Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Urteil, 11. Sept. 2014 - 5 K 873/13
Gericht
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin wendet sich gegen eine Ordnungsverfügung der Beklagten, mit der ihr die Nutzung des Grundstücks T. 13 in C. zum Betrieb eines Pflege- und Betreuungsdienstes untersagt wird.
3Bei der Klägerin handelt es sich um einen seit 1994 existierenden privaten Pflegedienst auf dem Gebiet der Alten- und Krankenpflege, der ambulante Pflegedienstleistungen anbietet. Im Jahr 2007 errichtete die Klägerin in dem Objekt T. 13 in C. eine „Wohngemeinschaft für Senioren“.
4Ausweislich des von der Klägerin angefertigten Konzepts „Wohngemeinschaft“ verfolgt diese das Ziel, „älteren bzw. pflegebedürftigen Menschen eine hervorragende häusliche Pflege“ sowie als Alternative zum Pflegeheim die Möglichkeit eines Lebens in Wohngemeinschaften zu bieten. Der Schwerpunkt sei auf die Versorgung und Betreuung demenziell erkrankter Personen gerichtet. Das Leben in Räumlichkeiten mit wohnlichem Charakter sei Grundlage für die ambulant betreuten Wohngemeinschaften. Es würden acht bis neun demente Menschen in einer Wohngemeinschaft leben. Jeder Mieter habe sein eigenes Zimmer. Küche, Essraum, Wohnzimmer, Bäder und Nebenräume würden dagegen gemeinsam benutzt. Die Angehörigen würden einen Haustürschlüssel erhalten, um das an Demenz erkrankte Familienmitglied besuchen zu können. Der Pflegedienst gewährleiste eine qualifizierte Betreuung der Bewohner durch speziell geschulte Präsenzkräfte „rund um die Uhr“. Beim Einkauf würden die Bewohner einbezogen und auch das Kochen würde durch die Bewohner selbst mit Hilfe der Pflegekräfte erfolgen. Der Unterschied zu dem bisherigen Zuhause sei, dass alle Dinge in einer Gruppe passieren und besonders geschultes Personal die Bewohner begleite oder bei zunehmender Pflegebedürftigkeit die Betreuung und Pflege übernehme. Die Assistenz und pflegerische Unterstützung werde durch ein acht- bis zehnköpfiges multiprofessionelles Team gestellt. Aus der von der Klägerin vorgelegten Erweiterung des Konzepts geht zudem hervor, dass die Mieter in ihrer Wahl des Pflegedienstes frei seien. Pflegeanbieter und Vermieter seien nicht identisch. Vor dem Einzug in die Wohngemeinschaft müssten zwei Verträge abgeschlossen werden: ein Mietvertrag mit dem Vermieter, der den Wohnraum zur Verfügung stellt, und ein Pflegevertrag mit einem Pflegedienst. Die Bewohner könnten den bestehenden Pflegedienst kündigen, ohne das Wohnrecht zu verlieren. In der Wohngemeinschaft sollen zudem ausschließlich Menschen mit Demenz zusammen leben. Schließlich enthält die Erweiterung des Konzepts einen Schichtplan zur Gewährleistung einer 24-stündigen Präsenz von Pflegekräften der Klägerin. Zudem heißt es: „In der WG wird Tag und Nacht Personalpräsenz gewährleistet, die dem tatsächlichen Pflegebedarf der dort lebenden Menschen entspricht.“ Die eingesetzten Pflegekräfte würden ein konstantes Team bilden und seien dauerhaft in der Wohngemeinschaft tätig.
5Das Grundstück „T. 13“ steht im Eigentum des Geschäftsführers der Klägerin. Nach dessen Auskunft im März 2007 gegenüber der Heimaufsicht der Beklagten soll Vermieter der Räumlichkeiten des Gebäudes eine eigens dafür gebildete GmbH, die M. Wohnungsverwaltungs- und Verpachtungs-GmbH, sein. Die M. GmbH wiederum würde mit der Klägerin ihrerseits ein Mietverhältnis eingehen. Aus den „Besonderen Vertragsbedingungen“ des vorgelegten Mietvertrags vom 12. März 2007 geht hervor, dass die M. GmbH das Gebäude zur Weitervermietung (in Untermiete) an Menschen mit Demenz bzw. pflegebedürftige Menschen nutzen solle. Neben dem Untermietvertrag mit der M. GmbH sollen die Bewohner je einen Vertrag über die nächtliche Rufbereitschaft sowie das Erbringen ambulanter Pflegeleistungen abschließen. Die Präsenzkraft werde aus dem Mitarbeiterpool der Klägerin gestellt, wenn auch die ambulante Versorgung des Bewohners durch die Klägerin sichergestellt werde.
6Mit Bauantrag vom 26. April 2007 beantragte der Geschäftsführer der Klägerin die Erteilung einer Baugenehmigung für den „Umbau eines Wohnhauses und Anbau einer Terrasse mit Rampe“ auf dem Grundstück T. 13. Aus der Baubeschreibung geht hervor, dass in das bestehende Wohnhaus ein Aufzug eingebaut werden solle. Die abzubrechenden tragenden Wände würden mit Stahlträgern abgefangen. Im Bereich der neuen Terrasse sollten der Kellereingang zurückgebaut und die Kellerfenster geschlossen werden. Eine Terrasse mit Rampe werde als Stahl- Holzkonstruktion errichtet und erhalte eine Absturzsicherung. Aus den Bauzeichnungen ging hervor, dass neun Wohn-Schlafeinheiten geplant seien.
7Nachdem die Beklagte unter dem 20. Juni 2007 fehlende Unterlagen zum Bauantrag nachforderte und den Geschäftsführer der Klägerin zur Ergänzung hinsichtlich der genauen Beschreibung über die geplante Nutzung (privat / gewerblich), der Anwesenheit eines mobilen Alten- und Pflegedienstes innerhalb der Nutzungseinheit sowie des Nachweises der benötigten Stellplätze aufforderte, wurde der Bauantrag nicht weiter verfolgt.
8Unter dem 21. Juni 2007 stellte die Heimaufsicht der Beklagten nach Beteiligung u.a. des Rechtsamtes fest, dass die von der Klägerin betriebene Einrichtung dem Heimgesetz unterfalle. Während eines im Anschluss daran geführten Beratungsgespräches wurde dem Geschäftsführer der Klägerin die Kontaktaufnahme zu anderen Prüfungsinstanzen – namentlich Feuerwehr, Gesundheitsamt und Veterinäramt - empfohlen.
9Die Heimaufsicht der Beklagten bestätigte der Klägerin mit E-Mail vom 19. Juli 2007, dass aus heimrechtlicher Sicht keine Bedenken gegen die Betriebsaufnahme zum 1. September 2009 bestünden.
10Ebenfalls am 19. Juli 2007 ging bei der Beklagten ein erneuter Bauantrag des Geschäftsführers der Klägerin ein, der jedenfalls hinsichtlich des Antrages sowie der Baubeschreibung mit den Angaben des Bauantrages vom 26. April 2007 übereinstimmte.
11Unter dem 28. August 2007 erteilte die Beklagte dem Geschäftsführer der Klägerin eine Baugenehmigung für den „Umbau des Wohnhauses und den Anbau einer Terrasse mit Rampe“.
12Ausweislich der Bauzeichnungen, die Bestandteil der Baugenehmigung geworden sind, befinden sich im Erdgeschoss zwei Schlafzimmer, ein großes Wohnzimmer, eine Küche und zwei Bäder. Im Obergeschoss befinden sich vier Schlafzimmer, ein Wohnzimmer, eine Küche und zwei Bäder. Vom Erdgeschoss führt zudem ein Plattformlift in das Obergeschoss. Zur südlichen Seite soll eine 24 m² große Terrasse errichtet werden, die zudem über eine an der Hauswand entlang geführte Rampe erreichbar sein soll.
13Ab September 2007 zogen die ersten Mieter in das Gebäude ein. Nach Auskunft der Klägerin hätten die Bewohner zu diesem Zeitpunkt teilweise noch keine Pflegestufe gehabt und seien überwiegend noch nicht dementiell erkrankt gewesen.
14Am 4. September 2007 führte die Feuerwehr eine Ortsbesichtigung in dem Gebäude durch.
15Mit Bescheid vom 14. März 2008 befreite die Heimaufsicht der Beklagten die Klägerin von § 10 des Heimgesetzes – HeimG - (Bildung eines Heimrates), von einzelnen Regelungen der Heimmindestbauverordnung - HeimMindBauV - (Installation einer Rufanlage sowie Vorhandensein eines Leichenraums und einer Fäkalienspüle) sowie von der Heimpersonalverordnung – HeimPersV- (Fachkraftquote von 50% unter den Beschäftigten).
16Unter dem 15. Juni 2011 beantragte die Klägerin bei der Beklagten, dass die Wohngemeinschaft nicht mehr dem Geltungsbereich des Wohn- und Teilhabegesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen (im Folgenden: WTG) unterliege, da die Voraussetzungen des § 2 Abs. 3 Satz 3 WTG vorlägen, wonach das Gesetz nicht anwendbar sei, wenn die Betreuung auf nicht mehr als zwölf Bewohner in einem Gebäude ausgerichtet ist und die Bewohner bei der Wahl des Anbieters von Dritten unterstützt werden, wobei diese weder Anbieter einer Wohn- und Betreuungsleistung noch dessen Beschäftigte sein dürften.
17Mit Bescheid vom 9. September 2011 stellte die Heimaufsicht der Beklagten fest, dass die Wohngemeinschaft nicht mehr dem Geltungsbereich des WTG unterliege. Zur Begründung führte sie aus, es würden sowohl Wohnraum als auch Betreuungsleistungen angeboten, welches in separaten und rechtlich voneinander unabhängigen Verträgen vereinbart werde. Die Betreuungsleistungen würden für alle Bewohner erbracht und in dem Gebäude würden weniger als zwölf Bewohner betreut. Schließlich gebe es eine unabhängige, anbieterfreie dritte Person, die alle Bewohner bei der Wahl des Anbieters unterstütze.
18Anlässlich eines Feuerwehreinsatzes in dem Gebäude B. C1.------straße 195, in dem die Klägerin ebenfalls eine „Wohngemeinschaft“ betreibt, führte die Bauaufsicht der Beklagten am 26. April 2012 auch in dem Gebäude T. 13 eine Ortsbesichtigung durch. Dabei stellte sie fest, dass das gesamte Objekt T. 13 aus einer Wohngemeinschaft mit neun Bewohnern bestehe, die rund um die Uhr von mindestens einer Pflegekraft betreut würden. Im Erdgeschoss befänden sich neben Räumen zur gemeinschaftlichen Nutzung auch die Schlafräume der Bewohner. Im Obergeschoss befänden sich dagegen nur die Schlafräume der Bewohner. Eine Küche sei im Obergeschoss entgegen der Bauzeichnungen nicht vorhanden. Alle Räume der beiden Geschosse würden als eine Nutzungseinheit genutzt. Die Verbindungstüren zum Treppenhaus würden offengehalten. Während des Ortstermins wurden Sofortmaßnahmen, wie die Anbringung von Feuerlöschern, die Sicherstellung einer Alarmierungsmöglichkeit etc. angeordnet.
19In der Folge fanden mehrere Gespräche zwischen dem Geschäftsführer der Klägerin und der Bauaufsicht der Beklagten statt. Dabei wurden insbesondere die erforderlichen brandschutztechnischen Nachrüstungen diskutiert, da eine zügige Evakuierung des Objektes im Brandfall nicht gewährleistet sei. Vor allem hinsichtlich der Frage, ob die „Richtlinie über bauaufsichtliche Anforderungen an den Bau und Betrieb von Einrichtungen mit Pflege- und Betreuungsleistungen“ vom 17. März 2011 Anwendung finde, konnte keine Einigkeit erzielt werden. Während die Beklagte die Anwendbarkeit für gegeben hielt, vertrat die Klägerin die Ansicht, dass hier eine genehmigte Wohnnutzung vorliege, die Bestandsschutz genieße und daher nur eine Anpassung nach § 87 der Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (BauO NRW) verlangt werden dürfe.
20Die Klägerin wurde mit Schreiben vom 25. September 2012 zu der von der Beklagten beabsichtigten Nutzungsuntersagung angehört.
21Sie erwiderte hierauf mit dem Ziel, weiterhin eine einvernehmliche Lösung verfolgen zu wollen und wies insbesondere auf die irreversiblen Folgen für die Bewohner im Falle der Durchsetzung der Ordnungsverfügung hin.
22Unter dem 17. Januar 2013 erließ die Beklagte eine Ordnungsverfügung, mit der sie der Klägerin die Nutzung des Betriebes eines Pflege- und Betreuungsdienstes auf dem Grundstück T. 13 in C. untersagte, sowie ein Zwangsgeld in Höhe von 10.000 € androhte. Zudem ordnete die Beklagte die sofortige Vollziehung der Ordnungsverfügung an. Zur Begründung führte die Beklagte aus, ausweislich des Konzepts der Wohngemeinschaft sowie der hinsichtlich des Begriffs des „eigenständigen Wohnens“ ergangenen Rechtsprechung liege hier eine Pflege- und Betreuungseinrichtung vor. Eine Baugenehmigung für die Nutzungsänderung in eine Pflege- und Betreuungseinrichtung sei jedoch weder beantragt noch erteilt worden. Obwohl nur ein formeller Verstoß vorliege, müsse die Nutzung eingestellt werden. Die Klägerin könne als Verhaltens- und Zustandsstörer in Anspruch genommen werden, da das Gebäude für ihren Betrieb genutzt werde.
23Die Klägerin hat am 15. Februar 2013 Klage erhoben und um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht (5 L 191/13).
24Sie ist der Ansicht, bei dem Objekt handele es sich nicht um eine Betreuungseinrichtung. Dies sei jedenfalls durch den Bescheid der Beklagten vom 9. September 2011 bestandskräftig festgestellt worden. Die Miet- und Dienstleistungsverträge seien voneinander getrennt und die Mieter seien weder verpflichtet noch gehalten, eine Vereinbarung über ambulante Pflegeleistungen mit der Klägerin abzuschließen. Es stehe ihnen frei, auch andere Anbieter für das Erbringen von Pflegeleistungen zu wählen. Dass die Mitarbeiter der Klägerin als Präsenzkräfte vor Ort blieben, erfolge aus rein betriebswirtschaftlichen Gründen, um durch den Wegfall von An- und Abfahrten zur Erbringung der jeweiligen Leistungsmodule Betriebs- und Anschaffungskosten für entsprechende Fahrzeuge zu vermeiden. Die „Richtlinie über bauaufsichtliche Anforderungen an den Bau und Betrieb von Einrichtungen mit Pflege- und Betreuungsleistungen“ vom 17. März 2011 sei hier nicht anwendbar, da keine Einrichtung im Sinne der Richtlinie vorliege. Aus den Erläuterungen zur Richtlinie werde zudem deutlich, dass die Richtlinie nur auf neue Einrichtungen anwendbar sei. In dem Objekt seien alle Kriterien zur Wohnnutzung erfüllt. Hinsichtlich des Kriteriums der eigenständigen Haushaltsführung komme es darauf an, wie die Wohngemeinschaft angelegt sei, es komme jedoch nicht auf die individuellen Fähigkeiten des Bewohners an. Es sei daher allein maßgeblich, ob eine selbständige Haushaltsführung strukturell möglich sei oder ob eine Abhängigkeit von externer Versorgung bestehe. Da es sich nicht um eine Pflege- und Betreuungseinrichtung handele, liege auch keine genehmigungsbedürftige Nutzungsänderung vor. Die der erteilten Baugenehmigung innewohnende Variationsbreite werde durch die Wohngemeinschaft nicht überschritten, da es sich bei einer Wohngemeinschaft nach der Verkehrsauffassung um eine reine Wohnnutzung handele. Daran ändere sich auch nichts, wenn die Mieter individuell ambulante Pflegedienstleistungen in Anspruch nähmen. Die Wohnnutzung stehe eindeutig im Vordergrund. Die Klägerin nehme nur konkrete ambulante Einzeltätigkeiten vor. Die Wohngemeinschaft weise keine Elemente einer Pflegeeinrichtung oder eines Pflegeheimes auf. Die pauschale Einstufung von betreuten Wohngemeinschaften als „Pflege- und Betreuungseinrichtung“ mit der Folge der Anwendbarkeit der Richtlinie sei weder mit dem Sinn und Zweck der Richtlinie vereinbar noch mit dem gesetzgeberischen Willen, betreute Wohngemeinschaften zu fördern. Durch diese Verwaltungspraxis würden betreute Wohngemeinschaften in Bestandsimmobilien unmöglich gemacht, da die Vorgaben der Richtlinie nur mit unverhältnismäßigem Aufwand umgesetzt werden könnten. Die Klägerin könne sich zudem auf Bestandsschutz berufen, da sie die Wohngemeinschaft ordnungsgemäß angezeigt habe und die Beklagte selbst zunächst von einer reinen Wohnnutzung ausgegangen sei. Die Beklagte könne nicht den Bestandsschutz dadurch aushebeln, dass sie sich auf eine Richtlinie berufe, die erst im Jahr 2011 erlassen worden sei und die nicht rückwirkend zur Anwendung gebracht werden könne. Die Ordnungsverfügung sei schließlich ermessensfehlerhaft ergangen. Die Klägerin könne bereits nicht als Störer in Anspruch genommen werden, da sie weder Eigentümerin noch Vermieterin sei. Ihr könne lediglich die Aufgabe der Dienstleistungen aufgegeben werden. Die Nutzungsuntersagung sei auch im Übrigen ermessensfehlerhaft, da das Brandschutzkonzept, das alle Vorgaben erfülle, nicht berücksichtigt worden sei. Verhältnismäßig wäre allein eine Abstimmung der brandschutztechnischen Nachrüstungen nach § 87 BauO NRW gewesen. Die Beklagte habe auch nicht im Rahmen ihrer Klageerwiderung ihre Ermessenserwägungen vollständig austauschen dürfen. Schließlich habe die Beklagte von Anfang an Kenntnis von der beabsichtigten Nutzung gehabt. Sie sei selbst davon ausgegangen, dass die Wohnnutzung für die Wohngemeinschaft von der erteilten Baugenehmigung gedeckt sei. Sie habe die Wohngemeinschaft als „Modellprojekt“ angesehen und sei von Beginn an in die Planung und Realisierung eingebunden gewesen. Dadurch habe sie einen Vertrauenstatbestand geschaffen, so dass sie sich widersprüchlich verhalte, wenn sie die Nutzung nunmehr als Pflegeeinrichtung einstufe und die Nutzung untersage. Letztlich sei die Androhung eines Zwangsgeldes nicht statthaft. Jedenfalls sei die Höhe des Zwangsgeldes nicht nachvollziehbar.
25Die Klägerin beantragt,
26die Ordnungsverfügung der Beklagten vom 17. Januar 2013 aufzuheben.
27Die Beklagte beantragt,
28die Klage abzuweisen.
29Die Beklagte ist der Ansicht, es liege eine genehmigungsbedürftige Nutzungsänderung vor. Aus dem Umstand, dass die Heimaufsicht die aktuelle Ausgestaltung akzeptiere, könne nicht der Schluss gezogen werden, dass damit auch bauaufsichtlich die Nutzung genehmigt sei. Es handele sich um eine genehmigungsbedürftige „Pflegeeinrichtung im weiteren Sinne“. Dadurch ergäben sich unterschiedliche baurechtliche Anforderungen insbesondere hinsichtlich des Brandschutzes nach §§ 17, 36 ff BauO NRW sowie §§ 54, 85 Abs. 9 BauO NRW i.V.m. der Richtlinie vom 17. März 2011. Zwar sei für die Frage, ob die derzeit ausgeübte Nutzung noch von der Baugenehmigung gedeckt sei, nicht streitentscheidend, ob Pflegeleistungen erbracht werden. Diese Pflegeleistungen kämen sowohl bei Nutzungen vor, bei der das selbstbestimmte Wohnen im Vordergrund stehe (sog. „Senioren-WG“) als auch bei solchen Nutzungen, bei denen bereits bei Überlassung des Wohnraums durch den Vermieter Betreuungs- und Pflegeleistungen einen wesentlichen Bestandteil der Vertragsbeziehungen ausmachen („Betreutes Wohnen“). Wesentlich sei dagegen, dass nach der Konzeption der Klägerin die Überlassung des angebotenen Wohnraums mit dem Abschluss von Pflegeverträgen gekoppelt werde. Da die Klägerin noch vor Überlassung des Wohnraums von den potentiellen Bewohnern obligatorisch den Abschluss eines Pflegevertrages erwarte, handele es sich gerade nicht um eine bloße „Senioren-WG“, bei der sich mehrere ältere Personen selbstbestimmt zusammenschließen, um gemeinsam zu wohnen. Bei der von der Klägerin betriebenen Nutzungsform stehe die Inanspruchnahme pflegerischer Leistungen im Vordergrund, da ohne sie auch die Überlassung von Wohnraum nicht in Rede stehe. Der von der Klägerin angelegte Betrieb sei daher von dem Wechsel einzelner Bewohner unabhängig und auf Dauer und Nachhaltigkeit angelegt. Die von der Klägerin ausgeübte Nutzungsform entspreche nicht der reinen Wohnnutzung sondern der des „Betreuten Wohnens“, so dass vor allem hinsichtlich des Brandschutzes und der notwendigen Barrierefreiheit unterschiedliche baurechtliche Anforderungen gestellt werden müssten, die eine Nutzungsänderung erforderlich machen.
30Der frühere Berichterstatter hat im Rahmen des Eilverfahrens am 3. Mai 2013 einen Ortstermin durchgeführt. Das Eilverfahren wurde im Anschluss daran durch Vergleich, mit dem sich die Beteiligten auf die Durchführung von Übergangsmaßnahmen für die Dauer des Hauptsacheverfahrens geeinigt haben, beendet.
31Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte des Hauptsache- und des Eilverfahrens sowie auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen.
32Entscheidungsgründe:
33Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
34Die Ordnungsverfügung der Beklagten vom 17. Januar 2013 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
35Ermächtigungsgrundlage für den Erlass der Ordnungsverfügung ist § 61 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit Satz 1 der Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (BauO NRW). Danach haben die Bauaufsichtsbehörden bei der Errichtung, der Änderung, dem Abbruch, der Nutzung, der Nutzungsänderung sowie der Instandhaltung baulicher Anlagen sowie anderer Anlagen und Einrichtungen im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 darüber zu wachen, dass die öffentlich-rechtlichen Vorschriften und die aufgrund dieser Vorschriften erlassenen Anordnungen eingehalten werden. In Wahrnehmung dieser Aufgaben haben sie nach pflichtgemäßem Ermessen die erforderlichen Maßnahmen zu treffen.
36Die mit der Ordnungsverfügung angeordnete Betriebsuntersagung ist in der Sache zu Recht erfolgt. Denn insofern ist die Nutzung formell illegal, da eine Baugenehmigung für den von der Klägerin geführten Betrieb nicht existiert. Der Betrieb der Klägerin stellt eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung dar, da die aktuelle Nutzung durch die Klägerin nicht im Rahmen der genehmigten Nutzung erfolgt. Die nach § 63 Abs. 1 BauO NRW erforderliche Baugenehmigung wurde nicht erteilt.
37Ob eine konkrete Nutzung von der Legalisierungswirkung einer Baugenehmigung umfasst wird oder ob eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung vorliegt, ist grundsätzlich danach zu beurteilen, ob die Variationsbreite der bestehenden genehmigten Nutzung überschritten wird und aufgrund der Aufnahme dieser veränderten Nutzung bodenrechtliche Belange, wie sie insbesondere § 1 Abs. 6 des Baugesetzbuches (BauGB) bestimmt, erneut berührt werden können, so dass sich die Genehmigungsfrage unter bodenrechtlichen Aspekten neu stellt. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn der geänderten Nutzung unter städtebaulichen Gesichtspunkten eine andere Qualität zukommt.
38Vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschlüsse vom 1. März 1989 – 4 B 24/89 – und vom 14. April 2000 – 4 B 28/00 -; OVG NRW, Urteile vom 29. Oktober 2012 – 2 A 2809/11 – und vom 21. November 2005 10 A 1166/04 –, mit weiteren Nachweisen, sowie Beschluss vom 29. März 1999 – 10 B 417/99 -; jeweils zitiert nach juris.
39Mit Baugenehmigung vom 28. August 2007 genehmigte die Beklagte für das Grundstück T. 13 in C. den Umbau eines bestehenden Wohnhauses. Aus den als Anlage zur Baugenehmigung aufgenommenen Bauzeichnungen sowie der Baubeschreibung vom 9. Juli 2007, in der das Haus als „Wohnhaus“ bezeichnet wird, geht hervor, dass die genehmigte Art der Nutzung ausschließlich die Wohnnutzung umfasst.
40Bei der derzeit ausgeübten Nutzung in der Wohneinheit im Erd- und Obergeschoss handelt es sich jedoch nicht mehr um „Wohnnutzung“ im genehmigten Sinne.
41Grundsätzlich wird der Begriff Wohnnutzung durch die Kriterien einer auf Dauer angelegten Häuslichkeit, der Eigengestaltung der Haushaltsführung und des häuslichen Wirkungskreises sowie der Freiwilligkeit des Aufenthaltes definiert.
42Vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. März 1996 – 4 B 302/95 -; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 14. August 2007 – 10 A 1219/06 -; jeweils zitiert nach juris; Fickert / Fieseler, Baunutzungsverordnung, 11. Auflage 2008, § 3 Rn. 1; König / Roeser / Stock, Baunutzungsverordnung, 3. Auflage 2014, § 3 Rn. 16.
43Diese zum Begriff der Wohnnutzung entwickelten Kriterien werden von der nach § 85 Abs. 9 BauO NRW erlassenen „Richtlinie über bauaufsichtliche Anforderungen an den Bau und Betrieb von Einrichtungen mit Pflege- und Betreuungsleistungen“ vom 17. März 2011 (Im Folgenden: die Richtlinie) aufgegriffen. Einrichtungen mit Pflege- und Betreuungsleistungen werden hingegen nach § 2.1 der Richtlinie definiert als Nutzungseinheiten oder Teile von Nutzungseinheiten, die dafür bestimmt sind, Personen aufzunehmen, die sowohl Pflege- als auch Betreuungsleistungen benötigen oder in Anspruch nehmen. Die Notwendigkeit der vorzunehmenden Abgrenzung zwischen „Wohnnutzung“ und „Einrichtung mit Pflege- und Betreuungsleistungen“ ergibt sich dabei aus dem Leitgedanken, dass das Brandrisiko und das sich daraus ergebende Gefahrenpotential in Einrichtungen mit Pflege- und Betreuungsleistungen erheblich größer als in „normalen“ Wohnungen ist, weil die Bewohner vielfach in ihrer Mobilität eingeschränkt sind oder wegen Demenz-Erkrankungen in Gefahrensituationen nicht adäquat reagieren können und der Hilfe Anderer bedürfen.
44Vgl. Erläuterungen zur Richtlinie über bauaufsichtliche Anforderungen an den Bau und Betrieb von Einrichtungen mit Pflege- und Betreuungsleistungen vom 17. März 2011.
45Der demnach vorzunehmenden Abgrenzung zwischen „Wohnnutzung“ und „Einrichtung mit Pflege- und Betreuungsleistung“ steht nicht entgegen, dass nach § 3 Abs. 4 der Baunutzungsverordnung (BauNVO) zu den zulässigen Wohngebäuden auch solche gehören, die ganz oder teilweise der Betreuung und Pflege ihrer Bewohner dienen. Denn die Frage nach der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit einer Nutzung in einem bestimmten Wohngebiet ist zu unterscheiden von der Frage, welche bauordnungsrechtlichen Anforderungen darüber hinaus an eine solche Nutzung gestellt werden. Dies kann dazu führen, dass der Wohnbegriff im bauplanungsrechtlichen Sinne im Einzelfall von dem bauordnungsrechtlichen Wohnbegriff abweicht. Allein der Umstand, dass eine bestimmte Nutzung nach der Baunutzungsverordnung in einem reinen Wohngebiet als „Wohnnutzung“ zuzulassen ist, führt demnach nicht zu dem Schluss, dass sie auch in bauordnungsrechtlicher Hinsicht lediglich den Anforderungen, die an reine Wohnnutzung gestellt werden, genügen muss.
46Liegt demnach eine die reine Wohnnutzung überschreitende Einrichtung mit Pflege- und Betreuungsleistungen im Sinne der Richtlinie vor, sind in bauordnungsrechtlicher Hinsicht über die Standardanforderungen der Landesbauordnung hinaus zum Schutz der Bewohner gemäß § 54 Abs. 1 BauO NRW i.V.m. der Richtlinie erhöhte brandschutztechnische Anforderungen zu stellen. Für Vorhaben, die nicht als Einrichtung im Sinne der Richtlinie zu qualifizieren sind, werden dagegen keine Anforderungen gestellt, die über die Brandschutzanforderungen der Landesbauordnung hinaus gehen.
47Zu berücksichtigen ist ferner, dass maßgeblich für die Erfüllung des Wohnbegriffs das Nutzungskonzept und seine grundsätzliche Verwirklichung und nicht das individuelle und spontane Verhalten einzelner Bewohner ist.
48Vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. März 1996 – 4 B 302/95 -; Bayerischer Verwaltungsgerichtshof (BayVGH), Beschluss vom 25. August 2009 – 1 CS 09.287 -; OVG NRW, Beschluss vom 23. Juli 1998 – 10 B 1319/98 -; jeweils zitiert nach juris.
49Dies zugrundegelegt, handelt es sich bei der von der Klägerin betriebenen „Wohngemeinschaft“ um eine Einrichtung mit Pflege- und Betreuungsleistungen im Sinne der Richtlinie, für die eine Baugenehmigung nicht vorliegt.
50Für diese Bewertung spricht bereits der Wortlaut des § 2.1 der Richtlinie, nach der es für das Vorliegen einer Einrichtung mit Pflege- und Betreuungsleistung darauf ankommt, dass die Nutzungseinheit dafür bestimmt ist, Personen aufzunehmen, die sowohl Pflege- als auch Betreuungsleistungen benötigen. Ausweislich des von der Klägerin vorgelegten Konzepts sollen „ausschließlich Mieter/innen mit einer dementiellen Erkrankung in einer Wohngemeinschaft zusammen leben.“ Zudem müssen „vor dem Einzug in die Wohngemeinschaft zwei Verträge abgeschlossen werden: ein Mietvertrag mit dem Vermieter, der den Wohnraum zur Verfügung stellt und ein Pflegevertrag mit einem Pflegedienst“. Die Aufnahme eines Bewohners in die Wohngemeinschaft setzt damit den Abschluss eines Mietvertrages und eines Pflegevertrages voraus. Die von der Klägerin betriebene Wohngemeinschaft ist nach ihrem Konzept gerade darauf ausgerichtet und im Sinne von § 2.1 der Richtlinie dafür bestimmt, pflegebedürftige Personen aufzunehmen. Bestätigt wird diese Nutzungsabsicht durch die „Besonderen Vertragsbedingungen“ in Teil III der zwischen der M. GmbH und den Bewohnern geschlossenen Mietverträge, nach der die Wohneinheit „der Aufnahme von dementiell veränderten Personen“ dient.
51Sofern die Klägerin vorträgt, die Bewohner könnten den Pflegevertrag kündigen, ohne ihr Wohnrecht zu verlieren, dürfte es sich dabei um eine eher theoretische Option handeln, auch ohne Inanspruchnahme eines Pflegedienstes das Mietverhältnis zu begründen bzw. weiterzuführen. Da sowohl das Nutzungskonzept als auch die Mietverträge ausdrücklich vorsehen, dass die Wohnung der Aufnahme „dementiell veränderter Personen“ dient, geht die Klägerin von vornherein von der Inanspruchnahme von Pflegedienstleistungen aus. Dass einzelne Bewohner im Zeitpunkt ihres Einzugs möglicherweise noch keine Pflegestufe hatten oder noch nicht an Demenz erkrankt waren, führt zu keiner anderen Bewertung. Zwar sind nach den Erläuterungen zur Richtlinie „Wohnungen, in denen im Laufe ihrer bestimmungsgemäßen Nutzung Pflege- und Betreuungsleistungen wahrgenommen werden, keine Einrichtungen im Sinne der Richtlinie“. Entscheidend ist jedoch allein, dass die Errichtung der „Wohngemeinschaft“ nach ihrer Konzeption darauf ausgerichtet ist, dass mehrere an Demenz erkrankte Personen zusammenleben und dabei von einem Pflegedienst rund um die Uhr versorgt werden. Das Erfordernis der Anwesenheit eines Pflegedienstes ist damit von vornherein maßgebender Bestandteil der Einrichtung, ohne den diese nicht betrieben werden würde.
52Damit handelt es sich auch nicht um eine bloße Wohngemeinschaft, nach der mehrere ältere Personen sich zusammenschließen, um gemeinsam zu wohnen, wobei es teilweise zur Inanspruchnahme von Pflegeleistungen kommen kann („Senioren-WG“). Auch wenn es sich bei der Klägerin um einen „ambulanten“ Pflegedienst handelt und die ständige Anwesenheit der Mitarbeiter allein aus betriebswirtschaftlichen Gründen zur Vermeidung von An- und Abfahrten erfolgt, ist die 24-Stunden-Präsenz der Pflegekräfte gerade wesentlicher Bestandteil ihres Betriebes. Adressaten der von der Klägerin betriebenen Einrichtung sind demnach an Demenz erkrankte Personen, die auf eine Betreuung rund um die Uhr angewiesen sind.
53Hinzu kommt, dass die von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien zur „Wohnnutzung“ im Hinblick auf das Erfordernis der „selbständigen Haushaltsführung“ nicht erfüllt werden. Nach den Erläuterungen zur Richtlinie setzt eine selbständige Haushaltsführung voraus, „dass die Mieter über eigene Kochgelegenheiten und eigene Hygienemöglichkeiten verfügen und die Mieter in der Lage sind, ein eigenständiges, selbstverantwortetes Wirtschaften und Leben zu gestalten.“ Damit wird deutlich, dass bei der Prüfung des Kriteriums der selbständigen Haushaltsführung an die individuellen Fähigkeiten der Bewohner und nicht nur an die strukturelle Beschaffenheit der Wohnung angeknüpft wird. Damit kommt es entgegen der Ansicht der Klägerin nicht nur darauf an, dass die Vorrichtungen für eine eigenständige Haushaltsführung vorhanden sind, sondern dass die Bewohner auch tatsächlich nach ihren individuellen Fähigkeiten in der Lage sind, ihren Haushalt eigenständig zu führen. Nach dem vorgelegten Konzept „werden die Bewohner beim Einkauf einbezogen und das Kochen erfolgt durch den Bewohner mit Hilfe der Pflegekräfte“. Es wird also von vornherein davon ausgegangen, dass die Mieter gerade nicht mehr dazu in der Lage sind, sich eigenständig zu versorgen, sondern auf die Hilfe Dritter angewiesen sind.
54Unerheblich für die Einordnung der von der Klägerin betriebenen „Wohngemeinschaft“ unter bauordnungsrechtlichen Aspekten ist dagegen, dass der Mietvertrag und der Pflegevertrag rechtlich voneinander unabhängig geschlossen werden. Die privatrechtliche Ausgestaltung der Verträge ist für die Beurteilung der Nutzungsart nicht entscheidend.
55Entgegen der Ansicht der Klägerin führt auch die Befreiung von den Voraussetzungen des Wohn- und Teilhabegesetzes (WTG) zu keiner anderen Bewertung. Die Befreiung hat lediglich Auswirkungen auf heimaufsichtsrechtliche Anforderungen an den Betrieb der Klägerin, trifft jedoch keine Aussage darüber, wie unter bauaufsichtsrechtlichen Gesichtspunkten die Nutzungsart zu bewerten ist. Gleiches gilt für die Befreiung von Regelungen der Heimmindestbauverordnung (HeimMindBauV). Unabhängig von der Frage, ob eine Befreiung von baulichen Anforderungen durch die Heimaufsicht der Beklagten erteilt werden durfte, trifft jedenfalls die Befreiung von einzelnen Regelungen der HeimMindBauV keine Feststellung über die Art der Nutzung.
56Bei der vorzunehmenden Einordnung der Nutzungsart ist ferner auch der mit der Richtlinie verfolgte Zweck zu berücksichtigen. Die erhöhten bauaufsichtlichen Anforderungen an den Bau und den Betrieb von Pflege- und Betreuungsleistungen rechtfertigen sich maßgeblich aus der Erkenntnis, dass das Brandrisiko und das sich daraus ergebende Gefahrenpotential in solchen Einrichtungen aufgrund der eingeschränkten Mobilität der Bewohner und ihrer krankheitsbedingten Unfähigkeit, in Gefahrensituationen adäquat reagieren zu können, erheblich größer als in normalen Wohnungen ist. Die gesteigerten Anforderungen an den Brandschutz verfolgen das Ziel, den Bedürfnissen der Bewohner für den Fall des Gefahreneintritts gerecht zu werden und den Schadenseintritt zu vermeiden. Da bei der Anwendung der Richtlinie die Gefahrenabwehr im Vordergrund steht, dürfen an den Begriff der „Einrichtung mit Pflege- und Betreuungsleistungen“ keine überhöhten Anforderungen gestellt werden. Der mit der Erfüllung der Richtlinie verbundene finanzielle Aufwand des Eigentümers kann demnach nicht bei der Beurteilung, ob eine Einrichtung im Sinne der Richtlinie vorliegt, ausschlaggebend sein. Entscheidend ist allein, ob nach dem Nutzungskonzept davon ausgegangen werden muss, dass die Bewohner im Falle eines Brandes ein höheres Schutzbedürfnis aufweisen als Bewohner einer „normalen“ Wohnung. Nach den bereits dargelegten Erwägungen ist bei der von der Klägerin geführten „Wohngemeinschaft“ ein solches erhöhtes Schutzbedürfnis der Bewohner anzunehmen.
57Schließlich ist entgegen der Ansicht der Klägerin die Richtlinie nicht deshalb unanwendbar, da es sich bei der „Wohngemeinschaft“ nicht um eine neue Einrichtung handelt. Nach den Erläuterungen zur Richtlinie behandelt die Richtlinie „den Fall der Errichtung neuer Einrichtungen mit Pflege- und Betreuungsleistungen. Auf bestehende Einrichtungen mit Pflege- und Betreuungsleistungen findet sie keine unmittelbare Anwendung, sofern diese Bestandsschutz genießen.“ Die Klägerin kann sich vorliegend jedoch nicht auf Bestandsschutz berufen. Denn genehmigt wurde lediglich die Wohnnutzung. Dass die Klägerin der Heimaufsicht der Beklagten die Nutzung angezeigt hat und diese die Wohnform akzeptiert hat, führt nicht zur Begründung eines Bestandschutzes. Da heimaufsichtsrechtliche und bauaufsichtsrechtliche Anforderungen eine unterschiedliche Zweckrichtung verfolgen und damit streng zu unterscheiden sind, kann der Bestandschutz im für die Anwendbarkeit der Richtlinie maßgeblichen baurechtlichen Sinne nur durch eine baurechtliche Genehmigung begründet werden. Eine solche wurde jedoch lediglich für eine reine Wohnnutzung erteilt.
58Nach alledem handelt es sich bei dem von der Klägerin geführten Betrieb um eine Einrichtung mit Pflege- und Betreuungsleistungen im Sinne der Richtlinie, der die Variationsbreite der Baugenehmigung überschreitet und damit formell illegal ist.
59Nach ständiger Rechtsprechung der Bausenate des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen begründet die formelle Illegalität der Nutzung allein in aller Regel ‑ so auch in diesem Fall ‑ ein erhebliches öffentliches Interesse an deren sofortiger Verhinderung. Andernfalls würde nämlich der Vorteil, eine nicht zugelassene Nutzung bis zum Eintritt der Bestandskraft einer sie untersagenden Ordnungsverfügung wegen der aufschiebenden Wirkung der dagegen gerichteten Klage fortführen bzw. aufnehmen zu können, einen erheblichen Anreiz bieten, dies auch tatsächlich zu tun. Auf diese Weise würde nicht nur die Ordnungsfunktion des Bauaufsichtsrechts entwertet, sondern auch der gesetzestreue Bürger, der die Errichtung bzw. Nutzung einer baulichen Anlage nur auf der Grundlage einer vollziehbaren Baugenehmigung verwirklicht, gegenüber dem ‑ bewusst oder unbewusst ‑ rechtswidrig Handelnden in bedenklicher, das Rechtsbewusstsein der Allgemeinheit erschütternder Weise bevorzugt.
60Vgl. dazu etwa OVG NRW, Beschlüsse vom 6. Juli 2009 – 10 B 617/09 - und vom 12. Juli 2007 – 7 E 664/07 – mit weiteren Nachweisen, zitiert nach juris.
61Ein Ausnahmefall, in dem die Untersagung der Nutzung nicht zu rechtfertigen wäre, ist vorliegend nicht gegeben. Er setzt nämlich voraus, dass der erforderliche Bauantrag gestellt und nach Auffassung der Behörde offensichtlich genehmigungsfähig wäre und der Erteilung der Baugenehmigung auch sonst nichts im Wege stünde. Erst der Umstand, dass die Behörde der in der formellen Illegalität liegenden Störung genauso gut durch die Legalisierung des Vorhabens begegnen könnte, lässt eine Untersagung der Nutzung als unverhältnismäßig erscheinen.
62Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 24. Januar 2006 – 10 B 2159/05 - und vom 13. Januar 2003 – 10 B 1617/02 -, zitiert nach juris.
63Demnach begegnet die Anordnung der Nutzungsuntersagung allein aufgrund formeller Illegalität hier keinen Bedenken, da eine für das Betreiben einer Einrichtung mit Pflege- und Betreuungsleistungen gemäß § 63 Abs. 1 BauO NRW erforderliche Baugenehmigung weder beantragt noch erteilt wurde.
64Die Klägerin durfte in zulässiger Weise als Handlungsstörerin gemäß § 17 Abs. 1 des Ordnungsbehördengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (OBG NRW) in Anspruch genommen werden. Nach dieser Vorschrift sind Maßnahmen gegen diejenige Person zu richten, die eine Gefahr verursacht. Die Betriebsuntersagung war demnach gegenüber der Klägerin als Betreiberin der Einrichtung mit Pflege- und Betreuungsleistungen zu erlassen.
65Die Ordnungsverfügung ist auch insgesamt ermessensfehlerfrei ergangen, § 114 VwGO.
66Zunächst hat die Beklagte ihr Ermessen bei der Störerauswahl fehlerfrei ausgeübt. Die Beklagte war insbesondere nicht gehalten, sich vorrangig an den Eigentümer des Grundstücks, den Geschäftsführer der Klägerin, als Zustandsstörer zu halten. Im Hinblick auf eine möglichst effektive Gefahrenabwehr war vor dem Hintergrund der jederzeit bestehenden Möglichkeit einer Brandentstehung die Inanspruchnahme der Klägerin notwendig, um den Betrieb der Einrichtung jedenfalls bis ein in bauordnungsrechtlicher Hinsicht rechtmäßiger Zustand hergestellt wird, zu unterbinden und damit die Gefahr für die an Demenz erkrankten und auf Pflege und Betreuung angewiesenen Bewohner zu beseitigen.
67Die Beklagte hat auch im Übrigen ihr Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt.
68Entgegen der Ansicht der Klägerin hätte die Beklagte nicht als milderes Mittel lediglich eine Anpassung nach § 87 BauO NRW verlangen dürfen. Nach Absatz 1 der Vorschrift kann verlangt werden, dass in Fällen, in denen rechtmäßig bestehende bauliche Anlagen sowie andere Anlagen und Einrichtungen im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 2 nicht den Vorschriften der BauO NRW oder Vorschriften aufgrund der BauO NRW entsprechen, die Anlagen diesen Vorschriften angepasst werden, wenn dies im Einzelfall wegen der Sicherheit für Leben oder Gesundheit erforderlich ist.
69Eine Anpassung nach § 87 BauO NRW scheidet hier von vornherein aus, da es sich bei der von der Klägerin auf dem Grundstück T. 13 betriebenen Einrichtung nicht um eine rechtmäßig bestehende bauliche Anlage im Sinne der Vorschrift handelt. Der Begriff der „bestehenden baulichen Anlage“ umfasst dabei ausschließlich solche Anlagen, die Bestandsschutz genießen. Nicht anwendbar ist § 87 BauO NRW dagegen, wenn sich herausstellt, dass eine bauliche Anlage im Wesentlichen abweichend von der Baugenehmigung ausgeführt wurde, wenn sie also nicht rechtmäßig ist.
70Vgl. Gädtke / Temm / Heintz / Czepuck, BauO NRW Kommentar, 11. Auflage 2008, § 87, Rn. 3.
71Wie bereits erläutert, genießt die Einrichtung der Klägerin keinen Bestandsschutz, da sie die Variationsbreite der Baugenehmigung vom 28. August 2007 überschreitet.
72Die Beklagte hat entgegen der von der Klägerin vor allem im Rahmen der mündlichen Verhandlung vorgetragenen Ansicht auch nicht deshalb ihr Ermessen fehlerhaft ausgeübt, da sie unberücksichtigt gelassen hat, dass es sich bei der von der Klägerin betriebenen Einrichtung um eine vom Gesetzgeber und der aktuellen politischen Diskussion gewünschten Wohnform für an Demenz erkrankte Senioren handelt. Insofern ist die Beklagte an das geltende Regelwerk gebunden und darf sich im Rahmen ihrer Ermessenserwägungen allein von dem Zweck des Gesetzes bzw. der hier in Frage stehenden Richtlinie leiten lassen, nicht jedoch von politischen Überlegungen zur Förderung der Entstehung von Einrichtungen für Senioren in Bestandsgebäuden.
73Die Ordnungsverfügung ist schließlich auch nicht unverhältnismäßig ergangen. Selbst im Hinblick auf die sich für die Bewohner ergebenden Konsequenzen im Falle der Durchsetzung der Ordnungsverfügung, auf die die Klägerin in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich hingewiesen hat, ist die Nutzungsuntersagung verhältnismäßig. Vor allem mit Blick auf die jederzeit bestehende Gefahr der Brandentstehung durfte die Beklagte bei der Abwägung der widerstreitenden Interessen der Nutzungsuntersagung mehr Gewicht beimessen als der daraus folgenden Notwendigkeit für die Bewohner, in eine alternative Wohneinrichtung bzw. in ein Pflegeheim umzuziehen.
74Die angegriffene Ordnungsverfügung ist auch nicht unter dem Aspekt eines möglicherweise geschaffenen Vertrauenstatbestandes, durch den die Beklagte sich hinsichtlich der tatsächlich ausgeübten Nutzung dauerhaft gebunden hat, rechtswidrig.
75Zur Begründung eines schutzwürdigen Vertrauenstatbestandes ist erforderlich, dass die Behörde in Kenntnis der formellen und gegebenenfalls materiellen Illegalität eines Vorhabens zu erkennen gibt, dass sie sich auf Dauer mit dessen Existenz abzufinden gedenkt (sog. „aktive Duldung“).
76Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 28. August 2014 – 7 B 940/14 - und von 13. Januar 2014 – 10 B 1415/13 -; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 11. März 2014 – 9 K 4545/10 -; jeweils zitiert nach juris.
77Für die Annahme einer derartigen Duldung bedarf es Handlungen oder Willensäußerungen der Behörde, aus denen unmissverständlich geschlossen werden kann, dass sie sich auf Dauer mit dem illegalen Zustand abgefunden hat.
78Vgl. OVG NRW, Urteil vom 6. Februar 2003 – 10 A 3666/99 -, mit weiteren Nachweisen; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 9. Januar 2014 – 5 L 1372/13 -; jeweils zitiert nach juris.
79Wie bereits zur Frage des Bestandsschutzes ausgeführt, vermag allein der Umstand, dass die Heimaufsicht der Beklagten die Einrichtungsform unter heimaufsichtsrechtlichen Gesichtspunkten akzeptiert, nicht dazu führen, dass auch in baurechtlicher Hinsicht eine Bindung der Beklagten oder gar ein Vertrauen der Klägerin auf die baurechtliche Zulässigkeit ihres Betriebes begründet wurde.
80Darüber hinaus fehlt es in Anwendung der dargestellten Grundsätze zur Begründung eines Vertrauenstatbestandes bereits an der Kenntnis der Bauaufsicht der Beklagten von der tatsächlichen Nutzung. Aus den Verwaltungsvorgängen der Beklagten geht nicht hervor, dass die Bauaufsicht im Rahmen des Genehmigungsverfahrens Kenntnis von der Absicht der Klägerin, in dem Gebäude eine Einrichtung mit Pflege- und Betreuungsleistungen zu betreiben, hatte. Insbesondere wurde ihr weder das Nutzungskonzept vorgelegt, noch enthielten die zu dem Bauantrag eingereichten Unterlagen Hinweise darauf, wie das Gebäude nach Genehmigung des Umbaus genutzt werden sollte. Zwar musste die Beklagte aufgrund der Errichtung der Rampe entlang des Gebäudes davon ausgehen, dass in dem Gebäude ältere Menschen leben würden. Dass es sich hierbei jedoch um an Demenz erkrankte Personen handelt, die einer ständigen Anwesenheit von Pflegekräften bedürfen, musste sich der Bauaufsicht der Beklagten aus dem Bauantrag nicht erschließen, noch hatte sie sonstige Anhaltspunkte, die beantragte Nutzungsart zu hinterfragen. Die Verwaltungsvorgänge der Heimaufsicht der Beklagten lassen ebenfalls nicht den Schluss zu, dass die Bauaufsicht in die Planung des „Modellprojektes“ in dem Gebäude T. 13 eingebunden wurde. Die in der mündlichen Verhandlung vertretene Ansicht der Klägerin, das Konzept sei an verschiedene Abteilungen der Beklagten weitergeleitet worden, so dass sie darauf habe vertrauen dürfen, dass auch die Bauaufsicht Kenntnis von der beabsichtigten Nutzung hätte haben müssen, führt zu keinem anderem Ergebnis. Zwar geht aus dem Verwaltungsvorgang der Heimaufsicht der Beklagten hervor, dass das Konzept verteilt wurde und unter anderem auch das Rechtsamt der Beklagten in die Diskussion eingeschaltet wurde. Dass jedoch konkret auch die Bauaufsicht einbezogen wurde, geht aus dem Verwaltungsvorgang nicht hervor. Die Kenntnis einzelner Fachabteilungen der Beklagten führt schließlich auch nicht zu einer gegenseitigen Zurechnung der Kenntnis unter allen Abteilungen der Beklagten. Es obliegt vielmehr dem jeweiligen Antragsteller die zuständige Fachabteilung über alle für den Antrag wesentlichen Tatsachen in Kenntnis zu setzen.
81Die Androhung eines Zwangsgeldes in Höhe von 10.000,00 € ist gemäß §§ 57 Abs. 1 Nr. 2, 60 Abs. 1, 63 Verwaltungsvollstreckungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVG NRW) rechtmäßig und insbesondere auch hinsichtlich der Höhe angemessen.
82Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
83Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung.
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(1) Die Bewohnerinnen und Bewohner wirken durch einen Heimbeirat in Angelegenheiten des Heimbetriebs wie Unterkunft, Betreuung, Aufenthaltsbedingungen, Heimordnung, Verpflegung und Freizeitgestaltung mit. Die Mitwirkung bezieht sich auch auf die Sicherung einer angemessenen Qualität der Betreuung im Heim und auf die Leistungs-, Vergütungs-, Qualitäts- und Prüfungsvereinbarungen nach § 7 Abs. 4 und 5. Sie ist auf die Verwaltung sowie die Geschäfts- und Wirtschaftsführung des Heims zu erstrecken, wenn Leistungen im Sinne des § 14 Abs. 2 Nr. 3 erbracht worden sind. Der Heimbeirat kann bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben und Rechte fach- und sachkundige Personen seines Vertrauens hinzuziehen. Diese sind zur Verschwiegenheit verpflichtet.
(2) Die für die Durchführung dieses Gesetzes zuständigen Behörden fördern die Unterrichtung der Bewohnerinnen und Bewohner und der Mitglieder von Heimbeiräten über die Wahl und die Befugnisse sowie die Möglichkeiten des Heimbeirats, die Interessen der Bewohnerinnen und Bewohner in Angelegenheiten des Heimbetriebs zur Geltung zu bringen.
(3) Der Heimbeirat soll mindestens einmal im Jahr die Bewohnerinnen und Bewohner zu einer Versammlung einladen, zu der jede Bewohnerin oder jeder Bewohner eine Vertrauensperson beiziehen kann. Näheres kann in der Rechtsverordnung nach Absatz 5 geregelt werden.
(4) Für die Zeit, in der ein Heimbeirat nicht gebildet werden kann, werden seine Aufgaben durch einen Heimfürsprecher wahrgenommen. Seine Tätigkeit ist unentgeltlich und ehrenamtlich. Der Heimfürsprecher wird im Benehmen mit der Heimleitung von der zuständigen Behörde bestellt. Die Bewohnerinnen und Bewohner des Heims oder deren gesetzliche Vertreter können der zuständigen Behörde Vorschläge zur Auswahl des Heimfürsprechers unterbreiten. Die zuständige Behörde kann von der Bestellung eines Heimfürsprechers absehen, wenn die Mitwirkung der Bewohnerinnen und Bewohner auf andere Weise gewährleistet ist.
(5) Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend erlässt im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Gesundheit durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Regelungen über die Wahl des Heimbeirats und die Bestellung des Heimfürsprechers sowie über Art, Umfang und Form ihrer Mitwirkung. In der Rechtsverordnung ist vorzusehen, dass auch Angehörige und sonstige Vertrauenspersonen der Bewohnerinnen und Bewohner, von der zuständigen Behörde vorgeschlagene Personen sowie Mitglieder der örtlichen Seniorenvertretungen und Mitglieder von örtlichen Behindertenorganisationen in angemessenem Umfang in den Heimbeirat gewählt werden können.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Reine Wohngebiete dienen dem Wohnen.
(2) Zulässig sind
(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden
- 1.
Läden und nicht störende Handwerksbetriebe, die zur Deckung des täglichen Bedarfs für die Bewohner des Gebiets dienen, sowie kleine Betriebe des Beherbergungsgewerbes, - 2.
sonstige Anlagen für soziale Zwecke sowie den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dienende Anlagen für kirchliche, kulturelle, gesundheitliche und sportliche Zwecke.
(4) Zu den nach Absatz 2 sowie den §§ 2, 4 bis 7 zulässigen Wohngebäuden gehören auch solche, die ganz oder teilweise der Betreuung und Pflege ihrer Bewohner dienen.
Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.