Verwaltungsgericht Hamburg Gerichtsbescheid, 15. März 2017 - 19 A 5885/16

published on 15/03/2017 00:00
Verwaltungsgericht Hamburg Gerichtsbescheid, 15. März 2017 - 19 A 5885/16
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Gericht

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Tenor

Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 27.09.2016 - soweit dieser entgegensteht - verpflichtet, der Klägerin die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen.

Gerichtskosten werden nicht erhoben. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens.

Der Gerichtsbescheid ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Gerichtsbescheids vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrages leistet.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die Feststellung der Flüchtlingseigenschaft durch die Beklagte.

2

Die am … 1996 geborene Klägerin ist nach den Feststellungen der Beklagten eritreische Staatsangehörige. Sie stellte am 30.05.2016 einen Asylantrag.

3

Mit Bescheid vom 27.09.2016, der Klägerin zugestellt am 10.10.2016, erkannte die Beklagte der Klägerin den subsidiären Schutzstatus zu und lehnte den Asylantrag im Übrigen ab. Die Ablehnung begründete sie im Wesentlichen damit, dass die Klägerin keine individuellen Verfolgungsgründe geltend gemacht habe.

4

Gegen den Bescheid hat die Klägerin am 18.10.2016 Klage beim Verwaltungsgericht Hamburg erhoben und beantragt sinngemäß,

5

die Beklagte unter teilweiser Aufhebung ihres Bescheides vom 27.09.2016 zu verpflichten, ihr die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen.

6

Die Beklagte beantragt,

7

die Klage abzuweisen.

8

Sie bezieht sich zur Begründung auf den angefochtenen Bescheid.

9

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Asylakte sowie der beigezogenen Ausländerakte Bezug genommen, die dem Gericht sämtlich zum Zeitpunkt der Entscheidung vorlagen.

Entscheidungsgründe

I.

10

Die Entscheidung ergeht im Einverständnis der Beteiligten durch die Berichterstatterin anstelle der Kammer, § 87a Abs. 2, 3 VwGO.

II.

11

Das Gericht entscheidet gemäß § 84 Abs. 1 VwGO durch Gerichtsbescheid, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten sachlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher gehört worden.

III.

12

Die zulässige Klage ist begründet.

13

1. Die Verpflichtungsklage ist zulässig. Sie ist insbesondere nicht verfristet. Der angefochtene Bescheid vom 27.09.2016 ist der Klägerin am 10.10.2016 zugegangen, so dass die am 18.10.2016 eingereichte Klage innerhalb der Klagefrist des § 74 Abs. 1 AsylG anhängig gemacht wurde.

14

2. Die Klage hat auch in der Sache Erfolg. Der Bescheid vom 27.09.2016 ist rechtswidrig, soweit er die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ablehnt und die Klägerin dadurch in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die Klägerin hat zum maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Gerichtsbescheids (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) einen Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft.

15

Die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft richtet sich nach § 3 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 AsylG. Gemäß § 3 Abs. 4 Satz 1 AsylG wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, grundsätzlich die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt. Nach § 3 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 18. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II, S. 559, 560), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftslandes) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will.

16

Das Gericht ist aufgrund der glaubhaften Angaben der Klägerin davon überzeugt, dass ihr mit der notwendigen Wahrscheinlichkeit eine Verfolgungshandlung im Sinne des § 3a AsylG durch einen relevanten Akteur im Sinne des § 3c AsylG (dazu a)) aufgrund eines Verfolgungsgrundes im Sinne des § 3b AsylG (dazu b)) droht. Die Klägerin kann sich der Verfolgung auch nicht durch eine "reuige" Rückkehr entziehen (dazu c)). Ausschlussgründe bestehen keine (dazu d)).

17

a) Es besteht nach Überzeugung der Berichterstatterin für die Klägerin, weil sie Eritrea im dienstpflichtigen Alter verlassen hat und/oder mit dem Eintritt der Dienstpflicht nicht nach Eritrea zurückgekehrt ist, eine beachtliche Wahrscheinlichkeit, bei einer Rückkehr nach Eritrea durch die dortigen staatlichen Stellen verfolgt zu werden (so auch VG Hamburg, GB v. 26.10.2016, 4 A 1646/16, juris; VG Schwerin, Urt. v. 8.7.2016, 15 A 190/15 As, juris; VG Frankfurt, GB v. 4.2.2015, 8 K 2300/14.F.A, juris).

18

An der eritreischen Staatsangehörigkeit der Klägerin, von der auch die Beklagte ausgeht, bestehen nach dem Inhalt der Anhörungsniederschrift und dem sonstigen Akteninhalt keine Zweifel.

19

Als Verfolgungshandlungen gelten gemäß § 3a AsylG solche Handlungen, die auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Art. 15 Abs. 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 (BGBl. 1952 II S. 685, 953) - Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) - keine Abweichung zulässig ist, darunter das Verbot der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung und das Verbot der Zwangsarbeit.

20

Für die Frage der Verfolgungswahrscheinlichkeit im Falle der Rückkehr bzw. Einreise in den Heimatstaat kann zu Gunsten der Beklagten von der Geltung des Maßstabs der beachtlichen Wahrscheinlichkeit ausgegangen werden. Dieser setzt voraus, dass bei einer zusammenfassenden Würdigung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen (BVerwG, Urt. v. 20.2.2013, 10 C 23/12, BVerwGE 146, 67, juris Rn. 32). Dabei ist eine "qualifizierende" Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung anzulegen. Es kommt darauf an, ob in Anbetracht dieser Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Betroffenen Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann (vgl. BVerwG, Urt. v. 1.6.2011, 10 C 25/10, BVerwGE 140, 22, 33, juris Rn. 24; Urt. v. 5.11.1991, 9 C 118/90, BVerwGE 89, 162, 169 f.).

21

Das Gericht geht - gemessen an diesem Maßstab - aufgrund der aktuellen Lage, die sich aus den nachfolgend genannten Erkenntnismitteln ergibt, davon aus, dass einem Rückkehrer, dem das Umgehen der nationalen Dienstpflicht vorgeworfen werden kann, die Gefahr von Verfolgungshandlungen im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 3a AsylG droht.

22

Die Klägerin hat zu erwarten, dass im Falle ihrer Rückkehr nach Eritrea die dortigen Behörden gegen sie aufgrund der Umgehung der nationalen Dienstpflicht außergerichtlich und willkürlich eine Haftstrafe unter prekären Haftbedingungen vollstrecken werden, welche eine unmenschliche und erniedrigende Behandlung i.S.d. Art. 3 EMRK darstellt.

23

Die Klägerin wird mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit als Deserteur bzw. Nationaldienstverweigerer behandelt werden. Für die Klägerin besteht die Pflicht zur Ableistung des Nationaldienstes (dazu (1)). Desertion und Dienstverweigerung werden mit unmenschlicher und erniedrigender Behandlung geahndet. Die Verfolgung als Deserteur bzw. Dienstverweigerer droht allen Personen, die Eritrea im dienstpflichtigen Alter verlassen haben oder nach Eintritt der Dienstpflicht unfreiwillig wieder einreisen (dazu (2)). Bei der drohenden Bestrafung handelt es sich nicht um einen Vorgang, der vom Anwendungsbereich des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge ausgeschlossen wäre (dazu (3)).

24

(1) Die 21-jährige Klägerin ist derzeit nach der eritreischen Praxis nationaldienstpflichtig.

25

Nach der eritreischen Proclamation on National Service von 1995 sind alle eritreischen Staatsangehörigen gleich welchen Geschlechts im Alter zwischen 18 und 50 Jahren verpflichtet, einen 18-monatigen Nationaldienst zu absolvieren. Dieser beinhaltet eine sechsmonatige militärische Ausbildung und einen sich an diese anschließenden zwölfmonatigen aktiven Dienst im Militär oder in (zivilen) Entwicklungsarbeiten. Die Dienstdauer kann im Fall eines Krieges oder einer allgemeinen Mobilmachung über diese Zeitdauer hinaus verlängert werden. In der Praxis und wegen der von der eritreischen Regierung proklamierten "no war no peace"-Situation im Verhältnis zu Äthiopien ist der Nationaldienst allerdings zeitlich unbefristet und dauert meist mehrere Jahre (durchschnittlich fünf bis zehn, häufig auch länger), wobei einerseits Frauen deutlich früher als Männer entlassen werden, andererseits eine Entlassung aus dem militärischen Teil des Nationaldienstes kaum vorkommt (Schweizer Staatssekretariat für Migration, Focus Eritrea. Update Nationaldienst und illegale Ausreise, 22.6.2016 (SEM 2016), S. 45 ff. m.w.N.; European Asylum Support Office, EASO-Bericht über Herkunftsländer-Informationen, Länderfokus Eritrea, Mai 2015 (EASO 2015), S. 40 m.w.N.; s.a. Human Rights Council, Report of the Commission of Inquiry on Human Rights in Eritrea, 9.5.2016, A/HRC/32/47 (HRC 2016), S. 7).

26

In der Praxis werden Eritreer im Alter von ca. 16 bis ca. 50 Jahren als dienstpflichtig behandelt, allerdings werden teilweise auch jüngere Eritreer rekrutiert. Maßgeblich ist dabei nicht das tatsächliche Alter, sondern häufig das Aussehen (EASO 2015, S. 37, 40 m.w.N.; Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH), Eritrea: Rekrutierung von Minderjährigen. Auskunft. 21.1.2015, S. 2 ff. m.w.N.).

27

Die Behörden teilen die Rekruten entweder für eine zivile oder für eine militärische Verwendung ein, ohne dass letztere darauf Einfluss hätten. Ein legales vorzeitiges Verlassen des Nationaldienstes ist nur in Ausnahmefällen möglich (SEM 2016, S. 50 m.w.N.). Nationaldienstleistende verdienen monatlich 500 Nakfa (entspricht ca. 22 USD), was zur Sicherung des Lebensunterhalts zu gering ist. Nach einer jüngst von der Regierung angekündigten Lohnreform sollen die Löhne der zivilen Komponente erheblich steigen; an Anhaltspunkten, dass dies bereits umgesetzt wurde, fehlt es aber (SEM 2016, S. 52 f. m.w.N.).

28

(2) Der Klägerin droht, weil sie Eritrea im dienstpflichtigen Alter verlassen hat und/oder sich ihrer Dienstpflicht durch ihren Aufenthalt in Deutschland aktiv entzieht, eine Haftstrafe von ungewisser Länge und unter den oben geschilderten unmenschlichen und erniedrigenden Bedingungen.

29

Deserteuren bzw. Dienstverweigerern, die das Land verlassen haben, drohen Haftstrafen, welche außergerichtlich - häufig von den Militärvorgesetzten - verhängt werden und deren Dauer willkürlich festgesetzt wird (Bericht des Auswärtigen Amts über die asyl- und abschieberelevante Lage in Eritrea, Stand: November 2016, verfügbar über die Asyldokumentation des Gerichts (AA 11/2016), S. 16 f.). Die Haftdauer beträgt in der Regel zwischen sechs Monaten und zwei Jahren (vgl. SEM 2016, S. 28 m.w.N.; Amnesty International, Eritrea: Just Deserters: Why Indefinite National Service in Eritrea Has Created a Generation of Refugees, 2.12.2015, S. 9, 44; Refugee Board of Canada, Eritrea: Situation of People Returning to the Country After They Either Spent Time Abroad, Claimed Refugee Status, or Were Seeking Asylum (September 2014-June 2015), 18.11.2015).

30

In den Haftanstalten kommt es zu Folter, die Haft erfolgt teilweise ohne Kontakt zur Außenwelt und ohne Benachrichtigung der Angehörigen ("incommunicado", vgl. EASO 2015, S. 42 u. 47 m.w.N.; AA 11/2016, S. 15, 17).

31

Bei der Haft in Eritrea handelt es sich um eine unmenschliche und erniedrigende Behandlung (mit diesem Ergebnis auch HRC 2016, S. 8). Die Haftbedingungen sind prekär; im Bericht des European Asylum Support Office (EASO 2015, S. 46 f.) heißt es dazu unter sorgfältiger Analyse des Quellenmaterials:

32

- "Einige Haftanstalten sind unterirdisch oder befinden sich in Schiffscontainern. In diesen kann es aufgrund des Klimas in Eritrea extrem heiß werden.
- Die Zellen sind oft derart überfüllt, dass sich die Häftlinge nur abwechselnd oder gar nicht hinlegen können.
- Die hygienischen Bedingungen sind schlecht. In manchen Gefängnissen gibt es anstelle einer Toilette nur ein Loch im Boden oder einen Kübel. Hofgang wird oft nicht erlaubt. Es gibt kaum medizinische Versorgung.
- Die Essensrationen sind klein und wenig nahrhaft, der Zugang zu Trinkwasser eingeschränkt.
- Teils werden die Häftlinge misshandelt oder gefoltert (…) und zu Zwangsarbeit eingesetzt.
- Angehörige haben häufig keinen Zugang zu den Häftlingen.
- Frauen werden üblicherweise getrennt von Männern untergebracht. Dennoch gibt es Berichte über sexuellen Missbrauch und Vergewaltigung z.B. durch Wächter.
- Aufgrund dieser schwierigen Umstände kommt es Berichten zufolge immer wieder zu Todesfällen in Haft."

33

Das Gericht geht aufgrund der Berichtslage davon aus, dass die dargestellte Verfolgung als Deserteur bzw. Dienstverweigerer nicht nur Personen betrifft, die sich aus dem aktiven Dienst entfernt haben oder zu einer erfolgten Einberufung nicht erschienen sind, sondern dass als Dienstverweigerer auch solche Personen bestraft werden, die Eritrea im oder kurz vor dem - nach dem Aussehen der Person bestimmten - dienstpflichtigen Alter verlassen haben (so auch VG Saarland, Urt. v. 17.1.2017, 3 K 2357/16, juris mit Verweis auf VG Saarland, Urt. v. 22.1.2015, 3 K 403/14, juris.) oder sich ihrer Dienstpflicht durch einen Aufenthalt im Ausland dauerhaft entziehen (a.A. VG Hamburg, Urteil v. 6.12.2016, 4 A 5515/16).

34

Zwar sind Fälle, in denen tatsächlich eine Rückführung von Eritreern stattgefunden hat, selten, und gestatten die eritreischen Behörden Menschenrechtsbeobachtern keinen Zugang, sodass die Quellenlage eingeschränkt ist (vgl. SEM 2016, S. 5 f.). Die vorliegenden Berichte belegen aber, dass mit Personen, die das Land trotz ihrer grundsätzlich bestehenden Dienstpflicht verlassen haben, wie mit Deserteuren umgegangen wird (so im Ergebnis auch SEM 2016, S. 5 f. sowie UK Upper Tribunal (Immigration and Asylum Chamber), Urt. v. 7.10.2016, MST and Others, CG [2016] (IAC), Rn. 431).

35

Die Commission of Inquiry on Human Rights in Eritrea (HRC 2016, S. 25) berichtet von 313 Eritreern, die 2016 zwangsweise aus dem Sudan rückgeführt wurden. Alle Betroffenen wurden inhaftiert, auch jene, die vor ihrer Ausreise noch nicht zum Nationaldienst herangezogen worden waren. Auch das European Asylum Support Office weist unter Bezugnahme auf die eritreischen Gesetze darauf hin, dass alle Personen, welche sich im dienstpflichtigen Alter außerhalb Eritreas aufhalten, ohne ihre Dienstpflicht erfüllt zu haben, als Wehrdienstverweigerer angesehen werden (EASO, Country of Origin Report Eri-trea, November 2016 (EASO 2016), S. 29). Dem dürfte auch die eritreische Praxis entsprechen. Die - gesetzlich nicht vorgesehene - Reueerklärung (vgl. dazu nachstehend c)) sieht als strafbares Verhalten an, "den Nationaldienst nicht erfüllt" zu haben ("I regret having committed an offence by not completing the national service"). Das Staatssekretariat für Migration der Schweiz (SEM 2016, S. 44) kommt vor diesem Hintergrund zu folgendem Schluss: "Personen im dienstpflichtigen Alter, welche den Dienst noch nicht angetreten haben oder dem Aufgebot keine Folge geleistet haben, sehen die Behörden als Dienstverweigerer an. Sie werden wohl für einige Monate inhaftiert und anschließend militärisch ausgebildet." Dies entspricht ersichtlich auch dem Kenntnisstand des Auswärtigen Amtes, das davon ausgeht, dass eritreische Behörden "das Umgehen der nationalen Dienstpflicht" als Delikt ansehen, das zur Verhängung von Haftstrafen führen kann (AA 11/2016, S. 17).

36

(3) Bei der drohenden Bestrafung handelt es sich nicht um einen Vorgang, der vom Anwendungsbereich des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge gemäß § 3a Abs. 2 Nr. 5 AsylG ausgeschlossen ist (in diese Richtung aber VG Ansbach, Urt. v. 26.9.2016, AN 3 K 16.30584, juris; VG Augsburg, Urt. v. 11.8.2016, Au 1 K 16.30744, juris; VG Potsdam, Urt. v. 17.2.2016, VG 6 K 1995/15.A, juris Rn. 17; VG München, Urt. v. 31.5.2016, M 12 K 16.30787, juris Rn. 26). Diese Bestimmung sieht vor, dass die Bestrafung für die Verweigerung des Militärdienstes dann eine Verfolgungshandlung darstellt, wenn diese in einem Konflikt erfolgt und der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des § 3 Abs. 2 AsylG fallen. Daraus kann aber nicht der Umkehrschluss gezogen werden, dass die Bestrafung, die dienstpflichtige Eritreer zu erwarten haben, wegen ihrer Anknüpfung an einen Militärdienst keinen Flüchtlingsschutz rechtfertigen kann.

37

Denn die Prüfung der Flüchtlingseigenschaft darf im Zusammenhang mit Militärdienst nicht ausschließlich anhand des Regelbeispiels des § 3a Abs. 2 Nr. 5 AsylG erfolgen. Vielmehr ist diese auch unter Berücksichtigung der anderen Regelbeispiele durchzuführen, insbesondere ist zu prüfen, ob die drohende Bestrafung unverhältnismäßig oder diskriminierend ist. Ob dies der Fall ist, ist danach zu beurteilen, welche Rechte verletzt werden und auf welche Art und Weise dies geschieht. Der Zweck des Regelbeispiels ist folglich nicht ein Ausschluss von Fällen, die nicht die Voraussetzungen des § 3a Abs. 2 Nr. 5 AsylG erfüllen. Das Regelbeispiel indiziert lediglich, dass im Falle der Bestrafung für Verweigerung eines Militärdienstes, der die dort genannten Voraussetzungen erfüllt, von einer Verfolgungshandlung auszugehen ist, ohne eine Aussage über andere Fälle von Verfolgung im Zusammenhang mit Militärdienstverweigerung zu treffen (s. zum Ganzen Marx, AsylVfG, 8. Auflage 2014, § 3a Rn. 35-37 m.w.N.).

38

Vorliegend ist folglich zu berücksichtigen, dass die Bestrafung für die Flucht vor dem Nationaldienst weit über das Maß des Angemessenen hinausgeht und ihrerseits eine unmenschliche und erniedrigende Behandlung darstellt (s.o., b)) und dass gemäß § 3a Abs. 2 Nr. 3 AsylG unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung als Verfolgung i.S.d. § 3 AsylG anzusehen ist. Hinzu kommt, dass es sich bei dem eritreischen Nationaldienst nicht um einen gewöhnlichen Militärdienst und damit nicht um einen solchen im Sinne des § 3a Abs. 2 Nr. 5 AsylG handelt, sondern um einen zeitlich unbefristeten Arbeitsdienst unter menschenrechtswidrigen Bedingungen (s.a. oben, a)), welcher als Zwangsarbeit zu qualifizieren ist. Die Commission of Inquiry on Human Rights in Eritrea führt dazu zutreffend aus, dass obligatorischer Militär- bzw. Nationaldienst zwar nicht zwangsläufig eine Menschenrechtsverletzung sei, sich der eritreische Nationaldienst jedoch von dem Militärdienst anderer Staaten durch die unbegrenzte und willkürliche Dauer, die die gesetzlich vorgesehene Dauer von 18 Monaten regelmäßig um mehr als ein Jahrzehnt überschreite, durch die Heranziehung der Dienstpflichtigen in Form von Zwangsarbeit für ein weites Spektrum an wirtschaftlichen Tätigkeiten und durch die Begehung von Vergewaltigung und Folter in den Militärlagern sowie das Vorhandensein weiterer häufig unmenschlicher Bedingungen unterscheide (HRC 2016, S. 8).

39

b) Diese Verfolgungshandlung erfolgt nach den Erkenntnissen des Gerichts aus Gründen der politischen Überzeugung. Dabei ist es gemäß § 3b Abs. 2 AsylG unerheblich, ob der Asylsuchende tatsächlich die politischen Merkmale aufweist, die zur Verfolgung führen, sofern ihm diese Merkmale von seinem Verfolger zugeschrieben werden.

40

Personen, die Eritrea im dienstpflichtigen Alter verlassen haben und/oder sich im dienstpflichtigen Alter im Ausland aufhalten, ohne den Nationaldienst bereits abgeleistet zu haben, droht Verfolgung deswegen, weil sie mit der Dienstverweigerung bzw. Desertion eine Straftat begangen haben, die eine Haft unter den oben ausgeführten unmenschlichen Bedingungen zur Folge hat. Dass es sich dabei um eine Verfolgung aufgrund der politischen Überzeugung handelt, ergibt sich für das Gericht aus dem ideologischen Stellenwert, den der Nationaldienst als "Schule der Nation" (vgl. EASO 2016, S. 13) im eritreischen Staat einnimmt. Zweck das Nationaldienstes ist gemäß der Nationaldienst-Proklamation von 1995 u.a. "den Mut, die Entschlossenheit und das Heldentum, das unser Volk in den letzten dreißig Jahren gezeigt hat, zu erhalten und den künftigen Generationen weiterzugeben; eine Generation zu schaffen, die Arbeit und Disziplin liebt und am Wiederaufbau der Nation teilnehmen und dienen will; das Gefühl der nationalen Einheit in unserem Volk zu stärken um subnationale Gefühle zu eliminieren" (vgl. den Text der Proklamation bei EASO 2015, S. 32). Wer sich dem Nationaldienst entzieht, wird folglich als politischer Gegner des Regimes betrachtet (SEM 2016, S. 21; HRC 2016, S. 13 ("Verrat"); VG Saarland, Urt. v. 17.1.2017, 3 K 2357/16, juris; VG Darmstadt, Urt. v. 6.10.2015, 4 K 1658/14.DA.A, juris, Rn. 28; VG Minden, Urt. v. 13.11.2014, 10 K 2815/13.A, juris, Rn. 43-45; ebenso das österreichische Bundesverwaltungsgericht, Entsch. v. 24.5.2016, BVwG W226 2120345-1, abrufbar unter rdb.manz.at; UK Upper Tribunal, Urt. v. 7.10.2016, a.a.O., Rn. 431; in diese Richtung auch VG Frankfurt, GB v. 4.2.2015, 8 K 2300/14.F.A, juris, UA S. 4; a.A. VG Ansbach, Urt. v. 26.9.2016, AN 3 K 16.30584, juris.; VG Augsburg, Urt. v. 11.8.2016, Au 1 K 16.30744, juris; VG Braunschweig, Urt. v. 7.7.2015, 7 A 368/14, juris). Dafür spricht auch die Härte, mit der der eritreische Staat - ggf. auch noch Jahre nach den Vergehen - gegen Deserteure und Dienstverweigerer vorgeht, sowie die Tatsache, dass für Desertion regelmäßig auch Verwandte der Betroffenen zur Rechenschaft gezogen werden (vgl. EASO 2015, S. 41 und den vom VG Darmstadt, a.a.O., juris, Rn. 28, entschiedenen Sachverhalt).

41

c) Die Klägerin kann sich der Verfolgung auch nicht durch eine "reuige" Rückkehr entziehen.

42

Zwar soll es nach Auskunft der eritreischen Behörden möglich sein, freiwillig straffrei nach Eritrea zurückzukehren, wenn der Status des Rückkehrers vorher mit den eritreischen Behörden geregelt wird. Dies bedeutet, dass der Rückkehrer eine Diaspora- oder Aufbausteuer von 2% des Jahreseinkommens bezahlt und ein Reueschreiben mit folgendem Wortlaut unterzeichnet: "Ich bestätige, dass ich eine Straftat begangen habe, indem ich den Nationaldienst nicht erfüllt habe, und bin bereit, angemessene Bestrafung zur gegebenen Zeit anzunehmen" (SEM 2016, S. 33). Gegen einen wirksamen Schutz vor Verfolgung spricht bereits der Wortlaut des Reueschreibens, der eine Bestrafung in Aussicht stellt. Zwar scheint die Praxis der Straffreiheit im Hinblick auf im Exil lebende Eritreer, die Eritrea für vorübergehende Reisen aufsuchen, derzeit angewandt zu werden (SEM 2016, S. 43). Jedoch scheint es keine rechtliche Grundlage für diese Praxis zu geben (vgl. SEM 2016, S. 29). Vor dem Hintergrund einer sich auch in der Vergangenheit immer wieder ändernden Praxis der eritreischen Behörden bestehen durchgreifende Zweifel daran, dass die Zahlung der Diasporasteuer und die Unterzeichnung des Reueschreibens mit hinreichender Sicherheit vor Bestrafung schützen (so auch UK Upper Tribunal, Urt. v. 7.10.2016, Rn. 431; Immigration and Refugee Board of Canada, a.a.O.; SEM 2016, S. 43; SFH, Schnellrecherche der SFH-Länderanalyse v. 15.8.2016 zu Eritrea: Rückkehr), zumal nicht davon auszugehen ist, dass Asylsuchende in Deutschland rechtzeitig vor ihrer zwangsweisen Rückkehr ihren Status regeln können.

43

d) Gründe, die zum Ausschluss der Flüchtlingseigenschaft führen (vgl. § 3 Abs. 2 bis 4 AsylG), sind nicht ersichtlich.

44

Akteure, die Schutz bieten könnten (§ 3d AsylG), sind nicht gegeben; eine inländische Fluchtalternative (§ 3e AsylG) besteht ebenfalls nicht.

IV.

45

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83 b AsylG, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711, 709 Satz 2 ZPO.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl
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published on 26/09/2016 00:00

Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Tatbestand Der nach eigenen Angaben im Jahr ... geborene Kläger ist eritreischer
published on 11/08/2016 00:00

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Tatbestand Der Kläger begehrt mit seiner Klage die Flüchtlingsanerkennung. Der nicht durch amtliche Dok
published on 31/05/2016 00:00

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder
published on 26/10/2016 00:00

Tenor Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 16. Dezember 2015 – soweit dieser entgegensteht – verpflichtet, der Klägerin die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Die Beklagte trägt die auß
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Annotations

(1) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht,

1.
über die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens;
2.
bei Zurücknahme der Klage, Verzicht auf den geltend gemachten Anspruch oder Anerkenntnis des Anspruchs, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
3.
bei Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
4.
über den Streitwert;
5.
über Kosten;
6.
über die Beiladung.

(2) Im Einverständnis der Beteiligten kann der Vorsitzende auch sonst anstelle der Kammer oder des Senats entscheiden.

(3) Ist ein Berichterstatter bestellt, so entscheidet dieser anstelle des Vorsitzenden.

(1) Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Die Vorschriften über Urteile gelten entsprechend.

(2) Die Beteiligten können innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids,

1.
Berufung einlegen, wenn sie zugelassen worden ist (§ 124a),
2.
Zulassung der Berufung oder mündliche Verhandlung beantragen; wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt,
3.
Revision einlegen, wenn sie zugelassen worden ist,
4.
Nichtzulassungsbeschwerde einlegen oder mündliche Verhandlung beantragen, wenn die Revision nicht zugelassen worden ist; wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt,
5.
mündliche Verhandlung beantragen, wenn ein Rechtsmittel nicht gegeben ist.

(3) Der Gerichtsbescheid wirkt als Urteil; wird rechtzeitig mündliche Verhandlung beantragt, gilt er als nicht ergangen.

(4) Wird mündliche Verhandlung beantragt, kann das Gericht in dem Urteil von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Gerichtsbescheides folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) Als Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 gelten Handlungen, die

1.
auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Artikel 15 Absatz 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist, oder
2.
in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist.

(2) Als Verfolgung im Sinne des Absatzes 1 können unter anderem die folgenden Handlungen gelten:

1.
die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt,
2.
gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden,
3.
unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung,
4.
Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung,
5.
Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des § 3 Absatz 2 fallen,
6.
Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.

(3) Zwischen den in § 3 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit den in § 3b genannten Verfolgungsgründen und den in den Absätzen 1 und 2 als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen muss eine Verknüpfung bestehen.

Die Verfolgung kann ausgehen von

1.
dem Staat,
2.
Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder
3.
nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.

(1) Bei der Prüfung der Verfolgungsgründe nach § 3 Absatz 1 Nummer 1 ist Folgendes zu berücksichtigen:

1.
der Begriff der Rasse umfasst insbesondere die Aspekte Hautfarbe, Herkunft und Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe;
2.
der Begriff der Religion umfasst insbesondere theistische, nichttheistische und atheistische Glaubensüberzeugungen, die Teilnahme oder Nichtteilnahme an religiösen Riten im privaten oder öffentlichen Bereich, allein oder in Gemeinschaft mit anderen, sonstige religiöse Betätigungen oder Meinungsäußerungen und Verhaltensweisen Einzelner oder einer Gemeinschaft, die sich auf eine religiöse Überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind;
3.
der Begriff der Nationalität beschränkt sich nicht auf die Staatsangehörigkeit oder das Fehlen einer solchen, sondern bezeichnet insbesondere auch die Zugehörigkeit zu einer Gruppe, die durch ihre kulturelle, ethnische oder sprachliche Identität, gemeinsame geografische oder politische Herkunft oder ihre Verwandtschaft mit der Bevölkerung eines anderen Staates bestimmt wird;
4.
eine Gruppe gilt insbesondere als eine bestimmte soziale Gruppe, wenn
a)
die Mitglieder dieser Gruppe angeborene Merkmale oder einen gemeinsamen Hintergrund, der nicht verändert werden kann, gemein haben oder Merkmale oder eine Glaubensüberzeugung teilen, die so bedeutsam für die Identität oder das Gewissen sind, dass der Betreffende nicht gezwungen werden sollte, auf sie zu verzichten, und
b)
die Gruppe in dem betreffenden Land eine deutlich abgegrenzte Identität hat, da sie von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird;
als eine bestimmte soziale Gruppe kann auch eine Gruppe gelten, die sich auf das gemeinsame Merkmal der sexuellen Orientierung gründet; Handlungen, die nach deutschem Recht als strafbar gelten, fallen nicht darunter; eine Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe kann auch vorliegen, wenn sie allein an das Geschlecht oder die geschlechtliche Identität anknüpft;
5.
unter dem Begriff der politischen Überzeugung ist insbesondere zu verstehen, dass der Ausländer in einer Angelegenheit, die die in § 3c genannten potenziellen Verfolger sowie deren Politiken oder Verfahren betrifft, eine Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung vertritt, wobei es unerheblich ist, ob er auf Grund dieser Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung tätig geworden ist.

(2) Bei der Bewertung der Frage, ob die Furcht eines Ausländers vor Verfolgung begründet ist, ist es unerheblich, ob er tatsächlich die Merkmale der Rasse oder die religiösen, nationalen, sozialen oder politischen Merkmale aufweist, die zur Verfolgung führen, sofern ihm diese Merkmale von seinem Verfolger zugeschrieben werden.

(1) Als Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 gelten Handlungen, die

1.
auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Artikel 15 Absatz 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist, oder
2.
in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist.

(2) Als Verfolgung im Sinne des Absatzes 1 können unter anderem die folgenden Handlungen gelten:

1.
die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt,
2.
gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden,
3.
unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung,
4.
Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung,
5.
Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des § 3 Absatz 2 fallen,
6.
Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.

(3) Zwischen den in § 3 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit den in § 3b genannten Verfolgungsgründen und den in den Absätzen 1 und 2 als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen muss eine Verknüpfung bestehen.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) Als Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 gelten Handlungen, die

1.
auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Artikel 15 Absatz 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist, oder
2.
in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist.

(2) Als Verfolgung im Sinne des Absatzes 1 können unter anderem die folgenden Handlungen gelten:

1.
die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt,
2.
gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden,
3.
unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung,
4.
Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung,
5.
Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des § 3 Absatz 2 fallen,
6.
Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.

(3) Zwischen den in § 3 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit den in § 3b genannten Verfolgungsgründen und den in den Absätzen 1 und 2 als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen muss eine Verknüpfung bestehen.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) Als Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 gelten Handlungen, die

1.
auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Artikel 15 Absatz 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist, oder
2.
in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist.

(2) Als Verfolgung im Sinne des Absatzes 1 können unter anderem die folgenden Handlungen gelten:

1.
die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt,
2.
gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden,
3.
unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung,
4.
Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung,
5.
Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des § 3 Absatz 2 fallen,
6.
Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.

(3) Zwischen den in § 3 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit den in § 3b genannten Verfolgungsgründen und den in den Absätzen 1 und 2 als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen muss eine Verknüpfung bestehen.

(1) Bei der Prüfung der Verfolgungsgründe nach § 3 Absatz 1 Nummer 1 ist Folgendes zu berücksichtigen:

1.
der Begriff der Rasse umfasst insbesondere die Aspekte Hautfarbe, Herkunft und Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe;
2.
der Begriff der Religion umfasst insbesondere theistische, nichttheistische und atheistische Glaubensüberzeugungen, die Teilnahme oder Nichtteilnahme an religiösen Riten im privaten oder öffentlichen Bereich, allein oder in Gemeinschaft mit anderen, sonstige religiöse Betätigungen oder Meinungsäußerungen und Verhaltensweisen Einzelner oder einer Gemeinschaft, die sich auf eine religiöse Überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind;
3.
der Begriff der Nationalität beschränkt sich nicht auf die Staatsangehörigkeit oder das Fehlen einer solchen, sondern bezeichnet insbesondere auch die Zugehörigkeit zu einer Gruppe, die durch ihre kulturelle, ethnische oder sprachliche Identität, gemeinsame geografische oder politische Herkunft oder ihre Verwandtschaft mit der Bevölkerung eines anderen Staates bestimmt wird;
4.
eine Gruppe gilt insbesondere als eine bestimmte soziale Gruppe, wenn
a)
die Mitglieder dieser Gruppe angeborene Merkmale oder einen gemeinsamen Hintergrund, der nicht verändert werden kann, gemein haben oder Merkmale oder eine Glaubensüberzeugung teilen, die so bedeutsam für die Identität oder das Gewissen sind, dass der Betreffende nicht gezwungen werden sollte, auf sie zu verzichten, und
b)
die Gruppe in dem betreffenden Land eine deutlich abgegrenzte Identität hat, da sie von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird;
als eine bestimmte soziale Gruppe kann auch eine Gruppe gelten, die sich auf das gemeinsame Merkmal der sexuellen Orientierung gründet; Handlungen, die nach deutschem Recht als strafbar gelten, fallen nicht darunter; eine Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe kann auch vorliegen, wenn sie allein an das Geschlecht oder die geschlechtliche Identität anknüpft;
5.
unter dem Begriff der politischen Überzeugung ist insbesondere zu verstehen, dass der Ausländer in einer Angelegenheit, die die in § 3c genannten potenziellen Verfolger sowie deren Politiken oder Verfahren betrifft, eine Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung vertritt, wobei es unerheblich ist, ob er auf Grund dieser Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung tätig geworden ist.

(2) Bei der Bewertung der Frage, ob die Furcht eines Ausländers vor Verfolgung begründet ist, ist es unerheblich, ob er tatsächlich die Merkmale der Rasse oder die religiösen, nationalen, sozialen oder politischen Merkmale aufweist, die zur Verfolgung führen, sofern ihm diese Merkmale von seinem Verfolger zugeschrieben werden.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) Schutz vor Verfolgung kann nur geboten werden

1.
vom Staat oder
2.
von Parteien oder Organisationen einschließlich internationaler Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen,
sofern sie willens und in der Lage sind, Schutz gemäß Absatz 2 zu bieten.

(2) Der Schutz vor Verfolgung muss wirksam und darf nicht nur vorübergehender Art sein. Generell ist ein solcher Schutz gewährleistet, wenn die in Absatz 1 genannten Akteure geeignete Schritte einleiten, um die Verfolgung zu verhindern, beispielsweise durch wirksame Rechtsvorschriften zur Ermittlung, Strafverfolgung und Ahndung von Handlungen, die eine Verfolgung darstellen, und wenn der Ausländer Zugang zu diesem Schutz hat.

(3) Bei der Beurteilung der Frage, ob eine internationale Organisation einen Staat oder einen wesentlichen Teil seines Staatsgebiets beherrscht und den in Absatz 2 genannten Schutz bietet, sind etwaige in einschlägigen Rechtsakten der Europäischen Union aufgestellte Leitlinien heranzuziehen.

(1) Dem Ausländer wird die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er

1.
in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d hat und
2.
sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt.

(2) Bei der Prüfung der Frage, ob ein Teil des Herkunftslandes die Voraussetzungen nach Absatz 1 erfüllt, sind die dortigen allgemeinen Gegebenheiten und die persönlichen Umstände des Ausländers gemäß Artikel 4 der Richtlinie 2011/95/EU zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag zu berücksichtigen. Zu diesem Zweck sind genaue und aktuelle Informationen aus relevanten Quellen, wie etwa Informationen des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge oder des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen, einzuholen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.