landesweiten Akzeptanz strebten, würden sie Konflikte mit ethnischen Minderheiten bewusst vermeiden (Update vom 3.9.2012). Nach Djelani Davary hat Präsident Karsai den Chef der hazarischen Wahdat-Partei als zweiten Stellvertreter ernannt. Die Minister mit Hazara-Herkunft seien im Kabinett gut vertreten, den Hazara falle mehr und mehr Regierungsverantwortung zu. Dies gelte auch für die Justiz. Eine hazarische Frauenrechtlerin sei zur Gouverneurin der Provinz Bamiyan ernannt worden. Seit der Machtübernahme von Karsai sei kein Fall bekannt geworden, der auf Diskriminierung und Willkür seitens des Staates hindeuten könnte. Die (hazarischen) Schiiten könnten ihren religiösen Pflichten nachgehen. Zu keinem Zeitpunkt der modernen afghanischen Geschichte mit Ausnahme der Talibanzeit seien sie deshalb verfolgt oder zumindest an der Ausübung ihrer religiösen Zeremonien gehindert worden (Stellungnahme vom 9.3.2005). Hazara werden nicht wie etwa Hindu und Sikhs zu den speziell gefährdeten Personengruppen gezählt. Allerdings sei davon auszugehen, dass Ethnien, die die Minderheit in ihrer Wohngegend bildeten verletzlicher seien (SFH-Updates zur aktuellen Sicherheitslage vom 3.2.2006, vom 21.8.2008, vom 26.2. und 11.8.2009 und vom 11.8.2010). Der UNHCR ist der Auffassung, dass trotz der verfassungsrechtlichen Garantie der Gleichheit aller ethnischen Gruppen und Stämme und der Bestrebungen der Regierung, sich mit den Problemen der ethnischen Minderheiten zu befassen, weiterhin Diskriminierung und ethnische Konflikte insbesondere im Zusammenhang mit Land- und Eigentumsfragen auftreten. Es werde auch über starke Diskriminierung ethnischer Minderheiten in einigen Gegenden berichtet, meistens in Form der Versagung des Zugangs zu Bildung und anderen Diensten sowie zu politischer Vertretung. In den Gegenden, in denen eine Volksgruppe eine ethnische Minderheit darstellt, könnten die Angehörigen dieser Minderheit einer Verfolgungsgefahr aufgrund ihrer ethnischen Volkszugehörigkeit/Rasse ausgesetzt sein. In dieser Hinsicht erstrecke sich die Furcht vor Verfolgung aber nicht notwendigerweise auf das gesamte afghanische Gebiet (Stellungnahmen vom 10.11.2009 und vom 30.11.2009 an BayVGH) und sei abhängig von den individuellen Umständen des Falls (Stellungnahme vom 11.11.2011 an OVG RhPf). Im August 2012 seien nach einem angeblich von Taliban verübten Mord an zwei Hazara in der Provinz Uruzgan neun Paschtunen, vermutlich von Hazara getötet worden (Richtlinie vom 6.8.2013). Eine ausführliche Darstellung der Minderheit der Hazara findet sich im ÖIF-Länder-info von Februar 2010. Die Hazara, die 9% der Bevölkerung Afghanistans ausmachten und zum 19%igen Anteil an Schiiten zählen, stellten in doppelter Hinsicht, nämlich ethnisch und religiös, gegenüber den Paschtunen und Tadschiken eine Minderheit dar. Ihr Hauptsiedlungsgebiet ist das Hazarajat, ein Gebiet in Zentralafghanistan, verteilt auf verschiedene Provinzen mit dem Großteil der Provinz Bamyan und acht weiteren Provinzen. Daneben gibt es nennenswerte hazarische Gruppen in den größeren Städten Afghanistans, insbesondere in Kabul und Herat. Sie bildeten dort die ökonomische Unterschicht und blieben weitgehend vom Rest der Gesellschaft getrennt. Seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert seien die Hazara meist von einer paschtunischen Elite beherrscht, benachteiligt und unterdrückt worden. Erst mit dem Beginn der kriegerischen Auseinandersetzungen im Zuge der kommunistischen Machtergreifung Ende 1970 sei es den Hazara gelungen, eine gewisse Autonomie und schließlich auch eine gemeinsame politische Führung zu erlangen. Im Jahr 1989 sei die Hizb-e Wahdat gegründet worden, die einen Großteil der Hazara hinter sich versammele. Während des Bürgerkriegs und der anschließenden Herrschaft der Taliban sei es mehrmals zu Massakern an den schiitischen Hazara gekommen (vgl. Ahmed Rashid S. 62 ff, 98 ff. und 113 ff). Nach dem Sturz der Taliban seien die Hazara immer in den verschiedenen Regierungen Präsident Hamid Karsais vertreten gewesen. Aktuell bestehe der größte Konflikt der Hazara in der ungelösten Frage der Weiderechte der Nomaden im Hazarajat, wo es alljährlich zu bewaffneten Auseinandersetzungen komme. Nach dem Sturz der Taliban im Jahr 2001 habe es keine Angriffe der Taliban auf Schiiten allgemein mehr gegeben und seien die Hazara nicht mehr aus ethnischen und religiösen Motiven von den Taliban verfolgt worden.“
36Auf dieser Grundlage ist nach Auswertung der in das Verfahren eingeführten Erkenntnismittel die Annahme einer ihre Volks- oder Religionszugehörigkeit anknüpfenden Gruppenverfolgung der Hazara nicht gerechtfertigt. Soweit gelegentliche Nachstellungen durch regierungsfeindliche Gruppierungen einschließlich der Taliban berichtet werden, ist maßgeblich darauf abzustellen, dass die Referenzfälle von der Anzahl der Rechtsverletzungen im Verhältnis zur Gesamtzahl dieser Gruppe und ihrer staatlichen Behandlung weder die Schwelle, ab der eine Verfolgungsdichte anzunehmen wäre noch belegen sie in ausreichendem Maß eine staatliche Untätigkeit im Vorgehen gegen solche Übergriffe mit dem Ziel der Vernichtung dieser Minderheit.
37Vgl. ebenso BayVGH, Beschluss vom 20.08.2014 – 13a ZB 14.30207 –, juris Rn. 5; Beschluss vom 21.06.2013 – 13a ZB 12.30416 –, juris Rn. 5; OVG NRW, Beschluss vom 25.02.2013 – 13 A 180/12.A – juris Rn. 10 m.w.N.; VG Ansbach, Urteil vom 11. Juli 2014 – AN 11 K 14.30557 –, juris Rn. 25 ff. m.w.N.; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 10.07.2014 – 5a K 1857/13.A Rn. 37 ff. m.w.N.; VG Köln, Urteil vom 20.05.2014 – 14 K 4357/12.A –, juris Rn. 47 ff. m.w.N.
382.) Der Kläger war auch keiner individuellen asylerheblichen Verfolgung in Afghanistan ausgesetzt. Er kann sich insbesondere nicht mit Erfolg auf drohende Blutrache berufen.
39Seinem Vorbringen ist nicht zu entnehmen, dass er in Anknüpfung an ein asylrelevantes Merkmal - Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe – in seinem Heimatland individuell politischer Verfolgung ausgesetzt war oder ihm im Fall seiner Rückkehr eine solche droht. Er beruft sich darauf, dass ihm die Rache von Familien drohe, die seinen Vater für den Tod von Angehörigen verantwortlich gemacht hätten. Hierbei handelt es sich um eine Auseinandersetzung im privaten Bereich ohne Anknüpfung an ein in § 3 Abs. 1 AsylVfG genanntes asylrelevantes Merkmal. Insbesondere ist nicht erkennbar, dass der Kläger einer Verfolgung wegen Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe i. S. d. § 3 b Abs. 1 Nr. 4 AsylVfG ausgesetzt ist. Nach dieser Vorschrift gilt eine Gruppe insbesondere als eine bestimmte soziale Gruppe i. S. d. § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG, wenn die Mitglieder dieser Gruppe angeborene Merkmale oder einen gemeinsamen Hintergrund, der nicht verändert werden kann, gemein haben oder Merkmale oder eine Glaubensüberzeugung teilen, die so bedeutsam für die Identität oder das Gewissen sind, dass der Betreffende nicht gezwungen werden sollte, auf sie zu verzichten (Buchst. a), und die Gruppe in dem betreffenden Land eine deutlich abgegrenzte Identität hat, da sie von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird (Buchst. b). Es kann dahinstehen, ob die Familie grundsätzlich eine bestimmte soziale Gruppe bilden kann.
40Vgl. zu diesem Ansatz VG Ansbach, Urteil vom 10.07.2014 – AN 11 K 14.30425 – juris Rn. 26.
41Jedenfalls ist im Einzelfall unter Würdigung der jeweils konkreten Verfolgungssituation zu prüfen, ob sämtliche Tatbestandsmerkmale des § 3 b Abs. 1 Nr. 4 AsylVfG vorliegen.
42Vgl. BayVGH, Beschluss vom 04.08.2014 – 13a ZB 14.30173 – juris Rn. 7; Beschluss vom 22.07.2014 – 13a ZB 14.30059 – juris Rn. 5; VG Bayreuth, Urteil vom 19.09.2014 – B 5 K 14.30175 –, juris Rn. 26; VG Ansbach, Urteil vom 10.07.2014 – AN 11 K 14.30425 – juris Rn. 23 ff.
43Dies ist vom Kläger nicht dargelegt worden und auch sonst nicht erkennbar. Es fehlt vorliegend jedenfalls an dem Merkmal, dass die Familie des Klägers aufgrund einer deutlich abgegrenzten Identität von der umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird, § 3 b Abs. 1 Nr. 4 b) AsylVfG.
44III.
45Gründe für die Zuerkennung subsidiären (internationalen) Schutzes nach § 4 AsylVfG i.V.m. § 60 Abs. 2 Satz 1, 3 AufenthG – zuvor Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 2, 3 oder 7 Satz 2 AufenthG in der bis zum 30. November 2013 geltenden Fassung ‑ sind nicht gegeben.
461.) Nach § 60 Abs. 2 Satz 1 AufenthG darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm ein "ernsthafter Schaden" i.S.d. § 4 Abs. 1 AsylVfG droht und kein Ausschlussgrund nach § 4 Abs. 2 AsylVfG vorliegt. Gemäß § 4 Abs. 1 AsylVfG ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht, wobei nach Satz 2 als solcher gilt die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (Nr. 1) Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (Nr. 2) oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (3.).
47Aus dem Verweis des § 4 Abs. 3 Satz AsylVfG auf § 3 c AsylVfG folgt, dass auch hier die Verfolgung nicht zwingend vom Staat ausgehen muss. Der Schutz entfaltet sich vielmehr grundsätzlich auch gegenüber Gefahren, die von nichtstaatlichen Organisationen bzw. Akteuren ausgehen.
48a) Dem Kläger droht keine Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung.
49(1) Er kann sich nicht darauf berufen, es sei mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit mit Zwangsrekrutierung durch die Taliban zu rechnen. Zum einen stellt die Zwangsrekrutierung zum Kriegsdienst als solche ebenso wie die Tötung oder Verletzung im Krieg nicht ohne Weiteres eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung dar.
50Vgl. BVerwG, Urteil vom 27.04.2010 – 10 C 4/09 – juris Rn. 29; VG München, Urteil vom 13.03.2014 – M 7 K 13.30461 –, juris Rn. 30.
51Zum anderen ist dem Vorbringen des Klägers schon nicht zu entnehmen, dass er schon einmal individuell in irgendeiner Weise konkret Schwierigkeiten mit den Taliban hatte. Generell handelt es sich insgesamt nur um ein Randphänomen. Die Taliban können nach den vorliegenden Erkenntnissen auf einen großen Pool von Rekruten zurückgreifen, insbesondere sollen bis zu 70% der Taliban junge arbeitslose Männer sein, die versuchen, ihren Lebensunterhalt zu finanzieren. Auch stellt sich bei zwangsrekrutierten Kämpfern die Frage der mangelnden Zuverlässigkeit.
52Vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 31.03.2014, S. 12; Danesch, Gutachten an HessVGH vom 03.09.2013; Gutachten an Nds.OVG vom 30.04.2013; zur Rechtsprechung VG München, Urteil vom 13.03.2014 – M 7 K 13.30461 –, juris Rn. 29 m.w.N.
53(2) Hinsichtlich der befürchteten Blutrache ist das Vorbringen des Klägers nicht glaubhaft.
54Es weist in zentralen Punkten Widersprüche auf. So hat er bei der Anhörung vor dem Bundesamt davon berichtet, im Zuge der Auseinandersetzung mit den Taliban seien zwei Personen mitgenommen und eine getötet worden; die beiden Entführten seien später getötet worden. In der mündlichen Verhandlung hat er im Gegensatz dazu nur davon gesprochen, dass eine Person sofort und eine Person später umgebracht worden sei. Diesen Widerspruch hat der Kläger nicht überzeugend auflösen können. Zu berücksichtigen ist zwar, dass es hier um Vorgänge geht, von denen anzunehmen ist, dass der Kläger sie angesichts seines damaligen Alters nicht selbst mitbekommen hat. Indes hat er seine Aussage nicht unter diesen Vorbehalt gestellt, weder beim Bundesamt noch vor Gericht. Weiter hat er bei der Anhörung vor dem Bundesamt davon gesprochen, seine Eltern seien entführt (und später getötet) worden. Demgegenüber hat er in der mündlichen Verhandlung davon berichtet, sie seien beide zusammen in ihrem Haus in dem Dorf N. P. umgebracht worden. Auf Vorhalt hat sich der Kläger darauf beschränkt zu sagen, er habe bei der Anhörung vor dem Bundesamt nicht davon gesprochen, dass seine Eltern entführt worden seien. Allerdings hat der Kläger zum Abschluss der Anhörung bestätigt, dass es keine Verständigungsschwierigkeiten gegeben habe. Auch hat er nach der Rückübersetzung keine Korrekturen oder Ergänzungen angebracht. Dass nicht ein schlichter Übertragungsfehler vorliegen kann, folgt daraus, dass der Kläger in Bezug auf die Entführung beim Bundesamt weiter vorgetragen hat, dass er zufällig bei seiner Schwester gewesen sei, sonst hätte man ihn „auch mitgenommen“.
55Zweifel an der Glaubhaftigkeit des Vorbringens ergeben sich auch aus dem Umstand, dass der Kläger allein aufgrund der Nachricht eines 13- bis 14-jährigen Jungen das Land verlassen haben will. Es ist nicht nachvollziehbar, dass der Kläger sich nicht darum bemüht hat zu überprüfen, ob die Nachricht vom Tod der Eltern tatsächlich zutrifft. Das hätte zum einen deshalb nahegelegen, weil der Kläger den Jungen nach eigenen Angaben nicht gekannt hat. Zwar hat er auf Nachfrage bekundet, nicht den Jungen, wohl aber den Vater des Jungen zu kennen. In der vom Kläger geschilderten Situation gab es für ihn aber keine Möglichkeit, sich über die Herkunft des Jungen zu vergewissern, so dass er sich – was fraglich erscheint – allein auf dessen Aussage verlassen musste, wer sein Vater sei. Zum anderen hätte zumindest eine weitere Aufklärung auf welchem Wege auch immer anstatt der umgehenden Flucht in den Iran aufgedrängt, weil es sich bei dem gewaltsamen Tod der Eltern für den seinerzeit gerade mal 18-jährigen Kläger um einen massiven Einschnitt gehandelt haben muss, über den sich zu vergewissern naheliegt.
56Gegen die Annahme einer Gefahr aufgrund drohender Blutrache spricht ferner, dass der Kläger drei Jahre mit seiner Mutter in Q. gelebt hat, ohne dass sie in dieser Zeit irgendwelche Schwierigkeiten hatten. Der Kläger hat zwar noch im Verwaltungsverfahren mit anwaltlichem Schriftsatz vom 27. Mai 2013 vortragen lassen, sie hätten sich dort versteckt. Dies hat der Kläger auch in der mündlichen Verhandlung bekundet. Gleichwohl stellt sich die Frage, warum er es so bei der Anhörung vor dem Bundesamt nicht berichtet hat.
57Schließlich muss sich der Kläger seine Aussage vor dem Bundesamt entgegenhalten lassen, dass man "derzeit" seine Schwester in Ruhe lasse. Es mag zwar zutreffen, dass Frauen weniger gefährdet sind, der Blutrache zum Opfer zu fallen. Wenn aber die Familienangehörigen der Getöteten nicht mehr bei der Schwester nach dem Aufenthaltsort des Klägers nachfragen, ist dies als Indiz für ein gesunkenes Verfolgungsinteresse zu werten. Er hat zwar - auch - in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass seine Schwester nach ihm befragt werde. Auch hat er von einer Vergewaltigung gesprochen. Allerdings hat er diese Erkundigungen nach seinem Verbleib bzw. Belästigungen in keiner Weise und insbesondere nicht in zeitlicher Hinsicht konkretisiert.
58Vor diesem Hintergrund sieht die Kammer keine Veranlassung, den in der mündlichen Verhandlung hilfsweise gestellten Beweisanträgen zu entsprechen. Hat es der Kläger – wie hier – an der Schilderung eines zusammenhängenden und in sich stimmigen, im Wesentlichen widerspruchsfreien Sachverhalts mit Angabe genauer Einzelheiten aus seinem persönlichen Lebensbereich fehlen lassen, gibt das Klagevorbringen keinen Anlass, einer daraus hergeleiteten Verfolgungsgefahr weiter nachzugehen. Beweisanträgen zum Verfolgungsgeschehen braucht das Gericht dann nicht nachzugehen.
59Vgl. jüngst HessVGH, Urteil vom 04. September 2014 – 8 A 2434/11.A –, juris Rn. 19 unter Verweis auf BVerwG, Beschluss vom 26. Oktober 1989 - 9 B 405/89 – juris Rdnr. 7 ff.
60Davon abgesehen liegen schon keine ordnungsgemäßen Beweisanträge vor, soweit es um die Vernehmung des Abgeordneten des afghanischen Nationalparlaments S. B1. , des Senators von E. B2. B3. E1. und des Abgeordneten des Provinz E. im afghanischen Nationalparlament B4. T. geht. Die Anträge lassen nicht erkennen, weshalb die Zeugen etwas zu den - zahlreichen - Beweisthemen bekunden können sollen. Auch die Vernehmung der Schwester als Zeugin wäre auf der Grundlage des § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO abzulehnen, der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren entsprechend anwendbar ist.
61Vgl. BVerwG, Urteil vom 29.03.2012 - 2 A 11.10 -, juris Rn. 53.
62Danach kann ein Beweisantrag auf die Vernehmung eines Zeugen, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre, abgelehnt werden, wenn er nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Maßgebend ist, ob die Erhebung des beantragten Beweises ein Gebot der Aufklärung ist.
63Vgl. BGH, Urteil vom 18.01.1994 - 1 StR 745/93 -, juris Rn. 23; zur Verfassungsmäßigkeit der Norm BVerfG, Beschluss vom 21.08.1996 - 2 BvR 1304/96 -, juris Rn. 16 ff.
64Dabei ist es dem Richter erlaubt und aufgegeben, das bisherige Ergebnis der Beweisaufnahme zugrunde zu legen. Das sonst weitgehend herrschende Verbot der Beweisantizipation gilt nicht. Die Entscheidung über die Beweiserhebung darf davon abhängig gemacht werden, welche Ergebnisse von der Beweisaufnahme zu erwarten sind und wie sie zu würdigen wären. Hier wäre der Aussage der Zeugin ein geringer Beweiswert zuzumessen, da sie als unmittelbare Angehörige des Klägers in dessen "Lager" steht und demgemäß ein Interesse an einem für ihn positiven Ausgang des Klageverfahrens hat. Ein Einfluss der Beweiserhebung auf die Überzeugung des Gerichts wäre aber auch deshalb auszuschließen, weil die unter Beweis gestellte Tatsache, das mehrfache Aufsuchen und Schlagen der Zeugin, letztlich nichts darüber besagt, wie oft dies konkret in einem Zeitraum von nunmehr über 12 Jahren und ob es auch in der jüngsten Vergangenheit geschehen ist.
65b) Auch die Voraussetzungen des hier § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylVfG sind nicht erfüllt.
66Unabhängig von individuellen gefahrerhöhenden Umständen besteht ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 2 AufenthG i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 1, 2 Nr. 3 AsylVfG bei besonderer Verdichtung einer allgemeinen Gefahrenlage, wenn der den bestehenden bewaffneten Konflikt kennzeichnende Grad willkürlicher Gewalt ein so hohes Niveau erreicht, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass eine Zivilperson bei Rückkehr in das betreffende Land oder die betroffene Region allein durch ihre Anwesenheit in diesem Gebiet Gefahr liefe, einer solchen Bedrohung ausgesetzt zu sein.
67Vgl. EuGH, Urteil vom 30.01.2014 – Rs. C 285/12 (Diakite) -, juris Rn. 30; Urteil vom 17.02.2009 - Rs. C 465/07 (Elgafaji) -, juris, Rn. 35 und 39; BVerwG, Urteil vom 17.11.2011 – 10 C 13.10 -, juris Rn. 19; Urteil vom 27.04.2010 - 10 C 4.09 -, juris Rn. 32,
68Der Kläger hat aber in tatsächlicher Hinsicht bereits nichts dazu vorgetragen, was die Annahme einer derartigen Gefahrverdichtung in der Provinz E. rechtfertigen könnte und ist insoweit bereits dem aus § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylVfG folgenden Darlegungserfordernis nicht nachgekommen.
69Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 10.09.2014 – 13 A 1150/14.A -, juris Rn. 11; BayVGH, Beschluss vom 05.09.2011 - 13a ZB 11.30010 -, juris Rn. 5.
70Ungeachtet dessen ist nach Überzeugung des Gerichts auf der Grundlage der in das Verfahren eingeführten Erkenntnismittel nicht von einer Gefahrverdichtung im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union und des Bundesverwaltungsgerichts auszugehen.
71Vgl. Fortschrittsbericht der Bundesregierung „Afghanistan“ zur Unterrichtung des Deutschen Bundestages, Stand: Juni 2014, S. 16 f.; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update - Die aktuelle Sicherheitslage, Stand: 30.09.2013, S. 4 ff, 8: meist umkämpfte Provinzen: Kandahar, Helmand, Khost, Kunar, Ghazni.
72IV.
73Die Voraussetzungen für die Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung eines (nationalen) Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG sind ebenfalls nicht gegeben.
741.) Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, wenn sich seine Abschiebung in Anwendung der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten als unzulässig erweist. Ausschließlich zu prüfen sind auch in diesem Rahmen nur etwaige zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote. In Betracht kommt damit vor allem ein Abschiebungsverbot nach Art. 3 EMRK (Verbot der Folter). Das darin enthaltene Verbot von Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung entspricht allerdings inhaltlich vollständig dem in § 4 Abs. 1 Nr. 2 AsylVfG enthaltenen Grund für die Gewährung von subsidiären Schutz und ist bereits dort zu prüfen; insoweit hat § 60 Abs. 5 AufenthG in Verbindung mit Art. 3 EMRK keine eigenständige Bedeutung mehr. In Ausnahmefällen kann sich ein Abschiebungsverbot aus Art. 6 EMRK (Recht auf ein faires Verfahren) ergeben, etwa dann, wenn im Zielstaat der Abschiebung eine Verurteilung unter krasser Missachtung der in Art. 6 EMRK normierten rechtsstaatlichen Verfahrensgrundsätze droht. Auch kann Art. 9 EMRK (Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit) ein Abschiebungsverbot analog zum Asylrechtsschutz begründen.
75Vgl. etwa VGH BW, Urteil vom 13.12.2012 - A 2 S 1995/12 -, juris Rn. 15; Nds. OVG, Beschluss vom 12. Juli 2010 - 8 LA 154/10 -, juris Rn. 14 f. m.w.N.
76Hier ist indes nicht ersichtlich, welches Menschenrecht der EMRK im konkreten Fall des Klägers ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG begründen könnte.
772.) Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht.
78Diese Regelung erfasst grundsätzlich nur einzelfallbezogene, individuell bestimmte Gefährdungssituationen, da bei allgemeinen Gefahren gemäß § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG i.V.m. § 60a AufenthG über die Gewährung von Abschiebungsschutz im Wege politischer Leitentscheidungen entschieden werden soll (Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG). Grundsätzlich sind das Bundesamt und die Verwaltungsgerichte an diese gesetzgeberische Kompetenzentscheidung gebunden. Sie dürfen Ausländern, die einer gefährdeten Gruppe angehören, für die aber ein Abschiebestopp nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG nicht besteht, nur dann im Einzelfall ausnahmsweise Schutz vor einer Abschiebung in verfassungskonformer Anwendung des § 60 Abs. 7 AufenthG zusprechen, wenn eine Abschiebung Verfassungsrecht, insbesondere die Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 GG verletzen würde. Dies ist nach der Rechtsprechung des BVerwG nur dann der Fall, wenn der Ausländer im Zielstaat der Abschiebung einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wäre, die landesweit besteht oder der der Ausländer nicht ausweichen kann.
79Vgl. grundlegend BVerwG, Urteil vom 12.07.2001 - 1 C 2.01 -, juris (ständige Rechtsprechung).
80Dass hier eine solche extreme Gefahrenlage besteht, in der der Asylbewerber "gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde” und die sich alsbald nach der Rückkehr realisiert,
81Vgl. zu diesen Kriterien BVerwG, Urteil vom 31.01.2013 - 10 C 15.12 -, juris Rn. 38 unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung,
82ist aus der Sicht der Kammer nicht anzunehmen. Sie geht nach Auswertung der aktuellen Auskünfte und Erkenntnisse sowie der obergerichtlichen Rechtsprechung,
83vgl. BVerwG, Urteil vom 31.01.2013 - 10 C 15.12 -, juris; BayVGH, Beschluss vom 15.10.2014 - 13a ZB 14.30355 -, juris Rn. 4; OVG NRW, Beschluss vom 26.10.2010 - 20 A 964/10.A -, juris Rn. 7; HessVGH, Urteil vom 04.09.2014 - 8 A 2434/11.A -, juris Rn. 42 f.; VGH BW, Urteil vom 26.02.2014 - A 11 S 2519/12 -, juris; SächsOVG, Urteil vom 10.10.2013 - A 1 A 474/09 - juris Rn. 57; OVG RP, Urteil vom 21.03.2012 - 8 A 11050/10 – juris Rn. 43 ff. VG Regensburg, Urteil vom 23.06.2014 - RO 8 K 14.30271 -, juris; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 02.06.2014 - 5a K 3664/13.A -, juris Rn. 64, bestätigt durch OVG NRW, Beschluss vom 10.09.2014 - 13 A 1421/14.A -, juris.
84grundsätzlich davon aus, dass alleinstehende, gesunde, junge und arbeitsfähige Männer im Falle einer Abschiebung nach Afghanistan im Raum Kabul derzeit nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit einer Extremgefahr für Leben und Gesundheit im Sinne der zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ausgesetzt sind. Auch wenn die Versorgungslage in Afghanistan nach wie vor schlecht ist, ist im Wege einer Gesamtgefahrenschau grundsätzlich nämlich nicht anzunehmen, dass einem alleinstehenden arbeitsfähigen männlichen Rückkehrer bei einer Abschiebung nach Afghanistan alsbald der sichere Tod drohen würde oder alsbald schwere Gesundheitsbeeinträchtigungen zu erwarten wären. Das gilt selbst für beruflich nicht besonders qualifizierte afghanische männliche Staatsangehörige, die in Kabul ohne Rückhalt und Unterstützung durch Familie und Bekannte sind und dort weder über Grundbesitz noch über nennenswerte Ersparnisse verfügen.
85Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 29. August 2012 - 13 A 1101/11.A -, juris; VG Köln, Urteil vom 22. Januar 2014 - 14 K 2858/12.A -, n.v.; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 02. Juni 2014 - 5a K 3664/13.A -, juris;
86Diese Grundsätze finden auch auf den Fall des Klägers Anwendung. Als junger Mann ohne Unterhaltsverpflichtungen und ohne erkennbare gesundheitliche Einschränkungen ist er grundsätzlich imstande, durch Arbeit seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Aufgrund seines langjährigen Aufenthalts in Deutschland ist davon auszugehen, dass er auch - zumindest ansatzweise - die deutsche Sprache gelernt hat, so dass seine Chancen, Arbeit zu finden, gegenüber den Flüchtlingen, die in die Nachbarländer geflüchtet sind, wesentlich höher sind.
87Vgl. zu der letztgenannten Erwägung VGH BW, Urteil vom 26.02.2014 - A 11 S 2519/12 -, juris.
88Ausreisefrist und Abschiebungsandrohung (Ziffer 4 des Bescheides) begegnen keinen durchgreifenden Bedenken (§§ 34, 38 AsylVfG).
89Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylVfG.
(1) Als Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 gelten Handlungen, die
- 1.
auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Artikel 15 Absatz 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist, oder - 2.
in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist.
(2) Als Verfolgung im Sinne des Absatzes 1 können unter anderem die folgenden Handlungen gelten:
- 1.
die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt, - 2.
gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden, - 3.
unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung, - 4.
Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung, - 5.
Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des § 3 Absatz 2 fallen, - 6.
Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.
(3) Zwischen den in § 3 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit den in § 3b genannten Verfolgungsgründen und den in den Absätzen 1 und 2 als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen muss eine Verknüpfung bestehen.
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 9. Juli 2010 - A 4 K 1179/10 - wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 25. Oktober 2007 – A 2 K 11194/04 – wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten, die dieser selbst trägt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
die Beklagte unter entsprechender teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 14.10.2002 zu verpflichten, festzustellen, dass hinsichtlich einer Abschiebung in den Iran die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen,
hilfsweise,
festzustellen, dass einer Abschiebung in den Iran Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 2-7 AufenthG entgegenstehen.
die Klage abzuweisen.
die Beklagte unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 14.9.2005 - 5 K 5/05.A - sowie unter entsprechender Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 14.10.2002 - - zu verpflichten, festzustellen, dass hinsichtlich einer Abschiebung in den Iran die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen,
hilfsweise,
festzustellen, dass einer Abschiebung in den Iran Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG entgegenstehen.
die Berufung zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
I.
II.
Gründe
I.
II.
Gründe
-
I
- 1
-
Der Kläger, ein iranischer Staatsangehöriger, stellte im März 2011 einen Asylantrag wegen Wehrdienstentziehung. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) lehnte den Antrag mit Bescheid vom 19. Dezember 2012 mangels Glaubwürdigkeit der Angaben zu seinem Vorfluchtschicksal ab. Während des Klageverfahrens ist der Kläger zum Christentum übergetreten und hat sich im Mai 2013 taufen lassen.
- 2
-
Das Verwaltungsgericht hat seiner auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gerichteten Klage stattgegeben. Den Entscheidungsgründen ist zu entnehmen, dass sich das Gericht zwar nicht von der Ernsthaftigkeit der Konversion habe überzeugen können. Dennoch sei der Kläger als Flüchtling anzuerkennen, denn die Taufe gehöre als Aufnahmeakt zum seelsorgerischen Kernbereich einer Religionsgemeinschaft. Deshalb sei das Gericht gemäß Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV an die Beurteilung der die Taufe vollziehenden Pfarrerin gebunden, der Glaubensübertritt sei vom Kläger ernsthaft gewollt.
- 3
-
Auf die Berufung der Beklagten hat der Verwaltungsgerichtshof das Urteil des Verwaltungsgerichts geändert und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat er ausgeführt, ein flüchtlingsrechtlich relevanter, hinreichend schwerer Eingriff in die Religionsfreiheit des unverfolgt aus dem Iran ausgereisten Klägers setze u.a. voraus, dass für den Betroffenen die Befolgung bestimmter gefahrenträchtiger religiöser Praktiken in der Öffentlichkeit zur Wahrung seiner religiösen Identität besonders wichtig sei. Das Gericht habe jedoch auch in Ansehung der Taufe des Klägers nicht mit der notwendigen Überzeugungsgewissheit feststellen können, dass die von ihm geltend gemachte Hinwendung zur christlichen Religion auf einer festen Überzeugung und einem ernst gemeinten religiösen Einstellungswandel beruhe. Der christliche Glaube präge die religiöse Identität des Klägers nicht in einer Weise, dass dieser die christliche Betätigung für sich selbst als verpflichtend empfinde, um seine Identität zu wahren. Bei dieser Beurteilung binde der Umstand, dass der Betroffene durch den Amtsträger einer christlichen Kirche getauft worden sei, die staatlichen Stellen nicht. Es sei vielmehr die ureigene Aufgabe staatlicher Verwaltungsgerichte, zu einer eigenen Einschätzung hinsichtlich der Ernsthaftigkeit des Glaubensübertritts zu gelangen. Aus Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 1 und 3 WRV ergebe sich nichts anderes. Denn es bleibe der Kirchengemeinde unbenommen, den Kläger weiterhin als ihr Mitglied anzusehen. Die Beantwortung der davon zu unterscheidenden Frage, ob die Mitgliedschaft in einer christlichen Kirche eine religiöse Verfolgung nach sich ziehe und deshalb die Flüchtlingsanerkennung begründe, sei allein Aufgabe der staatlichen Gerichte.
- 4
-
Hiergegen wendet sich die Beschwerde des Klägers, mit der dieser die Zulassung der Revision erstrebt.
-
II
- 5
-
Die auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und eines Verfahrensmangels des Berufungsurteils (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.
- 6
-
1. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, wenn sie eine abstrakte, in dem zu entscheidenden Fall erhebliche Frage des revisiblen Rechts mit einer über den Einzelfall hinausgehenden allgemeinen Bedeutung aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder im Interesse der Rechtsfortbildung in einem Revisionsverfahren geklärt werden muss. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, wenn sich die aufgeworfene Frage im Revisionsverfahren nicht stellen würde, wenn sie bereits geklärt ist bzw. aufgrund des Gesetzeswortlauts mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Auslegung und auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens beantwortet werden kann oder wenn sie einer abstrakten Klärung nicht zugänglich ist (BVerwG, Beschluss vom 1. April 2014 - 1 B 1.14 - AuAS 2014, 110).
- 7
-
Die Beschwerde hält für grundsätzlich klärungsbedürftig,
-
"ob das staatliche Gericht uneingeschränkt befugt ist, im Rahmen eines Asylverfahrens entgegen einer Taufe in den christlichen Glauben und entgegen einer pfarramtlichen Bescheinigung der Pfarrerin seiner Kirchengemeinde davon auszugehen, dass ein Asylbewerber keine religiöse Identität in dem Sinne habe, dass ihm der Verzicht auf eine öffentlich wahrnehmbare Betätigung seines christlichen Glaubens zumutbar ist."
- 8
-
Dazu führt sie im Kern aus, die Feststellung der Ernsthaftigkeit des Übertritts zum Christentum sowie der religiösen Identität eines Asylbewerbers sei eine innerkirchliche Angelegenheit, die gemäß Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV staatlicher Überprüfung entzogen sei. Die Taufe gehöre zum Kernbereich kirchlichen Handelns, den der Staat nicht infrage stellen dürfe. Auch der Kläger werde in seiner grundrechtlich geschützten Glaubensfreiheit verletzt, wenn der Staat sich die Entscheidungskompetenz darüber anmaße, ob er "wahrer" Christ sei oder nicht. Mit diesem und dem weiteren Vorbringen zeigt die Beschwerde keine klärungsbedürftigen Fragen des revisiblen Rechts auf, die die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 oder 3 VwGO rechtfertigen.
- 9
-
Es bedarf keiner Durchführung eines Revisionsverfahrens, um zu klären, dass staatliche Behörden und Verwaltungsgerichte bei der Prüfung der Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 und 4 AsylVfG nicht an die Beurteilung des zuständigen Amtsträgers einer christlichen Kirche gebunden sind, der Taufe des betroffenen Asylbewerbers liege eine ernsthafte und nachhaltige Glaubensentscheidung zugrunde. Dies folgt insbesondere aus der dem Berufungsurteil vom Verwaltungsgerichtshof zugrunde gelegten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urteil vom 20. Februar 2013 - 10 C 23.12 - BVerwGE 146, 67 im Anschluss an EuGH, Urteil vom 5. September 2012 - C-71/11 und C-99/11 [ECLI:EU:C:2012:518] - NVwZ 2012, 1612). Das Vorbringen der Beschwerde zeigt keinen neuerlichen oder weitergehenden Klärungsbedarf auf.
- 10
-
Art. 4 Abs. 1 und 2 GG als einheitliches Grundrecht sowie Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 Satz 1 WRV garantieren den Religionsgesellschaften die Freiheit, ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes zu ordnen und zu verwalten (zum Verhältnis der Bestimmungen zueinander im Sinne einer Schrankenspezialität: BVerfG, Beschluss vom 22. Oktober 2014 - 2 BvR 661/12 - EuGRZ 2014, 698 Rn. 82 ff.). Das kirchliche Selbstbestimmungsrecht umfasst alle Maßnahmen, die der Sicherstellung der religiösen Dimension des Wirkens im Sinne kirchlichen Selbstverständnisses und der Wahrung der unmittelbaren Beziehung der Tätigkeit zum kirchlichen Grundauftrag dienen (BVerfG, Beschluss vom 22. Oktober 2014 - 2 BvR 661/12 - EuGRZ 2014, 698 Rn. 95 m.w.N.). Zu den "eigenen Angelegenheiten" in diesem Sinne zählen insbesondere die Rechte und Pflichten der Mitglieder der jeweiligen Religionsgemeinschaft, insbesondere Bestimmungen, die den Ein- und Austritt, die mitgliedschaftliche Stellung sowie den Ausschluss von Glaubensangehörigen regeln (BVerfG, Beschluss vom 17. Dezember 2014 - 2 BvR 278/11 - EuGRZ 2015, 250 Rn. 37 m.w.N.). Die Mitgliedschaft in einer Religionsgemeinschaft beurteilt sich mit Wirkung für den weltlichen Bereich (etwa als Voraussetzung für die Kirchensteuerpflicht) grundsätzlich nach den Regeln der jeweiligen Religionsgemeinschaft (BVerfG, Beschluss vom 31. März 1971 - 1 BvR 744/67 - BVerfGE 30, 415 <422> - auch zu der Grenze des für alle geltenden Gesetzes). Demzufolge obliegen die Interpretation und die Beurteilung der kirchenrechtlichen Voraussetzungen für eine Taufe sowie deren Wirksamkeit mit der Folge, dass der Betroffene Mitglied in der Gemeinde einer Religionsgemeinschaft wie der evangelisch-lutherischen Landeskirche ist, den innerkirchlich zuständigen Amtsträgern (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. November 2013 - 6 C 21.12 - BVerwGE 148, 271 Rn. 46 ff. - auch zur Abgrenzung gegenüber staatlichen Gerichten verbleibenden Prüfungspunkten).
- 11
-
Es liegt auf der Hand, dass - von Missbrauchsfällen abgesehen - die von einer Religionsgemeinschaft bestätigte Mitgliedschaft als solche von den Verwaltungsgerichten bei der Untersuchung, ob dem Asylbewerber in seinem Heimatland eine schwerwiegende Verletzung der Religionsfreiheit als flüchtlingsrechtlich relevante Verfolgung droht, nicht infrage gestellt werden darf. Die durch Taufe bewirkte Mitgliedschaft in einer christlichen Religionsgemeinschaft ist aber nur dann allein entscheidungserheblich, wenn eine Verfolgung in einem Land ausschließlich an der Kirchenzugehörigkeit anknüpft. Ist dies jedoch - wie nach der tatrichterlichen Würdigung der Verfolgungslage im Iran durch das Berufungsgericht - nicht der Fall, haben das Bundesamt bzw. die Verwaltungsgerichte auf der Rechtstatsache der Kirchenmitgliedschaft aufbauend bei der Beurteilung der Schwere einer drohenden Verletzung der Religionsfreiheit des Betroffenen zu prüfen, ob die Befolgung einer bestimmten gefahrträchtigen religiösen Praxis für ihn zur Wahrung seiner religiösen Identität besonders wichtig ist. Da bereits der unter dem Druck drohender Verfolgung erzwungene Verzicht auf eine Glaubensbetätigung die Qualität einer Verfolgung im Sinne des § 3a Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG erreichen kann, ist für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft aufgrund drohender religiöser Verfolgung in diesem Fall maßgeblich, wie der Einzelne seinen Glauben lebt und ob die verfolgungsträchtige Glaubensbetätigung für ihn persönlich nach seinem Glaubensverständnis ein zentrales Element seiner religiösen Identität bildet und in diesem Sinne für ihn unverzichtbar ist (BVerwG, Urteil vom 20. Februar 2013 - 10 C 23.12 - BVerwGE 146, 67 Rn. 28 ff. im Anschluss an EuGH, Urteil vom 5. September 2012 - C-71/11 und C-99/11 - NVwZ 2012, 1612). Dass diese Fragestellung in Teilbereichen zugleich auch als kirchenrechtliche Voraussetzung für die Taufe bedeutsam ist und von dem innerkirchlich zuständigen Amtsträger bejaht worden ist, macht sie - wie das Berufungsgericht zutreffend herausgestellt hat - mit Blick auf die hier zu prüfende, staatlichen Stellen obliegende Flüchtlingsanerkennung nicht zu einer "eigenen Angelegenheit" der Religionsgemeinschaft im Sinne des Art. 137 Abs. 3 Satz 1 WRV i.V.m. Art. 140 GG. Diese Grundsätze gelten unabhängig davon, ob die jeweilige Religionsgemeinschaft als Körperschaft des Öffentlichen Rechts konstituiert ist oder nicht.
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Es bedarf auch keiner Klärung in einem Revisionsverfahren, dass staatliche Stellen mit der eigenständigen Würdigung im Rahmen der Prüfung des § 3 Abs. 1 AsylVfG, ob eine bestimmte Glaubenspraxis für den Antragsteller nach seinem Glaubensverständnis ein zentrales Element seiner religiösen Identität bildet und in diesem Sinne für ihn unverzichtbar ist, nicht die sich aus Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG, Art. 4 Abs. 1 und 2 GG sowie Art. 140 i.V.m. Art. 136 Abs. 1 und 4, Art. 137 Abs. 1 WRV ergebende Pflicht des Staates zur weltanschaulichen Neutralität verletzen. Denn eine verfassungsrechtlich unzulässige Bewertung des Glaubens oder der Lehre einer Kirche ist damit nicht verbunden. Bei der Prüfung der Flüchtlingsanerkennung wegen geltend gemachter religiöser Verfolgung setzen sich staatliche Stellen weder mit Inhalten von Glaubenssätzen auseinander noch bewerten sie diese oder formulieren gar eigene Standpunkte in Glaubensdingen (zur Reichweite des Neutralitätsgebots: BVerfG, Beschluss vom 22. Oktober 2014 - 2 BvR 661/12 - EuGRZ 2014, 698 Rn. 88 ff. m.w.N.; vgl. auch EGMR, Urteil vom 15. Januar 2013 - Nr. 48420/10 u.a. - NJW 2014, 1935 Rn. 81 und Urteil vom 8. April 2014 - Nr. 70945/11 u.a. - NVwZ 2015, 499 Rn. 76). Sie entscheiden auch nicht über die Legitimität religiöser Glaubensüberzeugungen, sondern gehen lediglich der Stellung des einzelnen Antragstellers zu seinem Glauben nach, nämlich der Intensität selbst empfundener Verbindlichkeit von Glaubensgeboten für die Identität der Person. Darin liegt keine Verletzung der Pflicht des Staates zu weltanschaulicher Neutralität.
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In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist auch geklärt, dass die Verwaltungsgerichte sich bei der Prüfung der inneren Tatsache, ob der Kläger die unterdrückte religiöse Betätigung seines Glaubens für sich selbst als verpflichtend zur Wahrung seiner religiösen Identität empfindet, nicht auf eine Plausibilitätsprüfung hinreichend substantiierter Darlegung beschränken dürfen, sondern insoweit das Regelbeweismaß der vollen Überzeugung des Gerichts (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) zugrunde zu legen haben (BVerwG, Urteil vom Urteil vom 20. Februar 2013 - 10 C 23.12 - BVerwGE 146, 67 Rn. 30). Ein erneuter oder weitergehender Klärungsbedarf ergibt sich nicht daraus, dass die Anlegung des Regelbeweismaßes nach Auffassung der Beschwerde die Religionsfreiheit des Betroffenen und zugleich das kirchliche Selbstbestimmungsrecht verletzt. Denn eine Zurücknahme des tatrichterlichen Beweismaßes sowie der gerichtlichen Kontrolldichte ist nach der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung nur bei der Bestimmung der Reichweite des Schutzbereichs des Art. 4 GG angezeigt. Bei der Würdigung dessen, was im Einzelfall als korporative oder individuelle Ausübung von Religion und Weltanschauung im Sinne von Art. 4 Abs. 1 und 2 GG anzusehen ist, muss der zentralen Bedeutung des Begriffs der "Religionsausübung" durch eine extensive Auslegung Rechnung getragen werden; insoweit darf das Selbstverständnis der jeweils betroffenen Religionsgemeinschaften und des einzelnen Grundrechtsträgers nicht außer Betracht bleiben. Die Formulierung ihres Selbstverständnisses und Auftrags - des kirchlichen Proprium - obliegt allein den Kirchen und ist als elementarer Bestandteil der korporativen Religionsfreiheit durch Art. 4 Abs. 1 und 2 GG verfassungsrechtlich geschützt (BVerfG, Beschluss vom 22. Oktober 2014 - 2 BvR 661/12 - EuGRZ 2014, 698 Rn. 101, 114). Auch auf der individuellen Ebene dürfen staatliche Organe nur prüfen, ob hinreichend substantiiert dargelegt ist, dass sich ein von dem Betroffenen als religiös geboten reklamiertes Verhalten tatsächlich nach geistigem Gehalt und äußerer Erscheinung in plausibler Weise dem Schutzbereich des Art. 4 GG zuordnen lässt, also tatsächlich eine als religiös anzusehende Motivation hat (BVerfG, Beschluss vom 27. Januar 2015 - 1 BvR 471/10 u.a. - EuGRZ 2015, 181 Rn. 86 m.w.N.). Die gebotene Berücksichtigung des kirchlichen und individuellen Selbstverständnisses des Grundrechtsträgers bei der Bestimmung, wie weit der Schutzbereich des Art. 4 Abs. 1 und 2 GG im konkreten Einzelfall reicht, ist jedoch nicht auf die der Schutzbereichsbestimmung vorgelagerte tatrichterliche Würdigung zu übertragen, ob und inwieweit eine Person eine bestimmte religiöse Betätigung ihres Glaubens für sich selbst als verpflichtend zur Wahrung ihrer religiösen Identität empfindet.
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Der Senat hat auch klargestellt, dass die religiöse Identität als innere Tatsache sich nur aus dem Vorbringen des Asylbewerbers sowie im Wege des Rückschlusses von äußeren Anhaltspunkten auf die innere Einstellung des Betroffenen feststellen lässt (BVerwG, Urteil vom 20. Februar 2013 - 10 C 23.12 - BVerwGE 146, 67 Rn. 31). Entgegen der Auffassung der Beschwerde wird die Glaubensfreiheit eines Asylbewerbers, der sich auf eine ihm drohende Verfolgung wegen seiner Religion beruft, nicht dadurch verletzt, dass es ihm im Rahmen der asylverfahrensrechtlichen Mitwirkungspflichten (§ 15 Abs. 2 Nr. 1 AsylVfG) und des prozessrechtlichen Untersuchungsgrundsatzes (§ 86 Abs. 1 VwGO) obliegt, staatlichen Stellen über sein religiöses Selbstverständnis Auskunft zu geben. Es unterliegt der freien Beweiswürdigung gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO und ist insoweit keiner weiteren grundsätzlichen Klärung zugänglich, auf welche Weise der Tatrichter versucht, sich die erforderliche Überzeugungsgewissheit vom Vorliegen der entscheidungserheblichen Tatsache der Wahrung der religiösen Identität des Asylbewerbers zu verschaffen. Nicht weiter klärungsbedürftig ist in diesem Zusammenhang insbesondere, dass es - wovon das Berufungsgericht ausgegangen ist (UA S. 16) - die Glaubensfreiheit nicht verletzt und die Beweisanforderungen nicht überspannt, von einem Erwachsenen im Regelfall zu erwarten, dass dieser schlüssige und nachvollziehbare Angaben zu den inneren Beweggründen für die Konversion machen kann und im Rahmen seiner Persönlichkeit und intellektuellen Disposition mit den Grundzügen seiner neuen Religion vertraut ist.
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2. Die Beschwerde rügt des Weiteren, dem Berufungsgericht fehle die notwendige Sachkunde zur Beurteilung der religiösen Identität des Klägers. Dem Verwaltungsgerichtshof hätte sich eine Begutachtung des Klägers in psychologischer und religiöser Hinsicht aufdrängen müssen (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 86 Abs. 1 VwGO). Die Aufklärungs- und damit verbundene Gehörsrüge verhilft der Beschwerde nicht zum Erfolg.
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Zum einen hat der Kläger ausweislich der Sitzungsniederschrift in der Berufungsverhandlung keinen entsprechenden Beweisantrag gestellt. Ein Gericht verletzt seine Pflicht zur erschöpfenden Sachverhaltsaufklärung gemäß § 86 Abs. 1 VwGO grundsätzlich dann nicht, wenn es von einer sich nicht aufdrängenden Beweiserhebung absieht, die ein anwaltlich vertretener Beteiligter nicht ausdrücklich beantragt hat (BVerwG, Beschluss vom 2. November 1978 - 3 B 6.78 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 116). Aus welchen Gründen sich dem Verwaltungsgerichtshof eine weitere Aufklärung von Amts wegen hätte aufdrängen müssen, legt die Beschwerde nicht dar. Zum anderen ist bei der Prüfung, ob dem Berufungsgericht ein Verfahrensfehler unterlaufen ist, von dessen materiellrechtlicher Rechtsauffassung auszugehen, auch wenn diese - wofür hier nichts ersichtlich ist - verfehlt sein sollte (BVerwG, Urteil vom 9. Dezember 2010 - 10 C 13.09 - BVerwGE 138, 289 Rn. 17 m.w.N.; stRspr). Es ist weder von der Beschwerde dargelegt noch sonst ersichtlich, aus welchen Gründen das Berufungsgericht - nachdem nicht etwa Glaubensinhalte einer fremden Religion aufzuklären waren - nicht über die ausreichende Sachkunde zur Beurteilung der religiösen Überzeugung und Identität des Klägers verfügen sollte. Für die Ermittlung und Würdigung des (Nicht-)Vorliegens dieser inneren Tatsache bedarf es in aller Regel keines nur Experten vorbehaltenen Wissens. Letztlich wendet sich die Beschwerde im Wege der Aufklärungs- und Gehörsrüge gegen die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts; damit vermag sie indessen nicht durchzudringen.
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO; Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylVfG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 RVG; Gründe für eine Abweichung gemäß § 30 Abs. 2 RVG liegen nicht vor.
Tenor
I.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II.
Die Kläger tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Gründe
Tenor
I.
Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 AsylG zuzuerkennen. Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom
II.
Die Kosten des Verfahrens hat die Beklagte zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
III.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Tatbestand
Der Kläger wurde eigenen Angaben zufolge am ... in der Stadt Mashad im Iran geboren. Er ist afghanischer Staatsangehöriger schiitischer Glaubenszugehörigkeit und der Volkszugehörigkeit der Hazara. Der Kläger gibt an, am 11. Mai 2011 in die Bundesrepublik Deutschland auf dem Landweg eingereist zu sein, wo er am 31. Mai 2011 einen Asylantrag stellte.
Im Rahmen seiner Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) gab der Kläger im Wesentlichen an, er habe in Mashad die afghanische Schule bis zur 8. Klasse besucht. Seine Eltern, drei Brüder und zwei Schwestern lebten noch in dieser Stadt. Auch habe er eine Tante und mehrere Onkel im Iran. Die beiden letzten Jahre vor seiner Ausreise habe er alleine in Teheran gelebt und dort gearbeitet. Beruflich habe er das gemacht, was sich gerade angeboten habe. Seine Eltern stammten aus dem afghanischen Dorf Lale Sare Jangal. Er habe in Afghanistan keine Verwandten mehr. Zu seinen Fluchtgründen gab der Kläger an, dass die Lage im Iran für Afghanen schlimm gewesen sei. Seinen Wunsch, einen guten Job zu bekommen, habe ihm die iranische Regierung genommen. Um seine Ruhe zu haben, habe er ständig Schmiergeld zahlen müssen. Auch sei er mehrmals festgenommen worden. Er habe einmal eine Woche lang in einem Abschiebelager verbracht. Im Jahre 2006 sei ein Onkel getötet worden. Der Bruder der Frau des getöteten Onkels habe ihnen dann Probleme bereitet. Er habe die Familie bezichtigt, seine Schwester in Verruf gebracht zu haben. Dies habe dazu geführt, dass seine Familie beschlossen habe, den Iran zu verlassen. Zu Afghanistan habe er keinerlei Bezug. Die Hazara seien dort gefährdet; sie würden von den Taliban getötet.
Mit Bescheid des Bundesamts vom
Gegen den am 28. März 2013 zur Post gegebenen Bescheid ließ der Kläger durch Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 12. April 2013, eingegangen beim Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg am gleichen Tag, Klage erheben und beantragen:
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom
hilfsweise festzustellen, dass bei dem Kläger Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG vorliegen.
Des Weiteren wurde beantragt, dem Kläger Prozesskostenhilfe zu bewilligen.
Mit Schriftsatz vom
Mit Schriftsatz vom
die Klage abzuweisen.
Mit Beschluss vom 21. Juli 2016
Es wurden verschiedene Erkenntnismittel zu Afghanistan, Stand April 2016, zum Gegenstand des Verfahrens gemacht, auf die Bezug genommen wird.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- sowie der vorgelegten Behördenakten sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom
Gründe
Die zulässige Klage, über die trotz des Ausbleibens eines Vertreters der Beklagten in der mündlichen Verhandlung verhandelt und entschieden werden konnte (§ 102 Abs. 2 VwGO), ist auch begründet. Der Kläger hat einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1, Abs. 4 AsylG. Der Ablehnungsbescheid des Bundesamtes vom 25. März 2013 ist daher, soweit er Gegenstand der Klage ist und der Verpflichtung zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft entgegensteht, rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO). Soweit die Anerkennung des Klägers als Asylberechtigter abgelehnt wurde (Ziffer 1), ist der Bescheid hingegen unanfechtbar geworden und daher nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.
Rechtsgrundlage der begehrten Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ist vorliegend § 3 Abs. 4 und Abs. 1 AsylG. Danach wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, soweit er keinen Ausschlusstatbestand nach § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG erfüllt. Ein Ausländer ist Flüchtling i. S. d. Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Genfer Konvention - GK), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will. Nach § 77 Abs. 1 AsylG ist vorliegend das Asylgesetz in der ab 6. August 2016 geltenden, durch Art. 6 des Integrationsgesetzes vom 31. Juli 2016 (BGBl. I S. 1939 ff.) geschaffenen Fassung anzuwenden. Dieses Gesetz setzt in §§ 3 bis 3e AsylG - wie die Vorgängerregelungen in §§ 3 ff. AsylVfG - die Vorschriften der Art. 6 bis 10 der Richtlinie 2011/95/EU vom 28. August 2013 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (Amtsblatt Nr. L 337, S. 9) - Qualifikationsrichtlinie (QRL) im deutschen Recht um. Nach § 3a Abs. 1 AsylG gelten als Verfolgung i. S. d. § 3 Abs. 1 AsylG Handlungen, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Art. 15 Abs. 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 - EMRK (BGBl 1952 II, S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist (Nr. 1), oder die in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nr. 1 beschriebenen Weise betroffen ist (Nr. 2). Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AsylG muss die Verfolgung an eines der flüchtlingsrelevanten Merkmale anknüpfen, die in § 3b Abs. 1 AsylG näher beschrieben sind, wobei es nach § 3b Abs. 2 AsylG ausreicht, wenn der betreffenden Person das jeweilige Merkmal von ihren Verfolgern zugeschrieben wird. Nach § 3c AsylG kann eine solche Verfolgung nicht nur vom Staat, sondern auch von nicht-staatlichen Akteuren ausgehen.
Gemessen an diesen Maßstäben befindet sich der Kläger aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Religion außerhalb des Landes, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt. Aufgrund seiner Konversion zum christlichen Glauben droht ihm im Falle seiner Rückkehr nach Afghanistan eine Verfolgung i. S. d. § 3a Abs. 1 AsylG. Für den Kläger besteht auch keine Möglichkeit des internen Schutzes i. S. d. § 3e AsylG.
Eine Verfolgung i. S. d. Art. 9 Abs. 1 a) Qualifikationsrichtlinie (QRL), der durch § 3a Abs. 1 AsylVfG in deutsches Recht umgesetzt wurde, kann nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, U. v. 5.9.2012 - Y und Z, C-71/11
Die Beurteilung, wann eine Verletzung der Religionsfreiheit die erforderliche Schwere aufweist, um die Voraussetzungen einer Verfolgungshandlung im Sinne von Art. 9 Abs. 1 Buchst. a) QRL zu erfüllen, hängt von objektiven wie auch subjektiven Gesichtspunkten ab (EuGH, U. v. 5.9.2012 - Y und Z, C-71/11
Objektive Gesichtspunkte sind insbesondere die Schwere der dem Ausländer bei Ausübung seiner Religion drohenden Verletzung anderer Rechtsgüter wie z. B. Leib und Leben. Die erforderliche Schwere kann insbesondere - aber nicht nur - dann erreicht sein, wenn dem Ausländer durch die Teilnahme an religiösen Riten in der Öffentlichkeit die Gefahr droht, an Leib, Leben oder Freiheit verletzt, strafrechtlich verfolgt oder einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Bestrafung unterworfen zu werden. Bei strafrechtsbewehrten Verboten kommt es insoweit maßgeblich auf die tatsächliche Strafverfolgungspraxis im Herkunftsland des Ausländers an, weil ein Verbot, das erkennbar nicht durchgesetzt wird, keine erhebliche Verfolgungsgefahr begründet (BVerwG, U. v. 20.2.2013 - 10 C 23/12 - juris Rn. 28 m. w. N.).
Als relevanter subjektiver Gesichtspunkt ist der Umstand anzusehen, dass für den Betroffenen die Befolgung einer bestimmten gefahrenträchtigen religiösen Praxis zur Wahrung seiner religiösen Identität besonders wichtig ist (EuGH, U. v. 5.9.2012 - Y und Z, C-71/11
Die Tatsache, dass er die unterdrückte religiöse Betätigung für sich selbst als verpflichtend empfindet, um seine religiöse Identität zu wahren, muss der Asylbewerber zur vollen Überzeugung des Gerichts nachweisen (BVerwG, U. v. 20.2.2013 - 10 C 23/12 - juris Rn. 30;
Gemessen an diesen Grundsätzen liegen im Falle des Klägers die erforderliche objektive (1.) und subjektive (2.) Schwere der ihm im Falle seiner Rückkehr nach Afghanistan drohenden Verletzung seiner Religionsfreiheit vor. Ihm droht deshalb aufgrund eines anzuerkennenden subjektiven Nachfluchtgrundes mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine flüchtlingsrelevante Verfolgung i. S. d. §§ 3 Abs. 1 Nr. 1, 3a Abs. 1 und 3b Abs. 1 Nr. 2 AsylG.
1. Nach der Überzeugung des Gerichtes sind zum Christentum konvertierte ehemalige Moslems in Afghanistan gezwungen, ihren Glauben entweder ganz zu verleugnen oder ihn zumindest auch im privaten Umfeld zu verheimlichen, da anderenfalls schwerwiegende Übergriffe durch staatliche oder nicht-staatliche Akteure nicht ausgeschlossen werden können. Dauerhafter staatlicher Schutz vor derartigen Übergriffen ist derzeit - auch nur in bestimmten Landesteilen - nicht erreichbar (OVG NRW, U. v. 19.6.2008 - 20 A 3886/05.A - juris Rn. 25 ff.; VG Würzburg, U. v. 27.8.2013 - W 1 K 12.30200 - juris Rn. 25;
Die Verfassung der Islamischen Republik Afghanistan erklärt den Islam zur Staatsreligion Afghanistans. Zwar wird den Angehörigen anderer Religionsgemeinschaften das Recht eingeräumt, im Rahmen der Gesetze ihren Glauben auszuüben und ihre religiösen Bräuche zu pflegen. Somit gewährleistet die Verfassung grundsätzlich das Recht auf freie Religionsausübung. Dieses Grundrecht umfasst jedoch nicht die Freiheit, vom Islam zu einer anderen Religion zu konvertieren, und schützt somit nicht die freie Religionswahl (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, Stand: März 2013, S. 10 f.; Auswärtiges Amt, Auskunft an das VG Hamburg
2. Im Falle des Klägers liegt auch die erforderliche subjektive Schwere der Verletzung der Religionsfreiheit vor, weil es nach Überzeugung des Gerichts ein unverzichtbarer Bestandteil seiner religiösen Identität ist, seinen Glauben nicht zu verheimlichen, sondern ihn gemeinsam mit anderen auszuüben, insbesondere an Gottesdiensten teilzunehmen, sich mit der Bibel und den christlichen Glaubensinhalten zu beschäftigen und den Glauben an andere weiterzugeben.
Der formale Glaubenswechsel des Klägers ist durch den bereits vollzogenen Akt der Taufe am 11. Mai 2015 belegt. Darüber hinaus ist jedoch für die Annahme einer Verfolgungsgefahr und damit für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft erforderlich, dass der Glaubenswechsel, insbesondere wenn er erst nach der Ausreise aus dem Herkunftsland durchgeführt wurde, nicht rein aus asyltaktischen Gründen erfolgt, sondern auf einem ernsthaften, dauerhaften religiösen Einstellungswandel beruht und nunmehr die religiöse Identität des Betroffenen prägt (BayVGH, B. v. 20.4.2015 - 14 ZB 13.30257 - juris Rn. 4;
Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung die Hintergründe und Motive seines Glaubenswechsels zur vollen Überzeugung des Gerichts glaubhaft machen können. Das Gericht hat hierbei den Eindruck gewonnen, dass der Kläger sich aus voller innerer Überzeugung von seinem bisherigen Bekenntnis zum islamischen Glauben gelöst und dem Christentum zugewandt hat. So hat der Kläger nachvollziehbar dargelegt, wie er im Iran, obwohl seine Mitmenschen - wie er selbst - islamischen Glaubens gewesen seien, von der einheimischen Bevölkerung unterdrückt worden sei, weil er der Volksgruppe der Hazara zugehört und aus Afghanistan stammt. In Deutschland sei er dann vor etwa eineinhalb Jahren über einen iranischen Freund sowie seine seinerzeitige Deutschlehrerin das erste Mal mit der christlichen Gemeinde ... in Berührung gekommen. Der Kläger hat sodann überzeugend weiter ausgeführt, dass jeder Mensch eine Beruhigung brauche; er selbst benötige diese Ruhe insbesondere wegen seiner schwierigen Situation in Deutschland und weil man im Iran versucht habe, ihn zu töten. Er habe nach dem Besuch der Gottesdienste gespürt, dass er stets ruhiger gewesen sei; er habe sich immer gut gefühlt, so dass aufgrund dessen mit der Zeit der Glaube für ihn immer interessanter geworden sei. Die positive Wirkung der Gemeinschaft im Glauben auf seine eigene Person und die Erfahrung, dass die Menschen in der Kirche stets sehr nett zu ihm gewesen seien, hätten schließlich dazu geführt, dass auch er „so ein Mensch habe werden wollen“, weshalb er sich zur Taufe entschlossen habe.
Der Kläger hat zudem überzeugend darlegen können, dass er sich aus tiefer innerer Überzeugung dem Christentum zugewendet hat. Er hat in diesem Zusammenhang erläutert, dass er vom Christentum das erhalte, was er vom Islam nicht bekommen habe. Zentral sei für ihn in diesem Zusammenhang die Nächstenliebe im christlichen Glauben, die es im Islam so nicht gebe. Dies deckt sich auch mit der von ihm beschriebenen lebensgeschichtlichen Erfahrung, wonach er im Iran von gläubigen Menschen des Islam rein aufgrund äußerer Merkmale unterdrückt worden sei. Ein zweiter herausragender Aspekt für die Hinwendung zum christlichen Glauben sei für ihn der Friede; Frieden und Liebe seien die zentralen Aspekte in der Bibel, wohingegen der Koran grausam sei und man im Islam alles machen dürfe. Er sehe im Christentum zudem den einzig richtigen Weg, sich Gott zu nähern. Wichtig sei ihm hierbei vor allem, dass es sich beim christlichen Glauben um eine Religion handele, in der jeder sein Recht bekomme. Damit hat der Kläger einen gewissensgeleiteten, durch religiöse Werte und Normen hervorgerufenen Akt der inneren Umkehr und einen Wendepunkt in seinem Leben glaubhaft geschildert und hiermit hinreichend deutlich gemacht, dass es sich bei seiner Hinwendung zum Christentum um eine Gewissensentscheidung handelt, die von einer echten Glaubensüberzeugung und nicht von asyltaktischen Erwägungen geleitet ist. Der Kläger machte auf das Gericht in der mündlichen Verhandlung einen sehr ruhigen und in sich gekehrten Eindruck; seine Antworten auf die Fragen des Gerichts waren jedoch stets spontan und ohne Zögern. An keiner Stelle drängte sich dem Gericht der Eindruck auf, dass der Kläger in seinen Aussagen inhaltlich übertrieben, sondern stets in jeder Hinsicht authentisch von tatsächlichen eigenen Überzeugungen und Erlebnissen berichtet hat. Der Kläger erscheint dem Gericht daher auch persönlich glaubwürdig.
Der Kläger hat darüber hinaus auch glaubhaft machen können, mit zentralen Inhalten des christlichen Glaubens vertraut zu sein, indem er etwa auf Frage des Gerichts eine Reihe von christlichen Feiertagen aufzählen und deren Bedeutung erläutern konnte. Auch die Bedeutung der 10 Gebote konnte der Kläger darlegen sowie den Inhalt einzelner dieser Gebote benennen. Auch dies spricht nach Überzeugung des Gerichts für die Glaubhaftigkeit der Konversion.
Der Kläger konnte auch darlegen, dass er seinen neuen Glauben in Deutschland praktiziert und dies auch in Afghanistan tun wollen würde. Er hat diesbezüglich in der mündlichen Verhandlung glaubhaft erläutert, dass er jede Woche am Gottesdienst der Gemeinde .... teilnehme und dort zudem über die Bibel und das Christentum unterrichtet werde. Er habe sich explizit dieser Gemeinde angeschlossen, da der Glaube dort auch in persischer Sprache unterrichtet werde, was ihm besonders wichtig gewesen sei. Auch hierdurch wird die Ernsthaftigkeit des Glaubenswechsels zur Überzeugung des Gerichts nochmals bekräftigt. Überdies übernehme er in der Gemeinde auch ehrenamtliche Tätigkeiten und helfe neuen Flüchtlingen, die in die Gemeinde kämen. All diese Betätigungen werden auch durch eine Bescheinigung der Gemeinde Bauhaus e.V. vom 11. Juli 2015 bestätigt. Der Kläger hat klar und deutlich erklärt, dass er auch in Afghanistan auf jedem Fall Christ bleiben und seinen neuen Glauben dort öffentlich verbreiten wolle. Eine Rückkehr zum Islam und ein Leben nach den islamischen Glaubensriten könne er sich nicht mehr vorstellen. Er sei nun zum christlichen Glauben gekommen und wolle auch weiterhin danach leben. Mit diesen genannten Verhaltensweisen und Überzeugungen würde der Kläger in der ausschließlich muslimisch geprägten Gesellschaft Afghanistans unweigerlich auffallen und landesweit mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit erheblichen Gefahren für Leib und Leben ausgesetzt sein. Damit hat er glaubhaft gemacht, auch in Afghanistan unter Inkaufnahme von Risiken als Christ leben zu wollen. Es steht somit fest, dass der Kläger sich zur Wahrung seiner religiösen Identität auch in Afghanistan zu seinem Glauben bekennen würde. Es wäre ihm deshalb im Herkunftsland nicht möglich, seine Religion entsprechend seinem religiösen Selbstverständnis auszuüben, ohne der Gefahr einer Verfolgung durch staatliche oder nichtstaatliche Akteure i. S. des § 3c Nr. 1, 3 AsylG ausgesetzt zu sein.
Dem Kläger steht auch keine innerstaatliche Fluchtalternative zur Verfügung. Die oben (unter 1.) geschilderten Gefahren für vom Glauben abgefallene Muslime drohen in Afghanistan landesweit, auch in der Stadt Kabul. Zwar mögen insbesondere nach den Erkenntnissen des Auswärtigen Amtes Repressionen gegen Konvertiten in städtischen Gebieten aufgrund der größeren Anonymität weniger als in Dorfgemeinschaften zu befürchten seien. Selbst dort würde aber ein vom Glauben abgefallener Muslim unweigerlich auffallen und selbst im privaten, familiären Umfeld bedroht sein (vgl. Auswärtiges Amt, Auskunft an das VG Würzburg
Der Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei, § 83b AsylG.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 9. Juli 2010 - A 4 K 1179/10 - wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Tenor
I.
Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 AsylG zuzuerkennen. Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom
II.
Die Kosten des Verfahrens hat die Beklagte zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
III.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Tatbestand
Der Kläger wurde eigenen Angaben zufolge am ... in der Stadt Mashad im Iran geboren. Er ist afghanischer Staatsangehöriger schiitischer Glaubenszugehörigkeit und der Volkszugehörigkeit der Hazara. Der Kläger gibt an, am 11. Mai 2011 in die Bundesrepublik Deutschland auf dem Landweg eingereist zu sein, wo er am 31. Mai 2011 einen Asylantrag stellte.
Im Rahmen seiner Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) gab der Kläger im Wesentlichen an, er habe in Mashad die afghanische Schule bis zur 8. Klasse besucht. Seine Eltern, drei Brüder und zwei Schwestern lebten noch in dieser Stadt. Auch habe er eine Tante und mehrere Onkel im Iran. Die beiden letzten Jahre vor seiner Ausreise habe er alleine in Teheran gelebt und dort gearbeitet. Beruflich habe er das gemacht, was sich gerade angeboten habe. Seine Eltern stammten aus dem afghanischen Dorf Lale Sare Jangal. Er habe in Afghanistan keine Verwandten mehr. Zu seinen Fluchtgründen gab der Kläger an, dass die Lage im Iran für Afghanen schlimm gewesen sei. Seinen Wunsch, einen guten Job zu bekommen, habe ihm die iranische Regierung genommen. Um seine Ruhe zu haben, habe er ständig Schmiergeld zahlen müssen. Auch sei er mehrmals festgenommen worden. Er habe einmal eine Woche lang in einem Abschiebelager verbracht. Im Jahre 2006 sei ein Onkel getötet worden. Der Bruder der Frau des getöteten Onkels habe ihnen dann Probleme bereitet. Er habe die Familie bezichtigt, seine Schwester in Verruf gebracht zu haben. Dies habe dazu geführt, dass seine Familie beschlossen habe, den Iran zu verlassen. Zu Afghanistan habe er keinerlei Bezug. Die Hazara seien dort gefährdet; sie würden von den Taliban getötet.
Mit Bescheid des Bundesamts vom
Gegen den am 28. März 2013 zur Post gegebenen Bescheid ließ der Kläger durch Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 12. April 2013, eingegangen beim Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg am gleichen Tag, Klage erheben und beantragen:
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom
hilfsweise festzustellen, dass bei dem Kläger Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG vorliegen.
Des Weiteren wurde beantragt, dem Kläger Prozesskostenhilfe zu bewilligen.
Mit Schriftsatz vom
Mit Schriftsatz vom
die Klage abzuweisen.
Mit Beschluss vom 21. Juli 2016
Es wurden verschiedene Erkenntnismittel zu Afghanistan, Stand April 2016, zum Gegenstand des Verfahrens gemacht, auf die Bezug genommen wird.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- sowie der vorgelegten Behördenakten sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom
Gründe
Die zulässige Klage, über die trotz des Ausbleibens eines Vertreters der Beklagten in der mündlichen Verhandlung verhandelt und entschieden werden konnte (§ 102 Abs. 2 VwGO), ist auch begründet. Der Kläger hat einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1, Abs. 4 AsylG. Der Ablehnungsbescheid des Bundesamtes vom 25. März 2013 ist daher, soweit er Gegenstand der Klage ist und der Verpflichtung zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft entgegensteht, rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO). Soweit die Anerkennung des Klägers als Asylberechtigter abgelehnt wurde (Ziffer 1), ist der Bescheid hingegen unanfechtbar geworden und daher nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.
Rechtsgrundlage der begehrten Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ist vorliegend § 3 Abs. 4 und Abs. 1 AsylG. Danach wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, soweit er keinen Ausschlusstatbestand nach § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG erfüllt. Ein Ausländer ist Flüchtling i. S. d. Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Genfer Konvention - GK), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will. Nach § 77 Abs. 1 AsylG ist vorliegend das Asylgesetz in der ab 6. August 2016 geltenden, durch Art. 6 des Integrationsgesetzes vom 31. Juli 2016 (BGBl. I S. 1939 ff.) geschaffenen Fassung anzuwenden. Dieses Gesetz setzt in §§ 3 bis 3e AsylG - wie die Vorgängerregelungen in §§ 3 ff. AsylVfG - die Vorschriften der Art. 6 bis 10 der Richtlinie 2011/95/EU vom 28. August 2013 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (Amtsblatt Nr. L 337, S. 9) - Qualifikationsrichtlinie (QRL) im deutschen Recht um. Nach § 3a Abs. 1 AsylG gelten als Verfolgung i. S. d. § 3 Abs. 1 AsylG Handlungen, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Art. 15 Abs. 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 - EMRK (BGBl 1952 II, S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist (Nr. 1), oder die in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nr. 1 beschriebenen Weise betroffen ist (Nr. 2). Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AsylG muss die Verfolgung an eines der flüchtlingsrelevanten Merkmale anknüpfen, die in § 3b Abs. 1 AsylG näher beschrieben sind, wobei es nach § 3b Abs. 2 AsylG ausreicht, wenn der betreffenden Person das jeweilige Merkmal von ihren Verfolgern zugeschrieben wird. Nach § 3c AsylG kann eine solche Verfolgung nicht nur vom Staat, sondern auch von nicht-staatlichen Akteuren ausgehen.
Gemessen an diesen Maßstäben befindet sich der Kläger aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Religion außerhalb des Landes, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt. Aufgrund seiner Konversion zum christlichen Glauben droht ihm im Falle seiner Rückkehr nach Afghanistan eine Verfolgung i. S. d. § 3a Abs. 1 AsylG. Für den Kläger besteht auch keine Möglichkeit des internen Schutzes i. S. d. § 3e AsylG.
Eine Verfolgung i. S. d. Art. 9 Abs. 1 a) Qualifikationsrichtlinie (QRL), der durch § 3a Abs. 1 AsylVfG in deutsches Recht umgesetzt wurde, kann nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, U. v. 5.9.2012 - Y und Z, C-71/11
Die Beurteilung, wann eine Verletzung der Religionsfreiheit die erforderliche Schwere aufweist, um die Voraussetzungen einer Verfolgungshandlung im Sinne von Art. 9 Abs. 1 Buchst. a) QRL zu erfüllen, hängt von objektiven wie auch subjektiven Gesichtspunkten ab (EuGH, U. v. 5.9.2012 - Y und Z, C-71/11
Objektive Gesichtspunkte sind insbesondere die Schwere der dem Ausländer bei Ausübung seiner Religion drohenden Verletzung anderer Rechtsgüter wie z. B. Leib und Leben. Die erforderliche Schwere kann insbesondere - aber nicht nur - dann erreicht sein, wenn dem Ausländer durch die Teilnahme an religiösen Riten in der Öffentlichkeit die Gefahr droht, an Leib, Leben oder Freiheit verletzt, strafrechtlich verfolgt oder einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Bestrafung unterworfen zu werden. Bei strafrechtsbewehrten Verboten kommt es insoweit maßgeblich auf die tatsächliche Strafverfolgungspraxis im Herkunftsland des Ausländers an, weil ein Verbot, das erkennbar nicht durchgesetzt wird, keine erhebliche Verfolgungsgefahr begründet (BVerwG, U. v. 20.2.2013 - 10 C 23/12 - juris Rn. 28 m. w. N.).
Als relevanter subjektiver Gesichtspunkt ist der Umstand anzusehen, dass für den Betroffenen die Befolgung einer bestimmten gefahrenträchtigen religiösen Praxis zur Wahrung seiner religiösen Identität besonders wichtig ist (EuGH, U. v. 5.9.2012 - Y und Z, C-71/11
Die Tatsache, dass er die unterdrückte religiöse Betätigung für sich selbst als verpflichtend empfindet, um seine religiöse Identität zu wahren, muss der Asylbewerber zur vollen Überzeugung des Gerichts nachweisen (BVerwG, U. v. 20.2.2013 - 10 C 23/12 - juris Rn. 30;
Gemessen an diesen Grundsätzen liegen im Falle des Klägers die erforderliche objektive (1.) und subjektive (2.) Schwere der ihm im Falle seiner Rückkehr nach Afghanistan drohenden Verletzung seiner Religionsfreiheit vor. Ihm droht deshalb aufgrund eines anzuerkennenden subjektiven Nachfluchtgrundes mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine flüchtlingsrelevante Verfolgung i. S. d. §§ 3 Abs. 1 Nr. 1, 3a Abs. 1 und 3b Abs. 1 Nr. 2 AsylG.
1. Nach der Überzeugung des Gerichtes sind zum Christentum konvertierte ehemalige Moslems in Afghanistan gezwungen, ihren Glauben entweder ganz zu verleugnen oder ihn zumindest auch im privaten Umfeld zu verheimlichen, da anderenfalls schwerwiegende Übergriffe durch staatliche oder nicht-staatliche Akteure nicht ausgeschlossen werden können. Dauerhafter staatlicher Schutz vor derartigen Übergriffen ist derzeit - auch nur in bestimmten Landesteilen - nicht erreichbar (OVG NRW, U. v. 19.6.2008 - 20 A 3886/05.A - juris Rn. 25 ff.; VG Würzburg, U. v. 27.8.2013 - W 1 K 12.30200 - juris Rn. 25;
Die Verfassung der Islamischen Republik Afghanistan erklärt den Islam zur Staatsreligion Afghanistans. Zwar wird den Angehörigen anderer Religionsgemeinschaften das Recht eingeräumt, im Rahmen der Gesetze ihren Glauben auszuüben und ihre religiösen Bräuche zu pflegen. Somit gewährleistet die Verfassung grundsätzlich das Recht auf freie Religionsausübung. Dieses Grundrecht umfasst jedoch nicht die Freiheit, vom Islam zu einer anderen Religion zu konvertieren, und schützt somit nicht die freie Religionswahl (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, Stand: März 2013, S. 10 f.; Auswärtiges Amt, Auskunft an das VG Hamburg
2. Im Falle des Klägers liegt auch die erforderliche subjektive Schwere der Verletzung der Religionsfreiheit vor, weil es nach Überzeugung des Gerichts ein unverzichtbarer Bestandteil seiner religiösen Identität ist, seinen Glauben nicht zu verheimlichen, sondern ihn gemeinsam mit anderen auszuüben, insbesondere an Gottesdiensten teilzunehmen, sich mit der Bibel und den christlichen Glaubensinhalten zu beschäftigen und den Glauben an andere weiterzugeben.
Der formale Glaubenswechsel des Klägers ist durch den bereits vollzogenen Akt der Taufe am 11. Mai 2015 belegt. Darüber hinaus ist jedoch für die Annahme einer Verfolgungsgefahr und damit für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft erforderlich, dass der Glaubenswechsel, insbesondere wenn er erst nach der Ausreise aus dem Herkunftsland durchgeführt wurde, nicht rein aus asyltaktischen Gründen erfolgt, sondern auf einem ernsthaften, dauerhaften religiösen Einstellungswandel beruht und nunmehr die religiöse Identität des Betroffenen prägt (BayVGH, B. v. 20.4.2015 - 14 ZB 13.30257 - juris Rn. 4;
Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung die Hintergründe und Motive seines Glaubenswechsels zur vollen Überzeugung des Gerichts glaubhaft machen können. Das Gericht hat hierbei den Eindruck gewonnen, dass der Kläger sich aus voller innerer Überzeugung von seinem bisherigen Bekenntnis zum islamischen Glauben gelöst und dem Christentum zugewandt hat. So hat der Kläger nachvollziehbar dargelegt, wie er im Iran, obwohl seine Mitmenschen - wie er selbst - islamischen Glaubens gewesen seien, von der einheimischen Bevölkerung unterdrückt worden sei, weil er der Volksgruppe der Hazara zugehört und aus Afghanistan stammt. In Deutschland sei er dann vor etwa eineinhalb Jahren über einen iranischen Freund sowie seine seinerzeitige Deutschlehrerin das erste Mal mit der christlichen Gemeinde ... in Berührung gekommen. Der Kläger hat sodann überzeugend weiter ausgeführt, dass jeder Mensch eine Beruhigung brauche; er selbst benötige diese Ruhe insbesondere wegen seiner schwierigen Situation in Deutschland und weil man im Iran versucht habe, ihn zu töten. Er habe nach dem Besuch der Gottesdienste gespürt, dass er stets ruhiger gewesen sei; er habe sich immer gut gefühlt, so dass aufgrund dessen mit der Zeit der Glaube für ihn immer interessanter geworden sei. Die positive Wirkung der Gemeinschaft im Glauben auf seine eigene Person und die Erfahrung, dass die Menschen in der Kirche stets sehr nett zu ihm gewesen seien, hätten schließlich dazu geführt, dass auch er „so ein Mensch habe werden wollen“, weshalb er sich zur Taufe entschlossen habe.
Der Kläger hat zudem überzeugend darlegen können, dass er sich aus tiefer innerer Überzeugung dem Christentum zugewendet hat. Er hat in diesem Zusammenhang erläutert, dass er vom Christentum das erhalte, was er vom Islam nicht bekommen habe. Zentral sei für ihn in diesem Zusammenhang die Nächstenliebe im christlichen Glauben, die es im Islam so nicht gebe. Dies deckt sich auch mit der von ihm beschriebenen lebensgeschichtlichen Erfahrung, wonach er im Iran von gläubigen Menschen des Islam rein aufgrund äußerer Merkmale unterdrückt worden sei. Ein zweiter herausragender Aspekt für die Hinwendung zum christlichen Glauben sei für ihn der Friede; Frieden und Liebe seien die zentralen Aspekte in der Bibel, wohingegen der Koran grausam sei und man im Islam alles machen dürfe. Er sehe im Christentum zudem den einzig richtigen Weg, sich Gott zu nähern. Wichtig sei ihm hierbei vor allem, dass es sich beim christlichen Glauben um eine Religion handele, in der jeder sein Recht bekomme. Damit hat der Kläger einen gewissensgeleiteten, durch religiöse Werte und Normen hervorgerufenen Akt der inneren Umkehr und einen Wendepunkt in seinem Leben glaubhaft geschildert und hiermit hinreichend deutlich gemacht, dass es sich bei seiner Hinwendung zum Christentum um eine Gewissensentscheidung handelt, die von einer echten Glaubensüberzeugung und nicht von asyltaktischen Erwägungen geleitet ist. Der Kläger machte auf das Gericht in der mündlichen Verhandlung einen sehr ruhigen und in sich gekehrten Eindruck; seine Antworten auf die Fragen des Gerichts waren jedoch stets spontan und ohne Zögern. An keiner Stelle drängte sich dem Gericht der Eindruck auf, dass der Kläger in seinen Aussagen inhaltlich übertrieben, sondern stets in jeder Hinsicht authentisch von tatsächlichen eigenen Überzeugungen und Erlebnissen berichtet hat. Der Kläger erscheint dem Gericht daher auch persönlich glaubwürdig.
Der Kläger hat darüber hinaus auch glaubhaft machen können, mit zentralen Inhalten des christlichen Glaubens vertraut zu sein, indem er etwa auf Frage des Gerichts eine Reihe von christlichen Feiertagen aufzählen und deren Bedeutung erläutern konnte. Auch die Bedeutung der 10 Gebote konnte der Kläger darlegen sowie den Inhalt einzelner dieser Gebote benennen. Auch dies spricht nach Überzeugung des Gerichts für die Glaubhaftigkeit der Konversion.
Der Kläger konnte auch darlegen, dass er seinen neuen Glauben in Deutschland praktiziert und dies auch in Afghanistan tun wollen würde. Er hat diesbezüglich in der mündlichen Verhandlung glaubhaft erläutert, dass er jede Woche am Gottesdienst der Gemeinde .... teilnehme und dort zudem über die Bibel und das Christentum unterrichtet werde. Er habe sich explizit dieser Gemeinde angeschlossen, da der Glaube dort auch in persischer Sprache unterrichtet werde, was ihm besonders wichtig gewesen sei. Auch hierdurch wird die Ernsthaftigkeit des Glaubenswechsels zur Überzeugung des Gerichts nochmals bekräftigt. Überdies übernehme er in der Gemeinde auch ehrenamtliche Tätigkeiten und helfe neuen Flüchtlingen, die in die Gemeinde kämen. All diese Betätigungen werden auch durch eine Bescheinigung der Gemeinde Bauhaus e.V. vom 11. Juli 2015 bestätigt. Der Kläger hat klar und deutlich erklärt, dass er auch in Afghanistan auf jedem Fall Christ bleiben und seinen neuen Glauben dort öffentlich verbreiten wolle. Eine Rückkehr zum Islam und ein Leben nach den islamischen Glaubensriten könne er sich nicht mehr vorstellen. Er sei nun zum christlichen Glauben gekommen und wolle auch weiterhin danach leben. Mit diesen genannten Verhaltensweisen und Überzeugungen würde der Kläger in der ausschließlich muslimisch geprägten Gesellschaft Afghanistans unweigerlich auffallen und landesweit mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit erheblichen Gefahren für Leib und Leben ausgesetzt sein. Damit hat er glaubhaft gemacht, auch in Afghanistan unter Inkaufnahme von Risiken als Christ leben zu wollen. Es steht somit fest, dass der Kläger sich zur Wahrung seiner religiösen Identität auch in Afghanistan zu seinem Glauben bekennen würde. Es wäre ihm deshalb im Herkunftsland nicht möglich, seine Religion entsprechend seinem religiösen Selbstverständnis auszuüben, ohne der Gefahr einer Verfolgung durch staatliche oder nichtstaatliche Akteure i. S. des § 3c Nr. 1, 3 AsylG ausgesetzt zu sein.
Dem Kläger steht auch keine innerstaatliche Fluchtalternative zur Verfügung. Die oben (unter 1.) geschilderten Gefahren für vom Glauben abgefallene Muslime drohen in Afghanistan landesweit, auch in der Stadt Kabul. Zwar mögen insbesondere nach den Erkenntnissen des Auswärtigen Amtes Repressionen gegen Konvertiten in städtischen Gebieten aufgrund der größeren Anonymität weniger als in Dorfgemeinschaften zu befürchten seien. Selbst dort würde aber ein vom Glauben abgefallener Muslim unweigerlich auffallen und selbst im privaten, familiären Umfeld bedroht sein (vgl. Auswärtiges Amt, Auskunft an das VG Würzburg
Der Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei, § 83b AsylG.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Tenor
I.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II.
Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
Gründe
(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:
- 1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, - 2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder - 3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.
(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen, - 2.
eine schwere Straftat begangen hat, - 3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder - 4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.
Die Verfolgung kann ausgehen von
- 1.
dem Staat, - 2.
Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder - 3.
nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.
(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:
- 1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, - 2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder - 3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.
(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen, - 2.
eine schwere Straftat begangen hat, - 3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder - 4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.
Tenor
I.
Die Beklagte wird verpflichtet festzustellen, dass bei den Klägern die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AsylG bezüglich Afghanistan vorliegen. Soweit die Ziffern 3. und 4. des Bescheides des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 24. Juli 2012 dem entgegenstehen, werden sie aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II.
Von den Kosten des Verfahrens haben die Kläger 3/4, die Beklagte 1/4 zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
III.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
I.
Der eigenen Angaben zufolge am … geborene Kläger zu 1) sowie die am … geborene Klägerin zu 2) sind afghanische Staatsangehörige. Sie gehörten der Volksgruppe der Multani an und seien ihrer Religionszugehörigkeit nach Hindus. Die Kläger hätten etwa Ende Juni 2011 ihr Heimatland zunächst nach Pakistan verlassen. Die Klägerin zu 2) sei Ende Juni 2011, der Kläger zu 1) Anfang September 2011 auf dem Luftweg nach Deutschland eingereist. Die Kläger stellten sodann am 14. September 2011 einen Asylantrag.
Im Rahmen der Erstbefragung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) am 14. September 2011 sowie der Anhörung beim Bundesamt am
Zu seinen Fluchtgründen gab der Kläger zu 1) an, dass seine Tochter namens I. ca. drei Monate vor der Ausreise von vermummten Personen - diese seien Taliban gewesen - entführt und ermordet worden sei. Auch sein Sohn namens M. sei im Jahr 1994 während des Krieges ums Leben gekommen. Sein Bruder namens R. sie vor ca. drei Jahren von den Mujaheddin in Ghazni getötet worden. Er selbst sei zusammengeschlagen und am Rücken operiert worden. Man habe ein Haus von ihm zwangsweise übernommen. Seine Ehefrau sei krank. Schließlich habe man versucht, seine zweite Tochter namens K. ebenfalls zwangsweise mitzunehmen. Gleich nach dem Tod seiner Tochter I. habe man einen Brief bei ihnen eingeworfen, wonach er seine Tochter K. freiwillig übergeben solle, weil man sie ansonsten ebenfalls zwangsweise mitnehmen werde. Der Tochter werde es dann ebenso ergehen wie der ersten. Der Drohbrief habe von dem gleichen Mann gestammt, der auch seine erste Tochter getötet habe. Es sei ein Taliban gewesen. Warum seine Tochter entführt und getötet worden sei, wisse er nicht genau. Es könne sein, dass es wegen seines hinduistischen Glaubens gewesen sei oder weil man Geld habe erpressen wollen. In Ghazni sei es öfters vorgekommen, dass man als Hindu beschimpft und bespuckt worden sei. Drei bis vier Tage nach Erhalt des Drohbriefs sei die Familie nach Kabul gegangen. Dort habe er als kleiner Händler begonnen und wieder als Fotograf gearbeitet. In Kabul habe man nichts mehr von dem Mann gehört, der seine Tochter ermordet habe und Drohungen hinsichtlich der Tochter K. ausgesprochen habe. In Kabul habe er aufgrund seiner hinduistischen Glaubenszugehörigkeit keine Probleme gehabt. Sie hätten tagsüber die Tempel besucht, auch wenn sie immer Angst gehabt hätten, dorthin zu gehen. Er habe aber seinen Glauben auch nicht so praktiziert. Allgemein hätten Hindus in Afghanistan immer Probleme mit den Behörden. So habe er z. B. Geld verliehen und es nicht zurück erhalten. Bei der Polizei habe man ihn deswegen aber nicht einmal angehört. Konkrete Probleme habe er mit den Behörden allerdings nicht gehabt. Seine Ehefrau habe Probleme mit dem Kopf und dem Kreislauf gehabt und sei in Kabul behandelt worden. Sie habe bis zu ihrer Ausreise auch Medikamente erhalten, die er habe selbst bezahlen können. Dafür, dass die Familie das Land schließlich verlassen habe, habe es keinen konkreten Anlass gegeben.
Die Klägerin zu 2) gab im Rahmen ihrer Erstbefragung beim Bundesamt am
Zu ihren Fluchtgründen gab die Klägerin zu 2) im Wesentlichen an, ihre Tochter namens S. sei vor ca. 1 ½ Jahren in Ghazni getötet worden. Zwei vermummte Personen, einer davon bewaffnet, seien nachts gewaltsam in ihr Haus eingedrungen und hätten ihre Tochter mitgenommen. Nach etwa einem Monat hätten diese Leute die Tochter tot vor die Türe gelegt. Sie hätten dann auch einen Brief erhalten, wonach auch die zweite Tochter mitgenommen werden sollte. Dieser Drohbrief habe auf der Leiche ihrer Tochter gelegen. Zwei bis drei Tage danach seien sie dann nach Kabul gegangen. Das letzte Jahr vor der Ausreise hätten sie dann in Kabul gelebt.
Auf den Vorhalt, dass ihr Ehemann, der Kläger zu 1), den Namen der getöteten Tochter mit „I.“ angegeben habe, erklärte die Klägerin zu 2), dieser könne den Namen nicht richtig aussprechen. Auf Vorhalt, dass ihre andere Tochter erklärt habe, ihre Schwester habe „S.“ geheißen, meinte die Klägerin zu 2), dies könne ihr Spitzname gewesen sein. Dass ihre Tochter weiter angegeben habe, dass ihre Schwester sich selbst in ihrem Zimmer erhängt habe, gab die Klägerin zu 2) an, dies stimme nicht. Sie habe tot vor der Haustüre gelegen. Auf erneute Nachfrage hierzu gab sie sodann an, sie habe die Tochter nicht vor der Haustüre liegen sehen. Auf weiteren Vorhalt, ob ihr der Name „M.“ etwas sage, erwiderte die Klägerin zu 2), sie kenne diesen Namen nicht. Nach dem Hinweis, dass der Kläger zu 1) angegeben habe, dass es sich hierbei um einen weiteren Sohn handele, der 1994 ermordet worden sei, gab die Klägerin zu 2) an, dass sie ihn kenne. Der Kläger zu 1) meine damit aber jemanden, den er als seinen Sohn angesehen habe. Tatsächlich sei es sein Bruder gewesen.
In Afghanistan seien sie als Hindus von den Moslems oft beschimpft, beleidigt und bespuckt worden. In Kabul sei sie ein- oder zwei Mal persönlich beleidigt und beschimpft worden. Weitere konkrete Maßnahmen gegen sie habe es nicht gegeben. Auch habe sie niemals Probleme mit den afghanischen Behörden gehabt. Zu ihrem hinduistischen Glauben gab die Klägerin an, sie wisse nichts Näheres darüber. Sie praktiziere den Glauben nicht besonders und sei insgesamt ein- oder zwei Mal mit ihrer Familie in einem Tempel in Kabul gewesen.
Zu ihrem Gesundheitszustand erklärte die Klägerin zu 2), dass sie seit etwa drei Jahren an Epilepsie leide. Sie habe sowohl in Ghazni als auch in Kabul Medikamente und Spritzen erhalten, die sie selbst hätten bezahlen können. Sie sei deswegen auch in Deutschland in Behandlung und erhalte Medikamente namens Phenytoin AWD 100 mg (Wirkstoff Phenytoin) und Phenobarbital neuraxpharm 100 mg (Wirkstoff Phenobarbital).
Mit Bescheid des Bundesamtes vom
II.
Mit Schriftsatz vom 3. August 2012, eingegangen beim Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg
1. Die Beklagte wird verpflichtet, die Kläger unter Aufhebung des Bescheides vom
2. Es wird festgestellt, dass für die Kläger Abschiebeverbote nach § 60 AufenthG vorliegen.
Ferner wurde ein Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe gestellt.
Zur Klagebegründung wurde auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sowie des Bundesverwaltungsgerichts zur religiösen Verfolgung verwiesen, wonach es bereits ausreiche, wenn ein Flüchtling seine Religion nicht in der Öffentlichkeit ausüben könne. Zudem wurde auf die diversen Erkrankungen der Klägerin zu 2) hingewiesen. Diese müsse täglich 12 Tabletten einnehmen und vermutlich lebenslang ärztlich behandelt werden. Eine Behandlung der vorliegenden Erkrankungen sei in Afghanistan nicht möglich. Die medizinische Versorgung sei unzureichend, darüber hinaus müsse diese selbst finanziert werden. Hierzu sei die Klägerin zu 2) nicht in der Lage. Sofern eine Behandlung nicht stattfinde, sei dies für die Klägerin zu 2) lebensbedrohlich.
Ärztliche Atteste über die vorgetragenen Erkrankungen wurden mit Datum vom
Mit Beschluss vom 6. Juni 2016
Mit Beschluss vom 7. Juni 2016
Es wurden verschiedene Erkenntnismittel zu Afghanistan, Stand April 2016, zum Gegenstand des Verfahrens gemacht, auf die Bezug genommen wird.
Hinsichtlich des Antrages auf Anerkennung der Kläger als Asylberechtigte nach Art. 16a Abs. 1 GG wurde die Klage in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen und das Verfahren insoweit abgetrennt und eingestellt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- sowie der vorgelegten Behördenakte sowie die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 5. Juli 2016 Bezug genommen.
Gründe
Die Klage, über die trotz des Ausbleibens von Beteiligten in der mündlichen Verhandlung verhandelt und entschieden werden konnte (§ 102 Abs. 2 VwGO), ist zulässig und teilweise begründet, soweit sie darauf gerichtet ist, bei den Klägern ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich Afghanistan festzustellen. Die Kläger haben einen Anspruch auf die Feststellung eines Abschiebungsverbotes gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Soweit der Bescheid des Bundesamtes vom 24. Juli 2012 dem in seinen Ziffern 3. und 4. entgegensteht, ist dieser aufzuheben (§ 113 Abs. 5 Satz 1 und Abs. 1 Satz 1 VwGO). Darüber hinaus ist der angegriffene Bescheid des Bundesamtes vom 24. Juli 2012 rechtmäßig. Die Kläger haben weder einen Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, § 3 Abs. 1 und 4 AsylG, oder die Zuerkennung des subsidiären Schutzes, § 4 Abs. 1 AsylG, noch auf die Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 AufenthG. Insoweit ist die Klage unbegründet und war daher abzuweisen. Maßgeblich für die Entscheidung über Streitigkeiten nach dem Asylgesetz ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 AsylG).
A. I.
Die Kläger haben Anspruch auf die Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG.
Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn diesem dort eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit droht. Dies setzt das Bestehen individueller Gefahren voraus. Beruft sich ein Ausländer hingegen auf allgemeine Gefahren i. S. des § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG, die nicht nur ihn persönlich, sondern zugleich die gesamte Bevölkerung oder eine Bevölkerungsgruppe allgemein betreffen, so ist die Gewährung von Abschiebungsschutz einer politischen Leitentscheidung der obersten Landesbehörde nach § 60a AufenthG vorbehalten. Beim Fehlen einer politischen Regelung i. S. des § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG kommt die Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nur zur Vermeidung einer verfassungswidrigen Schutzlücke in Betracht. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist zutreffend anerkannt, dass im Falle einer extremen allgemeinen Gefahrenlage, die den einzelnen Ausländer im Falle seiner Abschiebung gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausliefern würde, unabhängig vom Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 a AufenthG Schutz vor Abschiebung gewährt werden muss (vgl. BVerwG, U.v. 17.10.1995 - 9 C 9/95 - BVerwGE 99, 324 ff., juris; U.v.
1.a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs sowie weiterer Oberverwaltungsgerichte ergibt sich aus den Erkenntnismitteln zu Afghanistan derzeit nicht, dass ein alleinstehender arbeitsfähiger männlicher Rückkehrer mit hoher Wahrscheinlichkeit alsbald nach seiner Rückkehr aufgrund der allgemein schwierigen Verhältnisse in eine extreme Gefahrenlage geraten würde, die eine Abschiebung in den Heimatstaat verfassungsrechtlich als unzumutbar erscheinen ließe. Zwar ist die Versorgungslage in Afghanistan schlecht, jedoch ist im Wege einer Gesamtgefahrenschau nicht anzunehmen, dass bei einer Rückführung nach Afghanistan alsbald der sichere Tod drohen würde oder alsbald schwere Gesundheitsbeeinträchtigungen zu erwarten wären. Der Betroffene wäre selbst ohne nennenswertes Vermögen und ohne familiären Rückhalt in der Lage, durch Gelegenheitsarbeiten wenigstens ein kleines Arbeitseinkommen zu erzielen und sich damit zumindest ein Leben am Rand des Existenzminimums zu finanzieren (ständige Rechtsprechung, z. B. BayVG,
b) Die Kläger im vorliegenden Verfahren können jedoch aufgrund ihrer persönlichen Umstände gerade nicht der o.g. Gruppe der alleinstehenden und arbeitsfähigen männlichen Rückkehrer nach Afghanistan zugerechnet werden. Eine extreme Gefahrenlage kann sich nämlich umgekehrt für besonders schutzbedürftige Rückkehrer wie Minderjährige, alte oder behandlungsbedürftig kranke Personen, alleinstehende Frauen mit und ohne Kinder, Familien mit Kleinkindern und Personen, die aufgrund besonderer persönlicher Merkmale zusätzlicher Diskriminierung unterliegen, ergeben (vgl. München,
Zur aktuellen Lage in Afghanistan stellt das Auswärtige Amt im Lagebericht vom
Die Schweizer Flüchtlingshilfe teilt in ihrem Update vom
Der UNHCR erklärt in seinen Richtlinien vom
c) Bei der Beurteilung, ob im Einzelfall eine extreme Gefahrenlage besteht, ist zudem zu beachten, dass Familienangehörige wegen des Schutzes von Ehe und Familie nach Art. 6 GG nur gemeinsam mit ihren Kindern und ihrem Ehepartner nach Afghanistan zurückkehren können (vgl. BVerfG, B.v. 5.6.2013 - 2 BVR 586/13 - juris). Daher sind bei der Beantwortung der Frage, ob das Existenzminimum im Heimatland gewährleistet sein wird, alle Familienmitglieder gemeinsam in den Blick zu nehmen (BVerwG, U.v. 8.9.1992 - 9 C 8.91 - juris; VG München, U.v. 21.4.2016 - M 15 K 16.30413 - juris Rn. 23; VG Gelsenkirchen, U.v. 20.8.2015 - 5 a K 4515/13 A - juris Rn. 42). Nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen, wie bei Angehörigen, die als politisch Verfolgte Abschiebungsschutz genießen, könne eine andere Betrachtung geboten sei (BVerwG a. a. O.). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier jedoch nicht vor, so dass eine gemeinsame Rückkehr der beiden verheirateten Kläger im hiesigen Verfahren mit ihrer Tochter, der Klägerin im ebenfalls am 5. Juli 2016 entschiedenen Parallelverfahren W 1 K 16.30615, zugrunde zu legen ist.
d) Unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen würde sich die allgemeine Gefahrensituation in Afghanistan für die Kläger derart zu einer extremen Gefahr verdichten, dass eine Anwendung von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG in verfassungskonformer Auslegung im vorliegenden Fall geboten ist.
Bezogen auf den Kläger zu 1) ergibt sich dies insbesondere bereits aus dem hohen Alter des Klägers, der mittlerweile 70 Jahre alt ist und damit die in Afghanistan derzeit bestehende Lebenserwartung von 50 Jahren (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 6.11.2015) statistisch bereits signifikant überschritten hat. Aufgrund dieses Alters erscheint es dem Gericht ausgeschlossen, dass er in Afghanistan noch in der Lage wäre, den Lebensunterhalt für sich, geschweige denn - wie es in Afghanistan vielfach üblich ist - auch für seine Familie, mit der er nach dem oben Ausgeführten gemeinsam nach Afghanistan zurückkehren würde, zu erwirtschaften. Zwar hat der Kläger zu 1) in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass es ihm gesundheitlich gut gehe, er hat jedoch in glaubhafter Weise ebenfalls darauf verwiesen, dass er Probleme mit den Zähnen und seinem Rücken habe, an dem er in Afghanistan operiert worden sei. Er sieht sich selbst daher nicht mehr in der Lage dazu, aufgrund seines Alters in Afghanistan zu arbeiten. Dies deckt sich mit der Einschätzung des Gerichts aus der mündlichen Verhandlung, in dem der Kläger augenscheinlich einen schwachen und gebrechlichen Eindruck gemacht hat. In Afghanistan herrscht zudem wie ausgeführt sehr hohe Arbeitslosigkeit. Menschen, die, wie der Kläger zu 1) Analphabeten sind und keinen Beruf erlernt haben, haben bestenfalls die Möglichkeit, sich um Hilfsarbeiten zu bemühen, die regelmäßig mit harter körperlicher Arbeit verbunden sind (vgl. Sachverständigengutachten des Dr. D. an den Hess. VGH
Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass die Rückkehrsituation wesentlich auch davon mitgeprägt wird, ob sich Rückkehrer auf familiäre oder sonstige verwandtschaftliche Strukturen verlassen können oder ob sie auf sich allein gestellt sind. Der Kläger hat insoweit vor dem Bundesamt angegeben, dass er in Kabul einen Cousin habe. Er hat dort jedoch auch mehrmals erwähnt, dass er schon lange keinen Kontakt mehr zu diesem Cousin gehabt habe und er darüber hinaus keinerlei Verwandtschaft in Afghanistan habe. In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger nunmehr nach diesem Cousin befragt angegeben, dass es einen solchen Cousin nicht gebe, es habe sich um einen Übersetzungsfehler vor dem Bundesamt gehandelt. Auch wenn dies dem Gericht nicht glaubhaft erscheint, so ist es dennoch davon überzeugt, dass der Kläger zu diesem einzigen Verwandten in seinem Heimatstaat - nicht zuletzt aufgrund des vergangenen langen Zeitraums seit der Ausreise der Kläger vor rund 5 Jahren - keine Verbindungen mehr hat und insoweit auch nicht auf dessen Hilfe hoffen könnte. Auch die Klägerin zu 2) hat im gesamten Verfahren glaubhaft angegeben, nicht über weitere Verwandtschaft in Afghanistan zu verfügen, was auch naheliegend erscheint, nachdem nur noch rund 3.000 Hindus überhaupt noch in Afghanistan leben.
Auch verfügt der Kläger zu 1) weder hier in Deutschland noch in Afghanistan über Vermögen. Er hat insofern auf Frage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar vorgetragen, dass er insbesondere seinen Grundbesitz in der Stadt Ghazni seinerzeit verkauft habe, um die Flucht der Familie zu finanzieren, was sich insoweit auch mit seinen Angaben vor dem Bundesamt deckt.
Schließlich ist zu berücksichtigen, dass der Kläger der Religionsgruppe der Hindus zugehört, welche in Afghanistan von der muslimischen Mehrheitsbevölkerung als Außenseiter betrachtet werden und mit gesellschaftlicher Diskriminierung konfrontiert sind, was die wirtschaftliche Situation des Klägers über die ohnehin sehr schwierige allgemeine Lage hinaus noch weiter negativ beeinflussen würde. Als Zugehöriger einer kleinen Minderheit könnte der Kläger nämlich nicht auf ein Patronagenetzwerk zurückgreifen, welches in Afghanistan der Erkenntnismittellage entsprechend notwendig ist, um die Chance etwa auf einen Arbeitsplatz oder Wohnraum zu erhalten.
Im Rahmen einer Gesamtschau all dieser Aspekte würde der Kläger zu 1) bei einer Rückkehr nach Afghanistan alsbald in eine extreme Gefahrenlage geraten, in der sein Leben akut in Gefahr wäre.
Dasselbe gilt für die Klägerin zu 2). Auch sie ist bereits 61 Jahre alt, Angehörige der religiösen Minderheit der Hindus und leidet darüber hinaus an einer Vielzahl von Erkrankungen (cerebrales Anfallsleiden, chronische Bronchitis, Retropatellar-Arthrose beidseitig, Arthrose der rechten Hand, chronisches degeneratives Wirbelsäulensyndrom, Helicobacter positive Gastritis (Oktober 2013), Hypertonie). Auch die Klägerin zu 2) machte in der mündlichen Verhandlung auf den erkennenden Einzelrichter einen sehr geschwächten Eindruck und hat sich beim Gehen auf einen Rollator stützen müssen. Aufgrund dieser sehr schlechten gesundheitlichen Situation sowie der aufgrund der geltenden Sozialnormen generell untergeordneten Stellung der Frau in der afghanischen Gesellschaft wäre es ihr vollkommen unmöglich, ihren eigenen Lebensunterhalt oder gar den der Familie zu erwirtschaften. Die Klägerin zu 2) verfügt darüber hinaus wie ihr Ehemann ebenfalls nicht über Schulbildung, ist Analphabetin und hat zeitlebens nur im Haushalt gearbeitet. Darüber hinaus ist bei der Klägerin zu 2) zu bedenken, dass sie - zumindest was ihr cerebrales Anfallsleiden betrifft - zur Vorbeugung gegen epileptische Anfälle auf eine Dauermedikation angewiesen ist, wie sie glaubhaft in der mündlichen Verhandlung angegeben hat und sich darüber hinaus der in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Medikamentenverordnungsübersicht von Herrn Dr. P. vom 20. Juni 2016 ergibt. Die Klägerin zu 2) ist gegen diese Erkrankung in ihrem Heimatland zwar bereits vor ihrer Ausreise behandelt worden, jedoch sind die erforderlichen Medikamente nach dem klägerischen Vortrag wie auch den Ausführungen des Beklagten im angegriffenen Bundesamtsbescheid durch die Kläger selbst zu finanzieren (vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 10.1.2012). Diese für afghanische Verhältnisse keinesfalls vernachlässigbaren Kosten würden den Lebensunterhalt der Klägerin zu 2) und damit den der gesamten Familie über die gewöhnlichen Verhältnisse hinaus verteuern und stützen damit zusätzlich die Erkenntnis, dass sich für die Klägerin zu 2), aber auch den Kläger zu 1), alsbald nach ihrer Rückkehr nach Afghanistan eine extreme Gefahr für Leib und Leben ergeben würde.
Eine andere Einschätzung ergibt sich schließlich auch nicht mit Blick auf die Tochter der Kläger, die Klägerin im Parallelverfahren W 1 K 16.30615. Auch wenn diese - wie oben dargelegt - gemeinsam mit ihren Eltern nach Afghanistan zurückkehren würde, so wäre sie doch allein schon aufgrund der patriarchalischen Sozialnormen und der damit einhergehenden untergeordneten Stellung der Frau in Afghanistan nicht in der Lage, für ihren Unterhalt, geschweige denn den gesamten Familie, zu sorgen. In Afghanistan hat sie keine Schule besucht oder einen Beruf erlernt. Sie wäre - abgesehen von den obigen Ausführungen - keinesfalls in der Lage, in dem harten Verdrängungswettbewerb mit jungen Männern um die einfachen und körperlich anstrengenden Hilfsarbeiten zu konkurrieren. Darüber hinaus gehört auch die Tochter der in Afghanistan von Ausgrenzung betroffenen religiösen Minderheit der Hindus an.
Das Gericht ist davon überzeugt, dass die beschriebene extreme Gefahr die Kläger landesweit, insbesondere in der Hauptstadt Kabul und in ihrer Herkunftsregion, der Stadt Ghazni in der gleichnamigen Provinz, alsbald nach ihrer Rückkehr treffen würde.
2. Bei der Klägerin zu 2) ergibt sich darüber hinaus eine nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AsylG relevante individuelle Gefahr aus dem cerebralen Anfallsleiden (Epilepsie), an dem diese nach den von der Klägerseite vorgelegten medizinischen Attesten und Unterlagen leidet.
Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG kann sich aus gesundheitlichen Gründen ergeben - dies allerdings nur bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden, § 60 Abs. 7 S. 2 AufenthG, weil die Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat wegen des geringen Versorgungsstandards generell unzureichend oder nicht verfügbar sind (BVerwG, U.v. 17.10.2006 - 1 C 18/05 - NVwZ 2007, 12 ff.). Es ist dabei allerdings nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist, § 60 Abs. 7 S. 3 und 4 AufenthG. Eine krankheitsbedingte zielstaatsbezogene Gefahr i. S. des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG kann sich im Einzelfall aber daraus ergeben, dass der erkrankte Ausländer eine an sich im Zielstaat verfügbare medizinische Behandlung mit Blick auf die konkrete Situation des Betroffenen tatsächlich nicht erlangen kann, z. B. wenn eine notwendige Behandlung oder Medikation zwar allgemein zur Verfügung steht, dem betroffenen Ausländer jedoch aus finanziellen oder sonstigen Gründen nicht zugänglich ist (BVerwG, U.v. 29.10.2002 - 1 C 1/02 - DVBl. 2003, 463).
Das cerebrale Anfallsleiden (Epilepsie) der Klägerin zu 2), von dessen Vorhandensein das Gericht aufgrund der vorliegenden ärztlichen Atteste, insbesondere über die stationäre Behandlung im B. Krankenhaus in Hamburg vom 28. bis 30. Juni 2011 sowie ärztlicher Atteste des Dr. P., zuletzt vom 20. Juni 2016, überzeugt ist, stellt eine schwerwiegende Erkrankung i. S. d. § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG dar. So haben Menschen mit Epilepsien ein zwei- bis dreifach höheres relatives Sterblichkeitsrisiko gegenüber der nicht erkrankten Vergleichsbevölkerung. Auch besteht vor allem im Zusammenhang mit den charakteristischen Krampfanfällen ein hohes Verletzungsrisiko sowie das Risiko einer zunehmenden Schädigung des Gehirns (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Epilepsie). Das Gericht ist darüber hinaus der Überzeugung, dass sich die Erkrankung durch die Abschiebung nach Afghanistan wesentlich verschlechtern würde. Zwar ist - wie die Beklagte zu Recht eingewandt hat - eine Epilepsie in Afghanistan grundsätzlich behandelbar, was die Klägerin für ihre eigene Person auch vor dem Bundesamt bestätigt hat. Allerdings geht das Gericht davon aus, dass die erforderliche Medikation für die Klägerin nicht finanzierbar ist - auch nicht mit Unterstützung durch ihren Familienverband, in dem sie nach Afghanistan zurückkehren würde, s.o. Eine medikamentöse Therapie ohne zeitliche Begrenzung hat bereits das B. Krankenhaus in H. am 30. Juni 2011 empfohlen. Eine solche Dauermedikation ist bei Epilepsie von herausragender Bedeutung, um den gefahrenträchtigen epileptischen Anfällen möglichst vorzubeugen (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Epilepsie). Laut Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 10. Januar 2012 ist das staatliche Gesundheitssystem in Afghanistan nach der Verfassung zwar kostenfrei, die Patienten müssen jedoch de facto erforderliche Medikamente in aller Regel selbst beschaffen. Davon geht auch die Beklagte im angegriffenen Bescheid vom 24. Juli 2012 aus, aus dem sich unter Hinweis auf Erkenntnisse des Auswärtigen Amtes ergibt, dass die Kosten für Medikamente, niedergelassene Ärzte und die Durchführung eines EEG selbst finanziert werden müssten. Dies jedoch ist den Klägern nicht möglich. Wie oben ausführlich dargelegt, ist die Klägerin zu 2) bereits nicht - auch nicht gemeinsam mit ihrem Ehemann und ihrer Tochter - in der Lage, ihren allgemeinen Lebensunterhalt in Afghanistan zu finanzieren. Verteuert sich dieser durch die zusätzlich erforderliche Beschaffung von Medikamenten und die Finanzierung von Arztbesuchen, so erscheint dies erst recht gänzlich ausgeschlossen, so dass der Klägerin zu 2) auch ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG wegen ihrer Epilepsie zur Seite steht.
Die im ärztlichen Attest vom 20. Juni 2016 genannten anderweitigen Erkrankungen stellen zur Überzeugung des Gerichts keine schwerwiegenden oder gar lebensbedrohlichen Erkrankungen dar. Es handelt sich hierbei um weit verbreitete „Volkskrankheiten“ und natürliche Alterungserscheinungen (chronische Bronchitis, Hypertonie, Helicobacter positive Gastritis, chronisches degeneratives Wirbelsäulensyndrom, Retropatellararthrose, Arthrosen der rechten Hand), für deren wesentliche Verschlechterung im Heimatland weder etwas vorgetragen noch anderweitig ersichtlich ist.
II.
Wegen des nach alledem festzustellenden Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG steht § 34 Abs. 1 Nr. 3 AsylG auch der unter Ziffer 4. des angegriffenen Bundesamtsbescheides verfügten Abschiebungsandrohung entgegen, so dass diese ebenso wie dessen Ziffer 3. - soweit sie der ausgesprochenen Verpflichtung entgegen steht - aufzuheben war.
B. Im Übrigen ist die Klage unbegründet. Die Kläger haben im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 AsylG) weder einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 und 4 AsylG oder auf Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus (§ 4 AsylG) noch auf die Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 AufenthG (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
III.
Die Kläger haben keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 und 4 AsylG, weil ihnen im Falle ihrer Rückkehr nach Afghanistan keine landesweite asylrelevante Verfolgung i. S. d. § 3 Abs. 1 i. V. m. §§ 3a ff. AsylG droht.
Rechtsgrundlage der begehrten Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ist vorliegend § 3 Abs. 4 und Abs. 1 AsylG (BT-Drs. 16/5065 S. 213; vgl. auch § 60 Abs. 1 Satz 3 AufenthG). Danach wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, soweit er keinen Ausschlusstatbestand nach § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG erfüllt. Ein Ausländer ist Flüchtling i. S. d. Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Genfer Konvention - GK), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will. Gemäß § 77 Abs. 1 AsylG ist vorliegend das Asylgesetz in der ab 24. Oktober 2015 geltenden Fassung (Art. 1, Art. 15 Abs. 1 des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes v. 20.10.2015, BGBl I, S. 1722 ff.) in der Fassung der Änderungen durch Art. 1 des Gesetzes zur Einführung beschleunigter Asylverfahren vom 12. März 2016 (BGBl. I, S. 390 ff.) sowie Art. 2 des Gesetzes zur erleichterten Ausweisung von straffälligen Ausländern und zum erweiterten Ausschluss der Flüchtlingsanerkennung bei straffälligen Asylbewerbern vom 12. März 2016 (BGBl. I, S. 394 ff.) anzuwenden. Dieses Gesetz setzt in §§ 3 bis 3e AsylG - wie die Vorgängerregelungen in §§ 3 ff. AsylVfG - die Vorschriften der Art. 6 bis 10 der Richtlinie 2011/95/EU vom 28. August 2013 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (Amtsblatt Nr. L 337, S. 9) - Qualifikationsrichtlinie (QRL) im deutschen Recht um. Nach § 3a Abs. 1 AsylG gelten als Verfolgung i. S. d. § 3 Abs. 1 AsylG Handlungen, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Art. 15 Abs. 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 - EMRK (BGBl 1952 II, S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist (Nr. 1), oder die in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nr. 1 beschriebenen Weise betroffen ist (Nr. 2). Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AsylG muss die Verfolgung an eines der flüchtlingsrelevanten Merkmale anknüpfen, die in § 3b Abs. 1 AsylG näher beschrieben sind, wobei es nach § 3b Abs. 2 AsylG ausreicht, wenn der betreffenden Person das jeweilige Merkmal von ihren Verfolgern zugeschrieben wird. Nach § 3c AsylG kann eine solche Verfolgung nicht nur vom Staat, sondern auch von nicht-staatlichen Akteuren ausgehen.
1. Dies zugrunde gelegt haben die Kläger keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 und 4 AsylG. Der Einzelrichter folgt gemäß § 77 Abs. 2 AsylG den Ausführungen der Beklagten im Bescheid des Bundesamtes vom 24. Juli 2012 und sieht von einer weiteren Darstellung ab, soweit darin eine Gruppenverfolgung der Hindus in Afghanistan abgelehnt wird.
Ergänzend ist auszuführen, dass diese Auffassung durch den Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg im Urteil vom 19. September 2013 mit überzeugenden Ausführungen bestätigt wurde (VGH Baden-Württemberg, U.v. 19.9.2013 - A 11 S 689/13 - juris Rn. 65 ff.). Diesen Ausführungen schließt sich das erkennende Gericht für das vorliegende Verfahren an. Auch den vorliegenden aktuellsten Erkenntnismitteln lässt sich keine Situation entnehmen, die eine Änderung dieser Einschätzung rechtfertigen würde.
So wird im Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 6. November 2015 im hier relevanten Kontext dargelegt, dass die indische Botschaft in Kabul davon ausgehe, dass in Afghanistan wenige Tausend Hindus und Sikhs verblieben seien. Es gebe vier Hindutempel landesweit, zwei davon in Kabul sowie je einen in Jalalabad und Helmand. Staatliche Diskriminierung gebe es nicht, auch wenn der Weg in öffentliche Ämter für Hindus schon aufgrund fehlender Patronagenetzwerke schwierig sei. Hindus würden aber von großen Teilen der muslimischen Bevölkerung als Außenseiter wahrgenommen. Viele Muslime lehnten insbesondere Feuerbestattungen ab, die im Hinduismus das zentrale Begräbnisritual darstellten. Die afghanische Regierung habe darauf reagiert, indem sie den Hindus einen dafür gewidmeten Ort zur Verfügung gestellt habe. Auf dem Weg dorthin würden Trauergemeinden allerdings den Berichten zufolge belästigt und bedroht. Es gebe auch Berichte, wonach Hindus und Sikhs Opfer illegaler Enteignungen und Beschlagnahmung ihrer Grundstücke geworden seien. Seit 2014 hätten Hindus und Sikhs Anspruch auf einen gemeinsamen Sitz im Parlament, der derzeit durch eine Frau eingenommen werde.
Die Schweizerische Flüchtlingshilfe führt in ihrem Update vom 13. September 2015 aus, dass sich Hindus weiterhin mit Diskriminierungen konfrontiert sähen. Die afghanische Regierung sei bislang nicht gegen die stark eingeschränkte Teilhabe der Hindus an Politik, Geschäftsleben und unrechtmäßigen Enteignungen vorgegangen. Sie sei nicht willens oder fähig, die religiösen Minderheiten vor Übergriffen zu schützen. Bei Ausübung der religiösen Zeremonien, insbesondere bei Beisetzungen, komme es immer wieder zu gewaltsamen Übergriffen.
Der UNHCR schreibt in seinen aktuellen Richtlinien vom 19. April 2016, dass eine große Zahl von Hindus Afghanistan als Reaktion auf große Schwierigkeiten, denen sie sich ausgesetzt sähen, verlassen hätte. Die geringe Zahl der verbliebenen Hindus sei Berichten zufolge umso verletzlicher für Missbrauch. Obwohl es den Hindugemeinden erlaubt sei, ihre Religion öffentlich zu praktizieren, werde berichtet, dass sie sich fortgesetzter Diskriminierung durch den Staat gegenüber sähen, etwa im Bereich der politischen Partizipation und Stellenbesetzung innerhalb der Regierung. Ebenso werde berichtet, dass sich die Hindus gesellschaftlicher Diskriminierung und Einschüchterung ausgesetzt sähen. Die Hindugemeinden berichteten von Schwierigkeiten bei der Ausführung von Begräbnisritualen und fühlten sich ungeschützt durch staatliche Behörden, etwa im Falle von Landstreitigkeiten. Hindus seien Berichten zufolge Opfer von illegaler Landnahme geworden und würden es aus Angst vor Vergeltung unterlassen, zur Wiedererlangung der Grundstücke gerichtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Es gebe eine kleine Zahl von Schulen für Hindus; Hindu-Kinder seien beim Besuch staatlicher Schulen in Kabul Belästigungen und Mobbing ausgesetzt.
Es zeigt sich nach alledem, dass Hindus allein aufgrund ihrer Volks- bzw. Religionszugehörigkeit oder ihres Erscheinungsbildes weder Tötungen noch schweren körperlichen Misshandlungen oder ähnlich schwerwiegenden Rechtsgutsverletzungen ausgesetzt sind. Insoweit hat sich die Situation seit der Herrschaftszeit der Taliban deutlich verbessert. Das, was den Hindus in Afghanistan widerfährt, ist Ausfluss der allgemeinen Situation in Afghanistan. Politische und administrative Ämter werden oft willkürlich vergeben, wobei informelle Beziehungsnetzwerke und der Proporz der Ethnien eine wesentliche Rolle spielen. Primäres Kriterium bei der Personalauswahl ist häufig die Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe oder einem bestimmten Clan. Marginalisierte Gruppen wie etwa die Hindus haben aus diesem Grunde geringere oder nahezu keine Chancen, bei öffentlichen Positionen eingestellt zu werden. Korruption und die Zahlung von Schmiergeldern ist in Afghanistan an der Tagesordnung. Durch Einflussnahme und Zahlung von Bestechungsgeldern an Justiz und Verwaltung werden Entscheidungen nach rechtstaatlichen Grundsätzen in weiten Teilen verhindert. So ist etwa das Problem der illegalen Landnahmen und die mangelnde Durchsetzbarkeit von Rückgabeansprüchen kein spezifisches gegen Hindus gerichtetes Phänomen, sondern auch andere Bevölkerungsgruppen sind hiervon betroffen (vgl. VGH BW, U.v. 19.9.2013 - A 11 S 689/13 - juris Rn. 89). Das Gericht schließt sich vor diesem Hintergrund abermals der Einschätzung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg in der zitierten Entscheidung an, wonach konkrete Referenzfälle, die den Schluss erlauben würden, dass die Diskriminierung der Minderheit der Hindus oder auch sonstige Beeinträchtigungen und Repressalien gegen sie nicht nur auf den vorstehend beschriebenen Missständen beruhen, sondern Bestandteile eines Vorgehens gezielt gegen diese Minderheiten wären, den vorliegenden - auch aktuellsten -Erkenntnisquellen nicht zu entnehmen sind.
2. Auch eine individuelle Verfolgung aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit als Hindus, § 3b Abs. 1 Nr. 2 AsylG, die eine Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach sich zöge, können die Kläger nicht geltend machen.
Eine Verfolgung i. S. d. § 3 Abs. 1 AsylG aus Gründen der Religion kann nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH v. 5.9.2012 - C - 71/11 und C - 99/11
Die Beurteilung, wann eine Verletzung der Religionsfreiheit die erforderliche Schwere aufweist, um die Voraussetzungen einer Verfolgungshandlung i. S.v. § 3a Abs. 1 AsylG zu erfüllen, hängt von objektiven wie auch subjektiven Gesichtspunkten ab (EuGH a. a. O. Rn. 70; BVerwG a. a. O. Rn. 28 ff.).
Objektive Gesichtspunkte sind insbesondere die Schwere der dem Ausländer bei Ausübung seiner Religion drohenden Verletzung anderer Rechtsgüter, wie z. B. Leib und Leben. Die erforderliche Schwere kann insbesondere - aber nicht nur - dann erreicht sein, wenn dem Ausländer durch die Teilnahme an religiösen Riten in der Öffentlichkeit die Gefahr droht, an Leib, Leben oder Freiheit verletzt, strafrechtlich verfolgt oder einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Bestrafung unterworfen zu werden. Bei Strafrechtsverboten kommt es insoweit maßgeblich auf die tatsächliche Strafverfolgungspraxis im Herkunftsland des Ausländers an, weil ein Verbot, das erkennbar nicht durchgesetzt wird, keine erhebliche Verfolgungsgefahr begründet (BVerwG a. a. O., Rn. 28 m. w. N.). Ein hinreichend schwerer Eingriff setzt dabei nicht voraus, dass der Ausländer seinen Glauben nach der Rückkehr in sein Heimatland tatsächlich in einer Weise ausübt, die ihn der Gefahr einer Verfolgung aussetzt. Auch der unter dem Druck der Verfolgungsgefahr erzwungene Verzicht auf die Glaubensbetätigung kann die Qualität einer Verfolgung erreichen (BVerwG, a. a. O. Rn. 26).
Als relevanter subjektiver Gesichtspunkt ist der Umstand anzusehen, dass für den Betroffenen die Befolgung einer bestimmten gefahrenträchtigen religiösen Praxis zur Wahrung seiner religiösen Identität besonders wichtig ist (EuGH a. a. O. Rn. 70; BVerwG a. a. O. Rn. 29; VGH BW a. a. O. Rn. 48; OVG NRW a. a. O. Rn. 35). Denn der Schutzbereich der Religionsfreiheit erfasst sowohl die von der Glaubenslehre vorgeschriebenen Verhaltensweisen als auch diejenigen, die der einzelne Gläubige für sich selbst als unverzichtbar empfindet. Dabei kommt es auf die Bedeutung der religiösen Praxis für die Wahrung der religiösen Identität des einzelnen Ausländers an, auch wenn die Befolgung einer solchen religiösen Praxis nicht von zentraler Bedeutung für die betreffende Glaubensgemeinschaft ist (BVerwG
a) Die vom Kläger zu 1) vorgetragenen Verfolgungsmaßnahmen aus religiösen Gründen weisen bereits objektiv nicht die erforderliche Schwere auf, so dass sie nicht als Verfolgungshandlungen i. S. d. § 3a Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 AsylG zu qualifizieren sind.
Der Kläger zu 1) hat insoweit vor dem Bundesamt vorgetragen, dass es - als er noch in Ghazni gelebt habe - öfters vorgekommen sei, dass er als Hindu beschimpft und bespuckt worden sei. Als er einmal Geld verliehen und es nicht zurück erhalten habe, sei er zur Polizei gegangen, die ihn aber nicht einmal angehört habe. Dies bringt er mit seiner Glaubenszugehörigkeit in Verbindung. Auch hätten sie immer Angst gehabt, wenn sie tagsüber die Tempel in Kabul besucht hätten. Dieser Teil seiner Schilderungen kann nach Auffassung des Gerichts als wahr unterstellt werden. Er deckt sich insbesondere auch mit der bereits oben dargestellten Erkenntnismittellage zur Situation der Hindus in Afghanistan. Diese erlittenen Handlungen sind jedoch nicht so gravierend, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte, insbesondere der Rechte, von denen nach Art. 15 Abs. 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten keine Abweichung zulässig ist, darstellen, § 3a Abs. 1 Nr. 1 AsylG. Nach Art. 15 Abs. 2 EMRK sind Abweichungen von dem Recht auf Leben, dem Verbot der Folter, dem Verbot der Sklaverei und Leibeigenschaft sowie dem Grundsatz, dass keine Strafe ohne Gesetz erfolgen darf, nicht zulässig. Diese Rechtsgüter wurden durch die genannten Handlungen in keiner Weise tangiert. Auch darüber hinaus ist eine schwerwiegende Verletzung grundlegender Menschenrechte weder durch die Art noch durch die Wiederholung der in Rede stehenden Handlungen ersichtlich, auch nicht in Form einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen i. S.v. § 3a Abs. 1 Nr. 2 AsylG. Das Beschimpfen und Bespucken sowie das Versagen von Rechtshilfe durch die Polizei im Falle einer Darlehensrückforderung weisen als Angriffe insbesondere auf die Ehre des Klägers zu 1) ihrer Art nach keine derartige Schwere auf, dass sie einer schwerwiegenden Menschenrechtsverletzung gleichkämen. Dasselbe gilt - abgesehen von der fehlenden Unterstützung durch die Polizei, bei der es sich offensichtlich ohnehin um einen Einzelfall handelte - aber auch mit Blick auf die Wiederholung und Kumulierung derartiger Handlungen gegenüber dem Kläger, der insoweit angegeben hat, dass das Beschimpfen und Bespucken „öfters“ geschehen sei. Eine flüchtlingsrelevante Verfolgungshandlung vermag dies gleichwohl nicht zu begründen, da eine unzumutbare Einschränkung der persönlichen Existenz hierin noch nicht zu erblicken ist. So konnte der Kläger etwa - wie zur Überzeugung des Gerichts feststeht, s.u. - in Kabul bis zur Ausreise einer Arbeit nachgehen und seine Familie ernähren. Ebenso konnte er den Hindutempel aufsuchen, auch wenn dies mit Ängsten verbunden gewesen sein mag.
Soweit der Kläger zu 1) darüber hinaus weiterreichende Verfolgungshandlungen aufgrund seiner Religionszugehörigkeit als Hindu vorgetragen hat, so können ihm diese nicht geglaubt werden. Der Kläger zu 1) hat nämlich bei seiner informatorischen Befragung in der mündlichen Verhandlung, insbesondere aber auch schriftsätzlich (eingereicht als Anlage zum Schriftsatz seines Klägerbevollmächtigten vom 24. Juni 2016), erhebliche Steigerungen seines diesbezüglichen Vortrages vorgenommen, welche zur Überzeugung des Gerichts erhebliche Zweifel an der Glaubhaftigkeit seiner Angaben hervorrufen (vgl. auch § 30 Abs. 3 Nr. 1 AsylG). Der Kläger hat vielmehr alle wesentlichen Umstände seiner Verfolgung bzw. der Furcht vor Verfolgung bereits in der Anhörung vor dem Bundesamt vorzutragen (§ 25 Abs. 1 AsylG). So hat der Kläger zu 1) in seinem schriftsätzlichen Vortrag erst kurz vor der mündlichen Verhandlung und fast 5 Jahre nach seiner Einreise nach Deutschland erstmals erwähnt, dass er während seiner Aufenthaltszeit in Kabul mehrmals geschlagen worden sei. Es habe auch Tage gegeben, an denen die Muslime ihn auf offener Straße mit dem Messer bedroht hätten, damit er zum Islam konvertiere. Es sei die Drohung ausgesprochen worden, dass er und seine Familie getötet würden, falls sie nicht konvertierten. Damit hat der Kläger für die Einschätzung seiner Bedrohungssituation wesentliche Punkte seines Schutzbegehrens erst sehr spät im gerichtlichen Verfahren vorgebracht und damit sein bisheriges Vorbringen wesentlich gesteigert. Dies alles führt zur Überzeugung des Gerichts dazu, dass sein Vortrag in diesen Teilen nicht glaubhaft ist, zumal der Kläger auch auf Vorhalt durch den Einzelrichter in der mündlichen Verhandlung diese Steigerungen nicht nachvollziehbar erklären konnte. Der Hinweis des Klägers zu 1) darauf, dass er vor dem Bundesamt nur das vorgetragen habe, was er auch gefragt worden sei, und die Fragen nicht sehr ausführlich gewesen seien, geht nach Auffassung des Gerichts fehl, da der Kläger auf die ausdrückliche Frage des Anhörenden vor dem Bundesamt, ob er in Kabul aufgrund seiner hinduistischen Glaubenszugehörigkeit irgendwelche Probleme gehabt habe, klar mit „Nein“ geantwortet hat. Zum Ende der Anhörung hat er zudem bestätigt, dass es keine Verständigungsschwierigkeiten gegeben habe.
Zudem stehen weitere Teile seines Vortrags zu einer angeblichen religiösen Verfolgung auch in Widerspruch zum insoweit getätigten früheren Vortrag. So hat der Kläger zu 1) schriftsätzlich unter dem 24. Juni 2016 vorgetragen, dass sich die Familie aus Angst nicht getraut habe, in den Tempel zu gehen. Sie hätten nicht einmal beten und ihre Feste feiern können. Darüber hinaus habe er in Kabul nicht arbeiten können, weil sonst seine Familie alleine gewesen sei. Ohne Arbeit habe er aber seine Familie nicht versorgen können. Vor dem Bundesamt hat der Kläger im Widerspruch hierzu auf Nachfrage eindeutig erklärt, dass er bis zu seiner Ausreise aus Afghanistan gearbeitet habe. Er berichtete ebenso darüber, dass sie die Tempel tagsüber besucht hätten, auch wenn sie dabei Angst gehabt hätten. In der mündlichen Verhandlung wiederum gibt der Kläger zu 1) auf Befragen des Gerichts an, dass er in Kabul seine Familie finanziell über Wasser gehalten habe, indem er in verschiedenen Geschäften gearbeitet habe. Auch seine Tochter, die Klägerin im Verfahren W 1 K 16.30615, hat auf Befragen des Gerichts angegeben, dass ihr Vater stets gearbeitet habe, um die Familie zu ernähren.
Abschließend kann dem Kläger auch nicht geglaubt werden, wenn er behauptet, dass eine muslimische Familie versucht habe, seine Tochter bzw. beide Töchter mit deren Sohn zwangsweise zu verheiraten. Dies ist schon aus dem Grunde unglaubhaft, weil die muslimische Mehrheitsbevölkerung die Hindus als Ungläubige betrachtet und diese diskriminiert, so dass es schlicht abwegig erscheint, dass ausgerechnet eine Zwangsverheiratung mit der Tochter einer Hindufamilie in Betracht gezogen wird. Auf einen entsprechenden Vorhalt des Gerichts in der mündlichen Verhandlung konnte der Kläger zu 1) keine sinnvolle Erklärung hierzu abgeben. Er flüchtete sich vielmehr in Allgemeinplätze, indem er erklärte, die Hindus seien als Minderheit stets unterdrückt und von anderen Bevölkerungsgruppen ausgenutzt worden. Eine Zwangsverheiratung seiner Töchter aus religiösen Gründen kann dem Kläger nicht abgenommen werden.
Das Gericht ist nach alledem zusammenfassend der Überzeugung, dass der gesamte Vortrag des Klägers zu 1) zu auf seiner Religion beruhenden Verfolgungshandlungen, soweit sie über die - als glaubhaft eingestuften - Angaben vor dem Bundesamt hinausgehen, aufgrund nicht erklärbarer Steigerungen sowie zahlreicher Widersprüche und Ungereimtheiten unglaubhaft ist. Bezeichnenderweise erklärt der Kläger zu 1) in der mündlichen Verhandlung auf die Frage seines Bevollmächtigten, welche Verfolgungsmaßnahmen er konkret in Kabul erlitten habe auch nur, sie seien immer wieder gefragt worden, woher sie kämen und was sie denn hier machten. Darüber hinaus seien sie nach Geld und Essen gefragt und allgemein ausgenutzt worden, was - am Rande bemerkt - wiederum jedenfalls in keiner Weise den erforderlichen Schweregrad einer Verfolgungshandlung nach § 3a Abs. 1 Nrn. 1 oder 2 Asyl erreicht.
b) Auch die Klägerin zu 2) hat keinen Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 und 4 AsylG aus begründeter Furcht vor Verfolgung aus religiösen Gründen.
Im Hinblick hierauf hat die Klägerin zu 2) vor dem Bundesamt vorgetragen, dass sie in Kabul auf der Straße beschimpft, beleidigt und bespuckt worden sei, weil sie Hindu sei. Dies sei ihr ein- oder zweimal selbst passiert. In der mündlichen Verhandlung erklärte die Klägerin auf Frage des Gerichts zu einer religiösen Verfolgung in Afghanistan, sie hätten immer Angst gehabt aus der Wohnung zu gehen. Sie seien dann immer gefragt worden, was sie hier überhaupt machten. Diesen Vortrag nimmt das Gericht der Klägerin als wahr und tatsächlich erlebt ab, zumal sich dieser auch mit der oben dargestellten Erkenntnismittellage deckt und mit den Schilderungen ihres Ehemannes vor dem Bundesamt im Kern übereinstimmt. Wie allerdings bereits beim Kläger zu 1) ausgeführt erreicht das Erlittene nicht die Qualität, die § 3a Abs. 1 Nrn. 1 und 2 AsylG für relevante Verfolgungshandlungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft fordern. Insofern wird auf die Ausführungen den Kläger zu 1) betreffend verwiesen.
Soweit die Klägerin zu Beginn ihrer informatorischen Befragung in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, alles was ihr Ehemann gesagt habe, sei richtig gewesen und sie damit auf den erweiterten Vortrag ihres Ehemannes zur religiösen Verfolgung in der mündlichen Verhandlung sowie in der mit Schriftsatz des Klägerbevollmächtigten vom 24. Juni 2016 vorgelegten schriftlichen Stellungnahme abhebt, so sind diese Weiterungen als nicht nachvollziehbarer gesteigerter, mit Widersprüchen behafteter und letztlich nicht glaubhafter Vortrag einzustufen. Das Gericht nimmt auch insoweit auf die Ausführungen den Kläger zu 1) betreffend Bezug.
Sind die Kläger nach alledem hinsichtlich ihrer Religionszugehörigkeit unverfolgt aus Afghanistan ausgereist, so lässt sich darüber hinaus der aktuellen Erkenntnismittellage ebenfalls nicht entnehmen, dass den Klägern bei ihrer jetzigen Rückkehr nach Afghanistan Maßnahmen von staatlicher bzw. nicht staatlicher Seite drohen, die über das seinerzeit Erlebte hinausgehen würden. Auf die obigen Ausführungen zur Situation der Hindus in Afghanistan wird diesbezüglich verwiesen.
3. Darüber hinaus ergibt sich für die Kläger auch keine begründete Furcht vor Verfolgung aus ihrem weiteren Vortrag betreffend die Entführung und Ermordung einer angeblichen weiteren Tochter sowie der drohenden Entführung und Ermordung ihrer Tochter K., der Klägerin im Verfahren W 1 K 16.30615, bzw. sogar der gesamten Familie.
Bei ihrer Befragung vor dem Bundesamt haben die Kläger dieses Verfolgungsschicksal bereits nicht mit Verfolgungsgründen i. S. d. § 3b AsylG in Verbindung gebracht, so dass bereits aus diesem Grunde die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ausscheiden würde. Soweit die Kläger jedoch nunmehr diese Handlungen damit in Verbindung bringen wollen, dass sie Hindus sind und damit eine Hinwendung zum islamischen Glauben erzwungen werden sollte bzw. nach anderweitigem Vortrag die Verheiratung der Töchter erzwungen werden sollte, so ist dieser gesamte vorgetragene Komplex mit einer solchen Vielzahl nicht erklärbarer Widersprüche behaftet, dass er den Klägern insgesamt nicht geglaubt werden kann.
Zunächst divergieren bereits die Namen der angeblich getöteten weiteren Tochter der Kläger. Während der Kläger zu 1) vor dem Bundesamt angegeben hat, seine Tochter habe I. geheißen, wurde der Name von seiner Ehefrau und Klägerin zu 2) vor dem Bundesamt mit S. angegeben, während wiederum die Tochter K., die Klägerin im Verfahren W 1 K 16.30615, den Namen S. gebrauchte. Auf entsprechenden Vorhalt vor dem Bundesamt erklärte die Klägerin zu 2) bezüglich dieser Differenzen, ihr Ehemann könne den Namen der Tochter nicht richtig aussprechen und bei dem von der Tochter gebrauchten Namen könne es sich um einen Spitznamen handeln. Bereits dies erscheint abwegig, nachdem die Bezeichnungen S. und I. keinerlei phonetische Gemeinsamkeiten aufweisen. Falls es sich bei dem Namen S. um einen Spitznamen gehandelt haben sollte, so ist nicht erklärlich, warum die Mutter diese Tatsache über ihre Tochter nicht sicher gewusst haben sollte. Im schriftsätzlichen Vortrag des Klägers zu 1) vom 24. Juni 2016 bezeichnet der Kläger zu 1) seine Tochter nunmehr als S., während er sie auf Nachfrage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung als Se. bezeichnet. Auf Vorhalt des Gerichts in der mündlichen Verhandlung zu diesen Diskrepanzen erläutert der Kläger zu 1), es habe sich vor dem Bundesamt um eine falsche Übersetzung gehandelt. Dies erscheint nicht nachvollziehbar, nachdem der Kläger zu 1) diesen Namen dort mindestens zweimal selbst erwähnt hat und auch der Anhörende in seinen Nachfragen den Namen I. gebraucht hat, so dass der Kläger diesen sicherlich korrigiert hätte, wenn es sich tatsächlich um einen Übersetzungsfehler gehandelt hätte. Zudem hat er zum Ende der Anhörung vor dem Bundesamt angegeben, dass es keine Verständigungsschwierigkeiten gegeben habe. In Abweichung ihren Angaben vor dem Bundesamt erklärt die Tochter der Kläger in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage des Gerichts, dass ihre getötete Schwester Se. geheißen habe. Auf entsprechenden Vorhalt des Gerichts gab die Tochter an, der Übersetzer vor dem Bundesamt habe den genannten Namen (S.) wohl falsch gehört, es liege ein Übersetzungsfehler vor. Auch dies ist aufgrund fehlender phonetischer Gemeinsamkeiten zwischen den Namen Se. und S. sowie ihrer Aussage am Ende der Befragung, dass es keine Verständigungsschwierigkeiten gegeben habe, nicht glaubhaft. All dies legt einzig und allein den Schluss nahe, dass es sich hierbei nicht um tatsächlich Erlebtes handelt. An derartiges Basiswissen wie den Namen eines Familienmitgliedes müssten sich alle Familienmitglieder gleichermaßen zwingend erinnern können.
Darüber hinaus divergieren sodann auch die Beschreibungen zum Ablauf der Entführung und Tötung der Tochter. Unklarheiten bestehen schon dahingehend, wann sich dieser Vorfall zugetragen haben soll. So erwähnte der Kläger zu 1) vor dem Bundesamt zunächst, dass diese Tochter drei Monate vor der Ausreise aus Afghanistan ums Leben gekommen sei. An anderer Stelle gibt er jedoch an, dass die Familie nach diesem Vorfall nach Kabul geflüchtet sei und dort noch ein Jahr bis zur endgültigen Ausreise aus Afghanistan gelebt habe. Letztere wiederum soll laut Vortrag vor dem Bundesamt Ende Juni 2011/Anfang Juli 2011 stattgefunden habe, was nach Einschätzung des Gerichts der Wahrheit entsprechen dürfte, da sich bei den Behördenakten ein Schreiben des B.-Krankenhauses in Hamburg befindet, in dem die Klägerin am 28. Juni 2011 nach einem epileptischen Anfall vorstellig geworden ist. Darin wird erwähnt, dass die Klägerin kurz zuvor aus Afghanistan kommend nach Deutschland eingereist sei. In der mündlichen Verhandlung wiederum nimmt der Kläger zu 1) als Zeitpunkt für den Vorfall der Entführung und Ermordung der Tochter etwa den November 2009 an, jedenfalls sei es im Winter gewesen. Die Tochter K. wiederum gab bei ihrer Befragung vor dem Bundesamt an, dass sie, nachdem sie nach Kabul geflüchtet seien, dort noch eineinhalb Jahre bis zur Ausreise gelebt hätten. In der mündlichen Verhandlung gab die Tochter zu Protokoll, sie könne den Vorfall zeitlich nicht genau einordnen. Es sei jedoch in der kalten Jahreszeit gewesen. Sie hätten in Kabul danach noch etwa ein Jahr gelebt. Die Klägerin zu 2) im vorliegenden Verfahren kann sich ebenfalls nicht erinnern, wann sich der Vorfall genau zugetragen hat. Sie meint, dass es etwa sechs Jahre her sein müsse. Das Gericht ist der Überzeugung, dass ein derartig einschneidendes Ereignis, sollte es sich tatsächlich zugetragen haben, von den Familienmitgliedern genauer zeitlich eingeordnet werden müsste - auch unter Berücksichtigung des Bildungsstandes der Kläger. Dass dem nicht so ist, lässt für das Gericht nur den Schluss zu, dass dieses tatsächlich nicht stattgefunden hat. Dafür sprechen auch weitere Ungereimtheiten.
Zum Ablauf der Entführung hat der Kläger zu 1) vor dem Bundesamt angegeben, die Tochter sei von vermummten Personen entführt und getötet worden. Später sprach er dann von einem Mann, der zu ihnen ins Haus gekommen sei und die Tochter zwangsweise mitgenommen habe. Die Klägerin zu 2) erwähnte vor dem Bundesamt zwei vermummte Personen, die nachts gewaltsam in ihr Haus gekommen seien und die Tochter mitgenommen hätten. Einer davon sei bewaffnet gewesen und habe sie gestoßen. Ob ihre Tochter K. die Entführung gesehen habe, wisse sie nicht. Diese habe sich versteckt. Die Tochter K. schließlich gab vor dem Bundesamt an, sie wisse nicht, wie und wo ihre Schwester entführt worden sei. Der Entführer habe jedenfalls einen Brief zurückgelassen, aus dem ersichtlich gewesen sei, dass er sie mitgenommen habe. Im Schreiben vom 24. Juni 2016 erklärte der Kläger zu 1) demgegenüber, dass zunächst zwei Männer an der Haustüre gewesen seien, die etwas zu essen hätten haben wollen und die er dann in das Haus gelassen habe. Nach dem Essen habe der ältere der beiden Männer gewollt, dass dessen mit anwesender Sohn seine Tochter S. heiratet. Da die Familie damit nicht einverstanden gewesen sei, seien sie mit einer Pistole bedroht worden. Einer der Männer habe dann mittels Handy zwei weitere Männer verständigt, die ihn dann auf sein Gesicht geschlagen hätten, so dass er geblutet und Zähne verloren habe. Seine Frau habe dabei einen epileptischen Anfall erlitten. Er und seine Tochter K. seien dann gefesselt worden und daraufhin hätten die Männer die Tochter S. mitgenommen. In der mündlichen Verhandlung wiederum berichtet der Kläger zu 1) nur mehr von zwei Personen, die bei der Entführung anwesend gewesen seien. Dies bestätigt auch die Tochter in der mündlichen Verhandlung, so dass sich eine nicht erklärbare Diskrepanz hinsichtlich der Zahl der Entführer ergibt. Auch besteht eine solche hinsichtlich der Frage, ob die Kläger die Entführer ins Haus gelassen haben oder ob diese gewaltsam eingedrungen sind, wie die Klägerin zu 2) vor dem Bundesamt behauptet hat. Auch besteht ein Widerspruch dahingehend, ob die Tochter K. bei der Entführung zugegen war. Während ihre Mutter und sie selbst in der mündlichen Verhandlung angaben, sie sei im Haus gewesen, habe sich aber in einem anderen Zimmer versteckt, konnte sie vor dem Bundesamt auf Befragen nicht angeben, wo und wie sich die Entführung abgespielt habe, obwohl sie diese gleichwohl mit eigenen Augen aus ihren Versteck mit angesehen haben will, wie sie in der mündlichen Verhandlung erklärt hat. Demgegenüber trägt der Vater in seinem Schreiben vom 24. Juni 2016 vor, dass er und seine Tochter K. von den Entführern gefesselt worden seien, was wiederum zwingend für deren direkte Anwesenheit bei dem Geschehen spricht und mit dem Vortrag der Tochter und der Mutter nicht in Einklang zu bringen ist.
Unüberwindbare Widersprüche ergeben sich auch zu der Frage, wann die angeblichen Entführer die Leiche der Tochter zurückgebracht haben und wie diese tatsächlich zu Tode gekommen ist. Während sämtliche Familienmitglieder in der mündlichen Verhandlung angegeben haben, dass die tote Tochter nach einer Woche bzw. acht Tagen zurückgebracht worden sei, hat die Klägerin zu 2) diesen Zeitraum vor dem Bundesamt mit einem Monat angegeben. Die Tochter K. hat darüber hinaus vor dem Bundesamt erläutert, dass ihre Schwester Selbstmord begangen habe. Sie sei nach einer Woche zurückgekommen und habe sich noch in der gleichen Nacht in ihrem Zimmer erhängt. Auf Vorhalt vor dem Bundesamt, dass dies von den Angaben ihres Vaters abweiche, erklärte sie zunächst, ihr Vater habe das Richtige gesagt, während sie sodann, auf erneuten Vorhalt, angab, sie wisse, dass die Schwester Selbstmord begangen habe. Auf diese erhebliche Diskrepanz in der mündlichen Verhandlung angesprochen, erklärte die Klägerin, dass es sich vor dem Bundesamt um einen Übersetzungsfehler gehandelt haben müsse. Sie habe das mit dem Selbstmord so nicht gesagt. Dies wiederum erscheint aufgrund der völligen Andersartigkeit der Sachverhalte ausgeschlossen und beweist zur Überzeugung des Gerichts ein weiteres Mal, dass die Kläger hier nicht über tatsächlich Erlebtes berichten.
Unauflösbare Widersprüche ergeben sich auch zur Frage, wie lange die Familie nach der Ermordung der Tochter bzw. Schwester noch in Ghazni verblieben ist. Der Kläger zu 1) sprach vor dem Bundesamt zunächst von drei bis vier Tagen, im Schriftsatz vom 24. Juni 2016 erklärte er, dass sie gleich am nächsten Tag nach Kabul gegangen seien, während er wiederum in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage des Gerichts angab, dass sie eine Woche nach der Ermordung der Tochter nach Kabul geflohen seien. Die Klägerin zu 2) sprach vor dem Bundesamt von einem Zeitraum von zwei bis drei Tagen, in der mündlichen Verhandlung jedoch von acht Tagen. Die Tochter K. erklärte vor dem Bundesamt, dass sie nach dem Tod der Schwester noch etwa 15 bis 20 Tage in der Stadt Ghazni gewesen seien.
Schließlich differieren auch die Aussagen zu dem angeblichen Drohbrief betreffend die Tochter K. und zu den Motiven der Täter für die Entführung und Ermordung der Töchter bzw. der gesamten Familie in nicht nachvollziehbarer Weise. Der Kläger zu 1) hat vor dem Bundesamt vorgetragen, gleich nach dem Tod seiner Tochter I. sei ein Brief bei ihnen eingeworfen worden, wonach er seine Tochter K. freiwillig übergeben sollte, weil auch sie ansonsten zwangsweise mitgenommen würde. Auf die Frage, warum die Täter die Töchter entführen und töten wollten, gab der Kläger zu 1) vor dem Bundesamt an, es könne sein, dass es wegen seines hinduistischen Glaubens gewesen sei oder weil sie vielleicht Geld von ihm erpressen wollten. Er wisse es aber nicht genau. In dem Schreiben vom 24. Juni 2016 gab der Kläger zu 1) erstmals an, dass die Entführung der Tochter S. den Zweck gehabt habe, diese zwangsweise zu verheiraten. Dies sei dann auch Gegenstand des Drohbriefes gewesen hinsichtlich seiner Tochter K. Er solle diese in die Familie der Entführer verheiraten, ansonsten würden sie sie auch mitnehmen und töten. In der mündlichen Verhandlung schließlich gab der Kläger im Rahmen seiner informatorischen Befragung an, dass man ihm nach den Tod der Tochter gesagt habe, er solle Muslim werden, dann werde man seine andere Tochter auch mitnehmen, um sie zu verheiraten, ansonsten werde er getötet werden. Zunächst stellt es ein unerklärliches gesteigertes Vorbringen dar, wenn der Kläger nunmehr am 24. Juni 2016 erstmals eine angebliche Motivation für die Entführung in Form einer Zwangsverheiratung angibt. Dies ist aus den bereits oben dargelegten Gründen nicht glaubhaft, da es abwegig erscheint, dass gläubige Muslime ihren Sohn mit einer in ihren Augen ungläubigen Hinduistin verheiraten wollen. Wenn dem aber so wäre, so erklärt es sich nicht, warum sie die entführte Tochter dann nicht tatsächlich ihrem Sohn zur Frau geben, sondern sie ermorden. Ebenfalls eine nicht nachvollziehbare Steigerung enthält der Vortrag in der mündlichen Verhandlung, in dem der Kläger zu 1) nunmehr erläutert, dass er zusätzlich gezwungen werden sollte, zum Islam zu konvertieren, andernfalls seine Tochter K. zum Zwecke der Zwangsverheiratung mitgenommen würde und er selbst getötet würde. Der Zwang zu konvertieren und die Gefahr für seine eigene Person sollen offensichtlich seinem Vortrag nachträglich mehr Nachdruck verleihen und können dem Kläger zu 1) als allein prozesstaktisch einzustufende Steigerung nicht geglaubt werden. Die Klägerin zu 2) hat vor dem Bundesamt diesbezüglich angegeben, sie hätten nach der Ermordung der einen Tochter einen Brief erhalten, worin gestanden habe, dass auch ihre zweite Tochter K. mitgenommen werden solle. Dieser Drohbrief habe auf der Leiche der Tochter gelegen. Auf Vorhalt vor dem Bundesamt räumte sie sodann jedoch ein, dass sie die Leiche nicht selbst vor der Haustüre habe liegen sehen. Auf Nachfrage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung erklärte die Klägerin zum Inhalt des Briefes, dass sich aus diesem ergeben habe, dass auch sie Gefahr liefen, getötet zu werden. Dies lässt sich wiederum nicht mit dem Vortrag vor dem Bundesamt in Einklang bringen, wo nur eine Gefahr für die Tochter K. geschildert wird. Auch insoweit besteht bei der Klägerin zu 2) ein gesteigerter Sachvortrag, der ihr nicht abgenommen werden kann. Von einer etwaigen Zwangsverheiratung hat die Klägerin zu 2) in der mündlichen Verhandlung gar nichts erwähnt. Ihre Angaben sind widersprüchlich und können ihr nicht geglaubt werden. Schließlich erklärt die Tochter K. vor dem Bundesamt zu diesem Teilkomplex, sie hätten einen Drohbrief erhalten, wonach auch sie selbst mitgenommen werden sollte. Sie erklärte im Gegensatz zu ihren Eltern, dass es zwei Briefe gegeben habe, einen nach der Entführung der Schwester und einen weiteren nach dem Tod ihrer Schwester. Letzteren Brief hätten sie ca. drei Tage nach dem Tod der Schwester erhalten, was sich nicht mit den Aussagen der Eltern deckt, die davon gesprochen haben, dass der Brief sie gleich nach dem Tod der Tochter erreicht habe. In der mündlichen Verhandlung wiederum setzt sich die Klägerin zu ihren eigenen Aussagen vor dem Bundesamt in Widerspruch, indem sie anführt, dass der Brief gleichzeitig mit der Leiche der Schwester gebracht worden sei. Inhaltlich habe sich daraus ergeben, dass auch sie getötet werden sollten, wenn sie keine Muslime würden.
All diese weder erklärbaren noch nachvollziehbaren Unstimmigkeiten und Widersprüche bereits im jeweils eigenen Vortrag jedes Familienmitgliedes und sodann auch im Vergleich mit den Schilderungen der jeweils anderen Familienmitglieder ergeben in der Gesamtschau, dass der gesamte Vortrag betreffend die Entführung und Ermordung der Tochter bzw. Schwester sowie die drohende Entführung und Ermordung der K. oder aber der gesamten Familie durch Muslime bzw. Taliban nicht glaubhaft ist. Lediglich ergänzend sei exemplarisch für diese Einschätzung noch darauf hingewiesen, dass der Kläger zu 1) vor dem Bundesamt einen Sohn namens M. erwähnt hat, der 1994 im Krieg getötet worden sei, den jedoch Ehefrau und Tochter gar nicht kennen. Die Ehefrau meinte hierzu auf Vorhalt vor dem Bundesamt, dass es sich tatsächlich um seinen Bruder gehandelt habe, den ihr Ehemann jedoch als seinen Sohn angesehen habe. Demgegenüber führt der Kläger in seinem Vortrag vom 24. Juni 2016 wiederum noch einmal eindeutig aus, dass es sich um seinen eigenen Sohn gehandelt habe.
IV.
Die Kläger haben des Weiteren auch keinen Anspruch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus gemäß § 4 Abs. 1 AsylG.
Den Klägern droht nach Überzeugung des Gerichts weder die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AsylG noch droht ihnen ein ernsthafter Schaden durch unmenschliche oder erniedrigende Behandlung i. S.v. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG.
Der Begriff der unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i. S. d. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG ist im Gesetz nicht näher definiert. Da die zuletzt genannte Vorschrift der Umsetzung der Qualifikationsrichtlinie 2011/95/EU vom 13. Dezember 2011 (ABl. L 337, S. 9) - QRL - dient, ist dieser Begriff jedoch in Übereinstimmung mit dem entsprechenden Begriff in Art. 15b QRL auszulegen. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) legt Art. 15b QRL wiederum in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg zu Art. 3 EMRK aus (z. B. EuGH, U.v. 17.2.2009 - Elgafaji, C - 465/07
Dass den Klägern insoweit keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung droht, ergibt sich bereits daraus, dass ihr Vortrag zu ihren Fluchtgründen in weiten Teilen unglaubhaft ist. Insoweit kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden. Soweit das Gericht den Vortrag insoweit als glaubhaft eingestuft hat, dass die Kläger aufgrund ihrer Religion beschimpft, beleidigt und bespuckt worden seien, so erreicht dies nicht den notwendigen Schweregrad, um eine Verletzung des Art. 3 EMRK annehmen zu können.
Darüber hinaus stellen auch die schlechten humanitären Bedingungen, die in Afghanistan herrschen, keinen Grund dar, um einen subsidiären Schutzstatus nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG zu begründen. Zwar ist dies nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in ganz außergewöhnlichen Fällen grundsätzlich möglich. Allerdings existiert hierfür eine sehr hohe Eingriffsschwelle und setzt voraus, dass im Falle der Rückführung die konkrete Gefahr einer unmenschlichen Behandlung in der Form unzureichender humanitärer Lebensbedingungen gerade Folge einer direkten oder indirekten Aktion von Seiten staatlicher oder nichtstaatlicher Akteure ist. Dieses Erfordernis ergibt sich auch aus § 4 Abs. 3 i. V. m. § 3c AsylG, wonach es auch beim subsidiären Schutz eines Verfolgungsakteurs, von dem die Gefahr eines ernsthaften Schadens ausgeht, bedarf (BVerwG, U.v. 31.1.2013 - 10 C 15/12 - juris). Schlechte allgemeine wirtschaftliche oder humanitäre Lebensbedingungen im Abschiebezielstaat, die nicht auf einen solchen Akteur zurückführbar sind, fallen nicht in den Anwendungsbereich des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG. Die schlechten humanitären Lebensbedingungen in Afghanistan sind gerade nicht auf einen spezifischen Verfolgungsakteur zurückzuführen, sondern allgemeine und nicht individualisierbare Folge der schlechten ökonomischen Bedingungen und der schwierigen Sicherheitslage im Land. An dieser Situation hat sich auch aufgrund der jüngsten Erkenntnismittellage nichts geändert.
2. Ein Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes ergibt sich auch nicht aufgrund einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit der Kläger infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG.
Für die Beurteilung kommt es hierbei regelmäßig auf die Herkunftsregion des Ausländers an (BVerwG, U.v. 14.7.2009 - 10 C 9/08 - BverwGE 134, 188; BayVGH, U.v. 12.1.2012 - 13a B 11.30427 - juris Rn. 15 m. w. N.). Die Kläger stammen vorliegend aus der Stadt und Provinz Ghazni, so dass auf diese Region abzustellen ist. Die obergerichtliche Rechtsprechung geht auf der Grundlage der verfügbaren Erkenntnismittel davon aus, dass afghanische Staatsangehörige bei einer Rückkehr in die Provinz Ghazni nach derzeitiger Sicherheitslage im Allgemeinen keiner erheblichen individuellen Gefahr für Leib und Leben nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG ausgesetzt sind (BayVGH, B.v. 20.8.2015 - 13 ZB 15.30062 - juris Rn. 7 zur Südostregion, der die Provinz Ghazni zuzurechnen ist; BayVGH, B.v. 11.3.2014 - 13a ZB 13.30246 - juris Rn. 5 f.; BayVGH, U.v. 4.6.2013 - 13a B 12.30063 - juris Rn. 15 ff.; OVG Lüneburg, U.v. 7.9.2015 - 9 LB 98/13 - juris Rn. 42 ff.). Das Gericht schließt sich dieser Einschätzung an. Auch aus den aktuellsten Erkenntnismitteln ergibt sich trotz der sich verschlechternden Sicherheitslage keine derart hohe Gefahrendichte, dass praktisch jede Zivilperson schon alleine aufgrund ihrer Anwesenheit in der Provinz Ghazni einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens oder der körperlichen Unversehrtheit ausgesetzt wäre (UNAMA Report v. 14.2.2016; EASO, Country of Origin Information Report, Afghanistan - Security Situation, v. 1.1.2016, S. 89 ff.). Individuelle gefahrerhöhende Umstände sind bei den Klägern nicht erkennbar, insbesondere handelt es sich bei den von den Klägern befürchteten Gefahren und objektiv vorliegenden Indikatoren, wie der Zugehörigkeit zur hinduistischen Religion, dem hohen Alter und den Erkrankungen der Klägerin zu 2), ersichtlich um andere Gefahren als denjenigen, welche Zivilpersonen in einem innerstaatlichen bewaffneten Konflikt drohen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass Hindus oder alte und kranke Menschen der besonderen Gefahr von Anschlägen ausgesetzt oder gar Zielscheibe solcher Anschläge wären.
V.
Schließlich haben die Kläger auch keinen Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 AufenthG. Ein solches kommt nicht in Betracht, da den Klägern keine gegen Art. 3 EMRK oder ein anderes Grundrecht nach der EMRK verstoßende Behandlung droht. Insbesondere stellt die allgemeine Versorgungslage in Afghanistan keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung i. S. d. Art. 3 EMRK dar. Zwar können schlechte humanitäre Bedingungen im Abschiebezielstaat in ganz besonderen Ausnahmefällen in Bezug auf Art. 3 EMRK ein Abschiebungsverbot begründen. Der Umstand, dass im Fall einer Aufenthaltsbeendigung die Lage des Betroffenen einschließlich seiner Lebenserwartung erheblich beeinträchtigt würde, reicht jedoch allein nicht aus, einen Verstoß gegen Art. 3 EMRK zu begründen. In Afghanistan ist die allgemeine Lage jedenfalls nicht so ernst, dass eine Abschiebung ohne Weiteres eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellen würde (EGMR, U.v. 13.10.2011 - NJOZ 2012, 952, Rn. 84; BVerwG, U.v. 31.1.2013 - 10 C 15/12 - juris). In Fällen, in denen wie vorliegend gleichzeitig über die Gewährung subsidiären Schutzes zu entscheiden ist, scheidet darüber hinaus bei Verneinung dieser Voraussetzungen regelmäßig aus denselben tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen auch ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG in Bezug auf Art. 3 EMRK aus (BVerwG, U.v. 31.1.2013 - 10 C 15/12 - juris Rn. 36). Insofern wird auf die Ausführungen zu § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG Bezug genommen. Auch hinsichtlich des individuellen Vortrages der Kläger in Bezug auf religiöse und sonstige Verfolgungsmaßnahmen kann auf obige Ausführungen zu den §§ 3 und 4 AsylG verwiesen werden, wonach der Vortrag nicht glaubhaft bzw. nicht von solcher Schwere ist, dass eine Verletzung des Art. 3 EMRK in Betracht zu ziehen ist.
VI.
Die Entscheidung über die Kosten ergibt sich aus § 155 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Tenor
I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
Tenor
I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:
- 1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, - 2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder - 3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.
(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen, - 2.
eine schwere Straftat begangen hat, - 3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder - 4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.
Tenor
I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 19. September 2007 - A 6 K 4738/07 - wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des - gerichtskostenfreien - Berufungsverfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Gründe
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Tenor
I.
Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts München
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.
III.
Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Gründe
Tenor
I.
Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 24. Oktober 2012 wird die Klage insgesamt abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.
III.
Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Gründe
Tenor
I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
Tenor
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Tatbestand
1.
Der Kläger wurde nach widersprüchlichen Angaben entweder am
2.
In der persönlichen Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) am 11. Oktober 2011 verwies der Kläger auf die vorgelegte Tazkira (Bl. 47/48 und 50 der BA-Akte) und gab im Wesentlichen an, er sei ledig und habe keine Kinder, im Herkunftsland wohne noch seine Mutter, die bei einem seiner Onkel mütterlicherseits im Dorf Q. lebe. Er selbst habe bis zur Ausreise bei seinem Onkel väterlicherseits gewohnt. Sein Vater sei verstorben. Des Weiteren lebten im Herkunftsland noch ein jüngerer Bruder sowie zwei weitere Onkel mütterlicherseits, einer in Q. und einer in Ghazni, darüber hinaus habe er keine weiteren Verwandten in Afghanistan. Er habe vier Jahre lang die Grundschule besucht, dort lesen und schreiben gelernt und anschließend bis zur Ausreise in der Landwirtschaft gearbeitet. Der Onkel, bei dem er seit dem Tod seines Vaters gelebt habe, habe fünf Söhne, die alle sehr viel Einfluss hätten. Einer dieser Cousins sei zu Zeiten der Mudjaheddin Kommandant gewesen. Der Kläger habe für seine Cousins auf seinem eigenen Land schwer arbeiten müssen. Obwohl das Land seinem Vater und seinem Onkel gemeinsam gehört habe, habe er nichts von den Erträgen erhalten. Wenn er seinen Anteil gefordert habe, sei er geschlagen worden. Etwa sieben Monate vor seiner Ausreise habe er sie dann aufgefordert, das Land mit ihm zu teilen. Er sei wie immer geschlagen und diesmal auch bedroht worden. Sein Onkel habe ihm gesagt, dass seine Cousins sehr mächtig seien und dass es sehr gefährlich für ihn werden könnte, weshalb er besser das Land verlassen solle. Eine Anzeige beim Landrat würde nichts bringen, weil die Cousins zu viel Einfluss hätten. Der Kläger habe auch beim Dorfvorsteher verlangt, das Land zu teilen. Es habe auch eine Versammlung gegeben, seine Cousins seien dazu jedoch nicht erschienen. Sein Onkel habe ihn nicht unterstützt. Seine Cousins hätten ihm gedroht, dass sie ihn umbringen würden, wenn er zum Landrat gehe. In den letzten sieben Monaten vor seiner Ausreise habe er weiter für seine Cousins in der Landwirtschaft gearbeitet. Sie hätten ihn weiterhin belästigt, bezüglich der Teilung des Landes aber nichts mehr gesagt. Auch sein elfjähriger Bruder müsse nun für die Cousins arbeiten und werde von ihnen schlecht behandelt. Seine Mutter habe den kleineren Bruder nicht mitgenommen, weil sein Onkel väterlicherseits dies nicht zugelassen habe. Der Onkel habe auch nicht zugelassen, dass der Kläger zu seiner Mutter gehe. In Kabul habe er niemanden, außerdem sei die Sicherheitslage dort schlecht.
3.
Mit Bescheid vom
4.
Gegen diesen ihm am
Der Kläger beantragt zuletzt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom
hilfsweise festzustellen, dass bei dem Kläger Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG vorliegen.
5.
Die Beklagte beantragt demgegenüber,
die Klage abzuweisen.
6.
Mit Beschluss vom 11. März 2016
7.
Verschiedene, in der Liste für Afghanistan, Stand Januar 2016, verzeichnete Erkenntnismittel waren Gegenstand des Verfahrens.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- sowie der vorgelegten Behördenakten, insbesondere auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom
Gründe
Die zulässige Klage, über die trotz des Ausbleibens von Beteiligten in der mündlichen Verhandlung verhandelt und entschieden werden konnte (§ 102 Abs. 2 VwGO), ist nicht begründet.
Gegenstand der Klage sind nach der Neufassung des Klageantrags in der mündlichen Verhandlung das Begehren des Klägers auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, hilfsweise auf Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus, weiter hilfsweise auf Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG. Die Ablehnung der Anerkennung des Klägers als Asylberechtigter nach Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheides ist dem gegenüber nicht mit der Klage angegriffen und damit unanfechtbar geworden.
Dem Kläger stehen die begehrten Statusentscheidungen bzw. Feststellungen nicht zu. Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom
1.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach §§ 3 ff. AsylG.
Rechtsgrundlage der begehrten Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ist vorliegend § 3 Abs. 4 und Abs. 1 AsylG (BT-Drs. 16/5065 S. 213; vgl. auch § 60 Abs. 1 Satz 3 AufenthG). Danach wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, soweit er keinen Ausschlusstatbestand nach § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG erfüllt. Ein Ausländer ist Flüchtling i. S. d. Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Genfer Konvention - GK), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will. Anzuwenden ist vorliegend gemäß § 77 Abs. 1 AsylG das Asylgesetz vom 24. Oktober 2015 (Art. 1, Art. 15 Abs. 1 des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes v. 20.10.2015, BGBl. I, S. 1722 ff.) in der Fassung der Änderungen durch Art. 1 des Gesetzes zur Einführung beschleunigter Asylverfahren vom 12. März 2016 (BGBl. I, S. 390 ff.) sowie Art. 2 des Gesetzes zur erleichterten Ausweisung von straffälligen Ausländern und zum erweiterten Ausschluss der Flüchtlingsanerkennung bei straffälligen Asylbewerbern vom 12. März 2016 (BGBl. I, S. 394 ff.). Die §§ 3 bis 3e AsylG setzen die Vorschriften der Art. 6 bis 10 der Richtlinie 2011/95/EU vom 28. August 2013 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. EU Nr. L 337, S. 9) - Qualifikationsrichtlinie (QRL) - im deutschen Recht um. Nach § 3a Abs. 1 AsylG gelten als Verfolgung i. S. d. § 3 Abs. 1 AsylG Handlungen, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Art. 15 Abs. 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 - EMRK (BGBl. 1952 II, S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist (Nr. 1), oder die in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nr. 1 beschriebenen Weise betroffen ist (Nr. 2). Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AsylG muss die Verfolgung an eines der flüchtlingsrelevanten Merkmale anknüpfen, die in § 3b Abs. 1 AsylG näher beschrieben sind, wobei es nach § 3b Abs. 2 AsylG ausreicht, wenn der betroffenen Person das jeweilige Merkmal von ihren Verfolgern zugeschrieben wird. Nach § 3c AsylG kann eine solche Verfolgung nicht nur vom Staat, sondern auch von nichtstaatlichen Akteuren ausgehen.
Gemessen an diesen Maßstäben hat der Kläger sein Herkunftsland nicht aus Furcht vor Verfolgung in Anknüpfung an eines der in § 3b Abs. 1 AsylG genannten Merkmale verlassen. Ihm droht auch im Falle der Rückkehr keine derartige Verfolgung.
Die vorgetragenen Übergriffe auf den Kläger durch seine Cousins knüpfen nicht an ein flüchtlingsrelevantes Merkmal i. S. d. § 3b Abs. 1 AsylG an. Zum einen knüpft dieses Vorgehen ersichtlich nicht an die Zugehörigkeit des Klägers zur Volksgruppe der Hazara an. Ihm droht im Falle der Rückkehr nach Afghanistan auch keine Verfolgung in Anknüpfung an seine Volkszugehörigkeit durch andere Akteure i. S. d. § 3c AsylG. Ungeachtet der unbestritten bestehenden gesellschaftlichen Ausgrenzung und Benachteiligung besteht derzeit keine Gruppenverfolgung von Hazara in Afghanistan, weil die genannten Benachteiligungen und vereinzelten gewaltsamen Übergriffe nicht die dafür erforderliche Verfolgungsintensität und Verfolgungsdichte i. S. d. § 3a Abs. 1 AsylG aufweisen (Lagebericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschieberelevante Lage in der islamischen Republik Afghanistan vom 6. November 2015 - Stand: November 2015 - Seite 11; ebenso st.Rspr., z. B. BayVGH, U. v. 3.7.2012 - 13a B 11.30064 - juris Rn. 27;
Zum anderen vermag das Gericht dem Vortrag des Klägerbevollmächtigten auch nicht darin zu folgen, dass der Kläger als eine von einer Grundstücksstreitigkeit betroffene Person wegen seiner Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe i. S. d. § 3b Abs. 1 Nr. 4 AsylG verfolgt werde. Gemäß § 3b Abs. 1 Nr. 4 AsylG gilt eine Gruppe insbesondere als eine bestimmte soziale Gruppe, wenn die Mitglieder dieser Gruppe angeborene Merkmale oder einen gemeinsamen Hintergrund, der nicht verändert werden kann, gemein haben oder Merkmale oder eine Glaubensüberzeugung teilen, die so bedeutsam für die Identität oder das Gewissen sind, dass der Betreffende nicht gezwungen werden sollte, auf sie zu verzichten, und die Gruppe in dem betreffenden Land eine deutlich abgegrenzte Identität hat, da sie von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird. Unter Zugrundelegung dieser Definition ist nicht ersichtlich, anhand welcher Merkmale Personen, die von Grundstücksstreitigkeiten betroffen sind, als Mitglieder einer abgegrenzten sozialen Gruppe bestimmt werden könnten. Es ist schon nicht ersichtlich, dass es überhaupt möglich wäre, abstrakte Merkmale einer solchen Gruppe zu bestimmen, durch welche deren Mitglieder von der afghanischen Gesellschaft als andersartig betrachtet werden könnten. Die Umstände, weshalb eine Person von Landstreitigkeiten in Afghanistan betroffen sein kann, können vielfältig sein. Im Falle des Klägers geht es letztendlich um eine private Erbschaftsstreitigkeit. Die Cousins des Klägers weigern sich, die Grundstücke, die diesem sein verstorbener Vater hinterlassen hat, herauszugeben, obwohl sein Vater und dessen Bruder, d. h. der Onkel des Klägers, die Grundstücke ihrerseits zu gleichen Teilen geerbt hatten. Der vorliegende Fall ist deshalb nicht vergleichbar mit anderen dem Gericht bekannten Fällen, in denen die Zugehörigen verschiedener ethnischer Gruppen in einem bestimmten Gebiet um landwirtschaftliche Grundstücke streiten, wie dies beispielsweise in von sesshaften Hazara und paschtunischen Nomaden bewohnten Gebieten vorkommt. Weitere anders geartete Fallkonstellationen sind ebenfalls denkbar. Bereits diese Beispiele zeigen, dass es nicht möglich ist, die von einer Grundstücksstreitigkeit betroffenen Personen in Afghanistan als soziale Gruppe i. S. d. § 3b Abs. 1 Nr. 4 AsylG anzusehen. Vielmehr nennt auch der UNHCR in seinen Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender als besonders schutzbedürftig Personen, die von Grundstücksstreitigkeiten mit ethnischem Hintergrund betroffen sind (UNHCR, Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 24. März 2011, zusammenfassende Übersetzung, Seite 10), so dass in solchen Fällen zumindest nach der Meinung des UNHCR eine Verfolgung in Anknüpfung an das Merkmal der ethnischen Zugehörigkeit nach § 3b Abs. 1 Nr. 1 AsylG in Betracht kommen könnte. Einen derartigen ethnischen Hintergrund hat die vorliegende Grundstücksstreitigkeit jedoch, wie festgestellt, nicht.
2.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus gemäß § 4 Abs. 1 AsylG.
§ 4 Abs. 1 AsylG setzt die Bestimmungen der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 (ABl. L 304 v. 30.9.2004, S. 2 - 2, ABl. L 304 v. 30.9.2004, S. 12 - 23) - Qualifikationsrichtlinie (QRL) -, insbesondere deren Art. 15 ff. im deutschen Recht um. Diese bilden nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes - zu den Vorläuferregelungen des § 60 Abs. 2, 3 und 7 Satz 2 AufenthG - einen einheitlichen, in sich nicht weiter teilbaren Streitgegenstand (BVerwG, U. v. 8.9.2011 - 10 C 14/10 - DVBl. 2011, 1565 f.; BayVGH, U. v. 20.1.2012 - 13a B 11.30427 - juris). Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG gilt als ernsthafter Schaden die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (Nr. 1), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (Nr. 2) oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (Nr. 3).
2.1
Dem Kläger droht nach der Überzeugung des Gerichts kein ernsthafter Schaden durch unmenschliche oder erniedrigende Behandlung i. S. v. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG.
Der Begriff der unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i. S. d. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG ist im Gesetz nicht näher definiert. Da die zuletzt genannte Vorschrift der Umsetzung der QRL dient, ist dieser Begriff jedoch in Übereinstimmung mit dem entsprechenden Begriff in Art. 15b QRL auszulegen. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) legt Art. 15b QRL wiederum in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) zu Art. 3 EMRK aus (z. B. EuGH, U. v. 17.2.2009 - Elgafaji, C-465/07
Der Kläger hat zwar glaubhaft vorgetragen, seine Cousins hätten ihn aufgrund seiner Erbschaftsforderungen geschlagen und ihm auch gedroht, ihn umzubringen. Er hat des Weiteren glaubhaft vorgetragen, dass er seine Cousins für fähig halte, ihn tatsächlich auch aus diesem Grunde zu töten. Dennoch ist nicht erkennbar, dass derartige Gewaltakte der Cousins des Klägers die Voraussetzungen der unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung erfüllen würden. Der Vortrag des Klägers hierzu ist auch in der mündlichen Verhandlung zu unbestimmt und vage geblieben.
2.2
Dem Kläger droht auch keine individuelle und konkrete Gefahr eines ernsthaften Schadens i. S. v. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG aufgrund der Sicherheitslage in seiner Herkunftsregion. Die Provinz Samangan gehört - unabhängig von der Frage, ob dort ein bewaffneter innerstaatlicher Konflikt vorliegt - zur Nordregion Afghanistans, die trotz der Verschärfung der Sicherheitslage im gesamten Staatsgebiet Afghanistans noch kein signifikant erhöhtes Anschlagsrisiko aufweist (vgl. BayVGH, B. v. 19.2.2015 - 13a ZB 14.30450 - juris;
3.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG.
3.1
Ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG kommt nicht in Betracht, da dem Kläger keine gegen Art. 3 EMRK oder ein anderes Grundrecht nach der EMRK verstoßende Behandlung droht. Hinsichtlich der vom Kläger individuell vorgetragenen Gefahr der Verletzung oder Tötung durch seine Cousins kann auf die Ausführungen zu § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG (siehe oben Punkt 2.1) verwiesen werden. Die allgemeine Versorgungslage in Afghanistan stellt demgegenüber keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung i. S. d. Art. 3 EMRK dar. Zwar können schlechte humanitäre Bedingungen im Abschiebezielstaat in besonderen Ausnahmefällen in Bezug auf Art. 3 EMRK ein Abschiebungsverbot begründen. In Afghanistan ist die Lage für alleinstehende männliche arbeitsfähige afghanische Staatsangehörige jedoch nicht so ernst, dass eine Abschiebung ohne weiteres eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde (BVerwG, U. v. 31.1.2013 - 10 C 15.12 - NVwZ 2013, 1167; BayVGH, U. v. 12.2.2015 - 13a B 14.30309 - juris Rn. 12). Besondere Umstände, die vorliegend eine andere Beurteilung gebieten würden, hat der Kläger nicht vorgetragen. Derartige Umstände sind auch nicht anderweitig erkennbar.
3.2
Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG liegt ebenfalls nicht vor. Nach dieser Vorschrift soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Gemäß § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG sind die Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen. Nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG kann die oberste Landesbehörde anordnen, dass die Abschiebung für längstens sechs Monate ausgesetzt wird.
3.2.1
Dem Kläger droht nach der Überzeugung des Gerichts keine individuelle erhebliche und konkrete Gefahr i. S. v. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG, auch nicht im Hinblick auf die vorgetragene Grundstücksstreitigkeit. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung seinen bisherigen Vortrag bestätigt, wonach seine Cousins ihn in Ruhe gelassen hätten, solange er nicht seine Erbschaftsansprüche geltend gemacht und für sie gearbeitet habe. Nur wenn er versucht habe, seine Ansprüche geltend zu machen, hätten sie ihn geschlagen und ihn bedroht. Daraus ergibt sich, dass der Kläger gewaltsame Übergriffe seiner Cousins vermeiden kann, indem er auf die Durchsetzung seiner Ansprüche verzichtet, soweit ihm hierzu keine staatliche Unterstützung zur Verfügung steht. Zwar hat der Kläger vorgetragen, dass eine Versammlung der Dorfältesten stattgefunden habe, in der seine Ansprüche auch bestätigt worden seien. Seine Cousins seien der Versammlung jedoch ferngeblieben und seien auch danach nicht bereit gewesen, seine Ansprüche anzuerkennen. Soweit es dem Kläger somit nicht möglich ist, ggf. mit Hilfe der öffentlichen Gewalt seine Rechtsansprüche durchzusetzen, liegt darin möglicherweise eine Schwäche des Rechtsschutzsystems in Afghanistan, über die jedoch der internationale Schutz im Wege der Flüchtlings- oder subsidiären Schutzzuerkennung nicht hinwegzuhelfen vermag. Das System des internationalen Schutzes ist erkennbar nicht darauf ausgerichtet, zivilrechtliche Ansprüche im Herkunftsstaat eines Ausländers durchzusetzen bzw. diesem Schutz zu gewähren, weil ihm im Falle des Versuches, derartige Ansprüche durchzusetzen, Gefahren drohen. Auch ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 AufenthG kann auf einen derartigen Sachverhalt nicht gestützt werden. Vielmehr ist es dem Kläger zumutbar, gegebenenfalls zum Schutze seiner körperlichen Unversehrtheit bzw. seines Lebens auf die Durchsetzung derartiger Ansprüche gegenüber seinen Cousins zu verzichten.
3.2.2
Dem Kläger droht auch aufgrund der unzureichenden Versorgungslage in Afghanistan keine extreme Gefahr infolge einer Verdichtung der allgemeinen Gefahrenlage, die zu einem Abschiebungsverbot im Sinne der verfassungskonformen Auslegung des § 60 Abs. 7 AufenthG führen könnte. Wann allgemeine Gefahren von Verfassungs wegen zu einem Abschiebungsverbot führen, hängt wesentlich von den Umständen des Einzelfalles ab und entzieht sich einer rein quantitativen oder statistischen Betrachtung. Die drohenden Gefahren müssen jedoch nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht sein, dass sich daraus bei objektiver Betrachtung für den betroffenen Ausländer die begründete Furcht ableiten lässt, selbst in erheblicher Weise ein Opfer der extremen allgemeinen Gefahrenlage zu werden. Bezüglich der Wahrscheinlichkeit des Eintritts der drohenden Gefahren ist von einem im Vergleich zum Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit erhöhten Maßstab auszugehen. Die Gefahren müssen dem Ausländer daher mit hoher Wahrscheinlichkeit drohen. Dieser Wahrscheinlichkeitsgrad markiert die Grenze, ab der seine Abschiebung in den Heimatstaat verfassungsrechtlich unzumutbar erscheint. Das Erfordernis des unmittelbaren - zeitlichen - Zusammenhangs zwischen Abschiebung und drohender Rechtsgutverletzung setzt zudem für die Annahme einer extremen Gefahrensituation wegen der allgemeinen Versorgungslage voraus, dass der Ausländer mit hoher Wahrscheinlichkeit alsbald nach seiner Rückkehr in sein Heimatland in eine lebensgefährliche Situation gerät, aus der er sich weder allein noch mit erreichbarer Hilfe anderer befreien kann (BayVGH, U. v. 12.2.2015 - 13a B 14.30309 - juris Rn. 16; Bergmann in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 11. A. 2016, § 60 AufenthG Rn. 54). Das bedeutet nicht, dass im Falle der Abschiebung der Tod oder schwerste Verletzungen sofort, gewissermaßen noch am Tag der Abschiebung, eintreten müssten. Vielmehr besteht eine extreme Gefahrenlage auch dann, wenn der Ausländer mangels jeglicher Lebensgrundlage dem baldigen sicheren Hungertod ausgeliefert würde (vgl. BVerwG, U. v. 29.6.2010 - 10 C 10.09 - BVerwGE 137, 226).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs sowie weiterer Oberverwaltungsgerichte ergibt sich aus den Erkenntnismitteln zu Afghanistan derzeit nicht, dass ein alleinstehender arbeitsfähiger männlicher Rückkehrer mit hoher Wahrscheinlichkeit alsbald nach einer Rückkehr in eine derartige extreme Gefahrenlage geraten würde, die eine Abschiebung in den Heimatstaat verfassungsrechtlich als unzumutbar erscheinen ließe. Zwar ist die Versorgungslage in Afghanistan schlecht, jedoch ist im Wege einer Gesamtgefahrenschau nicht anzunehmen, dass bei einer Rückführung nach Afghanistan alsbald der sichere Tod drohen würde oder alsbald schwere Gesundheitsbeeinträchtigungen zu erwarten wären. Der Betroffene wäre selbst ohne nennenswertes Vermögen und ohne familiären Rückhalt in der Lage, durch Gelegenheitsarbeiten wenigstens ein kleines Einkommen zu erzielen und sich damit zumindest ein Leben am Rand des Existenzminimums zu finanzieren (st.Rspr., z. B. BayVGH, U. v. 12.2.2015 - 13a B 14.30309 - juris Rn. 17 m. w. N..;
Aus den aktuellen Erkenntnismitteln ergibt sich nichts anderes. Zwar stelle Afghanistan nach dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: November 2015 (a. a. O. S. 23 f.) eines der ärmsten Länder der Welt dar und belege trotz Unterstützung der internationalen Gemeinschaft, erheblicher Anstrengungen der Regierung und kontinuierlicher Fortschritte im Jahr 2015 weiterhin einen sehr niedrigen Rang im Human Development Index. Die afghanische Wirtschaft ringe in der Übergangsphase nach Beendigung des NATO-Kampfeinsatzes zum Jahresende 2014 nicht nur mit der schwierigen Sicherheitslage, sondern auch mit sinkenden internationalen Investitionen und der stark schrumpfenden Nachfrage durch den Rückgang internationaler Truppen. So seien ausländische Investitionen in der ersten Jahreshälfte 2015 bereits um 30% zurückgegangen, zumal sich die Rahmenbedingungen für Investoren in den vergangenen Jahren kaum verbessert hätten. Rund 36% der Bevölkerung lebe unterhalb der Armutsgrenze. Dabei bestehe ein eklatantes Gefälle zwischen urbanen Zentren wie z. B. Kabul und ländlichen Gebieten Afghanistans. Das rapide Bevölkerungswachstum stelle eine weitere Herausforderung für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung des Landes dar. Zwischen den Jahren 2012 und 2015 werde das Bevölkerungswachstum auf rund 2,4% pro Jahr geschätzt, was in etwa einer Verdoppelung der Bevölkerung innerhalb einer Generation gleichkomme. Die Schaffung von Arbeitsplätzen bleibe eine zentrale Herausforderung. Nach Angaben des afghanischen Statistikamtes sei die Arbeitslosenquote im Oktober 2015 auf 40% gestiegen. Aufgrund kultureller Bedingungen seien die Aufnahme und die Chancen außerhalb des eigenen Familien- bzw. Stammesverbandes vor allem in größeren Städten realistisch.
Die Schweizerische Flüchtlingshilfe (Afghanistan: Update - Die aktuelle Sicherheitslage vom
Dr. M. D. führt in seinem Gutachten an den Hessischen Verwaltungsgerichtshof vom
Zusammenfassend lassen sich damit auch aus den aktuellsten Dokumenten, ebenso wie aus den vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in o.g. Entscheidungen ausgewerteten Berichten (BayVGH a. a. O. Rn. 17 ff.), keine für die Beurteilung der hier relevanten Gefahrenlage bedeutsamen Änderungen entnehmen. Aufgrund der in den Auskünften geschilderten Rahmenbedingungen sind insbesondere Rückkehrer aus dem Westen in einer vergleichsweise guten Position. Allein schon durch ihre Sprachkenntnisse sind ihre Chancen, einen Arbeitsplatz zu erhalten, gegenüber den Flüchtlingen, die in Nachbarländer geflüchtet sind, wesentlich höher. Hinzu kommt, dass eine extreme Gefahrenlage zwar auch dann besteht, wenn der Ausländer mangels jeglicher Lebensgrundlage dem baldigen sicheren Hungertod ausgeliefert würde (vgl. BVerwG, U. v. 29.6.2010 - 10 C 10.09 - BVerwGE 137, 226), jedoch Mangelernährung, unzureichende Wohnverhältnisse und eine schwierige Arbeitssuche nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit „alsbald“ zu einer extremen Gefahr führen. Diese muss zwar, wie oben ausgeführt, nicht sofort, also noch am Tag der Ankunft eintreten. Erforderlich ist allerdings eine hinreichende zeitliche Nähe zwischen Rückkehr und unausweichlichem lebensbedrohenden Zustand. Die Gefahr muss sich alsbald nach der Rückkehr realisieren. Dies ist aus den genannten Erkenntnismitteln nicht ersichtlich. Aus den von Klägerseite vorgelegten Berichten ergibt sich nichts anderes.
Es ist auch nicht anzunehmen, dass der Kläger als Zugehöriger der ethnischen Minderheit der Hazara keine Chance hätte, sich etwa als Tagelöhner zu verdingen. Die vorliegenden Gutachten und Berichte enthalten keine entsprechenden Hinweise. Der Umstand, dass der Kläger längere Zeit in Europa verbracht hat, steht der Annahme, er könne sich in Kabul auf sich allein gestellt notfalls „durchschlagen“, ebenfalls nicht entgegen. Eine Rückkehr nach Afghanistan scheitert nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs grundsätzlich nicht an einem langjährigen Aufenthalt in Europa oder in Drittländern, z. B. in Pakistan oder dem Iran. Maßgeblich ist vielmehr, dass der Betroffene - wie hier der Kläger - den größten Teil seines Lebens in einer islamisch geprägten Umgebung verbracht hat und eine der beiden Landessprachen spricht. Ein spezielles „Vertraut-Sein mit den afghanischen Verhältnissen“ mag die Sicherung des Lebensunterhaltes vereinfachen. Anhaltspunkte, dass dies erforderlich sein könnte, sind jedoch nicht ersichtlich (BayVGH, U. v. 12.2.2015 - 13a B 14.30309 - juris Rn. 24 m. w. N.). Damit fehlt es an der für eine verfassungskonforme Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit, dass der Kläger alsbald existenzbedrohenden Mangellagen in Afghanistan ausgesetzt wäre. Der Kläger ist in Afghanistan aufgewachsen und spricht die Landessprache Dari. Er hat vier Jahre lang die Grundschule besucht und Lesen und Schreiben gelernt. Bis zu seiner Ausreise hat er in der Landwirtschaft gearbeitet. Auch wenn der Kläger nicht über eine Berufsausbildung verfügt, verfügt er somit über Landeskenntnisse und über einen Bildungsstand, mit dem er gegenüber den vielen Analphabeten in Afghanistan im Vorteil ist. Aufgrund seiner Tätigkeit in der Landwirtschaft dürfte er gute Chancen haben, wiederum in der Landwirtschaft, auf Baustellen oder als Tagelöhner in anderen Wirtschaftszweigen Arbeit zu finden. Aufgrund seiner in Europa erworbenen Erfahrungen und Sprachkenntnisse hätte er wohl auch gute Chancen, höherwertige Tätigkeiten zu finden. Mit diesen Erfahrungen und Kenntnissen ist davon auszugehen, dass der Kläger selbst ohne nennenswertes Vermögen und ohne familiären Rückhalt im Falle einer zwangsweisen Rückkehr nach Afghanistan in der Lage wäre, durch Gelegenheitsarbeiten, etwa in Kabul, wenigstens ein kleines Einkommen zu erzielen und sich damit zumindest ein Leben am Rand des Existenzminimums zu finanzieren. Das entspricht auch der Auffassung des UNHCR, wonach bei alleinstehenden leistungsfähigen Männern eine Ausnahme vom Erfordernis der externen Unterstützung in Betracht komme (UNHCR-Richtlinien vom 6.8.2013, Seite 9). Im Übrigen verfügt der Kläger noch über familiäre Verbindungen in Afghanistan, denn zum einen leben sein Onkel väterlicherseits sowie seine Cousins noch im Heimatdorf, zum anderen lebt - wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat - ein Onkel mütterlicherseits in der Provinz Ghazni. Es ist nicht ersichtlich, dass die genannten Verwandten den Kläger - zumindest im Falle einer Notlage - nicht (erneut) aufnehmen würden.
4.
Schließlich bestehen auch gegen die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung einschließlich der Zielstaatsbestimmung im Hinblick auf § 34 Abs. 1 AsylG i. V. m. § 59 AufenthG keine Bedenken.
5.
Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei (§ 83b AsylG).
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der am ... 1993 in ..., Afghanistan geborene Kläger ist afghanischer Staatsangehöriger. Er reiste nach eigenen Angaben am ... 2012 auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte am ... 2012 seine Anerkennung als Asylberechtigter.
Bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am ... 2014 gab der Kläger insbesondere an, er sei jetzt (nicht mehr Religionszugehöriger des Islam), sondern evangelischer Christ. Getauft sei er noch nicht. Seit ca. drei Monaten besuche er den Bibel-Treff, seit ca. einem Jahr habe er Kontakt mit ihnen und habe den Bibel-Treff ab und zu besucht. Seit drei Monaten gehe er regelmäßig hin. Vorgelegt wurde eine Bestätigung vom ... 2014 der evangelisch-lutherischen ... in ..., wonach der Kläger einmal wöchentlich am Bibel-Treff im Gemeindehaus in der Zeit von 17:00 Uhr bis ca. 19:00 Uhr teilnimmt (Beiakte I S. 43). Er sei Analphabet und könne sein afghanisches Geburtsdatum nicht nennen. Erst in Europa habe er die Jahre und Monate gelernt.
In Griechenland sei er von ... 2008 bis zum ... 2012 gewesen. Es treffe zu, dass er am ... 2010 in Italien einen Asylantrag gestellt habe. Dort seien sie erwischt und wieder nach Griechenland zurückgebracht worden. In Griechenland habe er sich auf verschiedenen Inseln aufgehalten und Saisonarbeit verrichtet.
Er gehöre zum Volk der Hazara. Er habe sich bis zur Ausreise in der Provinz Ghazni, Bezirk Quarabagh, Dorf ... aufgehalten. Eine Woche vor seiner Ausreise sei er in der Stadt Ghazni gewesen. Er habe im Dorf ... mit den Eltern, einer Schwester und einem Burder gelebt. 2008 habe er gemeinsam mit der Familie Afghanistan verlassen und sei in den Iran gegangen. Die Familie lebe jetzt in ... Vor ca. vier Monaten habe er einmal Kontakt zu den Eltern gehabt, sie hätten kein Telefon und riefen ab und zu aus einer Telefonzelle an. Ihre wirtschaftliche Situation sei nicht sehr gut. Er habe in Afghanistan einen Onkel mütterlicherseits, zu dem er seit 2008 keinen Kontakt habe. Er habe als Automechaniker gearbeitet.
Er sei von Afghanistan in den Iran gereist und dann über die Türkei weiter mit dem Schlauchboot nach Griechenland. Dann sei er mit einem falschen Pass nach Italien gebracht worden und von dort aus von einem anderen Schleuser mit einem Pkw nach Deutschland. Von Afghanistan in den Iran hätten sie pro Person 145.000,00 Tuman bezahlt. Die Reise bis in die Türkei habe 800,00 Dollar gekostet, weiter bis nach Griechenland weitere 400 Dollar. Das erste Mal habe er dem Schleuser 2.800,00 EUR gegeben, als er von Italien zurückgeschickt worden sei. Die Reise nach Deutschland habe weitere 4.200,00 EUR gekostet. Bis nach Griechenland habe der Vater die Reise finanziert. In Griechenland habe er als Tagelöhner gearbeitet, um die Reise zu finanzieren. In Afghanistan hätten sie noch viel mehr Geld durch Grundstücke, Häuser und Bäume gehabt. Sie hätten aber nur ein Teil des Geldes mitnehmen können. Die politische Situation in Afghanistan sei ja bekannt. Er habe in der Provinz Ghazni gelebt und die Nachbarn seien auch Paschtunen. Als die Taliban an die Macht gekommen seien, hätten die Taliban und die Paschtunen ihre Grundstücke, Bäume und Häuser in Besitz genommen, sie hätten dort nicht mehr leben können. Bis 2003 hätten sie in der Stadt Ghazni gelebt. Ein Machthaber habe dann dafür gesorgt, dass sie zu ihren Häusern zurückkehren könnten. Dieser sei 2008 ums Leben gekommen und die Taliban seien zurückgekehrt und sie seien wieder vertrieben worden. Sie hätten in der Stadt Ghazni bleiben und wie zuvor Leben wollen. Die Taliban hätten dies verhindern und sie deshalb töten wollen. Im Dorf hätten neun Familien gewohnt und die seien alle betroffen. In der Stadt hätten sie sie nicht erwischt. Drei Familien seien in die Stadt Ghazni gegangen. Zwei Familienmitglieder anderer Familien seien umgebracht worden. Von seiner Familie habe es niemanden erwischt. Bei einer Rückkehr nach Afghanistan müsse er auf sein Leben verzichten. Wenn sie ihn erwischten, würden sie ihn töten.
Befragt danach, wie es dazu gekommen sei, dass er den Glaubenswechsel wolle, gab der Kläger an, er habe in Afghanistan gesehen, was die Taliban machten. Er habe von Religion wenig Ahnung. Er habe sich nicht damit zufrieden geben wollen, dass das seine Religion sei. Er habe von einer Kirche wie Orgel gehört und das habe ihm sehr gefallen und das habe ihn beruhigt. Als er dann in die Kirche gegangen und gesehen habe, dass die Leute dort friedlich säßen und beteten, habe ihn das sehr beeindruckt. Das sei ein Unterschied zu seiner bisherigen Religion. Er fühle sich in der Kirche leichter. Es tue ihm gut, wenn er etwas über diese Religion erfahre. In Griechenland habe er noch nicht über einen Glaubenswechsel nachgedacht. Wenn die Familie von seinem Glaubenswechsel erfahre, würden sie ihn entweder hassen oder sie ließen sich überzeugen. Beim Bibel-Treff säßen sie dort und die Leute redeten über Gott. Einiges verstehe er, einiges aber auch nicht. Er sei mit den Gedanken dabei. Er selbst beschäftige sich nur wenig mit dem Glauben. Er sei früher nicht so gläubig gewesen, obwohl er in einer islamischen Familie aufgewachsen sei. In Deutschland habe er einen Kurden getroffen, der ihm vom Christentum erzählt habe. Er sei selbst zum Christ geworden. Es habe keinen genauen Zeitpunkt gegeben, an dem er festgestellt habe, dass er den Glauben wechseln wolle. Der Glaube habe ihn angezogen, die christliche Gemeinschaft gefalle ihm. Einige Leute hätten ihn die Bibel auf Dari und Farsi gegeben. Er könne aber nicht lesen, er sei mit dem Herzen dabei und nehme regelmäßig am Bibel-Treff teil. An weiteren Aktivitäten der christlichen Gemeinschaft nehme er nicht teil. Gottesdienste besuche er jede Woche am Freitagnachmittag und am Sonntag alle zwei Woche in einer anderen Kirche in ... Er wisse nicht wie die heiße. Er spreche ein bisschen Deutsch. Er verstehe nicht viel, aber er sei mit dem Herzen beim Bibel-Treff dabei. Der christliche Glaube spiele in seinem privaten Leben die Rolle, dass es ihm gut gehe, wenn er zur Kirche gehe. Er sei dabei, einiges aus der Bibel zu lernen. Er habe große Schwierigkeiten beim Lesen. Viele Informationen über die Bibel habe er nicht. Ihm sei gesagt worden, er könne sich einen Film über Jesus ansehen. Dadurch habe er ein wenig gelernt, wo Jesus geboren und gestorben sei. Jesus sei in Israel geboren worden und er sei knapp über 30 gewesen, als er als Sohn Gottes bezeichnet worden sei. Christliche Feste könne er nicht nennen. Er könne nicht lesen. Er wolle mehr über den Glauben erfahren und sich danach taufen lassen. Um einen anderen zu überzeugen, müsse er erst noch viel mehr über den Glauben erfahren.
Mit Bescheid vom
Es sei schon nicht nachvollziehbar, wie der angebliche Glaubenswandel zustande gekommen sei. Der vom Kläger geschilderte Anlass für den Glaubenswechsel erscheine als eher nebensächlich und lasse in keiner Weise erkennen, dass dieser Schritt für ihn als existentiell anzusehen sei. Seine Angaben blieben unbestimmt, oberflächlich und beschränken sich darauf, dass die Orgel in der Kirche ihn beruhigt habe, die christliche Gemeinschaft habe ihn beeindruckt. Zudem lassen die Teilnahmen am Bibel-Treff im Gemeindehaus nicht erkennen, dass sich der Kläger tatsächlich intensiv mit dem christlichen Glauben beschäftigte und diesen für sein weiteres Leben verinnerlicht habe. Die Kirche, die er besuche, habe er nicht einmal namentlich benennen können.
Auf Nachfrage seines Prozessbevollmächtigten wurde diesem der Bescheid vom
Mit Schriftsatz vom 02.03.2015, bei Gericht eingegangen am 05.03.2015, wandte sich der Kläger vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten an das Bayerische Verwaltungsgericht Bayreuth mit folgenden Anträgen:
1. Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom
2. Dem Kläger wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt.
3. Der Antrag auf Asylanerkennung wird stattgegeben.
4. Der subsidiäre Schutzstatus wird zuerkannt.
Vorsorglich wurde wegen Versäumnis der Klagefrist Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand beantragt. Der Bescheid vom
Mit Schriftsatz vom
Mit Schriftsatz vom
die Klage abzuweisen.
Mit weiterem Schriftsatz vom
Mit gerichtlichen Schreiben vom
Mit Beschluss der Kammer vom
Für den Ablauf der mündlichen Verhandlung, in der der Kläger zwei Gemeindebestätigungen (eine undatiert, die andere vom ...) vorlegte, wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
Ergänzend wird auf die vorgelegte Behördenakte und die Gerichtsakte verwiesen.
Gründe
Die zulässige Klage hat keinen Erfolg.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter gemäß Art. 16a Abs. 1 GG, auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylVfG sowie subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 AsylVfG. Es liegen auch keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG in seiner Person vor. Der angefochtene Bescheid ist somit rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO).
1.
Die Voraussetzungen für seine Anerkennung als Asylberechtigter sind nicht gegeben, Art. 16a Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 GG. Der Kläger selbst hat angegeben, auf dem Landweg - und damit über einen sicheren Drittstaat - in die Bundesrepublik Deutschland eingereist zu sein, was seine Asylberechtigung ausschließt (Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG).
2.
Nach § 3 Abs. 4 i. V. m. Abs. 1 AsylVfG besteht ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft dann, wenn sich der Ausländer aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt oder dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will und er keine Ausschlusstatbestände erfüllt. Eine solche Verfolgung kann nicht nur vom Staat ausgehen (§ 3c Nr. 1 AsylVfG), sondern auch von Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen (§ 3c Nr. 2 AsylVfG) oder nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d AsylVfG Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht (§ 3c Nr. 3 AsylVfG). Allerdings wird dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d hat und sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt (§ 3e Abs. 1 AsylVfG).
Gemessen an diesen Grundsätzen hat der Kläger keinen Anspruch auf Gewährung des Flüchtlingsschutzes. Das Gericht verweist zunächst auf die zutreffende Begründung des angefochtenen Bescheids und sieht zur Vermeidung von Wiederholungen von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 77 Abs. 2 AsylVfG).
a)
In der mündlichen Verhandlung bezog sich der Kläger als Fluchtgrund insbesondere auf die Bedrohung durch nomadisierende Paschtunen (Kuchi/Kutschi), die den Hazara in seiner Heimat das Land und das Wasser streitig machen. Er gab dabei zwei Vertreibungsvorfälle betreffend die Bewohner seines Heimatortes (2003 und insbesondere 2008) an, und ergänzte, durch die Paschtunen nicht direkt und persönlich bedroht worden zu sein (Niederschrift S. 4).
Flüchtlingsrelevante Verfolgungshandlungen im Sinne des § 3a AsylVfG lassen sich darin indessen nicht erkennen. Dabei kommt es auf die Glaubhaftigkeit der Schilderungen des Klägers, sie hätten ihr Heimatdorf in der Provinz Ghazni verlassen, weil nomadische Paschtunen (Kuchi) dieses nach 2003 dann 2008 zum zweiten Mal überfallen hätten, schon nicht an. Zweifel daran, dass er den Übergriff 2008 persönlich erlebt hat, ergeben sich schon aus dem Widerspruch der Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung, wonach die Dorfbevölkerung bei dem Überfall der Paschtunen zunächst „auf den Feldern“ (Niederschrift S. 3), dann aber in Dunkelheit am Abend „auf einem Berg“ (Niederschrift S. 5) gewesen sein soll. Selbst Wahrunterstellung dieses Vortrags liegen jedoch die Voraussetzungen einer konkreten, an der Zugehörigkeit zur Gruppe der Hazara anknüpfenden Verfolgung durch die Paschtunen/Kuchi nicht vor; vielmehr handelte es sich dabei um nicht flüchtlingsrelevantes kriminelles Unrecht. Die in Art. 3a Abs. 3 geforderte Verknüpfung zwischen der als Verfolgung anzusehenden Handlung und den in § 3 Abs. 1 Nr. 1, § 3b AsylVfG genannten Verfolgungsgründen ist gerade nicht auszumachen.
Nach den vorliegenden Informationen ist dem Gericht zwar bekannt, dass Nomaden mit paschtunischer Volkszugehörigkeit alljährlich in den Sommermonaten in die Weidegebiete der sesshaften Hazara, insbesondere in der Provinz Wardak, einwandern. In den Jahren 2008 und 2010 kam es dabei zu bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen den Konfliktparteien (vgl. Lageberichte des Auswärtigen Amtes vom 9.2.2011 u. 10.1.2012). Von den Konflikten zwischen Kuchi und Hazara berichtet auch das Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation (ACCORD) in seiner Anfragebeantwortung vom 05.02.2013: „Afghanistan: Provinz Wardak bzw. Beshud: Informationen zu Auseinandersetzungen zwischen Kuchi und Hazara; Maßnahmen staatlicher Behörden“. Die Geschichte des Klägers über die Auseinandersetzungen der Bewohner des Dorfes mit den Kuchi stimmt somit mit der Auskunftslage überein, beinhaltet aber keine konkrete individuelle Bedrohung seiner Person durch diese Nomaden. Die beschriebenen Konflikte zwischen den Volksgruppen finde ihre Ursache auch nicht in der jeweiligen Gruppenzugehörigkeit. Es geht bei den saisonal auftretenden Auseinandersetzungen zwischen den zwei ethnischen Gruppen um Eigentums- und Besitzansprüche an lokalen Ressourcen, die bis in das Jahr 1887 zurückreichen. Der jährlich, meist in den Sommermonaten, erneut aufkommende Streit um Land knüpft nur mittelbar an die Volkszugehörigkeit der betroffenen Parteien an. Die Kuchi, die in besonderem Maße unter den ungeklärten Boden- und Wasserrechten leiden (s. Lagebericht des Auswärtigen Amtes v. 2.3.2015, S. 10), versuchen durch Überfälle, Vertreibung und Brandstiftungen Weideland für sich zu gewinnen und zwar unabhängig davon, wem dieses Weideland gehört. Die Angriffe sind somit nicht ethnisch motiviert, sondern erfolgen aus rein wirtschaftlichen Gründen. Die Hazara, deren Lage sich grundsätzlich gebessert hat (Lagebericht des Auswärtigen Amtes v. 2.3.2015, S. 10), sind nicht an sich im Sinne einer Volksgruppe Ziel der Angriffe, sondern die sesshaften Weidelandbesitzer der jeweiligen Region (s. insbesondere VG Köln, U. v. 3.2.2015 - 14 K 1202/14.A).
Unabhängig von der danach nicht vorliegenden, anlassgeprägten Einzelverfolgung durch die Kuchi, droht dem Kläger auch wegen seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara nicht die Gefahr einer landesweiten Verfolgung. Wie der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seinem Urteil vom 03.07.2012 (Az. 13a B 11.30064 - juris Rn. 20 ff.) aufgrund eingehender Prüfung festgestellt hat, sind nach den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Maßstäben keine Anhaltspunkte für eine Gruppenverfolgung durch die Taliban oder andere nichtstaatliche Akteure wegen der Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara zu erkennen. Die Verfolgungshandlungen denen die Hazara ausgesetzt sind, weisen weder in ganz Afghanistan noch in der Heimatprovinz des Klägers, Ghazni, die für die Annahme einer Gruppenverfolgung erforderliche kritische Verfolgungsdichte auf (a. a. O. Rn. 21). Hazara sind zwar in Afghanistan weiterhin einer gewissen Diskriminierung ausgesetzt (s. a. Lagebericht des Auswärtigen Amtes v. 2.3.2015, S. 10), „derzeit und in überschaubarer Zukunft aber keiner an ihre Volks- oder Religionszugehörigkeit anknüpfenden gruppengerichteten politischen oder religiösen Verfolgung“ (BayVGH
b)
Auch auf den Nachfluchtgrund des Religionswechsels kann sich der Kläger zur Begründung seiner Flüchtlingseigenschaft nicht mit Erfolg berufen.
Die Konversion zum Christentum kann bezüglich des Herkunftslandes Afghanistan für einen geborenen Moslem zwar unter bestimmten Umständen eine flüchtlingsrelevante Verfolgungsgefahr begründen. Da der Kläger zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 AsylVfG) aber noch nicht einmal christlich getauft war, bietet sich dem Gericht kein hinreichender tatsächlicher Anhaltspunkt für die Prüfung, ob dem Kläger wegen Konversion zum Christentum bei einer Rückkehr nach Afghanistan religiöse Verfolgung droht bzw. drohen könnte (s. BVerwG, B. v. 25.8.2015 - 1 B 40.15). Die erst in der mündlichen Verhandlung vorgelegte, handschriftliche und undatierte Bestätigung, deren Urheber mangels Briefkopf, Unterschrift oder Stempel im Übrigen völlig unklar ist, mit der Taufankündigung für den ... 2015, ist ersichtlich insofern nicht ausreichend. Abgesehen davon, wirft die Bestätigungspraxis von Mitgliedern der Kirchengemeinde ... in ... doch einige Zweifel auf, wenn am ... 2014 vom Prediger i. R. ... bestätigt wird, dass der Kläger am Bibel-Treff im Gemeindehaus in der Zeit von 17.00 bis ca. 19.00 Uhr „ab und zu“ teilnimmt, während die Bestätigung vom selben Tag durch ... (Beiakte I S. 43) dokumentiert, der Kläger habe „einmal wöchentlich“ am Bibel-Treff im Gemeindehaus teilgenommen.
3.
Dem Kläger steht auch kein Anspruch auf subsidiären Schutz gemäß § 4 AsylVfG zur Seite. Das Gericht teilt die - auch - auf der Auswertung jüngerer Erkenntnisse beruhende Würdigung des OVG Nordrhein-Westfalen in seinem Beschluss vom 20.07.2015, dass Kabul als interne Schutzalternative gemäß § 4 Abs. 3 i. V. m. § 3e AsylVfG einen Anspruch eines alleinstehenden, gesunden Mannes auf Anerkennung als Subsidiärschutzberechtigter ausschließt (Az. 13 A 1531/15.A - juris Rn. 8 ff.).
Zur Vermeidung von Wiederholungen wird zur Begründung dieser Entscheidung vollumfänglich auf die Ausführungen im vorgenannten Beschluss des OVG Nordrhein-Westfalen verwiesen (s. a. Sächsisches OVG, B. v. 23.1.2015 - A 1140/13 - juris Rn. 7 ff.).
a)
Soweit sich der Kläger auf eine Bedrohung durch die Paschtunen/Kuchi aus seinem Heimatort auch in Kabul beruft (Niederschrift S. 6), § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylVfG, besteht zur Überzeugung des Gerichts kein persönliches Risikoprofil, dass es für den Kläger unzumutbar erscheinen ließe, sich nach einer Rückführung, die ohnehin nach Kabul erfolgte, auch dort nieder zu lassen. Angesichts der Tatsache, dass Kabul nach einer Schätzung von 2011 mittlerweile 4,5 Mio. Einwohner hat (www.auswärtiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laender...), der Kläger nach seinem eigenen Vorbringen nie persönlich und individuell mit diesen Paschtunen konfrontiert war oder sogar von ihnen in irgendeiner Weise registriert worden wäre und der nunmehr 22-jährige Kläger sich in den vergangenen sieben Jahren seit dem geschilderten Überfall der Kuchi auf sein Dorf auch äußerlich durch das Erwachsenwerden nicht unerheblich verändert haben dürfte, ist es nicht beachtlich wahrscheinlich, dass dem Kläger durch diese Paschtunen/Kuchi in Kabul ein ernsthafter Schaden im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylVfG drohte. Hinzu kommt, dass das Interesse der Paschtunen/Kuchi gerade darauf gerichtet ist, Weideland der Hazara zu vereinnahmen, und schon von daher ein Verfolgungsinteresse an dem Kläger in Kabul selbst nicht nachvollziehbar ist.
b)
Auch sofern in der Provinz Ghazni, aus der der Kläger stammt, eine ernsthafte individuelle Bedrohung im Rahmen eines innerstaatlichen bewaffneten Konfliktes gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylVfG zu unterstellen wäre (verneinend insofern BayVGH, U. v. 3.7.2012 - 13a B 11.30064 - juris Rn. 23 ff.), kann vom Kläger vernünftigerweise erwartet werden, dass er sich in Kabul - wohin er ohnehin zurückgeführt würde - niederlässt.
Zwar ist die humanitäre Lage in Kabul im Allgemeinen weiterhin äußerst schwierig. Das Verelendungsrisiko einzelner Bevölkerungsgruppen weicht indes stark voneinander ab. Jedenfalls für den Kläger als arbeitsfähigem jungen Mann besteht es allerdings in geringfügigem Maße, denn es ist davon auszugehen, dass er seinen Lebensunterhalt nach einer Wiedereingliederungsphase auch ohne familiären Rückhalt zumindest auf einem - nach westlichen Maßstäben - niedrigen Niveau wird sicherstellen können (s. OVG Nordrhein-Westfalen, B. v. 20.7.2015 - 13 A 1531/15.A - Rn. 10). Da der Kläger sich in Griechenland über vier Jahre ohne familiären Rückhalt als Tagelöhner bzw. Erntehelfer „durchgeschlagen“ und damit auch die 7.200,00 EUR für den Schleuser verdient hat, besteht kein vernünftiger Zweifel daran, dass der Kläger - entsprechend auf sich alleine gestellt - auch bei einer Rückkehr nach Afghanistan/Kabul für sich selbst im Sinne einer bescheidenen Lebensgrundlage sorgen kann.
Auch die von ihm seit der Ausreise aus seinem Heimatland erworbenen Sprachkenntnisse (etwa Deutsch, s. Niederschrift S. 6) dürften seine Erwerbschancen eher begünstigen. Ergänzend wird insofern auf die nachfolgenden Ausführungen unter Nr. 4 verwiesen.
4.
Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG bestehen ebenfalls nicht. Ergänzend zu den Erwägungen im angefochtenen Bescheid (§ 77 Abs. 2 AsylVfG) wird noch ausgeführt:
Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit eine Abschiebung nach den Bestimmungen der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) unzulässig ist. Schlechte humanitäre Bedingungen im Abschiebezielstaat können jedoch nur in besonderen Ausnahmefällen in Bezug auf Art. 3 EMRK ein Abschiebungsverbot begründen. Die Einzelrichterin schließt sich der begründeten Einschätzung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs in seinem Urteil vom 12.02.2015 an, wonach in Afghanistan die Lage jedoch nicht so ernst ist, dass eine Abschiebung ohne weiteres eine Verletzung von Art. 3 EMRK wäre (Az. 13a B 14.30309 - juris Rn. 12).
Besondere Umstände, die vorliegend eine andere Beurteilung geböten, hat der Kläger nicht vorgetragen und sie sind auch ansonsten nicht ersichtlich.
Auf eine individuelle erhebliche konkrete Gefahr im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG bei einer Rückkehr nach Afghanistan kann sich der Kläger auch nicht berufen. Wie bereits vorangehend unter Nrn. 2. und 3. ausgeführt, ergibt sich für den Kläger bei einer Rückkehr in sein Heimatland weder aus dem Vorfluchtgeschehen, noch unter dem Aspekt des Nachfluchtgrundes einer - möglichen - Konversion mit identitätsprägender religiöser Praxis eine erhebliche konkrete Gefährdung bzw. ansonsten die Bedrohung mit einem ernsthaften konkreten Schaden (§§ 3, 4 AsylVfG).
Im Hinblick auf die unzureichende Versorgungslage hat sich die allgemeine Gefahr in Afghanistan für den Kläger auch nicht derart zu einer extremen Gefahr verdichtet, dass eine entsprechende Anwendung von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG geboten wäre. Wie sich der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs - der sich die Einzelrichterin angeschlossen hat - entnehmen lässt, ergibt sich aus den Erkenntnismitteln nicht, dass ein alleinstehender arbeitsfähiger männlicher afghanischer Rückkehrer mit hoher Wahrscheinlichkeit alsbald nach einer Rückkehr in eine derartige extreme Gefahrenlage geraten würde, die eine Abschiebung in den Heimatstaat verfassungsrechtlich als unzumutbar erscheinen ließe (BayVGH, U. v. 12.2.2015 - 13a B 14.30309 - juris Rn. 17 ff., erneut bestätigt etwa durch
Es gibt auch keine Anhaltspunkte dafür, dass etwaige Zwangsrekrutierungsversuche durch Aufständische die Chance in Kabul als Tagelöhner zu arbeiten, vereiteln würden. Gemäß den Erkenntnissen von UNHCR (Bericht v. August 2014, 3. Potentielle Risikoprofile von Schutzsuchenden, S. 45) kommen Rekrutierungsversuche regierungsfeindlicher Kräfte in Gebieten vor, welche ihrer tatsächlichen Kontrolle unterliegen oder die zwischen der Regierung und den Aufständischen umkämpft sind. Dies ist in Kabul nicht der Fall (so BayVGH, B. v. 10.8.2015 - 13a ZB 15.30050 - juris Rn. 11). Schließlich ist auch nicht anzunehmen, dass der Kläger als Angehöriger der Minderheit der Hazara keine Chance hätte, sich als Tagelöhner oder als Gelegenheitsarbeiter zu verdingen (so BayVGH, U. v. 12.2.2015 - 13a B 14.30309 - Rn. 24). Der mit den Gegebenheiten in seinem Heimatland bis zu seiner Ausreise Ende 2012 wohl vertraute Kläger ist handwerklich begabt und hat seit Kindesbeinen an in einer Werkstatt an der Reparatur von Autos mitgearbeitet. Eine solche Fertigkeit ist auf dem Arbeitsmarkt auch in Kabul mit hoher Wahrscheinlichkeit nachgefragt. Zudem hat sich der Kläger etwa viereinhalb Jahre von ... 2008 bis ... 2012 in Griechenland als Tagelöhner bzw. Erntehelfer verdingt, damit seinen Lebensunterhalt verdient und zusätzlich die 7.200,00 EUR für seinen Schleuser erarbeitet (Niederschrift S. 6). Schließlich hat der Kläger, wovon sich das Gericht in der mündlichen Verhandlung überzeugen konnte, mittlerweile durchaus praktisch einsetzbare Deutschkenntnisse erworben, so dass insgesamt mit vorgenannten Erfahrungen und Kenntnissen davon auszugehen ist, dass er auch (weiterhin) ohne familiären Rückhalt bei einer Rückkehr nach Afghanistan durch Erwerbstätigkeiten für seinen - bescheidenen - Unterhalt sorgen kann.
5.
Der Bescheid des Bundesamtes gibt auch hinsichtlich seiner Ziffer 5, wonach der Kläger unter Androhung der Abschiebung zur Ausreise aufgefordert worden ist, keinerlei Anlass zu Bedenken. Zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, auf den gemäß § 77 Abs. 1 AsylVfG abzustellen ist, sind Gründe, die dem Vollzug aufenthaltsbeendender Maßnahmen gegenüber dem Kläger entgegenstünden, nicht ersichtlich, denn er ist, wie oben ausgeführt, weder als Asylberechtigter und Flüchtling anzuerkennen, noch stehen ihm subsidiärer Schutz oder Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG zu; er besitzt auch keine asylunabhängige Aufenthaltsgenehmigung (§ 34 AsylVfG).
6.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83 b AsylVfG nicht erhoben. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung stützt sich auf § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
Tenor
I.
Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts München
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.
III.
Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Gründe
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Das Bundesamt erlässt nach den §§ 59 und 60 Absatz 10 des Aufenthaltsgesetzes eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn
- 1.
der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird, - 2.
dem Ausländer nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wird, - 2a.
dem Ausländer kein subsidiärer Schutz gewährt wird, - 3.
die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen oder die Abschiebung ungeachtet des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes ausnahmsweise zulässig ist und - 4.
der Ausländer keinen Aufenthaltstitel besitzt.
(2) Die Abschiebungsandrohung soll mit der Entscheidung über den Asylantrag verbunden werden. Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, sind die Entscheidungsformel der Abschiebungsandrohung und die Rechtsbehelfsbelehrung dem Ausländer in eine Sprache zu übersetzen, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann.
(1) Die Abschiebung ist unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Ausnahmsweise kann eine kürzere Frist gesetzt oder von einer Fristsetzung abgesehen werden, wenn dies im Einzelfall zur Wahrung überwiegender öffentlicher Belange zwingend erforderlich ist, insbesondere wenn
- 1.
der begründete Verdacht besteht, dass der Ausländer sich der Abschiebung entziehen will, oder - 2.
von dem Ausländer eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht.
- 1.
der Aufenthaltstitel nach § 51 Absatz 1 Nummer 3 bis 5 erloschen ist oder - 2.
der Ausländer bereits unter Wahrung der Erfordernisse des § 77 auf das Bestehen seiner Ausreisepflicht hingewiesen worden ist.
(2) In der Androhung soll der Staat bezeichnet werden, in den der Ausländer abgeschoben werden soll, und der Ausländer darauf hingewiesen werden, dass er auch in einen anderen Staat abgeschoben werden kann, in den er einreisen darf oder der zu seiner Übernahme verpflichtet ist. Gebietskörperschaften im Sinne der Anhänge I und II der Verordnung (EU) 2018/1806 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. November 2018 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind (ABl. L 303 vom 28.11.2018, S. 39), sind Staaten gleichgestellt.
(3) Dem Erlass der Androhung steht das Vorliegen von Abschiebungsverboten und Gründen für die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nicht entgegen. In der Androhung ist der Staat zu bezeichnen, in den der Ausländer nicht abgeschoben werden darf. Stellt das Verwaltungsgericht das Vorliegen eines Abschiebungsverbots fest, so bleibt die Rechtmäßigkeit der Androhung im Übrigen unberührt.
(4) Nach dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung bleiben für weitere Entscheidungen der Ausländerbehörde über die Abschiebung oder die Aussetzung der Abschiebung Umstände unberücksichtigt, die einer Abschiebung in den in der Abschiebungsandrohung bezeichneten Staat entgegenstehen und die vor dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung eingetreten sind; sonstige von dem Ausländer geltend gemachte Umstände, die der Abschiebung oder der Abschiebung in diesen Staat entgegenstehen, können unberücksichtigt bleiben. Die Vorschriften, nach denen der Ausländer die im Satz 1 bezeichneten Umstände gerichtlich im Wege der Klage oder im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach der Verwaltungsgerichtsordnung geltend machen kann, bleiben unberührt.
(5) In den Fällen des § 58 Abs. 3 Nr. 1 bedarf es keiner Fristsetzung; der Ausländer wird aus der Haft oder dem öffentlichen Gewahrsam abgeschoben. Die Abschiebung soll mindestens eine Woche vorher angekündigt werden.
(6) Über die Fristgewährung nach Absatz 1 wird dem Ausländer eine Bescheinigung ausgestellt.
(7) Liegen der Ausländerbehörde konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass der Ausländer Opfer einer in § 25 Absatz 4a Satz 1 oder in § 25 Absatz 4b Satz 1 genannten Straftat wurde, setzt sie abweichend von Absatz 1 Satz 1 eine Ausreisefrist, die so zu bemessen ist, dass er eine Entscheidung über seine Aussagebereitschaft nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 3 oder nach § 25 Absatz 4b Satz 2 Nummer 2 treffen kann. Die Ausreisefrist beträgt mindestens drei Monate. Die Ausländerbehörde kann von der Festsetzung einer Ausreisefrist nach Satz 1 absehen, diese aufheben oder verkürzen, wenn
- 1.
der Aufenthalt des Ausländers die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder - 2.
der Ausländer freiwillig nach der Unterrichtung nach Satz 4 wieder Verbindung zu den Personen nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 2 aufgenommen hat.
(8) Ausländer, die ohne die nach § 4a Absatz 5 erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit beschäftigt waren, sind vor der Abschiebung über die Rechte nach Artikel 6 Absatz 2 und Artikel 13 der Richtlinie 2009/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 über Mindeststandards für Sanktionen und Maßnahmen gegen Arbeitgeber, die Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßigen Aufenthalt beschäftigen (ABl. L 168 vom 30.6.2009, S. 24), zu unterrichten.
(1) In den sonstigen Fällen, in denen das Bundesamt den Ausländer nicht als Asylberechtigten anerkennt, beträgt die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist 30 Tage. Im Falle der Klageerhebung endet die Ausreisefrist 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens.
(2) Im Falle der Rücknahme des Asylantrags vor der Entscheidung des Bundesamtes oder der Einstellung des Verfahrens beträgt die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist eine Woche.
(3) Im Falle der Rücknahme des Asylantrags oder der Klage oder des Verzichts auf die Durchführung des Asylverfahrens nach § 14a Absatz 3 kann dem Ausländer eine Ausreisefrist bis zu drei Monaten eingeräumt werden, wenn er sich zur freiwilligen Ausreise bereit erklärt.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.