Verwaltungsgericht Greifswald Urteil, 23. Mai 2012 - 3 A 144/10
Gericht
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der Vollstreckungsschuld abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten über die Heranziehung zu Straßenbaubeiträgen.
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Die Klägerin ist Eigentümerin der grundbuchrechtlich selbständigen Grundstücke Flurstück G1 mit einer Größe von 43.388 m² und Flurstück G2 mit einer Größe von 5.095 m². Beide Grundstücke liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplanes Nr. 30/93 für das Gebiet "Ehemaliges GUS-Objekt am Glambecker See", der für die Grundstücke jeweils eine Wohnbebauung (Allgemeines Wohngebiet) vorsieht. Die Erschließung der für das Grundstück Flurstück G2 vorgesehenen Bebauung soll durch eine von der A.-Straße abzweigende Planstraße E erfolgen. Die A.-Straße wiederum mündet in die H.-Straße. Als Zuwegung zwischen der H.-Straße und dem Wohngebiet ist ein Fußweg vorgesehen. Die Erschließung der für das Grundstück Flurstück G1 vorgesehenen Bebauung soll durch die Planstraßen A, B und C erfolgen, die von der Einmündung in die H.-Straße in das Erschließungsgebiet führen und dort enden. Die Erschließungsanlagen sind derzeit noch nicht hergestellt. Für Teilflächen der Grundstücke Flurstück G2 und Flurstück G1 weist der Bebauungsplan Festsetzungen „öffentliche Grünfläche“ auf.
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Beide Grundstücke grenzen an die H.-Straße. Hierbei handelt es sich um eine Gemeindestraße, die zwischen der Kreuzung Glambecker Straße/Louisenstraße und der Kreuzung mit der B 193 verläuft. Im Zeitraum 2003/2004 ließ die Stadt B-Stadt die H.-Straße ausbauen. Die letzte Unternehmerrechnung datiert vom 13.12.2004. Am 25.09.2007 fasste der Beklagte einen Beschluss über die Abschnittsbildung und Kostenspaltung für die H.-Straße. Danach verläuft der Abrechnungsabschnitt von der "Grenze des Sanierungsgebietes bis zum Knotenpunkt Dr.-Schwentner-Straße".
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Mit Bescheiden vom 05.10.2007 zog der Beklagte die Klägerin für die Grundstücke zu Ausbaubeiträgen i.H.v. 18.545,80 Euro (Flurstück G2; Gz./Az. 22/60 42 01 [20]) und 53.953,20 Euro (Flurstück G1; Gz./Az. 22/60 42 01 [26]) heran, wobei der Beitragserhebung bei dem letztgenannten Grundstück mit Blick auf die Abschnittsbildung nur eine Teilfläche von 19.269 m² zu Grunde gelegt wurde. Gegen beide Bescheide legte die Klägerin unter dem 10.10.2007 Widerspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung. Unter dem 02.01.2008 lehnte der Beklagte den Aussetzungsantrag in Ansehung des Grundstücks Flurstück G2 ab. Mit Schreiben gleichen Datums teilte der Beklagte der Klägerin in Bezug auf das Grundstück Flurstück G1 mit, dass er das gleich gelagerte Antragsverfahren betreffend das Grundstück Flurstück G2 als Musterverfahren ausgewählt habe und dass das Verfahren betreffend den Aussetzungsantrag für das Grundstück Flurstück G1 entsprechend § 12 Abs. 3 KAG M-V i.V.m. § 363 AO bis zur Rechtskraft der Entscheidung in dem Musterverfahren ruhe.
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Mit Beschluss vom 20.02.2008 – Aktenzeichen 3 B 53/08 – ordnete das erkennende Gericht auf Grund des eingereichten einstweiligen Rechtsschutzantrages des Klägers für das Grundstück Flurstück G2 die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs an.
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Im Rahmen der Widerspruchsbearbeitung erfolgte am 07.04.2008 und 21.04.2009 eine Anhörung zur Nacherhebung auf Grund geänderter Nutzungsfläche und zu berücksichtigender Kosten für die Straßenentwässerung.
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Mit Schreiben vom 16.11.2009 forderte die Klägerin den Beklagten zur Aufhebung des Bescheides Aktenzeichen 22/60 42 01 (26) betreffend das Grundstück Flurstück G1 auf.
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Mit Bescheid vom 03.12.2009 zog der Beklagte die Klägerin für das Grundstück Flurstück G2 zu einem weiteren Betrag in Höhe von 7.084,81 Euro heran. In der Begründung führte der Beklagte an, dass sich die Aufstellung der Nutzungsfläche geändert habe. Unter Beachtung der gerichtlichen Ausführungen in dem Beschluss des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens seien die Flächen für die Erschließungsstraßen und die der öffentlichen Grünflächen herauszunehmen, so dass sich die Nutzungsfläche von 71.166,20 m² auf 50.551,10 m² verringere. Weiterhin seien die Kosten für die Straßenentwässerung einzustellen. Bisher seien nur die Kosten für die Straßenabläufe im beitragsfähigen Aufwand enthalten gewesen. Dies führe zu einer Erhöhung des Beitragssatzes von 2,80 Euro/m² auf 4,95 Euro/m². Zwar habe sich nun die Ansatzfläche für das Grundstück Flurstück G2 von 5.095 m² auf 3.983 m² verringert, durch die Anhebung des Beitragssatzes ergebe sich jedoch ein Beitrag von insgesamt 26.630,61 Euro, so dass ein Betrag von 7.084,81 Euro nachzuerheben sei.
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Mit Widerspruchsbescheid vom 11.02.2010 wies der Beklagte die Widersprüche gegen den Bescheid vom 16.10.2007 und den Nacherhebungsbescheid vom 03.12.2009 betreffend das Grundstück Flurstück G2 zurück.
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Die Klägerin hat am 18.02.2010 Klage gegen den Bescheid des Beklagten betreffend das Grundstück Flurstück G2 erhoben. Sie ist der Auffassung, ihre Heranziehung sei rechtswidrig. Der Beitragserhebung sei abweichend vom bürgerlich-rechtlichen Grundstücksbegriff der wirtschaftliche Grundstücksbegriff zu Grunde zu legen. Denn die Anwendung des bürgerlich-rechtlichen Grundstücksbegriffs führe zu einer gröblich unangemessenen Benachteiligung, weil auch die Flächen berücksichtigt würden, die künftig von der Planstraße erschlossen werden und damit aus der Vorteilsverteilung ausschieden. Für die Frage, ob die Grundstücke von dem Ausbau der Straße bevorteilt seien, sei vorrangig auf die planerischen Festsetzungen im Bebauungsplan abzustellen. Diese sehen die Bildung einer Vielzahl von Teilflurstücken vor, welche durch die zukünftigen Planstraßen erschlossen werden. Die so maßgeblichen zukünftigen Flurstücke würden nicht unmittelbar an die ausgebaute Anlage angrenzen, so dass sie außer Betracht zu bleiben hätten. Aus den planerischen Festsetzungen ergebe sich darüber hinaus, dass zwischen den noch zu bebauenden Flurstücken und der H.-Straße ein Abstand von mindestens 6 bis 8 m vorgesehen sei, welcher als – öffentliche - Grünfläche ausgewiesen sei. Zudem sei es unzulässig, die Flächen der Planstraßen bei der Beitragsermittlung zu berücksichtigen.
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Das Abrechnungsgebiet sei zudem fehlerhaft gebildet worden. Nach § 4 der Satzung dürfte sich der Kreis der Grundstücksinhaber, welche auf Grund ihrer räumlich engen Beziehung eine Möglichkeit der Inanspruchnahme der ausgebauten Straße hätten, nicht allein auf die unmittelbaren Anlieger der H.-Straße begrenzen lassen. Dies gelte insbesondere für die Anliegerstraßen Louisenstraße, Fritz-Reuter-Straße und Hermann-Thoms Straße und Adolf-Friedrich Straße. Weiterhin sei die Abschnittsbildung nicht sachgerecht und damit fehlerhaft. Schließlich seien die Regelungen der §§ 1, 2 und 4 der Beitragssatzung nicht hinreichend bestimmt.
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Mit Schreiben vom 25.03.2010 hat die Klägerin ihre Klage erweitert. Diese richtet sich nunmehr auch gegen den Straßenbaubeitragsbescheid betreffend das Grundstück Flurstück G1.
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Mit Nacherhebungsbescheid vom 22.09.2011 zog der Beklagte die Klägerin für das Grundstück Flurstück G1 zu einem weiteren Straßenbaubeitrag in Höhe von 21.321,45 Euro heran. Dagegen legte die Klägerin am 06.10.2011 Widerspruch ein.
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Die Klägerin beantragt,
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1. den Bescheid des Beklagten vom 05.10.2007 und den Nacherhebungsbescheid vom 03.12.2009 in der Form des Widerspruchsbescheides vom 11.02.2010 aufzuheben,
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2. den Bescheid des Beklagten vom 05.10.2007 und den Nacherhebungsbescheid vom 22.09.2011 aufzuheben.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung nimmt er auf seine Bescheide Bezug. Ergänzend führt er aus, dass die H.-Straße als Innerortstraße einzustufen sei. Die Straße werde gerade im Berufsverkehr von einer Vielzahl von Pendlern genutzt, deren Start oder Ziel B-Stadt sei. Damit handele es sich eben nicht um Durchgangsverkehr, der nur an der Stadt durch bzw. vorbeifahre. Daneben komme der H.-Straße Bedeutung als innerörtliche Verbindungsstraße zur Innenstadt und zu mehreren Wohngebieten zu und löse selbst hohen Zielverkehr durch den Friedhof und die Tankstelle aus. Für die Annahme einer Innerortstraße spreche weiterhin die Ausbaubreite von 6,50 m.
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Das Gericht hat mit Beschluss vom 12.03.2012 den Rechtsstreit zur Entscheidung auf die Berichterstatterin als Einzelrichterin übertragen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 23.05.2012 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage hat keinen Erfolg.
I.
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Die mit Schreiben vom 25.03.2010 erhobene Klage gegen den Bescheid vom 05.10.2007 betreffend das Grundstück Flurstück G1 ist als sog. Untätigkeitsklage gemäß § 75 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zulässig. Danach ist die Klage abweichend von § 68 VwGO zulässig, wenn über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsaktes ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden ist. Die Voraussetzungen sind vorliegend gegeben. Der Beklagte hat ohne zureichenden Grund über den Widerspruch der Klägerin nicht entschieden. Zwar hat der Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 02.01.2008 mitgeteilt, dass das Verfahren gemäß § 12 Abs. 3 Kommunalabgabengesetz (KAG M-V) ruhe, so dass die Untätigkeitsklage grundsätzlich unzulässig wäre (vgl. VG Greifswald, Urt. v. 04.02.2009 - 3 A 392/08, n.v.). Allerdings hat die Klägerin mit Schreiben vom 16.11.2009 um Aufhebung des mit Widerspruch angefochtenen Bescheides gebeten. Das Widerspruchsverfahren war daher gemäß § 12 Abs. 3 Satz 7 KAG M-V fortzusetzen. Der Beklagte hat nicht innerhalb von drei Monaten (§ 75 Abs. 1 Satz 3 VwGO) ab Antrag auf Fortsetzung des Verfahrens über den Widerspruch entschieden. Gründe für die Nichtbescheidung sind nicht ersichtlich und wurden auch vom Beklagten nicht vorgetragen.
II.
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Die Klage ist unbegründet. Die Bescheide des Beklagten vom 05.10.2007 in Gestalt der Nacherhebungsbescheide vom 03.12.2009 bzw. vom 22.09.2011 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Bescheide finden ihre gemäß § 2 Abs. 1 KAG M-V erforderliche Rechtsgrundlage in der Satzung der Stadt B-Stadt über die Erhebung von Beiträgen für den Ausbau von Straßen, Wegen und Plätzen (Ausbaubeitragssatzung – ABS) vom 07.09.2000 in der durch Satzung geänderten Fassung vom 11.09.2008. Zweifel an der Wirksamkeit der Satzung bestehen nach derzeitiger Kenntnis des Gerichtes nicht. Soweit die Klägerin einwendet, die Regelungen der §§ 1, 2 und 4 ABS seien zu unbestimmt, verfängt dieser Einwand nicht. Die Verwendung von „unbestimmten Rechtsbegriffen“, die der Auslegung und Konkretisierung bedürfen, führt allein nicht zum Verstoß gegen die rechtsstaatlichen Grundsätze der Normenklarheit und Justitiabilität.
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1. Gegen die Rechtsanwendung durch den Beklagten gibt es nichts zu erinnern. Fehler bei der Anwendung der Ausbaubeitragssatzung sind nicht erkennbar. Dies gilt zunächst für die Ermittlung des beitragsfähigen Aufwandes.
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a. Bei der abgerechneten Baumaßnahme handelt es sich um eine beitragsfähige Maßnahme im Sinne des § 1 Satz 1 ABS, wonach zur teilweisen Deckung des Aufwandes für die Herstellung, der Aus- und Umbau, die Verbesserung, Erweiterung und Erneuerung von öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen, auch wenn sie nicht zum Anbau bestimmt sind, von den Beitragspflichtigen des § 2 Beiträge erhoben werden, denen durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme Vorteile erwachsen. Die Maßnahme ist in Bezug auf die ausgebauten Teileinrichtungen Fahrbahn, kombinierter Geh- und Radweg, Park- und Abstellflächen, Straßenbegleitgrün und Straßenentwässerung bzw. Bushaltebuchten unter dem Gesichtspunkt der Verbesserung beitragsfähig. Eine Verbesserung liegt vor, wenn sich der Zustand der Anlage nach dem Ausbau in irgendeiner Hinsicht von ihrem ursprünglichen Zustand in einer Weise unterscheidet, die positiven Einfluss auf die Benutzbarkeit hat (vgl. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Auflage, § 32 Rn. 38 m.w.N.). Dabei kommt es allein auf die Verbesserung der Anlage als solche an, so dass es unerheblich ist, ob die Anlieger den geschaffenen Zustand, der objektiv eine Verbesserung darstellt, subjektiv auch als solchen erkennen. In diesem Sinne ist die Verbesserung verkehrstechnisch zu verstehen. Entscheidend ist, dass die Maßnahme bewirkt, dass die jeweilige Teileinrichtung als „Anlage“ ihrer bestimmungsgemäßen Funktion besser zu dienen geeignet ist als zuvor. Bezogen auf die Verkehrsfunktion der Straße bedeutet das, dass eine Verbesserung anzunehmen ist, wenn die Anlage nach der Ausbaumaßnahme bessere verkehrstechnische Möglichkeiten eröffnet, d.h. wenn der Verkehr bei Zugrundelegung der bisherigen verkehrstechnischen Funktion auf der neu gestalteten Anlage zügiger, geordneter, unbehinderter oder reibungsloser abgewickelt werden kann als vorher (vgl. Driehaus, a.a.O., § 32 Rn. 40, 41).
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Gemessen an diesen Kriterien liegt in Ansehung der Fahrbahn eine Verbesserung bereits deshalb vor, weil eine räumliche Trennung zwischen Parkraum und Fahrbahn erfolgt ist, der nunmehr einen gefahrlosen Begegnungsverkehr möglich macht. Zudem führt die Ersetzung des kleinteiligen Pflasters durch Asphaltbeton zu einer Verringerung der Lärmimmissionen und witterungsbedingten Gefahren, so dass auch diesbezüglich eine beitragsfähige Verbesserung der Anlage vorliegt (vgl. Holz in: Aussprung/Siemers/Holz, KAG M-V, Stand August 2010, § 8 Anm. 1.5.1.5.1.4). In diesem Zusammenhang stellt auch das erstmalige Anlegen der Park- und Abstellflächen und der Bushaltebuchten eine Verbesserung der Anlage dar, da die funktionale Aufteilung der Gesamtfläche der Straße durch Schaffung zusätzlicher Teilanlagen vorteilhaft verändert wird (Driehaus, a.a.O., § 32, Rn. 73). Durch die Anlegung eines kombinierten Geh- und Radweges wird die Verkehrssicherheit erhöht (Driehaus, a.a.O., § 32 Rn. 65), so dass dies ebenfalls eine Verbesserung darstellt.
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Die Anlegung der Straßenentwässerung ist als Verbesserung ebenfalls beitragsfähig, da die Verlegung eines Mischkanals mit einem größeren Durchmesser die Gefahr des Rückstaus des Oberflächenwassers auch bei größeren Regenereignissen verhindert und somit eine verbesserte Entwässerung des auf der Fahrbahn anfallenden Niederschlagswasser gewährleistet (vgl. Driehaus, a.a.O., § 32 Rn. 69).
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Bei der Aufwandsermittlung wurde der Grundsatz der kostenbezogenen Erforderlichkeit beachtet. Die vom Beklagten vorgelegte Beitragskalkulation hält der mangels substantiierter Rügen nur gebotenen Plausibilitätskontrolle stand. Dies gilt insbesondere für die nachträglich einbezogenen Kosten für die Straßenentwässerung. In diesen wurden nur Kosten berücksichtigt, die ausschließlich für die Straßenentwässerung aufgewendet wurden zzgl. anteiliger Kosten für die Erneuerung des Kanals. Da der hergestellte Kanal sowohl der Straßen- als auch der Grundstücksentwässerung und überdies zusätzlich der Ableitung des Schmutzwassers dient (sog. Mischkanal), wurden die Kosten aufgeteilt. Zunächst wurden die Kosten, die nur auf die Straßenentwässerung bzw. auf die Grundstücksentwässerung entfielen herausgenommen und die verbleibenden Kosten anteilig auf alle drei Funktionen aufgeteilt (sog. Dreikanalmethode), wobei auf die Straßenentwässerung 25 v.H. entfielen. Dies ist nicht zu beanstanden.
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Auch in räumlicher Hinsicht ist die Ermittlung des beitragsfähigen Aufwandes rechtsfehlerfrei. Zwar ist von der abgerechneten Maßnahme nur ein Teil der H.-Straße betroffen. Nach § 8 Abs. 4 KAG kann jedoch der Aufwand auch für Abschnitte einer Einrichtung oder Anlage ermittelt werden, wenn diese selbständig in Anspruch genommen werden können, was bei Straßenteilstücken im Unterschied zu Teilstücken leitungsgebundener Anlagen regelmäßig der Fall ist. Eine solche Abschnittsbildung ist vorliegend im Einklang mit § 4 Abs. 2 ABS durch den Beschluss des Beklagten vom 25.09.2007 erfolgt. Entgegen der Ansicht der Klägerin begegnet die Abschnittsbildung keinen Bedenken. Sie verstößt nicht gegen das Willkürverbot. Dem abzurechnenden Teilstück kommt mit einer Länge von weit mehr als 750 m eine selbständige Bedeutung zu und es bestehen keine Anhaltspunkte, dass die berücksichtigungsfähigen Kosten erheblich höher sind als die entsprechenden Kosten pro Quadratmeter für die Herstellung einer anderen Teilstrecke derselben Anlage (vgl. Driehaus a.a.O., § 30 Rn. 25, § 14 Rn. 24; Aussprung in: Aussprung/Siemers/Holz, a.a.O., § 8 Anm. 2.9). Weiterhin erfährt der Abschnitt eine optisch erkennbare Begrenzung: Er beginnt an der Einmündung der Straße Dr. Schwentner Straße und endet an der Grenze Sanierungsgebiet. Unschädlich ist, dass der letztgenannte Punkt nicht nach örtlichen Merkmalen erkennbar ist, da ein sog. Zwangsabschnitt vorliegt. Dies ist der Fall, wenn Teile einer im Sinne einer natürlichen Betrachtungsweise einheitlichen Verkehrsanlage unterschiedlichen Abrechnungsregimen unterliegen. Für den Fall der förmlichen Festlegung eines Sanierungsgebietes, in dem das Sanierungsverfahren unter Anwendung der §§ 154 ff. BauGB erfolgt, besteht kein gesondertes Erfordernis einer Abschnittsbildung, falls ein Teil der ausgebauten Verkehrsanlage über die Grenzen des Gebietes hinausragt (vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 30.06.2004 – 1 L 189/01, zit. nach juris).
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b. Die Verteilung des beitragsfähigen Aufwands begegnet keinen Bedenken. Dies betrifft zunächst die mit der Einstufung der H.-Straße als Innerortsstraße getroffene Bestimmung des Gemeindeanteils am umlagefähigen Aufwand. Nach den unbestrittenen Ausführungen des Beklagten, dient die ausgebaute Anlage weder überwiegend dem überörtlichen Durchgangsverkehr noch überwiegend dem Anliegerverkehr (vgl. § 3 Abs. 5 Nr. 2 ABS). Für diese Annahme spricht auch die Ausbaubreite der Fahrbahn von 6,50 m.
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Die Bildung des Abrechnungsgebietes ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Der Beklagte hat alle im Abrechnungsgebiet liegende Grundstücke, die von der Anlage bevorteilt werden, berücksichtigt. Nach § 4 Abs. 1 ABS bilden die Grundstücke das Abrechnungsgebiet, von denen aus wegen ihrer räumlich engen Beziehung zur ausgebauten Einrichtung eine qualifizierte Inanspruchnahmemöglichkeit dieser Einrichtung eröffnet wird. Demgemäß ist der Aufwand für den Ausbau der abgerechneten Teileinrichtungen auch nur auf die von der H.-Straße erschlossenen Grundstücke verteilt worden. Entgegen der Auffassung der Klägerin war der Beklagte nicht gehalten, den Aufwand auch auf die Grundstückseigentümer der Glambecker Straße, der Louisenstraße, der Mühlenstraße, der Fritz-Reuter-Straße, der Hermann-Thoms Straße, der Dr. Schwenter Straße sowie der Adolf-Friedrich Straße zu verteilen. Denn hierbei handelt es sich um unterschiedliche Verkehrsanlagen. Die Beitragserhebung ist "anlagebezogen". Nur dadurch ist gewährleistet, dass die Beitragspflichtigen ausschließlich mit Kosten "ihrer" Anlage belastet werden. Für die Belastung mit Kosten einer in diesem Sinne fremden Anlage besteht kein rechtfertigender Grund; eine solche Verfahrensweise wäre daher rechtswidrig. Im Übrigen verkennt die Klägerin, dass durch die Einstufung der ausgebauten Anlage als Innerortsstraße hinreichend berücksichtigt wird, dass diese Anlage nicht nur von den unmittelbar anliegenden Grundstückseigentümern genutzt wird. Denn dies führt letztlich zu einem geringeren Kostenanteil für die Anlieger.
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Gegen die Flächenermittlung gibt es nichts zu erinnern. Der Beklagte hat zu Recht die Teilflächen der Grundstücke die im Abrechnungsgebiet liegen und für die der Bebauungsplan Nr. 30/93 Festsetzungen „öffentliche Verkehrsfläche“ (Planstraßen) und Festsetzungen „öffentliche Grünfläche“ enthält, bei der Flächenermittlung nicht berücksichtigt (vgl. Ausführungen des Beklagten Seite 2 der Nacherhebungsbescheide). Denn diese Flächen sind von dem Ausbau der Anlage nicht bevorteilt. Hinsichtlich der Begründung wird auf die Ausführungen in dem zwischen den Beteiligten ergangenen Beschluss vom 20.02.2008 in dem Verfahren 3 B 53/08 Bezug genommen, von dem abzuweichen nach wie vor kein Grund besteht.
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Im Übrigen ist es nicht zu beanstanden, dass der Beklagte die verbleibenden Grundstücksflächen der Grundstücke Flurstücke G1 und G2 mit in den Vorteilsausgleich herangezogen hat, da diese Grundstücke an der ausgebauten Anlage H.-Straße angrenzen und ihnen daher eine qualifizierte Inanspruchnahmemöglichkeit dieser Einrichtung i.S.v. § 4 ABS eröffnet wird.
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Dies gilt sowohl für das Grundstück Flurstück G2 als auch für das Grundstück Flurstück G1. Für ein zu Wohnzecken nutzbares Grundstück – wie ausweislich des vorliegenden Bebauungsplanes Nr. 30/93 „Ehemaliges GUS-Objekt am Glambecker See“ der Fall - ist es für die Annahme einer vorteilsrelevanten Inanspruchnahmemöglichkeit ausreichend, wenn auf der Fahrbahn der ausgebauten Straße bis in Höhe des Grundstücks herangefahren werden und es von dort über einen Gehweg oder Radweg betreten werden kann (vgl. Driehaus, a.a.O., § 35 Rn. 12). Eine vorteilsrelevante Inanspruchnahmemöglichkeit liegt demnach bei Wohngrundstücken bereits dann vor, wenn diese von der ausgebauten Verkehrsanlage fußläufig erreicht werden können. Dies ist vorliegend bei beiden Grundstücken der Fall. Auch die zwischen den Grundstücken und der ausgebauten Anlage befindlichen Grünflächen hindern nicht den Zugang. Bei diesen Grünflächen handelt es sich ausweislich der Festsetzungen des Bebauungsplanes um private Grünflächen, die sich auf den jeweiligen Grundstücken Flurstück G2 und G1 befinden. Die Grünflächen sind somit nicht Bestandteil der Straße, sondern ein gestalterisches Element des neu zu errichtenden Wohngebietes. Damit bedarf es auch keiner Klärung, ob der Grünstreifen – wenn er denn Bestandteil der Straße wäre - auf Grund seiner straßenrechtlichen Widmung dazu bestimmt ist, als wegemäßiger Zugang genutzt zu werden oder nicht (vgl. Driehaus, a.a.O., § 35 Rn. 11).
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Die klägerischen Grundstücke waren im Übrigen mit der verbleibenden Fläche (d.h. ohne die Flächen für die Planstraßen und die der öffentlichen Grünflächen) bei der Heranziehung insgesamt zu berücksichtigen. Denn jedenfalls zum Zeitpunkt der Entstehung der sachlichen Beitragspflicht lag eine Teilung der Grundstücke Flurstücke G2 und G1 in eine Vielzahl von Teilflurstücken, wie im Bebauungsplan vorgeschlagen, nicht vor. Diese „fiktiven“ Teilflurstücke waren demnach noch Bestandteil des jeweiligen bevorteilten Buchgrundstückes Flurstück G2 und G1 und damit in dem Vorteilsausgleich einzubeziehen. Denn für die Bildung des Abrechnungsgebietes kommt es grundsätzlich auf das Grundstück im grundbuchrechtlichen Sinne an (vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 10.10.2007 – 1 L 256/06, zit. nach juris).
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Eine Abweichung vom Buchgrundstücksbegriff ist vorliegend entgegen der Ansicht der Klägerin nicht geboten. Dabei verkennt das Gericht nicht, dass die Anknüpfung an das Grundstück im grundbuchrechtlichen Sinne nicht uneingeschränkt gilt. So kann eine qualifizierte Inanspruchnahmemöglichkeit im Bereich des Straßenbaubeitragsrechts zwar für solche Flächen nicht mehr angenommen werden, die zwar Teil des Grundstückes sind, eine geografische Verbindung mit der an die Anlage angrenzende Grundstücksfläche aber vermissen lassen (VG Greifswald, Urt. v. 06.05.2011 – 3 A 1297/08, S. 6 des Entscheidungsumdruckes n.v.; Urt. v. 11.11.2011 – 3 A 1340/09, zit. nach juris, Rn. 29). Diese Ausnahme ist jedoch nicht gegeben, da zum maßgebenden Zeitpunkt der Entstehung der sachlichen Beitragspflicht eine geografische Verbindung mangels Teilung in einzelne Flurstücke vorlag und auch derzeit noch vorliegt.
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Entgegen dem Vorbringen der Klägerin ergibt sich eine Flächenbegrenzung auch nicht auf Grund einer „begrenzten Erschließungswirkung“ der ausgebauten Anlage H.-Straße. Dabei bedarf es keiner abschließenden Klärung, ob und inwieweit diese zum Erschließungsbeitragsrecht entwickelte Rechtsfigur überhaupt auf dem, Gebiet des hier anzuwenden Straßenbaubeitragsrechtes Anwendung finden kann (vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl .v 07.07.2003 – 1 M 57/03, zit. nach juris; VG Schwerin, Beschl. v. 09.11.2006 – 8 B 447/05, zit. nach juris Rn. 22ff.; Driehaus, a.a.O., § 35 Rn. 44f.). Denn die Situation der hier streitgegenständlichen Grundstücke erfüllt nicht die Voraussetzungen, unter denen eine solche „begrenzte Erschließungswirkung“ anzunehmen ist.
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Die Fälle einer begrenzten Erschließungswirkung führen ausnahmsweise dazu, dass ein an mehrere Anbaustraßen angrenzendes Grundstück nicht mit seiner gesamten Fläche, sondern als erschlossen lediglich mit einer Teilfläche bei der Verteilung des umlagefähigen Aufwandes anzusehen ist, wenn sich die von der Anbaustraße ausgehende Erschließungswirkung eindeutig auf eine Teilfläche beschränkt. Vorliegend werden die klägerischen Grundstücke derzeit jedoch nicht durch zwei Anbaustraßen erschlossen, sondern allein durch die ausgebaute Anlage H.-Straße. Maßgeblich ist die Sachlage zum Zeitpunkt der Entstehung der sachlichen Beitragspflicht. Die sachliche Beitragspflicht ist vorliegend mit dem Abschnitts- und Kostenspaltungsbeschluss am 25.09.2007 entstanden. Bezogen auf diesen Zeitpunkt werden die Grundstücke der Klägerin nur durch die H.-Straße erschlossen. Die auf den Grundstücken Flurstücken G2 und G1 ausweislich des Bebauungsplanes vorgesehenen Anbaustraßen Planstraße E und B befinden sich lediglich in Planung und existieren auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht.
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c. Schließlich begegnet die Heranziehung der Klägerin keinen Bedenken. Die sachliche Beitragspflicht und – auf ihrer Grundlage – mit dem Erlass der streitgegenständlichen Beitragsbescheide auch die persönliche Beitragspflicht der Klägerin ist entstanden. Zwar ist die Anlage weder der Länge nach noch in Bezug auf ihre Teileinrichtung vollständig ausgebaut worden. Die daher für die Entstehung der sachlichen Beitragpflicht erforderliche Abschnittsbildung und Kostenspaltung ist durch den Beschluss vom 25.09.2007 erfolgt. Damit konnte die sachliche Beitragspflicht entstehen.
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Bei einer Beitragsermittlung ohne Berücksichtigung der im Bebauungsplan festgesetzten Teilflächen „Verkehrsfläche“ und „“öffentliche Gründfläche“ ergibt sich ein auf die Klägerin entfallender Beitrag von 25.630,61 Euro für das Grundstück Flurstück G2 und ein Betrag von 75.274,65 Euro für das Flurstück G1. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Nacherhebungsbescheide des Beklagten vom 03.12.2009 bzw. vom 22.09.2011Bezug genommen.
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3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO; die Nebenentscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO). Gründe für eine Zulassung der Berufung sind nicht ersichtlich (§§ 124, 124 a VwGO).
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(1) Hängt die Entscheidung ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses ab, das den Gegenstand eines anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einem Gericht oder einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, kann die Finanzbehörde die Entscheidung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung des Gerichts oder der Verwaltungsbehörde aussetzen.
(2) Die Finanzbehörde kann das Verfahren mit Zustimmung des Einspruchsführers ruhen lassen, wenn das aus wichtigen Gründen zweckmäßig erscheint. Ist wegen der Verfassungsmäßigkeit einer Rechtsnorm oder wegen einer Rechtsfrage ein Verfahren bei dem Gerichtshof der Europäischen Union, dem Bundesverfassungsgericht oder einem obersten Bundesgericht anhängig und wird der Einspruch hierauf gestützt, ruht das Einspruchsverfahren insoweit; dies gilt nicht, soweit nach § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 oder Nr. 4 die Steuer vorläufig festgesetzt wurde. Mit Zustimmung der obersten Finanzbehörde kann durch öffentlich bekannt zu gebende Allgemeinverfügung für bestimmte Gruppen gleichgelagerter Fälle angeordnet werden, dass Einspruchsverfahren insoweit auch in anderen als den in den Sätzen 1 und 2 genannten Fällen ruhen. Das Einspruchsverfahren ist fortzusetzen, wenn der Einspruchsführer dies beantragt oder die Finanzbehörde dies dem Einspruchsführer mitteilt.
(3) Wird ein Antrag auf Aussetzung oder Ruhen des Verfahrens abgelehnt oder die Aussetzung oder das Ruhen des Verfahrens widerrufen, kann die Rechtswidrigkeit der Ablehnung oder des Widerrufs nur durch Klage gegen die Einspruchsentscheidung geltend gemacht werden.
Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.
(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Einer solchen Nachprüfung bedarf es nicht, wenn ein Gesetz dies bestimmt oder wenn
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der Verwaltungsakt von einer obersten Bundesbehörde oder von einer obersten Landesbehörde erlassen worden ist, außer wenn ein Gesetz die Nachprüfung vorschreibt, oder - 2.
der Abhilfebescheid oder der Widerspruchsbescheid erstmalig eine Beschwer enthält.
(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.
Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.