Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Beschluss, 11. März 2015 - 9a L 447/15.A
Gericht
Tenor
Den Antragstellern wird Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin B. bewilligt.
Die aufschiebende Wirkung der Klage 9a K 1120/15.A wird angeordnet.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
1
G r ü n d e :
2I.
3Die Antragsteller sind nigerianische Staatsangehörige.
4Die Antragstellerin zu 1. Ist die Mutter der Antragsteller zu 2. und 3. Sie ist im achten Monat schwanger. Vater dieses Kindes und der am 11. April 2012 und 21. September 2013 geborenen Antragsteller zu 2. und 3. Ist der nigerianischen Staatsangehörigen Herr B. P. T. . Alle zusammen reisten am 8. November 2014 nach Voraufenthalten in Norwegen (Eurodac–Treffer: 6. Oktober 2014), der Schweiz (Eurodac–Treffer: 23. April 2013) und Italien (Eurodac–Treffer: 4. August 2011) in die Bundesrepublik Deutschland ein. Seit ihrer Einreise nach Italien haben die Antragsteller und Herr B. P. T. das Hoheitsgebiet der Dublin–Staaten nicht mehr verlassen.
5Am 14. Januar 2015 richtete das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) ein Übernahmeersuchen nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III–VO) an Italien. Die italienischen Behörden reagierten darauf bisher nicht.
6Mit Bescheid vom 17. Februar 2015, zugestellt am 27. Februar 2015, lehnte das Bundesamt den Antrag der Antragsteller als unzulässig ab und drohte ihnen die Abschiebung nach Italien an. Das Asylbegehren des Lebensgefährten der Antragstellerin zu 1. und Vaters der Antragsteller zu 2. und 3. wurde bereits mit Bescheid vom 13. Januar 2015 in gleicher Weise beschieden. Mit Beschluss vom 23. Februar 2015 hat das Gericht die aufschiebende Wirkung der Klage des Lebensgefährten der Antragstellerin zu 1. und Vaters der Antragsteller zu 2. und 3. (Az. der Klage: 9a K 580/15.A) angeordnet.
7Die Antragsteller erhoben am 5. März 2015 gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 17. Februar 2015 Klage und haben am selben Tag um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. Zur Begründung berufen sie sich auf ihr bisheriges Vorbringen im Verwaltungsverfahren sowie auf die Schwangerschaft der Antragstellerin zu 1., ihrer bevorstehenden Niederkunft und die zu erwartende Trennung der Familie, wenn sie derzeit nach Italien abgeschoben würden.
8Die Antragsteller beantragen im Klageverfahren,
9den Bescheid der Beklagten vom 17. Februar 2015 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Kläger als Asylberechtigte anzuerkennen,
10hilfsweise die Beklagte zu verpflichten, festzustellen, dass die Voraussetzungen der §§ 60 und 60a Aufenthaltsgesetz (AufenthG) vorliegen.
11Im vorläufigen Rechtsschutzverfahren beantragen sie,
12die aufschiebende Wirkung dieser Klage gegen den Bescheid vom 17. Februar 2015 anzuordnen.
13Die Antragsgegnerin hat die Verwaltungsvorgänge vorgelegt, bisher aber keinen Antrag gestellt.
14II.
15- 16
1. Den Antragstellern ist Prozesskostenhilfe zu gewähren, da die Rechtsverfolgung aus den unter 2. dargelegten Gründen hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (vgl. § 166 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – iVm § 114 Satz 1 Zivilprozessordnung – ZPO –).
- 18
2. Das vorläufige Rechtsschutzbegehren der Antragsteller erweist sich im Ergebnis als zulässig, passt aber nicht zu dem Verpflichtungsbegehren der Antragsteller in der Hauptsache. Allerdings ist in der Hauptsache, um zu einem zulässigen Klageantrag zu kommen, eine Umdeutung des Klagebegehrens in ein Anfechtungsbegehren erforderlich.
Die Klage gegen den Bescheid des Bundesamtes ist allein als (isolierte) Anfechtungsklage statthaft. Rechtsgrundlage für die angefochtene Entscheidung über die Unzulässigkeit des Asylantrags ist § 27a AsylVfG, wonach ein in Deutschland gestellter Asylantrag als unzulässig abzulehnen ist, wenn die Zuständigkeit eines anderen Staates aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens vorliegt. Die mit diesem Ausspruch regelmäßig verbundene Abschiebungsanordnung findet ihre Grundlage in § 34a Abs. 1 AsylVfG. Die Entscheidungen nach §§ 27a und 34a Abs.1 AsylVfG stellen belastende Verwaltungsakte im Sinne des § 35 VwVfG dar, deren isolierte Aufhebung - anders als in sonstigen Fällen eines Verpflichtungsbegehrens - ausnahmsweise zulässig ist, weil schon ihre Beseitigung grundsätzlich zur formellen und materiellen Prüfung desgestellten Asylantrages führt. Denn das Bundesamt ist nach Aufhebung der Bescheide bereits gesetzlich verpflichtet, das Asylverfahren durchzuführen, §§ 31, 24 AsylVfG. Das Bundesamt befasst sich in den Fällen des § 27a AsylVfG lediglich mit der - einer materiellen Prüfung des Asylbegehrens vorrangigen - Frage, welcher Staat nach den Rechtsvorschriften der Europäischen Union für die Prüfung des Asylbegehrens des Klägers zuständig ist; eine Prüfung des Asylbegehrens in der Sache erfolgt nicht. Mit der Aufhebung des Bescheides wird ein Verfahrenshindernis für die inhaltliche Prüfung des Asylbegehrens beseitigt, und das Asylverfahren ist in dem Stadium, in dem es zu Unrecht beendet worden ist, durch das Bundesamt weiterzuführen. Diese Verfahrenssituation ist vergleichbar mit derjenigen im Falle der Einstellung des Asylverfahrens wegen Nichtbetreibens nach §§ 33, 32 AsylVfG, in der nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eine Anfechtungsklage allein gegen den Einstellungsbescheid des Bundesamtes statthaft ist,
20vgl. BVerwG, Urteil vom 7. März 1995 - 9 C 264/94 -, juris Rn12, 14.
21Zwar ist bei fehlerhafter oder verweigerter sachlicher Entscheidung der Behörde im Falle eines gebundenen begünstigenden Verwaltungsakts regelmäßig die dem Rechtsschutzbegehren des Klägers allein entsprechende Verpflichtungsklage die richtige Klageart mit der Konsequenz, dass das Gericht die Sache spruchreif zu machen hat und sich nicht auf eine Entscheidung über die Aufhebung des den begünstigenden Verwaltungsakt ablehnenden Bescheid beschränken darf, was im Ergebnis einer Zurückverweisung an die Verwaltungsbehörde gleichkäme,
22vgl. BVerwG, Urteil vom 7. März 1995 - 9 C 264/94 -, juris Rn15.
23Dieser auch im Asylverfahren geltende Grundsatz findet allerdings auf behördliche Entscheidungen, die auf der Grundlage von § 27a AsylVfG ergangen sind, keine Anwendung. Denn ist - wie dargelegt - das Asylbegehren in der Sache noch gar nicht geprüft worden und wäre nunmehr das Gericht verpflichtet, die Sache spruchreif zu machen und durch zu entscheiden, ginge den Asylbewerbern eine Tatsacheninstanz verloren, die mit umfassenderen Verfahrensgarantien ausgestattet ist. Das gilt sowohl für die Verpflichtung der Behörde zur persönlichen Anhörung (§ 24 Abs. 1 Satz 3 AsylVfG) als auch zur umfassenden Sachaufklärung sowie der Erhebung der erforderlichen Beweise von Amts wegen (§ 24 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG) ohne die einmonatige Präklusionsfrist, wie sie für das Gerichtsverfahren in § 74 Abs. 2AsylVfG in Verbindung mit § 87b Abs. 3 VwGO vorgesehen ist. Ungeachtet dessen führte ein Durchentscheiden des Gerichts im Ergebnis dazu, dass das Gericht nicht eine Entscheidung der Behörde kontrollieren würde, sondern anstelle der Exekutive erstmalig selbst sich mit dem Antrag sachlich auseinandersetzte und entschiede, was im Hinblick auf den Grundsatz der Gewaltenteilung aus Art. 20 Abs. 2 GG zumindest bedenklich wäre, da eine Entscheidung, die der Gesetzgeber mit dem Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) der Exekutive zur Prüfung zugewiesen hat, übergangen würde,
24VG Düsseldorf, Urteile vom 26. April 2013- 17 K 1776/12.A – und 10 Februar 2014– 25 K 8830/13.A.
25Die am 5. März 2015 erhobene Klage ist demnach allein als Anfechtungsklage, gerichtet auf Aufhebung des Bescheides vom 17. Februar 2015 zulässig. Das Klagebegehren wird seitens des Gerichts zugunsten der Antragsteller dahingehend verstanden.
26Das diesbezüglich allein zulässige vorläufige Rechtsschutzbegehren,
27die aufschiebende Wirkung der Klage 9a K 1120/15.A gegen Ziffer 2 des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 17. Februar 2015 anzuordnen,
28zu dessen Entscheidung der Einzelrichter gemäß § 76 Abs. 4 Satz 1 AsylVfG berufen ist, hat in der Sache Erfolg.
29Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO hängt von einer Abwägung der widerstreitenden Interessen an der Suspendierung der angefochtenen Maßnahme einerseits und der Vollziehung des Verwaltungsaktes andererseits ab. Bei der Abwägung sind auch die Erfolgsaussichten des eingelegten Rechtsbehelfs zu berücksichtigen. Ergibt die im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotene summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage, dass der sofort vollziehbare Verwaltungsakt rechtswidrig ist, überwiegt das private Aufschubinteresse des Antragstellers, denn an der Vollziehung einer rechtswidrigen hoheitlichen Maßnahme kann kein öffentliches Interesse bestehen. Ist hingegen der angegriffene Bescheid rechtmäßig überwiegt regelmäßig das öffentliche Interesse am Bestand der sofortigen Vollziehbarkeit.
30Vorliegend ergibt die Abwägung des Interesses der Antragsteller einerseits ‑ vorläufig im Bundesgebiet verbleiben zu können – mit dem widerstreitenden öffentlichen Interesse andererseits – die Abschiebung der Antragsteller nach Italien zeitnah umzusetzen –, dass dem öffentlichen Interesse der Vorrang zu versagen ist. Die in der Hauptsache angefochtene Abschiebungsandrohung erweist sich nach derzeitigem Sach- und Streitstand als rechtswidrig.
31Den Antragstellern steht nach derzeitigem Sach- und Streitstand ein subjektives Recht auf Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin III-VO (EUV 604/2013) durch die Bundesrepublik Deutschland zur Seite. Die Dublin-Verordnungen sehen ein nach objektiven Kriterien ausgerichtetes Verfahren der Zuständigkeitsverteilung zwischen den Mitgliedstaaten vor. Sie sind im Grundsatz nicht darauf ausgerichtet, Ansprüche von Asylbewerbern gegen einen Mitgliedstaat auf Durchführung eines Asylverfahrens durch ihn zu begründen. Ausnahmen bestehen allenfalls bei einzelnen, eindeutig subjektiv-rechtlich ausgestalteten Zuständigkeitstatbeständen, wie etwa Art. 9 bis 11 Dublin III-VO (EUV 604/2013)zugunsten von Familienangehörigen. Die Zuständigkeitsvorschriften der Dublin III-VO (EUV 604/2013) begründen - wie die der bisherigen EGV 343/2003 (Dublin II-VO) - zum Zwecke der sachgerechten Verteilung der Asylbewerber vor allem subjektive Rechte der Mitgliedstaaten untereinander. Die Unmöglichkeit der Überstellung eines Asylbewerbers an einen bestimmten Staat hindert daher nur die Überstellung dorthin; sie begründet kein subjektives Recht auf Ausübung des Selbsteintrittsrechts gegenüber der Antragsgegnerin,
32vgl. EuGH, Urteil vom 14. November 2013 - C 4/11 -, juris, Rn. 37; Schlussanträge des GA Jääskinnen vom 18. April 2013 - C 4/11 -, juris, Rn. 57 f.
33Die Antragsgegnerin ist derzeit - unabhängig von der Frage der Ausübung des Selbsteintrittsrechts gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO (EUV 604/2013) zugunsten der Antragsteller - nach Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO gehindert, diese nach Italien zu überstellen, weil es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass die Antragstellerin zu 1. aufgrund ihrer bevorstehenden Niederkunft besonderer Schutzbedürftigkeit bzw. Behandlungsbedürftigkeit bedarf. Diese machen einen Verbleib der Antragstellerin zu 1. sowie ihrer Kinder, der Antragsteller zu 2. und 3. unabdingbar.
34Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat entschieden, dass die Abschiebung einer Flüchtlingsfamilie nach Italien im Rahmen der Dublin II-VO gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstößt,
35vgl. Entscheidung vom 4. November 2014 - Application No. 29217/12 - "Tarakhel/Schweiz", juris Mitteilungen,
36weil die Betreuung und gemeinsame Unterbringung der Familie unmittelbar nach deren Rücküberstellung in Italien nicht gewährleistet sei.
37Der nach den vorstehenden Ausführungen nicht auszuschließenden Beeinträchtigung der Rechte der Antragsteller durch die streitgegenständliche Abschiebungsanordnung kann nicht dadurch Rechnung getragen werden, dass ihr Antrag mit der Maßgabe abgelehnt wird, dass die Antragsgegnerin in Abstimmung mit den italienischen Behörden sicherzustellen hat, dass den Antragstellern und dem Lebensgefährten der Antragstellerin zu 1./ Vater der Antragsteller zu 2. und 3. unmittelbar nach ihrer Ankunft in Italien eine Unterkunft zur Verfügung gestellt wird.
38Zu vergleichbaren Maßgaben bei Erkrankungen vgl. z.B. VG Düsseldorf, Beschluss vom 7. August 2014 - 13 L 1645/14.A -, juris, Tenor und Rn. 37; VG Würzburg, Beschluss vom 3. Februar 2014 - W 6 S 14.30079 -, juris, Tenor und Rn. 20.
39Derartige gerichtliche Vorgaben, die sich der Sache nach als Auflage i.S.d. § 80 Abs. 5 Satz 4 VwGO darstellen, sind von § 80 Abs. 5 VwGO nicht gedeckt. Die Anordnung einer Sicherheitsleistung oder einer Auflage kommt gemäß der eindeutigen Regelung in § 80 Abs. 5 Satz 4 VwGO nur gegenüber dem Antragsteller im Falle der Wiederherstellung oder Anordnung der aufschiebenden Wirkung, nicht aber im Falle der Ablehnung der Wiederherstellung oder Anordnung der aufschiebenden Wirkung gegenüber einer Behörde als Antragsgegner in Betracht.
40Vgl. Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 27. Oktober 1997 - 7 M 4238/97 -, NVwZ-RR 1998, 337 (juris Rn. 9); Hessischer VGH, Beschluss vom 10. Mai 1982 - 4 TH 7/82 -, BRS 39 Nr. 225, S. 439, 440; OVG Münster, Beschluss vom 24. Februar 1970 - 8 B 924/69 -, DÖV 1971, 103, 104; Bostedt, in: Fehling/Kastner/Störmer, Verwaltungsrecht, 3. Auflage 2012, § 80 VwGO Rn. 168; Gersdorf, in: Posser/Wolff, VwGO, 2. Auflage 2014, § 80 Rn. 193; Puttler, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Auflage 2014, § 80 Rn. 168.; M. Redeker, in: Redeker/v. Oertzen, VwGO, 16. Auflage 2014, § 80 Rn. 59; Schoch, in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Band I, Stand: März 2014, § 80 Rn. 438 ff.; a.A. Sächsisches OVG, Beschluss vom 12. November 2007 - 5 BS 336/07 -, NuR 2007, 831 (juris Rn. 28); Bayerischer VGH, Beschluss vom 6. September 1990 - 22 B 90.500 -, NVwZ-RR 1991, 159, 159 f.; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 21. Mai 1987 - Z 10 S 1/87 -, NJW 1987, 1717, 1719; Kopp/Schenke, VwGO, 20. Auflage 2014, § 80 Rn. 169; Külpmann, in: Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 6. Auflage 2011, Rn. 1004; Schmidt, in: Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014 § 80 Rn. 90.
41Die Gerichte sind nicht befugt, sich über diese eindeutige gesetzliche Regelung hinwegzusetzen.
42Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylVfG. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 Abs. 1 RVG.
43Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylVfG.
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(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.
(2) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.
(3) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.
(4) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 2 und 3 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.
(5) § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.
(6) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 2 und 3 kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden.
(7) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 2 bis 6 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.
(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.
(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.
Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemeinverfügung ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft.
(1) Der Vorsitzende oder der Berichterstatter kann dem Kläger eine Frist setzen zur Angabe der Tatsachen, durch deren Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung im Verwaltungsverfahren er sich beschwert fühlt. Die Fristsetzung nach Satz 1 kann mit der Fristsetzung nach § 82 Abs. 2 Satz 2 verbunden werden.
(2) Der Vorsitzende oder der Berichterstatter kann einem Beteiligten unter Fristsetzung aufgeben, zu bestimmten Vorgängen
- 1.
Tatsachen anzugeben oder Beweismittel zu bezeichnen, - 2.
Urkunden oder andere bewegliche Sachen vorzulegen sowie elektronische Dokumente zu übermitteln, soweit der Beteiligte dazu verpflichtet ist.
(3) Das Gericht kann Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf einer nach den Absätzen 1 und 2 gesetzten Frist vorgebracht werden, zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden, wenn
- 1.
ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und - 2.
der Beteiligte die Verspätung nicht genügend entschuldigt und - 3.
der Beteiligte über die Folgen einer Fristversäumung belehrt worden ist.
(4) Abweichend von Absatz 3 hat das Gericht in Verfahren nach § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 bis 15 und § 50 Absatz 1 Nummer 6 Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf einer nach den Absätzen 1 und 2 gesetzten Frist vorgebracht werden, zurückzuweisen und ohne weitere Ermittlungen zu entscheiden, wenn der Beteiligte
Absatz 3 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.
(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.
(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.
(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) In Klageverfahren nach dem Asylgesetz beträgt der Gegenstandswert 5 000 Euro, in den Fällen des § 77 Absatz 4 Satz 1 des Asylgesetzes 10 000 Euro, in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes 2 500 Euro. Sind mehrere natürliche Personen an demselben Verfahren beteiligt, erhöht sich der Wert für jede weitere Person in Klageverfahren um 1 000 Euro und in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes um 500 Euro.
(2) Ist der nach Absatz 1 bestimmte Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig, kann das Gericht einen höheren oder einen niedrigeren Wert festsetzen.