Verwaltungsgericht Greifswald Urteil, 15. Dez. 2016 - 6 A 394/16 As HGW
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Voll-streckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
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Die Kläger wenden sich gegen die Ablehnung ihres Asylantrages.
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Die Kläger sind nach eigenen Angaben armenische Staatsangehörige armenischer Volks-zugehörigkeit und armenisch- orthodoxen Religionsbekenntnisses. Sie verließen Armenien am 14. Mai 2012. Nach eigenen Angaben reisten die Kläger zunächst mit ihrem Sohn nach Russland. Am 15. November 2013 reiste die Familie auf dem Landweg nach Deutschland ein. Die Kläger stellten am selben Tag einen Asylantrag.
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Am 13. Januar 2014 gaben die Kläger im Rahmen der persönlichen Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) an, dass die Familie aus Armenien aus-gereist sei, weil dem Sohn der Kläger zu 1. und 2. ein Ohr abgeschnitten worden sei. Er sei am Abend des 13. Mai 2012 überfallen worden. Dabei hätten die Angreifer gesagt: „Grüß deinen Vater.“ Der Kläger zu 1. vermutete einen politischen Hintergrund. Die Familie habe Angst gehabt und sofort das Land verlassen.
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Mit Bescheid vom 20. Januar 2015 lehnte das BAMF den Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Ziffer 1) und auf Anerkennung als Asylberechtigte (Ziffer 2) ab. Die Gewährung subsidiären Schutzes lehnte es ebenfalls ab (Ziffer 3) und stellte zugleich fest, dass keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes vorliegen (Ziffer 4). Die Kläger wurde aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen; für den Fall, dass er diese Ausreisefrist nicht einhält, wurde ihm die Abschiebung nach Armenien an-gedroht (Ziffer 5).
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Zur Begründung führte das BAMF im Wesentlichen an, dass das Vorbringen des Klägers nur vage und spekulativ sei. Es sei eher zu vermuten, dass es sich bei dem Angriff auf den Sohn der Kläger zu 1. und 2. um eine Streitigkeit unter Jugendlichen handele.
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Gegen den ablehnenden Bescheid haben die Kläger am 26. Januar 2015 Klage erhoben.
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Sie tragen in Ergänzung des bisherigen Vortrages vor, dass die Klägerin zu 2. Unter einer chronischen Hepatitis B Infektion leide. Sie legte mehrere dahingehende Stellungnahmen des Universitätsklinikums Rostock vor, auf welche Bezug genommen wird.
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Die Kläger beantragen,
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die Beklagte unter jeweils entsprechender teilweiser Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 20. Januar 2015 zu verpflichten, dem Kläger Flüchtlingseigenschaft, hilfsweise subsidiären internationalen Schutz zuzuerkennen, weiter hilfsweise festzustellen, dass für den Kläger Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG im Hinblick auf die Republik Armenien bestehen..
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Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
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die Klage abzuweisen.
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Sie verteidigt den streitgegenständlichen Bescheid.
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Mit Beschluss vom 22. August 2016 hat die Kammer den Rechtsstreit auf die Berichterstatterin als Einzelrichterin zur Entscheidung übertragen (§ 76 Abs. 1 AsylG).
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Das Gericht hat im Termin zur mündlichen Verhandlung am 15. September 2016 den Kläger zu 1. zu dem Verfolgungsschicksal der Familie informatorisch befragt. Dabei hat dieser angegeben, dass er seit 2003 Mitglied der Rechtsstaatspartei gewesen sei. Er habe ab September 2005 in der Nationalversammlung in der Verwaltung gearbeitet. Er sei für das Facility Management und die Versorgung des Gebäudes tätig gewesen. Von 2005 bis 2009 sei er auch mit zwei lokalen Büros in der Kommunalverwaltung tätig gewesen.
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Der Kläger zu 1. hat weiter vorgetragen, dass er sich im März 2008 aufgrund der politischen Vorkommnisse rund um die Präsidentschaftswahlen ideologisch von seiner Partei löste. Er habe sich dann auch geweigert 2009 erneut für die Kommunalwahlen zu kandidieren. Dies vor allem auch deshalb, weil die politische Tätigkeit auf kommunaler Ebene durch ihn selbst zu finanzieren war und er nicht mehr bereit war entsprechende Summen aufzubringen.
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In der Folge sei dem Kläger zu 1. mehrfach nahegelegt worden seinen Verwaltungsposten in der Nationalversammlung zu kündigen. Darüber hinaus sei ihm 2011 untersagt worden seine illegalen Importgeschäfte weiter zu betreiben.
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Schließlich sei es zu dem Vorfall mit seinem Sohn gekommen. Man habe Armenien verlassen müssen. Zur Polizei habe man nicht gehen können. Es hätte nichts geändert. Die Polizei sei der Regierung und der politischen Elite ergeben. Er habe häufig ergebnislos versucht eine Lösung zu finden.
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Ergänzend wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie des Verwaltungsvorganges des BAMF Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die Kammer konnte über die Klage trotz Ausbleibens eines Vertreters der Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung entscheiden, weil sie mit der ordnungsgemäßen La-dung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist, § 102 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
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Das Gericht konnte im Einverständnis der Beteiligten gemäß § 101 Abs. 2 ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
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Die zulässige Klage ist unbegründet.
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Der streitgegenständliche Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die Kläger haben auf der Grundlage der gemäß § 77 Abs. 1 Asylgesetz (AsylG) maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne von § 3 Abs. 1 AsylVfG, auf Feststellung von subsidiärem Schutz im Sinne von § 4 AsylVfG oder auf Feststellung eines (nationalen) Abschiebungsverbotes gemäß § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG).
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Die Kläger haben keinen Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 AsylG. Danach ist Flüchtling, wer aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
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Dem Vortrag der Kläger fehlt es an der Anknüpfung an eines der asylrelevanten Verfolgungsmerkmale. Die allein in Betracht kommenden Merkmale nach § 3b Abs. 1 Nr. 4 und 5 AsylG sind nicht gegeben.
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Unter dem Begriff der politischen Überzeugung ist gemäß § 3b Abs. 1 Nr. 5 AsylG insbesondere zu verstehen, dass der Ausländer in einer Angelegenheit, die die in § 3c AsylG genannten potenziellen Verfolger sowie deren Politiken oder Verfahren betrifft, eine Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung vertritt, wobei es unerheblich ist, ob er aufgrund dieser Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung tätig geworden ist. Es kommt auch nicht darauf an, ob er diese Merkmale tatsächlich aufweist. Vielmehr reicht es aus, wenn ihm diese von seinem Verfolger zugeschrieben werden, § 3b Abs. 2 AsylG.
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Der Kläger zu 1. macht geltend, verfolgt zu werden, weil er sich aus der Partei „Rechtsstaat“ zurückzog und nicht mehr kandidieren wollte.
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Damit macht er zwar nicht unmittelbar oppositionelle Tätigkeit geltend. Aus den Aussagen des Klägers zu 1. geht aber hervor, dass ihm eine oppositionelle Grundhaltung vorgeworfen wurde. So begannen die Probleme wohl zunächst damit, dass er parteiintern Kritik an der Unterstützung des Präsidentschaftskandidaten der führenden Republikanischen Partei Armeniens im Rahmen der Wahl 2008 äußerte. Diese intensivierten sich mit der Verweigerung der Teilnahme an den Wahlen für die kommunale Selbstverwaltung im Jahr 2009. Dass ihm anschließend zum Beispiel verboten wurde Kopierer einzuführen mit der Begründung, dass er damit Flugblätter drucken könne, führt für das Gericht zu dem Schluss, dass man dem Kläger eine von der allgemeinen Parteilinie abweichende Meinung zusprach.
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Dies genügt nach § 3b Abs. 2 AsylG.
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Das Gericht geht jedoch nicht davon aus, dass die Kläger ihr Heimatland aus begründeter Furcht vor erfolgter oder unmittelbar drohender Verfolgung verlassen haben.
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Die Furcht vor Verfolgung ist begründet, wenn sie aufgrund der im Herkunftsland des Klägers gegebenen Umstände in Anbetracht seiner individuellen Lage mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht. Dies setzt voraus, dass bei einer zusammenfassenden Würdigung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen als die dagegen sprechenden. Dabei ist eine "qualifizierende" Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung anzulegen. Es kommt darauf an, ob in Anbetracht dieser Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Betroffenen Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Februar 2013, 10 C 23.12; OVG Münster, Urteil vom 17. August 2010, 8 A 4063/06.A, beide zit. nach juris).
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Es obliegt dem Schutz vor Verfolgung Suchenden, die Voraussetzungen hierfür glaubhaft zu machen. Er muss in Bezug auf die in seine eigene Sphäre fallenden Ereignisse und persönlichen Erlebnisse eine Schilderung abgeben, die geeignet ist, seinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft lückenlos zu tragen. Ein in diesem Sinne schlüssiges Schutzbegehren setzt im Regelfall voraus, dass der Schutz Suchende konkrete Einzelheiten seines individuellen Verfolgungsschicksals vorträgt und sich nicht auf unsubstantiierte allgemeine Darlegungen beschränkt. Er muss nachvollziehbar machen, wieso und weshalb gerade er eine Verfolgung befürchtet.
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Hinsichtlich des Prognosemaßstabs ist bei der Prüfung der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft der Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit zugrunde zu legen. Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2011/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. EU Nr. L 337, S. 9-26) - sog. Qualifikationsrichtlinie - privilegiert dabei den von ihm erfassten Personenkreis bei einer Vorverfolgung durch eine Beweiserleichterung, nicht aber durch einen herabgestuften Wahrscheinlichkeitsmaßstab (vgl. zur Vorgängerregelung in Art. 4 Abs. 4 RL 2004/83/EG: BVerwG, Urteile vom 7. September 2010, 10 C 11.09; vom 27. April 2010, 10 C 5.09; und vom 1. Juni 2011, 10 C 10.10 u. 10 C 25.10; OVG NRW, a.a.O.; OVG Saarlouis, Urteil vom 16. September 2011, 3 A 352/09; OVG Schleswig, Urteil vom 6. Oktober 2011, 4 LB 5/11; alle zitiert nach juris ).
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Von einer "Verfolgung" kann dabei nur ausgegangen werden, wenn dem Einzelnen in Anknüpfung an die genannten Merkmale gezielt Rechtsverletzungen zugefügt werden, die ihn ihrer Intensität nach aus der übergreifenden Friedensordnung der staatlichen Einheit ausgrenzen, so dass der davon Betroffene gezwungen ist, in begründeter Furcht vor einer ausweglosen Lage sein Heimatland zu verlassen und im Ausland Schutz zu suchen. Die Verfolgung muss zudem von einem der in § 3c AsylVfG genannten Akteure ausgehen, also vom Staat, von den Staat ganz oder zum Teil beherrschenden Parteien und Organisationen oder von nichtstaatlichen Akteuren, gegen die der Staat keinen Schutz zu gewähren bereit oder in der Lage ist.
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Dies ist vorliegend nicht der Fall. Der Kläger zu 1. hat eine begründete Furcht nicht ausreichend dargelegt. Insbesondere streitet nicht eine erlittene Vorverfolgung gemäß Art. 4 Abs. 4 der Qualifikationsrichtlinie zugunsten der Kläger.
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Der Kläger zu 1. ist selbst nicht in verfolgungsrelevanter Weise belästigt worden. Der Kläger schilderte, dass er mehrfach dazu gedrängt worden sei seine Anstellung bei der armenischen Nationalversammlung zu kündigen. Dies stellt keine Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG dar. Danach ist Verfolgung eine Handlung, die auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend ist, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellt, insbesondere der Rechte, von denen nach Artikel 15 Absatz 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist. Die Aufforderung eine Stelle zu kündigen, die üblicherweise durch der Regierung nahe stehende Personen besetzt wird, stellt keine derart gravierende Verletzung grundlegender Menschenrechte dar. Dies gilt ebenso für das von dem Kläger geschilderte Verbot der Weiterführung illegaler Transportgeschäfte.
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Diese Tatsachen genügen ebenfalls nicht um eine Verfolgung nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 AsylG anzunehmen. Danach liegt Verfolgung vor bei Handlungen, die in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist. Die mehrfach wiederholte Aufforderung zur Kündigung und Untersagung illegaler Transportgeschäfte erreicht auch zusammen betrachtet nicht die erforderliche Intensität einer schwerwiegenden Menschenrechtsverletzung. Sofern der Kläger darüber hinaus betont hat, dass er ständig belästigt worden sei, blieb dieser Vortrag auch in der mündlichen Verhandlung bei mehrfachem Nachfragen unsubstantiiert und vage. Die Kläger sind ihrer Darlegungslast insofern nicht nachgekommen.
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Anders zu beurteilen ist die Erheblichkeit bei der Körperverletzung des Sohnes der Kläger zu 1. und 2.. Diese Handlung unterfällt § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG. Sie wurde jedoch an dem Sohn begangen und stellt keine Vorverfolgung der Kläger dieses Verfahrens dar.
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Die Verletzung des Sohnes der Kläger zu 1. und 2. ist aber im Rahmen einer allgemeinen Abwägung dahingehend zu würdigen, ob sich aus ihr und den anderen Umständen ergibt, dass dem Kläger selbst in Zukunft eine das Maß des § 3a Abs. 1 AsylG erreichende Verfolgung droht. Diese Abwägung fällt vorliegend zu Lasten des Klägers aus. Unter Berücksichtigung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung, ist die Furcht der Kläger vor Verfolgung unbegründet.
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Zum einen sind die Kläger bereits 2012 aus Armenien ausgereist. Der Ablauf von 4 Jahren in denen die Kläger nicht behelligt wurden und sich aus der Politik ihres Herkunftsstaates zurückgezogen haben, lässt vermuten, dass der Drang nach Vergeltung wegen eben jenes Rückzugs nachgelassen hat.
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Darüber hinaus war ein Grund für die Bedrohung, dass der Kläger zu 1. trotz politischer Distanzierung von der Partei in der Verwaltung der Nationalversammlung arbeitete. Diese Anstellung dürfte ebenfalls aufgrund des Zeitablaufs hinfällig sein.
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Des Weiteren ist davon auszugehen, dass es sich bei den Verfolgern nicht um Verfolger im Sinne des § 3c AsylG handelt bzw. sich der Kläger auf Schutzakteure im Sinne des § 3d AsylG verweisen lassen muss.
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Gemäß § 3c AsylG kann die Verfolgung ausgehen von dem Staat, Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht. Schutz vor Verfolgung kann nach § 3d Abs. 1 Nr. 1 Asyl vom Staat geboten werden. Gemäß § 3d Abs. 2 AsylG muss der Schutz vor Verfolgung wirksam und darf nicht nur vorübergehender Art sein. Generell ist ein solcher Schutz gewährleistet, wenn die Akteure geeignete Schritte einleiten, um die Verfolgung zu verhindern, beispielsweise durch wirksame Rechtsvorschriften zur Ermittlung, Strafverfolgung und Ahndung von Handlungen, die eine Verfolgung darstellen, und wenn der Ausländer Zugang zu diesem Schutz hat.
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Der Kläger muss sich auf den innerstaatlichen Schutz durch die staatlichen Behörden Armeniens verweisen lassen.
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Die politische Situation der Rechtsstaatspartei hat sich seit dem Asylantrag der Kläger geändert. Zum Zeitpunkt des Angriffs auf den Sohn der Kläger zu 1. und 2. war die Rechtsstaatspartei teil der Regierungskoalition. Die Rechtsstaatspartei beteiligte sich bereits in der Legislaturperiode von 2007 bis 2012 an der Regierung. Die Parlamentswahlen am 6. Mai 2012 ergaben folgende Stimmenverteilung: Republikanische Partei 44,1%, 'Blühendes Armenien' 30,0%, Armenian National Congress 7,1%, 'Erbe' 5,8%, Armenisch-Revolutionäre Föderation (Daschnaken) 5,7%, Rechtsstaatspartei 5,5%. Dank der zusätzlich errungenen Direktmandate verfügt die Republikanische Partei über die absolute Mehrheit der Parlamentssitze (70 von 131 Sitzen), bildete aber gleichwohl eine Koalition mit der Rechtsstaatspartei, die diese im April 2014 verließ. Seitdem ist die Rechtsstaatspartei in der Opposition tätig.
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Den allgemeinen Erkenntnismitteln lässt sich zwar entnehmen, dass die armenische Polizei häufig unwillig ist, der Regierung nahestehende Personen zu verfolgen (2013 Human Rights Report: Armenia, Bureau of Democracy, Human Rights and Labor, 2013 Country Reports on Human Rights Practices, 27. Februar 2014, S. 11; Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Armenien, Auswärtiges Amt, 22. März 2016, S. 14). Selbiges gilt allerdings nicht für Oppositionspolitiker. Es ist daher davon auszugehen, dass der Kläger innerstaatlichen Schutz gegen weitere Verfolgungshandlungen seitens der Rechtsstaatspartei erlangen kann.
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Bezüglich der Klägerinnen zu 2. und 3. fehlt es schon an der Geltendmachung der Verfolgung wegen eigener politischer Überzeugungen. Sie machen geltend wegen der Verfolgung des Klägers zu 1. ebenfalls gefährdet zu sein. Verfolgt ist nur, wer persönlich Ziel der Verfolgungsmaßnahmen war, die an die eigene politische Überzeugung anknüpfen.
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Die Kläger haben keinen Anspruch darauf als international subsidiär Schutzberechtigte anerkannt zu werden.
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Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG gilt als ernsthafter Schaden die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (Nr. 1), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (Nr. 2) oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (Nr. 3).
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Das Gericht ist aus den oben benannten Gründen davon überzeugt, dass den Klägern kein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Abs. 1 AsylG durch unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder aufgrund besonderer gefahrerhöhender Umstände droht.
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Das Bundesamt hat auch zu Recht das Vorliegen von Abschiebungsverboten gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG abgelehnt. Das Gericht nimmt insoweit vollumfänglich auf die Begründung des Bundesamts Bezug (§ 77 Abs. 2 AsylG).
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Den Klägern steht auch kein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zur Seite. Insbesondere haben die Kläger ein erkrankungsbedingtes Abschiebungshindernis nicht hinreichend dargelegt.
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Eine individuelle Gefahr im Sinne des § 60 Abs. 7 AufenthG besteht, wenn dem Ausländer in seinem Herkunftsstaat eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit droht. Nach der am 17. März 2016 in Kraft getretenen Fassung des § 60 Abs. 7 AufenthG liegt eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden (§ 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG). Hierfür ist jedoch erforderlich, dass sich der Gesundheitszustand alsbald nach einer Rückkehr in das Heimatland wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtern würde, etwa weil der Ausländer dort nur unzureichende Möglichkeiten zur Behandlung seiner Leiden hat und anderswo wirksame Hilfe nicht in Anspruch nehmen könnte (vgl. statt vieler BVerwG, Urteile vom 17. Oktober 2006, 1 C 18.05, und vom 25. November 1997, 9 C 58.96, jeweils juris).
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Allerdings muss sich der Ausländer grundsätzlich auf den im Heimatstaat vorhandenen Versorgungsstand im Gesundheitswesen verweisen lassen. Denn § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG garantiert auch für chronisch Erkrankte keinen Anspruch auf "optimale Behandlung" einer Erkrankung oder auf Teilhabe an dem medizinischen Standard in Deutschland. Der Abschiebungsschutz soll den Ausländer vielmehr vor einer gravierenden Beeinträchtigung seiner Rechtsgüter bewahren (BVerwG, Beschluss vom 23. März 1999, 9 B 866/98, 9 PKH 42/99, juris).
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Um ein durch eine Erkrankung begründetes Abschiebungshindernisfeststellen zu können, ist indes stets eine hinreichend konkrete Darlegung der gesundheitlichen Situation erforderlich, die in der Regel durch ein ärztliches Attest zu untermauern ist. Zwar ist der Verwaltungsprozess grundsätzlich durch den in § 86 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 VwGO statuierten Amtsermittlungsgrundsatz geprägt. Aus § 86 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 VwGO und § 74 Abs. 2 AsylVfG ergibt sich jedoch die Pflicht der Beteiligten, an der Erforschung des Sachverhalts mitzuwirken, was in besonderem Maße für Umstände gilt, die in die eigene Sphäre des Beteiligten fallen. Eine Erkrankung ist ein solcher Umstand. Insoweit muss von einem Kläger, der sich zur Begründung eines Abschiebungshindernisses auf eine Erkrankung beruft, ein Mindestmaß an substantiiertem, durch ein ärztliches Attest belegtem Vortrag erwartet werden (OVG Münster, Beschluss vom 2. Januar 2012, 13 A 2586/11.A; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 8. November 2016, 6a L 2452/16.A; VG München, Urteil vom 24. Februar 2012, M 22 K 10.30780; alle zitiert nach juris). Insofern hat eine ärztliche Bescheinigung, in Anlehnung an § 60a Abs. 2c AufenthG, die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation bei Abbruch oder Änderung der Behandlung voraussichtlich ergeben, zu enthalten.
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Nach dieser Maßgabe sind dem Gericht keine gesundheitlichen Einschränkungen der Kläger ersichtlich, die ein Abschiebungshindernis nach § 60 Abs. 7 AufenthG nach sich ziehen.
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Dies zugrunde gelegt ist zu Gunsten der Klägers, insbesondere auch der Klägerin zu 2., ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht feststellbar. Die Klägerin zu 2. hat mit den vorgelegten Bescheinigungen der Universitätsmedizin Rostock vom 4. Und 19. Oktober 2016 nicht ausreichend dargelegt, dass sie an einer Erkrankung leidet, die sich im Falle der Nichtbehandlung im Heimatstaat alsbald nach der Rückkehr wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtern wird. Die Bescheinigungen beschränken sich im Wesentlichen auf die Angabe der die Klägerin zu 2. betreffenden Diagnose. Des Weiteren zählt die Bescheinigung die typischen Risiken und Folgen einer chronischen Hepatitis B Infektion auf ohne sich dazu zu verhalten, in welchem Zeitrahmen eine derartig gravierende Verschlechterung zu erwarten ist. Der bloße Anstieg der Viruslast zeitnah nach dem Abbruch der antiviralen Therapie, genügt nicht um eine schwerwiegende lebensbedrohliche Erkrankung anzunehmen.
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Insbesondere auch angesichts der Tatsache, dass die Erkrankung der Klägerin in ihrem Heimatland erstmalig 1996 diagnostiziert wurde, die antivirale Therapie aber erst im Februar 2014 begonnen wurde und zu diesem Zeitpunkt trotz der Erkrankungsdauer nahezu keine Leberschäden festgestellt wurden, kann das Gericht nicht erkennen, dass die Erkrankung nunmehr kurz nach der Abschiebung zu einem lebensbedrohlichen Zustand bei der Klägerin zu 2. führen wird.
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Die gegenüber den Klägern ergangene Abschiebungsandrohung ist ebenfalls rechtmäßig. Sie beruht auf §§ 34 AsylG, 59 AufenthG.
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Schließlich entspricht die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots auf 30 Monate den Voraussetzungen aus § 11 Abs. 1 und 3 AufenthG.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83 b Abs. 1 AsylG nicht erhoben. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Greifswald Urteil, 15. Dez. 2016 - 6 A 394/16 As HGW
Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Greifswald Urteil, 15. Dez. 2016 - 6 A 394/16 As HGW
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Verwaltungsgericht Greifswald Urteil, 15. Dez. 2016 - 6 A 394/16 As HGW zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Die Kammer soll in der Regel in Streitigkeiten nach diesem Gesetz den Rechtsstreit einem ihrer Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn nicht die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.
(2) Der Rechtsstreit darf dem Einzelrichter nicht übertragen werden, wenn bereits vor der Kammer mündlich verhandelt worden ist, es sei denn, dass inzwischen ein Vorbehalts-, Teil- oder Zwischenurteil ergangen ist.
(3) Der Einzelrichter kann nach Anhörung der Beteiligten den Rechtsstreit auf die Kammer zurückübertragen, wenn sich aus einer wesentlichen Änderung der Prozesslage ergibt, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Eine erneute Übertragung auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen.
(4) In Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes entscheidet ein Mitglied der Kammer als Einzelrichter. Der Einzelrichter überträgt den Rechtsstreit auf die Kammer, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder wenn er von der Rechtsprechung der Kammer abweichen will.
(5) Ein Richter auf Probe darf in den ersten sechs Monaten nach seiner Ernennung nicht Einzelrichter sein.
(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.
(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.
(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.
(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich
- 1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe - 2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, - a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder - b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen, - 2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder - 3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er
- 1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder - 2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.
(1) Bei der Prüfung der Verfolgungsgründe nach § 3 Absatz 1 Nummer 1 ist Folgendes zu berücksichtigen:
- 1.
der Begriff der Rasse umfasst insbesondere die Aspekte Hautfarbe, Herkunft und Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe; - 2.
der Begriff der Religion umfasst insbesondere theistische, nichttheistische und atheistische Glaubensüberzeugungen, die Teilnahme oder Nichtteilnahme an religiösen Riten im privaten oder öffentlichen Bereich, allein oder in Gemeinschaft mit anderen, sonstige religiöse Betätigungen oder Meinungsäußerungen und Verhaltensweisen Einzelner oder einer Gemeinschaft, die sich auf eine religiöse Überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind; - 3.
der Begriff der Nationalität beschränkt sich nicht auf die Staatsangehörigkeit oder das Fehlen einer solchen, sondern bezeichnet insbesondere auch die Zugehörigkeit zu einer Gruppe, die durch ihre kulturelle, ethnische oder sprachliche Identität, gemeinsame geografische oder politische Herkunft oder ihre Verwandtschaft mit der Bevölkerung eines anderen Staates bestimmt wird; - 4.
eine Gruppe gilt insbesondere als eine bestimmte soziale Gruppe, wenn - a)
die Mitglieder dieser Gruppe angeborene Merkmale oder einen gemeinsamen Hintergrund, der nicht verändert werden kann, gemein haben oder Merkmale oder eine Glaubensüberzeugung teilen, die so bedeutsam für die Identität oder das Gewissen sind, dass der Betreffende nicht gezwungen werden sollte, auf sie zu verzichten, und - b)
die Gruppe in dem betreffenden Land eine deutlich abgegrenzte Identität hat, da sie von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird;
- 5.
unter dem Begriff der politischen Überzeugung ist insbesondere zu verstehen, dass der Ausländer in einer Angelegenheit, die die in § 3c genannten potenziellen Verfolger sowie deren Politiken oder Verfahren betrifft, eine Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung vertritt, wobei es unerheblich ist, ob er auf Grund dieser Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung tätig geworden ist.
(2) Bei der Bewertung der Frage, ob die Furcht eines Ausländers vor Verfolgung begründet ist, ist es unerheblich, ob er tatsächlich die Merkmale der Rasse oder die religiösen, nationalen, sozialen oder politischen Merkmale aufweist, die zur Verfolgung führen, sofern ihm diese Merkmale von seinem Verfolger zugeschrieben werden.
Die Verfolgung kann ausgehen von
- 1.
dem Staat, - 2.
Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder - 3.
nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.
(1) Bei der Prüfung der Verfolgungsgründe nach § 3 Absatz 1 Nummer 1 ist Folgendes zu berücksichtigen:
- 1.
der Begriff der Rasse umfasst insbesondere die Aspekte Hautfarbe, Herkunft und Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe; - 2.
der Begriff der Religion umfasst insbesondere theistische, nichttheistische und atheistische Glaubensüberzeugungen, die Teilnahme oder Nichtteilnahme an religiösen Riten im privaten oder öffentlichen Bereich, allein oder in Gemeinschaft mit anderen, sonstige religiöse Betätigungen oder Meinungsäußerungen und Verhaltensweisen Einzelner oder einer Gemeinschaft, die sich auf eine religiöse Überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind; - 3.
der Begriff der Nationalität beschränkt sich nicht auf die Staatsangehörigkeit oder das Fehlen einer solchen, sondern bezeichnet insbesondere auch die Zugehörigkeit zu einer Gruppe, die durch ihre kulturelle, ethnische oder sprachliche Identität, gemeinsame geografische oder politische Herkunft oder ihre Verwandtschaft mit der Bevölkerung eines anderen Staates bestimmt wird; - 4.
eine Gruppe gilt insbesondere als eine bestimmte soziale Gruppe, wenn - a)
die Mitglieder dieser Gruppe angeborene Merkmale oder einen gemeinsamen Hintergrund, der nicht verändert werden kann, gemein haben oder Merkmale oder eine Glaubensüberzeugung teilen, die so bedeutsam für die Identität oder das Gewissen sind, dass der Betreffende nicht gezwungen werden sollte, auf sie zu verzichten, und - b)
die Gruppe in dem betreffenden Land eine deutlich abgegrenzte Identität hat, da sie von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird;
- 5.
unter dem Begriff der politischen Überzeugung ist insbesondere zu verstehen, dass der Ausländer in einer Angelegenheit, die die in § 3c genannten potenziellen Verfolger sowie deren Politiken oder Verfahren betrifft, eine Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung vertritt, wobei es unerheblich ist, ob er auf Grund dieser Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung tätig geworden ist.
(2) Bei der Bewertung der Frage, ob die Furcht eines Ausländers vor Verfolgung begründet ist, ist es unerheblich, ob er tatsächlich die Merkmale der Rasse oder die religiösen, nationalen, sozialen oder politischen Merkmale aufweist, die zur Verfolgung führen, sofern ihm diese Merkmale von seinem Verfolger zugeschrieben werden.
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben. Der Kläger trägt die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
die Beklagte unter entsprechender Aufhebung des Bescheides vom 19.4.2007 zu verpflichten, festzustellen, dass ein Abschiebungshindernis gemäß § 60 Abs. 1 AufenthG hinsichtlich des Irak vorliegt,
hilfsweise,
festzustellen, dass Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG hinsichtlich des Irak vorliegen.
die Klage abzuweisen.
„Zusammenfassend führten starke Ängste, Schwindel und Panikattacken mit sich aufdrängenden Suizidphantasien zur stationären Aufnahme. Im medizinischen Diagnosemodell wäre eine schwere depressive Episode (ICD-10: F32.2) bei V.a. posttraumatische Belastungsstörung (ICD-10: F42.1) zu beschreiben. Auf psychosozialer Ebene schien vor allem die schwierige Lebenssituation und die ständig im Hintergrund drohende Abschiebung in den Irak zu der aktuellen Symptomatik geführt zu haben.“
unter Abänderung des aufgrund mündlicher Verhandlung vom 13. März 2008 ergangenen Urteils des Verwaltungsgerichts des Saarlandes - 2 K 645/07 - die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 19. April 2007 zu verpflichten, festzustellen, dass Abschiebungshindernisse gemäß § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen,
hilfsweise,
festzustellen, dass die Voraussetzungen eines Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 2, 3 und 7 Satz 2 AufenthG vorliegen,
weiter hilfsweise,
festzustellen, dass die Voraussetzungen eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG in Bezug auf den Irak vorliegen.
die Berufung zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
I.
hierzu etwa BVerwG, Urteil vom 29.5.2008 - 10 C 11.07 -, BVerwGE 131, 186 ff.; zur Vorgängerregelung des § 51 Abs. 1 AuslG: BVerwG, Urteil vom 18.2.1992 - 9 C 59.91 -, DÖV 1992, 582 f., zur Deckungsgleichheit von Art. 16 a Abs. 1 GG und § 51 Abs. 1 AuslG mit dem Flüchtlingsbegriff der Genfer Konvention: BVerwG, Urteil vom 26.10.1993 - 9 C 50.92 u.a. -, NVwZ 1994, 500 ff.
hierzu BVerfG, Beschluss vom 10.7.1989 - 2 BvR 502/86 u.a. -, BVerfGE 80, 315 ff.; BVerwG, Urteil vom 5.7.1994 - 9 C 158.94 -, BVerwGE 96, 200 ff.; siehe in diesem Zusammenhang auch Art. 9 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.4.2004 (sog. Qualifikationsrichtlinie - QRL -).
vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 2.7.1980 - 1 BvR 147/80 u.a. -, BVerfGE 54, 341, und vom 10.7.1989 - 2 BvR 502/86 u.a. -, BVerfGE 80, 315
vgl. BVerwG, Urteile vom 1.6.2011 - 10 C 10.10 und 10 C 25.10, vom 27.4.2010 - BVerwG 10 C 5.09 - und vom 7.9.2010 - 10 C 11.09 -, siehe auch EuGH, Urteil vom 2.3.2010, Rs. C-175/08 u.a., Abdulla u.a., OVG Münster, Urteil vom 17.8.2010 - 8 A 4063/06.A -, jeweils zitiert nach juris.
vgl. BVerwG, Urteile vom 27.4.2010 - 10 C 5.09 - und vom 7.9.2010 - 10 C 11.09 - m.w.N., zitiert nach juris.
vgl. BVerwG, Urteil vom 24.11.2009 - 10 C 24.08 - m.w.N., zitiert nach juris.
vgl. BVerwG, Entscheidungen vom 21.7.1989 - 9 B 239.89 -, vom 16.4.1985 - 9 C 109.84 - und vom 29.11.1977 - 1 C 33.71 -, jeweils zitiert nach juris.
vgl. hierzu Urteil des Senats vom 1.6.2011 – 3 A 429/08 – dokumentiert bei juris.
hierzu etwa Schweizerische Flüchtlingshilfe - SFH - vom 27.1.2006, Zur Gefährdung von ehemaligen Mitgliedern der Baath-Partei; Deutsches Orient-Institut - DOI - an VG München vom 1.9.2006 (2112 al/br.) zu Az. M 9 K 05.50273; EZKS, Stellungnahmen an VG Köln vom 17.12.2004 im Falle des Sohnes eines Einsatzleiters einer Sonderstreife in Mossul, der mit dem Geheimdienst zusammengearbeitet hatte, sowie Urteil des Senats vom 1.6.2011 – 3 A 429/08 – dokumentiert bei juris.
vgl. hierzu bereits Urteile des Senats vom 29.9.2006 - 3 R 6/06 -und vom 1.6.2011 - 3 A 429/08 - dokumentiert bei juris, letzteres betreffend einen sunnitischen Kurden aus Mossul.
hierzu etwa BVerfG, Beschluss vom 23.1.1991 - 2 BvR 902/85 u.a. -, BVerfGE 83, 216 ff.
hierzu BVerwG, Entscheidungen vom 2.2.2010 - 10 B 18.09 -, vom 18.7.2006 - 1 C 15.05 - und vom 5.7.1994 - 9 C 158.94 -, jeweils zitiert nach juris,
hierzu etwa BVerwG, Entscheidungen vom 2.2.2010 - 10 B 18.09 - und vom 21.4.2009 - 10 C 11.08 -, jeweils zitiert nach juris.
hierzu etwa BVerwG, Entscheidungen vom 21.2.2009, a.a.O. und vom 23.12.2002 - 1 B 42.02 -, zu syrisch-orthodoxen Christen in Tur Abdin, zitiert nach juris.
BVerwG, Urteil vom 21.4.2009 - 10 C 11.08 -, zitiert nach juris.
– 3 A 429/08 – dokumentiert bei juris
vgl. Urteil des Senats vom 1.6.2011 - 3 A 429/08 -, dokumentiert bei juris.
hierzu etwa BAMF, Dokumentation Irak, Zur Gefährdung der Zivilbevölkerung durch bewaffnete Konflikte, Januar 2010; BAMF, Briefing Notes vom 27.12.2010; Schweizerischen Flüchtlingshilfe (im Folgenden SFH) Irak: Die aktuelle Entwicklung im Zentral- und Südirak - Update vom 5.11.2009 -; UNHCR, Positionspapier zum Schutzbedarf irakischer Asylbewerber und zu den Möglichkeiten der Rückkehr irakischer Staatsangehöriger in Sicherheit und Würde vom 13.5.2009 und Stellungnahme vom 16.9.2009 an den Hessischen VGH; ai-Report 2010, Zur weltweiten Lage der Menschenrechte; EZKS, Stellungnahme an VG München vom 20.1.2009 zu Az. M 4 K 08.50041 u.a..
- 3 A 429/08 -, dokumentiert bei juris,
vom 28.11.2010 vom 11.4.2010,
hierzu etwa BAMF, Irak - Zur Gefährdung der Zivilbevölkerung durch bewaffnete Konflikte, Januar 2010; Bundesasylamt (Österreich), Bericht Irak, Die Sicherheitslage in Bagdad vom 26.1.2011
- 3 A 429/08 - und - 3 A 451/08 - , dokumentiert bei juris
vgl. BAMF, Irak - Zur Gefährdung der Zivilbevölkerung durch bewaffnete Konflikte, Januar 2010.
vgl. hierzu BAMF, Irak - Zur Gefährdung der Zivilbevölkerung durch bewaffnete Konflikte von Juni 2011.
hierzu BAMF, Briefing Notes vom 7.3.2011, FR und taz vom 21.1.2011, FAZ vom 21. und 25.1.2011, NZZ vom 28.1.2011 und FR vom 14.2.2011, SZ vom 14.2.2011; zu den bisherigen Gesamtopferzahlen ferner BAMF, Briefing Notes vom 17.1.2011, vom 14.3.2011, vom 4.4.2011, vom 11.4.2011, NZZ vom 12.4.2011, FAZ vom 13.4.2011, NZZ vom 18. und 19.4.2011, FAZ vom 30.4. und 6.5.2011.
hierzu BAMF, Briefing Notes vom 4.7.2011.
vgl. hierzu BAMF, Briefing Notes vom 11.7.2011.
vgl. Lagebericht Irak des Auswärtigen Amtes vom 28.11.2010
- H. Siamend - vom 22.3.2007 an VG Magdeburg zu Az. 4 A 190/04 MD und vom 24.11.2007 an VG Karlsruhe zu Az. A 3 K 10823/05
vgl. etwa OVG Münster, Urteil vom 29.10.2009, a.a.O., VGH Mannheim, Urteil vom 25.3.2010 - A 2 S 364/09 - und Beschluss vom 12.8.2010 - A 2 S 1134/10; VGH München, Beschlüsse vom 14.7.2011 - 20 B 10.30316 - und vom 5.7.2011 - 20 B 10.30312 -, jeweils im Falle eines sunnitischen Kurden aus der Region Tamim/Kirkuk sowie Urteil vom 21.1.2010 - 13a B 08.30285 - im Falle eines kurdischen Volkszugehörigen sunnitischer Religionszugehörigkeit aus Mossul, jeweils zitiert nach juris.
II.
zur Prüfungsfolge von unionsrechtlichem und nationalem Abschiebungsschutz etwa BVerwG, Urteil vom 29.6.2010 - 10 C 10.09 -, zitiert nach juris.
vom 24.6.2008 - 10 C 43.07 -, BVerwGE 131, 198 und vom 14.7.2009 - 10 C 9.08 -, juris,
vom 17.2.2009 - C-465/07 -, EuGRZ 2009, 111
vgl. BVerwG, Urteil vom 24.6.2008 - 10 C 43.07 -, a.a.O..
vgl. EuGH, Urteil vom 17.2.2009, a.a.O..
ebenso offen gelassen zum Vorliegen eines landesweiten Konflikts im Irak etwa: VGH München, Urteil vom 24.3.2011 - 20 B 10.30021 -, OVG Münster, Urteil vom 29.10.2010 - 9 A 3642/06.A - und VGH Mannheim, Urteil vom 12.8.2010 - A 2 S 1134/10 - und auch OVG Lüneburg, Urteil vom 13.4.2011 - 13 LB 66/07 – sowie Urteil des Senats vom 1.6.2011 - 3 A 429/08 -, dokumentiert bei juris.
vgl. BVerwG, Urteil vom 24.6.2008 - 10 C 43.07 -, a.a.O.; OVG Münster, Urteil vom 29.10.2010, a.a.O..
- 3 A 429/08 - und 3 A 451/08 - , jeweils dokumentiert bei juris
vgl. Lageberichte vom 28.11.2010 und vom 11.4.2010
vgl. BAMF, Zur Gefährdung der Zivilbevölkerung durch bewaffnete Konflikte, von Juni 2011 und von Januar 2010
zur Verfolgungs- und Gefährdungssituation i.S.d. § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG vgl. etwa etwa OVG Lüneburg, Urteil vom 13.4.2011 - 13 LB 66/07 - im Falle eines aus der Provinz Dohuk stammenden Kurden; VGH Mannheim, Urteil vom 25.3.2010 - A 2 S 364/09 - (implizit) im Falle eines Kurden aus Kirkuk.
III.
hierzu Huber, AufenthG, § 60 Rdnr. 105 m.w.N..
vgl. etwa OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 27.1.2006 - 1 LB 22/05 -, zitiert nach juris,
hierzu BVerwG, Entscheidungen vom 14.11.2007 - 10 B 47.07 - u.a.; vom 23.8.2006 - 1 B 60.06 -, Urteil vom 8.112.1998 - 9 C 4.98 - u.a., sowie grundlegend bereits BVerwG, Urteil vom 17.10.1995 - 9 C 9.95 -, NVwZ 1996, 199 zu der nahezu wortgleichen Bestimmung des § 53 Abs. 6 AuslG, zitiert nach juris.
vgl. auch hier BVerwG, Entscheidungen vom 29.6.2010 - 10 C 9.09 und 10 C 10.09 - und vom 14.11.2007 - 10 B 47.07 -, zitiert nach juris.
- 3 A 429/08 – und – 3 A 451/08 -, dokumentiert bei juris,
vgl. hierzu Auswärtiges Amt, Lagebericht Irak vom 28.11.2010; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Irak: Die aktuelle Entwicklung im Zentral- und Südirak vom 5.11.2009, UNHCR an Hess.VGH vom 16.9.2009
vgl. zu letzterem UNHCR: Iraq Refuges Returns fell from in 2010 vom 28.1.2011; siehe in diesem Zusammenhang auch Urteile des Senats vom 1.6.2011 - 3 A 429/08 und 3 A 451/08 -.
vgl. etwa Entscheidungen vom 24.5.2006 - 1 B 118/05 -, vom 29.7.1999 - 9 C 2.99 - und vom 25.11.1997 - 9 C 58/96 - und vom 11.9.2007 - 10 C 8.07 -, jeweils zitiert nach juris
vgl. hierzu BVerwG, Entscheidungen vom 23.7.2007 - 10 B 85/07 -, vom 24.5.2006 - 1 B 118/05 - und vom 18.7.2006 - 1 C 16.05 -, jeweils zitiert nach juris.
Urteil vom 18.7.2006 - 1 C 16.05 -, a.a.O.
vgl. Beschlüsse vom 29.4.2005 - BVerwG 1 B 119.04 - und Urteil vom 11.9.2007 - 10 C 8.07 -, jeweils zitiert nach juris,
vgl. BVerwG, Beschluss vom 16.2.1995 - BVerwG 1 B 205.93 -.
vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 11.9.2007 - 10 C 8.07 -, Beschluss vom 24.5.2006 - 1 B 118/05 -, jeweils zitiert nach juris..
vgl. hierzu etwa Auswärtiges Amt, Lagebericht Irak vom 28.11.2010; SFH, Die sozioökonomische Situation im Nordirak, Mai 2010: Die Behandlung von PTSD in Erbil vom 10.3.2010, ferner Bericht vom 10.7.2007: Die sozioökonomische Situation in den von der KRG verwalteten Provinzen; GIGA an VG Düsseldorf vom 10.5.2007 zu Az.: 16 K 5213/06.A -; DOI an VG Saarlouis vom 6.3.2006 zu Az.: 2 K 1/06.A; EZKS an VG Ansbach vom 4.2.2006 zu Az.: AN 9 K 04.32341 -,
hierzu insbesondere SFH, Die sozioökonomische Situation im Nordirak, Mai 2010 unter Berufung auf einen Bericht der WHO
hierzu etwa EZKS an VG Ansbach vom 4.2.2006 zu Az.: AN 9 K 04.32341 u.a., Auswärtiges Amt, Lagebericht Irak vom 28.11.2010; SFH, Die sozioökonomische Situation im Nordirak, Mai 2010.
vgl. etwa Botschaft BRD an VG Ansbach vom 20.5.2010 zu Az.: AN 9 K 09.30128
Auskunft des (Vertrauensarztes des) Generalkonsulats Erbil vom 29.4.2010 an VG Bayreuth zu Az.: B 3 K 30045
vgl. EZKS an VG Ansbach vom 4.2.2006, a.a.O.
Gründe
I.
hierzu etwa BVerwG, Urteil vom 29.5.2008 - 10 C 11.07 -, BVerwGE 131, 186 ff.; zur Vorgängerregelung des § 51 Abs. 1 AuslG: BVerwG, Urteil vom 18.2.1992 - 9 C 59.91 -, DÖV 1992, 582 f., zur Deckungsgleichheit von Art. 16 a Abs. 1 GG und § 51 Abs. 1 AuslG mit dem Flüchtlingsbegriff der Genfer Konvention: BVerwG, Urteil vom 26.10.1993 - 9 C 50.92 u.a. -, NVwZ 1994, 500 ff.
hierzu BVerfG, Beschluss vom 10.7.1989 - 2 BvR 502/86 u.a. -, BVerfGE 80, 315 ff.; BVerwG, Urteil vom 5.7.1994 - 9 C 158.94 -, BVerwGE 96, 200 ff.; siehe in diesem Zusammenhang auch Art. 9 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.4.2004 (sog. Qualifikationsrichtlinie - QRL -).
vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 2.7.1980 - 1 BvR 147/80 u.a. -, BVerfGE 54, 341, und vom 10.7.1989 - 2 BvR 502/86 u.a. -, BVerfGE 80, 315
vgl. BVerwG, Urteile vom 1.6.2011 - 10 C 10.10 und 10 C 25.10, vom 27.4.2010 - BVerwG 10 C 5.09 - und vom 7.9.2010 - 10 C 11.09 -, siehe auch EuGH, Urteil vom 2.3.2010, Rs. C-175/08 u.a., Abdulla u.a., OVG Münster, Urteil vom 17.8.2010 - 8 A 4063/06.A -, jeweils zitiert nach juris.
vgl. BVerwG, Urteile vom 27.4.2010 - 10 C 5.09 - und vom 7.9.2010 - 10 C 11.09 - m.w.N., zitiert nach juris.
vgl. BVerwG, Urteil vom 24.11.2009 - 10 C 24.08 - m.w.N., zitiert nach juris.
vgl. BVerwG, Entscheidungen vom 21.7.1989 - 9 B 239.89 -, vom 16.4.1985 - 9 C 109.84 - und vom 29.11.1977 - 1 C 33.71 -, jeweils zitiert nach juris.
vgl. hierzu Urteil des Senats vom 1.6.2011 – 3 A 429/08 – dokumentiert bei juris.
hierzu etwa Schweizerische Flüchtlingshilfe - SFH - vom 27.1.2006, Zur Gefährdung von ehemaligen Mitgliedern der Baath-Partei; Deutsches Orient-Institut - DOI - an VG München vom 1.9.2006 (2112 al/br.) zu Az. M 9 K 05.50273; EZKS, Stellungnahmen an VG Köln vom 17.12.2004 im Falle des Sohnes eines Einsatzleiters einer Sonderstreife in Mossul, der mit dem Geheimdienst zusammengearbeitet hatte, sowie Urteil des Senats vom 1.6.2011 – 3 A 429/08 – dokumentiert bei juris.
vgl. hierzu bereits Urteile des Senats vom 29.9.2006 - 3 R 6/06 -und vom 1.6.2011 - 3 A 429/08 - dokumentiert bei juris, letzteres betreffend einen sunnitischen Kurden aus Mossul.
hierzu etwa BVerfG, Beschluss vom 23.1.1991 - 2 BvR 902/85 u.a. -, BVerfGE 83, 216 ff.
hierzu BVerwG, Entscheidungen vom 2.2.2010 - 10 B 18.09 -, vom 18.7.2006 - 1 C 15.05 - und vom 5.7.1994 - 9 C 158.94 -, jeweils zitiert nach juris,
hierzu etwa BVerwG, Entscheidungen vom 2.2.2010 - 10 B 18.09 - und vom 21.4.2009 - 10 C 11.08 -, jeweils zitiert nach juris.
hierzu etwa BVerwG, Entscheidungen vom 21.2.2009, a.a.O. und vom 23.12.2002 - 1 B 42.02 -, zu syrisch-orthodoxen Christen in Tur Abdin, zitiert nach juris.
BVerwG, Urteil vom 21.4.2009 - 10 C 11.08 -, zitiert nach juris.
– 3 A 429/08 – dokumentiert bei juris
vgl. Urteil des Senats vom 1.6.2011 - 3 A 429/08 -, dokumentiert bei juris.
hierzu etwa BAMF, Dokumentation Irak, Zur Gefährdung der Zivilbevölkerung durch bewaffnete Konflikte, Januar 2010; BAMF, Briefing Notes vom 27.12.2010; Schweizerischen Flüchtlingshilfe (im Folgenden SFH) Irak: Die aktuelle Entwicklung im Zentral- und Südirak - Update vom 5.11.2009 -; UNHCR, Positionspapier zum Schutzbedarf irakischer Asylbewerber und zu den Möglichkeiten der Rückkehr irakischer Staatsangehöriger in Sicherheit und Würde vom 13.5.2009 und Stellungnahme vom 16.9.2009 an den Hessischen VGH; ai-Report 2010, Zur weltweiten Lage der Menschenrechte; EZKS, Stellungnahme an VG München vom 20.1.2009 zu Az. M 4 K 08.50041 u.a..
- 3 A 429/08 -, dokumentiert bei juris,
vom 28.11.2010 vom 11.4.2010,
hierzu etwa BAMF, Irak - Zur Gefährdung der Zivilbevölkerung durch bewaffnete Konflikte, Januar 2010; Bundesasylamt (Österreich), Bericht Irak, Die Sicherheitslage in Bagdad vom 26.1.2011
- 3 A 429/08 - und - 3 A 451/08 - , dokumentiert bei juris
vgl. BAMF, Irak - Zur Gefährdung der Zivilbevölkerung durch bewaffnete Konflikte, Januar 2010.
vgl. hierzu BAMF, Irak - Zur Gefährdung der Zivilbevölkerung durch bewaffnete Konflikte von Juni 2011.
hierzu BAMF, Briefing Notes vom 7.3.2011, FR und taz vom 21.1.2011, FAZ vom 21. und 25.1.2011, NZZ vom 28.1.2011 und FR vom 14.2.2011, SZ vom 14.2.2011; zu den bisherigen Gesamtopferzahlen ferner BAMF, Briefing Notes vom 17.1.2011, vom 14.3.2011, vom 4.4.2011, vom 11.4.2011, NZZ vom 12.4.2011, FAZ vom 13.4.2011, NZZ vom 18. und 19.4.2011, FAZ vom 30.4. und 6.5.2011.
hierzu BAMF, Briefing Notes vom 4.7.2011.
vgl. hierzu BAMF, Briefing Notes vom 11.7.2011.
vgl. Lagebericht Irak des Auswärtigen Amtes vom 28.11.2010
- H. Siamend - vom 22.3.2007 an VG Magdeburg zu Az. 4 A 190/04 MD und vom 24.11.2007 an VG Karlsruhe zu Az. A 3 K 10823/05
vgl. etwa OVG Münster, Urteil vom 29.10.2009, a.a.O., VGH Mannheim, Urteil vom 25.3.2010 - A 2 S 364/09 - und Beschluss vom 12.8.2010 - A 2 S 1134/10; VGH München, Beschlüsse vom 14.7.2011 - 20 B 10.30316 - und vom 5.7.2011 - 20 B 10.30312 -, jeweils im Falle eines sunnitischen Kurden aus der Region Tamim/Kirkuk sowie Urteil vom 21.1.2010 - 13a B 08.30285 - im Falle eines kurdischen Volkszugehörigen sunnitischer Religionszugehörigkeit aus Mossul, jeweils zitiert nach juris.
II.
zur Prüfungsfolge von unionsrechtlichem und nationalem Abschiebungsschutz etwa BVerwG, Urteil vom 29.6.2010 - 10 C 10.09 -, zitiert nach juris.
vom 24.6.2008 - 10 C 43.07 -, BVerwGE 131, 198 und vom 14.7.2009 - 10 C 9.08 -, juris,
vom 17.2.2009 - C-465/07 -, EuGRZ 2009, 111
vgl. BVerwG, Urteil vom 24.6.2008 - 10 C 43.07 -, a.a.O..
vgl. EuGH, Urteil vom 17.2.2009, a.a.O..
ebenso offen gelassen zum Vorliegen eines landesweiten Konflikts im Irak etwa: VGH München, Urteil vom 24.3.2011 - 20 B 10.30021 -, OVG Münster, Urteil vom 29.10.2010 - 9 A 3642/06.A - und VGH Mannheim, Urteil vom 12.8.2010 - A 2 S 1134/10 - und auch OVG Lüneburg, Urteil vom 13.4.2011 - 13 LB 66/07 – sowie Urteil des Senats vom 1.6.2011 - 3 A 429/08 -, dokumentiert bei juris.
vgl. BVerwG, Urteil vom 24.6.2008 - 10 C 43.07 -, a.a.O.; OVG Münster, Urteil vom 29.10.2010, a.a.O..
- 3 A 429/08 - und 3 A 451/08 - , jeweils dokumentiert bei juris
vgl. Lageberichte vom 28.11.2010 und vom 11.4.2010
vgl. BAMF, Zur Gefährdung der Zivilbevölkerung durch bewaffnete Konflikte, von Juni 2011 und von Januar 2010
zur Verfolgungs- und Gefährdungssituation i.S.d. § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG vgl. etwa etwa OVG Lüneburg, Urteil vom 13.4.2011 - 13 LB 66/07 - im Falle eines aus der Provinz Dohuk stammenden Kurden; VGH Mannheim, Urteil vom 25.3.2010 - A 2 S 364/09 - (implizit) im Falle eines Kurden aus Kirkuk.
III.
hierzu Huber, AufenthG, § 60 Rdnr. 105 m.w.N..
vgl. etwa OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 27.1.2006 - 1 LB 22/05 -, zitiert nach juris,
hierzu BVerwG, Entscheidungen vom 14.11.2007 - 10 B 47.07 - u.a.; vom 23.8.2006 - 1 B 60.06 -, Urteil vom 8.112.1998 - 9 C 4.98 - u.a., sowie grundlegend bereits BVerwG, Urteil vom 17.10.1995 - 9 C 9.95 -, NVwZ 1996, 199 zu der nahezu wortgleichen Bestimmung des § 53 Abs. 6 AuslG, zitiert nach juris.
vgl. auch hier BVerwG, Entscheidungen vom 29.6.2010 - 10 C 9.09 und 10 C 10.09 - und vom 14.11.2007 - 10 B 47.07 -, zitiert nach juris.
- 3 A 429/08 – und – 3 A 451/08 -, dokumentiert bei juris,
vgl. hierzu Auswärtiges Amt, Lagebericht Irak vom 28.11.2010; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Irak: Die aktuelle Entwicklung im Zentral- und Südirak vom 5.11.2009, UNHCR an Hess.VGH vom 16.9.2009
vgl. zu letzterem UNHCR: Iraq Refuges Returns fell from in 2010 vom 28.1.2011; siehe in diesem Zusammenhang auch Urteile des Senats vom 1.6.2011 - 3 A 429/08 und 3 A 451/08 -.
vgl. etwa Entscheidungen vom 24.5.2006 - 1 B 118/05 -, vom 29.7.1999 - 9 C 2.99 - und vom 25.11.1997 - 9 C 58/96 - und vom 11.9.2007 - 10 C 8.07 -, jeweils zitiert nach juris
vgl. hierzu BVerwG, Entscheidungen vom 23.7.2007 - 10 B 85/07 -, vom 24.5.2006 - 1 B 118/05 - und vom 18.7.2006 - 1 C 16.05 -, jeweils zitiert nach juris.
Urteil vom 18.7.2006 - 1 C 16.05 -, a.a.O.
vgl. Beschlüsse vom 29.4.2005 - BVerwG 1 B 119.04 - und Urteil vom 11.9.2007 - 10 C 8.07 -, jeweils zitiert nach juris,
vgl. BVerwG, Beschluss vom 16.2.1995 - BVerwG 1 B 205.93 -.
vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 11.9.2007 - 10 C 8.07 -, Beschluss vom 24.5.2006 - 1 B 118/05 -, jeweils zitiert nach juris..
vgl. hierzu etwa Auswärtiges Amt, Lagebericht Irak vom 28.11.2010; SFH, Die sozioökonomische Situation im Nordirak, Mai 2010: Die Behandlung von PTSD in Erbil vom 10.3.2010, ferner Bericht vom 10.7.2007: Die sozioökonomische Situation in den von der KRG verwalteten Provinzen; GIGA an VG Düsseldorf vom 10.5.2007 zu Az.: 16 K 5213/06.A -; DOI an VG Saarlouis vom 6.3.2006 zu Az.: 2 K 1/06.A; EZKS an VG Ansbach vom 4.2.2006 zu Az.: AN 9 K 04.32341 -,
hierzu insbesondere SFH, Die sozioökonomische Situation im Nordirak, Mai 2010 unter Berufung auf einen Bericht der WHO
hierzu etwa EZKS an VG Ansbach vom 4.2.2006 zu Az.: AN 9 K 04.32341 u.a., Auswärtiges Amt, Lagebericht Irak vom 28.11.2010; SFH, Die sozioökonomische Situation im Nordirak, Mai 2010.
vgl. etwa Botschaft BRD an VG Ansbach vom 20.5.2010 zu Az.: AN 9 K 09.30128
Auskunft des (Vertrauensarztes des) Generalkonsulats Erbil vom 29.4.2010 an VG Bayreuth zu Az.: B 3 K 30045
vgl. EZKS an VG Ansbach vom 4.2.2006, a.a.O.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - Einzelrichter der 8. Kammer - vom 21. Februar 2007 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckungsfähigen Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
- 1
Der am 12. März 1976 geborene Kläger ist türkischer Staatsangehöriger kurdischer Volkszugehörigkeit. Im vorliegenden Verfahren begehrt er die Anerkennung als Asylberechtigter und Flüchtling.
- 2
Der Kläger reiste nach eigenen Angaben am 02. Oktober 2002 auf dem Luftwege aus Istanbul mit Zwischenstopp in Sarajewo über den Flughafen Düsseldorf in die Bundesrepublik Deutschland ein. Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 21. Oktober 2002 sowie persönlich am 22. Oktober 2002 stellte er einen Antrag auf Gewährung von Asyl und Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach dem damaligen § 51 Abs. 1 AuslG. Zur Begründung führte er in seinem Antragsschreiben sowie in seiner Anhörung beim Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (heute: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) am 07. November 2002 aus, er habe sich nach Absolvierung seines Abiturs 1995 in Juni 1996 freiwillig der PKK angeschlossen. Er stamme aus einem sog. patriotischen Dorf in der Umgebung von Batman und habe schon früh Sympathie für die PKK gehabt. Nach seinem zusammen mit einem Freund vollzogenen Anschluss an die PKK sei er in ein Militärlager der PKK im Nord-Irak in der Region Haftanin gegangen und habe dort eine 15-tägige militärische Ausbildung erhalten. Weil man gerade Unterstützung im Kampf gegen die türkische Armee benötigt habe, sei seine Ausbildung dann unterbrochen worden. Er sei in eine mobile Einsatzgruppe von ca. 40 Mann - sog. Bewegungsgruppe - eingeteilt worden und so in das Gebiet Kato-Jirke gekommen. Er habe immer wieder andere Einheiten unterstützen müssen, die Hilfe benötigten, und auch Vorbereitungsarbeiten für den Winter wie etwa die Beschaffung von Proviant verrichten müssen. Den Winter habe er in einem Lager im Gebiet Gabar verbracht. Im Frühling 1997 sei seine Gruppe auch in Auseinandersetzungen mit türkischen Soldaten verwickelt worden. In demselben Jahr sei die mobile Einheit nach Besler beordert worden, um dort Kämpfer bei Auseinandersetzungen zu unterstützen. Nachdem sie in Besler vom türkischen Militär angegriffen worden seien, seien sie weiter in Richtung Nord-Irak nach Haftanin gezogen. Dort habe er im Gebiet Pirbela seine Ausbildung fortgesetzt und Arbeiten im Munitionslager, Stationierungsarbeiten sowie Wintervorbereitungen verrichtet. Im Frühjahr 1998 sei er zurück nach Cudi/Türkei gegangen und dort im Mai 1998 an Auseinandersetzungen mit türkischen Streitkräften beteiligt gewesen, bei denen eine große Anzahl von Mitkämpfern ums Leben gekommen seien und auch er verletzt worden sei. Anschließend sei er mit 30 Mitkämpfern in das Gebiet Catak in der Provinz Van gezogen und bis Anfang 1999 im Gebiet Catak-Gülpinar als stellvertretender Kommandant des Lagers - so der klägerische Schriftsatz vom 21. Oktober 2002 - geblieben. Diese Funktion habe er bis zum Waffenstillstand im August/September 1999 inne gehabt, wobei es überall zu Kämpfen gekommen sei. Im Gegensatz zum türkischen Staat habe die PKK ihre Waffen jedoch ausschließlich zur Verteidigung eigener Kräfte sowie des Volkes verwendet und nicht gegen das zivile Volk gerichtet. In den Regionen Botan und Van hätten sie Proviant in Dörfern besorgt. Er sei mehrfach bei Auseinandersetzungen verletzt worden; so sei bei der Explosion einer Bombe ein Splitter in seinen Schädel eingedrungen, der sich immer noch dort befinde.
- 3
Nach Inkrafttreten des einseitigen Waffenstillstandes sei seine Einheit in den Iran abkommandiert worden, von wo aus sie nach kurzer Zeit in den Nord-Irak in die Region Kandil weitergezogen seien. Dort sei er bis 2001 im Lager Sehit Ayhan Gruppenkommandant gewesen. Er habe jedoch infolge der Beschlüsse des 7. PKK-Kongresses eine zunehmend kritische Haltung gegenüber der PKK eingenommen. Wie andere PKK-Genossen habe er erhebliche Zweifel an dem Sinn des einseitig ausgerufenen Waffenstillstandes gehabt, weil in dessen Folge viele Kameraden durch türkische Sicherheitskräfte getötet worden seien. Ein Fluchtversuch zusammen mit anderen Kameraden im September 2000 sei von der PKK entdeckt und vereitelt worden. Nachdem er schon im Lager Sehit Ayhan weitere Ausbildungen genossen habe, sei er 2001 zum Zwecke einer Sonderausbildung für Kader-Mitglieder, die Zweifel am Erfolg der PKK hatten, in das Lager Sehit Harun gekommen. Diese Ausbildung habe 1 ½ Monate gedauert. Danach sei er als Mitglied einer Sondereinheit nach Kala Türk beordert worden. Dort sei ihm angetragen worden, seine vorherige Aufgabe als Gruppenkommandant fortzusetzen, was er aus Angst vor negativen Konsequenzen einer Ablehnung akzeptiert habe. Als Kommandant der Sondereinheit in Kala Türk sei er für die Aufnahme neuer Guerillas, ihre Ausbildung in Theorie und an der Waffe sowie in anderen soldatischen Fähigkeiten verantwortlich gewesen. Am 15. Juni 2001 sei er dann aber mit seiner Waffe in das von den Leuten von Talabani kontrollierte Gebiet Ranya zu den Peshmerga geflüchtet. Er habe sich von der PKK abgesetzt, weil er der Zivilisation fast entfremdet gewesen sei und sich von dem Leben mit täglicher Todesfurcht und Kampf habe lösen wollen. Auch die Leute des Talabani hätten ihn jedoch nicht überzeugen können, weil Talabani mit Funktionären des türkischen Staates zusammengearbeitet und diesem schutzsuchende ehemalige PKK-Angehörige ausgeliefert habe. Zusammen mit anderen Genossen sei er deshalb weiter gezogen nach Süleymaniye sowie in die Region Zakho und von dort aus nach Syrien und weiter in den Libanon. Am 15. Oktober 2001 seien sie in Beirut angekommen und hätten sich einige Tage später bei der UN-Vertretung als Schutzsuchende gemeldet. Am 21. Januar 2002 sei er von UNHCR als politischer Flüchtling anerkannt und mit einem Reiseausweis versehen worden. Anschließend habe er sich 3 Monate lang in verschiedenen Stadtteilen von Beirut aufgehalten, wo er jedoch jeweils von der auch dort aktiven PKK aufgespürt, über die Gründe seiner Trennung von der Organisation zur Rechenschaft aufgefordert sowie um Spenden gebeten worden sei. Der UNHCR habe ihn nicht vor der Bedrohung durch die PKK beschützen können. Daraufhin habe er sich entschlossen, nach Europa auszureisen, was nur über die Türkei möglich gewesen sei. Er sei vom Libanon nach Syrien und von dort in Fahrzeugen bis zur türkischen Grenze bei Antakia gebracht worden, von dort weiter bis nach Istanbul gereist, wo er 7 Monate auf seine Ausreise aus der Türkei habe warten müssen. Er habe bei einem Neffen in Istanbul gewohnt und sich sehr vorsichtig bewegt, um nicht erkannt zu werden. Für Fälle einer Kontrolle habe er sich einen gefälschten Nüfus besorgt. Mit diesem Pass sei er mit einer Gruppe von Flüchtlingen am 02. Oktober 2002 von Istanbul nach Sarajewo geflogen, wo man ihnen jedoch die Einreise verweigert und sie in die Türkei habe zurückschicken wollen. Das Flugzeug habe auf seinem Weg nach Antalya einen Zwischenstopp in Düsseldorf eingelegt, um weitere Personen aufzunehmen; dort sei er durch den Korridor für die einsteigenden Fluggäste in das Flughafengelände gelangt und habe das Flughafengebäude an Passkontrollen vorbei unbemerkt verlassen können.
- 4
In Hamburg - Harburg sei er nach seiner Ankunft dort von PKK-Leuten, denen er folglich habe bekannt sein müssen, persönlich angesprochen und gemahnt worden, achtsam zu leben. Die PKK erlaube jedem seine Freiheit, jedoch nur im Rahmen des Erlaubten. Ihm sei für sein weiteres Leben alles Gute gewünscht worden.
- 5
Zwei seiner Freunde aus seinem Heimatdorf seien, wie er erfahren habe, vom türkischen Staat zu Freiheitsstrafen von jeweils 36 Jahren verurteilt worden. Ein solches Schicksal befürchte er im Falle einer Rückkehr auch für sich selbst. Türkische Soldaten hätten nach bewaffneten Auseinandersetzungen mit seiner Einheit deren Verstecke sichergestellt und Dokumente der Gruppe gefunden und mitgenommen. Seine Eltern seien von Sicherheitskräften aufgesucht und auf seine Aktivitäten bei der PKK angesprochen worden; sein Vater sei daraufhin schwer gefoltert und mit der Auflage versehen worden, er solle seinen Sohn finden und an die Sicherheitsbehörden ausliefern. Sein Vater sei letztlich infolge von Misshandlungen durch die türkischen Sicherheitskräfte gestorben.
- 6
Mit Bescheid vom 31. Oktober 2003 wurde der Antrag des Klägers auf Anerkennung als Asylberechtigter als offensichtlich unbegründet abgelehnt und festgestellt, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG offensichtlich nicht vorlägen. Gleichzeitig stellte das Bundesamt fest, dass für den Kläger ein Abschiebungshindernis nach § 53 Abs. 4 AuslG hinsichtlich der Türkei vorliege, im Übrigen seien jedoch keine Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG gegeben. In der Begründung des Bescheides ließ das Bundesamt offen, ob Ansprüche nach Art. 16 a GG und § 51 Abs. 1 AuslG entstanden seien, da die Gewährung von Asyl und Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft jedenfalls nach dem damaligen § 51 Abs. 3 Satz 2, 3. Alternative AuslG ausgeschlossen seien. Hinsichtlich des Klägers sei aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt, dass er vor seiner Aufnahme in der Bundesrepublik Deutschland ein schweres nichtpolitisches Verbrechen begangen habe, da er in die Struktur der vor Terror nicht zurückschreckenden Organisation PKK als Mitglied in besonders qualifizierter Weise eingebunden gewesen sei. Der Kläger habe durch seine Tätigkeiten als Guerillakämpfer Unterstützungshandlungen für terroristische Aktivitäten der PKK geleistet und sei auch eigener Gewaltbeiträge hinreichend verdächtig, da er als Mitglied einer mobilen Einheit der ARGK („Volksbefreiungsarmee Kurdistans“) Teil einer Kampfeinheit und mehrfach an bewaffneten Auseinandersetzungen beteiligt gewesen sei. Ein Abschiebungshindernis gemäß § 53 Abs. 4 AuslG sei dem Kläger jedoch zuzubilligen, weil auf Grund seines Vortrages Anhaltspunkte für eine Fahndungsnotierung bei den türkischen Sicherheitskräften vorlägen und der Kläger glaubhaft vorgetragen habe, nach dem Auffinden von Dokumenten in Verstecken durch türkische Sicherheitskräfte als Kämpfer identifiziert worden zu sein. Es könne unterstellt werden, dass er mit Haftbefehl gesucht werde und bei einer Rückkehr auf dem Flughafen mit einer Verhaftung zu rechnen habe. Ferner sei anzunehmen, dass den Sicherheitskräften bei Festnahme der dem Haftbefehl zu Grunde liegende Sachverhalt, dass er gewaltbereiter Aktivist der PKK gewesen sei, bekannt werde und er somit Gefahr laufe, nach seiner Festnahme Opfer schwerwiegender Übergriffe zu werden. Ihm drohe daher mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung.
- 7
Wegen der Ablehnung als Asylberechtigter und Flüchtling hat der Kläger am 11. November 2003 Klage vor dem Verwaltungsgericht erhoben. Zur Begründung hat er ergänzend zu seinem bisherigen Vortrag im Asylverfahren geltend gemacht, es sei trotz seiner Beteiligung an Auseinandersetzungen nicht ersichtlich, dass er die PKK während seiner etwa 5jährigen Zeit bei der Guerilla durch eigene Gewaltbeiträge unterstützt habe. Dem Kläger vorwerfbare strafbare Einzelsachverhalte seien auch von der Beklagten nicht dargelegt worden. Der Kläger habe seine inhaltliche Distanzierung von der PKK infolge der Beschlüsse des 7. Kongresses dargestellt. Er habe sich auch in Deutschland an keinerlei strafbaren Aktivitäten beteiligt. Auch seine Anerkennung als politischer Flüchtling durch den UNHCR im Jahre 2002 sei nur nach Ausschluss der Teilnahme an terroristischen Handlungen möglich gewesen.
- 8
Der Kläger hat beantragt,
- 9
die Beklagte unter Aufhebung von Ziffer 1 und 2 des Bescheides des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 31. Oktober 2003 zu verpflichten, ihn als Asylberechtigten anzuerkennen und das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG festzustellen.
- 10
Die Beklagte hat beantragt,
- 11
die Klage abzuweisen.
- 12
Zur Begründung hat sie auf den angefochtenen Bescheid verwiesen. Sie hat eine Stellungnahme des UNHCR (Vertretung in Deutschland) vom 05. Dezember 2003 eingereicht, wonach der Kläger am 23. Oktober 2001 im UNHCR-Büro Beirut registriert und aufgrund seiner Anhörung unter Verneinung von Ausschlusstatbeständen nach Art. 1 (F) GFK als Flüchtling anerkannt worden sei. Der Kläger habe im Rahmen der Anhörung glaubhaft seine ernsthafte und unwiderrufliche Distanzierung von Zielen und Aktivitäten der PKK im Juni 2001 versichert.
- 13
Mit Urteil vom 21. Februar 2007 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, es könne offen bleiben, ob der Kläger die Voraussetzungen für eine Asylanerkennung beziehungsweise für einen Flüchtlingsstatus erfülle, da in seinem Falle jedenfalls ein Ausschlussgrund nach § 60 Abs. 8 AufenthG, § 30 Abs. 4 AsylVfG (in der damaligen Fassung) vorliege. Aus diesem Grunde komme auch seine Anerkennung als Asylberechtigter nicht in Betracht. Der Kläger sei nicht nur ein Mitläufer, sondern ein aktiver, mit Waffengewalt kämpfender und an bewaffneten Auseinandersetzungen mit Sicherheitskräften beteiligter PKK-Guerillero und überdies als Kommandant einer Ausbildungssondereinheit in führender Position an der Waffenausbildung weiterer Kämpfer beteiligt gewesen. Auch die Voraussetzungen des in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ausgeformten sogenannten „Terrorismusvorbehaltes“ für das Asylrecht lägen im Falle des Klägers vor. Im Übrigen sei, sofern eine weiterhin vom Kläger ausgehende Gefahr für rechtlich erforderlich gehalten werden müsse, dem Kläger auch nicht abzunehmen, dass er sich wegen einer inhaltlichen Distanzierung von der gewaltsamen Durchsetzung der Ziele der PKK von dieser Organisation getrennt habe. Seinem Vortrag sei vielmehr zu entnehmen, dass er persönlich des Schießens müde geworden sei und sich deshalb von der PKK abgesetzt habe.
- 14
Der Senat hat auf den Antrag des Klägers mit Beschluss vom 12. Juli 2007die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Mit Beschluss vom 15. Dezember 2008 ist das Verfahren im Einverständnis der Beteiligten gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 251 ZPO bis zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in der Rechtssache 10 C 46.07 ausgesetzt worden. Nach Ergehen der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes vom 09. November 2010 - C - 101/09 - über den Vorlagebeschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. November 2008 im vorgenannten Verfahren ist das hiesige Berufungsverfahren mit Beschluss vom 07. April 2011 wieder aufgenommen worden.
- 15
Die Berufung des Klägers wird wie folgt begründet:
- 16
Unter Berücksichtigung der Auslegung von Art. 12 Abs. 2 der Qualifikationsrichtlinie durch den Europäischen Gerichtshof in dessen Urteil vom 09. November 2010 könne für den Kläger nicht davon ausgegangen werden, dass er einen der Ausschlusstatbestände des § 3 Abs. 2 Satz 1 AsylVfG verwirklicht habe. Der Kläger sei lediglich als PKK-Kämpfer aktiv und als solcher in Mann-zu-Mann-Auseinandersetzungen mit dem türkischen Militär verwickelt gewesen. In seiner Person habe er keinerlei terroristische Aktionen ausgeübt. Der Kläger habe dieselben Funktionen wie tausende anderer aktiver PKK-Guerillas innegehabt. Er habe auch keine hervorgehobene, die Politik der Organisation mitbestimmende Position gehabt. Ganz im Gegenteil habe der Kläger eine für Zweifelnde gedachte Ausbildung absolvieren müssen. Die Stellung als Kommandant einer Unterrichtssondereinheit in Kala Türk sei ebenfalls nicht herausgehoben, sondern ausschließlich weisungsgebunden gewesen. Ein Kommandant einer Einheit sei allenfalls für 8 Personen verantwortlich und stehe auf der zweituntersten Ebene überhaupt innerhalb der PKK. Führungsaufgaben habe der Kläger nicht innegehabt. Eine individuelle Verantwortung für konkrete Handlungen sei ihm nicht nachzuweisen, ebenso wie eine persönliche Verantwortlichkeit des Klägers für Aktionen der PKK insgesamt unter Berücksichtigung der hohen Anforderungen des EuGH nicht festzustellen sei.
- 17
Im Übrigen sei ein etwaiger Ausschluss der Flüchtlingsanerkennung nach der Qualifikationsrichtlinie nicht auf eine Asylanerkennung nach Art. 16 a Abs. 1 GG zu erstrecken, weil keine Verwechslungsgefahr mit der Rechtsstellung als Flüchtling bestehe. Unterschiede lägen etwa in der Struktur der gerichtlichen, insbesondere der verfassungsgerichtlichen Überprüfbarkeit und in den Ausschlusstatbeständen. Letztere seien nicht deckungsgleich. So setzten die bislang in der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung angenommenen immanenten Schranken des Art. 16 a GG voraus, dass auch in Zukunft eine sicherheitsgefährdende Betätigung des Betroffenen wahrscheinlich sei; eine aus der Vergangenheit abgeleitete Asylunwürdigkeit sei insoweit gerade nicht ausreichend.
- 18
In der mündlichen Berufungsverhandlung vom 6. Oktober 2011 hat der Kläger vorgetragen, er sei nie über die niederschwellige Position eines Gruppenkommandanten der PKK hinausgekommen. Dem türkischen Staat sei er definitiv als PKK-Kämpfer bekannt. Zudem sei von der Existenz eines Haftbefehls gegen ihn wegen Wehrdienstflucht auszugehen. Die Inhaftierung sowie Folter und Misshandlungen von Oppositionellen hätten in der Türkei im vergangenen Jahr erheblich zugenommen.
- 19
Der Kläger beantragt,
- 20
unter Abänderung des Urteils des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 21. Februar 2007 die Beklagte zu verpflichten, den Kläger als Asylberechtigten anzuerkennen und festzustellen, dass in seiner Person ein Abschiebeverbot nach § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegt.
- 21
Die Beklagte beantragt,
- 22
die Berufung zurückzuweisen.
- 23
Sie ist nach wie vor der Auffassung, dass die aktive Mitgliedschaft des Klägers in der PKK und seine Aktivitäten für die Organisation einen Ausschlussgrund nach § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylVfG darstellten. Bereits die Mitwirkung des Klägers an der Proviantbeschaffung für die PKK mittels Waffen erfülle den Straftatbestand der räuberischen Erpressung. Auf die Frage, ob daneben auch der Ausschlusstatbestand der Nr. 3 der vorgenannten Norm erfüllt sei, komme es daher nicht mehr an. Gleichzeitig sei, wie das Bundesverwaltungsgericht nunmehr in zwei Entscheidungen klargestellt habe, auch die Anerkennung als Asylberechtigter wegen Verwechslungsgefahr mit dem Status der Flüchtlingsanerkennung ausgeschlossen. Nicht entscheidend sei die Tatsache, dass der Kläger von UNHCR im Jahre 2001 unter Verneinung von Ausschlussgründen als Flüchtling anerkannt worden sei, weil die seinerzeit geprüften Tatbestandsvoraussetzungen nicht mit den derzeit geltenden Tatbestandsvoraussetzungen insbesondere nach der Rechtsprechung des EuGH identisch seien. Eine Wiederholungsgefahr für ausschlussbegründende Handlungen sei nach dem Urteil des EuGH gerade nicht erforderlich.
- 24
In dem Zeitraum der Mitgliedschaft des Klägers bei der PKK - 1996 bis 2001 - habe die PKK fraglos schwere nichtpolitische Straftat nach § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylVfG verübt. Sie habe immer wieder mit terroristischen Methoden Angriffe gegen die Zivilbevölkerung geführt. Die PKK werde nach wie vor in der EU-Liste terroristischer Organisationen aufgeführt. Ihre terroristischen Akte aus dem relevanten Zeitraum seien dem Kläger auch zurechenbar, da dieser nicht nur untergeordneter Sympathisant oder Unterstützer, sondern Aktivist der PKK gewesen sei. Er habe nach seiner kurzen Ausbildung in einer mobilen Einheit kämpfende Einheiten der PKK unterstützt und sich damit auch räumlich immer in unmittelbarer Nähe zu solchen Kampfeinheiten befunden. Aufgrund der von ihm vorgetragenen Verletzungen aus Kämpfen in den Jahren 1998 und 1999 sei davon auszugehen, dass er auch an Auseinandersetzungen mit türkischen Sicherheitskräften teilgenommen und damit unmittelbar aktiv am Kampf beteiligt gewesen sei, wohl auch selbst von der Waffe Gebrauch gemacht haben dürfte. Soweit er logistische Aufgaben wie die Sammlung von Lebensmitteln und anderen Alltagsgegenständen ausgeführt habe, habe er dafür gesorgt, dass Teile der PKK zur Vornahme von Kampfhandlungen in der Lage gewesen seien. Soweit er hervorgehobene Funktionen wie der des stellvertretenden Lagerkommandanten und des Kommandanten einer Ausbildungseinheit der PKK ausgeübt habe, indiziere dies eine bewusste Unterstützung, zumindest aber die Kenntnis von terroristischen Aktivitäten der PKK. Sein kontinuierlicher Aufstieg in der Hierarchie der PKK verdeutliche eine entsprechende Identifikation mit den Zielen und Methoden dieser Organisation. Seine Beteiligung an der Vermittlung der Ideologie und Zielsetzungen der PKK an neue Kämpfer als Kommandant einer Ausbildungseinheit stelle ebenfalls einen erheblichen Beitrag zum bewaffneten Kampf der PKK dar. Es seien keine Anhaltspunkte dafür gegeben, dass der Kläger allein oder hauptsächlich auf Druck der Organisation hin gehandelt habe; vielmehr habe seinem Handeln eine Überzeugung und ein Eintreten für die kurdische Sache und Ideologie der PKK zugrunde gelegen. Gegenteiliges ergebe sich auch nicht aus seiner Zuteilung zu einer Sonderausbildung für Zweifelnde, da diese Ausbildungsmöglichkeit das ungebrochene Vertrauen der PKK in den Kläger verdeutlicht habe.
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Dem Kläger müsse auch keine konkrete Einzeltat im Sinne eines strafrechtlichen Vollbeweises zugeordnet werden. Es sei ausreichend, wenn schwerwiegende Gründe für seine Tatverantwortlichkeit sprächen, was auf Grund seiner langjährigen und vielfältigen Aktivitäten gegeben sei. In seiner Person sei die Vermutung individueller Verantwortung für von der Organisation begangene terroristische Aktivitäten wegen hervorgehobener Funktionen begründet. Die Loslösung des Klägers von der PKK sei nach den Kriterien des EuGH nunmehr unerheblich, weil es auf eine Wiederholungsgefahr für den Ausschluss vom Flüchtlingsstatus nicht ankomme.
- 26
Der Senat hat in der mündlichen Berufungsverhandlung vom 6. Oktober 2011 Beweis erhoben durch ergänzende informatorische Anhörung des Klägers insbesondere zu dessen Aktivitäten für die PKK im Zeitraum von 1996 bis zum einseitigen Waffenstillstand der PKK im Herbst 1999. Der Kläger hat hierbei angegeben, er habe bereits 1996 und 1997 als Kämpfer verschiedene Einheiten der PKK unterstützt. Man müsse sich verteidigen, wenn man angegriffen werde und eine Waffe in der Hand habe. Des Weiteren habe er an der bewaffneten Proviantbeschaffung aus Dörfern mitgewirkt; dabei sei Vieh notfalls beschlagnahmt worden, teilweise hätten die Dorfbewohner Proviant aber auch aus Angst vor den Waffen der PKK-Leute hergegeben. Er habe Aktionen der PKK auch durch Verstecken von Munition, Lieferung von Kämpfern sowie in allgemeiner logistischer Form unterstützt. Auf die Frage nach einer Tätigkeit 1999 als stellvertretender Lagerkommandant hat der Kläger angegeben, er sei lediglich stellvertretender Kommandant einer Einheit aus 8 Personen, eines sog. „Manga“, gewesen. Zu den Entscheidungsträgern in den sog. praktischen Gebieten habe er nie gehört und auch keine Kontakte zu der obersten Führung der bewaffneten Kräfte der PKK gehabt.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte im vorliegenden Verfahren, die Sitzungsniederschrift vom 6. Oktober 2011 sowie auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage gegen den teilweise ablehnenden Bundesamtsbescheid im Ergebnis zu Recht abgewiesen, denn dieser Bescheid erweist sich als rechtmäßig (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Der Kläger hat keinen Anspruch auf seine Anerkennung als Asylberechtigter oder Flüchtling.
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Für die gerichtliche Beurteilung des Verpflichtungsbegehrens des Klägers ist gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung der Berufungsinstanz abzustellen (vgl. BVerwG, Urt. v. 07.09.2010 - 10 C 11/09 -, Juris). Maßgeblich ist daher die seit dem 28. August 2007 geltende Fassung des Asylverfahrensgesetzes durch das Gesetz zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19. August 2007 (BGBl. I 2007, 1970) sowie nachfolgende Änderungen, zuletzt vom 23. Juni 2011 (BGBl. I 2011, 1266).
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Nach § 3 Abs. 1 AsylVfG ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 - Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) -, wenn er in dem Staat, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt oder in dem er als Staatenloser seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte, den Bedrohungen nach § 60 Abs. 1 AufenthG ausgesetzt ist. Nach dieser Regelung darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Die bereits erlittener Verfolgung gleichzustellende unmittelbar drohende Verfolgung setzt eine Gefährdung voraus, die sich schon so weit verdichtet hat, dass der Betroffene für seine Person ohne Weiteres mit dem jederzeitigen Verfolgungseintritt aktuell rechnen muss (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.11.2009 - 10 C 24/08 -, BVerwGE 135, 252). Für die Feststellung, ob eine Verfolgung nach § 60 Abs. 1 Satz 1 AufenthG vorliegt, sind Art. 4 Abs. 4 sowie die Art. 7 bis 10 der Richtlinie 2004/83/EG vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. EU Nr. L 304, S. 12) - sog. Qualifikationsrichtlinie - ergänzend anzuwenden (§ 60 Abs. 1 Satz 5 AufenthG). Damit ist auch zu prüfen, ob ein Antragsteller gem. Art. 8 der Richtlinie keinen internationalen Schutz benötigt, sofern in einem Teil des Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung bzw. keine tatsächliche Gefahr, einen ernsthaften Schaden zu erleiden, besteht und von ihm vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich in diesem Landesteil aufhält (inländische Fluchtalternative, vgl. BVerwG, Urt. v. 29.05.2008 - 10 C 11/07 -, BVerwGE 131, 186). Im Rahmen der Flüchtlingsanerkennung nach der Qualifikationsrichtlinie kann allerdings eine Vorverfolgung nicht wegen einer zum Zeitpunkt der Ausreise bestehenden inländischen Fluchtalternative verneint werden; dem Grundsatz der Subsidiarität des Flüchtlingsschutzes wird aber nach Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie durch eine Verweisung auf eine zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Flüchtlingsanerkennung bestehende interne Schutzalternative Rechnung getragen (vgl. BVerwG, Urt. v. 10.01.2009 - 10 C 52/07 -, BVerwGE 133, 55).
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Gemäß § 60 Abs. 1 Satz 4 Ziff. c AufenthG begründet auch eine Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure ein Abschiebungsverbot, sofern der Staat oder ihn beherrschende Parteien oder Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor der Verfolgung zu bieten.
- 32
Aus den in Art. 4 RL 2004/83/EG geregelten Mitwirkungs- und Darlegungsobliegenheiten des Antragstellers folgt, dass es auch unter Berücksichtigung der Vorgaben dieser Richtlinie Sache des Ausländers ist, die Gründe für seine Furcht vor politischer Verfolgung schlüssig vorzutragen. Dazu hat er unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern, aus dem sich bei Wahrunterstellung ergibt, dass bei verständiger Würdigung politische Verfolgung droht. Hierzu gehört, dass der Ausländer zu den in seine Sphäre fallenden Ereignissen, insbesondere zu seinen persönlichen Erlebnissen, eine Schilderung abgibt, die geeignet ist, den behaupteten Anspruch lückenlos zu tragen. Bei der Bewertung der Stimmigkeit des Sachverhalts müssen u.a. Persönlichkeitsstruktur, Wissensstand und Herkunft des Ausländers berücksichtigen werden (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 17.08.2010 - 8 A 4063/06.A -, Juris; Senatsurt.
v. 03.12.2003 - 4 LB 75.99 -).
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Bei der Prüfung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 60 Abs. 1 AufenthG ist, wie bei der Prüfung subsidiären Schutzes nach § 60 Abs. 2, 3 und 7 Satz 2 AufenthG, der Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit zugrunde zu legen. Die zum Asylgrundrecht entwickelten unterschiedlichen Wahrscheinlichkeitsmaßstäbe je nachdem, ob der Ausländer seinen Heimatstaat auf der Flucht vor eingetretener oder unmittelbar drohender politischer Verfolgung verlassen hat oder ob er unverfolgt ausgereist ist, finden unter Geltung der Qualifikationsrichtlinie auf § 60 AufenthG keine Anwendung mehr. Nach § 60 Abs. 1 Satz 5, Abs. 11 AufenthG i.V.m. Art. 4 Abs. 4 RL 2004/83/EG ist die Tatsache, dass ein Antragsteller bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, ein ernsthafter Hinweis darauf, dass die Furcht des Antragstellers vor Verfolgung begründet ist bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass der Antragsteller erneut von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht wird. Die Vorschrift privilegiert den von ihr erfassten Personenkreis durch eine Beweiserleichterung, nicht aber durch einen herabgestuften Wahrscheinlichkeitsmaßstab. Das ergibt sich aus dem Wortlaut und der Entstehungsgeschichte des Art. 4 Abs. 4 RL 2004/83/EG, der sich mit der Voraussetzung, dass der Antragsteller "tatsächlich Gefahr läuft", an der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu Art. 3 EMRK zur tatsächlichen Gefahr ("real risk") orientiert. Das entspricht dem Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit. Unterschiedliche Prognosemaßstäbe hingegen konnten bei den Beratungen über die Qualifikationsrichtlinie nicht durchgesetzt werden. Zur Privilegierung des Vorverfolgten bzw. in anderer Weise Geschädigten normiert Art. 4 Abs. 4 RL 2004/83/EG eine tatsächliche Vermutung, dass sich frühere Handlungen und Bedrohungen bei einer Rückkehr in das Herkunftsland wiederholen werden. Dadurch wird der Vorverfolgte bzw. Geschädigte von der Notwendigkeit entlastet, stichhaltige Gründe dafür darzulegen, dass sich die verfolgungsbegründenden bzw. schadensstiftenden Umstände bei der Rückkehr erneut realisieren werden. Diese Vermutung kann aber widerlegt werden. Hierfür ist erforderlich, dass stichhaltige Gründe die Wiederholungsträchtigkeit solcher Verfolgung bzw. des Eintritts eines solchen Schadens entkräften. Diese Beurteilung obliegt tatrichterlicher Würdigung im Rahmen freier Beweiswürdigung (vgl. zu allem BVerwG, Urt. v. 07.09.2010 - 10 C 11/09 -, Juris, sowie v. 27.04.2010 - 10 C 5/09 -, BVerwGE 136, 377, OVG NRW, a.a.O.; Senatsurt. v. 01.09.2011 - 4 LB 11/10 -).
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Nach diesen Maßstäben hat der Kläger nach Überzeugung des Senats vor seiner Ausreise aus der Türkei keine Vorverfolgung durch staatliche Stellen erlitten und war auch nicht unmittelbar von derartiger Verfolgung bedroht. Die türkischen Behörden hatten nach seiner mehrjährigen Abwesenheit offenbar keine Kenntnis von seinem Aufenthalt in der Türkei. Der Kläger hielt sich dort unter falschen Personalien in Istanbul auf und bewegte sich zwar vorsichtig, immerhin jedoch auch in Cafés; auf staatliche Kontrollen hatte er sich - wie er in der Anhörung beim Bundesamt vorgetragen hat - mit einem gefälschten Nüfus vorbereitet. Dass er in diesem Stadium durch in Hand der türkischen Behörden befindliche Dokumente zu seiner Person gefährdet gewesen sei, hat er nicht geltend gemacht und er trägt auch keine andere Art der Vorverfolgung vor.
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Asylrelevante Verfolgungsmaßnahmen sind nach der Erkenntnislage jedoch für den Fall einer Rückkehr des Klägers in die Türkei beachtlich wahrscheinlich. Der Senat ist in seiner bisherigen Rechtsprechung zur Gefährdung von Unterstützern kurdischer oppositioneller Organisationen zum einen davon ausgegangen, dass Personen, die von den türkischen Sicherheitsbehörden als Sympathisanten und Unterstützer der PKK eingestuft werden, vor Verfolgung nicht hinreichend sicher sind, auch wenn es sich nicht um exponierte Akteure handelt (Senatsurt. v. 09.02.2010 - 4 LB 9/09 -, Juris, v. 20.06.2006 - 4 LB 25/02 -, v. 23.05.2000 - 4 L 21/94 -, Senatsbeschl. v. 10.06.2008 - 4 LB 4/06 -, Juris; v. 16.04.2009 - 4 LA 14/09 -, v. 20.03.2009 - 4 LA 16/09 -). An der im Anschluss an die Rechtsprechung des OVG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 19.04.2005 – 8 A 273/04.A – und vom 26.05.2004 – 8 A 3852/03.A-, Juris) getroffenen Bewertung, dass nach wie vor vom Fortbestehen von Folter und Misshandlungen in der Türkei auszugehen sei und daher jedenfalls keine hinreichende Verfolgungssicherheit (in der Terminologie des vor Umsetzung der Qualifikationsrichtlinie gültigen rechtlichen Maßstabes) für vermutete Mitglieder oder Unterstützer der PKK bestehe (Urteil vom 20.06.2006 – 4 LB 25/02 -), hat der Senat noch mit Urteil vom 09. Februar 2010 - 4 LB 9/09 - festgehalten. Dabei hat er sich auf die aktuelle Auskunftslage zu zwischenzeitlichen Reformbemühungen der Türkei im Strafrecht und bei dem Problem staatlicher Folter und Misshandlungen bezogen und auf die fortbestehenden, sich eher verschärfenden Spannungen in der Kurdenfrage, auf strafrechtliche Verfolgungen von positiven Aussagen zur PKK, Verhaftungen von PKK-Unterstützern, fortbestehende Berichte über Folter und Misshandlungen sowie die Problematik der Straflosigkeit von Tätern in Folterfällen verwiesen (vgl. im Einzelnen die Auswertung der Auskunftslage im Urteil v. 09.02.2010 - 4 LB 9/09 -, Juris). Zum anderen besteht nach bisheriger Senatsrechtsprechung (nur) unter besonderen individuellen Voraussetzungen eine beachtliche Wahrscheinlichkeit der Verfolgung nach Rückkehr in die Türkei, nämlich für politisch aktive, sich erkennbar von der Masse gleichartiger Betätigungen abhebende und damit überhaupt erst in das Blickfeld der vom türkischen Staat organisierten Überwachung der kurdischen Opposition geratende Unterstützer der PKK und vergleichbarer Organisationen, nicht dagegen für „niedrig profilierte“ politisch-oppositionell aktive Unterstützer (vgl. Senatsbeschl. v. 16.04.2009 - 4 LA 14/09 -, Senatsurt. v. 20.06.2006 - 4 LB 56/02 -, v. 25.07.2000 - 4 L 147/95 - m.w.N.).
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Daran ist auch unter Auswertung der aktualisierten Auskunftslage festzuhalten (vgl. bereits Senatsurt. v. 01.09.2011 - 4 LB 11/10 -). Das Auswärtige Amt geht weiterhin davon aus, dass sich die Sicherheitsbehörden bei einer Einreise in die Türkei mit türkischen Staatsangehörigen befassen, die im Ausland in herausgehobener oder erkennbar führender Position für eine in der Türkei verbotene Organisation tätig sind und sich nach türkischen Gesetzen strafbar gemacht haben (Lagebericht des Auswärtigen Amtes v. 08.04.2011, S. 18). Auch nach aktueller Einschätzung der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (Bericht v. 20.12.2010 über die aktuelle Situation der Kurden, S. 19) riskieren politisch aktive Kurden Haftstrafen wegen Mitgliedschaft in der verbotenen PKK. Kamil Taylan berichtete in einem Gutachten für das OVG Saarland vom 11. Februar 2011 (S. 5), dass die Staatsanwaltschaft Diyarbakir im April 2010 ein Strafverfahren gegen 30 Rückkehrer aus dem Nordirak wegen des Vorwurfs der Propaganda für eine Terrororganisation bzw. Planung und Durchführung von Verbrechen im Auftrag einer solchen Organisation eingeleitet habe; dieselbe Staatsanwaltschaft führe einen Massenprozess gegen PKK-Unterstützer. An anderer Stelle führt Taylan allerdings aus, dass keine Verfahren gegen Rückkehrer wegen Unterstützungshandlungen in den 90’ger Jahren bekannt seien (ebd. S. 4). Was die Gefahr von Folter und Misshandlungen anbelangt, so ist auch nach den seit dem Senatsurteil vom 09. Februar 2010 hinzugekommenen Erkenntnissen weiterhin von einer nicht auszuschließenden, insgesamt nicht spürbar reduzierten Gefährdungslage auszugehen. Das Auswärtige Amt berichtet für das Jahr 2010 von einer erheblichen Anzahl von Fällen von Folter und Misshandlungen, die bei anerkannten Menschenrechtsorganisationen registriert seien. Es sei der Regierung nach wie vor nicht gelungen, solche Misshandlungen vollständig zu unterbinden; Straflosigkeit der Täter sei weiterhin ein ernstzunehmendes Problem (Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 08.04.2011, S. 21). Die EU-Kommission stellt in ihrem Fortschrittsbericht vom 09. November 2010 (Turkey 2010 Progress Report, SEC (2010) 1327, S. 18) zwar insgesamt einen positiven Trend bezüglich der Verhütung von Folter und Misshandlungen, gleichzeitig aber weiterhin ein verbleibendes, besorgniserregendes Problem unangemessener Gewaltanwendung seitens der Sicherheitsbehörden fest. Beispiele für auch noch 2010 geschehene Folter führt auch Kaya (Gutachten an OVG Greifswald v. 14.06.2010, S. 11 ff.) auf. Auch die Schweizerische Flüchtlingshilfe hält staatliche Folter in der Realität immer noch für verbreitet, wobei zunehmend an unbeobachteten Orten - außerhalb von Polizeistationen und Gefängnissen - gefoltert werde (SFH, Türkei: Die aktuelle Situation der Kurden, 20.12.2010, S. 13; Türkei: Risiken bei der Rückkehr eines verurteilten PKK-Mitglieds, 26.05.2010, S. 1 f.).
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Die Wahrscheinlichkeit für Rückkehrer, bei der Einreise festgehalten, verhört und ggf. an weitere Sicherheitsbehörden überstellt zu werden, hängt nach im Wesentlichen übereinstimmenden Auskünften nach wie vor davon ab, ob ein Strafverfahren gegen den Rückkehrer anhängig ist oder war und ob er seine Wehrpflicht erfüllt hat. Ist beides nicht der Fall, so ist nach Auskunft von Kaya (an das VG Freiburg vom 01.07.2010) eine Ingewahrsamnahme an der Grenze nicht zu erwarten. Wird bei der Einreise jedoch festgestellt, dass der Wehrdienst noch nicht abgeleistet wurde, wird der Betreffende nach Auskunft von Kaya (Gutachten an VG Freiburg vom 11.06.2008) festgenommen und in Begleitung von Polizisten oder Gendarmen zwecks Musterung und Einberufung der nächstgelegenen Militärdienstbehörde überstellt. Taylan hält eine Situation des vorherigen jahrelangen Nichterscheinens bei der Musterung mit der Möglichkeit, dass darüber ein Aufenthalt des Wehrpflichtigen im Ausland bei der PKK bekannt geworden sein könnte, und den fehlenden Beleg der entstandenen Auslandszeiten mit einem von türkischen Behörden anerkannten Status bei der Einreise für sehr gefährlich, weil er in aller Regel zu einer intensiveren Untersuchung führe (Taylan, Gutachten an VG Sigmaringen
v. 21.12.2007). Für eine derartige Konstellation ist auch Aydin in einem Gutachten an das VG Sigmaringen vom 20. September 2007 von einer Gefährdung des betreffenden Rückkehrers durch Misshandlung oder Folter ausgegangen. Oberdiek teilt in seinem Gutachten an das VG Sigmaringen vom 15. August 2007 ebenfalls die Einschätzung, dass zurückkehrende Nichtwehrdienstleistende einer Überprüfung hinsichtlich des Grundes ihrer zwischenzeitlichen Abwesenheit und eines möglichen Verdachts der Zusammenarbeit mit der PKK unterzogen werden, ohne jedoch eine klare Aussage zu den hierdurch zu befürchtenden Folgen für den Rückkehrer zu treffen (vgl. dort S. 15). Die österreichische Organisation ACCORD berichtet über ungeklärte Todesfälle auch von Kurden während des Wehrdienstes (ACCORD, KurdInnen in der Türkei, Juni 2009, S. 41); Erkenntnisse, dass es sich hierbei um ein in seiner Dimension greifbares und verbreitetes Phänomen handelt, liegen allerdings nicht vor.
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Auf dieser Erkenntnisgrundlage geht der Senat davon aus, dass der Kläger im Falle einer Rückkehr in die Türkei mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit asylrelevante Nachteile seitens des türkischen Staates erleiden würde. Dabei sind die Angaben des Klägers zugrunde zu legen, die er im Verlauf seines Asylverfahrens sowie im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, zuletzt im Rahmen der informatorischen Anhörung in der mündlichen Berufungsverhandlung, gemacht hat. Eine Gefährdung besteht für den Kläger unabhängig davon, ob ihm im Zuge einer Strafverfolgung wegen aktiver Beteiligung an terroristischen Taten der PKK eine an asylrelevante Merkmale anknüpfende, härtere Behandlung als sonst üblich drohen würde (sog. Politmalus, vgl. BVerfG, Beschl. v. 29.04.2009 - 2 BvR 78/08 -, NVwZ 2009, 1035 m.w.N.; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 16.12.2009 - OVG 10 N 70.09 -, Juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 27.03.2007 - 8 A 2632/06.A, Juris). Da der Kläger noch keinen Wehrdienst geleistet hat, würde er - unabhängig von der Frage, ob gegen ihn bereits ein Haftbefehl existiert - beachtlich wahrscheinlich schon deshalb bereits bei der Einreise von den Sicherheitsbehörden in Gewahrsam genommen und von diesen oder den Militärbehörden, an die er zwecks Musterung überstellt werden würde, einer eingehenderen Untersuchung unterzogen, in deren Zuge er nicht in der Lage wäre, die seit seinem 21. Lebensjahr entstandenen Abwesenheitszeiten aus dem Zugriff der Wehrdienstbehörden in einer zufriedenstellenden, für die Behörden unverdächtigen Weise zu erklären. Nachforschungen erfolgen in einem derartigen Fall der Untersuchung eines wehrdienstpflichtigen Rückkehrers u.a. in dessen Heimatregion (amnesty international, Auskunft an OVG Saarland v. 31.01.2011), wo noch bekannt sein wird, dass sich der Kläger nach Beendigung seiner Schulausbildung gemeinsam mit einem Freund der PKK angeschlossen und sich seither nicht mehr in der Heimatregion aufgehalten hat. Zum anderen aber geht auch das Bundesamt davon aus, dass dem türkischen Staat bei einer militärischen Auseinandersetzung Dokumente in die Hände gefallen sind, die den Kläger als Mitglied einer bewaffneten Einheit bzw. als gewaltbereiten Aktivisten der PKK identifizieren können, weshalb ihm ein Abschiebungshindernis nach § 53 Abs. 4 AuslG (heute: § 60 Abs. 5 AufenthG) zuerkannt worden ist. Seine nachfolgend erlangten Funktionen bei der PKK als stellvertretender Gruppenkommandant in Catak-Gülpinar während der Zeit schwerer Kämpfe vor Ausrufung des einseitigen Waffenstillstandes sowie die Stellung als Kommandant einer Sondereinheit u.a. für die militärische Ausbildung von Kämpfern im Nordirak haben dem Kläger zumindest eine gewisse Führungsposition auf einer mittleren Ebene verschafft. Nimmt man die nach dem Vortrag beider Beteiligter beim türkischen Staat über ihn vorhandenen, ihn als Kämpfer identifizierenden Dokumente sowie die Tatsache hinzu, dass er seiner Wehrpflicht seit vielen Jahren nicht nachgekommen ist, so rückt ihn dies bei einer Gesamtbetrachtung im Vergleich zu lediglich niedrig profilierten kurdischen Aktivisten stärker in das staatliche türkische Blickfeld und erhöht die Wahrscheinlichkeit einer Verfolgung durch Folter und Misshandlung nach seiner Einreise.
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Demgegenüber ist eine Verfolgung des Klägers durch nichtstaatliche Akteure - hier die PKK - für den Fall einer Wiedereinreise in die Türkei nicht beachtlich wahrscheinlich; sie ist von ihm bislang im Zuge seines Asylverfahrens weder in der Anhörung durch das Bundesamt noch im gerichtlichen Verfahren geltend gemacht worden. Dabei geht der Senat in Übereinstimmung mit dem eigenen Vortrag des Klägers in der mündlichen Berufungsverhandlung davon aus, dass der Kläger die Türkei auch bezüglich asylrelevanter Maßnahmen seitens der PKK (oder anderer Kräfte) als nichtstaatlichem Akteur unverfolgt verlassen hat. Der Kläger hat zwar berichtet, nach seiner Loslösung von der PKK selbst im Libanon noch von Unterstützern der PKK ausfindig gemacht worden, zu den Gründen seiner Trennung von der Organisation befragt und zu Geldzahlungen angehalten worden zu sein. Dass ihm Maßnahmen der Organisation mit asylerheblicher Intensität angedroht worden seien, hat er allerdings nicht hinreichend konkret dargelegt; für den Zeitraum nach seiner Einreise in die Bundesrepublik hat er vielmehr vorgetragen, dass ihm von PKK-Funktionären oder -Mitgliedern in Deutschland ein gewisser Aktionsradius „im Rahmen des Erlaubten“ zugestanden und alles Gute für sein weiteres Leben gewünscht worden sei. Befürchtungen, dass die PKK im Falle einer Wiedereinreise in die Türkei ihre ihm gegenüber tolerante Haltung aufgeben werde, lassen sich seinem Vortrag nicht entnehmen. Auch die Erkenntnislage gibt in seinem Fall keinen Anlass zu einer abweichenden Beurteilung (vgl. dazu Senatsurt. v. 01.09.2011 - 4 LB 11/10 -).
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Ein Anspruch des Klägers auf Anerkennung als Flüchtling wegen drohender staatlicher Verfolgung scheidet jedoch wegen eines entgegenstehenden Ausschlussgrundes gemäß § 60 Abs. 8 Satz 2 AufenthG i.V.m. § 3 Abs. 2 AsylVfG aus. Danach ist die Anerkennung u.a. dann ausgeschlossen, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Betreffende vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebietes begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden (§ 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylVfG), oder dass er den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat (§ 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AsylVfG). Dasselbe gilt nach Satz 3 der Regelung für Ausländer, die andere zu solchen Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben. Mit diesen seit Inkrafttreten des Richtlinienumsetzungsgesetzes nunmehr im Asylverfahrensgesetz (früher: § 60 Abs. 8 Satz 2 AufenthG / § 51 Abs. 3 Satz 2 AuslG) geregelten Ausschlussgründen hat der deutsche Gesetzgeber Art. 12 Abs. 2 und 3 der Richtlinie 2004/83/EG, der seinerseits auf die schon in Art. 1 Abschnitt F Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) aufgeführten Ausschlussgründe zurückgeht, umgesetzt (vgl. BVerwG, Vorlagebeschluss v. 14.10.2008 - 10 C 48/07). Ihre Auslegung hat sich maßgeblich an den entsprechenden Regelungen in Art. 12 der Qualifikationsrichtlinie zu orientieren.
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Die einen Ausschlussgrund gemäß § 3 Abs. 2 AsylVfG i.V.m. Art. 12 Abs. 2 und 3 dieser Richtlinie verwirklichenden Handlungen müssen nicht definitiv im Sinne eines für eine strafrechtliche Verurteilung erforderlichen Beweisstandards erwiesen sein; ausreichend ist vielmehr ein gegenüber der nach § 108 VwGO erforderlichen Überzeugungsgewissheit abgesenktes Beweismaß (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 09.03.2011 - 11 A 1439/07.A - Juris, m.w.N.). Die Annahme der Verwirklichung von Handlungen im Sinne eines Ausschlussgrundes ist aus schwerwiegenden Gründen gerechtfertigt, wenn hierfür Anhaltspunkte von erheblichem Gewicht vorliegen; dies ist in der Regel der Fall, wenn klare und glaubhafte Indizien für die Begehung der jeweils genannten Handlungen bestehen (vgl. BVerwG, Urt. v. 31.03.2011 - 10 C 2/10 -, Juris).
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Die Anwendung der auf Art. 12 Abs. 2 und 3 der Qualifikationsrichtlinie zurückgehenden Ausschlussgründe setzt eine Einzelfallwürdigung der - bekannten - genauen tatsächlichen Umstände in Bezug auf die Handlungen und die Lage des betreffenden Ausländers, der im Übrigen die Voraussetzungen für eine Flüchtlingsanerkennung erfüllt, voraus. Allein der Umstand einer Mitgliedschaft in einer anerkanntermaßen an terroristischen Handlungen beteiligten Organisation hat nicht automatisch den Ausschluss der betreffenden Person von der Anerkennung als Flüchtling zur Folge. Erforderlich ist vielmehr eine dem Beweisniveau der Annahme aus schwerwiegenden Gründen genügende Zurechnung eines Teils der Verantwortung für Handlungen, die von der Organisation im Zeitraum der Mitgliedschaft begangen wurden. Eine solche individuelle Verantwortung für die Verwirklichung der Handlungen der Organisation ist anhand sowohl objektiver als auch subjektiver Kriterien zu beurteilen, wobei die tatsächliche Rolle der betreffenden Person bei der Verwirklichung der fraglichen Handlungen, ihre Position innerhalb der Organisation, der Grad der Kenntnis, die sie von deren Handlungen hatte oder haben musste, sowie etwaige Pressionen oder andere verhaltensbeeinflussende Faktoren zu berücksichtigen sind. Hatte die betreffende Person eine hervorgehobene Position innerhalb der Organisation inne, so kann eine individuelle Verantwortung für von dieser Organisation im relevanten Zeitraum begangene Handlungen vermutet werden; dennoch bleibt eine Prüfung sämtlicher erheblicher Umstände erforderlich (vgl. EuGH, Urt. der Großen Kammer v. 09.11.2010 - C-57/09 und C-101/09 -, NVwZ 2011, 285). Zu diesen gehört auch die altersbedingte Einsichtsfähigkeit des betreffenden Ausländers zur Zeit der zurechenbar begangenen Handlungen (vgl. OVG Lüneburg, Beschl. v. 15.12.2010 - 11 LA 495/10 -, AuAS 2011, 70, m.w.N.). Ein Ausschluss von der Flüchtlingsanerkennung setzt weder eine gegenwärtige Gefahr für den Aufnahmemitgliedstaat noch eine auf den Einzelfall bezogene Verhältnismäßigkeitsprüfung des Ausschlusses unter erneuter Beurteilung des Schweregrades der begangenen Handlungen voraus; die Schwere der begangenen Handlungen ist vielmehr bereits bei der Prüfung des Vorliegens von Ausschlussgründen nach Art. 12 Abs. 2 der Qualifikationsrichtlinie einzubeziehen und muss von einem solchen Grad sein, dass die betreffende Person nicht in berechtigter Weise Anspruch auf den Schutz erheben kann (vgl. EuGH, a.a.O.).
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Die für die Auslegung des Art. 12 Abs. 2 der Qualifikationsrichtlinie maßgeblichen Ausführungen des EuGH haben klargestellt, dass aufgrund der reinen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Rahmen des Ausschlussgrundes für die Flüchtlingseigenschaft keine automatische Zurechnung von Handlungen der Organisation erfolgen kann. Ebenso wenig reicht nach dem Urteil des EuGH eine Beteiligung des betreffenden Schutzsuchenden an den Handlungen der Organisation im Sinne von Art. 2 Abs. 2 des Rahmenbeschlusses 2002/475 vom 13. Juni 2002 zur Terrorismusbekämpfung (Beteiligung an den Handlungen einer terroristischen Vereinigung einschließlich Bereitstellung von Informationen oder materiellen Mitteln oder durch jegliche Art der Finanzierung ihrer Tätigkeit mit dem Wissen, dass diese Beteiligung zu den strafbaren Handlungen der terroristischen Vereinigung beiträgt) in jedem Falle aus, um einen Ausschlussgrund im Sinne der Qualifikationsrichtlinie zu verwirklichen. Eine ideologische Verinnerlichung der von der Organisation insgesamt angewandten Ziele – auch derjenigen der Gewaltanwendung – allein bewirkt ebenfalls noch keinen Ausschluss. Die nach objektiven und subjektiven Kriterien vorzunehmende Zurechnung von Verantwortung i.S.v. Art. 12 der Qualifikationsrichtlinie muss sich vielmehr spezifisch auf Handlungen der Organisation in dem Zeitraum der Mitgliedschaft des jeweiligen Antragstellers richten, die für sich genommen einen Ausschluss von der Flüchtlingsanerkennung begründen können. Eine Zurechenbarkeit terroristischer Handlungen kann deshalb nicht bereits aus der aktiven Unterstützung einer generell auf terroristische Handlungen ausgerichteten Organisation abgeleitet werden (vgl. aber OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 09.03.2011 – 11 A 1439/07.A -, DVBl. 2011, 719, Juris Rn. 56). Soweit nicht bereits gewichtige Anhaltspunkte für eine persönliche Beteiligung des Betreffenden am bewaffneten Kampf der Organisation vorliegen, die im Rahmen der geforderten Einzelfallprüfung eine objektive und subjektive Zurechenbarkeit schwerer nichtpolitischer Gewalttaten der Organisation rechtfertigen, wird eine persönliche Verantwortlichkeit im Sinne eines Ausschlussgrundes nach § 3 Abs. 2 AsylVfG i.V.m. Art. 12 Abs. 2 der Richtlinie regelmäßig einen wesentlichen sonstigen (logistischen, organisatorischen oder auch unmittelbar ideologischen, d.h. zu terroristischen Taten aufrufenden) Beitrag zur Durchführung entsprechender Verbrechen im Bewusstsein von deren Erleichterung voraussetzen (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 11.08.2010 – 11 LB 405/08).
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Terroristische Handlungen, die durch ihre Gewalt gegenüber Zivilbevölkerungen gekennzeichnet sind, auch wenn mit ihnen vorgeblich politische Ziele verfolgt werden, müssen als schwere nichtpolitische Straftaten i.S.d. Art. 12 Abs. 2 Ziff. b der Qualifikationsrichtlinie (vgl. EuGH, a.a.O.) und damit auch § 3 Abs. 2 Satz 1 Ziff. 2 AsylVfG angesehen werden. Allerdings ist bei der Prüfung des Ausschlussgrundes des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylVfG nach den Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 07. Juli 2011 (10 C 26.10, Juris Rn. 38, und 10 C 27.10, Juris Rn. 32) zu berücksichtigen, dass die vom EuGH geforderte individuelle Verantwortlichkeit eine Verantwortlichkeit im strafrechtlichen Sinne in Anlehnung an Regeln des nationalen Strafrechts zur Täterschaft und Teilnahme - wenngleich unter Beachtung des abgesenkten Beweismaßes der „Annahme aus schwerwiegenden Gründen“ - erfordert. Durch den Ausschlussgrund des § 3 Abs. 2 Satz 1 Ziff. 2 AsylVfG werden (anders als bei den Ausschlussgründen der Ziff. 1 und 3 dieser Norm, vgl. ebd. sowie BVerwG, Urt. v. 31.03.2011 - 10 C 2/10 -, a.a.O.) nur strafrechtlich als Täter, Anstifter oder Gehilfen einer schweren nichtpolitischen Straftat anzusehende Personen erfasst. Das Gewicht des Tatbeitrages eines Gehilfen als „in sonstiger Weise Beteiligtem“ muss dem einer schweren nichtpolitischen Straftat i.S.v. § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylVfG entsprechen, da diese auf Art. 12 Abs. 3 der Qualifikationsrichtlinie zurückgehende Formulierung lediglich das unterschiedliche Verständnis der Mitgliedstaaten im Hinblick auf strafrechtliche Beteiligungsformen berücksichtigen, nicht jedoch den Ausschlussgrund des Art. 1 F GFK erweitern sollte (BVerwG, Urt. v. 07.07.2011, Juris Rn. 38 bzw. 32).
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Nach diesen Maßstäben, insbesondere infolge der Weiterführung der höchstrichterlichen Rechtsprechung durch die jüngsten Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 7. Juli 2011 (a.a.O.), ergibt sich ein Ausschluss der Flüchtlingsanerkennung des Klägers nicht bereits aus § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylVfG wegen einer Täterschaft oder strafrechtlich relevanten Beteiligung an einer schweren nichtpolitischen Straftat. Zwar sind im Rahmen der Aktivitäten der PKK im Zeitraum der Mitgliedschaft des Klägers von 1996 bis 2001 jedenfalls bis zum einseitigen Waffenstillstand der Organisation im August / September 1999 zahlreiche Straftaten begangen worden, die schwere nichtpolitische Straftaten im Sinne dieses Ausschlusstatbestandes darstellen können. Das Auswärtige Amt hat in seinen Lageberichten von 1996 bis 1999 über zahlreiche Anschläge der PKK auch gegen die Zivilbevölkerung berichtet. Die Organisation drangsaliere, erpresse und töte auch Zivilisten, wenn sie die geforderte Unterstützung verweigerten (Lagebericht v. November 1996, S. 5, v. März 1997, S. 5, v. März 1998, S. 7, v. September 1998, S. 7, v. September 1999, S. 18). Auch bereits 1996 richteten sich die Aktionen der PKK verstärkt gegen Zivilpersonen (Lagebericht AA vom März 1997, S. 5). Bei Anschlägen der PKK sollen 1996 157 Zivilisten, 1997 mindestens 115 Zivilisten getötet worden sein (Lagebericht vom November 1997, S. 7). Die Organisation Human Rights Watch berichtete ebenfalls über Drangsalierungen und Menschenrechtsverletzungen der PKK gegenüber der Zivilbevölkerung sowie gegen Touristen: So seien bei einem Selbstmordattentat 1996 neben Soldaten auch Zivilisten getötet worden. Im März 1997 seien Anschläge gegen Zivilisten und Touristen angedroht und von Mai bis August 1997 mehrere Attentate mit zivilen Todesopfern in Cardakli, Eruh und Van verübt worden (vgl. Human Rights Watch, World Report 1998 - Turkey v. 01.01.1998, www.unhcr.org/refworld/docid/3ae6a8a814.html). 1998 seien weitere Zivilisten von der PKK exekutiert worden, die der Zusammenarbeit mit staatlichen Behörden „verdächtigt“ worden seien; im Juli 1998 seien zwei 4- bzw. 14-jährige Mädchen in einem Dorf getötet und im August 1998 bei einem Bombenanschlag der PKK in Istanbul sieben Menschen getötet und über hundert Menschen verletzt worden (World Report 1999 - Turkey v. 01.01.1999, www.unhcr.org/refworld/docid/3ae6a8b48.html).
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Auch die von der Universität Maryland im Internet publizierte „Chronologie der Kurden“ (http://www.cidcm.umd.edu/mar/chronology.asp?groupId=64005) weist für den Zeitraum 1996 bis 1999 unter anderem (nebst gewalttätigen Auseinandersetzungen mit türkischen Streitkräften) zahlreiche Anschläge auf die Zivilbevölkerung aus. Am 20. August 1996 töteten nach dieser Aufstellung PKK-Kämpfer drei Zivilisten entlang der irakischen Grenze, am 1. Oktober 1996 töteten PKK-Rebellen vier türkische Grundschullehrer; am 22. Oktober 1997 wurden bei einem der PKK zugeschriebenen Autobombenattentat in der Nähe der türkisch-iranisch-irakischen Grenze eine Person getötet und 19 verletzt. Am 3. Juni 1998 schossen PKK-Rebellen 11 Zivilisten bei Tunceli nieder; im Juli 1998 töteten sie zwei Kinder. Anfang Juli 1999 wurden vier Zivilisten in Elazig von PKK-Mitgliedern erschossen (vgl. dazu auch Human Rights Watch, World Report 2000 - Turkey v. 01.12.1999, www.unhcr.org/refworld/docid/3ae6a8cb0.html), zwei Tage später wurden 25 Menschen in Istanbul bei einem Autobombenattentat verletzt. Nach Informationen des United Kingdom Home Office war die PKK 1997 für die Tötung von mindestens 130 unbewaffneten Zivilisten verantwortlich (United Kingdom Home Office, Country Assessment - Turkey v. 01.04.2000, www.unhcr.org/refworld/docid/3ae6a6ae0.html). In der ersten Jahreshälfte 1999 begingen PKK-Terroristen nach Informationen des US State Department zahlreiche Anschläge in der Türkei, einschließlich eines Selbstmordattentats in Adana im Juli 1999, bei dem 17 Menschen verletzt wurden, und einem Bombenanschlag auf ein Kaufhaus in Istanbul im März 1999, bei dem 13 Menschen getötet wurden (United States State Department,1999 Country Report on Human Rights Pracitices - Turkey v. 25.02.2000,www.state.bov/www/global/human_rights/1999_hrp_report/turkey.html).
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Allerdings erlauben es weder die Angaben des Klägers noch die dem Senat vorliegenden Erkenntnisse, diese terroristischen Taten dem Kläger in einer strafrechtlich relevanten Weise konkret zuzuordnen. Woher die jeweiligen Täter kamen, wer sie waren und von welchem Stützpunkt der PKK aus sie agierten, lässt sich den genannten Erkenntnisquellen nicht entnehmen. Der Kläger selbst hat sich in allgemeiner Form dahingehend eingelassen, er sei an terroristischen Aktivitäten nicht beteiligt gewesen, sondern habe lediglich an Mann-zu-Mann-Kämpfen gegen türkische Militärs mitgewirkt. Schwerwiegende Gründe für die Annahme zumindest einer „sonstigen Beteiligung“ i.S.v. § 3 Abs. 2 Satz 2 AsylVfG an solchen Taten erfordern zwar keinen vollen strafrechtlichen Nachweis einer Beteiligung, jedenfalls aber die Darlegung klarer und glaubhafter Indizien für eine Begehung solcher, im Rahmen des Ausschlussgrundes des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylVfG auch konkret zu benennender Straftaten in dem räumlich-organisatorischen Einflussbereich des betreffenden Antragstellers zum Zeitpunkt der jeweiligen Tat. Davon entbindet auch nicht eine Vermutung zugunsten einer individuellen Verantwortlichkeit für Handlungen der Organisation aufgrund einer hervorgehobenen Position des Antragstellers. Anhaltspunkte für eine tatsächliche Verbindung der Aktivitäten des Klägers im damaligen Zeitraum zu einzelnen von der PKK begangenen, in Erkenntnisquellen nachgewiesenen schweren nichtpolitischen Straftaten sind für den Senat aber nicht erkennbar, zumal kein Strafurteil vorliegt und der Kläger nichts Entsprechendes vorträgt. Auch aufgrund der vom Kläger eingeräumten allgemeinen Vorgehensweise der bewaffneten Proviantbeschaffung aus Dörfern im Südosten der Türkei lässt sich seine Beteiligung an einer konkreten, schweren nichtpolitischen Straftat nach den Kriterien der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht ableiten, zumal der Kläger angegeben hat, es sei dabei niemals zu einem tatsächlichen Waffeneinsatz gegenüber der Dorfbevölkerung gekommen.
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Die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft an den Kläger ist jedoch nach § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AsylVfG ausgeschlossen. Die für den Ausschlussgrund nach § 3 Abs. 2 Nr. 3 AsylVfG maßgeblichen Ziele und Grundsätze der Vereinten Nationen werden in der Präambel und in den Art. 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen dargelegt (vgl. EuGH, a.a.O.). In der Präambel wie in Art. 1 der Charta wird das Ziel formuliert, den Weltfrieden und die internationale Sicherheit zu wahren. Kapitel VII der Charta (Art. 39 bis 51) regelt die zu ergreifenden Maßnahmen bei Bedrohung oder Bruch des Friedens und bei Angriffshandlungen. Nach Art. 39 der Charta obliegt dem Sicherheitsrat die Feststellung, ob eine Bedrohung oder ein Bruch des Friedens oder eine Angriffshandlung vorliegt. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist dem Umstand besondere Bedeutung beizumessen, dass der Sicherheitsrat, indem er Resolutionen aufgrund von Kapitel VII der Charta beschließt, nach Art. 24 der Charta die Hauptverantwortung wahrnimmt, die ihm zur weltweiten Wahrung des Friedens und der Sicherheit übertragen ist. Das schließt die Befugnis des Sicherheitsrats ein zu bestimmen, was eine Bedrohung für den Weltfrieden und die internationale Sicherheit darstellt (EuGH, Urt. der Großen Kammer vom 03.09.2008 - C-402/05 P und C-415/05 P, Kadi und Al Barakaat - Slg. 2008 Rn. 294). Zu den Akten der Vereinten Nationen, die entsprechend dem 22. Erwägungsgrund der Qualifikationsrichtlinie die Ziele und Grundsätze der Vereinten Nationen konkretisieren, gehören auch die Resolutionen 1373 (2001) und 1377 (2001) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen, denen die Auffassung des Sicherheitsrates zu entnehmen ist, dass Handlungen des internationalen Terrorismus allgemein und unabhängig von der Beteiligung eines Staates diesen Zielen und Grundsätzen zuwiderlaufen. Daher kann der Ausschlussgrund des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AsylVfG i.V.m. Art. 12 Abs. 2 Ziff. c der Qualifikationsrichtlinie auch auf eine Person als nichtstaatlichen Akteur angewendet werden, wenn sie im Rahmen ihrer Zugehörigkeit zu einer im Anhang des Gemeinsamen Standpunktes des Rates der Europäischen Union 2001/931 aufgeführten Organisation an terroristischen Handlungen mit einer internationalen Dimension beteiligt war (vgl. EuGH, Urt. v. 09.11.2010, a.a.O.; BVerwG, Urt. v. 31.03.2011 - 10 C 2/10, Juris Rn. 38, sowie Urt. v. 07.07.2011 - 10 C 26.10 -, Juris Rn. 28, und - 10 C 27.10 -, Juris Rn. 22; OVG NRW, Urt. v. 09.03.2011 - 11 A 1439/07.A -, Juris).
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Der Tatbestand des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AsylVfG setzt, anders als dessen Nr. 2, nicht notwendig die Begehung einer strafbaren Handlung voraus, da nach den einschlägigen UN-Resolutionen Handlungen des Terrorismus allgemein und unabhängig von ihrer strafrechtlichen Relevanz im Widerspruch zu den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen stehen. Somit können von diesem Ausschlussgrund auch Personen erfasst werden, die im Vorfeld Unterstützungshandlungen zugunsten terroristischer Aktivitäten vornehmen. Dennoch ist in jedem Einzelfall zu prüfen, ob der individuelle Beitrag ein Gewicht erreicht, das dem der Ausschlussgründe in § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 AsylVfG entspricht (BVerwG, Urt. v. 07.07.2011, a.a.O. Rn. 39 bzw. 33).
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Nach diesen Maßstäben liegen Anhaltspunkte von erheblichem Gewicht dafür vor, dass der Kläger während seiner Tätigkeit für die PKK Handlungen im Sinne des Ausschlussgrundes des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AsylVfG im Zeitraum von seinem Beitritt 1996 bis zum Inkrafttreten des einseitigen Waffenstillstandes 1999 jedenfalls durch „Beteiligung in sonstiger Weise“ verwirklicht hat. Die PKK ist nach gesicherter obergerichtlicher Rechtsprechung (vgl. BVerwG, Urt. V. 30.03.1999 – 9 C 23/98 -, BVerwGE 109, 12; Urt. v. 15.03.2005 – 1 C 26/03 -, BVerwGE 123, 114; Beschl. v. 07.12.2010 - 1 B 24/10 -, Juris; Vorlagebeschluss an den EuGH v. 25.11.2008 – 10 C 46/07 -, NVwZ 2009, 592; BGH, Urt. v. 28.10.2010 – 3 StR 179/10, BGHSt 56, 28; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 21.07.2010 - 11 S 541/10 -, ZAR 2010, 329, Juris Rn. 34 ff.) wie auch nach der Einstufung der Europäischen Union (vgl. zuletzt Beschuss 2011/70/GASP des Rates vom 31.01.2011, ABl. L 28/57, Anhang Ziff. 2.16) gerade aufgrund von Gewalttaten gegenüber der Zivilbevölkerung als terroristische Organisation zu bewerten (vgl. bereits Senatsurt. v. 01.09.2011 - 4 LB 11/10 -). Ihre Handlungen weisen aufgrund ihrer langjährigen und auch in dem hier relevanten Zeitraum bis 1999 geübten gewalttätigen Vorgehensweise in mehreren europäischen Staaten (vgl. nur zur Gewaltausübung in der Bundesrepublik OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 27.06.2000 - 8 A 609/00 -, InfAuslR 2001, 29 ff., Juris Rn. 35 ff.; KG Berlin, Urt. v. 23.01.2008 - (1) 2 StE 6/07 - 6 (6/07), Juris Rn. 30 ff.) eine internationale Dimension auf, die Voraussetzung für den Ausschluss der Flüchtlingsanerkennung für Repräsentanten nichtstaatlicher Akteure ist (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 07.07.2011 - 10 C 26.10 und 10 C 2710 C 27.10 -, a.a.O., Rn. 28 bzw. 22). Terroristische Aktivitäten einer Organisation liegen jedenfalls dann vor, wenn sie gemeingefährliche Mittel einsetzt und zur Durchsetzung ihrer politischen Ziele Angriffe auf das Leben Unbeteiligter verübt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 07.12.2010 - 1 B 24/10 -, Juris; Urt. v. 14.10.2008 - 10 C 48.07 - Rn. 20; BayVGH, Urt. v. 21.10.2008 - 11 B 06.30084 -, Juris Rn. 48 ff.). In der Resolutionspraxis der Vereinten Nationen werden als unbeteiligte, „unschuldige“ Personen, die Opfer von Taten im Sinne des gesicherten Kernbereichs terroristischer Handlungen einer Organisation geworden sind, jedenfalls Personen verstanden, die sich weder als Kombattanten an einem bewaffneten Konflikt beteiligen noch Repräsentanten des staatlichen Systems sind oder als solche wahrgenommen werden können (vgl. BayVGH, a.a.O. Rn. 48 m.w.N.). Ob im Gegenschluss die Beteiligung an bewaffneten Angriffen auf staatliche Sicherheitskräfte aus dem Bereich von Handlungen entgegen den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen i.S.v. § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AsylVfG auszugrenzen ist, folgt hieraus noch nicht zwingend, kann vorliegend jedoch offen bleiben.
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Wie oben dargelegt, sind für den hier interessierenden Zeitraum von 1996 bis 1999 Terrorakte gegen unbeteiligte Zivilisten nachgewiesen. Der Kläger hat durch seine vielfältigen Aktivitäten zugunsten der PKK in diesem Zeitraum jedenfalls individuelle Beiträge im Sinne von Unterstützungshandlungen im Vorfeld terroristischer Akte geleistet, indem er unmittelbar an bewaffneten Auseinandersetzung jedenfalls mit Sicherheitskräften beteiligt war, darüber hinaus durch Munitionsbeschaffung und Zuführung von Kämpfern Aktionen der Organisation vorbereitete und unterstützte, logistische Tätigkeiten wie die Vorbereitung des Winterlagers und die bewaffnete Beschaffung von Proviant und Alltagsgegenständen für die jeweiligen Einheiten ausübte. Die Angaben des Klägers zur Proviantbeschaffung stimmen mit der Erkenntnislage überein, wonach solche Sammlungen auch im relevanten Zeitraum regelmäßig mit massiven Pressionen gegenüber den um Proviant angegangenen Zivilisten einhergingen (vgl. z.B. Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 07.09.1999, S. 18 sowie v. 18.09.1998, S. 7). Durch seine aktiven Beiträge hat er auch die gewaltsamen Aktionsmöglichkeiten der Organisation gegenüber der Zivilbevölkerung abgesichert und ermöglicht. Dabei schlägt sein individueller Beitrag in Form der Teilnahme am bewaffneten Kampf in wertendem Vergleich mit dem Gewicht der Ausschlussgründe in § 3 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 und 2 AsylVfG (vgl. BVerwG, Urt. v. 07.07.2011, a.a.O. Rn. 39 bzw. 33) besonders stark zu Buche. Bereits seine eigenen Angaben stellen hinreichend schwer wiegende Gründe für die Annahme dar, dass der Kläger selbst zumindest eine beihilfeähnliche Unterstützung in Bezug auf die Tötung von Menschen im Verlauf von Aktionen der PKK geleistet hat, die jedenfalls zum Teil auch als Angriffshandlungen und nicht lediglich als Verteidigung gegen Angriffe türkischer Sicherheitskräfte unternommen wurden. Der Kläger hatte im Asylverfahren vor dem Bundesamt angegeben, „Aktionen“ mit vorbereitet und in vielfältige „Kämpfe“ verwickelt gewesen zu sein, ohne diese als Verteidigungshandlungen zu kennzeichnen. Sofern seine Ausführungen in der mündlichen Berufungsverhandlung, dass man sich bei Angriffen auch verteidige, wenn man eine Waffe in der Hand habe, mittelbar darauf zielen sollten, eine eigene Beteiligung an Angriffshandlungen auszuschließen, nimmt der Senat dem Kläger diese Einschränkung nicht ab. Sie wäre angesichts der aus den oben genannten Erkenntnismitteln ersichtlichen offensiven Vorgehensweise der PKK in dem Zeitraum vor August/September 1999 für einen in der PKK mehrere Jahre lang aktiv tätigen Kämpfer auch nicht zu realisieren gewesen. Zudem hatte der Kläger die Position des einfachen Kämpfers mit seinem Aufstieg zum stellvertretenden Gruppenkommandanten 1999 bereits verlassen. Allerdings hat sich seine schriftsätzliche Angabe zu Beginn des Asylverfahrens, er sei stellvertretender Kommandant eines PKK-Lagers gewesen, nach den insoweit glaubhaften Angaben des Klägers in der mündlichen Berufungsverhandlung nicht bestätigen lassen. Der Senat geht daher nicht davon aus, dass eine individuelle Verantwortung des Klägers für PKK-Taten aufgrund einer herausgehobenen Funktion vermutet werden kann.
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Insgesamt kommt nach alledem den Unterstützungshandlungen des Klägers für den bewaffneten Kampf der Organisation bei wertender Gesamtbetrachtung ein der Beteiligung an einer schweren nichtpolitischen Straftat i.S.v. § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylVfG entsprechendes Gewicht zu.
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Hat der Kläger durch seine Aktivitäten zugunsten der PKK einen Ausschlussgrund i.S.d. § 3 Abs. 2 AsylVfG verwirklicht, so ist er über § 30 Abs. 4 AsylVfG gleichermaßen von der Anerkennung als Asylberechtigter ausgeschlossen. Danach ist ein Asylantrag als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG oder des § 3 Abs. 2 AsylVfG vorliegen. Mit dieser Norm ist der deutsche Gesetzgeber seiner Verpflichtung zur innerstaatlichen Umsetzung von Art. 3, 12 Abs. 2 der Richtlinie 2004/83/EG nachgekommen, die der Gewährung eines mit der Rechtsstellung des Flüchtlings im Sinne der Qualifikationsrichtlinie verwechselbaren Schutzstatus bei Eingreifen eines Ausschlusstatbestandes für die Flüchtlingseigenschaft entgegenstehen. Eine solche Verwechslungsgefahr ist bei der derzeitigen einfachgesetzlichen Ausgestaltung des Status eines Asylberechtigten nach Art. 16 a GG zu bejahen (vgl. BVerwG, Urt. v. 31.03.2011, a.a.O. Rn. 50 ff.; Urt. v. 07.07.2011, a.a.O., Rn. 33 ff. bzw. 23 ff.; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 09.03.2011 - 11 A 1439/07.A -, Juris Rn. 117 ff., 120). Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Erstreckung des Ausschlussgrundes für die Flüchtlingsanerkennung auf die Anerkennung als Asylberechtigter bestehen unabhängig davon, ob damit die nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bestehenden verfassungsimmanenten Grenzen des Asylrechts im Hinblick auf den Terrorismusvorbehalt zutreffend nachgezeichnet werden, so lange nicht, wie die Rechtsprechung des EuGH einen wirksamen Grundrechtsschutz auch in Bezug auf das Asylrecht gewährleistet. Davon ist derzeit angesichts der Gewährleistung des Asylrechts in Art. 18 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und der dem Schutzstandard der Genfer Flüchtlingskonvention verpflichteten Bestimmungen der Qualifikationsrichtlinie auszugehen mit der Folge, dass wegen des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts gegenüber nationalem Recht die Ausschlussklauseln des Art. 12 Abs. 2 der Qualifikationsrichtlinie auch in Bezug auf das Grundrecht aus Art. 16 a GG auf Asyl beachtlich sind (vgl. BVerwG, Urt. v. 31.03.2011, a.a.O., Rn. 54 sowie Urt. v. 07.07.2011, a.a.O., Rn. 33 bzw. 27).
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Die Berufung war daher mit den sich aus § 83b AsylVfG und § 154 Abs. 2 VwGO ergebenden Kostenfolgen zurückzuweisen.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
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Gründe für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO sind nicht gegeben.
(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich
- 1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe - 2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, - a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder - b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen, - 2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder - 3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er
- 1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder - 2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.
(1) Als Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 gelten Handlungen, die
- 1.
auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Artikel 15 Absatz 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist, oder - 2.
in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist.
(2) Als Verfolgung im Sinne des Absatzes 1 können unter anderem die folgenden Handlungen gelten:
- 1.
die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt, - 2.
gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden, - 3.
unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung, - 4.
Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung, - 5.
Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des § 3 Absatz 2 fallen, - 6.
Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.
(3) Zwischen den in § 3 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit den in § 3b genannten Verfolgungsgründen und den in den Absätzen 1 und 2 als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen muss eine Verknüpfung bestehen.
Die Verfolgung kann ausgehen von
- 1.
dem Staat, - 2.
Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder - 3.
nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.
(1) Schutz vor Verfolgung kann nur geboten werden
- 1.
vom Staat oder - 2.
von Parteien oder Organisationen einschließlich internationaler Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen,
(2) Der Schutz vor Verfolgung muss wirksam und darf nicht nur vorübergehender Art sein. Generell ist ein solcher Schutz gewährleistet, wenn die in Absatz 1 genannten Akteure geeignete Schritte einleiten, um die Verfolgung zu verhindern, beispielsweise durch wirksame Rechtsvorschriften zur Ermittlung, Strafverfolgung und Ahndung von Handlungen, die eine Verfolgung darstellen, und wenn der Ausländer Zugang zu diesem Schutz hat.
(3) Bei der Beurteilung der Frage, ob eine internationale Organisation einen Staat oder einen wesentlichen Teil seines Staatsgebiets beherrscht und den in Absatz 2 genannten Schutz bietet, sind etwaige in einschlägigen Rechtsakten der Europäischen Union aufgestellte Leitlinien heranzuziehen.
Die Verfolgung kann ausgehen von
- 1.
dem Staat, - 2.
Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder - 3.
nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.
(1) Schutz vor Verfolgung kann nur geboten werden
- 1.
vom Staat oder - 2.
von Parteien oder Organisationen einschließlich internationaler Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen,
(2) Der Schutz vor Verfolgung muss wirksam und darf nicht nur vorübergehender Art sein. Generell ist ein solcher Schutz gewährleistet, wenn die in Absatz 1 genannten Akteure geeignete Schritte einleiten, um die Verfolgung zu verhindern, beispielsweise durch wirksame Rechtsvorschriften zur Ermittlung, Strafverfolgung und Ahndung von Handlungen, die eine Verfolgung darstellen, und wenn der Ausländer Zugang zu diesem Schutz hat.
(3) Bei der Beurteilung der Frage, ob eine internationale Organisation einen Staat oder einen wesentlichen Teil seines Staatsgebiets beherrscht und den in Absatz 2 genannten Schutz bietet, sind etwaige in einschlägigen Rechtsakten der Europäischen Union aufgestellte Leitlinien heranzuziehen.
(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:
- 1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, - 2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder - 3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.
(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen, - 2.
eine schwere Straftat begangen hat, - 3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder - 4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.
(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.
(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.
(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Die Anfechtungsklage muß innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheids erhoben werden. Ist nach § 68 ein Widerspruchsbescheid nicht erforderlich, so muß die Klage innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts erhoben werden.
(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.
Tenor
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfefür das Eilverfahren wird abgelehnt.
2. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage (6a K 6963/16.A) wird abgelehnt.Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens,für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
1
beschlossen:
2- 3
1. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfefür das Eilverfahren wird abgelehnt.
- 4
2. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage (6a K 6963/16.A) wird abgelehnt.Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens,für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
G r ü n d e :
6Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Eilverfahren ist abzulehnen, weil keine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Antragsteller vorgelegt worden ist und weil die Rechtsverfolgung aus den nachfolgend dargelegten Gründen von Beginn an nicht die nach § 166 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) i. V. m. §§ 114 ff. Zivilprozessordnung erforderliche hinreichende Aussicht auf Erfolg geboten hat.
7Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hat keinen Erfolg.
8Die Klage gegen die in dem Bescheid der Antragsgegnerin vom 4. Oktober 2016 enthaltene Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung hat gemäß § 75 Asylgesetz (AsylG) grundsätzlich keine aufschiebende Wirkung. Gemäß § 80 Abs. 5 VwGO in Verbindung mit § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG kann das Gericht die aufschiebende Wirkung anordnen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen.
9Vorliegend bestehen unter Zugrundelegung der jetzigen Sach- und Rechtslage (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) keine ernstlichen Zweifel daran, dass das Bundesamt den Asylantrag als offensichtlich unbegründet ablehnen durfte und damit zugleich auch keine erheblichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes im Sinne von § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG.
10Ein Asylantrag ist gemäß § 30 Abs. 1 AsylG dann offensichtlich unbegründet, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft offensichtlich nicht vorliegen. Die Beurteilung als offensichtlich unbegründet ist dann gerechtfertigt, wenn im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen vernünftigerweise kein Zweifel bestehen kann und sich bei einem solchen Sachverhalt nach allgemein anerkannter Rechtsauffassung die Ablehnung des Asylantrags geradezu aufdrängt. Erweist sich der Asylantrag als nicht offensichtlich, sondern lediglich schlicht unbegründet, hat das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung anzuordnen.
11Vgl. zu alldem BVerfG, Beschluss vom 22. Oktober 2008 ‑ 2 BvR 1819/07 -, Juris, mit weiteren Nachweisen.
12Gemessen daran ist die getroffene Entscheidung in dem angefochtenen Bescheid hinsichtlich der Flüchtlingseigenschaft (Ziffer 1 des Bescheides), der Asylberechtigung (Ziffer 2 des Bescheides), des subsidiären internationalen Schutzes (Ziffer 3 des Bescheides) und der nationalen zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernisse (Ziffer 4 des Bescheides) nicht zu beanstanden. Die Kammer nimmt insoweit zunächst zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen auf die Begründung des Ablehnungsbescheides vom 4. Oktober 2016 Bezug (§ 77 Abs. 2 AsylG).
13Hinsichtlich der Antragsteller zu 1. und zu 3. sind keinerlei Umstände vorgetragen worden, derentwegen die Rückkehr nach Aserbaidschan problematisch sein könnte.
14Auch hinsichtlich der Antragstellerin zu 2. kommen die Flüchtlingseigenschaft, die Asylgewährung und die Zuerkennung subsidiären Schutzes mangels diesbezüglichen Vortrags ersichtlich nicht in Betracht. Die Feststellung, dass Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG in Bezug auf Aserbaidschan nicht vorliegen, begegnet ebenfalls keinen ernstlichen Zweifeln. Nach dem allenfalls in Betracht zu ziehenden § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Eine (individuelle) Gefahr im Sinne der Vorschrift kann auch bestehen, wenn der Ausländer an einer Erkrankung leidet, die sich aufgrund der Verhältnisse im Abschiebezielstaat voraussichtlich verschlimmern wird. Ein entsprechendes Abschiebungshindernis ist gemäß § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG allerdings nur bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen anzunehmen. Gemäß § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG ist im Übrigen nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist.
15Vgl. nur (zur bisherigen Rechtslage) BVerwG, Urteile vom 9. September 1997 - 9 C 48.96 -, BVerwGE 105, 383 ff., vom 29. Oktober 2002 - 1 C 1.02 -, DVBl. 2002, 463, und vom 17. Oktober 2006 - 1 C 18.05 -, BVerwGE 127, 33 ff.; Beschluss vom 17. August 2011 - 10 B 13.11 u.a. -, juris; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 26. August 2015 - 6a K 5088/14.A -, juris, Beschluss vom 2. März 2016 - 6a L 468/16.A -, mit weiteren Nachw.; zur Neuregelung Thym, NVwZ 2016, 409 (412 f.), und Marx, InfAuslR 2016, 261 ff.
16Um ein entsprechendes Abschiebungshindernis feststellen zu können, ist eine hinreichend konkrete Darlegung der gesundheitlichen Situation erforderlich. Der Ausländer muss eine Erkrankung, welche die Abschiebung beeinträchtigen kann, gemäß § 60a Abs. 2c AufenthG durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen, die insbesondere über die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation ergeben, berichtet.
17Vorliegend ist festzustellen, dass die Antragstellerin zu 2. an einer Reihe schwerwiegender Gesundheitsbeeinträchtigungen leidet, nämlich an einem Residualsyndrom nach Meningoenzephalitis mit Hirnsubstanzdefekten, an geistiger Behinderung, an Mikrozephalie und an struktureller Epilepsie mit vorwiegend komplex-fokalen Anfällen (so die Diagnosen in dem jüngsten Attest des Universitätsklinikums Bochum vom 7. September 2016). Den vorgelegten Attesten ist indes zu entnehmen, dass lediglich die Epilepsie der Behandlung zugänglich ist; bei den übrigen Krankheitsbildern handelt es sich offenbar um Dauerzustände, bei denen eine Heilung bedauerlicherweise nicht im Raum steht. Hinsichtlich der Epilepsie wiederum kann, obwohl dies in den ärztlichen Stellungnahmen nicht ausgeführt wird, wohl durchaus mit einer schwerwiegenden, unter Umständen lebensbedrohlichen Verschlimmerung zu rechnen sein, wenn die gebotene Behandlung ausbleibt. Diese Behandlung beschränkt sich allerdings offenbar auf die (dauerhafte) Verabreichung eines entsprechenden Antikonvulsivums, um die Krampfanfälle zu reduzieren bzw. nach Möglichkeit ganz zu verhindern. Die Antragstellerin zu 2. nimmt derzeit ein Medikament mit dem Wirkstoff „Oxcarbazepin“ ein. Festzustellen ist indes, dass die Antragtellerin zu 2. auch in Aserbaidschan mit einem entsprechenden Antikonvulsivum versorgt worden ist, nämlich mit „Carbamazepin“. Dass dieser (mit dem nunmehr verschriebenen Oxcarbazepin eng verwandte) Wirkstoff zur Behandlung untauglich war und ist, ist den ärztlichen Stellungnahmen nicht zu entnehmen. Im Gegenteil heißt es in dem Schulärztlichen Gutachten vom 16. August 2016, das Krampfleiden habe nach dem Ausprobieren mehrerer anderer Medikamente „relativ gut im Jahr 2014 mit Carbamazepin eingestellt werden“ können. Beide Medikamente sind (ausweislich im Internet verfügbarer Informationen) seit langem angewandte Standardmedikamente, die von zahlreichen Herstellern – auch als Generikum – vertrieben werden. Es lässt sich daher auch nicht feststellen, dass die Antragsteller mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit nicht in der Lage sind, sich das erforderliche Medikament in Aserbaidschan zu verschaffen. Der Antragsteller zu 1. hat gegenüber dem Bundesamt angegeben, seine Tochter habe zwei bis drei Carbamazepin-Tabletten pro Tag benötigt und eine Packung mit 50 Tabletten habe fünf Euro gekostet. Daraus ergeben sich Kosten von rund 90,- Euro pro Jahr. Dass die Antragsteller, die in Aserbaidschan offenbar über zahlreiche enge und entferntere Verwandte verfügen, nicht in der Lage sind, diese Kosten aufzubringen, hat der Antragsteller zu 1. zwar pauschal behauptet, aber - vor dem Hintergrund der gesetzlichen Vermutung in § 60a Abs. 2c AufenthG und der daraus resultierenden Darlegungslast – nicht hinreichend substantiiert dargetan.
18Soweit in der Antragsbegründung die fehlende Reisefähigkeit der Antragstellerin zu 2. postuliert wird, handelt es sich um einen Umstand, der nicht im vorliegenden, sondern im ausländerrechtlichen Verfahren zu berücksichtigen ist.
19Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO und § 83b AsylG.
(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.
(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.
(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.
(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.
(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.
(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.
(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.
(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.
(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.
(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn
- 1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen, - 2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder - 3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Das Bundesamt erlässt nach den §§ 59 und 60 Absatz 10 des Aufenthaltsgesetzes eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn
- 1.
der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird, - 2.
dem Ausländer nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wird, - 2a.
dem Ausländer kein subsidiärer Schutz gewährt wird, - 3.
die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen oder die Abschiebung ungeachtet des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes ausnahmsweise zulässig ist und - 4.
der Ausländer keinen Aufenthaltstitel besitzt.
(2) Die Abschiebungsandrohung soll mit der Entscheidung über den Asylantrag verbunden werden. Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, sind die Entscheidungsformel der Abschiebungsandrohung und die Rechtsbehelfsbelehrung dem Ausländer in eine Sprache zu übersetzen, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann.
(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.
(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.
(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.
(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.
(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.
(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.
(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.
(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.
(7) Gegen einen Ausländer,
- 1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder - 2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.
(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.