Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Beschluss, 05. Aug. 2014 - 7 L 965/14
Gericht
Tenor
- 1.
Der Antrag wird auf Kosten des Antragstellers abgelehnt.
- 2.
Der Streitwert wird auf 2.500 € festgesetzt
1
G r ü n d e :
2Der sinngemäß gestellte Antrag,
3die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers 7 K 2907/14 gegen die Ordnungsverfügung des Antragsgegners vom 18. Juni 2014 hinsichtlich der Ziffern 1 und 2 (Entziehung der Fahrerlaubnis und Ablieferung des Führerscheins) wiederherzustellen und hinsichtlich der Ziffer 3 (Androhung von Zwangsmitteln) anzuordnen sowie dem Antragsgegner aufzugeben, dem Antragsteller den Führerschein vorläufig wieder auszuhändigen,
4ist gemäß § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO ‑ zulässig, aber unbegründet.
5Zunächst ist die Vollzugsanordnung hinreichend und einzelfallbezogen begründet worden, auch wenn diese Begründung denjenigen in vergleichbaren Fällen ähnlich ist. Sie hebt die besondere Gefahr für Leben, Gesundheit und Eigentum anderer Verkehrsteilnehmer bei weiterer Teilnahme des Antragstellers am Straßenverkehr hervor. Damit ist dem Begründungserfordernis des § 80 Abs. 3 VwGO genügt. Es spricht insbesondere nichts dafür, dass der Antragsgegner nur unzulänglich verdeutlicht hätte, dass er sich des Ausnahmecharakters der Vollziehungsanordnung bewusst war. In häufiger auftretenden Gefahrenlagen kann es genügen, wenn die Fahrerlaubnisbehörde kenntlich macht, dass aus ihrer Sicht die Gründe für den Fahrerlaubnisentzug zugleich die Dringlichkeit der Vollziehung begründen. Die drohende weitere Teilnahme am motorisierten Straßenverkehr von gelegentlichen Cannabiskonsumenten ohne hinreichendes Vermögen, zwischen dem Konsum und dem Führen von Kraftfahrzeugen zu trennen, ist eine solche typische Gefahrenlage, die in gleicher oder ähnlicher Weise in einer Vielzahl anderer Fälle vorkommt, sodass eine gewisse Formelhaftigkeit der Begründung unvermeidlich ist.
6Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 12. März 2012 ‑ 16 B 1294/11 ‑, juris, Rdnr. 2.
7Die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Fahrerlaubnisentziehungsverfügung ist auch in der Sache gerechtfertigt. Die im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens vorzunehmende Interessenabwägung fällt zu Lasten des Antragstellers aus, weil die Ordnungsverfügung, mit der dem Antragsteller die Fahrerlaubnis entzogen worden ist, bei summarischer Prüfung rechtmäßig ist. Wegen der Begründung verweist die Kammer zunächst zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen in der angegriffenen Ordnungsverfügung, denen sie im Ergebnis folgt (§ 117 Abs. 5 VwGO).
8Mit Rücksicht auf das Klage- und Antragsvorbringen wird ergänzend Folgendes ausgeführt:
9Die an den Antragsteller adressierte Ordnungsverfügung ist diesem wirksam bekanntgegeben worden. Auch bestehen hinsichtlich des Adressaten keine Bedenken gegen die Bestimmtheit der Verfügung. Zwar setzt § 37 Abs. 1 VwVfG NRW u. a. voraus, dass einem schriftlich erlassenen Verwaltungsakt eindeutig zu entnehmen ist, wer von der in dem Verwaltungsakt getroffenen Regelung betroffen sein soll; etwaige Zweifel können dabei allerdings im Wege der Auslegung beseitigt werden.
10Vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 14. Aufl. 2013, § 37 Rdnr. 9; U. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs (Hrsg.), VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 37 Rdnr. 10 f.
11Hiervon ausgehend genügt die streitgegenständliche Verfügung dem Bestimmtheitsgebot des § 37 Abs. 1 VwVfG NRW. Der Antragsteller ist im Adressfeld mit seinem Vor- und Nachnamen („L. G. Q. “) unter Angabe der richtigen Wohnanschrift zutreffend bezeichnet worden. Dass die nachfolgende Anrede einen falschen Vornamen enthält („Sehr geehrter Herr C. Q. “), ist offensichtlich ein Versehen und daher unschädlich. Aus den Begleitumständen – insbesondere aus der vorausgegangenen Anhörung und den inhaltlichen Ausführungen des Bescheides – war für den Antragsteller ohne Zweifel erkennbar, dass die Verfügung an ihn gerichtet ist. Ebenso wenig bestehen Bedenken hinsichtlich der Vollstreckbarkeit der Verfügung; vor allem ist hinsichtlich des Inhaltsadressaten eine mehr als nur hypothetische Verwechslungsgefahr mit einer anderen Person mit dem Namen „C. Q. “ weder dargelegt worden noch sonst ersichtlich.
12Der Antragsgegner hat dem Antragsteller bei summarischer Prüfung auch zu Recht die Fahrerlaubnis gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 Straßenverkehrsgesetz - StVG - i.V.m. § 46 Abs. 1 Fahrerlaubnisverordnung - FeV - entzogen. Danach ist die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich der Inhaber als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Ungeeignet ist nach § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV insbesondere, wer Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 zur FeV aufweist, welche die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausschließen. Die Kammer geht auf der Grundlage der Sach- und Rechtslage, wie sie sich im vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes bislang darstellt, davon aus, dass der Antragsteller jedenfalls gelegentlich Cannabis konsumiert und nicht zwischen Konsum und Führen eines Kraftfahrzeugs getrennt hat (Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV).
13Ausweislich des beigezogenen Verwaltungsvorgangs des Antragsgegners und der beigezogenen Bußgeldakte der Stadt E. hat der Antragsteller am Donnerstag, dem 27. Februar 2014, gegen 15.55 Uhr ein Kraftfahrzeug unter Cannabiseinfluss im Straßenverkehr geführt. Der im Blut des Antragstellers nach dem Gutachten des hierfür besonders akkreditierten Labors L1. vom 10. März 2014 festgestellte THC-Wert von 1,5 µg/l übersteigt den zu § 24 a Abs. 2 StVG durch die Grenzwertkommission festgesetzten Wert von 1 ng/g bzw. ml und rechtfertigt daher die Annahme eines zeitnahen Konsums mit entsprechender Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit. Das Erreichen dieses Grenzwertes ist nämlich für die Annahme relevanten Cannabiseinflusses erforderlich, aber auch ausreichend.
14Vgl. BVerfG, Beschluss vom 21. Dezember 2004 ‑ 1 BvR 2652/03 ‑, juris, Rdnr. 29 f. mit zahlreichen Nachweisen aus Rechtsprechung und Literatur.
15Durch das Führen eines Kraftfahrzeuges unter Cannabiseinfluss hat der Antragsteller bewiesen, dass er zwischen Konsum von Cannabis und Fahren nicht trennen kann.
16Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 15. Dezember 2003 ‑ 19 B 2493/03 ‑, 7. Februar 2006 ‑ 16 B 1392/05 ‑ und 9. Juli 2007 ‑ 16 B 907/07 ‑, jeweils zitiert nach juris.
17Der Antragsteller hat auch mindestens zweimal und damit gelegentlich im Sinne von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV Cannabis konsumiert. Weiter geht die Kammer davon aus, dass der Antragsteller dabei jeweils bewusst konsumiert hat. Zum einen räumt der Antragsteller in der Klage- und Antragsschrift ein, etwa eine Woche vor dem 27. Februar 2014 probehalber auf Empfehlung seiner Nachbarin als Schmerzmittel gegen eine Nierenkolik „zwei Züge an einem Joint“ genommen zu haben. Zum anderen weist die am Tattag gemessene THC-Konzentration der um 16.47 Uhr entnommenen Blutprobe darauf hin, dass ein weiterer Konsum nur wenige Stunden zuvor, also im Laufe des 27. Februar 2014 stattfand. Denn nach anerkannten gerichtsmedizinischen Erkenntnissen ist nach einem Einzelkonsum der Wirkstoff THC im Blutserum in der Regel nur vier bis sechs Stunden nachweisbar; lediglich in Fällen des vom Antragsteller gerade bestrittenen wiederholten oder gar regelmäßigen Konsums kann sich diese Zeitspanne auf gelegentlich über 24 Stunden verlängern.
18Vgl. Schubert/Schneider/Eisenmenger/Stephan, Begutach-tungs-Leitlinien zur Kraftfahreignung, Kommentar, 2. Aufl. 2005, S. 178; Daldrup, Blutalkohol 2011, S. 72 ff.; vgl. auch Dauer, in: Hentschel/König/Dauer (Hrsg.), Straßenverkehrsrecht, 42. Aufl. 2013, § 2 StVG Rdnr. 58; OVG NRW, Beschluss vom 12. Mai 2014 ‑ 16 B 330/14 ‑, juris, Rdnr. 10 f., mit weiteren Nachweisen.
19Jedenfalls für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes geht die Kammer davon aus, dass bei oraler Aufnahme von Cannabis gegenüber dem Rauchen keine wesentlichen Unterschiede hinsichtlich der Dauer der Nachweisbarkeit des Wirkstoffs THC im Blutserum bestehen. Wie das Institut für Rechtsmedizin des Universitätsklinikums N. auf Anfrage der Kammer fernmündlich bestätigt hat, kann nach aktuellem Erkenntnisstand – auch bei der oralen Aufnahme von Cannabis – THC im Blutserum in der Regel nur vier bis sechs Stunden nach dem Konsum nachgewiesen werden.
20Vgl. zur Nachweisbarkeitsdauer von THC im Blut bei oraler Aufnahme von Cannabis in Form von Tee auch VG München, Beschluss vom 7. Juni 2011 ‑ M 1 S 11.1735; M 1 K 11.1734 ‑, juris, Rdnr. 24, sowie Urteil vom 21. Juni 2011 ‑ M 1 K 11.1734 ‑, juris, Rdnr. 21 (vier bis sechs Stunden, höchstens zwölf Stunden).
21Ausgehend hiervon erscheint es – sollte es sich bei dem Antragsteller tatsächlich lediglich um einen Gelegenheitskonsumenten handeln – ausgeschlossen, dass die am 27. Februar 2014 gemessene THC-Konzentration auf eine „unbewusste“ Aufnahme von Cannabis in einem „von der Nachbarin zubereiteten Tee“ am Vortag zurückzuführen ist. Zwar mag es sein, dass der Antragsteller am 26. Februar 2014 einen mit Cannabis zubereiteten Tee in Unkenntnis der Inhaltsstoffe getrunken hat. Die festgestellten THC-Werte sprechen indes dafür, dass es sich bei der weiteren Behauptung des Antragstellers, er habe im Anschluss an jenen Tee „keinen Joint oder Ähnliches“ mehr zu sich genommen, um eine Schutzbehauptung handelt. Wissenschaftlich fundierte Anhaltspunkte dafür, dass es im Fall des Antragstellers ‑ abweichend vom Regelfall ‑ zu einem verzögerten Abbau des THC im Blut gekommen sein könnte, weil er nach Einnahme des Tees „sehr lange geschlafen“ habe, sind weder substantiiert dargelegt noch sonst im fachwissenschaftlichen Schrifttum auszumachen. Eine diesbezügliche weitergehende Aufklärung bleibt gegebenenfalls dem Hauptsacheverfahren vorbehalten.
22Dass der Antragsteller demnach jedenfalls im Februar 2014 gelegentlich Cannabis konsumiert hat, wird fernerhin nicht durch die von ihm beigebrachten Untersuchungsergebnisse widerlegt. Die im April und Mai 2014 entnommenen Blutproben sowie die Urinprobe aus Juli 2014 können nur über die Konsumgewohnheiten zu diesen Zeitpunkten, nicht aber über die Häufigkeit eines Konsums im Februar 2014 Auskunft geben. Auch die vorgelegte Analyse einer am 30. Mai 2014 entnommenen Haarprobe (mit einer untersuchten Haarlänge von 3 cm vom Wurzelende) bestätigt lediglich für die vorausgegangenen drei Monate – also für den Zeitraum ab dem 28. Februar 2014 –, dass sich keine Anhaltpunkte für eine gewohnheitsmäßige Aufnahme der aufgeführten Substanzen, darunter Cannabinoide, gezeigt haben. Soweit mit den vorgenannten Untersuchungsergebnissen ein seit dem Vorfall drogenfreies Leben des Antragstellers belegt werden soll, kommt dem Vorbringen im vorliegenden Verfahren keine rechtliche Bedeutung zu. Denn der Umstand, dass der Antragsteller seit dem 28. Februar 2014 kein Cannabis mehr konsumiert hat, berührt nicht die Rechtmäßigkeit der streitgegenständlichen Verfügung, sondern ist nur für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis von Relevanz. Dem Antragsteller bleibt es demgemäß unbenommen, den Nachweis der Drogenfreiheit in einem späteren Wiedererteilungsverfahren durch eine – von ihm bereits mit Schriftsatz vom 25. Juli 2014 angebotene – medizinisch-psychologische Untersuchung zu führen.
23Ein Ermessen steht dem Antragsgegner bei feststehender Ungeeignetheit nicht zu. Daher ist es weder dem Antragsgegner noch dem Gericht möglich, berufliche oder persönliche Schwierigkeiten des Antragstellers, die sich aus dem Verlust der Fahrerlaubnis ergeben, zu seinen Gunsten zu berücksichtigen.
24Insofern bestehen auch keinerlei Bedenken gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Entziehungsverfügung. Im Übrigen ergibt sich auch bei einer von den Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren losgelösten allgemeinen Interessenabwägung ein überwiegendes Vollzugsinteresse. Denn die vom Antragsteller ausgehende Gefahr für die Allgemeinheit erscheint zu groß, als dass sie bis zur Entscheidung der Hauptsache hingenommen werden könnte. Angesichts der besonders hochrangigen Rechtsgüter, die durch eine weitere Teilnahme am Straßenverkehr unter dem Einfluss von Betäubungsmitteln gefährdet werden könnten, überwiegen die Interessen der Allgemeinheit am Schutz der Straßenverkehrsteilnehmer. Etwaige berufliche und private Nachteile hat der Antragsteller daher hinzunehmen. Dies gilt auch mit Blick darauf, dass der Antragsteller die X. I. in H. – „an manchen Tagen bis spät am Abend“ – besucht und er Recherchen/Praktika „in ganz Deutschland“ zu absolvieren hat. Dem Antragsteller ist es ohne Weiteres zumutbar, die Wegstrecke von seinem Wohnsitz in M. bis zur I. in H1. mit dem Öffentlichen Personennahverkehr zu bewerkstelligen und sich für etwaige wohnortferne Praktika gegebenenfalls eine Übernachtungsmöglichkeit am Ort des Praktikums zu organisieren.
25Schließlich sind auch keine Bedenken gegen die in dem Bescheid enthaltene Androhung des Zwangsgeldes geltend gemacht oder sonst ersichtlich.
26Auch eine Verpflichtung des Antragsgegners, dem Antragsteller den Führerschein vorläufig wieder auszuhändigen, kommt bei alledem nicht in Betracht.
27Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2 i. V. m. § 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes und entspricht mit 2.500 € der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen; danach ist der Streitwert eines Klageverfahrens, das die Entziehung einer Fahrerlaubnis betrifft – ungeachtet der im Streit stehenden Fahrerlaubnisklassen – nach dem Auffangwert zu bemessen (vgl. Beschluss vom 4. Mai 2009 ‑ 16 E 550/09 ‑, juris). In Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist dieser Wert zu halbieren (vgl. Nr. 1.5 Satz 1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013). Der auf die Aushändigung des Führerscheins gerichtete (Annex-) Antrag wirkt sich mangels selbstständiger Bedeutung nicht streitwerterhöhend aus; auch das in dem Bescheid neben der Grundverfügung zugleich angedrohte Zwangsgeld bleibt für die Streitwertfestsetzung außer Betracht (vgl. Nr. 1.1.1 und Nr. 1.7.2 des Streitwertkatalogs).
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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.
(2) Das Urteil enthält
- 1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren, - 2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, - 3.
die Urteilsformel, - 4.
den Tatbestand, - 5.
die Entscheidungsgründe, - 6.
die Rechtsmittelbelehrung.
(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.
(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.
(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.
(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.
(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein.
(2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich oder elektronisch zu bestätigen, wenn hieran ein berechtigtes Interesse besteht und der Betroffene dies unverzüglich verlangt. Ein elektronischer Verwaltungsakt ist unter denselben Voraussetzungen schriftlich zu bestätigen; § 3a Abs. 2 findet insoweit keine Anwendung.
(3) Ein schriftlicher oder elektronischer Verwaltungsakt muss die erlassende Behörde erkennen lassen und die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten. Wird für einen Verwaltungsakt, für den durch Rechtsvorschrift die Schriftform angeordnet ist, die elektronische Form verwendet, muss auch das der Signatur zugrunde liegende qualifizierte Zertifikat oder ein zugehöriges qualifiziertes Attributzertifikat die erlassende Behörde erkennen lassen. Im Fall des § 3a Absatz 2 Satz 4 Nummer 3 muss die Bestätigung nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes die erlassende Behörde als Nutzer des De-Mail-Kontos erkennen lassen.
(4) Für einen Verwaltungsakt kann für die nach § 3a Abs. 2 erforderliche Signatur durch Rechtsvorschrift die dauerhafte Überprüfbarkeit vorgeschrieben werden.
(5) Bei einem schriftlichen Verwaltungsakt, der mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wird, können abweichend von Absatz 3 Unterschrift und Namenswiedergabe fehlen. Zur Inhaltsangabe können Schlüsselzeichen verwendet werden, wenn derjenige, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, auf Grund der dazu gegebenen Erläuterungen den Inhalt des Verwaltungsaktes eindeutig erkennen kann.
(6) Einem schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsakt, der der Anfechtung unterliegt, ist eine Erklärung beizufügen, durch die der Beteiligte über den Rechtsbehelf, der gegen den Verwaltungsakt gegeben ist, über die Behörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf einzulegen ist, den Sitz und über die einzuhaltende Frist belehrt wird (Rechtsbehelfsbelehrung). Die Rechtsbehelfsbelehrung ist auch der schriftlichen oder elektronischen Bestätigung eines Verwaltungsaktes und der Bescheinigung nach § 42a Absatz 3 beizufügen.
(1) Erweist sich der Inhaber einer Fahrerlaubnis als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, hat ihm die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen. Dies gilt insbesondere, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 vorliegen oder erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen wurde und dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist.
(2) Erweist sich der Inhaber einer Fahrerlaubnis noch als bedingt geeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, schränkt die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis so weit wie notwendig ein oder ordnet die erforderlichen Auflagen an. Bei Inhabern ausländischer Fahrerlaubnisse schränkt die Fahrerlaubnisbehörde das Recht, von der ausländischen Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen, so weit wie notwendig ein oder ordnet die erforderlichen Auflagen an. Die Anlagen 4, 5 und 6 sind zu berücksichtigen.
(3) Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet oder bedingt geeignet ist, finden die §§ 11 bis 14 entsprechend Anwendung.
(4) Die Fahrerlaubnis ist auch zu entziehen, wenn der Inhaber sich als nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Rechtfertigen Tatsachen eine solche Annahme, kann die Fahrerlaubnisbehörde zur Vorbereitung der Entscheidung über die Entziehung die Beibringung eines Gutachtens eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers für den Kraftfahrzeugverkehr anordnen. § 11 Absatz 6 bis 8 ist entsprechend anzuwenden.
(5) Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis hat die Entziehung die Wirkung einer Aberkennung des Rechts, von der Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen.
(6) Mit der Entziehung erlischt die Fahrerlaubnis. Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis erlischt das Recht zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.