Verwaltungsgericht Greifswald Beschluss, 14. Feb. 2017 - 5 B 2351/16 As HGW

published on 14/02/2017 00:00
Verwaltungsgericht Greifswald Beschluss, 14. Feb. 2017 - 5 B 2351/16 As HGW
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Gericht

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Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens, in welchem Gerichtskosten nicht erhoben werden.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen eine Abschiebungsanordnung in das Königreich Norwegen.

2

Sie reiste nach eigenen Angaben am 07.09.2016 in die Bunderepublik Deutschland ein und stellte am 12.09.2016 einen Asylantrag.

3

Nach Erkenntnissen der Antragsgegnerin bestanden Anhaltspunkte dafür, dass für die Durchführung des Asylverfahrens das Königreich Norwegen zuständig ist. Daraufhin stellte sie am 24.10.2016 ein Übernahmeersuchen nach der 26. Verordnung (EU) Nr. 604/2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedsstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedsstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Dublin III-VO). Mit Schreiben vom 31.10.2016 erklärten die norwegischen Behörden die Wiederaufnahmebereitschaft gem. Art. 18 Abs. 1 lit. d) Dublin III-VO.

4

Mit Bescheid vom 06.12.2016, der am 13.12.2016 zugestellt wurde, lehnte die Antragsgegnerin den Asylantrag als unzulässig ab (Ziffer 1), stellte fest, dass Abschiebungsverbote gem. § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) nicht vorliegen (Ziffer 2), ordnete die Abschiebung in das Königreich Norwegen an (Ziffer 3) und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot auf 12 Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziffer 4). Zur Begründung führte die Antragsgegnerin aus, dass Norwegen gem. Art. 18 Abs. 1 lit. d) Dublin III-VO für die Behandlung des Asylantrages zuständig sei. Zudem sei nicht ersichtlich, dass die derzeitigen humanitären Bedingungen dort zu einer Verletzung von Art. 3 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) führen würden, sodass § 60 Abs. 5 AufenthG nicht einschlägig sei. Ebenfalls sei nicht ersichtlich, dass der Tatbestand des § 60 Abs. 7 AufenthG vorliege.

5

Die Antragstellerin hat am 15.12.2016 Klage erhoben und um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht.

6

Zur Begründung trägt sie vor, dass die Zuständigkeit Norwegens nach der Dublin III-VO nicht sicher feststehe, sie jedoch ein subjektives Recht innehabe, in den zuständigen Mitgliedsstaat überführt zu werden. Zudem befinde sich ihr erwachsener Sohn im deutschen Asylverfahren, sodass der Schutzbereich des Art. 8 EMRK eröffnet sei. Daher erscheine die Entscheidung zu Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO jedenfalls ermessensfehlerhaft.

7

Die Antragstellerin beantragt,

8

die aufschiebende Wirkung ihrer Klage vom 15.12.2016 gegen die Abschiebungsanordnung des Bescheides der Antragsgegnerin vom 06.12.2016 anzuordnen.

9

Die Antragsgegnerin beantragt,

10

den Antrag abzulehnen.

11

Zur Begründung verweist sie auf die Ausführungen in dem gegenständlichen Bescheid. Zudem führt sie aus, dass der volljährige Sohn der Antragstellerin kein i.S.d. Dublin III-VO relevantes Familienmitglied sei. Ebenfalls sei nicht ersichtlich, dass sich die Trennung von ihrem Sohn negativ auf die Gesundheit auswirke, sodass für die Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO kein Anlass bestehe.

12

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Dem Gericht haben die Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners vorgelegen. Diese sind Gegenstand der Entscheidung gewesen.

II.

13

Gem. § 76 Abs. 4 Satz 1 Asylgesetz (AsylG) entscheidet in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes der Einzelrichter.

14

Der zulässige Antrag ist unbegründet.

15

Die Begründetheit des sich nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Var. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) richtenden Antrags ist dann gegeben, wenn - wie hier - ein Widerspruch oder eine Anfechtungsklage entgegen § 80 Abs. 1 VwGO keine aufschiebende Wirkung entfaltet (vgl. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. §§ 75 Abs. 1, 38 Abs. 1, 34a Abs. 1 AsylG) und das Aussetzungsinteresse des Antragstellers dem Vollziehungsinteresse des Antragsgeg-ners gegenüber überwiegt. Das Gericht trifft eine eigene Ermessensentscheidung, bei der auch die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen sind. Ergibt die allein mögliche summarische Prüfung, dass der Rechtsbehelf mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erfolglos sein wird, überwiegt regelmäßig das behördliche Vollziehungsinteresse. Besteht dagegen die überwiegende Wahrscheinlichkeit, dass der angefochtene Bescheid rechtswidrig ist, besteht kein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Dann überwiegt das Aussetzungsinteresse des Antragstellers. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens dagegen nicht hinreichend absehbar, verbleibt es bei einer Interessenabwägung.

16

Die Interessenabwägung geht hier zulasten der Antragstellerin aus. Es ist nicht ersichtlich, dass die Abschiebungsanordnung rechtswidrig ist und die Antragstellerin in subjektiven Rechten verletzt, vgl. § 113 Abs. 1 VwGO.

17

Sie fußt auf § 34a Abs. 1 Satz 1 Var. 2 AsylG. Der Norm entsprechend ordnet die Antragsgegnerin die Abschiebung in den gem. § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG zuständigen Staat an, wenn der Ausländer in diesen abgeschoben werden soll und sobald feststeht, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann. Gem. § 29 Abs. 1 Nr. 1 lit. a) AsylG bemisst sich die Zuständigkeit eines anderen Staates nach der Dublin III-VO. Danach ist Norwegen gem. Art. 13 Abs. 2 Dublin III-VO zuständig (geworden). Nach der Norm wird, wenn die Zuständigkeit nach Abs. 1 nicht länger besteht, derjenige Mitgliedsstaat zuständig, in dem sich der Ausländer für wenigstens fünf Monate ununterbrochen aufgehalten hat. Hat sich der Ausländer für solche Zeiträume in mehreren Mitgliedsstaaten aufgehalten, so ist der Mitgliedsstaat seines letzten Aufenthaltes zuständig, vgl. Art. 13 Abs. 2 Unterabsatz 2 Dublin III-VO. Zunächst war gem. Art. 13 Abs. 1 Satz 1 Dublin III-VO Griechenland für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig. Denn nach den Angaben der Antragstellerin hat sie die griechische Grenze 2010 aus der Türkei, also einem Drittstaat kommend überquert. Dabei ist nicht ersichtlich oder vorgetragen worden, dass ihr die Einreise gestattet war. Daher spricht Überwiegendes dafür, dass sie die Grenze illegal überschritten hat. Die Zuständigkeit endete jedoch gem. Satz 2 zwölf Monate nach dem illegalen Grenzübertritt. Nach ihren eigenen Angaben hat sich die Antragstellerin anschließend wenigstens fünf Monate lang ununterbrochen in Norwegen aufgehalten. Dass sie ausführte zwischendurch auch in Dänemark um Asyl nachgesucht zu haben, ist unerheblich, da sie sich jedenfalls zuletzt in Norwegen aufgehalten hat.

18

Auch die Voraussetzungen der Zuständigkeit der Bundesrepublik Deutschland für das Asylverfahren der Klägerin nach Art. 3 Abs. 2 Unterabsätze 2 und 3 Dublin III-VO liegen nicht vor. Es ist nicht ersichtlich, dass das norwegische Asylsystem oder die Aufnahmebedingungen systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der EU-Grundrechtscharta mit sich bringen. Der Regelung des Art. 3 Abs. 2 Dublin III-VO liegen die in der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union - noch zur Dublin II-VO - entwickelten Grundsätze zu den Voraussetzungen für die Durchbrechung der Zuständigkeitsregelungen für auf dem Gebiet der Europäischen Union gestellte Anträge auf internationalen Schutz zugrunde. Danach muss die Vermutung gelten, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (EU GR-Charta) sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) und der Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) steht (EuGH, Urteil vom 21.12.2011 C-411/10, juris, Rn. 80).

19

Es bestehen nach Auffassung des Gerichts unter Berücksichtigung aktueller Erkenntnisse keine durchgreifenden Anhaltspunkte dafür, dass in Norwegen die Mindestanforderungen an ein Asylverfahren nach den europäischen Asylrichtlinien sowie nach der EMRK, der GR-Charta und der Genfer Flüchtlingskonvention nicht eingehalten werden (ebenso VG Düsseldorf, Beschluss vom 25. Januar 2017 – 12 L 4207/16.A –, Rn. 17, juris; VG München, Beschluss vom 19. Januar 2017 – M 1 S 16.51253 –, Rn. 15, juris; VG Greifswald, Beschluss vom 10. Januar 2017 – 3 B 2155/16 As HGW –, juris; Verwaltungsgericht des Saarlandes, Beschluss vom 30. März 2016 – 3 L 163/16 –, Rn. 5, juris; VG Ansbach, Beschluss vom 11. Dezember 2015 – AN 14 S 15.50456 –, Rn. 26, juris). Vielmehr ist davon auszugehen, dass Norwegen Willens und in der Lage ist, Asylsuchenden entsprechend dem Dubliner Übereinkommen Schutz zu gewähren.

20

Anhaltspunkte für das Vorliegen außergewöhnlicher humanitäre Gründe, die die Ausübung des Selbsteintrittsrechts der Bundesrepublik Deutschland nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO zur Folge haben können, sind ebenfalls nicht ersichtlich. Zudem zeigt sich nicht, dass die Beklagte von dem ihr gewährten Ermessen nicht oder fehlerhaft Gebraucht gemacht hat. Der Umstand, dass der jüngste (erwachsene) Sohn der Klägerin in Deutschland sein Asylverfahren durchläuft, führt zu keiner anderen Betrachtung. Ob die Antragsgegnerin dies bereits bei ihrer Entscheidung berücksichtigt hat oder nicht, kann dahinstehen. Denn sie hat ihre Ermessenserwägungen jedenfalls im gerichtlichen Verfahren dahingehend ergänzt (vgl. § 114 Satz 2 VwGO). Auch im Hinblick auf Art. 8 Abs. 1 EMRK musste die Antragsgegnerin hier nicht von ihrem Selbsteintrittsrecht Gebrauch machen. Für die Eröffnung des Schutzbereichs wäre erforderlich gewesen, dass zusätzliche Elemente einer Abhängigkeit zwischen den Familienmitgliedern bestehen, die über die üblicherweise bestehende gefühlsmäßige Bindung hinausgehen (vgl. Karpenstein/Mayer, EMRK, 1. Aufl., Art. 8 Rn. 45). Dafür ist nichts vorgetragen worden oder ersichtlich.

21

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der
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published on 19/01/2017 00:00

Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens. Gründe I. Der Antragsteller ist nach seinen Angaben pakistanischer Staatsangehöriger und am ...12
published on 11/12/2015 00:00

Tenor 1. Der Antrag wird abgelehnt. 2. Der Antragsteller hat die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens zu tragen. Gründe I. Der Antragsteller wendet sich gegen eine Abschiebungsanordnung nach Norwegen.
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Annotations

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Die Klage gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz hat nur in den Fällen des § 38 Absatz 1 sowie des § 73b Absatz 7 Satz 1 aufschiebende Wirkung. Die Klage gegen Maßnahmen des Verwaltungszwangs (§ 73b Absatz 5) hat keine aufschiebende Wirkung.

(2) Die Klage gegen Entscheidungen des Bundesamtes, mit denen die Anerkennung als Asylberechtigter oder die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft widerrufen oder zurückgenommen worden ist, hat in folgenden Fällen keine aufschiebende Wirkung:

1.
bei Widerruf oder Rücknahme wegen des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder des § 3 Absatz 2,
2.
bei Widerruf oder Rücknahme, weil das Bundesamt nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen hat.
Dies gilt entsprechend bei Klagen gegen den Widerruf oder die Rücknahme der Gewährung subsidiären Schutzes wegen Vorliegens der Voraussetzungen des § 4 Absatz 2. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung bleibt unberührt.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Ein Asylantrag ist unzulässig, wenn

1.
ein anderer Staat
a)
nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 oder
b)
auf Grund von anderen Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages
für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist,
2.
ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union dem Ausländer bereits internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 gewährt hat,
3.
ein Staat, der bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als für den Ausländer sicherer Drittstaat gemäß § 26a betrachtet wird,
4.
ein Staat, der kein Mitgliedstaat der Europäischen Union und bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als sonstiger Drittstaat gemäß § 27 betrachtet wird oder
5.
im Falle eines Folgeantrags nach § 71 oder eines Zweitantrags nach § 71a ein weiteres Asylverfahren nicht durchzuführen ist.

(2) Das Bundesamt hört den Ausländer zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis Nummer 4 persönlich an, bevor es über die Zulässigkeit eines Asylantrags entscheidet. Zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 5 gibt es dem Ausländer Gelegenheit zur Stellungnahme nach § 71 Absatz 3.

(3) Erscheint der Ausländer nicht zur Anhörung über die Zulässigkeit, entscheidet das Bundesamt nach Aktenlage. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unverzüglich nachweist, dass das in Satz 1 genannte Versäumnis auf Umstände zurückzuführen war, auf die er keinen Einfluss hatte. Führt der Ausländer diesen Nachweis, ist das Verfahren fortzuführen.

(4) Die Anhörung zur Zulässigkeit des Asylantrags kann gemäß § 24 Absatz 1a dafür geschulten Bediensteten anderer Behörden übertragen werden.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.