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Der Antragsteller wendet sich gegen die Auszahlung ihm bewilligter Leistungen der Grundsicherung an seine Vermieterin sowie gegen die Kürzung von Wohngeld.
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Der Antragsteller bestreitet seinen Lebensunterhalt mit einer Rente wegen Erwerbsminderung in Höhe von 332,92 EUR sowie mit von der Antragsgegnerin gewährten ergänzenden Leistungen der Grundsicherung und Wohngeld.
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Mit Bescheid vom 16.07.2003 bewilligte die Antragsgegnerin dem Antragsteller ab dem 01.08.2003 bis zum 31.12.2004 Wohngeld in Höhe von 162 EUR monatlich. Diesen Bescheid hob die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 26.03.2004 für die Zeit ab dem 01.02.2004 auf und bewilligte dem Antragsgegner ab dem 01.02.2004 bis zum 31.12.2004 Wohngeld in Höhe von 142 EUR monatlich.
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Der Antragsteller legte gegen den Bescheid vom 26.03.2004 am 06.04.2004 Widerspruch ein. Die Antragsgegnerin teilte dem Antragsteller darauf mit Schreiben vom 26.03.2004 mit, dass ein günstigerer Bescheid nicht habe erlassen werden können und um Mitteilung gebeten werde, falls der Widerspruch aufrechterhalten werde.
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Mit Bescheid vom 23.03.2004 bewilligte die Antragsgegnerin dem Antragsteller ab dem 01.04.2004 Grundsicherungsleistungen in Höhe von 403,63 EUR monatlich. Davon überwies die Antragsgegnerin nur 38,77 EUR auf das Konto des Antragstellers. Die restlichen 364,86 EUR überwies sie zur Begleichung der Miete des Antragstellers an dessen Vermieterin. Sie will auch in Zukunft so verfahren. Sie entschied sich hierfür, um die Unterkunft des Antragstellers zu sichern und eine zweckfremde Verwendung der Grundsicherungsleistungen zu verhindern. Bereits im Oktober 2003 war der Antragsteller vom Amtsgericht Heidelberg zur Zahlung von 578,59 EUR nebst Zinsen an seine Vermieterin verurteilt worden, weil das Gericht die von ihm behaupteten Gründe für eine Mietminderung nicht feststellen konnte. Ferner zahlte er auch im Jahr 2004 anstatt des vereinbarten Mietzinses von 364,86 EUR bislang nur Miete in Höhe von monatlich 47,66 EUR. Inzwischen sind bei der Vermieterin des Antragstellers Rückstände des Antragstellers in vierstelliger Höhe entstanden.
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Mit Schreiben an die Grundsicherungsstelle der Antragsgegnerin vom 02.04.2004, eingegangen am 05.04.2004, teilte der Antragsteller mit, dass die Antragsgegnerin aus „nicht nachvollziehbaren Gründen meine Bezüge unter ein erträgliches Maß gekürzt hat“. Die Antragstellerin teilte daraufhin dem Antragsteller formlos mit Schreiben vom 05.04.2004 mit, dass die Auszahlung weiterer Grundsicherungsleistungen aus den ihm mitgeteilten Gründen nicht möglich sei.
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Am 20.04.2004 hat der Antragsteller beim Verwaltungsgericht Karlsruhe die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes beantragt. Er begehrt die „Auszahlung der korrekten Grundsicherung“. Er trägt vor, die Grundsicherungsleistungen seien für den Monat April um über 130 EUR gekürzt worden, das Wohngeld um 20 EUR. Ihm gegenüber sei kein Bescheid ergangen, er sei hierüber auch nicht aufgeklärt worden.
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Die Antragsgegnerin beantragt,
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Sie trägt vor, der Grundsicherungsanspruch des Antragstellers sei nicht gekürzt worden. Geändert worden sei lediglich der Auszahlungsmodus. Der Teil, der vom Antragsteller für Mietzahlungen aufzuwenden sei, werde direkt an die Vermieterin ausbezahlt. Um Zwangsmaßnahmen der Vermieterin zu vermeiden, die dadurch entstünden, dass der Antragsteller wie bereits in der Vergangenheit weiterhin ungerechtfertigt seine Miete mindere, habe sie sich zu diesem Vorgehen entschlossen. Auf Grund der Erkrankung des Antragstellers, der bis zum 23.11.2003 von verschiedenen Betreuern vertreten worden sei, was auf Grund fehlender Kooperation des Antragstellers nunmehr nicht mehr der Fall sei, sei davon auszugehen, dass er weiterhin ungerechtfertigte Mietminderungen vornehmen werde.
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Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Akten der Grundsicherungsstelle und des Amts für Soziale Angelegenheiten und Altenarbeit - Wohngeldstelle - der Antragsgegnerin sowie die Gerichtsakte im vorliegenden Verfahren verwiesen.
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Die Kammer versteht das Begehren des Antragstellers bei sachdienlicher Auslegung (vgl. §§ 88, 122 Abs. 1 VwGO), dahin, dass der Antragsteller zum einen beantragt, die Antragsgegnerin durch Erlass einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ab April 2004 die mit Bescheid vom 23.03.2004 bewilligten Grundsicherungsleistungen in voller Höhe an ihn auszubezahlen. Zum anderen soll die Antragsgegnerin durch Erlass einer einstweiligen Anordnung verpflichtet werden, dem Antragsteller ab April 2004 weiterhin das mit Bescheid vom 16.07.2003 bis zum 31.12.2004 bewilligte Wohngeld in Höhe von monatlich 162 EUR zu gewähren abzüglich bereits geleisteter Zahlungen in Höhe von monatlich 142 EUR.
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Gem. § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis erlassen, wenn diese Regelung, um wesentliche Nachteile abzuwenden, drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Der Antragsteller muss sowohl das Vorliegen eines Anordnungsgrundes als auch eines Anordnungsanspruchs glaubhaft machen (§ 123 Abs. 1 Satz 2 u. Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO). Ein Anordnungsgrund besteht in Sozialhilfesachen grundsätzlich, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass er sich in einer gegenwärtigen existenzgefährdenden Notlage befindet, was insbesondere der Fall ist, wenn die Gewährung des sozialhilferechtlichen Regelsatzes begehrt wird, weil die Regelsätze ohnehin auf das Notwendige begrenzt sind und nur einen Lebensstandard an der untersten Grenze des Normalbedarfs sichern. Der Anordnungsgrund entfällt jedoch, wenn die Notlage durch den zumutbaren Einsatz anderweitig zur Verfügung stehender Mittel abgewendet werden kann (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 03.11.1992 - 6 S 2356/92 -, VBlBW 1993, 306; Beschl. v. 24.08.1988 - 6 S 2270/88 -). Die Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs setzt die Darlegung von Tatsachen voraus, aus denen sich schlüssig ergibt, dass der in der Hauptsache verfolgte Anspruch mit überwiegender Wahrscheinlichkeit besteht. Dem Wesen und Zweck der einstweiligen Anordnung entsprechend, einen vorläufigen Zustand zu regeln, kann das Gericht allerdings auch dann grundsätzlich keine Anordnungen treffen, die den Antragsteller so stellen, wie er stünde, wenn er in der Hauptsache obsiegen würde. Etwas anderes gilt ausnahmsweise nur, wenn eine hohe Wahrscheinlichkeit für den Erfolg der Klage in der Hauptsache besteht und deren Vorwegnahme zur Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG schlechterdings notwendig ist, weil die sonst zu erwartenden Nachteile für den Antragsteller unzumutbar wären - Anordnungsgrund - (vgl. BVerfG, Beschl. v. 25.10.1988 - 2 BvR 745/88 -, NJW 1989, 827; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 03.11.1992 - 6 S 2356/92 -, VBlBW 1993, 306 <308>).
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Vorliegend hat der Antragsteller hinsichtlich der von ihm beantragten Auszahlungsmodalität der Grundsicherungsleistungen jedenfalls keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht (1.). Hinsichtlich des geltend gemachten Anspruchs auf ein um 20 EUR höheres Wohngeld als mit Bescheid vom 26.03.2004 bewilligt hat der Antragsteller hingegen sowohl einen Anordnungsgrund als auch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht (2.).
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1. Die Vorgehensweise der Antragsgegnerin, von den dem Antragsteller bewilligten Grundsicherungsleistungen 364,86 EUR an die Vermieterin des Antragstellers auszubezahlen, ist rechtlich nicht zu beanstanden.
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Das Grundsicherungsgesetz selbst enthält keine Vorschriften, wie Grundsicherungsleistungen auszuzahlen sind. Gem. §§ 47, 68 Nr. 18 SGB I sollen Geldleistungen kostenfrei auf ein Konto des Empfängers bei einem Geldinstitut überwiesen oder, wenn der Empfänger es verlangt, kostenfrei an seinen Wohnsitz übermittelt werden. Entsprechend sehen die Grundsicherungsrichtlinien des Landkreistages und des Städtetages Baden-Württemberg vom 10.07.2003/20.06.2003 in Nr. 6.08 vor, dass Leistungen der Grundsicherung grundsätzlich wie eine Rente voll an den Anspruchsberechtigten zu überweisen sind, nur auf Wunsch des Leistungsberechtigten oder mit dessen Einverständnis könnten sie z. B. an den Vermieter ausgezahlt werden. Sowohl § 47 SGB I („sollen) als auch die Grundsicherungsrichtlinien als Verwaltungsvorschriften sind jedoch auf die typischen Fälle des Grundsicherungsbezugs zugeschnitten. Hierzu gehört der Fall des Antragstellers nicht. In seinem - atypischen - Fall ist eine Ausnahme von der Regel, dass Grundsicherungsleistungen an den Anspruchsberechtigten auszuzahlen sind, dahingehend zu machen, dass diese ausnahmsweise an die Vermieterin des Antragstellers überwiesen werden können.
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Das Atypische im Fall des Antragstellers ergibt sich daraus, dass ihm Wohnungslosigkeit droht, wenn seine Miete nicht regelmäßig und in voller Höhe bezahlt wird. Bislang sind bereits Rückstände in vierstelliger Höhe entstanden. Das Amtsgericht Heidelberg hat in seinem Urteil vom 22.10.2003 festgestellt, dass die Mietminderungen des Antragstellers in der Vergangenheit ungerechtfertigt waren. Anhaltspunkte dafür, dass mittlerweile neue und nunmehr gerechtfertigte Mietminderungsgründe vorliegen, sind weder ersichtlich noch vom Antragsteller vorgetragen. Um zu verhindern, dass dem Antragsteller wegen Nichtzahlung der Miete gekündigt und er wohnungslos wird, ist die Abzweigung der Miete von den Grundsicherungsleistungen des Antragstellers das einzige geeignete Mittel zur Vermeidung seiner Wohnungslosigkeit.
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Diese Möglichkeit des Grundsicherungsträgers, die wirtschaftliche Dispositionsfreiheit des Sozialleistungsempfängers bei sonst drohender Wohnungslosigkeit einzuschränken, ergibt sich auch aus einem Vergleich zu sozialhilferechtlichen Vorschriften. Gem. § 4 Abs. 2 BSHG entscheidet der Sozialhilfeträger über Form und Maß der Sozialhilfe nach pflichtgemäßem Ermessen. Bei der Gestaltung der Hilfe muss der Sozialhilfeträger darauf bedacht sein, Zweckverfehlungen zu vermeiden, um zum einen dem Hilfesuchenden die Hilfe in möglichst optimaler Form zukommen zu lassen und um zum anderen einer erneuten Inanspruchnahme vorzubeugen; dies unterscheidet die Sozialhilfe von anderen Leistungsbereichen, wo die ordnungsgemäß erbrachte Auszahlung den Leistungsträger vor der Gefahr einer erneuten Zahlung schützt (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 16.04.2002 - 7 S 2670/01 -, DÖV 2002, 669). Diese Gefahr besteht zwar bei der Grundsicherung nicht gleichermaßen. Droht aber, weil die Mietzahlungen des Grundsicherungsempfängers nicht sichergestellt sind, dessen Wohnungslosigkeit, besteht die Möglichkeit, dass mit dem Sozialhilfeträger ein Sozialleistungsträger erneut in Anspruch genommen wird (vgl. § 15 a Abs. 1 BSHG). Dementsprechend muss es bereits der Grundsicherungsstelle möglich sein, die zweckentsprechende Verwendung der Grundsicherungsleistungen entsprechend § 4 Abs. 2 BSHG sicherzustellen, wenn ansonsten bei der nach den Umständen des Einzelfalls drohenden zweckfremden Verwendung der Grundsicherungsleistungen der Sozialhilfeträger einschreiten müsste.
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2. Soweit der Antragsteller die Auszahlung des Wohngelds in der Höhe begehrt, wie es ihm mit Bescheid vom 16.07.2003 bewilligt worden ist, hat er sowohl einen Anordnungsgrund (a)) als auch einen Anordnungsanspruch (b)) glaubhaft gemacht.
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a) Auf Grund seiner schlechten Einkommensverhältnisse erscheint es zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes schlechterdings notwendig, die Hauptsacheentscheidung vorwegzunehmen, weil die sonst zu erwartenden Nachteile für den Antragsteller unzumutbar wären.
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b) Der Antragsteller hat auch glaubhaft gemacht, dass er einen Anspruch auf Fortzahlung von Wohngeld in Höhe von 162 EUR hat. Dies ergibt sich aus der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs, den der Antragsteller gegen den Bescheid vom 26.03.2004, mit dem der Bewilligungsbescheid vom 14.07.2003 aufgehoben wurde, eingelegt hat. Da der Aufhebungsbescheid vom 26.03.2004 ein Verwaltungsakt ist, ist er erst vollziehbar, wenn er unanfechtbar geworden ist. Dies ist nicht der Fall, weil der Antragsteller hiergegen Widerspruch eingelegt hat, der gem. § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO aufschiebende Wirkung entfaltet. Der Antragsteller hat den Widerspruch auch nicht zurückgenommen. Das Schweigen des Antragstellers auf das Schreiben der Antragsgegnerin vom 26.03.2004 ist keine Willenserklärung; auch bedarf die Rücknahme des Widerspruchs ebenso wie dessen Einlegung der Schriftform bzw. der Erklärung zur Niederschrift der Behörde (vgl. § 70 Abs. 1 VwGO). Hieran fehlt es. Schließlich hat die Antragsgegnerin auch nicht die sofortige Vollziehung gem. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO angeordnet.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Da die Antragsgegnerin nur zu einem geringen Teil unterlegen ist, entspricht es der Billigkeit, die Kosten ganz dem Antragsteller aufzuerlegen. Im Verfahren wegen Grundsicherung werden Gerichtskosten gem. § 188 Satz 2 VwGO nicht erhoben (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 04.04.2003 - 12 B 10469/03 -, FEVS 54, 544; OVG Hamburg, Beschl. v. 09.05.2003 -; a. A. Bayrischer VGH, Beschl. v. 04.11.2003 - 12 ZB 03.2223 -; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 02.06.1004 - 7 S 2101/03 -). Verwaltungsgerichtliche Verfahren in Wohngeldsachen sind dagegen nicht gerichtskostenfrei (vgl. OVG Lüneburg, Beschl. v. 02.03.1982 - 14 B 39/81 -, juris). Die Streitwertfestsetzung in Höhe von 180 EUR (Wohngeld in Höhe von monatlich 20 EUR mehr für den Zeitraum April 2004 bis Dezember 2004 als dem Ende des Bewilligungszeitraums gemäß dem Bewilligungsbescheid vom 16.07.2003) beruht auf §§ 20 Abs. 3, 13 Abs. 1 Satz 1 GKG a. F. (in Anlehnung an Teil I, Nr. 7 Satz 1 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit - Fassung 1996 - NVwZ 1996, 563).
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