Verwaltungsgericht Halle Urteil, 20. Juli 2017 - 4 A 103/16
Tatbestand
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Der 1986 geborene Kläger ist nach eigenen Angaben somalischer Staatsangehöriger muslimischen Glaubens. Am 13. Dezember 2013 reiste er – ebenfalls nach seinen Angaben - auf dem Luftweg aus dem Jemen, wo er 9 Tage zuvor mit einem Boot angekommen sein will, in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 13. Januar 2014 einen Asylantrag.
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Bei der Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am 21. Mai 2015 trug der Kläger im Wesentlichen vor, er wisse nicht genau, welchen Clan er eigentlich zugehöre. Sein Großvater sei ein Findelkind gewesen, der vom Stamm der {A.} aufgenommen worden sei. Daher würde auch er als Nachfahre seines Großvaters keinem Clan zugehören. Er sei deswegen sein ganzes Leben diskriminiert worden. Er habe im Ort {B.} gelebt. Dieser liege etwa 30 km von {C.} entfernt in der Region {D.}. Im Jahr 2010 habe man ihn umbringen wollen, vor allem aber auch deshalb, weil er seit einem Unfall in seiner Kindheit eine kreuzförmige Narbe am Oberkörper habe. Ältere Männer hätten diese Narbe gesehen, ihn als Ungläubigen stigmatisiert und versucht, die Narbe mit einem kreisförmigen heißen Eisen wegzubrennen. Er sei gefesselt gewesen. Nachdem Schüsse gefallen und die Männer geflohen seien, habe ihn eine Frau gerettet. Nach diesem Vorfall habe er ständig Todesdrohungen erhalten. Auch der Clan {E.}, dem seine Ehefrau zugehöre, hätte ihn mit dem Leben bedroht und ihn unter Waffengewalt gezwungen, sich von seiner Ehefrau und den Kindern zu trennen. Dies sei im Januar 2013 gewesen. Sein Onkel habe dann seine Ausreise organisiert und finanziert. Vorher sei dies aufgrund der fehlenden finanziellen Mittel nicht möglich gewesen. Auch habe er seine Kinder nicht verlassen wollen. Erst als Mitglieder des Clans seiner Ehefrau auf ihn geschossen hätten, damit er sich von ihr trenne, sei ihm nichts anderes übrig geblieben, als zu fliehen.
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Nach einem Vermerk im Anhörungsprotokoll hat der Kläger eine kreuzförmige Narbe im Brustbereich der linken Seite, welche von einer kreisrunden Brandwunde umgeben ist.
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Mit Bescheid vom 15. März 2016 lehnte das Bundesamt den Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Nr. 1) und auf Asylanerkennung (Nr. 2) sowie auf Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus (Nr. 3) ab und stellte fest, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 4). Der Kläger wurde aufgefordert die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe der Entscheidung bzw. nach unanfechtbarem Abschluss des Asylverfahrens zu verlassen. Für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise wurde die Abschiebung nach {F.} oder in einen anderen Staat angedroht, in den der Kläger einreisen darf oder der zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist (Nr. 5). Das gesetzliche Einreise und Aufenthaltsverbot wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 6). Auf den Inhalt des Bescheides wird Bezug genommen.
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Der Bescheid wurde dem Kläger am 23. März 2016 mittels Postzustellungsurkunde zugestellt.
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Der Kläger hat am 07. April 2016 beim erkennenden Gericht Klage erhoben, zu deren Begründung er im Wesentlichen auf sein Vorbringen anlässlich der Anhörung vor dem Bundesamt verweist.
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Der Kläger beantragt,
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den Bescheid der Beklagten vom 15. März 2016 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihn als Asylberechtigten anzuerkennen, hilfsweise die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, hilfsweise subsidiären Schutzstatus zu gewähren, hilfsweise Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG auszusprechen und die Beklagte zu verpflichten, das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 2 AufenthG auf null Monate ab dem Tag der Ausreise/Abschiebung zu befristen.
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Die Beklagte beantragt aus den Gründen ihrer Entscheidung,
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die Klage abzuweisen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen. Diese Unterlagen sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe
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Die Kammer kann durch die Einzelrichterin entscheiden, weil der Rechtsstreit gemäß § 76 Abs. 1 AsylG mit Beschluss der Kammer vom 9. Februar 2017 auf die bestellte Berichterstatterin als Einzelrichterin zur Entscheidung übertragen wurde.
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Das Gericht kann trotz des Ausbleibens der Beklagten in der mündlichen Verhandlung zur Sache entscheiden, da diese ordnungsgemäß geladen und in der Ladung gemäß § 102 Abs. 2 VwGO darauf hingewiesen wurde, dass auch im Falle ihres Ausbleibens verhandelt und entschieden werden kann.
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Die Klage ist zulässig, insbesondere wurde sie fristgerecht erhoben.
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Zwar ist die Klage beim Verwaltungsgericht erst am 07. April 2017 und damit nicht innerhalb der hier nach § 74 Abs. 1 1. Hs. AsylG maßgeblichen Frist von zwei Wochen nach der Zustellung der Entscheidung des Bundesamts am 23. März 2016 eingegangen. Dies führt hier aber nicht zur Unzulässigkeit der Klage. Denn die zweiwöchige Klagefrist ist nicht in Gang gesetzt worden. Es fehlt an der hierfür gemäß § 58 Abs. 1 VwGO erforderlichen ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung. Die dem angefochtenen Bescheid beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung wurde unrichtig erteilt, so dass die Klageerhebung gemäß § 58 Abs. 2 Satz 1, 1. Hs. VwGO innerhalb eines Jahres nach Bekanntgabe zulässig ist. Diese Frist ist gewahrt.
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Gemäß § 58 Abs. 1 VwGO beginnt die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf nur zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich belehrt worden ist. Eine Belehrung über das Formerfordernis des § 81 Abs. 1 VwGO, nach dem die Klage bei dem Gericht schriftlich zu erheben ist (Satz 1), bei dem Verwaltungsgericht aber auch zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle erhoben werden kann (Satz 2), wird nach dem Wortlaut des § 58 Abs. 1 VwGO nicht verlangt. Auch die vom Gesetz geforderte Belehrung „über den Rechtsbehelf“ schließt eine Belehrung über das mit § 81 Abs. 1 VwGO aufgestellte Formerfordernis nicht ein (vgl. BVerwG, Urteile vom 13. Dezember 1978 - 6 C 77.78 -, juris).
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In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist allerdings geklärt, dass eine Rechtsbehelfsbelehrung nicht nur dann unrichtig im Sinne von § 58 Abs. 2 VwGO ist, wenn sie die in § 58 Abs. 1 VwGO zwingend geforderten Angaben nicht enthält. Sie ist es vielmehr auch dann, wenn sie geeignet ist, bei dem Betroffenen einen Irrtum über die formellen oder materiellen Voraussetzungen des in Betracht kommenden Rechtsbehelfs hervorzurufen und ihn dadurch abzuhalten, den Rechtsbehelf überhaupt, rechtzeitig oder in der richtigen Form einzulegen (BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 1978, a.a.O., und Urteil vom 21. März 2002 - 4 C 2.01 -, juris). Versieht die Behörde die Belehrung mit nicht zwingenden Elementen, birgt dies das Risiko von Unrichtigkeiten oder Unvollständigkeiten, die die Rechtsbehelfsbelehrung insgesamt unrichtig machen können (vgl. Meissner/Schenk, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: Febr. 2016, § 58 Rn. 44).
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Die dem Bescheid des Bundesamts vom 15. März 2016 beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung weist eine derartige Unrichtigkeit auf. Denn dort heißt es u.a., dass die Klage „in deutscher Sprache abgefasst sein“ muss. Mit der Formulierung „in deutscher Sprache abgefasst" wird dem Betroffenen unrichtiger Weise nahelegt, die Klage müsse schriftlich erhoben werden. Dem in diesem Satzteil verwendeten Verb „abfassen" kommt ganz überwiegend die Bedeutung einer schriftlichen Äußerung zu. Es ist gleichbedeutend mit anfertigen, aufschreiben, aufsetzen, formulieren, niederschreiben, schreiben, verfassen, zu Papier bringen, niederlegen (vgl. VG Düsseldorf, Gerichtsbescheid vom 28. Juni 2016 – 22 K 4119/15.A –, juris Rn. 54 f. unter Verweis auf den Duden, Das Synonymwörterbuch, 4. Aufl., zum Stichwort "abfassen", Ziff. 1). Äußert sich die Rechtsbehelfsbelehrung – wie hier – über die notwendigen Angaben nach § 58 Abs. 1 VwGO hinaus auch über die Form des Rechtsbehelfs, so sind alle Möglichkeiten der Erhebung des Rechtsbehelfs, insbesondere die Möglichkeit, Klage zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu erheben, zu benennen. Dies ist unterblieben mit der Folge, dass ihr ein unrichtiger oder irreführender Zusatz beigefügt ist, der geeignet ist, beim Betroffenen einen Irrtum über die formellen und/oder materiellen Voraussetzungen des in Betracht kommenden Rechtsbehelfs hervorzurufen und ihn dadurch abzuhalten, den Rechtsbehelf einzulegen bzw. rechtzeitig einzulegen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 18. April 2017 – A 9 S 333/17 – juris; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 24. Juni 2016 – 3a K 4187/15.A –, juris; VG Augsburg, Beschluss vom 03. Dezember 2014 – Au 7 S 14.50321 –, juris).
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Demgegenüber äußert die Gegenauffassung (vgl. u.a. VG Berlin, Urteil vom 24. Januar 2017 – 21 K 346.16 A – juris m.w.N.) lediglich Zweifel an dem Wortverständnis von "abfassen" und stellt darauf ab, dass mit der Formulierung "in deutscher Sprache abgefasst sein" lediglich der Hinweis gewollt sei, dass der Rechtsbehelf in keiner anderen Sprache eingelegt werden könne – weil Deutsch nach § 184 Satz 1 GVG Gerichtssprache sei - und daher kein Hinweis auf die Schriftform habe erfolgen sollen. Abzustellen ist aber nicht auf das, was vielleicht gewollt gewesen ist, sondern darauf, wie ein Adressat den Inhalt nach dem objektiven Empfängerhorizont (§§ 133, 157 BGB) verstehen darf. "Abfassen" beinhaltet nach seiner Wortbedeutung unzweideutig eine Verschriftlichung. Wenn das Verwaltungsgericht Berlin auf die Verwendung der Formulierung von "schriftlich abfassen" in § 117 Abs. 1 Satz 2 VwGO und in § 41a Abs. 1 Satz 1 StPO sowie in § 84 Satz 1 ArbGG, in § 129 Abs. 1 Satz 1 BGB und in § 311 Abs. 2 Satz 3 ZPO mit dem Argument verweist, dass angesichts der ausdrücklichen Angabe des "schriftlich" dies überflüssig wäre, wenn schon dem Wort "abfassen" diese Bedeutung zukomme, so mag die Dopplung der Bedeutung in diesen Vorschriften auch schlicht eine sprachliche Tautologie zu weiteren Verdeutlichung darstellen, ohne dass dem ein weiterer eigener Sinngehalt beizumessen ist. Auch das Argument, dass der Betroffene nicht selbst für die Schriftform zu sorgen habe, trägt nicht. Denn eben darüber, dass er die Rechtsbehelfseinlegung auch zur Niederschrift des Urkundsbeamten mündlich vornehmen kann, wird er gerade nicht belehrt. Vielmehr wird der Eindruck erweckt, ein Rechtsbehelf könne nur schriftlich eingelegt werden. Zudem verweist das Verwaltungsgericht Düsseldorf zu Recht darauf, dass es für die Klageerhebung bei dem Urkundsbeamten ausreichend ist, wenn dieser erkennen kann, dass der Betroffene die Klage erheben will, etwa weil er sich mündlich in Fremdsprache auch nur rudimentär mit dem Betroffenen verständigen kann, und dann die erkennbar gewollte Klageerhebung in deutscher Sprache aufnimmt und von dem Betroffenen unterschreiben lässt. Es besteht kein Zweifel, dass eine solchermaßen erhobene Klage wirksam erhoben ist. Die Formulierung "in deutscher Sprache abgefasst sein" ist mithin generell geeignet bei dem Betroffenen einen Irrtum über die formellen Voraussetzungen des in Betracht kommenden Rechtsbehelfs hervorzurufen und ihn dadurch abzuhalten, den Rechtsbehelf überhaupt, rechtzeitig oder in der richtigen Form einzulegen (vgl. VG Halle, Beschluss vom 07. April 2017 – 3 B 245/17 -).
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Die Klage ist nur in dem tenorierten Umfang begründet. Der Kläger hat zwar keinen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter nach Art. 16 a Abs. 1 GG (1.) oder auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 AsylG (2.). Soweit dem Kläger der subsidiäre Schutzstatus nach § 4 Abs. 1 Nr. 3 AsylG verwehrt wurde, ist der streitbefangene Bescheid jedoch rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 und Abs. 5 VwGO (3.).
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1. Die Klage ist in ihrem Hauptantrag erfolglos. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter. Dies scheitert bereits an der Drittstaatenregelung in Art. 16 a Abs. 2 Satz 1 und 2 GG.
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Nach Art. 16 a Abs. 2 Satz 1 und 2 GG kann sich auf das Asylrecht nicht berufen, wer aus einem Mitgliedsstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen durch Gesetz zu bestimmenden Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Da nach Art. 16 a Abs. 2 Satz 1 GG und der Anlage I zu § 26 a AsylG alle an die Bundesrepublik Deutschland angrenzenden Staaten sichere Drittstaaten sind, ist ein auf dem Landweg einreisender Asylbewerber von der Berufung auf Art. 16 a Abs. 1 GG ausgeschlossen, auch wenn sein Reiseweg nicht im Einzelnen bekannt ist (vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 – 2 BvR 1938/93 – juris). Daher kommt für Asylbewerber die Gewährung eines verfassungsrechtlichen Asyls im Wesentlichen nur noch dann in Betracht, wenn die Einreise in die Bundesrepublik Deutschland auf dem Luftweg direkt aus dem Verfolgerstaat oder mittelbar über einen von Art. 16 a Abs. 2 Satz 1 GG nicht erfassten Staat erfolgt.
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Die Nichterweislichkeit der Einreise auf dem Luftweg geht dabei zu Lasten des Asylbewerbers, ihn trifft hierfür die materielle Beweislast (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Juni 1999 – 9 C 36/98 – juris). Zwar trifft den Asylsuchenden keine Beweisführungspflicht hinsichtlich der Umstände seiner Einreise. Jedoch kann bei der Würdigung des Wahrheitsgehalts der behaupteten Einreise auf dem Luftweg berücksichtigt werden, dass sich der Kläger keine Beweismittel hierfür schafft, sondern im Gegenteil Beweismittel weggegeben hat. Auch kann zu seinen Lasten berücksichtigt werden, dass er Umstände seiner Einreise vorträgt, die offenkundig mit den tatsächlichen Gegebenheiten nicht vereinbar sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Juni 1999, a.a.O.; VG Augsburg, Urteil vom 12. April 2011 – Au 3 K 10.30669 – juris).
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Vorliegend ist die Behauptung des Klägers, auf dem Luftweg eingereist zu sein, nicht glaubhaft. Der Kläger hat in seiner Befragung am 19. Mai 2015 vor dem Bundesamt angegeben, niemals Personalpapiere besessen zu haben. Eine Einreise in die Bundesrepublik Deutschland über einen deutschen Flughafen ohne im Besitz von Personalpapieren zu sein, erscheint unter diesen Umständen nicht glaubhaft; solche Fluggäste können in der Regel den Transitbereich nicht verlassen, sie werden hier registriert und können hier einen Asylantrag stellen. Vorliegend hat der Kläger jedoch nicht an einem deutschen Flughafen seinen Antrag gestellt, sondern in {G.}. Es erscheint daher völlig unrealistisch, dass der Kläger völlig unbehelligt die Einreisekontrolle an einem deutschen Flughaben (oder eines anderen Flughafens an der Schengengrenze) passieren konnte. Der Kläger kann darüber hinaus weder angeben, an welchen deutschen Flughafen er gelandet sein will, noch das Land benennen, in dem er umgestiegen sein will. Die Flugroute ist daher nicht bekannt und kann – etwa durch Überprüfung von Passagierlisten - nicht nachvollzogen werden.
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2. Der Kläger hat auch keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte feststellt, dass bei ihm die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft vorliegen.
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Der Kläger ist kein Flüchtling im Sinne von § 3 Abs. 1 AsylG. Nach § 3 Abs. 4 AsylG wird einem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, wenn er Flüchtling im Sinne von Abs. 1 der Regelung ist und die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Ausländer dann die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will. Dabei gelten als Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG u.a. Handlungen, die auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen. Gemäß § 3a Abs. 3 AsylG muss zwischen den Verfolgungsgründen im Sinne von § 3 Abs. 1, § 3b AsylG und der Verfolgungshandlung oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen eine Verknüpfung bestehen. Eine Verfolgung in diesem Sinne kann auch von nichtstaatlichen Akteuren ausgehen, sofern der Staat bzw. Parteien oder Organisationen, die den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebiets beherrschen, sowie internationale Organisationen erwiesenermaßen nicht in der der Lage oder willens sind, Schutz vor Verfolgung zu bieten, unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht, § 3c Nr. 3 AsylG.
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Bei der Beurteilung, ob eine Verfolgung im dargelegten Sinne droht, ist der asylrechtliche Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit anzulegen (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. April 2010 – 10 C 5/09 -, juris Rn. 20 ff.). Wer bereits Verfolgung bzw. einen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. davon unmittelbar bedroht war, für den streitet die tatsächliche Vermutung, dass sich frühere Handlungen und Bedrohungen bei einer Rückkehr in das Herkunftsland wiederholen werden (Art. 4 Abs. 4 Richtlinie 2011/95/EU, sog. Qualifikationsrichtlinie). Widerlegt werden kann diese Vermutung nur, wenn stichhaltige Gründe die Wiederholungsträchtigkeit solcher Verfolgung bzw. des Eintritts eines solchen Schadens entkräften.
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Die Glaubhaftmachung der Asylgründe setzt – entsprechend der Mitwirkungspflicht des Schutzsuchenden im Asylverfahren eine schlüssige, nachprüfbare Darlegung voraus. Der Schutzsuchende muss unter Angaben genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt schildern, aus dem sich - als wahr unterstellt - ergibt, dass ihm bei verständiger Würdigung politische Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht. Jedenfalls in Bezug auf die in seine eigene Sphäre fallenden Ereignisse und persönlichen Erlebnisse hat er eine Schilderung abzugeben, die geeignet ist, seinen Anspruch lückenlos zu tragen. Daher kommt dem persönlichen Vorbringen des Ausländers und dessen Würdigung besondere Bedeutung zu (vgl. BVerwG, Urteil v.om 8.Mai 1984 – 9 C 141/83 – juris Rn. 11).
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Bei Anwendung dieser Maßgaben auf den vorliegenden Fall steht zur Überzeugung des Gerichts nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit fest, dass der Kläger vor seiner Ausreise (hier) durch nicht staatliche Akteure (religiöse Eiferer) aus asylrelevanten Gründen verfolgt worden ist. Das Gericht folgt den Gründen des angefochtenen Bescheids, nimmt auf diesen Bezug (§ 77 Abs. 2 AsylG) und weist ergänzend auf Folgendes hin:
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Allein aus den Protokollen der Anhörungen heraus hat das Gericht Zweifel am Wahrheitsgehalt der vom dem Kläger geschilderten Umstände seiner Flucht. Die Schilderungen des Klägers sind in einem wesentlichen Punkt widersprüchlich. So erklärte er im Rahmen seines persönlichen Gesprächs zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedsstaats zur Durchführung des Asylverfahrens am 15. Januar 2014, er habe {F.} ohne Grund verlassen, er "habe einfach aus {F.} raus und nach Europa kommen" wollen. Erst in seiner Anhörung am 19. Mai 2015 hat er sich dann darauf berufen, dass religiöse Eiferer ihn hätten töten wollen. Zwar wurde in der Anhörung im Januar 2014 nicht nach Asylgründen gefragt und der Kläger hat auf die Frage, warum er aus "diesem Staat" – damit war wohl der {H.} gemeint - weiter nach Deutschland gereist sei, geantwortet, dass er einfach aus {F.} raus und nach Europa kommen wolle. Die Befragungen unter Punkt 8, 9 und 10 der Anhörung sind aber in sich widersprüchlich bzw. missverständlich. So wird unter Punkt 8 gefragt, wie der Kläger sein Heimatland verlassen hat (mit dem Boot Richtung {H.}). Unter Punkt 9 wird gefragt, wo der Kläger sich seit dem Verlassen des Heimatlandes aufgehalten hat ({H.}) und unter Punkt 10 möchte der Entscheider wissen, wie der Kläger vom Heimatland nach Deutschland gereist ist (mit dem Flugzeug, siehe Antwort zu Punkt 8 und 10). Die Frage ist nach den Fragen 8 und 9 unlogisch, da der Kläger nach seinen bisherigen Antworten nicht vom Heimatland {F.} nach Deutschland gereist ist, sondern sich zwischenzeitlich im {H.} aufgehalten hat. Richtigerweise hätte danach gefragt werden müssen, wie er vom {H.} nach Deutschland weiter gereist sei. Nur bei einer solchen Fragstellung passt die vom Kläger gegebene Antwort. Unter 10.1 wird dann gefragt, warum der Kläger diesen Staat weiter nach Deutschland verlassen hat. Seine Antwort bezieht sich nun aber wiederum auf sein Heimatland Somalia. Fragen und Antworten passen hier nicht überein. Es drängt sich der Verdacht auf, dass Missverständnisse oder Übersetzungsfehler vorliegen könnten. Diese hätte der Kläger in der mündlichen Verhandlung ausräumen können und die Zweifel am Wahrheitsgehalt seiner Aussagen vor dem Bundesamt beseitigen können. Da der Kläger aber zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen und damit seiner Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen ist, entscheidet das Gericht nach Aktenlage. Den Ausführungen des Bundesamtes im streitgegenständlichen Bescheid zu diesem Punkt ist daher nichts mehr hinzuzufügen (§ 77 Abs. 2 AsylG).
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Der geschilderte Angriff auf seine Person durch den Clan seiner Ehefrau betrifft einen privaten Konflikt ohne Bezug zur Flüchtlingseigenschaft. Allein dass die Angreifer einem anderen Clan als der Kläger angehören, begründet noch keine Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe. Dieser Clan hat lediglich die in {F.} bestehende Rechtsstaatslosigkeit ausgenutzt.
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2. Dem Kläger steht jedoch der hilfsweise geltend gemachte Anspruch auf Feststellung zu, dass die Voraussetzungen des § 4 AsylVfG hinsichtlich Somalias vorliegen. Es liegen stichhaltige Gründe für die Annahme vor, dass ihm im Falle einer Abschiebung in sein Herkunftsland ein ernsthafter Schaden nach § 4 Absatz 1 Satz 1 AsylVfG droht. Als ernsthafter Schaden gilt nach § 4 Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 AsylVfG auch eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung.
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Die Auslegung des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG ist dabei an der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) zu Art. 3 EMRK zu orientieren (vgl. BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013 - 10 C 15.12 -, juris, Rn. 22 zu § 60 Abs. 2 AufenthG a.F.). Daher kann eine Verletzung des Art. 3 EMRK auch durch die Abschiebung in einen Staat begründet sein, in dem schlechte humanitäre Verhältnisse herrschen. Dies ist grundsätzlich aber nur in ganz außergewöhnlichen Fällen möglich, wenn die humanitären Gründe gegen eine Abschiebung zwingend ("compelling") sind. Soweit die schlechte humanitäre Lage nicht nur oder überwiegend auf Armut oder fehlende staatliche Mittel beim Umgang mit Naturereignissen, sondern auch auf direkte oder indirekte Aktionen von Konfliktparteien zurückzuführen ist, ist allerdings zudem die Fähigkeit der betroffenen Person zu berücksichtigen, für ihre Grundbedürfnisse – Nahrung, Hygiene, Unterkunft – zu sorgen, sowie ihre Anfälligkeit für Misshandlungen und ihre Aussicht, dass sich ihre Lage in angemessener Zeit bessert (vgl. EGMR, Urteile vom 27. Mai 2008 – 26565/05 N. v. The United Kingdom –, NVwZ 2008, 1334, Rn. 42 ff., und Urteil vom 28. Juni 2011 – 8319/07 u.a. Sulfi and Elmi v. the United Kingdom – NVwZ 2012, 681, Rn. 278 ff.; BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013 – BVerwG 10 C 15.12 – Juris Rn. 25).
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Nach diesen Vorgaben liegen die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor. Dies ergibt sich sowohl mit Blick auf die Sicherheitssituation in {C.} wie insgesamt in Süd- und {I.} als auch mit Blick auf die dortige humanitäre Lage, die (auch) auf die instabile Lage zurückzuführen ist (dazu unter a). Das Gericht ist davon überzeugt, dass es dem Kläger nicht gelingen wird, für seine Grundbedürfnisse Nahrung, Hygiene und Unterkunft zu sorgen (unter b).
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a) Die allgemeine Situation in {F.} sowie die Sicherheitslage in {C.} sowie in Süd- und {I.} stellen sich wie folgt dar:
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Nach Beginn des Bürgerkriegs im Jahre 1988 und dem Sturz des Präsidenten {J.} im Jahre 1991 ist {F.} ohne einheitliche Staatsgewalt. Die Autorität der Zentralregierung wird insbesondere von der nach Unabhängigkeit strebenden Republik {K.} im Nordwesten sowie von der die Regierung bekämpfenden radikal-islamistischen {L.} in Frage gestellt. Das Land zerfällt faktisch in drei Teile, nämlich die Unabhängigkeit beanspruchende Republik {K.} im Nordwesten, die autonome Region {M.} im Nordosten und Süd- und {I.}. Während sich in {K.} und {M.} vergleichsweise stabile staatliche Strukturen etabliert haben, herrscht in Süd- und {I.} in vielen Gebieten noch immer Bürgerkrieg. Dort kämpfen somalische Sicherheitskräfte mit Unterstützung der AMISOM-Truppen gegen Kämpfer der {N.} Neben diesen Hauptkonfliktparteien sind noch einige weitere Gruppierungen - wie z.B. die religiös orientierte Ahlu Sunna Wal Jama´a (ASWJ), die im Norden Zentralsomalias operierenden Truppen der {O.}{P.}) oder die im Süden Somalias operierenden Truppen der {Q.} I{R.} - sowie Clanmilizen an den bewaffneten Auseinandersetzungen beteiligt (vgl. Auswärtiges Amt (AA), Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik {F.}, 1. Januar 2017, S. 5 f.; EASO, {F.}: Security Situation, Februar 2016, S. 17 und 23; BFA Länderinformationsblatt der Staatendokumentation {F.}, Stand: 19. Januar 2017, S. 17 ff.).
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Dementsprechend stehen Süd- und {I.} nicht unter einheitlicher Kontrolle. Die meisten größeren Städte sind in der Hand der Regierung und der mit ihr verbündeten {S.}-Truppen. Diese liegen jedoch häufig wie Inseln in von {T.} kontrollierten Gebieten, weil weite ländliche Gebiete weiterhin unter Kontrolle der {U.}stehen. Weitere Gebiete, insbesondere an den Grenzen zu {V.} im Süden und {W.} im Westen, stehen unter der Kontrolle weiterer am Konflikt beteiligter Gruppen (vgl. die Karte "{F.} - Areas of Influence as of December 2015 - abgedruckt in: EASO, {F.}: Security Situation, Februar 2016, S. 23).
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Auch nach dem Bericht des UNHCR an das Verwaltungsgericht {X.} (dortiges Az.: 5 A 288/14 MD), den dieses unter dem 28. Juli 2016 an das Bundesamt übersandt hat, bleibt die generelle Sicherheitslage in {Y.} und den Regionen in Süd- und {Z.} prekär. Es spielen sich verschiedene Konfliktsituationen ab, in die sowohl die {AA.}, die Clanmilizen als auch interne Clanstreitigkeiten einbezogen sind. Kämpfe zwischen den Clanmilizen und andere Gewalt zwischen den Bevölkerungstruppen gelten als wesentlich destabilisierender Faktor (vgl. auch EASO. {F.}: Security Situation, Februar 2016, S. 51-53). Diese Gewalt wird oft noch zusätzlich durch Auseinandersetzungen über Gebietsansprüche und politische Kontrolle geschürt. Zivilisten sind weiterhin vom Konflikt betroffen, was Berichte über getötete und verletzte Zivilisten, weitverbreitete sexuelle und geschlechtsspezifische Gewalt gegen Frauen und Kinder, Zwangsrekrutierung von Kindern und großflächige Vertreibung bestätigen (vgl. o.g. Bericht UNHCR an VG Magdeburg, S. 4 f.).
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Diese Konflikte haben einen nachhaltigen negativen Einfluss auf die humanitäre Situation, wobei sich die Versorgungslage in Somalia auch so schon als dramatisch darstellt.
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Periodisch wiederkehrende Dürreperioden (wie aktuell wieder) mit Hungerkrisen und die äußerst mangelhafte Gesundheitsversorgung sowie der mangelhafte Zugang zu sauberen Trinkwasser und das Fehlen eines funktionierenden Abwassersystems machen {F.} seit Jahrzenten zum Land mit dem größten Bedarf an internationaler Nothilfe. Schätzungsweise 4,7 Millionen Personen, d.h. fast 40 % der Bevölkerung Somalias einschließlich {K.} und {M.} sind auf humanitäre Hilfe angewiesen, darunter etwa 950.000, die von Nahrungsmittelknappheit bedroht sind. Anfang 2016 waren etwa 300.000 Kinder unter fünf Jahren unterernährt, davon mehr als 58.000 schwer. Zudem gibt es keinen sozialen Wohnraum oder Sozialhilfe (vgl. BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation {F.}, Stand: 19. Januar 2017, S. 84 ff.; AA, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik {F.}, 1. Januar 2017 S. 16; UNHCR, Position on Returns to Southern and Central {F.} (Update I), Mai 2016, S. 2 und 7).
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Besonders prekär ist die Lage der etwa 1,1 Millionen Binnenvertriebenen, von denen etwa 370.000 - das sind etwa 20 % der dortigen Bevölkerung - im Raum {C.} leben. Etwa 70 bis 80 % der Binnenvertriebenen sind Frauen und Kinder. Die Bedingungen in Siedlungen für Binnenvertriebene sind erbärmlich, zudem sind viele ihrer Bewohner dem Risiko schwerer Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt. Ihre ausreichende Versorgung mit Nahrungsmitteln ist nicht gewährleistet; viele Binnenvertriebene leben nur knapp über der Grenze zur Unterernährung, zudem droht ihnen die Vertreibung von dem Land, auf dem sie wohnen. Allein in den ersten acht Monaten des Jahres 2015 sollen mehr als 116.000 Personen gegen ihren Willen vertrieben worden sein. In {C.} müssen viele Betroffene in die vergleichsweise unsicheren Außenbezirke ausweichen (vgl. EASO, Süd- und Zentralsomalia: Länderüberblick, August 2014, S. 39 und 125; UNHCR, Position on Returns to Southern and Central Somalia (Update I), Mai 2016, S. 8 ff.).
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Die Gesamtschau der vorliegenden Informationen gibt hinsichtlich der Erwerbsmög-lichkeiten in {C.} ein differenziertes Bild. Einerseits profitiert gerade {C.} vom Wiederaufbau und den Versorgungsleistungen durch die internationale Gemeinschaft, andererseits steht die Stadt durch die enorm hohe Anzahl von intern Vertriebenen und auch Rückkehrern vor dem Problem der adäquaten Versorgung. Während ein Teil der Rückkehrer die Möglichkeit hat, etwa im aufstrebenden Bausektor oder durch selbständige Arbeit ein Auskommen zu finden, sind andere auf ein Leben ohne gesicherte Einkommensquelle am Rande des Existenzminimums in behelfs-mäßigen Flüchtlingslagern oder informellen Siedlungen angewiesen (vgl. BFA Länder-informationsblatt Stand: 19. Januar 2017, S. 84 ff).
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Hilfsprojekte der Vereinten Nationen oder nichtstaatlicher Hilfsorganisationen erreichen in der Regel diese Bevölkerungsgruppen bzw. die Lager der Binnenvertriebenen nicht, da lebensnotwendige humanitäre Hilfe durch bewaffnete Gruppen abgefangen und für eigene Zwecke konfisziert wird. Im Zusammenhang mit der chronischen Ernährungsunsicherheit und dem Fehlen einer ausreichenden Gesundheitsfürsorge macht es die ungewisse Sicherheitslage immer schwieriger, einen humanitären Zugang und Hilfslieferungen an vulnerable Bevölkerungsgruppen aufrechtzuerhalten. Zudem haben viele internationale Hilfsorganisationen sich aus Gebieten, die durch die {AA.} kontrolliert werden, zurückgezogen oder ihre Aktivitäten eingestellt (vgl. Bericht UNHCR an VG Magdeburg, S. 6 f.; UNHCR, Position on Returns to Southern and Central Somalia (Update I), Mai 2016, S. 7 f.).
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Für {AB.} ist es daher heute nach dem oben Dargestellten fast unmöglich, ohne ein familiäres Netzwerk ihre Grundbedürfnisse zu sichern. Dies gilt insbesondere für unfreiwillige Rückkehrer.
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Zwar zählen Unterstützung durch (Groß-) Familie und Clan weiterhin zu den wichtigsten Faktoren für Akzeptanz in der Gemeinschaft, Sicherheit und Befriedigung von Grundbedürfnissen wie Unterkunft und Nahrung. Dabei gilt als allgemeine Regel, dass {AB.} auch entfernte Verwandte, die aus einer anderen Gegend kommen unterstützen. Soweit Unterkunft und Nahrung betroffen sind, ist jedoch nicht der Clan, sondern die Familie der erste Ansprechpartner. Allerdings leistet die Groß- oder Kernfamilie in der Regel nur für einige Tage Unterstützung und kann nicht als langfristige Lösung für Lebensunterhalt oder Unterkunft angesehen werden. Nur wenn eine Person in einem Gebiet weder über enge Familienangehörige noch über andere Verwandte verfügt, kann der Clan um Hilfe gebeten werden. Allerdings wurde das Konzept der Clansolidarität in Zentral- und Südsomalia angesichts der Dauer des dort herrschenden Konflikts überdehnt. Dementsprechend sehen sich viele Familien- und Clannetzwerke heute nicht mehr in der Lage, vertriebenen Verwandten zu helfen. Ohne familiäre Unterstützung laufen Rückkehrer daher Gefahr, sich in einem Lager für Binnenvertriebene wiederzufinden (vgl. EASO, Süd- und {I.}: Länderüberblick, August 2014, S. 126; BFA, Länderinformationsblatt {F.}, 19. Januar 2017, S. 89; UNHCR, Position on Returns to Southern and Central {F.} (Update I), Mai 2016, S. 9).
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b) Angesichts der vorstehend beschriebenen Umstände ist das Gericht davon überzeugt, dass der Kläger im Falle seiner Rückkehr nach {B.} bzw. {C.} nicht in der Lage sein wird, selbst für seine Grundbedürfnisse zu sorgen. Er ist zwar mittleren Alters und arbeitsfähig sowie mit den Verhältnissen im Großraum von {C.} vertraut. Jedoch kann er bei seiner Rückkehr nicht auf die Unterstützung von Familienangehörigen (Eltern, Onkel oder Bruder) wie vor seiner Ausreise zurückgreifen, da diese allesamt verstorben oder verschollen sind. Auch hat der Kläger noch eine Schwester und eine Tante in {F.}. Aber diese Verwandten waren schon vor der Ausreise des Klägers nicht in der Lage, ihn zu unterstützen. Seinen Lebensunterhalt habe er sich damals zusammen mit seiner Mutter nur durch das Halten einer Ziegenherde sichern können. Da seine Mutter aber verstorben ist, ist davon auszugehen, dass auch die Ziegenherde nicht mehr vorhanden ist. Auf eine familiäre Unterstützung durch seine drei Kinder kann der Kläger nicht verwiesen werden, da diese allesamt noch minderjährig sind (10 bis 13 Jahre) und davon auszugehen ist, dass diese Kinder selbst noch auf Unterstützung angewiesen sind. Zudem hat der Kläger weder eine Schule besucht noch einen erlernten Beruf, der seine Existenz sichern könnte. Weil freie Arbeitsplätze oft nicht beworben werden und die Arbeitgeber den Clan oder die Verwandtschaft eher berücksichtigen als erworbene Fähigkeiten, haben Bewerber ohne Verbindungen oder aus Minderheiten sowie Frauen, Witwen und Migranten ohne Familien schlechte Chancen. Auch arbeitsuchende Hilfsarbeiter müssen auf private Netzwerke zurückgreifen, die der Kläger jedoch nicht besitzt (BFA, Länderinformationsblatt Somalia, 19. Januar 2017, S. 87 ff.). Ohne familiären Rückhalt mit entsprechenden Ressourcen oder die Möglichkeit des Rückgriffs auf Rimessen hat der Kläger keine Chance sich eine das Existenzminimum sichernde Lebensgrundlage selbst erwirtschaften zu können. Er wird in absehbarer Zeit somit seine Grundbedürfnisse nicht befriedigen können.
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Mit Aufhebung von Ziff. 3 des streitgegenständlichen Bescheids vom 16. Juni 2016 und der Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus fehlt es an den tatbestandlichen Voraussetzungen (§ 35 i. V. m. § 34 AsylG) für den Erlass der Abschiebungs-androhung in Ziff. 5, die daher ebenfalls aufzuheben ist. Entsprechendes gilt für Ziff. 4 des angefochtenen Bescheids. Darüber hinaus ist auch kein Raum für den Erlass der Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, da diese an die Abschiebungs-anordnung nach § 34a AsylG geknüpft ist (§ 75 Nr. 12 AufenthG).
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylG nicht erhoben. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Halle Urteil, 20. Juli 2017 - 4 A 103/16
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Verwaltungsgericht Halle Urteil, 20. Juli 2017 - 4 A 103/16 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.
(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.
(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.
(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.
(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.
(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.
(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.
(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.
(7) Gegen einen Ausländer,
- 1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder - 2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.
(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.
(1) Die Kammer soll in der Regel in Streitigkeiten nach diesem Gesetz den Rechtsstreit einem ihrer Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn nicht die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.
(2) Der Rechtsstreit darf dem Einzelrichter nicht übertragen werden, wenn bereits vor der Kammer mündlich verhandelt worden ist, es sei denn, dass inzwischen ein Vorbehalts-, Teil- oder Zwischenurteil ergangen ist.
(3) Der Einzelrichter kann nach Anhörung der Beteiligten den Rechtsstreit auf die Kammer zurückübertragen, wenn sich aus einer wesentlichen Änderung der Prozesslage ergibt, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Eine erneute Übertragung auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen.
(4) In Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes entscheidet ein Mitglied der Kammer als Einzelrichter. Der Einzelrichter überträgt den Rechtsstreit auf die Kammer, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder wenn er von der Rechtsprechung der Kammer abweichen will.
(5) Ein Richter auf Probe darf in den ersten sechs Monaten nach seiner Ernennung nicht Einzelrichter sein.
(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.
(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.
(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.
(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.
(1) Die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf beginnt nur zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehrt worden ist.
(2) Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Rechtsbehelfs nur innerhalb eines Jahres seit Zustellung, Eröffnung oder Verkündung zulässig, außer wenn die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder eine schriftliche oder elektronische Belehrung dahin erfolgt ist, daß ein Rechtsbehelf nicht gegeben sei. § 60 Abs. 2 gilt für den Fall höherer Gewalt entsprechend.
(1) Die Klage ist bei dem Gericht schriftlich zu erheben. Bei dem Verwaltungsgericht kann sie auch zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle erhoben werden.
(2) Der Klage und allen Schriftsätzen sollen vorbehaltlich des § 55a Absatz 5 Satz 3 Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.
(1) Die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf beginnt nur zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehrt worden ist.
(2) Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Rechtsbehelfs nur innerhalb eines Jahres seit Zustellung, Eröffnung oder Verkündung zulässig, außer wenn die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder eine schriftliche oder elektronische Belehrung dahin erfolgt ist, daß ein Rechtsbehelf nicht gegeben sei. § 60 Abs. 2 gilt für den Fall höherer Gewalt entsprechend.
(1) Die Klage ist bei dem Gericht schriftlich zu erheben. Bei dem Verwaltungsgericht kann sie auch zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle erhoben werden.
(2) Der Klage und allen Schriftsätzen sollen vorbehaltlich des § 55a Absatz 5 Satz 3 Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.
(1) Die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf beginnt nur zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehrt worden ist.
(2) Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Rechtsbehelfs nur innerhalb eines Jahres seit Zustellung, Eröffnung oder Verkündung zulässig, außer wenn die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder eine schriftliche oder elektronische Belehrung dahin erfolgt ist, daß ein Rechtsbehelf nicht gegeben sei. § 60 Abs. 2 gilt für den Fall höherer Gewalt entsprechend.
Tenor
Ziffer 2 des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 27. März 201527. März 2015 wird aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden, werden gegeneinander aufgehoben.
Der Gerichtsbescheid ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des auf Grund dieser Entscheidung vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Der Kläger stellte am 27. Februar 201527. Februar 2015 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (nachfolgend: Bundesamt) einen auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 60 Abs. 1 AufenthG beschränkten Asylantrag. Am 2. März 20152. März 2015 erhielt das Bundesamt eine Meldung aus dem Eurodac-Datenbestand, aus der hervorgeht, dass der Kläger bereits in BulgarienBulgarien anhand seiner Fingerabdrücke im Eurodac-Datenbestand erfasst wurde. Am 4. März 20154. März 2015 ersuchte das Bundesamt Bulgarien mit Hinweis darauf, dass der Kläger laut Eurodac-Datenbestand am 6. August 2014 dort einen Asylantrag gestellt habe, um Wiederaufnahme des Klägers. Bulgarien lehnte das Gesuch mit beim Bundesamt am 20. März 201520. März 2015 eingegangenem Schreiben unter Hinweis darauf ab, dass eine Übernahme des Klägers nach den Bestimmungen der Dublin-VO ausscheide, da dem Kläger dort bereits der Flüchtlingsstatus zuerkannt worden sei („refugee status“). Ein Übernahmeersuchen könne daher allein nach Maßgabe der internationalen Rückübernahmeabkommen bei der hierfür zuständigen bulgarischen Behörde (Generaldirektorat der Grenzpolizei, Innenministerium) gestellt werden.
3Mit Bescheid vom 27. März 2015 lehnte das Bundesamt in Ziffer 1 des Bescheides den Asylantrag als unzulässig ab. In Ziffer 2 des Bescheides drohte das Bundesamt dem Kläger die Abschiebung nach Bulgarien an, falls er das Bundesgebiet nicht innerhalb von 30 Tagen nach unanfechtbarem Abschluss des Asylverfahrens verlasse; der Kläger könne auch in einen anderen Staat abgeschoben werden, in den er einreisen dürfe oder der zu seiner Rückübernahme verpflichtet sei; der Kläger dürfe nicht nach Syrien abgeschoben werden. Ziffer 1 des Bescheides begründet das Bundesamt unter Verweis auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. Juni 2014 ‑ 10 C 7/13 – damit, dass der Kläger aufgrund der Schutzgewährung in Bulgarien gemäß § 60 Abs. 1 Satz 2 und 3 und Abs. 2 Satz 2 AufenthG keine weitere Schutzgewährung verlangen könne und daher ein erneutes Anerkennungsverfahren unzulässig sei. Zu Ziffer 2 des Bescheides wird in der Begründung ausgeführt: Die Unzulässigkeit des Asylantrages ergebe sich aus dem Schutzstatus im sicheren Drittstaat (§ 26a AsylVfG). Da der Kläger dorthin abgeschoben werden solle, ordne das Bundesamt nach § 34a AsylVfG grundsätzlich die Abschiebung an. Eine Abschiebungsandrohung sei allerdings als milderes Mittel gegenüber der Anordnung ebenfalls zulässig. Die Ausreisefrist ergebe sich aus § 38 AsylVfG.
4Dem Bescheid war eine Rechtbehelfsbelehrung beigefügt, die folgende Textpassage enthält:
5„Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung Klage bei dem Verwaltungsgericht (…) erhoben werden. Für die Rechtzeitigkeit ist der Tag des Eingangs beim Verwaltungsgericht maßgebend.
6Die Klage muss den Kläger, die Beklagte und den Gegenstand des Klagebegehrens bezeichnen und in deutscher Sprache abgefasst sein. (…)“
7(Hervorhebung im Original)
8Ferner war dem Bescheid eine Rechtsbehelfsbelehrung in arabischer Sprache beigefügt, verbunden mit dem Hinweis, die maßgebliche Rechtsbehelfsbelehrung sei ausschließlich diejenige in der Amtssprache Deutsch.
9Der Bescheid wurde dem Kläger am 4. Mai 20154. Mai 2015 im Wege der Aushändigung durch einen Mitarbeiter der Ausländerbehörde gegen Empfangsbekenntnis zugestellt.
10Der Kläger hat am 3. Juni 20153. Juni 2015 anwaltlich vertreten Klage erhoben und für den Fall der Versäumung der Klägerfrist Wiedereinsetzung beantragt. Zur Begründung des Wiedereinsetzungsgesuchs macht er im Wesentlichen geltend: Ihm sei bei der Übergabe des Bescheides dessen Inhalt nicht erklärt worden. Er spreche nur arabisch und kurdisch. Er habe daher keine Kenntnis vom Inhalt des Bescheides erlangt. Am 3. Juni 2015 habe ihn ein syrischer Staatsbürger nach dem Stand seines Asylverfahrens gefragt. Nachdem er diesem den Bescheid gezeigt habe, habe dieser sofort den Kontakt zu der von ihm nunmehr bevollmächtigten Rechtsanwältin hergestellt. Noch am gleichen Tage habe diese Klage erhoben.
11Der Kläger beantragt schriftsätzlich,
12den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 27. März 2015 aufzuheben.
13Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
14die Klage abzuweisen.
15Zur Begründung bezieht sie sich auf die angefochtene Entscheidung.
16Der Rechtsstreit ist mit Beschluss vom 28. April 2016 der Vorsitzenden als Einzelrichterin zur Entscheidung übertragen worden. Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid einverstanden erklärt.
17Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Bundesamtes Bezug genommen.
18Entscheidungsgründe:
19Das Gericht kann gemäß § 84 Abs. 1 VwGO ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist, der Sachverhalt geklärt ist und die Beteiligten zu der Möglichkeit einer solchen Entscheidung gehört worden sind.
20Die Klage hat nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Im Übrigen ist sie unzulässig.
21Die Klage ist unzulässig, soweit sie Ziffer 1 des angefochtenen Bescheides zum Gegenstand hat.
22Zwar dürfte die vom Kläger erhobene Anfechtungsklage statthaft sein. Dem Kläger fehlt es jedoch an der erforderlichen Klagebefugnis, § 42 Abs. 2 VwGO. Dies gilt selbst dann, wenn der Ausspruch, der Asylantrag werde als unzulässig abgelehnt, objektiv rechtswidrig ist, etwa weil es an einer tauglichen Ermächtigungsgrundlage für diesen Ausspruch fehlt. Die für Entscheidungen des Bundesamtes über einen Asylantrag einschlägigen Vorschriften der §§ 29 ff, 71, 71a AsylG sehen einen Ausspruch des Inhalts, dass der Asylantrag als unzulässig abgelehnt wird, nicht vor. Das Bundesamt hat in seiner Begründung zu Ziffer 1 des Bescheides auch keine Rechtsgrundlage genannt, sondern auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) vom 17. Juni 2014 – 10 C 7/13 – verwiesen. Auch dieser Entscheidung ist indes nicht zu entnehmen, dass das Bundesamt zu einer Ablehnung eines Asylantrages als unzulässig ermächtigt ist. Denn ein solcher Ausspruch war nicht Gegenstand des vom BVerwG entschiedenen Rechtsstreits. Vielmehr hatte das Bundesamt im dort entschiedenen Fall das Asylverfahren nach §§ 32, 33 Abs. 1 AsylVfG (jetzt: §§ 32, 33 Abs. 1 AsylG) wegen der Fiktion einer Antragsrücknahme eingestellt. Dieser Ausspruch ist vom BVerwG bestätigt worden, wobei es ausdrücklich offen ließ, ob die Einstellung in eine Entscheidung über die Unzulässigkeit des Asylantrags nach § 60 Abs. 1 Satz 2 und 3 AufenthG oder in eine Entscheidung über seine Unbeachtlichkeit nach § 29 AsylVfG umgedeutet werden könne,
23Urteil vom 17. Juni 2014 – 10 C 7/13 –, BVerwGE 150, 29 ff und juris, Rdn. 24.
24In dem vom BVerwG entschiedenen Fall hatte das Bundesamt zudem über den vom dortigen Kläger hilfsweise geltend gemachten Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 AsylVfG (jetzt: § 4 AsylG),
25der von der Einstellung des Asylverfahrens wegen fingierter Rücknahme des Asylantrages aufgrund alten Rechts nicht erfasst war, vgl. Urteil vom 17. Juni 2014 – 10 C 7/13 –, BVerwGE 150, 29 ff und juris, Rdn. 28,
26eine (negative) Sachentscheidung getroffen, nämlich in Nummer 2 des angefochtenen Bescheides festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG (a.F.) nicht vorliegen. Diese Sachentscheidung bestätigte das BVerwG im Ergebnis, indem es darauf verwies, dass die Geltendmachung eines Anspruches auf Zuerkennung subsidiären Schutzes gemäß § 60 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 60 Abs. 1 Satz 3 AufenthG in der seit 1. Dezember 2013 geltenden Fassung (BGBl I S. 3474) unzulässig sei, weil der Kläger bereits außerhalb des Bundesgebiets als Flüchtling im Sinne des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt worden sei.
27vgl. Urteil vom 17. Juni 2014 – 10 C 7/13 –, BVerwGE 150, 29 ff und juris, Rdn. 28 - 31.
28In dem betreffenden Fall hatte das Bundesamt im Übrigen auch eine (negative) Sachentscheidung über die Feststellung nationalen Abschiebungsschutzes getroffen, die das BVerwG ebenfalls bestätigte,
29vgl. Urteil vom 17. Juni 2014 – 10 C 7/13 –, BVerwGE 150, 29 ff und juris, Rdn. 32 f.
30Es bedarf aber auch vorliegend keiner Entscheidung, ob die hier streitgegenständliche Ablehnung des Asylantrages des Klägers als unzulässig (eventuell nach dem Ergebnis einer Auslegung oder Umdeutung) vom Gesetz gedeckt ist, also der objektiven Rechtsordnung entspricht. Denn dem Kläger fehlt für eine hiergegen gerichtete Klage die gemäß § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Klagebefugnis, das heißt eine Rechtsposition, aufgrund derer er eine für ihn günstigere Entscheidung über seinen Asylantrag beanspruchen kann.
31Gemäß § 42 Abs. 2 VwGO muss ein Kläger geltend machen können, durch den angefochtenen Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines begehrten Verwaltungsakts in seinen Rechten verletzt zu sein. Diese sog. Klagebefugnis ist gegeben, wenn unter Zugrundelegung des Klagevorbringens eine Verletzung des geltend gemachten Rechts möglich erscheint. Daran fehlt es, wenn die vom Kläger geltend gemachte Rechtsposition offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise bestehen oder ihm zustehen kann.
32BVerwG, stRspr, vgl. etwa Urteil vom 19. November 2015 – 2 A 6/13 –, Rdn. 15 m.w.N., juris.
33So liegt es hier. Dem Kläger steht eine Rechtsposition, die durch den Ausspruch in Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheides geschmälert wird, nicht zu. Denn er hat unter keinem denkbaren Gesichtspunkt einen Anspruch auf eine Sachentscheidung über sein Begehren auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder Zuerkennung unionsrechtlichen subsidiären Schutzes, weil sein hierauf gerichteter Asylantrag nach geltendem Recht unzulässig ist,
34vgl. Urteil vom 17. Juni 2014 – 10 C 7/13 –, BVerwGE 150, 29 ff und juris, Rdn. 31.
35Insoweit wird auf die Ausführungen in dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. Juni 2014 – 10 C 7/13 –, Rdn. 29 f verwiesen, denen das Gericht sich anschließt:
36„Die Anerkennung eines Ausländers als Flüchtling oder als subsidiär Schutzberechtigter in einem anderen Staat wirkt zwar völkerrechtlich nicht wie eine Statusentscheidung durch deutsche Behörden und hat in diesem Sinne keine umfassende Bindungswirkung für die Bundesrepublik Deutschland (hierzu auch Marx, InfAuslR 2014, 227 <232>). Die Genfer Flüchtlingskonvention vom 28. Juli 1951 legt einheitliche Kriterien für die Qualifizierung als Flüchtling fest, sieht aber keine völkerrechtliche Bindung eines Vertragsstaats an die Anerkennungsentscheidung eines anderen vor (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. November 1979 - 1 BvR 654/79 - BVerfGE 52, 391 <404>; BVerwG, Urteil vom 29. April 1971 - BVerwG 1 C 42.67 - BVerwGE 38, 87 <89 f.> = Buchholz 402.24 § 28 AuslG Nr. 2 S. 4 f.). Eine solche Bindungswirkung ergibt sich auch nicht aus dem Unionsrecht. Dieses ermächtigt zwar nach Art. 78 Abs. 2 Buchst. a und b AEUV zu Gesetzgebungsmaßnahmen, die einen in der ganzen Union gültigen einheitlichen Asylstatus und einen einheitlichen subsidiären Schutzstatus für Drittstaatsangehörige vorsehen, die maßgebliche Richtlinie 2011/95/EU vom 13. Dezember 2011 sieht eine in der ganzen Union gültige Statusentscheidung jedoch nicht vor. Die Bundesrepublik Deutschland hat aber von der nach Völker- und Unionsrecht fortbestehenden Möglichkeit Gebrauch gemacht, durch eine nationale Regelung den Anerkennungsentscheidungen anderer Staaten in begrenztem Umfang Rechtswirkungen auch im eigenen Land beizumessen (vgl. etwa die diesbezügliche Empfehlung des UNHCR im Beschluss Nr. 12 seines Exekutivkomitees aus dem Jahr 1978). In Deutschland genießen im Ausland anerkannte Flüchtlinge schon seit Inkrafttreten des Ausländergesetzes von 1990 (dort § 51 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2) den gleichen Abschiebungsschutz wie die im Inland anerkannten, ohne dass ein erneutes Anerkennungsverfahren durchgeführt wird. Durch § 60 Abs. 1 Satz 2 AufenthG (n.F.) ordnet das nationale Recht eine auf den Abschiebungsschutz begrenzte Bindungswirkung der ausländischen Flüchtlingsanerkennung an (ähnlich Treiber, in: GK-AufenthG, Stand: Juli 2011, § 60 Rn. 205.3). Es besteht aber gerade kein Anspruch auf eine neuerliche Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder auf Feststellung subsidiären Schutzes (vgl. § 60 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 2 AufenthG n.F.) oder eine hieran anknüpfende Erteilung eines Aufenthaltstitels in Deutschland. Vielmehr ist das Bundesamt bei Vorliegen einer ausländischen Anerkennungsentscheidung zur Feststellung von subsidiärem Schutz oder der (erneuten) Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft in Deutschland weder verpflichtet noch berechtigt. Ein gleichwohl gestellter Antrag ist unzulässig. Das hat der Senat bereits zu der bis 30. November 2013 geltenden Regelung des § 60 Abs. 1 Satz 2 und 6 AufenthG (a.F.) entschieden (Beschluss vom 26. Oktober 2010 ‑ BVerwG 10 B 28.10 ‑ Buchholz 402.242 § 60 Abs. 1 AufenthG Nr. 43). Dem entspricht die nunmehr geltende Regelung des § 60 Abs. 1 Satz 2 und 3 AufenthG. Sie ist jedenfalls bei Zuerkennung internationalen Schutzes durch einen anderen Mitgliedstaat mit Unionsrecht vereinbar. Denn Art. 33 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2013/32/EU - Asylverfahrensrichtlinie 2013 - eröffnet dem nationalen Gesetzgeber die Möglichkeit, einen Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig zu behandeln, wenn dem Ausländer bereits ein anderer Mitgliedstaat internationalen Schutz gewährt, d.h. ihm entweder die Flüchtlingseigenschaft oder unionsrechtlichen subsidiären Schutz zuerkannt hat (vgl. Art. 2 Buchst. i der Richtlinie).
37Durch das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU vom 28. August 2013 (BGBl I S. 3474) wurde die Unzulässigkeit eines erneuten Anerkennungsverfahrens nunmehr auch auf die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylVfG (n.F.) erstreckt (§ 60 Abs. 2 Satz 2 AufenthG). Damit wurde die Konsequenz aus der inhaltlichen Neubestimmung des Asylantrags in § 13 Abs. 1 AsylVfG (n.F.) gezogen, der - im Einklang mit Unionsrecht - nunmehr neben dem Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft auch den Antrag auf Zuerkennung von unionsrechtlichem subsidiärem Schutz umfasst (vgl. BTDrucks 17/13063 S. 25 zu § 60 Abs. 2 AufenthG). Dies hat die verfahrensrechtliche Konsequenz, dass das Begehren auf Zuerkennung von unionsrechtlichem subsidiärem Schutz unzulässig ist, wenn dem Ausländer bereits im Ausland die Rechtsstellung eines Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten im Sinne von § 4 AsylVfG (n.F.) zuerkannt worden ist (vgl. hierzu bereits Urteil vom 13. Februar 2014 - BVerwG 10 C 6.13 - NVwZ-RR 2014, 487 Rn. 16).“
38Da dem Kläger im vorliegenden Fall bereits in Bulgarien die Flüchtlingseigenschaft („refugee status“) zuerkannt worden ist, kann er in Deutschland nicht mehr die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder Anerkennung als subsidiär Schutzberechtigter verlangen (§ 60 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 2 AufenthG).
39Eine Klagebefugnis gemäß § 42 Abs. 2 VwGO steht dem Kläger bezüglich der Regelung in Ziffer 1 des Bescheides auch nicht mit Blick auf das aus dem Rechtsstaatsprinzip herzuleitende Bestimmtheitsgebot zu, das in § 37 Abs. 1 VwVfG seinen Niederschlag gefunden hat.
40Das Bestimmtheitsgebot dient der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit und verlangt, dass ein rechtsstaatlicher Mindeststandard eingehalten wird. Der Adressat muss in der Lage sein zu erkennen, was von ihm gefordert wird; zudem muss der Verwaltungsakt geeignete Grundlage für Maßnahmen zu seiner zwangsweisen Durchsetzung sein können. Im Einzelnen richten sich die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit eines Verwaltungsakts nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden und mit dem Verwaltungsakt umzusetzenden materiellen Rechts.
41BVerwG, Urteil vom 27. Juni 2012 – 9 C 7/11 –, Rdn. 15 m.w.N., juris.
42Auch mit Blick auf diese rechtlichen Vorgaben wird die Rechtsposition des Klägers durch den Ausspruch in Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheides offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise geschmälert. Denn die Ablehnung des Asylantrages als unzulässig, die ausweislich der Begründung im Bescheid darauf gestützt ist, dass der Kläger bereits in Bulgarien als Flüchtling anerkannt ist, genügt offensichtlich diesen Anforderungen. Sie lässt hinreichend klar, verständlich und in sich widerspruchsfrei erkennen, dass das Bundesamt den Antrag auf Zuerkennung internationalen Schutzes (ohne Sachprüfung) ablehnt. Zwar lässt sich diesem Ausspruch ‑ anders als bei einer Bescheidung des Asylantrages nach einer der von §§ 29 ff, 71, 71a AsylG vorgesehenen Alternativen ‑ nicht ohne Weiteres entnehmen, welche Abschiebungsregelung (Abschiebungsanordnung oder -androhung) hieran in zulässiger Weise geknüpft werden kann. Dies begründet indes keine Unbestimmtheit der in Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheides getroffenen Regelung nach dem Maßstab des § 37 VwVfG,
43a.A. VG Berlin, Urteil vom 22. Februar 2016 – 23 K 183.15 A, Rdn. 13 ff, juris; so tendenziell ferner: VG Trier, Beschluss vom 28. Oktober 2014 – 5 L 1659/14.TR –, Rdn. 11, juris.
44Denn die Abschiebungsregelung ist nicht Teil des Ausspruches über den Asylantrag, sondern stellt einen eigenständigen Verwaltungsakt dar, der selbständig anfechtbar ist. Es ist dem Betroffenen möglich und zumutbar, die Frage, ob und gegebenenfalls welche Abschiebungsregelung auf die in seinem Fall ergangene Entscheidung über den Asylantrag gestützt werden kann, im Rahmen eines Rechtsbehelfs gegen die Abschiebungsregelung zu klären.
45Die Klage ist indes in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zulässig und begründet.
46Die insoweit gegen die Abschiebungsandrohung gerichtete Klage ist als Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1, 1. Var. VwGO statthaft. Denn die Abschiebungsandrohung stellt eine den Kläger belastende Regelung dar.
47Die Klage wurde auch fristgerecht erhoben. Zwar erfolgte die Klageerhebung nicht innerhalb der Frist des § 74 Abs. 1 AsylVfG in der maßgeblichen zum Zeitpunkt der Klageerhebung gültigen Fassung (zwei Wochen nach Bekanntgabe des angegriffenen Bescheides). Dies führt aber nicht zur Verfristung der Klageerhebung. Denn die zweiwöchige Klagefrist wurde nicht in Gang gesetzt. Es fehlt an der hierfür gemäß § 58 Abs. 1 VwGO erforderlichen ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung. Die dem angefochtenen Bescheid angefügte Rechtsbehelfsbelehrung wurde unrichtig erteilt, so dass die Klageerhebung gemäß § 58 Abs. 2 Satz 1, 1. Hs. VwGO innerhalb eines Jahres nach Bekanntgabe zulässig war. Diese Frist ist gewahrt.
48Eine Rechtsbehelfsbelehrung ist nicht nur dann unrichtig im Sinne von § 58 Abs. 2 VwGO, wenn sie die in § 58 Abs. 1 VwGO zwingend geforderten Angaben nicht enthält. Sie ist es vielmehr auch dann, wenn sie (generell) geeignet ist, bei dem Betroffenen einen Irrtum über die formellen oder materiellen Voraussetzungen des in Betracht kommenden Rechtsbehelfs hervorzurufen und ihn dadurch abzuhalten, den Rechtsbehelf überhaupt, rechtzeitig oder in der richtigen Form einzulegen,
49BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 1978 ‑ 6 C 77.78 ‑, BVerwGE 57, 188, 190; Beschluss vom 14. Februar 2000 ‑ 7 B 200.99 -, Rdn. 3, m.w.N., juris; Urteil vom 21. März 2002 ‑ 4 C 2/01 -, Rdn. 12, juris; Beschluss vom 31. August 2015 ‑ 2 B 61/14 ‑, juris.
50Die dem hier streitgegenständlichen Bescheid beigefügte Rechtbehelfsbelehrung war in diesem Sinne geeignet, bei dem Betroffenen einen solchen Irrtum hervorzurufen. Denn sie ist geeignet, bei einem Betroffenen den falschen Eindruck zu erwecken, dass eine Klage gegen den Bescheid des Bundesamtes ausschließlich schriftlich und in deutscher Sprache beim Verwaltungsgericht eingereicht werden kann.
51Zwar gibt der erste Teil des betreffenden Satzes
52‑ „Die Klage muss den Kläger, die Beklagte und den Gegenstand des Klagebegehrens bezeichnen“ ‑
53nur den Wortlaut des § 82 Abs. 1 Satz 1 VwGO wieder und kann daher für die Ordnungsgemäßheit der Rechtsbehelfsbelehrung unschädlich sein,
54vgl. Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 10. April 1991 ‑ 5 UE 3750/89 ‑, Rdn. 26, juris.
55Der zweite Satzteil
56‑ „und in deutscher Sprache abgefasst sein.“ ‑
57geht jedoch darüber hinaus. Dieser kann sinnvoll nur so verstanden werden, dass er formale Anforderungen an die sprachliche Äußerung formuliert, mit der wirksam Klage erhoben werden kann. Dem in diesem Satzteil verwendeten Verb „abfassen“ kommt ganz überwiegend die Bedeutung einer schriftlichen Äußerung zu. Es ist gleichbedeutend mit anfertigen, aufschreiben, aufsetzen, formulieren, niederschreiben, schreiben, verfassen, zu Papier bringen, niederlegen,
58vgl. Duden, Das Synonymwörterbuch, 4. Aufl., zum Stichwort „abfassen“, Ziff 1.
59Der Hinweis auf die Erforderlichkeit der Verschriftlichung der Prozesshandlung der Klageerhebung ist irreführend. Er erweckt den falschen Eindruck, dass der Betreffende selbst für die Schriftform zu sorgen hat.
60So auch VG Augsburg, Beschluss vom 3. Dezember 2014 – Au 7 S 14.50321 –, Rdn. 26, juris, mit zusätzlichem Verweis auf den Wortlaut einer dem dort streitgegenständlichen Bescheid beigefügten englischsprachigen Rechtsbehelfsbelehrung.
61Dies steht in Widerspruch zu § 81 Abs. 1 Satz 2 VwGO. Nach dieser Norm kann beim Verwaltungsgericht die Klage auch zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle erhoben werden. Der fehlerhafte Hinweis auf die Schriftform erschwert dem Betroffenen die Rechtsverfolgung in einer vom Gesetz nicht gewollten Weise,
62vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 1978 – 6 C 77.78 – BVerwGE 57, 188, 190 (zu den gleichartigen Formerfordernissen des § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
63Zudem erweckt der Hinweis auf die erforderliche Verwendung der deutschen Sprache bei der Klageerhebung den irreführenden Eindruck, dass eine Klageerhebung unter Verwendung einer anderen Sprache nicht (fristwahrend) möglich sei. Zwar können nach verbreiteter Auffassung mit Blick auf § 55 VwGO i.V.m. § 184 Satz 1 GVG, wonach die Gerichtssprache deutsch ist, Eingaben an das Gericht in anderer Sprache grundsätzlich keine fristwahrende Wirkung entfalten,
64vgl. Kissel/Mayer, GVG, 8. Aufl., 2015, § 184 Rdn. 5 ff m.w.N., auch zum Meinungsbild und zu Ausnahmen von diesem Grundsatz.
65Etwas anderes gilt aber jedenfalls dann, wenn die Eingabe einen noch verständlichen Hinweis in deutscher Sprache enthält, es werde ein Rechtsbehelf eingelegt; hier kommt es auf die Wahrung der vorgeschriebenen Form an,
66Kissel/Mayer, GVG, 8. Aufl., 2015, § 184 Rdn. 5.
67Wird die Klage gemäß § 81 Abs. 1 Satz 2 VwGO zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle erhoben, genügt es, wenn der Rechtsschutzsuchende diesem gegenüber noch verständlich zu erkennen gibt, er wolle einen Rechtsbehelf einlegen. Dies kann sich auch aus dem Verhalten des Vorsprechenden mit Bezug auf vorgelegte Schriftstücke ergeben. Zudem kann der die Niederschrift aufnehmende Urkundsbeamte der Geschäftsstelle gemäß § 55 VwGO i.V.m. § 190 GVG auch den Dienst eines Dolmetschers wahrnehmen, so dass es einer deutschsprachigen Äußerung des Rechtsschutzsuchenden nicht notwendig bedarf.
68Der mit dieser Rechtslage nicht in Einklang stehende Hinweis, die Klageerhebung müsse in deutscher Sprache formuliert sein, ist ebenfalls geeignet, einen Betroffenen ‑ insbesondere einen der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtigen Ausländer als typischen Adressaten eines Bescheides des Bundesamtes ‑ von der (rechtzeitigen) Klageerhebung abzuhalten.
69Unerheblich ist, dass die Unrichtigkeit der Rechtsbehelfsbelehrung im vorliegenden Fall für die Verspätung der Klageerhebung nicht kausal gewesen sein dürfte, weil der Kläger nach eigenen Angaben die Rechtsbehelfsbelehrung nicht verstanden hat. Denn § 58 VwGO macht den Lauf der Fristen in allen Fällen von der Erteilung einer ordnungsgemäßen Belehrung abhängig, ohne Rücksicht darauf, ob den Betroffenen die Möglichkeit und die Voraussetzungen der in Betracht kommenden Rechtsbehelfe tatsächlich unbekannt waren und ob das Fehlen oder die Unrichtigkeit der Rechtsbehelfsbelehrung kausal für das Unterbleiben oder die Verspätung des Rechtsbehelfs war. Indem § 58 VwGO seine Rechtsfolgen allein an die objektiv feststellbare Tatsache des Fehlens oder der Unrichtigkeit der Belehrung knüpft, gibt die Vorschrift sämtlichen Verfahrensbeteiligten gleiche und zudem sichere Kriterien für das Bestimmen der formellen Rechtskraft an die Hand.
70Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. April 2009 ‑ 3 C 23.08 ‑, BVerwGE 134, 41, Rdn. 17 und juris, m.w.N.
71Aus diesem Grund kommt es auch nicht darauf an, welchen Inhalt die dem streitgegenständlichen Bescheid zusätzlich beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung in arabischer Sprache hat. Das Bundesamt verbindet die in arabischer Sprache abgefasste Rechtsbehelfsbelehrung selbst mit dem Hinweis, dass ausschließlich die in der Amtssprache Deutsch verfasste Rechtsbehelfsbelehrung maßgeblich sei. Abgesehen davon fehlen Anhaltspunkte dafür, dass die arabische Übersetzung der deutschen Rechtsbehelfsbelehrung deren Fehlerhaftigkeit nicht teilt.
72Die Klageerhebung erfolgte innerhalb der nach alledem gemäß § 58 Abs. 2 VwGO in Gang gesetzten Jahresfrist.
73Die Klage ist insoweit auch begründet. In dem für die rechtliche Beurteilung maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) ist Ziffer 2 des Bescheides des Bundesamtes vom 27. März 2015 rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 VwGO.
74Die Abschiebungsandrohung lässt sich entgegen der im Bescheid dargelegten Begründung nicht auf §§ 26a, 34a AsylG stützen. Es kann dahinstehen, ob überhaupt der Anwendungsbereich dieser Regelungen eröffnet ist, wenn ‑ wie hier ‑ der Asylantrag nicht mit einem Ausspruch nach §§ 26a, 31 Abs. 4 Satz 1 AsylG beschieden wird, sondern als unzulässig abgelehnt wird. Denn jedenfalls ermächtigt § 34a AsylG das Bundesamt lediglich zum Erlass einer Abschiebungsanordnung, nicht jedoch zum Erlass einer Abschiebungsandrohung,
75vgl. im Einzelnen: BayVGH, Beschluss vom 23. November 2015 ‑ 21 ZB 15.30237 ‑, Rdn. 4 ff, juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 18. September 2015 ‑ 13 K 2288/15.A ‑, Rdn. 69, juris; VG Münster, Urteil vom 22. Oktober 2015 – 8 K 436/15.A –, Rdn. 14 ff, juris; VG Berlin, Urteile vom 4. Juni 2015 ‑ 23 K 906.14 A –, Rdn. 34 ff und vom 20. November 2015 ‑ 23 K 864.14 A ‑, Rdn. 32, beide bei juris; VG Ansbach, Urteil vom 11. April 2016 – AN 3 K 16.50013 –, Rdn. 43 ff, juris.
76Die Abschiebungsandrohung findet ihre Rechtsgrundlage aber auch nicht in §§ 34 Abs. 1 Satz 1, 38 AsylG. Es bedarf daher keiner Entscheidung, ob eine nachträgliche Auswechslung der Ermächtigungsgrundlage überhaupt zulässig ist. Ferner bedarf es keiner Entscheidung, ob bzw. inwieweit § 34a AsylG als Spezialregelung die Anwendung der §§ 34 Abs. 1, 38 AsylG ausschließt.
77Denn es liegen schon die Tatbestandsvoraussetzungen des § 34 Abs. 1 Satz 1 AufenthG nicht vor. Nach dieser Norm erlässt das Bundesamt nach den §§ 59 und 60 Abs. 10 AufenthG eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn
781. der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird,2. dem Ausländer nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wird,2a. dem Ausländer kein subsidiärer Schutz gewährt wird,
793. die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG nicht vorliegen oder die Abschiebung ungeachtet des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ausnahmsweise zulässig ist und
804. der Ausländer keinen Aufenthaltstitel besitzt.
81Es fehlt hier an der Voraussetzung nach § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AsylG. Denn das Bundesamt hat bislang nicht festgestellt, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG im Falle des Klägers in Bezug auf Bulgarien als den vorgesehenen Zielstaat der Abschiebung nicht vorliegen.
82Der streitgegenständliche Bescheid enthält diesbezüglich keine Entscheidung. Der Tenor enthält keinen Ausspruch zu der Frage, ob ein nationales Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG vorliegt. Auch den Gründen des streitgegenständlichen Bescheides kann eine Entscheidung des Bundesamtes hierüber nicht entnommen werden. Die Tatsache, dass ohne eine (Mit-)Prüfung solcher Abschiebungsverbote das Bundesamt die Abschiebungsandrohung nicht hätte erlassen dürfen, lässt keinen Rückschluss darauf zu, dass das Bundesamt tatsächlich hierzu eine Entscheidung treffen wollte und getroffen hat,
83a.A. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 19. Februar 2016 – 2a K 2466/15.A –, Rdn. 38, juris.
84Auch der Begründung des Bescheides lassen sich keine Überlegungen entnehmen, die hinreichend erkennen ließen, dass das Bundesamt nationale Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG in Bezug auf Bulgarien geprüft und verneint hat. Zwar enthält die Begründung Ausführungen zu der Situation für Flüchtlinge in Bulgarien. Diesen fehlt aber jeglicher rechtlicher Anknüpfungspunkt. Es lässt sich nicht ansatzweise erkennen, nach welchem Maßstab das Bundesamt zu der zusammenfassenden Feststellung kommt, es gebe "keine generellen Sachverhalte (...), die gegen die Abschiebung nach Bulgarien" sprächen. Die dieser Feststellung vorausgehend im Bescheid dargelegten erheblichen Lücken bei der Gesundheitsversorgung von anerkannten Flüchtlingen und weiteren Probleme bei der Grundversorgung (z.B. Zugang zu angemessenen und bezahlbaren Unterkünften) werden in keiner Weise rechtlich gewürdigt.
85Eine solche Prüfung war auch nicht mit Blick auf Art. 16a Abs. 2 GG, §§ 26a, 31 Abs. 4 AsylG und das diesen Normen zu Grunde liegende „Konzept der normativen Vergewisserung“ entbehrlich. Zum einen stützte das Bundesamt die Ablehnung des Asylantrages gerade nicht auf diese Normen, sondern lehnte den Asylantrag als unzulässig ab. Abgesehen davon schließen es die genannten Normen nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zwar grundsätzlich aus, sich bei Einreise aus einem sicheren Drittstaat auf Gefährdungen gemäß § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu berufen,
86vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 - 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 -, Rdn. 186 f., juris.
87Dem kann der Schutzsuchende jedoch damit entgegentreten, dass sich aufgrund bestimmter Tatsachen aufdrängt, dass er von einem der vom Bundesverfassungsgericht herausgearbeiteten, im normativen Vergewisserungskonzept nicht aufgefangenen Sonderfälle betroffen ist,
88BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 - 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 -, Rdn. 189 f, juris.
89Die Prüfung, ob ein vom normativen Vergewisserungskonzept nicht aufgefangener Sonderfall vorliegt, weil der Drittstaat (hier: Bulgarien) anerkannte Flüchtlinge unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung unterwirft, erfordert eine aktuelle Gesamtwürdigung der zu dieser Situation vorliegenden Berichte und Stellungnahmen,
90vgl. BVerfG, Beschluss vom 21. April 2016 – 2 BvR 273/16 –, Rdn. 11, juris; vgl. ferner VG Gelsenkirchen, Urteil vom 19. Februar 2016 – 2a K 2466/15.A –, Rdn. 46, juris.
91Dies hat das Bundesamt unterlassen.
92Ohne eine entsprechende (negative) Feststellung des Bundesamtes erweist sich die Abschiebungsandrohung in Ziffer 2 des Bescheides als rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Insbesondere kann der fehlende Ausspruch seitens des Bundesamtes nicht durch eine inzidente Prüfung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG hinsichtlich des Zielstaates (hier: Bulgarien) im Rahmen der Überprüfung der Abschiebungsandrohung seitens des Gerichts ersetzt werden. Anders als der Erlass einer Abschiebungsanordnung setzt derjenige einer Abschiebungsandrohung nach § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AsylVfG stets voraus, dass das Bundesamt eine (ausdrückliche) Feststellung dazu getroffen hat, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG nicht vorliegen,
93vgl. VG Trier, Beschluss vom 28. Oktober 2014 - 5 L 1659/14.Tr -, Rdn. 18, juris; VG Berlin, Urteil vom 4. Juni 2015 ‑ 23 K 906.14 A ‑, Rdn. 41, juris; BeckOK AuslR/Pietzsch, AsylG § 34 Rdn. 23.1, beck-online; Funke/Kaiser, in: GK-AsylVfG (Stand: Dezember 2015) § 34 Rdn. 43; Bergmann, in: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 11. Aufl., 2016, § 31 AsylG Rdn. 3; vgl. ferner bei Ablehnung eines Asylantrages nach § 71a AsylVfG: VGH Kassel, Beschluss vom 11. August 2014 ‑ 10 A 2348/13.Z.A. ‑, Rdn. 5, juris; vgl. speziell zur Erforderlichkeit der Prüfung inlandsbezogener Abschiebungshindernisse: VG Ansbach, Urteil vom 11. April 2016 ‑ AN 3 K 16.50013 ‑, Rdn. 50 f, juris.
94Wenn das Bundesamt ‑ wie hier ‑ nicht nach dem gemäß § 31 Abs. 4 AsylVfG modifizierten Prüfprogramm entschieden hat, muss es gemäß § 31 Abs. 2 und 3 AsylG nach dem „gewöhnlichen Entscheidungsprogramm“ über das Asylbegehren befinden. Dies ist schon deswegen unvermeidlich, weil sich in einem solchen Fall nur die Alternative stellt, entweder dem Ausländer ein Bleiberecht für die Bundesrepublik Deutschland zu gewähren oder ihn ins Herkunftsland abzuschieben.
95OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 30. September 1996 - 25 A 790/96.A -, Rdn. 9 ff m.w.N., juris.
96Die Entscheidung darüber lässt sich aber, wenn ‑ wie hier ‑ die Zuerkennung internationalen Schutzes in der Bundesrepublik Deutschland wegen der Schutzgewährung in einem anderen Staat rechtlich ausgeschlossen ist, ohne Prüfung der nationalen Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG nicht treffen,
97VG Berlin, Urteil vom 4. Juni 2015 – 23 K 906.14 A –, Rdn. 42, juris.
98Stellt das Bundesamt im Einzelfall fest, dass ein nationales Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG vorliegt, so vermag dies unter den in § 25 Abs. 3 AufenthG genannten Voraussetzungen einen Anspruch des Betroffenen auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zu begründen. Auf die aus diesem Grund bestehende Erforderlichkeit einer Entscheidung des Bundesamtes über nationale Abschiebungsverbote weist auch die Gesetzesbegründung zur Neufassung des § 34 AufenthG mit dem Gesetz zur Umsetzung aufenthaltsrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union und zur Anpassung nationaler Rechtsvorschriften an den EU-Visakodex vom 22. November 2011 (BGBl I S. 2258) ausdrücklich hin. Dort heißt es: „Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge kann eine Abschiebung nunmehr nur noch androhen, wenn neben der Asylberechtigung, der Flüchtlingseigenschaft und einem Aufenthaltstitel auch Abschiebungsverbote nach § 60 Absatz 2 bis 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen oder die Abschiebung trotz Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes ausnahmsweise zulässig ist. Mit der Änderung wird dem Umstand Rechnung getragen, dass bei Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Absatz 2 bis 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes regelmäßig eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 3 des Aufenthaltsgesetzes erteilt wird.“
99BT-Drucks. 17/5470, S. 31, zu Art. 4 Nr. 3.
100Mangels einer entsprechenden Feststellung des Bundesamtes in Bezug auf den vorgesehenen Zielstaat der Abschiebung (hier: Bulgarien) ist die Abschiebungsandrohung aufzuheben.
101Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs.1 Satz 1 VwGO, § 83b AsylG.
102Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 84 Abs. 1 S. 3, 167 Abs. 2 und Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
(1) Die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf beginnt nur zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehrt worden ist.
(2) Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Rechtsbehelfs nur innerhalb eines Jahres seit Zustellung, Eröffnung oder Verkündung zulässig, außer wenn die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder eine schriftliche oder elektronische Belehrung dahin erfolgt ist, daß ein Rechtsbehelf nicht gegeben sei. § 60 Abs. 2 gilt für den Fall höherer Gewalt entsprechend.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 8. September 2016 - A 5 K 5074/16 - wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Gründe
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Tenor
Die Klage wird als offensichtlich unbegründet abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
1
Tatbestand:
2Der am 11. Mai 1985 in W. /Mazedonien geborene Kläger zu 1., die am 2. Februar 1988 ebenda geborene Klägerin zu 2., der am 14. Februar 2010 ebenda geborene Kläger zu 3. und die am 28. Oktober 2012 ebenda geborene Klägerin zu 4. sind mazedonische Staatsangehörige. Sie gehören der Volksgruppe der Bosniaken an. Nach eigenen Angaben reisten die Kläger am 8. Juni 2015 mit einem Kombi in die Bundesrepublik Deutschland ein. Am 22. Juni 2015 stellten die Kläger unter dem Aktenzeichen 6021541-144 Asylerstanträge.
3In der am 24. Juni 2015 beim Bundesamt durchgeführten persönlichen Anhörung gab der Kläger zu 1. an, er habe als Bäcker gearbeitet. Die letzten zwei Jahre habe er in einer Bäckerei für 400 bis 450 € monatlich gearbeitet. In Mazedonien sei er aufgefordert worden, nach Syrien zu fahren und dort für radikale Islamisten zu kämpfen. Als er dies abgelehnt habe, habe ihm ein Mann gesagt, dies könne sich negativ auf die Familie auswirken. Die Klägerin zu 2. bekundete, sie sei nicht erwerbstätig, sondern habe mit den Kindern von den Einkünften Ihres Ehemannes gelebt. Sie gab ebenfalls an, der Kläger zu 1. habe berichtet, dass er für islamistische Kämpfer in Syrien rekrutiert werden solle.
4Mit Bescheid vom 30. Juni 2015, zugestellt am 19. August 2015, lehnte das Bundesamt den Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und den Antrag auf Asylanerkennung als offensichtlich unbegründet ab. Den subsidiären Schutzstatus erkannte es nicht zu. Das Bundesamt stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen. Unter der Androhung der Abschiebung nach Mazedonien forderte das Bundesamt die Kläger auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe des Bescheides zu verlassen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Begründung des Bescheides verwiesen.
5Mit am 31. August 2015 erhobener Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter. Der Kläger zu 1. legt ein Attest des Arztes für Neurologie und Psychiatrie, Dr. (. . . ) . . . . , vom 3. September 2015 vor. Danach sei der Kläger zu 1. von Landsleuten gezwungen worden, nach Syrien zu gehen und für die IS-Truppen zu kämpfen. Sie seien auch zweimal zu ihm nachhause gekommen und hätten seiner Familie und ihm gedroht, sie zu töten, wenn er dies nicht mache. Es liege eine posttraumatische Belastungsstörung vor (ICD-10: F 43.1). Es bestehe zurzeit Reiseunfähigkeit. Im Falle eines weiteren psychischen Drucks könne dies die Selbstmordgedanken provozieren und den Kläger zu 1. direkt zu einem Suizidversuch führen. Sein Heimatland sei gegenwärtig kontraindiziert. Die Kläger beantragen sinngemäß,
6- 7
1. die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 7. Juli 2015, Geschäftszeichen 6021541 ‑144, zu verpflichten, sie als Asylberechtigte im Sinne des Art. 16a Abs. 1 GG anzuerkennen;
- 8
2. ihnen die Flüchtlingseigenschaft nach § 60 Abs. 1 AufenthG i.V.m. § 3 Abs. 4 AsylG zuzuerkennen;
- 9
3. die Beklagte zu verpflichten, Ihnen subsidiären Schutz nach § 60 Abs. 2 AufenthG i.V.m. § 4 AsylG zuzuerkennen;
- 10
4. die Beklagte zu verpflichten festzustellen, dass Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG vorliegen.
Die Beklagte beantragt,
12die Klage abzuweisen.
13Die Beklagte nimmt zur Begründung auf den angefochtenen Bescheid Bezug.
14Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge (Beiakten Hefte 1 und 2) Bezug genommen.
15Entscheidungsgründe:
16Die Entscheidung ergeht nach § 76 Abs. 1 des als Asylgesetz fortgeltenden Asylverfahrensgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. September 2008 (BGBl I S. 1798), zuletzt geändert jeweils durch Art. 1 (BGBl. I, S. 390) und Art. 2 (BGBl. I, S. 394) der Gesetze vom 11. März 2016 – AsylG – durch den Einzelrichter, da diesem der Rechtsstreit durch Beschluss der Kammer vom 20. Mai 2016 zur Entscheidung übertragen worden ist.
17Das Gericht kann trotz Ausbleibens der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung entscheiden, weil diese ordnungsgemäß geladen und in der Ladung darauf hingewiesen worden sind, dass beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann (§ 102 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung- VwGO -).
18Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist sie fristgerecht innerhalb der gemäß § 58 Abs. 2 VwGO anwendbaren Jahresfrist erhoben worden. § 58 Abs. 2 VwGO ist anwendbar, weil die Rechtsbehelfsbelehrung unrichtig ist. Die Unrichtigkeit folgt aus der Formulierung der Rechtsbehelfsbelehrung,
19Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von einer Woche nach Zustellung Klage bei dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen …erhoben werden…. Die Klage muss den Kläger, die Beklagte und den Gegenstand des Klagebegehrens bezeichnen und in deutscher Sprache abgefasst sein,
20die mit der Formulierung „abgefasst“ im Ergebnis unrichtig nahelegt, die Klage müsse schriftlich erhoben werden. Äußert sich die Rechtsbehelfsbelehrung über die notwendigen Angaben gemäß § 58 Abs. 1 VwGO hinaus auch über die Form des Rechtsbehelfs, so sind alle Möglichkeiten der Erhebung des Rechtsbehelfs, insbesondere die Möglichkeit, Klage zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu erheben, zu benennen. Dies ist indes unterblieben mit der Folge, dass ihr ein unrichtiger oder irreführender Zusatz beigefügt ist, der geeignet ist, beim Betroffenen einen Irrtum über die formellen und/oder materiellen Voraussetzungen des in Betracht kommenden Rechtsbehelfs hervorzurufen und ihn dadurch abzuhalten, den Rechtsbehelf einzulegen bzw. rechtzeitig einzulegen.
21Vgl. zu dieser Konstellation VG Augsburg, Beschluss vom 03. Dezember 2014 – Au 7 S 14.50321 – juris in zutreffender Fortführung von BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 1978 – 6 C 77/78 –, BVerwGE 57, 188-191, Rn. 23, juris.
22Die Klage ist jedoch offensichtlich unbegründet. Der angefochtene Bescheid des Bundesamtes ist offensichtlich rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 VwGO).
23Die Kläger haben nach der maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) offensichtlich weder einen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigte gemäß Art. 16 a Abs. 1 GG noch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG (1.). Auch die Voraussetzungen für die Gewährung von subsidiärem Schutz nach § 4 Abs. 1 AsylG und die Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG liegen offensichtlich nicht vor (2.). Die angefochtene Abschiebungsandrohung erweist sich ebenfalls als rechtmäßig (3.).
24Die Kläger besitzen die Staatsangehörigkeit Mazedoniens, das nach der Anlage II zu § 29 a Abs. 2 AsylVfG (nunmehr AsylG) in der seit dem 6. November 2014 geltenden Fassung des Art. 1 Nr. 2 des Gesetzes zur Einstufung weiterer Staaten als sichere Herkunftsstaaten und zur Erleichterung des Arbeitsmarktzugangs für Asylbewerber und geduldete Ausländer vom 31. Oktober 2014 (BGBl. I S. 1649) zu den sicheren Herkunftsstaaten gehört. Der Vortrag der Kläger gibt keinen Anlass zu der Annahme, dass ihm abweichend von der durch den Gesetzgeber vorgenommen Beurteilung der allgemeinen Lage in Mazedonien Verfolgung im Sinne des Tatbestands des § 3 Abs. 1 AsylG droht. Individuelle Gründe, die auf eine Verfolgung durch den Staat oder durch Parteien und Organisationen, die den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebiets von Mazedonien beherrschen, schließen lassen würden, sind nicht dargelegt worden. Soweit die Kläger vortragen, sie seien von Dritten für den Fall, dass der Kläger zu 1. nicht in Syrien für die IS-Truppen kämpfe, bedroht worden, so haben sich die Kläger primär an die mazedonischen Sicherheitsbehörden zu wenden, für die davon auszugehen ist, dass sie grundsätzlich willens und in der Lage sind, die mazedonischen Bürgern zu schützen.
252. Die Kläger haben auch offensichtlich weder Anspruch auf subsidiären Schutz nach § 4 AsylG noch auf die Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG. Insbesondere hat der Kläger zu 1. keinen Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungsverbotes aus gesundheitlichen Gründen. Das vorgelegte Attest substantiiert nicht die Grundlage des Befundes der posttraumatischen Belastungsstörung. Hiervon unabhängig ist das bescheinigte Krankheitsbild in Mazedonien behandelbar.
26Auswärtiges Amt, Ad-hoc-Teil-Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Ehemaligen jugoslawischen Republik (EJR) Mazedonien v.a. bzgl. der Situation der Roma sowie zur medizinischen Versorgung (Stand: Januar 2011), S. 8; zuletzt eingehend VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27. April 2016 – B. 6 S 916/15 – juris.
273. Die in Ziffer 5. des angefochtenen Bescheides enthaltene Abschiebungsandrohung beruht auf §§ 34 Abs. 1, 36 Abs. 1 AsylG i. V. m. § 59 Abs. 1 Satz 1 AufenthG und begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
28Die Unbegründetheit der Klage ist im Sinne des § 78 Abs. 1 Nr. 1 AsylG offensichtlich. Ihre Abweisung drängt sich angesichts der Einordnung der EhemaligenJugoslawischen Republik Mazedonien als sicherer Herkunftsstaat und des evidenten Fehlens asylrechtlich relevanter Aufenthaltsgründe geradezu auf.
29Zur Vermeidung von Wiederholungen verzichtet das Gericht auf die weitere Darstellung der Entscheidungsgründe, da es im Übrigen der Begründung des angefochtenen Bescheides folgt (§ 77 Abs. 2 AsylG).
30Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 159 S. 1 VwGO, § 83b Abs. 1 AsylG.
Die Gerichtssprache ist deutsch. Das Recht der Sorben, in den Heimatkreisen der sorbischen Bevölkerung vor Gericht sorbisch zu sprechen, ist gewährleistet.
Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.
Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.
(2) Das Urteil enthält
- 1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren, - 2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, - 3.
die Urteilsformel, - 4.
den Tatbestand, - 5.
die Entscheidungsgründe, - 6.
die Rechtsmittelbelehrung.
(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.
(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.
(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.
(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.
Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Der Beschluß ist schriftlich abzufassen. § 60 ist entsprechend anzuwenden.
(1) Ist für eine Erklärung durch Gesetz öffentliche Beglaubigung vorgeschrieben, so muss die Erklärung
- 1.
in schriftlicher Form abgefasst und die Unterschrift des Erklärenden von einem Notar beglaubigt werden oder - 2.
in elektronischer Form abgefasst und die qualifizierte elektronische Signatur des Erklärenden von einem Notar beglaubigt werden.
(2) Wurde eine Erklärung in schriftlicher Form von dem Erklärenden mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet, so erfüllt die Erklärung auch die Anforderungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1.
(3) Die öffentliche Beglaubigung wird durch die notarielle Beurkundung ersetzt.
(1) Das Urteil ergeht im Namen des Volkes.
(2) Das Urteil wird durch Vorlesung der Urteilsformel verkündet. Die Vorlesung der Urteilsformel kann durch eine Bezugnahme auf die Urteilsformel ersetzt werden, wenn bei der Verkündung von den Parteien niemand erschienen ist. Versäumnisurteile, Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses erlassen werden, sowie Urteile, welche die Folge der Zurücknahme der Klage oder des Verzichts auf den Klageanspruch aussprechen, können verkündet werden, auch wenn die Urteilsformel noch nicht schriftlich abgefasst ist.
(3) Die Entscheidungsgründe werden, wenn es für angemessen erachtet wird, durch Vorlesung der Gründe oder durch mündliche Mitteilung des wesentlichen Inhalts verkündet.
(4) Wird das Urteil nicht in dem Termin verkündet, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen wird, so kann es der Vorsitzende in Abwesenheit der anderen Mitglieder des Prozessgerichts verkünden.
(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich
- 1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe - 2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, - a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder - b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen, - 2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder - 3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er
- 1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder - 2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.
(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:
- 1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, - 2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder - 3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.
(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen, - 2.
eine schwere Straftat begangen hat, - 3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder - 4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich
- 1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe - 2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, - a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder - b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen, - 2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder - 3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er
- 1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder - 2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich
- 1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe - 2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, - a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder - b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen, - 2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder - 3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er
- 1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder - 2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.
(1) Als Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 gelten Handlungen, die
- 1.
auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Artikel 15 Absatz 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist, oder - 2.
in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist.
(2) Als Verfolgung im Sinne des Absatzes 1 können unter anderem die folgenden Handlungen gelten:
- 1.
die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt, - 2.
gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden, - 3.
unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung, - 4.
Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung, - 5.
Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des § 3 Absatz 2 fallen, - 6.
Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.
(3) Zwischen den in § 3 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit den in § 3b genannten Verfolgungsgründen und den in den Absätzen 1 und 2 als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen muss eine Verknüpfung bestehen.
(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich
- 1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe - 2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, - a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder - b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen, - 2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder - 3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er
- 1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder - 2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.
(1) Bei der Prüfung der Verfolgungsgründe nach § 3 Absatz 1 Nummer 1 ist Folgendes zu berücksichtigen:
- 1.
der Begriff der Rasse umfasst insbesondere die Aspekte Hautfarbe, Herkunft und Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe; - 2.
der Begriff der Religion umfasst insbesondere theistische, nichttheistische und atheistische Glaubensüberzeugungen, die Teilnahme oder Nichtteilnahme an religiösen Riten im privaten oder öffentlichen Bereich, allein oder in Gemeinschaft mit anderen, sonstige religiöse Betätigungen oder Meinungsäußerungen und Verhaltensweisen Einzelner oder einer Gemeinschaft, die sich auf eine religiöse Überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind; - 3.
der Begriff der Nationalität beschränkt sich nicht auf die Staatsangehörigkeit oder das Fehlen einer solchen, sondern bezeichnet insbesondere auch die Zugehörigkeit zu einer Gruppe, die durch ihre kulturelle, ethnische oder sprachliche Identität, gemeinsame geografische oder politische Herkunft oder ihre Verwandtschaft mit der Bevölkerung eines anderen Staates bestimmt wird; - 4.
eine Gruppe gilt insbesondere als eine bestimmte soziale Gruppe, wenn - a)
die Mitglieder dieser Gruppe angeborene Merkmale oder einen gemeinsamen Hintergrund, der nicht verändert werden kann, gemein haben oder Merkmale oder eine Glaubensüberzeugung teilen, die so bedeutsam für die Identität oder das Gewissen sind, dass der Betreffende nicht gezwungen werden sollte, auf sie zu verzichten, und - b)
die Gruppe in dem betreffenden Land eine deutlich abgegrenzte Identität hat, da sie von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird;
- 5.
unter dem Begriff der politischen Überzeugung ist insbesondere zu verstehen, dass der Ausländer in einer Angelegenheit, die die in § 3c genannten potenziellen Verfolger sowie deren Politiken oder Verfahren betrifft, eine Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung vertritt, wobei es unerheblich ist, ob er auf Grund dieser Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung tätig geworden ist.
(2) Bei der Bewertung der Frage, ob die Furcht eines Ausländers vor Verfolgung begründet ist, ist es unerheblich, ob er tatsächlich die Merkmale der Rasse oder die religiösen, nationalen, sozialen oder politischen Merkmale aufweist, die zur Verfolgung führen, sofern ihm diese Merkmale von seinem Verfolger zugeschrieben werden.
Die Verfolgung kann ausgehen von
- 1.
dem Staat, - 2.
Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder - 3.
nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.
Tatbestand
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Der Kläger, ein türkischer Staatsangehöriger kurdischer Volkszugehörigkeit, begehrt Abschiebungsschutz gemäß § 60 Abs. 2, 3 oder 7 Satz 2 AufenthG.
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Der 1972 geborene Kläger wurde im November 2004 in M. aufgegriffen und beantragte daraufhin Asyl. Zur Begründung gab der Kläger an, er habe sich am bewaffneten Kampf der PKK beteiligt. Im Juni 1991 sei er festgenommen und einen Monat lang von türkischen Sicherheitskräften unter Folter verhört worden. Nach seiner Verurteilung zu zwölfeinhalb Jahren Haft sei er bis Dezember 2000 weiter im Gefängnis gewesen und dann vorzeitig aus der Haft entlassen worden. Anschließend habe er sich erneut der PKK angeschlossen. Später habe er an deren politischer Linie gezweifelt und sich im Juli 2004 von der PKK getrennt. In der Türkei sei sein Leben trotz des Reuegesetzes gefährdet gewesen, da er keinen Wehrdienst abgeleistet und deswegen gesucht worden sei. Zudem hätten die Sicherheitskräfte erfahren, dass er sich nach seiner Entlassung aus der Haft wieder der PKK angeschlossen habe.
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Der Kläger hat dem Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (nunmehr: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - Bundesamt) unter anderem die Kopie eines Urteils des Staatssicherheitsgerichts D. vom 24. Januar 1992 übergeben, wonach er u.a. wegen "Mitgliedschaft in der illegalen Organisation PKK" gemäß § 168/2 tStGB zu einer Haftstrafe von 12 Jahren und 6 Monaten verurteilt worden ist. Das Auswärtige Amt bestätigte die Echtheit der Urkunden und teilte mit, dass nach dem Kläger in der Türkei wegen Mitgliedschaft in der PKK gefahndet werde. Sein Bruder habe ausgesagt, dass der Kläger sich nach der Entlassung aus der Strafhaft wieder der PKK angeschlossen habe. Außerdem sei bekannt, dass er sich in einem Ausbildungscamp im Iran aufgehalten habe. Würde er wegen Mitgliedschaft in der PKK zu einer Haftstrafe verurteilt, würde zusätzlich die auf Bewährung ausgesetzte Reststrafe vollstreckt werden.
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Mit Bescheid vom 28. Juli 2005 lehnte das Bundesamt den Asylantrag des Klägers als offensichtlich unbegründet ab, stellte fest, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG offensichtlich nicht und Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG nicht vorliegen, und drohte dem Kläger für den Fall nicht fristgerechter Ausreise die Abschiebung in die Türkei an. Der Asylantrag sei gemäß § 30 Abs. 4 AsylVfG offensichtlich unbegründet, da der Kläger eine schwere nichtpolitische Straftat begangen und den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwider gehandelt habe. Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG lägen nicht vor.
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Im Klageverfahren hat der Kläger seinen Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter nicht weiter verfolgt. Mit Urteil vom 22. November 2005 hat das Verwaltungsgericht die Beklagte zur Flüchtlingsanerkennung des Klägers verpflichtet. Im Berufungsverfahren hat das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz mitgeteilt, der Kläger sei im Bundesgebiet für die Nachfolgeorganisation der PKK, den KONGRA-GEL aktiv und habe im Januar 2005 an einer Aktivistenversammlung in N. teilgenommen. Er habe im Jahr 2006 als Leiter des KONGRA-GEL in Offenbach fungiert und ab diesem Zeitpunkt eine Kontrollfunktion innerhalb des KONGRA-GEL in A. ausgeübt. Der Kläger hat das bestritten.
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Mit Urteil vom 21. Oktober 2008 hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof das Urteil des Verwaltungsgerichts geändert und die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass der Kläger nach Rückkehr in die Türkei gemäß § 314 Abs. 2 tStGB 2005 zu einer langjährigen Freiheitsstrafe verurteilt und die Aussetzung der Vollstreckung des Strafrests widerrufen würde. Auch wenn dies politische Verfolgung darstellen sollte, stünde § 3 Abs. 2 AsylVfG der Flüchtlingsanerkennung entgegen. Die terroristischen Taten der PKK seien als Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit anzusehen, stellten schwere nichtpolitische Straftaten dar und stünden in Widerspruch zu den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen. Der Kläger habe sich daran zumindest "in sonstiger Weise" beteiligt. Selbst wenn für das Vorliegen von Ausschlussgründen gemäß § 3 Abs. 2 AsylVfG von dem Ausländer weiterhin eine Gefahr ausgehen müsse, sei das beim Kläger der Fall. Denn er habe sich weder äußerlich von der PKK abgewandt noch innerlich von seiner früheren Verstrickung in den Terror gelöst. Dahinstehen könne, ob § 3 Abs. 2 AsylVfG eine Verhältnismäßigkeitsprüfung voraussetze, denn der Ausschluss von der Flüchtlingsanerkennung bedeute keine unbillige Härte für den Kläger.
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Abschiebungshindernisse lägen nicht vor. Die Todesstrafe sei in der Türkei vollständig abgeschafft. Wegen der dem Kläger in der Türkei drohenden langjährigen Haftstrafe sei ausgeschlossen, dass er im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG einer erheblichen individuellen Gefahr ausgesetzt sei. Ein Abschiebungsverbot ergebe sich auch nicht aus § 60 Abs. 2 AufenthG und § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK. Zwar greife zugunsten des Klägers, der im Anschluss an seine Festnahme im Juni 1991 Folter erlitten habe, die Beweiserleichterung des § 60 Abs. 11 AufenthG i.V.m. Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2004/83/EG. Dennoch sprächen aufgrund der Angaben des Auswärtigen Amtes sowie türkischer Menschenrechtsorganisationen stichhaltige Gründe dagegen, dass er bis zum Abschluss des Strafverfahrens Folter oder eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung zu befürchten habe. Misshandlungen durch türkische Sicherheitskräfte lägen ganz überwiegend Fälle zugrunde, in denen sich der Betroffene nicht offiziell in Gewahrsam befunden habe; das wäre beim Kläger jedoch der Fall. Angesichts bereits vorhandener Beweise bestünde auch keine Notwendigkeit, durch Folter ein Geständnis zu erzwingen. Schließlich lebten in seiner Heimat zahlreiche Personen, die sich seiner annehmen und ihm bereits bei seiner Ankunft anwaltlichen Beistand verschaffen könnten. Zudem würden die PKK oder andere prokurdische Organisationen das Schicksal des Klägers verfolgen und etwaige Übergriffe auf seine Person publik machen. Ein Schutz durch "Herstellen von Öffentlichkeit" lasse sich zwar nicht während der gesamten Dauer der Strafhaft gewährleisten. Aber auch für diese Zeitspanne sprächen stichhaltige Gründe dagegen, dass der Kläger, der in einem Gefängnis des Typs F untergebracht würde, Folter oder unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlungen ausgesetzt sein würde, die irreparable körperliche oder seelische Folgen nach sich ziehen könnten. Dahinstehen könne, ob das auch für unter dieser Schwelle liegende Maßnahmen gelte, denn derartige Umstände stünden einer Abschiebung des Klägers in die Türkei als Unterzeichnerstaat der Europäischen Menschenrechtskonvention nicht entgegen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu Art. 3 EMRK stehe bei einer Abschiebung in einen Signatarstaat dessen eigene Verantwortung für die Einhaltung der Konventionsrechte im Vordergrund. Eine Mitverantwortung des abschiebenden Landes bestehe nur, wenn dem Ausländer nach seiner Abschiebung Folter oder sonstige schwere und irreparable Misshandlungen drohten und effektiver Rechtsschutz - auch durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte - nicht rechtzeitig zu erreichen sei. Diese Voraussetzungen lägen angesichts der Verhältnisse in der Türkei nicht vor. Da sich Art. 15 Buchst. b der Richtlinie 2004/83/EG an Art. 3 EMRK orientiere, beanspruchten diese Grundsätze auch im Rahmen des § 60 Abs. 2 AufenthG Geltung. Stünden im Herkunftsland ausreichende und effektive Möglichkeiten zur Abwehr drohender Gefahren zur Verfügung, benötige der Betreffende keinen internationalen Schutz. Auch § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG greife nicht. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Revision - beschränkt auf das Vorliegen eines Abschiebungshindernisses nach § 60 Abs. 2 AufenthG - zugelassen.
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Mit der Revision rügt der Kläger vor allem eine Verletzung des § 60 Abs. 2 AufenthG. Das Berufungsgericht habe im Rahmen seiner Beweiswürdigung die Quellen selektiv ausgewertet und zu Lasten des Klägers ohne Aufklärung unterstellt, dass seine Familie einen Rechtsanwalt besorgen könne und die Nachfolgeorganisationen der PKK für ihn Öffentlichkeitsarbeit machen würden. Angesichts der umfassenden Geltung des Art. 3 EMRK reiche die Erkenntnislage nicht aus, um ein Abschiebungshindernis auszuschließen. Insofern werde auch eine Gehörsverletzung gerügt, denn wenn das Gericht zu erkennen gegeben hätte, dass es aus tatsächlichen Gründen für den Kläger keine Gefahr einer Misshandlung sehe, hätte der Kläger dazu weiter vorgetragen und Beweisanträge gestellt. Schließlich sei die Auslegung der in Art. 17 der Richtlinie 2004/83/EG enthaltenen Ausschlussgründe ungeklärt.
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Innerhalb der bis einschließlich 4. Juni 2009 verlängerten Revisionsbegründungsfrist ist der Begründungsschriftsatz nicht vollständig per Fax eingegangen. Die Bevollmächtigte des Klägers hat Wiedereinsetzung beantragt und zur Begründung Probleme bei der Faxübertragung geltend gemacht.
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Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil. Die tatsächlichen Feststellungen und Bewertungen des Berufungsgerichts seien einer Überprüfung durch das Revisionsgericht entzogen. Nicht ersichtlich sei, warum der Kläger angesichts der tatsächlichen Würdigung des Berufungsgerichts nicht den Schutz seines Heimatlandes durch Anrufung türkischer Gerichte bzw. eine Individualbeschwerde zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Anspruch nehmen könne.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision hat Erfolg. Der Verwaltungsgerichtshof hat Bundesrecht verletzt (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), da er bei der Prüfung des in § 60 Abs. 2 AufenthG enthaltenen Abschiebungsverbots diejenigen erniedrigenden Behandlungsmaßnahmen übergangen hat, die keine irreparablen oder sonst schweren körperlichen und seelischen Folgen hinterlassen. Der Senat kann über das geltend gemachte Abschiebungsverbot mangels hinreichender Tatsachenfeststellungen des Berufungsgerichts weder in positiver noch in negativer Hinsicht abschließend selbst entscheiden. Daher ist die Sache gemäß § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
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1. Die Revision ist zulässig. Wegen der Versäumung der Revisionsbegründungsfrist ist dem Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 60 Abs. 1 VwGO zu gewähren, da seine Prozessbevollmächtigte ohne Verschulden verhindert war, die Revisionsbegründungsfrist einzuhalten. Diese durfte nach mehreren nur teilweise erfolgreichen Versuchen einer Faxübertragung infolge der fernmündlich erteilten unrichtigen Auskunft des Gerichtspförtners, es seien alle Seiten angekommen, davon ausgehen, dass der Revisionsbegründungsschriftsatz innerhalb der Frist vollständig eingegangen sei.
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2. Gegenstand des Revisionsverfahrens sind die unionsrechtlich vorgezeichneten Abschiebungsverbote des § 60 Abs. 2, 3 und 7 Satz 2 AufenthG. Die vom Berufungsgericht ausgesprochene Beschränkung der Revisionszulassung auf das Vorliegen eines Abschiebungshindernisses gemäß § 60 Abs. 2 AufenthG erweist sich als unwirksam. Denn der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf Verpflichtung zur Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 2, 3 und 7 Satz 2 AufenthG (entsprechend den Voraussetzungen für den subsidiären Schutz in Art. 15 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes - ABl EU Nr. L 304 S. 12; ber. ABl EU vom 5. August 2005 Nr. L 204 S. 24) bildet nach dem dafür maßgeblichen materiellen Recht einen einheitlichen Streitgegenstand bzw. selbständigen Streitgegenstandsteil (Urteil vom 24. Juni 2008 - BVerwG 10 C 43.07 - BVerwGE 131, 198
). Die Revisionszulassung kann daher nicht wirksam auf einzelne materielle Anspruchsgrundlagen dieses einheitlichen prozessualen Anspruchs beschränkt werden (vgl. Urteil vom 1. April 1976 - BVerwG 2 C 39.73 - BVerwGE 50, 292 <295>; BGH, Urteil vom 21. September 2006 - I ZR 2/04 - NJW-RR 2007, 182 <183>).
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Für die rechtliche Beurteilung des Klagebegehrens, das auf Feststellung der Abschiebungsverbote des § 60 Abs. 2, 3 und 7 Satz 2 AufenthG zielt, ist gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung der Berufungsinstanz am 15. Oktober 2008 abzustellen. Deshalb sind die Bestimmungen des Aufenthaltsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Februar 2008 (BGBl I S. 162) von Bedeutung, die - soweit hier einschlägig - auch derzeit noch unverändert gelten und die Rechtsänderungen durch das Gesetz zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19. August 2007 (BGBl I S. 1970) - Richtlinienumsetzungsgesetz - berücksichtigen.
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3. Gemäß § 60 Abs. 2 AufenthG darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem für ihn die konkrete Gefahr besteht, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung unterworfen zu werden. Mit diesem durch das Richtlinienumsetzungsgesetz ergänzten Abschiebungsverbot, das bereits in § 53 Abs. 1 AuslG 1990 und § 53 Abs. 4 AuslG 1990 i.V.m. Art. 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 (BGBl 1952 II S. 685 - EMRK) enthalten war, wird Art. 15 Buchst. b der Richtlinie 2004/83/EG umgesetzt. Die Europäische Kommission hat sich bei der Formulierung dieser Richtlinienbestimmung an Art. 3 EMRK orientiert und in diesem Zusammenhang ausdrücklich auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte Bezug genommen (Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie des Rates über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen vom 12. September 2001 KOM(2001) 510 endgültig S. 6, 30).
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Die Vorschriften zum subsidiären Schutz sind im Aufenthaltsgesetz insoweit "überschießend" umgesetzt worden, als die in Art. 15 der Richtlinie 2004/83/EG enthaltenen Varianten des ernsthaften Schadens in § 60 Abs. 2, 3 und 7 Satz 2 AufenthG als absolute Abschiebungsverbote ausgestaltet worden sind. Denn die in Art. 17 dieser Richtlinie vorgesehenen Ausschlussgründe greifen nach nationalem Recht gemäß § 25 Abs. 3 Satz 2 AufenthG erst auf einer nachgelagerten Ebene als Versagungsgründe für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Daher kommt es entgegen der Annahme der Revision auf die Interpretation der Ausschlussgründe gemäß Art. 17 der Richtlinie im vorliegenden Fall nicht an.
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Bei der Auslegung des § 60 Abs. 2 AufenthG ist der während des Revisionsverfahrens in Kraft getretene Art. 19 Abs. 2 der Grundrechte-Charta (ABl EU 2010 Nr. C 83 S. 389 - GR-Charta) als verbindlicher Teil des primären Unionsrechts (Art. 6 Abs. 1 EUV) zu berücksichtigen. Danach darf niemand in einen Staat abgeschoben oder ausgewiesen oder an einen Staat ausgeliefert werden, in dem für sie oder ihn das ernsthafte Risiko der Todesstrafe, der Folter oder einer anderen unmenschlichen oder erniedrigenden Strafe oder Behandlung besteht. Die Vorschrift gilt nach Art. 51 Abs. 1 GR-Charta für die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union unter Wahrung des Subsidiaritätsprinzips und für die Mitgliedstaaten ausschließlich bei der Durchführung des Rechts der Union. Nach den gemäß Art. 52 Abs. 7 GR-Charta bei ihrer Auslegung gebührend zu berücksichtigenden Erläuterungen (ABl EU 2007 Nr. C 303 S. 17 = EuGRZ 2008, 92) wird durch diese Bestimmung die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu Art. 3 EMRK in Auslieferungs-, Ausweisungs- und Abschiebungsfällen übernommen.
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a) Der Verwaltungsgerichtshof ist bei der Prüfung des § 60 Abs. 2 AufenthG in revisionsgerichtlich nicht zu beanstandender Weise davon ausgegangen, dass der Kläger vor seiner Ausreise in der Türkei gefoltert worden ist. Dennoch hat das Berufungsgericht seiner Prognose den Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit und nicht den sog. herabgestuften Wahrscheinlichkeitsmaßstab hinreichender Sicherheit zugrunde gelegt. Es hat aber zugunsten des Klägers die in Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2004/83/EG enthaltene Beweiserleichterung angewendet (UA Rn. 90). Das hält revisionsgerichtlicher Nachprüfung stand.
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Gemäß § 60 Abs. 11 AufenthG gilt für die Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 2 AufenthG u.a. Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2004/83/EG. Danach ist die Tatsache, dass ein Antragsteller bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, ein ernsthafter Hinweis darauf, dass die Furcht des Antragstellers vor Verfolgung begründet ist, bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass der Antragsteller erneut von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht wird.
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Diese Vorschrift greift sowohl bei der Entscheidung über die Zuerkennung von Flüchtlingsschutz für einen Vorverfolgten (bzw. von Verfolgung unmittelbar Bedrohten) als auch bei der Prüfung der Gewährung subsidiären Schutzes zugunsten desjenigen, der bereits einen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. davon unmittelbar bedroht war. In beiden Varianten des internationalen Schutzes privilegiert sie den von ihr erfassten Personenkreis durch eine Beweiserleichterung, nicht aber durch einen herabgestuften Wahrscheinlichkeitsmaßstab, wie er in der deutschen asylrechtlichen Rechtsprechung entwickelt worden ist. Das ergibt sich neben dem Wortlaut auch aus der Entstehungsgeschichte des Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2004/83/EG. Denn die Bundesrepublik Deutschland konnte sich mit ihrem Vorschlag, zwischen den unterschiedlichen Prognosemaßstäben der beachtlichen Wahrscheinlichkeit und der hinreichenden Sicherheit zu differenzieren, nicht durchsetzen (vgl. die Beratungsergebnisse der Gruppe "Asyl" vom 25. September 2002, Ratsdokument 12199/02 S. 8 f.). Die Vorschrift begründet für die von ihr begünstigten Antragsteller eine widerlegbare tatsächliche Vermutung dafür, dass sie erneut von einer solchen Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht sind.
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Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2004/83/EG ist Ausdruck des auch der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts zum Asylgrundrecht zugrunde liegenden Gedankens, die Zumutbarkeit der Rückkehr danach differenzierend zu beurteilen, ob der Antragsteller bereits verfolgt worden ist oder nicht (grundlegend BVerfG, Beschluss vom 2. Juli 1980 - 1 BvR 147, 181, 182/80 - BVerfGE 54, 341 <360 f.>; dem folgend Urteil vom 31. März 1981 - BVerwG 9 C 237.80 - Buchholz 402.24 § 28 AuslG Nr. 27; stRspr). Die Nachweiserleichterung, die einen inneren Zusammenhang zwischen erlittener Vorverfolgung und befürchteter erneuter Verfolgung voraussetzt (Urteil vom 18. Februar 1997 - BVerwG 9 C 9.96 - BVerwGE 104, 97 <101 ff.>), beruht zum einen auf der tatsächlichen Erfahrung, dass sich Verfolgung nicht selten und Pogrome sogar typischerweise in gleicher oder ähnlicher Form wiederholen (Urteil vom 27. April 1982 - BVerwG 9 C 308.81 - BVerwGE 65, 250 <252>). Zum anderen widerspricht es dem humanitären Charakter des Asyls, demjenigen, der das Schicksal der Verfolgung bereits erlitten hat, wegen der meist schweren und bleibenden - auch seelischen - Folgen das Risiko einer Wiederholung aufzubürden (Urteil vom 18. Februar 1997 - BVerwG 9 C 9.96 - a.a.O. S. 99). Diese zum Asylgrundrecht entwickelte Rechtsprechung (zusammenfassend Urteile vom 25. September 1984 - BVerwG 9 C 17.84 - BVerwGE 70, 169 <170 f.> und vom 5. November 1991 - BVerwG 9 C 118.90 - BVerwGE 89, 162 <169 f.>) wurde auf den Flüchtlingsschutz (Abschiebungsschutz aus politischen Gründen) gemäß § 51 Abs. 1 AuslG 1990 (Urteil vom 3. November 1992 - BVerwG 9 C 21.92 - BVerwGE 91, 150 <154 f.>), nicht jedoch auf die Abschiebungsverbote des § 53 AuslG 1990 übertragen (vgl. Urteile vom 17. Oktober 1995 - BVerwG 9 C 9.95 - BVerwGE 99, 324 <330> zu § 53 Abs. 6 AuslG und vom 4. Juni 1996 - BVerwG 9 C 134.95 - InfAuslR 1996, 289 zu § 53 Abs. 4 AuslG i.V.m. Art. 3 EMRK).
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Die Richtlinie 2004/83/EG modifiziert diese Nachweiserleichterung in Art. 4 Abs. 4: Zum einen wird ihr Anwendungsbereich über den Flüchtlingsschutz hinaus auf alle Tatbestände des unionsrechtlich geregelten subsidiären Schutzes ausgeweitet. Sie erfasst demzufolge auch das im vorliegenden Fall zu prüfende Abschiebungsverbot des § 60 Abs. 2 AufenthG. Zum anderen bleibt der der Prognose zugrunde zu legende Wahrscheinlichkeitsmaßstab unverändert, auch wenn der Antragsteller bereits Vorverfolgung oder einen ernsthaften Schaden im Sinne des Art. 15 der Richtlinie erlitten hat (vgl. EuGH, Urteil vom 2. März 2010 - Rs. C-175/08 u.a., Abdulla - Rn. 84 ff. zum Widerruf der Flüchtlingsanerkennung). Der in dem Tatbestandsmerkmal "... tatsächlich Gefahr liefe ..." des Art. 2 Buchst. e der Richtlinie enthaltene Wahrscheinlichkeitsmaßstab orientiert sich an der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Dieser stellt bei der Prüfung des Art. 3 EMRK auf die tatsächliche Gefahr ab ("real risk"; vgl. nur EGMR, Große Kammer, Urteil vom 28. Februar 2008 - Nr. 37201/06, Saadi - NVwZ 2008, 1330
); das entspricht dem Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit (Urteil vom 18. April 1996 - BVerwG 9 C 77.95 - Buchholz 402.240 § 53 AuslG 1990 Nr. 4; Beschluss vom 7. Februar 2008 - BVerwG 10 C 33.07 - ZAR 2008, 192 stRspr).
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Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2004/83/EG privilegiert den Vorverfolgten bzw. Geschädigten auf andere Weise: Wer bereits Verfolgung bzw. einen ernsthaften Schaden erlitten hat, für den streitet die tatsächliche Vermutung, dass sich frühere Handlungen und Bedrohungen bei einer Rückkehr in das Herkunftsland wiederholen werden. Die Vorschrift misst den in der Vergangenheit liegenden Umständen Beweiskraft für ihre Wiederholung in der Zukunft bei (vgl. EuGH, Urteil vom 2. März 2010 - Rs. C-175/08 u.a., Abdulla - Rn. 92 ff.). Dadurch wird der Vorverfolgte bzw. Geschädigte von der Notwendigkeit entlastet, stichhaltige Gründe dafür darzulegen, dass sich die verfolgungsbegründenden bzw. schadensstiftenden Umstände bei Rückkehr in sein Herkunftsland erneut realisieren werden. Es gelten nicht die strengen Maßstäbe, die bei fehlender Vorverfolgung anzulegen sind (EGMR, Große Kammer, Urteil vom 28. Februar 2008 - Nr. 37201/06, Saadi - a.a.O. Rn. 128 m.w.N.). Diese Vermutung kann aber widerlegt werden. Hierfür ist erforderlich, dass stichhaltige Gründe die Wiederholungsträchtigkeit solcher Verfolgung bzw. des Eintritts eines solchen Schadens entkräften. Diese Beurteilung obliegt tatrichterlicher Würdigung im Rahmen freier Beweiswürdigung. Die Vermutung des Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2004/83/EG kann im Einzelfall selbst dann widerlegt sein, wenn nach herkömmlicher Betrachtung keine hinreichende Sicherheit im Sinne des herabgestuften Wahrscheinlichkeitsmaßstabes bestünde. Dieser Maßstab hat bei der Prüfung der Flüchtlingsanerkennung und des subsidiären Schutzes keine Bedeutung (mehr).
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b) Das Berufungsgericht hat bei der Prüfung, ob stichhaltige Gründe dagegen sprechen, dass der Kläger während der Strafhaft erniedrigenden Behandlungen ausgesetzt sein wird, den Maßstab des § 60 Abs. 2 AufenthG auf diejenigen tatbestandsmäßigen Verhaltensweisen verengt, die irreparable körperliche oder seelische Folgen nach sich ziehen können, zur Verursachung bleibender Schäden geeignet oder aus sonstigen Gründen als gravierend anzusehen sind (UA Rn. 106). Erniedrigende Behandlungsmaßnahmen im Sinne des Art. 3 EMRK, die keine irreparablen oder sonst schweren Folgen hinterlassen, hat es bei der Prognoseerstellung ausdrücklich nicht geprüft (UA Rn. 111). Insoweit hat der Verwaltungsgerichtshof die eigene Verantwortung der Türkei als Signatarstaat der Europäischen Menschenrechtskonvention betont und daraus gefolgert, dass sich der Kläger darauf verweisen lassen müsse, seine Rechte gegen diese Arten von Konventionsverletzungen in der Türkei und von der Türkei aus selbst zu verfolgen (UA Rn. 112). Diese Annahme verletzt Bundesrecht.
- 25
-
Die Auslegung des § 60 Abs. 2 AufenthG hat sich nach den unionsrechtlichen Vorgaben - wie oben bereits ausgeführt - an der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu Art. 3 EMRK zu orientieren. Dieser betont in seinen Entscheidungen zur Verantwortlichkeit eines Vertragsstaates für die mittelbaren Folgen einer Abschiebung, wenn dem Betroffenen im Zielstaat Folter oder eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht, immer wieder den absoluten und ausnahmslosen Schutz des Art. 3 EMRK (EGMR, Urteile vom 7. Juli 1989 - Nr. 1/1989/161/217, Soering - NJW 1990, 2183
; vom 15. November 1996 - Nr. 70/1995/576/662, Chahal - NVwZ 1997, 1093 und vom 28. Februar 2008 - Nr. 37201/06, Saadi - a.a.O. ). Damit erweist es sich als unvereinbar, den Schutzbereich des Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 2 AufenthG zu verengen, und bei einer Abschiebung in einen Signatarstaat der Konvention erniedrigende Behandlungsmaßnahmen von vornherein auszunehmen, die keine irreparablen oder sonst schweren Folgen hinterlassen. Sonst käme Rechtsschutz durch türkische Gerichte oder den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu spät und könnte eine bereits eingetretene Rechtsverletzung nicht ungeschehen machen. Das Abschiebungsverbot des § 60 Abs. 2 AufenthG gilt mithin uneingeschränkt auch bei der Abschiebung in einen Signatarstaat der Europäischen Menschenrechtskonvention.
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Der Verwaltungsgerichtshof beruft sich für seine Auffassung zu Unrecht auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 53 Abs. 4 AuslG 1990 (nunmehr: § 60 Abs. 5 AufenthG) i.V.m. Art. 3 EMRK. Der damals für die Feststellung von Abschiebungshindernissen durch das Bundesamt zuständige 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts hat entschieden, dass eine Mitverantwortung des abschiebenden Vertragsstaates, den menschenrechtlichen Mindeststandard in einem anderen Signatarstaat als Zielstaat der Abschiebung zu wahren, nur dann besteht, wenn dem Ausländer nach seiner Abschiebung Folter oder sonstige schwere und irreparable Misshandlungen drohen und effektiver Rechtsschutz - auch durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte - nicht oder nicht rechtzeitig zu erreichen ist (Urteil vom 7. Dezember 2004 - BVerwG 1 C 14.04 - BVerwGE 122, 271 <277>). Dieser Rechtssatz schränkt jedoch nicht den Schutzbereich des Art. 3 EMRK ein. Vielmehr werden - insbesondere mit Blick auf die von dem damaligen Kläger angeführten Haftbedingungen in der Türkei - nur Maßnahmen erfasst, die erst durch Zeitablauf oder Wiederholung in den Tatbestand einer erniedrigenden Behandlung und damit den Schutzbereich des Art. 3 EMRK hineinwachsen. Nur in derartigen Fällen kann der Betroffene auf Rechtsschutz im Abschiebezielstaat oder durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte verwiesen werden.
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4. Das Berufungsgericht hat die Abschiebungsverbote des § 60 Abs. 3 und Abs. 7 Satz 2 AufenthG geprüft und aus tatsächlichen Gründen abgelehnt (UA Rn. 86 f.). Dagegen bestehen aus revisionsgerichtlicher Sicht keine Bedenken.
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5. Der Senat kann über das geltend gemachte Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 2 AufenthG mangels hinreichender Tatsachenfeststellungen des Berufungsgerichts weder zugunsten noch zulasten des Klägers abschließend entscheiden. Die Sache ist daher gemäß § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Damit bedarf es keiner Entscheidung über die Gehörsrüge. Der Senat bemerkt aber dazu, dass der Verwaltungsgerichtshof nicht gegen das Verbot einer Überraschungsentscheidung verstoßen hat. Denn grundsätzlich ist ein Gericht nicht verpflichtet, die abschließende Sachverhalts- und Beweiswürdigung vorab mit den Beteiligten zu erörtern (Beschlüsse vom 21. Januar 2000 - BVerwG 9 B 614.99 - Buchholz 310 § 130a VwGO Nr. 46 und vom 26. November 2001 - BVerwG 1 B 347.01 - Buchholz 310 § 86 Abs. 3 VwGO Nr. 52; stRspr). Etwas anderes gilt nur dann, wenn es einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt zur Grundlage seiner Entscheidung macht und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gibt, mit der die Beteiligten nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht zu rechnen brauchten (vgl. Urteil vom 10. April 1991 - BVerwG 8 C 106.89 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 235). Dafür ist im vorliegenden Fall nichts ersichtlich, da der Kläger selbst in der Berufungsbegründung zur Gefahr der Folter in der Türkei vorgetragen hatte.
- 29
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Der Verwaltungsgerichtshof wird in dem neuen Berufungsverfahren die Prognose, ob die konkrete Gefahr besteht, dass der Kläger in der Türkei der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung unterworfen wird, auf aktueller tatsächlicher Grundlage erneut stellen müssen. Dabei besteht auch Gelegenheit, dem Vorbringen des Klägers weiter nachzugehen, dass die ihn belastende Aussage seines Bruders die Gefahr von Folter nicht ausschließe. Bei der gebotenen Gesamtwürdigung aller Umstände im Rahmen der tatsächlichen Feststellung, ob die Vermutung des Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2004/83/EG widerlegt ist, kann das Berufungsgericht auch der Tatsache Bedeutung beimessen, dass die Türkei als Abschiebezielstaat ein Vertragsstaat der Konvention ist, der sich verpflichtet hat, die darin garantierten Rechte und Grundsätze zu achten. Die Berücksichtigung dieses Umstands im Rahmen der Prognose entspricht ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu Art. 3 EMRK (Entscheidungen vom 7. Oktober 2004 - Nr. 33743/03, Dragan - NVwZ 2005, 1043 <1045> und vom 15. Dezember 2009 - Nr. 43212/05, Kaplan -
) und ist durch Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2004/83/EG mit dem darin enthaltenen Kriterium ausreichender Schutzgewährleistung abgedeckt.
(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.
(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.
(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.
(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.
(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:
- 1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, - 2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder - 3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.
(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen, - 2.
eine schwere Straftat begangen hat, - 3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder - 4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:
- 1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, - 2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder - 3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.
(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen, - 2.
eine schwere Straftat begangen hat, - 3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder - 4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.
(1) Das Bundesamt erlässt nach den §§ 59 und 60 Absatz 10 des Aufenthaltsgesetzes eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn
- 1.
der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird, - 2.
dem Ausländer nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wird, - 2a.
dem Ausländer kein subsidiärer Schutz gewährt wird, - 3.
die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen oder die Abschiebung ungeachtet des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes ausnahmsweise zulässig ist und - 4.
der Ausländer keinen Aufenthaltstitel besitzt.
(2) Die Abschiebungsandrohung soll mit der Entscheidung über den Asylantrag verbunden werden. Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, sind die Entscheidungsformel der Abschiebungsandrohung und die Rechtsbehelfsbelehrung dem Ausländer in eine Sprache zu übersetzen, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann.
(1) Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Absatz 1 Nummer 1) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor der Entscheidung des Bundesamtes zurückgenommen hat. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht. Kann eine Abschiebungsanordnung nach Satz 1 oder 2 nicht ergehen, droht das Bundesamt die Abschiebung in den jeweiligen Staat an.
(2) Anträge nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsanordnung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung bleibt hiervon unberührt.
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat unbeschadet der Aufgaben nach anderen Gesetzen folgende Aufgaben:
- 1.
Koordinierung der Informationen über den Aufenthalt zum Zweck der Erwerbstätigkeit zwischen den Ausländerbehörden, der Bundesagentur für Arbeit und der für Pass- und Visaangelegenheiten vom Auswärtigen Amt ermächtigten deutschen Auslandsvertretungen; - 2.
- a)
Entwicklung von Grundstruktur und Lerninhalten des Integrationskurses nach § 43 Abs. 3 und der berufsbezogenen Deutschsprachförderung nach § 45a, - b)
deren Durchführung und - c)
Maßnahmen nach § 9 Abs. 5 des Bundesvertriebenengesetzes;
- 3.
fachliche Zuarbeit für die Bundesregierung auf dem Gebiet der Integrationsförderung und der Erstellung von Informationsmaterial über Integrationsangebote von Bund, Ländern und Kommunen für Ausländer und Spätaussiedler; - 4.
Betreiben wissenschaftlicher Forschungen über Migrationsfragen (Begleitforschung) zur Gewinnung analytischer Aussagen für die Steuerung der Zuwanderung; - 4a.
Betreiben wissenschaftlicher Forschungen über Integrationsfragen; - 5.
Zusammenarbeit mit den Verwaltungsbehörden der Mitgliedstaaten der Europäischen Union als Nationale Kontaktstelle und zuständige Behörde nach Artikel 27 der Richtlinie 2001/55/EG, Artikel 25 der Richtlinie 2003/109/EG, Artikel 22 Absatz 1 der Richtlinie 2009/50/EG, Artikel 26 der Richtlinie 2014/66/EU und Artikel 37 der Richtlinie (EU) 2016/801 sowie für Mitteilungen nach § 51 Absatz 8a; - 5a.
Prüfung der Mitteilungen nach § 16c Absatz 1, § 18e Absatz 1 und § 19a Absatz 1 sowie Ausstellung der Bescheinigungen nach § 16c Absatz 4, § 18e Absatz 5 und § 19a Absatz 4 oder Ablehnung der Einreise und des Aufenthalts; - 6.
Führung des Registers nach § 91a; - 7.
Koordinierung der Programme und Mitwirkung an Projekten zur Förderung der freiwilligen Rückkehr sowie Auszahlung hierfür bewilligter Mittel; - 8.
die Durchführung des Aufnahmeverfahrens nach § 23 Abs. 2 und 4 und die Verteilung der nach § 23 sowie der nach § 22 Satz 2 aufgenommenen Ausländer auf die Länder; - 9.
Durchführung einer migrationsspezifischen Beratung nach § 45 Satz 1, soweit sie nicht durch andere Stellen wahrgenommen wird; hierzu kann es sich privater oder öffentlicher Träger bedienen; - 10.
Anerkennung von Forschungseinrichtungen zum Abschluss von Aufnahmevereinbarungen nach § 18d; hierbei wird das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge durch einen Beirat für Forschungsmigration unterstützt; - 11.
Koordinierung der Informationsübermittlung und Auswertung von Erkenntnissen der Bundesbehörden, insbesondere des Bundeskriminalamtes und des Bundesamtes für Verfassungsschutz, zu Ausländern, bei denen wegen Gefährdung der öffentlichen Sicherheit ausländer-, asyl- oder staatsangehörigkeitsrechtliche Maßnahmen in Betracht kommen; - 12.
Anordnung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Absatz 1 im Fall einer Abschiebungsandrohung nach den §§ 34, 35 des Asylgesetzes oder einer Abschiebungsanordnung nach § 34a des Asylgesetzes sowie die Anordnung und Befristung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Absatz 7; - 13.
unbeschadet des § 71 Absatz 3 Nummer 7 die Beschaffung von Heimreisedokumenten für Ausländer im Wege der Amtshilfe.
(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.
(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.
(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.
(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.
Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.