Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Beschluss, 15. März 2016 - 2a L 557/16.A
Tenor
1. Der Antrag der Antragsteller auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung der Rechtsanwältin H. aus H1. wird abgelehnt.
2. Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt. Die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden, tragen die Antragsteller.
1
Gründe
21.
3Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist abzulehnen, weil die Rechtsverfolgung aus den nachstehenden Gründen nicht die nach § 166 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) i. V. m. §§ 114 Zivilprozessordnung erforderliche hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.
42.
5Der sinngemäße Antrag,
6die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die im Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge enthaltende Abschiebungsandrohung anzuordnen,
7über den die Berichterstatterin nach § 76 Abs. 4 Asylgesetz (AsylG) als gesetzliche Einzelrichterin entscheidet, hat keinen Erfolg.
8Die Klage gegen die in dem Bescheid des Bundesamts enthaltene Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung hat gemäß § 75 AsylG grundsätzlich keine aufschiebende Wirkung. Nach § 80 Abs. 5 VwGO i. V. m. § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG kann das Gericht die aufschiebende Wirkung anordnen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen.
9Es besteht kein Grund, der Klage entgegen der gesetzgeberischen Grundentscheidung in § 75 AsylG aufschiebende Wirkung zukommen zu lassen. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheids im Sinne von § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG liegen nicht vor.
10Derartige Zweifel liegen nur dann vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die angegriffene Maßnahme einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhält, wobei sich diese Prognose gerade auch auf das Offensichtlichkeitsurteil des Bundesamtes erstrecken muss.
11Vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 – 2 BvR 1516/93 –, juris (= NVwZ 1996, 678 [769 f.]).
12Dies ist nicht der Fall. Denn die Voraussetzungen für den Erlass der in Ziffer 5 des angegriffenen Bescheides des Bundesamtes erlassenen Abschiebungsandrohung gegen die Antragsteller liegen vor. Gemäß §§ 34 Abs. 1, 36 Abs. 1 AsylG erlässt das Bundesamt nach §§ 59 und 60 Abs. 10 Aufenthaltsgesetz (Aufent) die Abschiebungsandrohung und setzt eine Ausreisefrist von einer Woche, wenn der Asylantrag eines Ausländers als offensichtlich unbegründet abgelehnt wird.
13Die Ablehnung des Asylantrags der Antragsteller als offensichtlich unbegründet ist zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung von § 30 AsylG gedeckt.
14Ein Asylantrag ist gemäß § 30 Abs. 1 AsylG dann offensichtlich unbegründet, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft offensichtlich nicht vorliegen. Die Beurteilung als offensichtlich unbegründet ist nur dann gerechtfertigt, wenn im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen vernünftigerweise kein Zweifel bestehen kann und sich bei einem solchen Sachverhalt nach allgemein anerkannter Rechtsauffassung die Ablehnung des Asylantrags geradezu aufdrängt.
15Vgl. dazu BVerfG, Beschlüsse vom 21. Juli 2000 ‑ 2 BvR 1429/98 ‑, juris, vom 8. März 1995 ‑ 2 BvR 2148/94 ‑, DVBl. 1995, 846, und vom 28. April 1994 ‑ 2 BvR 2709/93 ‑, DVBl. 1994, 921.
16Erweist sich der Asylantrag als nicht offensichtlich, sondern lediglich schlicht unbegründet, hat das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung anzuordnen.
17Vgl. Finkelnburg/Külpmann/Dombert, Vorl. Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 5. Aufl. 2008, Rdnr. 1262.
18Gemessen an diesen Maßstäben ist der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage nicht begründet.
19Die Antragssteller werden nicht aus politischen oder sonstigen asylrechtlich relevanten Gründen im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG oder Art. 16a Grundgesetz (GG) verfolgt. Bei der Anhörung haben sie geltend gemacht, dass sie Pakistan verlassen hätten, weil sie Schutzgelder, die sie für ihr Milchgeschäft zahlen sollten, nicht mehr zahlen wollten. Die Schilderungen der Schutzgelderpressungen bleiben völlig vage und oberflächig. Es wurden keine Namen der Erpresser oder Erpressergruppen genannt oder konkrete Bedrohungssituationen beschrieben. Sogar das laut dem Antragsteller zu 1.) „ausschlaggebende Ereignis“ für die Entscheidung, nach Deutschland zu kommen, wird nicht ansatzweise dargestellt. Unabhängig hiervon stellen die von den Antragstellern geltend gemachten Übergriffe von Schutzgelderpressern kriminelles Unrecht dar, und sind damit keine politische oder sonstige asylrelevante Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG oder Art. 16a GG. Der Vortrag erfüllt auch nicht die Voraussetzung des ernsthaften Schadens nach § 4 AsylG.
20Dabei liegen nach der Begründung des Bescheids des Bundesamts die Voraussetzungen für den subsidiären Schutz offensichtlich nicht vor. Denn die Begründung des Bescheids gibt zutreffend an, ein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 AsylG sei von den Antragstellern weder vorgetragen, noch ansatzweise glaubhaft gemacht worden, noch sei er von Amts wegen ersichtlich.
21Die Anträge auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und auf Asylanerkennung waren auch als offensichtlich unbegründet abzulehnen, weil zum Zeitpunkt der Entscheidung an deren Richtigkeit kein Zweifel besteht und sich die Ablehnung des Asylantrags geradezu aufdrängt, weil keinerlei relevante Verfolgungsgründe genannt wurden.
22Die Antragsteller können eine aufschiebende Wirkung der Klage auch nicht unmittelbar aus Art. 46 Abs. 5 der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (Neufassung), ABl. der EU, L 180/60 (VRL 2013), ableiten, weil die Antragsgegnerin das sich aus Art. 46 Abs. 5 VRL 2013 ergebende verfahrensrechtliche Bleiberecht (d.h. die aufschiebende Wirkung der Klage) in zulässiger Weise gemäß Art. 46 Abs. 6 VRL 2013 eingeschränkt hat und Art. 46 Abs. 5 VRL 2013 daher nicht mangels Umsetzung in nationales Recht im Verhältnis der Antragssteller zur Antragsgegnerin unmittelbar anwendbar ist.
23Vgl. VG Aachen, Beschluss vom 1. März 2016, Az.:4 L 35/16.A; VG Düsseldorf, Beschlüsse vom 15. Dezember 2015, Az.: 5 L 3947/15.A und vom 13. Januar 2016, Az: 6 L 4047/15.A; anders: VG Düsseldorf, Beschlüsse vom 22. Dezember 2015, Az.: 7 L 3863/15.A, vom 2. Februar 2016, Az.: 7 L 118/16.A, und vom 5. Februar 2016, Az.: 7 L 4154/15.A, jeweils NRWE.
24Art. 46 Abs. 6 VRL 2013 räumt den Mitgliedstaaten die Möglichkeit ein, das durch Art. 46 Abs. 5 VRL 2013 eingeräumte Bleiberecht in Fällen der Ablehnung des Antrags auf internationalen Schutz – dieser ist gemäß Art. 2 b) VRL 2013 grundsätzlich auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und hilfsweise auf die Gewährung subsidiären Schutzes gerichtet –, unter den in Buchst. a) bis d) aufgeführten Fällen zu beenden und verpflichtet sie gleichzeitig – wenn sie von dieser Möglichkeit Gebrauch machen – ein gerichtliches Antragsverfahren gerichtet auf Verschaffung eines solchen Bleiberechts einzuräumen. Hiervon hat die Antragsgegnerin durch die Beschränkung der aufschiebenden Wirkung nach §§ 75 Abs. 1, 36 AsylG und die Möglichkeit des Eilrechtsschutzantrags nach § 80 Abs. 5 VwGO (vgl. § 36 Abs. 3 Satz 1 AsylG) Gebrauch gemacht.
25Vgl. VG Düsseldorf, Beschlüsse vom 15. Dezember 2015, Az.: 5 L 3947/15.A und vom 13. Januar 2016, Az: 6 L 4047/15.A, jeweils NRWE.
26Die Beschränkung des Bleiberechts, d. h. die Beschränkung der aufschiebenden Wirkung, ist nach Art. 46 Abs. 6 a) VRL 2013 zulässig, wenn ein Antrag nach Art. 32 Abs. 2 VRL 2013 als offensichtlich unbegründetoder nach Prüfung gemäß Art. 31 Abs. 8 VRL 2013 als unbegründet betrachtet wird (es sei denn die Entscheidung ist auf eine illegale Einreise gestützt, Art. 31 Abs. 8 h) VRL 2013). Dabei ist festzuhalten, dass Art. 32 Abs. 2 VRL 2013 und Art. 31 Abs. 8 VRL 2013 materiell-rechtlich die gleichen Anforderungen an die Entscheidung über den Asylantrag stellen. Denn die formale Ablehnung nach Art. 32 Abs. 2 VRL 2013 verweist hinsichtlich seiner materiellen Voraussetzungen auf Art. 31 Abs. 8 VRL 2013.
27Liegen diese Voraussetzungen von Art. 31 Abs. 8 VRL 2013 vor, steht es den Mitgliedstaaten je nach Ausgestaltung ihres nationalen Rechtsrahmens frei, den Antrag auf internationalen Schutz entweder als offensichtlich unbegründet oder als einfach unbegründet abzulehnen. Dabei sind, wie die Verknüpfung „oder“ zeigt, beide Entscheidungsmodalitäten für die Ablehnung eines Antrags auf internationalen Schutz im beschleunigten Verfahren gleichwertig. Welchen Weg das nationale Recht wählt, ist nach Unionsrecht gleichgültig. Denn die oben genannten materiellen Anforderungen an das beschleunigte Verfahren laufen stets auf das identische Prüfprogramm – die Anforderungen des Art. 31 Abs. 8 VRL 2013 – hinaus. Für das beschleunigte Verfahren erforderlich, aber auch ausreichend ist, wenn das nationale Recht sicherstellt, dass vor Ablehnung eines Antrags auf internationalen Schutz geprüft und festgestellt worden ist, dass eine der Fallgruppen des Art. 31 Abs. 8 RL VRL 2013 gegeben ist. Weitergehende materielle Anforderungen stellt Art. 46 Abs. 6 a) VRL 2013 weder über Art. 32 Abs. 2 VRL 2013 (1. Alternative) noch mit der 2. Alternative auf.
28Vgl. VG Düsseldorf, Beschlüsse vom 15. Dezember 2015, Az.: 5 L 3947/15.A und vom 13. Januar 2016, Az: 6 L 4047/15.A, jeweils NRWE.
29Wegen der Gleichwertigkeit beider Alternativen im Hinblick auf den Prüfungsumfang – Antrag auf Gewährung internationalen Schutzes – ist es nach Unionsrecht auch unschädlich, wenn nationales Recht bezüglich des Bestandteils der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft den Weg über die 1. Alternative wählt und die Ablehnung als „offensichtlich unbegründet“ vorschreibt (§§ 20, 36 Abs. 1 AsylG), bezüglich des subsidiären Schutzes aber den der 2. Alternative eröffnet, solange die materiellen Voraussetzungen des Art. 31 Abs. 8 VRL 2013 geprüft werden.
30Vgl. VG Düsseldorf, Beschlüsse vom 15. Dezember 2015, Az.: 5 L 3947/15.A und vom 13. Januar 2016, Az: 6 L 4047/15.A, jeweils NRWE.
31Der deutsche Gesetzgeber hat die materiell-rechtlichen Voraussetzungen des Art.31 Abs. 8 VRL 2013 – auch hinsichtlich des Antrags auf subsidiären Schutz – in §§ 29a, 30 AsylG umgesetzt.
32Nach dem hier relevanten Art. 31 Abs. 8 Buchst. a) VRL 2013 kann ein beschleunigtes Verfahren durchgeführt werden, wenn der Asylantragsteller bei der Darlegung der Tatsachen zu seinem Asylanträgen nur Umstände vorbringt, die für die Prüfung der Frage, ob sie als Flüchtling oder Person mit Anspruch auf internationalen Schutz im Sinne der Richtlinie 2011/95/EU anzuerkennen sind, nicht von Belang sind.
33Diese Fallgestaltung wird von § 30 Abs. 1, 3 AsylG erfasst.
34Nach dem deutschen Asylrecht ist eine Ablehnung des Asylantrags hinsichtlich des subsidiären Schutzes als offensichtlich unbegründet nach dem Wortlaut des § 30 AsylG zwar nicht vorgesehen, nach Auslegung der Norm nach ihrem Sinn und Zweck aber möglich. Denn § 30 Abs. 1 AsylG bietet in der vom Bundesamt vorgenommenen Auslegung im Lichte von Art. 32 und Art. 31 Abs. 8 Buchst. a VRL 2013 eine ausreichende Rechtsgrundlage für das Offensichtlichkeitsurteil auch insoweit.
35Vgl. VG Aachen, Beschluss vom 1. März 2016, Az.:4 L 35/16.A; VG Düsseldorf, Beschluss vom 15. Dezember 2015, Az.: 5 L 3947/15.A.; anders: VG Düsseldorf, Beschlüsse vom 22. Dezember 2015, Az.: 7 L 3863/15.A, vom 2. Februar 2016, Az.: 7 L 118/16.A, und vom 5. Februar 2016, Az.: 7 L 4154/15.A; jeweils NRWE.
36Zwar ist nach dem Wortlaut des § 30 Abs. 1 AsylG ist ein Asylantrag schon dann offensichtlich unbegründet, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft offensichtlich nicht vorliegen. Das Bundesamt legt die Vorschrift jedoch zu Recht dahingehend erweitert aus, dass für ein Offensichtlichkeitsurteil nach § 30 Abs. 1 AsylG zugleich auch die Voraussetzungen für die Zuerkennung subsidiären Schutzes offensichtlich nicht vorliegen müssen.
37Vgl.: Verwaltungsvorschrift des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 20. Juli 2015, Referat 410 - 410-7406-30/15 -, zur unmittelbaren innerstaatlichen Anwendung der Richtlinie 2013/32/EU Rates vom 26. Juni 2013 (Verfahrensrichtlinie), S. 6.
38Zudem ergibt sich diese Auslegung aus dem Asylantragsbegriff des § 13 Abs. 2 AsylG. Danach wird mit jedem Asylantrag neben der Anerkennung als Asylberechtigter auch internationaler Schutz im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 AsylG, d.h. mit anderen Worten Flüchtlingsschutz im Sinne der §§ 3 ff. AsylG und subsidiärer Schutz im Sinne des § 4 AsylG beantragt. Die Prüfung des internationalen Schutzes ist damit unteilbar (vgl. § 13 Abs. 2 S. 2 AsylG). Dies ist auf die Offensichtlichkeitsentscheidung des § 30 AsylG zu übertragen.
39Vgl. VG Aachen, Beschluss vom 1. März 2016, Az.: 4 L 35/16.A; NRWE.
40Das heißt aber nicht, dass diese Offensichtlichkeitsentscheidung hinsichtlich der Entscheidung über den subsidiären Schutz sich auch im Tenor der Entscheidung wieder finden muss.
41Anders wohl VG Düsseldorf, Beschluss vom 15. Dezember 2015, Az.: 5 L 3947/15.A und VG Aachen, Beschluss vom 1. März 2016, Az.:4 L 35/16.A.
42Das deutsche Recht eröffnet mit § 30 AsylG eine Möglichkeit der Tenorierung hinsichtlich des subsidiären Schutzes, schreibt diese aber nicht vor.
43Daher ist auch die Entscheidung des Bundesamtes, das im angefochtenen Bescheid die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft als offensichtlich unbegründet und die Gewährung subsidiären Schutzes als (im Tenor) einfach unbegründet abgelehnt hat, mit § 30 AsylG vereinbar, weil der Bescheid in seiner Begründung erkennen lässt, dass auch der Anspruch auf subsidiären Schutz aus den Gründen des § 30 AsylG nicht besteht. Denn es genügt, wenn eine Offensichtlichkeitsentscheidung in dem Maße getroffen wird, dass aus der Begründung des Bescheids deutlich wird, dass auch der Anspruch auf subsidiären Schutz aus Gründen des § 30 AsylG offensichtlich nicht vorliegt.
44Für das Unionsrecht stellt allein die formale Einheitlichkeit der Tenorierung beider Aspekte des Antrags auf internationalen Schutz als „offensichtlich unbegründet“ gegenüber dem hier streitgegenständlichen Tenor keinen rechtlichen Mehrwert dar, weil es nur auf die materiell-rechtlichen Voraussetzungen des Art. 31 Abs. 8 VRL 2013 ankommt. Bei der hier erfolgten, sachgerechten Anwendung der Bestimmung des § 30 Abs. 1 AsylG nach Sinn und Zweck hat die Antragsgegnerin das Bleiberecht aus Art. 46 Abs. 5 VRL 2013 nach Art. 46 Abs. 6 a) i. V. m. Art. 32 Abs. 2 und Art. 31 Abs. 8 VRL 2013 in zulässiger Weise eingeschränkt, indem sie eine materiell-rechtliche Prüfung des § 30 AsylG in Umsetzung des Art. 31 Abs. 8 VRL 2013 vorgenommen hat.
45Vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 13. Januar 2016, Az: 6 L 4047/15.A, NRWE.
46Vor diesem Hintergrund ist den Antragstellern die Berufung auf eine unzureichende Umsetzung der Richtlinie 2013/32/EU verwehrt.
47Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Gemäß § 83b AsylG ist das Verfahren gerichtskostenfrei.
Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Beschluss, 15. März 2016 - 2a L 557/16.A
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Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Beschluss, 15. März 2016 - 2a L 557/16.A zitiert oder wird zitiert von 6 Urteil(en).
(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.
(2) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.
(3) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.
(4) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 2 und 3 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.
(5) § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.
(6) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 2 und 3 kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden.
(7) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 2 bis 6 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.
(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.
(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.
(1) Die Klage gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz hat nur in den Fällen des § 38 Absatz 1 sowie des § 73b Absatz 7 Satz 1 aufschiebende Wirkung. Die Klage gegen Maßnahmen des Verwaltungszwangs (§ 73b Absatz 5) hat keine aufschiebende Wirkung.
(2) Die Klage gegen Entscheidungen des Bundesamtes, mit denen die Anerkennung als Asylberechtigter oder die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft widerrufen oder zurückgenommen worden ist, hat in folgenden Fällen keine aufschiebende Wirkung:
- 1.
bei Widerruf oder Rücknahme wegen des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder des § 3 Absatz 2, - 2.
bei Widerruf oder Rücknahme, weil das Bundesamt nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen hat.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) In den Fällen der Unzulässigkeit nach § 29 Absatz 1 Nummer 2 und 4 und der offensichtlichen Unbegründetheit des Asylantrages beträgt die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist eine Woche.
(2) Das Bundesamt übermittelt mit der Zustellung der Entscheidung den Beteiligten eine Kopie des Inhalts der Asylakte. Der Verwaltungsvorgang ist mit dem Nachweis der Zustellung unverzüglich dem zuständigen Verwaltungsgericht zu übermitteln.
(3) Anträge nach § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsandrohung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen; dem Antrag soll der Bescheid des Bundesamtes beigefügt werden. Der Ausländer ist hierauf hinzuweisen. § 58 der Verwaltungsgerichtsordnung ist entsprechend anzuwenden. Die Entscheidung soll im schriftlichen Verfahren ergehen; eine mündliche Verhandlung, in der zugleich über die Klage verhandelt wird, ist unzulässig. Die Entscheidung soll innerhalb von einer Woche nach Ablauf der Frist des Absatzes 1 ergehen. Die Kammer des Verwaltungsgerichts kann die Frist nach Satz 5 um jeweils eine weitere Woche verlängern. Die zweite Verlängerung und weitere Verlängerungen sind nur bei Vorliegen schwerwiegender Gründe zulässig, insbesondere wenn eine außergewöhnliche Belastung des Gerichts eine frühere Entscheidung nicht möglich macht. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Die Entscheidung ist ergangen, wenn die vollständig unterschriebene Entscheidungsformel der Geschäftsstelle der Kammer vorliegt. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes und die Anordnung und Befristung nach § 11 Absatz 7 des Aufenthaltsgesetzes sind ebenso innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsandrohung bleibt hiervon unberührt.
(4) Die Aussetzung der Abschiebung darf nur angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen. Tatsachen und Beweismittel, die von den Beteiligten nicht angegeben worden sind, bleiben unberücksichtigt, es sei denn, sie sind gerichtsbekannt oder offenkundig. Ein Vorbringen, das nach § 25 Abs. 3 im Verwaltungsverfahren unberücksichtigt geblieben ist, sowie Tatsachen und Umstände im Sinne des § 25 Abs. 2, die der Ausländer im Verwaltungsverfahren nicht angegeben hat, kann das Gericht unberücksichtigt lassen, wenn andernfalls die Entscheidung verzögert würde.
(1) Die Klage gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz hat nur in den Fällen des § 38 Absatz 1 sowie des § 73b Absatz 7 Satz 1 aufschiebende Wirkung. Die Klage gegen Maßnahmen des Verwaltungszwangs (§ 73b Absatz 5) hat keine aufschiebende Wirkung.
(2) Die Klage gegen Entscheidungen des Bundesamtes, mit denen die Anerkennung als Asylberechtigter oder die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft widerrufen oder zurückgenommen worden ist, hat in folgenden Fällen keine aufschiebende Wirkung:
- 1.
bei Widerruf oder Rücknahme wegen des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder des § 3 Absatz 2, - 2.
bei Widerruf oder Rücknahme, weil das Bundesamt nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen hat.
(1) In den Fällen der Unzulässigkeit nach § 29 Absatz 1 Nummer 2 und 4 und der offensichtlichen Unbegründetheit des Asylantrages beträgt die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist eine Woche.
(2) Das Bundesamt übermittelt mit der Zustellung der Entscheidung den Beteiligten eine Kopie des Inhalts der Asylakte. Der Verwaltungsvorgang ist mit dem Nachweis der Zustellung unverzüglich dem zuständigen Verwaltungsgericht zu übermitteln.
(3) Anträge nach § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsandrohung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen; dem Antrag soll der Bescheid des Bundesamtes beigefügt werden. Der Ausländer ist hierauf hinzuweisen. § 58 der Verwaltungsgerichtsordnung ist entsprechend anzuwenden. Die Entscheidung soll im schriftlichen Verfahren ergehen; eine mündliche Verhandlung, in der zugleich über die Klage verhandelt wird, ist unzulässig. Die Entscheidung soll innerhalb von einer Woche nach Ablauf der Frist des Absatzes 1 ergehen. Die Kammer des Verwaltungsgerichts kann die Frist nach Satz 5 um jeweils eine weitere Woche verlängern. Die zweite Verlängerung und weitere Verlängerungen sind nur bei Vorliegen schwerwiegender Gründe zulässig, insbesondere wenn eine außergewöhnliche Belastung des Gerichts eine frühere Entscheidung nicht möglich macht. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Die Entscheidung ist ergangen, wenn die vollständig unterschriebene Entscheidungsformel der Geschäftsstelle der Kammer vorliegt. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes und die Anordnung und Befristung nach § 11 Absatz 7 des Aufenthaltsgesetzes sind ebenso innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsandrohung bleibt hiervon unberührt.
(4) Die Aussetzung der Abschiebung darf nur angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen. Tatsachen und Beweismittel, die von den Beteiligten nicht angegeben worden sind, bleiben unberücksichtigt, es sei denn, sie sind gerichtsbekannt oder offenkundig. Ein Vorbringen, das nach § 25 Abs. 3 im Verwaltungsverfahren unberücksichtigt geblieben ist, sowie Tatsachen und Umstände im Sinne des § 25 Abs. 2, die der Ausländer im Verwaltungsverfahren nicht angegeben hat, kann das Gericht unberücksichtigt lassen, wenn andernfalls die Entscheidung verzögert würde.
(1) Das Bundesamt erlässt nach den §§ 59 und 60 Absatz 10 des Aufenthaltsgesetzes eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn
- 1.
der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird, - 2.
dem Ausländer nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wird, - 2a.
dem Ausländer kein subsidiärer Schutz gewährt wird, - 3.
die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen oder die Abschiebung ungeachtet des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes ausnahmsweise zulässig ist und - 4.
der Ausländer keinen Aufenthaltstitel besitzt.
(2) Die Abschiebungsandrohung soll mit der Entscheidung über den Asylantrag verbunden werden. Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, sind die Entscheidungsformel der Abschiebungsandrohung und die Rechtsbehelfsbelehrung dem Ausländer in eine Sprache zu übersetzen, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann.
(1) Ein Asylantrag ist offensichtlich unbegründet, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung des internationalen Schutzes offensichtlich nicht vorliegen.
(2) Ein Asylantrag ist insbesondere offensichtlich unbegründet, wenn nach den Umständen des Einzelfalles offensichtlich ist, dass sich der Ausländer nur aus wirtschaftlichen Gründen oder um einer allgemeinen Notsituation zu entgehen, im Bundesgebiet aufhält.
(3) Ein unbegründeter Asylantrag ist als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn
- 1.
in wesentlichen Punkten das Vorbringen des Ausländers nicht substantiiert oder in sich widersprüchlich ist, offenkundig den Tatsachen nicht entspricht oder auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel gestützt wird, - 2.
der Ausländer im Asylverfahren über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder diese Angaben verweigert, - 3.
er unter Angabe anderer Personalien einen weiteren Asylantrag oder ein weiteres Asylbegehren anhängig gemacht hat, - 4.
er den Asylantrag gestellt hat, um eine drohende Aufenthaltsbeendigung abzuwenden, obwohl er zuvor ausreichend Gelegenheit hatte, einen Asylantrag zu stellen, - 5.
er seine Mitwirkungspflichten nach § 13 Abs. 3 Satz 2, § 15 Abs. 2 Nr. 3 bis 5 oder § 25 Abs. 1 gröblich verletzt hat, es sei denn, er hat die Verletzung der Mitwirkungspflichten nicht zu vertreten oder ihm war die Einhaltung der Mitwirkungspflichten aus wichtigen Gründen nicht möglich, - 6.
er nach §§ 53, 54 des Aufenthaltsgesetzes vollziehbar ausgewiesen ist oder - 7.
er für einen nach diesem Gesetz handlungsunfähigen Ausländer gestellt wird oder nach § 14a als gestellt gilt, nachdem zuvor Asylanträge der Eltern oder des allein personensorgeberechtigten Elternteils unanfechtbar abgelehnt worden sind.
(4) Ein Asylantrag ist ferner als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder des § 3 Abs. 2 vorliegen oder wenn das Bundesamt nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen hat.
(5) Ein beim Bundesamt gestellter Antrag ist auch dann als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn es sich nach seinem Inhalt nicht um einen Asylantrag im Sinne des § 13 Abs. 1 handelt.
(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich
- 1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe - 2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, - a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder - b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen, - 2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder - 3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er
- 1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder - 2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.
(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.
(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.
(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.
(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.
(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.
(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:
- 1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, - 2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder - 3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.
(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen, - 2.
eine schwere Straftat begangen hat, - 3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder - 4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.
Tenor
Der Antragstellerin wird für das Verfahren erster Instanz Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt und zur vorläufig unentgeltlichen Wahrnehmung der Rechte Rechtsanwalt U. aus Aachen beigeordnet, § 166 VwGO i.V.m. §§ 114, 115, 121 Abs. 2 ZPO.
Die aufschiebende Wirkung der Klage 4 K 113/16.A gegen die in Ziffer 5 des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 11. Januar 2016 enthaltene Abschiebungsandrohung wird angeordnet.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens, in dem Gerichtskosten nicht erhoben werden.
1
Gründe:
2Die Kammer versteht den wörtlich gestellten Antrag vom 22. Januar 2016,
3die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 11. Januar 2016 anzuordnen,
4bei verständiger Auslegung des Begehrens der Antragstellerin (vgl. § 88 VwGO) dahin, dass neben der Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung (Ziffer 5 des Bescheids) nicht auch die Anordnung der nach § 84 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG entfallenen aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die in Ziffer 6 des Bescheids verfügte Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG begehrt wird. Ein solches Begehren ergibt sich zum Einen nicht ausdrücklich aus der Antragsschrift. Zum Anderen besteht insoweit keine Beschwer der Antragstellerin, so dass sie kein Interesse an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung in Bezug auf die Befristungsentscheidung haben kann. Die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 2 AufenthG auf 12 Monate ist ein die Antragstellerin begünstigender Verwaltungsakt, da ohne diese Befristung das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG unbefristet gilt. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Befristung würde daher zur Folge haben, dass für die Antragstellerin wieder das unbefristete Einreise- und Aufenthaltsverbot gelten würde. Hieran kann sie erkennbar kein Interesse haben. Ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gerichtet auf Festsetzung der Befristung auf "Null" oder eine kürzere Frist dürfte mit Blick auf die insoweit eindeutige Regelung des § 84 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG unstatthaft sein (vgl. § 123 Abs. 5 VwGO).
5Der so verstandene Antrag,
6die aufschiebende Wirkung der Klage (4 K 113/16.A) gegen die in Ziffer 5 des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 11. Januar 2016 enthaltene Abschiebungsandrohung anzuordnen,
7hat Erfolg. Er ist zulässig und begründet.
8Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5 VwGO ist statthaft, da die Klage gegen die Abschiebungsandrohung keine aufschiebende Wirkung hat (vgl. § 75 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 VwGO). Die Antragstellerin hat mit dem Antrag vom 22. Januar 2016 auch die Antragsfrist von einer Woche nach Bekanntgabe des Bescheides (15. Januar 2016) eingehalten (vgl. § 36 Abs. 2 S. 1 AsylG).
9Gemäß § 36 Abs. 4 S. 1 AsylG i.V.m. Art. 16a Abs. 4 S. 1 GG darf die Aussetzung der Abschiebung in Fällen der Ablehnung des Asylantrags als offensichtlich unbegründet nach § 30 AsylG – wie hier – nur angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen.
10Anknüpfungspunkt für die Prüfung ist – neben den allgemeinen Voraussetzungen des § 34 AsylG – die Frage, ob das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) den Asylantrag zu Recht alsoffensichtlich unbegründet abgelehnt hat. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes liegen dann vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die Maßnahme einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhält. Geringe Zweifel reichen nicht aus. Maßgeblich ist das Gewicht der Faktoren, die Anlass zu Zweifeln geben.
11Vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 - 2 BvR 1516/93 -, juris, Rn. 93 ff.
12Nach diesen Maßstäben bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes.
13Das Bundesamt hat den Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, den Antrag auf Asylanerkennung und den Antrag auf subsidiären Schutz gemäß § 30 Abs. 1 AsylG i.V.m. Art. 32 und Art. 31 Abs. 8 Buchst. a der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung internationalen Schutzes (Verfahrensrichtlinie – VRL 2013) mit der Begründung als offensichtlich unbegründet abgelehnt, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, die Voraussetzungen für die Anerkennung als Asylberechtigte und die Voraussetzungen für die Zuerkennung subsidiären Schutzes offensichtlich nicht vorliegen.
14Der Bescheid begegnet allerdings nicht schon deswegen ernstlichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit, weil das Bundesamt das Offensichtlichkeitsurteil auch bezüglich des Antrags auf Zuerkennung subsidiären Schutzes gestützt auf § 30 Abs. 1 AsylG i.V.m. Art. 32 und Art. 31 Abs. 8 Buchst. a VRL 2013 getroffen hat.
15Denn § 30 Abs. 1 AsylG bietet in der vom Bundesamt vorgenommenen Auslegung im Lichte von Art. 32 und Art. 31 Abs. 8 Buchst. a VRL 2013 eine ausreichende Rechtsgrundlage für das Offensichtlichkeitsurteil auch insoweit.
16Vgl. a.A.: wohl VG Düsseldorf, Beschluss vom 22. Dezember 2015 - 7 L 3863/15. A -, juris, Rn. 25 ff. und 52.
17Zwar ist nach dem Wortlaut des § 30 Abs. 1 AsylG ein Asylantrag (schon dann) offensichtlich unbegründet, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft offensichtlich nicht vorliegen. Das Bundesamt hat die Vorschrift jedoch zu Recht dahingehend erweitert ausgelegt, dass für ein Offensichtlichkeitsurteil nach § 30 Abs. 1 AsylG zugleich auch die Voraussetzungen für die Zuerkennung subsidiären Schutzes offensichtlich nicht vorliegen müssen.
18Vgl. Verwaltungsvorschrift des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 20. Juli 2015, Referat 410 - 410-7406-30/15 -, zur unmittelbaren innerstaatlichen Anwendung der Richtlinie 2013/32/EU Rates vom 26. Juni 2013 (Verfahrensrichtlinie), S. 6; in diesem Sinne auch: Hailbronner, Ausländerrecht, Kommentar, Bd. 3, § 30 Rn. 18 ff.; Funke-Kaiser, in: Gemeinschaftskommentar zum AsylVfG, Band 2, Stand: Dezember 2015, § 30 Rn. 8 und 12 f.
19Ein solches Verständnis der Vorschrift ist im Wege einer richtlinienkonformen Auslegung im Hinblick auf die Richtlinie 2013/32/EU geboten. Die Richtlinie war u.a. hinsichtlich der Regelungen über die Ablehnung von Anträgen auf internationalen Schutz als offensichtlich unbegründet nach Art. 32 Abs. 2 VRL 2013 bis zum 20. Juli 2015 umzusetzen (vgl. Art. 51 Abs. 1 VRL 2013). Dies ist bislang nicht geschehen. Der noch die Umsetzung der Verfahrensrichtlinie beabsichtigende Entwurf eines „Gesetzes zur Änderung des Asylverfahrensgesetzes, des Asylbewerberleistungsgesetzes und weiterer Gesetze" vom 14. September 2015 ist nicht in die Gesetzgebungsorgane eingebracht worden. Nach Maßgabe der Übergangsvorschrift des Art. 52 VRL 2013 hat das Bundesamt die Richtlinie auch zu Recht bei der Auslegung von § 30 Abs. 1 AsylG berücksichtigt, auch wenn die Antragstellerin den förmlichen Asylantrag noch vor dem 20. Juli 2015 gestellt hat. Gemäß Unterabs. 1 S. 1 dieser Vorschrift wenden die Mitgliedstaaten die Rechts- und Verwaltungsvorschriften nach Art. 51 Abs. 1 VRL 2013 auf förmlich gestellte Anträge auf internationalen Schutz nach dem 20. Juli 2015 oder „früher an". Für vor diesem Datum förmlich gestellte Anträge gelten die Rechts- und Verwaltungsvorschriften nach Maßgabe der Richtlinie 2005/85/EG (vgl. Art. 52 Unterabs. 1 S. 2 VRL 2013). Die Richtlinie 2013/32/EU kann damit aufgrund des Günstigkeitsprinzips (vgl. „oder früher" in Art. 52 Unterabs. 1 S. 1 VRL 2013 sowie Art. 5 VRL 2013) auch auf – wie hier – vor dem 20. Juli 2015 gestellte förmliche Asylanträge vorzeitig angewandt bzw. bei der Auslegung nationalen Rechts berücksichtigt werden, wenn die dort enthaltenen Regelungen für den Antragsteller günstiger sind als die entsprechenden Regelungen in der Richtlinie 2005/85/EG.
20Vgl. hierzu: BVerwG, Beschluss vom 23. Oktober 2015 - 1 B 41/15 -, NVwZ 2015, 1779 = juris, Rn. 11 f.
21Dies ist hinsichtlich der Regelungen betreffend die Ablehnung von Asylanträgen als offensichtlich unbegründet jedoch der Fall. Denn nach der Richtlinie 2005/85/EG kann ein Asylantrag nach den einschlägigen nationalen Vorschriften bereits dann als offensichtlich unbegründet abgelehnt werden, mit der Folge, dass ein verfahrensbezogenes Bleiberecht bis zur gerichtlichen Entscheidung über den Asylantrag im Hauptsacheverfahren nicht besteht und eine vorzeitige Aufenthaltsbeendigung möglich ist, sofern nicht das Gericht auf Antrag die Aussetzung der Abschiebung anordnet (vgl. §§ 30 Abs. 1, 36, 75 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO), wenn lediglich die Voraussetzungen für die Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft offensichtlich nicht vorliegen (vgl. Art. 28 Abs. 2 i.V.m. Art. 23 Abs. 4 Buchst. a, b und g sowie Art. 39 Abs. 3 VRL 2005). Demgegenüber kann nach der Richtlinie 2013/32/EU ein Antrag auf internationalen Schutz nach den einschlägigen nationalen Vorschriften nur dann mit der oben genannten Rechtsfolge als offensichtlich unbegründet abgelehnt werden, wenn sowohl die Voraussetzung für die Anerkennung als Asylberechtigter als auch die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft als auch die Voraussetzungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzes offensichtlich nicht vorliegen (vgl. Art. 32 Abs. 2 i.V.m. Art. 31 Abs. 8 Buchst. a und e sowie Art. 46 Abs. 5 und 6 VRL 2013). Der Entzug des grundsätzlich gemäß Art. 46 Abs. 5 VRL 2013 vorgesehenen verfahrensbezogenes Bleiberechts während der Dauer des gerichtlichen Verfahrens durch die (qualifizierte) Ablehnung des Antrags als offensichtlich unbegründet ist also nur dann möglich, wenn der Asylantrag hinsichtlich aller drei Verfahrensgegenstände als offensichtlich unbegründet abgelehnt wird. Die Erstreckung des Offensichtlichkeitsurteils auch auf den Verfahrensgegenstand des subsidiären Schutzes stellt somit eine Verbesserung der Rechtsposition der Antragsteller gegenüber der Vorgängerrichtlinie dar.
22Bei der danach möglichen vorzeitigen Anwendung der Richtlinie 2013/32/EU auf vor dem 20. Juli 2015 gestellte förmliche Asylanträge ist nach Ablauf der Umsetzungsfrist jedoch auch eine richtlinienkonformen Auslegung des § 30 Abs. 1 AsylG – wie vom Bundesamt vorgenommen – geboten. Denn die nationalen Behörden sind ebenso wie die nationalen Gerichte nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union aufgrund des Umsetzungsgebots des Art. 288 Abs. 3 AEUV verpflichtet, bei der Anwendung des innerstaatlichen Rechts das innerstaatliche Recht so weit wie möglich anhand des Wortlauts und des Zwecks einer Richtlinie auszulegen, um das in ihr festgelegte Ergebnis zu erreichen und auch die den Einzelnen in der Richtlinie hinreichend bestimmt und unbedingt eingeräumten Rechte zu verwirklichen.
23Vgl. hierzu: BVerwG, Urteil vom 25. Juni 2014 - 6 C 10.13 -, BVerwGE 150, 74 = juris Rn. 52 ff.; EuGH, Urteil vom 5. Oktober 2004 - Rs. C-397/01 bis C-403/01, Pfeiffer u.a. - Slg. 2004, I-8835 - Rn. 113 m.w.N.
24Eine Auslegung des § 30 Abs. 1 AsylG, die den Vorgaben der insoweit hinreichend bestimmten und unbedingten Art. 32 Abs. 2 i.V.m. Art. 31 Abs. 8 Buchst. a und e sowie Art. 46 Abs. 5 und 6 VRL 2013 entspricht, ist nach den nationalen Auslegungsmethoden ohne Weiteres im Sinne einer teleologischen – erweiternden – Auslegung dahingehend möglich, dass der Asylantrag nur dann als offensichtlich unbegründet abzulehnen ist, wenn auch die Voraussetzungen für die Zuerkennung subsidiären Schutzes offensichtlich nicht vorliegen.
25Ein solches Verständnis der Vorschrift ist im Übrigen bereits in dem Begriff des Asylantrags im Sinne von § 13 Abs. 1 und 2 AsylG i.d.F. des zum 1. Dezember 2013 in Kraft getretenen Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status der Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (EU-Flüchtlingsschutz-Richtlinie) vom 28. August 2013 (BGBl. I, S. 3474) angelegt. Denn nach dieser Begriffsbestimmung wird zum Gegenstand des Asylantrags nunmehr ausdrücklich auch das Begehren auf Zuerkennung internationalen Schutzes im Sinne der Richtlinie 2011/95/EU und damit auch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes im Sinne von § 4 AsylG erklärt. Ist dieses Schutzbegehren aber Gegenstand des Asylantrags, kann das Offensichtlichkeitsurteil nach § 30 Abs. 1 AsylG mit der Folge des Wegfalls der aufschiebenden Wirkung und einer beschleunigten Aufenthaltsbeendigung schon aus gesetzessystematischen Gründen nur dann getroffen werden, wenn auch die diesbezüglichen Voraussetzungen offensichtlich nicht vorliegen.
26Da die Richtlinienbestimmungen – wie dargelegt – dem Antragsteller eine günstigere (verfahrensrechtliche) Rechtsposition vermitteln, steht der richtlinienkonformen Auslegung insbesondere auch nicht das Verbot einer unmittelbaren Anwendung der Richtlinien zulasten des Einzelnen entgegen.
27Vgl. hierzu: VG Düsseldorf, Beschluss vom 22. Dezember 2015 - 7 L 3863/15. A -, juris, Rn. 55 und 63 ff.
28Der streitgegenständliche Bescheid begegnet jedoch deswegen ernstlichen Zweifeln, weil die Kammer die Bewertung des Bundesamtes, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung subsidiären Schutzes bezogen auf die Herkunftsregion der Antragstellerin (Bagdad) offensichtlich nicht vorliegen, nach der gegenwärtigen Erkenntnislage nicht teilen kann.
29Die Ablehnung des Asylantrags als offensichtlich unbegründet setzt voraus, dass im maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt der Entscheidung (vgl. § 77 Abs. 1 AsylG) an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen vernünftigerweise keine Zweifel bestehen können und sich bei einem solchen Sachverhalt nach allgemein anerkannter Rechtsauffassung die Ablehnung des Asylantrags geradezu aufdrängt.
30Vgl. BVerfG, Beschluss vom 2. Mai 1984 - 2 BvR 1413/83 -, BVerfGE 67, 43 = juris, Rn. 27; Beschluss vom 20. Dezember 2006 - 2 BvR 2063/06 -, NVwZ 2007, 1046 = juris, Rn. 10 (zur Abweisung der Klage als offensichtlich unbegründet nach § 78 Abs. 1 AsylVfG).
31Gemessen daran lässt sich ein Offensichtlichkeitsurteil bezüglich der Unbegründetheit des Antrags auf Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Auffassung der Kammer nicht treffen, weil nach den ihr vorliegenden Erkenntnissen zumindest weiterer Aufklärungsbedarf in tatsächlicher Hinsicht besteht. In Anbetracht der steigenden Zahl von Anschlägen mit Toten und Verletzten im Großraum Bagdad – gerade auch im Zuge der bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen den irakischen Regierungstruppen und ihren Verbündeten einerseits und der sunnitischen Terrormiliz "Islamischer Staat" andererseits nach deren Vorrücken im Sommer 2014 – bedarf es zur Beurteilung der Frage, ob der Antragstellerin bei einer Rückkehr nach Bagdad aktuell ein ernsthafter Schaden im Sinne von § 4 Abs. 1 Nr. 3 AsylG i.V.m. Art. 15 Buchst. c der Richtlinie 2011/95/EU droht, d.h. ob sie als Zivilpersonen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts zu befürchten hat, weiterer Aufklärung in tatsächlicher Hinsicht. Für eine solche Aufklärung ist im Rahmen des vorliegenden Verfahrens auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes aufgrund dessen vorläufigen Charakters jedoch kein Raum. Sie muss vielmehr dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.
32Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG.
33Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
1
Gründe:
2Der am 18. Dezember 2015 bei Gericht sinngemäß gestellte Antrag,
3die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung in dem Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 15. Dezember 2015 anzuordnen,
4hat keinen Erfolg.
5Es besteht kein Grund, der Klage entgegen der gesetzlichen Grundentscheidung in § 75 AsylG aufschiebende Wirkung zukommen zu lassen. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheides im Sinne von § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG liegen nicht vor.
6Derartige Zweifel liegen nur dann vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die angegriffene Maßnahme einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhält, wobei sich diese Prognose gerade auch auf das Offensichtlichkeitsurteil des Bundesamtes erstrecken muss.
7Vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 – 2 BvR 1516/93 –, juris (= NVwZ 1996, 678 [769 f.]).
8Dies ist nicht der Fall. Denn die Voraussetzungen für den Erlass der in Ziffer 5 des angegriffenen Bescheides des Bundesamtes erlassenen Abschiebungsandrohung gegen die Antragsteller liegen vor. Gemäß §§ 34 Abs. 1, 36 Abs. 1 AsylG erlässt das Bundesamt nach §§ 59 und 60 Abs. 10 AufenthG die Abschiebungsandrohung und setzt eine Ausreisefrist von einer Woche, wenn der Asylantrag eines Ausländers als offensichtlich unbegründet abgelehnt wird.
9Die Ablehnung des Asylantrags der Antragsteller als offensichtlich unbegründet ist zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) von § 29a AsylG gedeckt. Demnach ist der Asylantrag eines Ausländers aus einem Staat im Sinne des Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG (sicherer Herkunftsstaat) als offensichtlich unbegründet abzulehnen, es sei denn, die von dem Ausländer angegebenen Tatsachen oder Beweismittel begründen die Annahme, dass ihm abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat politische Verfolgung droht. Zur Ausräumung der Vermutung des § 29a AsylG ist nur ein Vorbringen zugelassen, das die Furcht vor politischer Verfolgung auf ein individuelles Verfolgungsschicksal des Antragstellers gründet. Dabei kann er seine Furcht vor politischer Verfolgung auch dann auf ein persönliches Verfolgungsschicksal stützen, wenn dieses seine Wurzel in allgemeinen Verhältnissen hat. Die Vermutung ist erst ausgeräumt, wenn der Asylbewerber die Umstände seiner politischen Verfolgung schlüssig und substantiiert vorträgt. Dieser Vortrag muss vor dem Hintergrund der Feststellung des Gesetzgebers, dass in dem jeweiligen Staat im Allgemeinen keine politische Verfolgung stattfindet, der Erkenntnisse der Behörden und Gerichte zu den allgemeinen Verhältnissen des Staates und der Glaubwürdigkeit des Antragstellers glaubhaft sein. Zur Substantiierung trägt insoweit bei, wenn der Asylbewerber die Beweismittel vorlegt oder benennt, die nach den Umständen von ihm erwartet werden können.
10Vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 – 2 BvR 1507/93, 2 BvR 12 BvR 1508/93 –, juris Rn. 97 f. (= BVerfGE 94, 115-166).
11Nach diesen Grundsätzen ist die gesetzliche Vermutung des § 29a Abs. 1 AsylG nicht widerlegt. Albanien – das Herkunftsland des Antragstellers – zählt nach dem am 21. Oktober 2015 in Kraft getretenen Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 20. Oktober 2015 (BGBl I 2015, 1722), welches insoweit keine Übergangsvorschriften vorsieht, zu den sicheren Herkunftsstaaten im Sinne von § 29a Abs. 2 AsylG i.V.m. Anlage II. Ein individuelles Verfolgungsschicksal haben die Antragsteller bei ihrer Anhörung vor dem Bundesamt am 15. Dezember 2015 nicht dargelegt. Ihr Vortrag, sie hätten Albanien aufgrund eines Familienstreites mit dem im selben Haushalt lebenden Vater des Antragstellers zu 1. verlassen, weil der Vater zuletzt versucht habe, seine Schwiegertochter – die Antragstellerin zu 2. – zu vergewaltigen, kann schon deshalb keine asyl- oder flüchtlingsrelevante Verfolgung zu begründen, weil innerfamiliäre Konflikte weder politische Verfolgung i.S.d. Art. 16a Abs. 1 GG noch einen Verfolgungsgrund gemäß § 3 Abs. 1 AsylG darstellen. Zudem sind die Antragsteller wegen der vorgeblichen Bedrohung durch den (Schwieger-)Vater auf den Schutz der generell schutzwilligen und schutzfähigen Sicherheitsbehörden in Albanien zu verweisen, deren Hilfe sie nach eigenen Angaben bewusst nicht in Anspruch genommen haben (§§ 3c Nr. 3, 3d AsylG). Aus diesem Grund scheidet auch die Gewährung subsidiären Schutzes aus (vgl. § 4 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. §§ 3c Nr. 3, 3d AsylG). Schließlich ist nicht ansatzweise dargelegt, dass es den nach eigenem Bekunden wirtschaftlich gut gestellten Antragstellern unmöglich oder unzumutbar wäre, bei ihrer Rückkehr einer erneuten Bedrohung durch Umzug innerhalb Albaniens zu entgehen, vgl. § 3e, § 4 Abs. 3 Satz 1 AsylG.
12Zur weiteren Begründung wird – auch hinsichtlich der Ausführungen zu den Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG sowie zur Abschiebungsandrohung und zur Befristungsentscheidung – gemäß § 77 Abs. 2 AsylG auf die Gründe des angegriffenen Bescheides Bezug genommen.
13Ob die Ablehnung des Asylantrags überdies auch auf § 30 Abs. 1 AsylG gestützt werden könnte, mag vor diesem Hintergrund dahin stehen.
14Die Antragsteller können eine aufschiebende Wirkung der Klage auch nicht unmittelbar aus Art. 46 Abs. 5 der Richtlinie 2013/32/EU ableiten. Denn die Antragsgegnerin hat das sich hieraus ergebende verfahrensrechtliche Bleiberecht in zulässiger Weise gemäß Art. 46 Abs. 6 RL 2013/32/EU eingeschränkt. Die Vorschrift räumt den Mitgliedstaaten die Möglichkeit ein, das durch Art. 46 Abs. 5 eingeräumte Bleiberecht in Fällen der Ablehnung des Antrags auf internationalen Schutz
15– dieser ist gemäߠ Art. 2 lit b) grundsätzlich auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und – hilfsweise (vgl. Art. 2 lit. f der Richtlinie 2011/95/EU) – auf die Gewährung subsidiären Schutzes gerichtet –,
16unter den in lit a) bis d) aufgeführten Fällen zu beenden und verpflichtet sie gleichzeitig – wenn sie von dieser Möglichkeit Gebrauch machen – ein gerichtliches Antragsverfahren gerichtet auf Verschaffung eines solchen Bleiberechts einzuräumen. Hiervon hat die Antragsgegnerin durch die Beschränkung der aufschiebenden Wirkung nach §§ 75 Abs. 1, 36 AsylG und die Möglichkeit des Eilrechtsschutzantrags nach § 80 Abs. 5 VwGO (vgl. § 36 Abs. 3 Satz 1 AsylG) Gebrauch gemacht. Die Beschränkung des Bleiberechts ist nach der Verfahrensrichtlinie für die hier allein in Betracht zu ziehende Variante der Ablehnung nach Art. 46 Abs. 6 lit a) zulässig, wenn ein Antrag entweder im Einklang mit Art. 32 Abs. 2 als offensichtlich unbegründet (1. Alt.) oder nach Prüfung gemäß Artikel 31 Abs. 8 als unbegründet betrachtet wird (2.Alt.), es sei denn diese Entscheidungen sind auf die in Art. 31 Abs. 8 lit. h aufgeführten Umstände (illegale Einreise) gestützt. Art. 32 Abs. 2 ermächtigt die Mitgliedstaaten, unbegründete Anträge, bei denen einer der in Art. 31 Abs. 8 aufgeführten Umstände gegeben ist, als offensichtlich unbegründet zu betrachten, wenn dies so in den nationalen Rechtsvorschriften vorgesehen ist.
17Mit diesen Vorgaben ist die Entscheidung des Bundesamtes, das im angefochtenen Bescheid die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft als offensichtlich unbegründet und die Gewährung subsidiären Schutzes als einfach unbegründet abgelehnt hat, vereinbar. Die Verfahrensrichtlinie eröffnet den Mitgliedstaaten unter den Voraussetzungen des Art. 31 Abs. 8 die Möglichkeit zur Durchführung eines beschleunigten Prüfungsverfahrens. Liegen diese Voraussetzungen von Art. 31 Abs. 8 vor, steht es den Mitgliedstaaten je nach Ausgestaltung ihres nationalen Rechtsrahmens frei, den Antrag auf internationalen Schutz entweder als offensichtlich unbegründet oder als einfach unbegründet abzulehnen. Dabei sind, wie die Verknüpfung „oder“ zeigt, beide Entscheidungsmodalitäten für die Ablehnung eines Antrags auf internationalen Schutz im beschleunigten Verfahren gleichwertig. Welchen Weg das nationale Recht wählt, ist nach Unionsrecht gleichgültig, zumal die materiellen Anforderungen an das beschleunigte Verfahren stets auf das identische Prüfprogramm – die Anforderungen des Art. 31 Abs. 8 – hinauslaufen. Für das beschleunigte Verfahren erforderlich, aber auch ausreichend ist, wenn das nationale Recht sicherstellt, dass vor Ablehnung eines Antrags auf internationalen Schutz geprüft und festgestellt worden ist, dass eine der Fallgruppen des Art. 31 Abs. 8 RL 2013/32/EU gegeben ist. Weitergehende materielle Anforderungen stellt Art. 46 Abs. 6 a) weder über Art. 32 Abs. 2 (1. Alternative) noch mit der 2. Alternative auf.
18Wegen der Gleichwertigkeit beider Alternativen im Hinblick auf den Prüfungsumfang – Antrag auf Gewährung internationalen Schutzes – ist es nach Unionsrecht auch unschädlich, wenn nationales Recht bezüglich des Bestandteils der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft den Weg über die 1. Alternative wählt und die Ablehnung als „offensichtlich unbegründet“ vorschreibt (§§ 29a, 36 Abs. 1 AsylG), bezüglich des subsidiären Schutzes den der 2. Alternative eröffnet. Dabei ist einzustellen, dass das Vorliegen der Voraussetzungen des § 29a Abs. 1 AsylG nicht allein in das beschleunigte Verfahren führt. Denn § 36 Abs. 1 AsylG legt lediglich die Länge der Ausreisefrist fest. Die Ausreisefrist ist Bestandteil des Regelungskomplexes der Abschiebungsandrohung (§ 34 Abs. 1 AsylG, § 59 Abs. 1 AufenthG), die ihrerseits eine Ausreisepflicht voraussetzt (§§ 67 Abs. 1 Nr. 4, 75 Abs. 1 AsylG, 50 AufenthG). Deshalb müssen, um nach nationalem Recht § 36 AsylG anwenden zu können, die Voraussetzungen des § 34 Abs. 1 AsylG vorliegen. Nach § 34 Abs. 1 Nr. 2a AsylG kann eine Abschiebungsandrohung aber nur dann erlassen werden, wenn dem Ausländer auch kein subsidiärer Schutz gewährt wird. Damit bilden über § 34 Abs. 1 AsylG beide Bestandteile des Antrags auf internationalen Schutz eine in Bezug auf die Aufenthaltsbeendigung im beschleunigten Verfahren untrennbare Einheit. Damit hat der nationale Gesetzgeber den Weg ins beschleunigte Verfahren normativ dann eröffnet, wenn der Antragsteller aus einem sicheren Herkunftsstaat kommt und sein Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf beide Bestandteile abgelehnt worden ist, wobei die Ablehnung bezüglich der Flüchtlingseigenschaft in qualifizierter Form als offensichtlich unbegründet erfolgen muss. Dieses Konzept ist von Art. 46 Abs. 6 a) insgesamt gedeckt. Berücksichtigt man ferner, dass Art. 288 Abs. 4 AEUV die Verbindlichkeit der Richtlinie nur hinsichtlich des zu erreichenden Ziels vorgibt, den Mitgliedstaaten jedoch die Wahl der Form und der Mittel überlässt, ist die Annahme einer wie auch immer gearteten „Sperrwirkung“ der 1. Alternative von Art. 46 Abs. 6 a) i.V.m. Art. 32 Abs. 2 abzulehnen. Für das Unionsrecht stellt allein die formale Einheitlichkeit der Tenorierung beider Aspekte des Antrags auf internationalen Schutz als „offensichtlich unbegründet“ gegenüber dem hier streitgegenständlichen Tenor keinen rechtlichen Mehrwert dar.
19Die demnach vorzunehmende Prüfung des Art. 31 Abs. 8 der Verfahrensrichtlinie – mit Ausnahme des Buchst. h – ergibt, dass dessen Voraussetzungen in der Variante von Buchstabe b) erfüllt sind. Demnach können die Mitgliedstaaten ein beschleunigtes Verfahren festlegen, wenn der Antragsteller aus einem „sicheren Herkunftsstaat im Sinne der Richtlinie“ kommt. Die diesbezüglichen Anforderungen des Unionsrechts werden über Art. 36, 37 und Anhang I der Richtlinie präzisiert.
20Gemäß Art. 37 Abs. 1 können die Mitgliedstaaten zum Zwecke der Prüfung von Anträgen auf internationalen Schutz Rechts- oder Verwaltungsvorschriften beibehalten oder erlassen, aufgrund deren sie im Einklang mit Anhang I sichere Herkunftsstaaten bestimmen können. Nach Anhang I gilt ein Staat als sicherer Herkunftsstaat, wenn sich anhand der dortigen Rechtslage, der Anwendung der Rechtsvorschriften in einem demokratischen System und der allgemeinen politischen Lage nachweisen lässt, dass dort generell und durchgängig weder eine Verfolgung im Sinne des Artikels 9 der Richtlinie 2011/95/EU noch Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe noch Bedrohung infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts zu befürchten sind. Für die von dem Mitgliedstaat vorzunehmende Prüfung gibt Art. 37 Abs. 3 ferner die Heranziehung verschiedener Informationsquellen, insbesondere Informationen anderer Mitgliedstaaten, des EASO, des UNHCR und des Europarates sowie anderer internationaler Organisationen vor.
21Diesen Anforderungen wird die durch § 29a Abs. 2 i.V.m. Anlage II AsylG vorgenommene Bestimmung Albaniens als sicherer Herkunftsstaat gerecht. Aus der Gesetzesbegründung zum Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 20. Oktober 2015 (BGBl I, S. 1722)
22BT.Drs. 18/6135, S. 38 ff.
23geht insbesondere deutlich hervor, dass sich die vorzunehmende abstrakt-generelle Prüfung nicht lediglich auf den Schutz bzw. die Sicherheit vor (politischer) Verfolgung, sondern auch auf die Tatbestände des subsidiären Schutzes, namentlich die Sicherheit vor unmenschlicher oder erniedrigender Bestrafung oder Behandlung noch Bedrohung infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen Konfliktes mit erstreckt hat. Hierbei wurden zahlreiche Auskünfte, darunter auch solche des EASO, herangezogen und bewertet. Den von der Richtlinie 2013/32/EU an die Bestimmung des sicheren Herkunftsstaates gestellten Anforderungen ist damit der Sache nach Genüge getan.
24Das nationale Konzept sicherer Herkunftsstaaten ist auch in seiner Ausgestaltung durch Art. 16a Abs. 3 GG und §§ 29a, 34 Abs. 1 und 36 Abs. 1 AsylG mit Art. 36 Abs. 1 der Verfahrensrichtlinie vereinbar. Nach dieser Vorschrift kann ein Drittstaat, der nach dieser Richtlinie als sicherer Herkunftsstaat bestimmt wurde, nach individueller Prüfung des Antrags nur dann als für einen bestimmten Antragsteller sicherer Herkunftsstaat betrachtet werden, wenn a) der Antragsteller die Staatsangehörigkeit des betreffenden Staates besitzt oder b) der Antragsteller staatenlos ist und zuvor seinen gewöhnlichen Aufenthalt in dem betreffenden Staat hatte und er keine schwerwiegenden Gründe dafür vorgebracht hat, dass der Staat in seinem speziellen Fall im Hinblick auf die Anerkennung als Person mit Anspruch auf internationalen Schutz im Sinne der Richtlinie 2011/95/EU nicht als sicherer Herkunftsstaat zu betrachten ist. Zwar erstreckt sich die Reichweite der in § 29a Abs. 1 AsylG normierten Sicherheitsvermutung nach ganz überwiegender Ansicht nicht, wie von Art. 36 Abs. 1 RL 2013/32/EU implizit vorgegeben (vgl. auch Erwägungsgrund Nr. 42), mit auf die Tatbestände des subsidiären Schutzes; sie ist vielmehr nach dem Wortlaut des 29a Abs. 1 AsylG und den verfassungsrechtlichen Vorgaben des Art. 16a Abs. 3 Satz 2 GG entsprechend auf die Prüfungsgegenstände „Asyl“ i.S.d. Art. 16a Abs. 1 GG und des Flüchtlingsschutzes (§ 3 AsylG) beschränkt.
25Vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 – 2 BvR 1507/93, 2 BvR 1508/93 -, BVerfGE 94, 115-166, juris; GK-AsylVfG/Funke-Kaiser, § 29a Rn. 81 f; a.A. Randelzhofer, in: Maunz/Dürig/Herzog, GG, Stand: Februar 1999, Art. 16a Rn. 130.
26Hieraus kann jedoch nicht auf eine Unvereinbarkeit des nationalen Konzepts des sicheren Herkunftsstaates mit der Verfahrensrichtlinie geschlossen werden. Dabei mag offen bleiben, ob § 29a Abs. 1 AsylG im Lichte des geltenden Unionsrechts, insbesondere der Richtlinien 2011/95/EU und 2013/32/EU, bereits vor der – nachzuholenden – Verabschiedung eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2013/32/EU einer entsprechenden teleologischen Extension zugänglich sein könnte oder nicht.
27Vgl. zur Berücksichtigung des Unionsrechts bei der Auslegung von § 29a AsylG Hailbronner, Ausländerrecht, Stand: Februar 2014, § 29a AsylVfG, Rn. 4, 10.
28Denn das bestehende nationale Konzept des sicheren Herkunftsstaates, welches bezüglich der Flüchtlingsanerkennung mit einer widerlegbaren Vermutung arbeitet und diese für den Zugang ins beschleunigte Verfahren ausreichen lässt (vgl. § 36 Abs. 1 AsylG), bezüglich des subsidiären Schutzes jedoch auf eine Vermutung verzichtet und stattdessen eine Vollprüfung des § 4 Abs. 1 AsylG verlangt, stellt – da eine Vollprüfung eine umfangreichere und tiefergehende Prüfung (vgl. Art. 4 Richtlinie 2011/95/EU) als die an eine Vermutung anknüpfende Feststellung erfordert – weitergehend als eine Vermutungsregelung sicher, dass der Herkunftsstaat des Antragstellers „in seinem speziellen Fall“ – auch in Bezug auf den subsidiären Schutz – als sicher zu betrachten ist. Denn bei einem negativen Ausgang der Vollprüfung sind „keine schwerwiegenden Gründe“ im Sinne von Art. 36 Abs. 1 Verfahrensrichtlinie denkbar, die den Schluss rechtfertigen könnten, dass der sichere Herkunftsstaat im Einzelfall nicht als sicherer Herkunftsstaat zu betrachten ist. Stellt aber die im nationalen Recht bei Personen aus sicheren Herkunftsstaaten für den Zugang zum beschleunigten Verfahren vorgeschriebene Vollprüfung des subsidiären Schutzes, vgl. §§ 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 a, 29 a Abs. 1, 36 Abs. 1 AsylG, weitergehend als die Vermutungsregelung sicher, dass für den Antragsteller in seinem speziellen Fall – auch in Bezug auf den subsidiären Schutz – sein Herkunftsstaat als sicher zu betrachten ist, wird ihm damit im nationalen Recht mindestens dasjenige gewährt, was Art. 36 Abs. 1 der Verfahrensrichtlinie erfordert. Damit wird den Gewährleistungen des Art. 46 Abs. 6 a) i.V.m. Art. 31 Abs. 8 b) Verfahrensrichtlinie an einen effektiven Rechtsschutz entsprochen. Dies steht auch in Einklang mit Art. 5 der Verfahrensrichtlinie. Demnach können bei den Verfahren zur Zuerkennung des internationalen Schutzes günstigere Bestimmungen eingeführt oder beibehalten werden, soweit diese Bestimmungen mit dieser Richtlinie vereinbar sind. Dies ist bezüglich des nationalen Rechts der Fall. Bei Ablehnung eines Antrags auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft als offensichtlich unbegründet nach § 29 a Abs. 1 AsylG ist dem Antragsteller aus einem sicheren Herkunftsstaat die Möglichkeit der Widerlegung der Vermutung eröffnet. Für den subsidiären Schutz sieht das nationale Recht bei einer Person aus einem sicheren Herkunftsstaat die günstigere Vollprüfung vor. Es bedarf nationalrechtlich keiner Einräumung einer Widerlegungsmöglichkeit, weil die Ablehnung nicht an die Vermutung anknüpft, dass der sichere Herkunftsstaat auch in dem speziellen des Antragstellers als sicher zu betrachten ist, sondern dies im Rahmen der Vollprüfung festzustellen ist. Diese im nationalen Recht vorgeschriebene Vollprüfung mit dem Ergebnis der Ablehnung des Antrages auf subsidiären Schutz als unbegründet gewährleistet mithin – weitergehend als das Modell Vermutung und Widerlegung der Vermutung –, dass der sichere Herkunftsstaat auch im speziellen Fall des Antragsteller als sicherer Herkunftsstaat zu betrachten ist.
29Vor diesem Hintergrund ist den Antragstellern die Berufung auf eine unzureichende Umsetzung der Richtlinie 2013/32/EU verwehrt.
30Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG.
31Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 Abs. 1 RVG.
32Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).
Tenor
Es wird festgestellt, dass die Klage 7 K 8009/15.A aufschiebende Wirkung hat.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
1
Gründe:
2Der am 1. Dezember 2015 wörtlich gestellte Antrag,
3die aufschiebende Wirkung der Klage gem. § 80 Abs. 5 VwGO anzuordnen,
4hat unter Berücksichtigung des wohlverstandenen Rechtsschutzinteresses der Antragsteller in der tenorierten Fassung Erfolg.
5Der Feststellung der aufschiebenden Wirkung der Klage steht nicht entgegen, dass nach § 75 Abs. 1 AsylG die Klage gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz nur in den Fällen des § 38 Abs. 1 sowie der §§ 73, 73b und 73c aufschiebende Wirkung hat. Der Klage 7 K -8009/15.A kommt nach diesen Vorschriften keine aufschiebende Wirkung zu, da sie gegen die Entscheidung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 7. Oktober 2015 gerichtet ist, mit der die Antragsteller betreffend folgende Entscheidung erging:
6- 7
1. Die Anträge auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft werden als offensichtlich unbegründet abgelehnt.
- 8
2. Die Anträge auf Asylanerkennung werden als offensichtlich unbegründet abgelehnt.
- 9
3. Die Anträge auf subsidiären Schutz werden als offensichtlich unbegründet abgelehnt.
- 10
4. Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 S. 1 des Aufenthaltsgesetzesliegen nicht vor.
- 11
5. Die Antragsteller werden aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen. Sollten die Antragsteller die Ausreisefrist nicht einhalten, werden sie nach Mazedonien abgeschoben. Die Antragsteller können auch in einen anderen Staat abgeschoben werden, in den sie einreisen dürfen oder der zu ihrer Rücknahme verpflichtet ist.
- 12
6. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird gemäß § 11 Abs. 7 des Aufenthaltsgesetzes angeordnet und auf 10 Monate ab dem Tag der Ausreise befristet.
- 13
7. Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot wird gemäß § 11 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes wird auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet.
Es handelt sich wegen der gesetzten Ausreisefrist von nur einer Woche um einen Fall des § 36 Abs. 1 AsylG, in dem die Klage nach § 75 Abs. 1 AsylGkeine aufschiebende Wirkung entfaltet.
15Die Antragsteller können sich indes im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) aufArtikel 46 Abs. 5 der Verfahrensrichtlinie
16Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (Neufassung), ABl. der EU, L 180/60 (Verfahrensrichtlinie)
17berufen (Bleiberecht bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf, I.), dessen Ausnahmen hiervon nicht vorliegen (Befugnis zum „beschleunigten Verfahren“ in Abs. 6, II.) und der im Verhältnis der Antragsteller zur Antragsgegnerin unmittelbar anwendbar ist (III.).
18I. Gemäß Art. 46 Abs. 5 der Verfahrensrichtlinie gestatten die Mitgliedstaaten – unbeschadet des Absatzes 6 (hierzu unter II.) – den Antragstellern den Verbleib im Hoheitsgebiet bis zum Ablauf der Frist für die Ausübung des Rechts der Antragsteller auf einen wirksamen Rechtsbehelf und, wenn ein solches Recht fristgemäß ausgeübt wurde, bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf.
19Aus Art. 46 Abs. 1 und 3 Verfahrensrichtlinie ergibt sich, dass es sich bei dem Rechtsbehelf um einen gerichtlichen Rechtsbehelf (zumindest vor einem erstinstanzlichen Gericht) handeln muss, der eine umfassende Ex-nunc-Prüfung vorsieht, die sich sowohl auf Tatsachen als auch auf Rechtsfragen erstreckt. Nationalrechtlich wird dieses Recht durch die Klagemöglichkeit (§§ 74 ff AsylG) gegen die Entscheidungen des zuständigen Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge und die nach § 80 Abs. 1 VwGO grundsätzlich gewährte aufschiebende Wirkung der Klage umgesetzt und gewährleistet. Insbesondere durch den systematischen Zusammenhang mit Art. 46 Abs. 3, 5 und 6 Verfahrensrichtlinie wird auch deutlich, dass es sich bei dem genannten Rechtsbehelf nicht nur um einen Rechtsbehelf des einstweiligen Rechtsschutzes handeln kann, sondern nationalrechtlich eine Klagemöglichkeit im Hauptsachverfahren erfordert.
20Diese Klagemöglichkeit haben die Antragsteller auch fristgerecht ergriffen. Damit steht ihnen bis zur Entscheidung der Klage ein Recht auf den Verbleib im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaates – Deutschland - zu.
21II. Das Recht auf Verbleib bis zur Entscheidung über die Klage ist gegenüber den Antragstellern auch nicht durch die Ablehnung der Anträge als „offensichtlich unbegründet“ beendet.
22Die Verfahrensrichtlinie räumt den Mitgliedstaaten in Art. 46 Abs. 6 die Möglichkeit ein, dieses verfahrensrechtliche Bleiberecht in Fällen der Ablehnung des Antrags
23der nach Art. 2 lit. b) grundsätzlich die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und die Gewährung subsidiären Schutzes umfasst,
24u.a. als „offensichtlich unbegründet“ zu beenden und verpflichtet sie gleichzeitig – wenn sie von dieser Möglichkeit Gebrauch machen – ein gerichtliches Antragsverfahren gerichtet auf Verschaffung eines solchen Bleiberechts einzurichten. Hiervon hat die Bundesrepublik Deutschland durch die Beschränkung der aufschiebenden Wirkung nach §§ 75 Abs. 1, 34, 36 Abs. 1 AsylG und die Möglichkeit des Antrages nach § 80 Abs. 5 VwGO grundsätzlich Gebrauch gemacht.
25Die Beschränkung des Bleiberechts ist nach der Verfahrensrichtlinie für die hier allein in Betracht zu ziehende Variante der Ablehnung als „offensichtlich unbegründet“ nach Art. 46 Abs. 6 lit a) indes nur zulässig, wenn ein Antragim Einklang mit Artikel 32 Absatz 2 der Verfahrensrichtlinie als offensichtlich unbegründet oder nach Prüfung gemäß Artikel 31 Absatz 8 als unbegründet betrachtet wird, es sei denn diese Entscheidungen sind auf die in Artikel 31 Absatz 8 Buchstabe h aufgeführten Umstände (unerlaubte Einreise und Aufenthalt) gestützt.
26Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
27Zwar hat das Bundesamt auch den Antrag auf Gewährung subsidiären Schutzes in Ziffer 3. des angefochtenen Bescheides als „offensichtlich unbegründet“ abgelehnt, es hat damit aber nicht die Voraussetzungen des Art. 46 Abs. 6 Verfahrensrichtlinie zu begründen vermocht. Denn die Ablehnungsentscheidung als „offensichtlich unbegründet“ kann nach dem klaren Richtlinienwortlaut das verfahrensrechtliche Bleiberecht des Art. 45 Abs. 5 nur dann beenden, wenn sie „im Einklang mit Artikel 32 Abs. 2“ ergeht. Nach Art. 32 Abs. 2 Verfahrensrichtlinie setzt die Möglichkeit der Ablehnung von unbegründeten Anträgen,
28bei denen einer der in Artikel 31 Absatz 8 aufgeführten Umstände gegeben ist,
29als „offensichtlich unbegründet“ voraus, dass dies so in den nationalen Rechtsvorschriften vorgesehen ist.
30Das Asylgesetz bietet (derzeit) aber keine Rechtsgrundlage zur Ablehnung eines Antrages auf Gewährung subsidiären Schutzes als „offensichtlich unbegründet“.
31Dies gilt zunächst für die hier in Betracht zu ziehende Vorschrift des § 29a AsylG, auf die das Bundesamt die angefochtene Tenorierung stützt. Denn die Vorschrift bietet (derzeit) nur eine Ermächtigungsgrundlage, die begehrte Anerkennung als Asylberechtigter und die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft die Grundlage zur Ablehnung als „offensichtlich unbegründet“ abzulehnen.
32Nach § 29a Abs. 1 AsylG ist der Asylantrag eines Ausländers aus einem Staat im Sinne des Artikels 16a Abs. 3 Grundgesetz (sicherer Herkunftsstaat) als offensichtlich unbegründet abzulehnen, es sei denn, die von dem Ausländer angegebenen Tatsachen oder Beweismittel begründen die Annahme, dass ihm abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsland politische Verfolgung droht. Dem steht die Verwendung des Begriffs „Asylantrag“ und dessen Definition in § 13 Abs. 1 AsylG nicht entgegen. Danach werden alle Streitgegenstände des AsylG
33außer der dem Bundesamt nach § 24 Abs. 1 AsylG zugewiesenen Entscheidung der ausländerrechtlichen Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG
34umfasst. Hieraus kann jedoch nicht geschlossen werden, die Vorschrift des § 29a Abs.1 AsylG erstrecke damit auch die qualifizierte Ablehnung als offensichtlich unbegründet auf den im Asylantrag enthaltenen Antrag auf Zuerkennung subsidiären Schutzes.
35In diesem Sinne Zeitler, HTK-AuslR § 13 AsylG, Anm 1.
36Ein solches Verständnis, das der Änderung des § 13 Abs. 1 und 2 AsylG
37durch das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie vom 28. August 2013, BGBl. I 3474
38durchaus zu Grunde gelegen haben mag,
39vgl. Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zu Nummer 14 (§ 13) a) in BT Drs. 17/13063 S. 20,
40würde bei der derzeit unvollständigen Umsetzung der Verfahrensrichtlinie dazu führen, dass ein alle Streitgegenstände des AsylG umfassender Asylantrag – also auch der Antrag auf subsidiären Schutz nach § 4 AsylG - nach § 29a Abs. 1 AsylG als offensichtlich unbegründet abgelehnt werden könnte,obwohl die Voraussetzungen für subsidiären Schutz vorliegen. Denn nach dem Wortlaut der Vorschrift kann der aus einem sicheren Herkunftsstaat stammende Ausländer diese Entscheidung nur abwenden, wenn die von ihm angegebenen Tatsachen oder Beweismittel die Annahme begründen, dass ihm abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsland politische Verfolgung drohe. Dieses widersinnige Ergebnis lässt sich derzeit nur vermeiden, wenn der Begriff des „Asylantrags“ im Sinne des § 29a AsylG entgegen des Wortlauts des § 13 Abs. 1, 2 AsylG teleologisch auf die Streitgegenstände „Asyl“ und „Flüchtlingseigenschaft“ reduziert wird.
41Auch die verfassungsunmittelbare Vermutung nach Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG
42- und dessen Ausformung in § 29a Abs. 1 AsylG –
43der Verfolgungsfreiheit von Personen, die aus sicheren Herkunftsstaaten im Sinne des Gesetzes stammen, bezieht sich nämlich allein auf die Freiheit vor politischer Verfolgung
44Hailbronner, Ausländerrecht, zu § 29a AsylG, Rz. 21 und 25; Funke-Kaiser in GK-AsylVfG, zu § 29a Rz. 81ff; BeckOK Heusch AsylVfG § 29a Rn. 33-36;
45und damit auf die Streitgegenstände der Asylanerkennung nach Art. 16a Abs. 1 GG und derZuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG/§ 60 Abs. 1 AufenthG.
46So ausdrücklich BeckOK Heusch AsylVfG § 29a Rn. 33f; Funke-Kaiser in GK-AsylVfG, zu § 29a Rz. 81f.
47Denn zum Einen ist in Art. 16a Abs.3 S. 2 Halbsatz 1 GG entsprechend der im zweiten Halbsatz vorgenommenen Präzisierung das Wort „verfolgt“ um das Adverb „politisch“ zu ergänzen.
48BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 – 2 BvR 1507/93, 2 BvR 1508/93 –, BVerfGE 94, 115-166, - juris Rz. 93.
49Zum Anderen regelt die in Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG genannte Aufzählung der Gefahren „unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung“ nicht die Reichweite der Vermutungswirkung, sondern allein die Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, damit der (einfachrechtliche) Gesetzgeber Staaten zu „sicheren Herkunftsstaaten“ bestimmen darf und geht damit über den Schutzbereich des Art. 16a Abs. 1 GG hinaus. Damit erstreckt sich die Vermutung von Vornherein nicht darauf, dass dem Asylbewerber aus dem sicheren Herkunftsstaat keine unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung droht.
50BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 – 2 BvR 1507/93, 2 BvR 1508/93 –, BVerfGE 94, 115-166, - juris Leitsatz Nr. 5, Rz. 95.
51Eine Ablehnung des Streitgegenstands „subsidiärer Schutz“ als offensichtlich unbegründet lässt sich demnach auf § 29a AsylG nicht stützen. Vielmehr sind Bundesamt und Verwaltungsgerichte, an die sich die gesetzliche Vermutung richtet, verpflichtet, die Voraussetzungen des subsidiären Schutzes i.S.v. § 4 AsylG sowie Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG in jedem Einzelfall zu prüfen.
52So ausdrücklich auch BeckOK Heusch AsylVfG § 29a Rn. 33f und Marx AsylVfG § 29a Rn. 24.
53Dass hiervon auch die Bundesregierung ausgeht, ergibt sich aus dem noch die Umsetzung der Verfahrensrichtlinie beabsichtigenden Entwurf eines „Gesetzes zur Änderung des Asylverfahrensgesetzes, des Asylbewerberleistungsgesetzes und weiterer Gesetze“ vom 14. September 2015 (12:30 Uhr), der letztlich aber nicht in die Gesetzgebungsorgane eingebracht wurde. Darin war vorgesehen, in § 29a Abs. 1 AsylG das Wort „politische“ zu streichen und nach dem Wort „Verfolgung“ die Wörter „oder ein ernsthafter Schaden“ einzufügen. Damit hätte der Gesetzgeber die Vermutungswirkung, die sich aus der Herkunft aus einem sicheren Herkunftsstaat ergibt, auf die Freiheit vor den Gefahren, vor denen der subsidiäre Schutz bewahren soll, ausgedehnt.
54Die angefochtene Tenorierung lässt sich auch nicht auf die Vorschrift § 30 Abs. 1 und 2 AsylG stützen, die das Bundesamt insoweit zu Recht auch nicht heranzieht. Auch im Rahmen dieser Vorschrift könnte aus der Benutzung des in § 13 Abs. 1 und 2 AsylG definierten Begriffs „Asylantrag“ der Schluss gezogen werden, die Norm ermögliche (auch) die Ablehnung des darin enthaltenen Antrags auf subsidiären Schutz als „offensichtlich unbegründet“. Und mit Blick auf die weiteren Voraussetzungen der Norm, dass die „Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft offensichtlich nicht vorliegen“, wäre mithin denkbar, den im Asylantrag enthaltenen Antrag auf subsidiären Schutz als offensichtlich unbegründet abzulehnen, obwohl die Voraussetzungen für den subsidiären Schutz vorliegen. Auch in diesem Zusammenhang ist jedoch aus den vorgenannten Gründen derzeit eine teleologische Reduktion des Begriffs „Asylantrag“ auf die Streitgegenstände „Asylanerkennung“ und „Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft“ geboten.
55Dem § 29a AsylG kann auch nicht im Wege der richtlinienkonformen Auslegung eine Ermächtigungsgrundlage zur Ablehnung eines Antrages auf Zuerkennung subsidiären Schutzes als „offensichtlich unbegründet“ entnommen werden. Der aus Art. 4 Abs. 3 EUV folgende Grundsatz der Unionstreue verpflichtet alle mitgliedstaatlichen Stellen, also auch Gerichte, dazu, diejenige Auslegung des nationalen Rechts zu wählen, die dem Inhalt einer EU-Richtlinie in der ihr vom Europäischen Gerichtshof gegebenen Auslegung entspricht. Allerdings findet die Pflicht zur Verwirklichung des Richtlinienziels im Auslegungswege zugleich ihre Grenzen an dem nach innerstaatlicher Rechtstradition methodisch Erlaubten.
56BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 26. September 2011 – 2 BvR 2216/06, 2 BvR 469/07 –, juris Rz 46f.
57Methodisch ausgeschlossen ist hier eine erweiternde Auslegung des § 29a AsylG schon deswegen, weil der Gesetzgeber die (Neu-)Fassung der Verfahrensrichtlinie mit den über die Vorgängerrichtlinie hinausgehenden Regelungen noch überhaupt nicht umgesetzt hat. Es hieße die Lehre der unmittelbaren Anwendbarkeit (s.u. III.) von nicht oder nicht rechtzeitig umgesetzten Richtlinien umzukehren, wollte man aus der Richtlinie heraus das nationale Recht erweiternd auslegen, um so dem säumigen Gesetzgeber eines Mitgliedstaates Ermächtigungsgrundlagen zu verschaffen. Darüber hinaus stellt die Verfahrensrichtlinie, wie sich schon aus dem Wortlaut des Art. 32 Abs. 2 ergibt, das beschleunigte Asylverfahren unter den ausdrücklichen Vorbehalt des Gesetzgebers des Mitgliedsstaates.
58III. Das den Antragstellern zustehende Bleiberecht bis zur Entscheidung der Klage aus Art. 46 Abs. 5Verfahrensrichtlinie ist im Verhältnis der Antragsteller und der Antragsgegnerin auch unmittelbar anwendbar.
59Zunächst ist die Verfahrensrichtlinie in ihrer aktuellen Fassung gem. Art. 52 Abs. 1 (Übergangsbestimmungen) auf die Asylanträge der Antragsteller anwendbar. Danach sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, die Rechts- und Verwaltungsvorschriften nach Artikel 51 Absatz 1
60i.e. die Artikel 1 bis 30, Artikel 31 1, 2 und 6 bis 9, den Artikeln 32 bis 46, den Artikeln 49 und 50 sowie den Anhang I
61auf förmlich gestellte Anträge auf internationalen Schutz
62sowie auf hier nicht weiter einschlägige eingeleitete Verfahren zur Aberkennung des internationalen Schutzes
63nach dem 20. Juli 2015 oder früher anzuwenden.
64Die Antragsteller haben ihre Asylanträge nach Aktenlage am 21. Juli 2015 und damit nach dem vorgenannten Stichtag gestellt.
65Nach Art. 288 S. 4 AEUV
66Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union vom 25. März 1957, UNTS Bd. 298 S. 11;
67ist eine Richtlinie für jeden Mitgliedstaat, an den sie gerichtet wird, hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich, überlässt jedoch den innerstaatlichen Stellen die Wahl der Form und der Mittel. Damit begründen Richtlinien im Ausgangspunkt keine Rechte oder Pflichten einzelner sich im innerstaatlichen Recht gegenüberstehender Rechtsträger, sondern nur Pflichten für die Mitgliedstaaten. Die Mitgliedstaaten haben also die Pflicht, die von der Richtlinie formulierten Ziele in nationales Recht umzusetzen, indem ihre Organe inhaltlich den Vorgaben der Richtlinie entsprechend Regelungen im nationalen Recht erlassen.
68Nach der Rechtsprechung des EuGH
69EuGH, Rs. 148/78 (Ratti), Slg 1979, 1629 Rdn. 18; Rs. 8/81 (Becker), Slg. 1982, 53 Rdn. 24f; Streinz, EUV/EGV, zu Art. 249 EUV Rdn. 101ff; zu Unterlassungspflichten zuletzt: EuGH, Urteil vom 19.2.2009 (Soysal), Rs. C‑228/06 , InfAuslR 2009, 135.
70ist eine unmittelbare Anwendbarkeit europäischer Richtlinien im Verhältnis zwischen den staatlichen Behörden und dem Einzelnen aber dann anzunehmen, wenn die Vorschrift nach Ablauf der Umsetzungsfrist nicht hinreichend in nationales Recht umgesetzt ist, die Bestimmung hinreichend genau die Verpflichtung einer staatlichen Stelle begründet und die Verpflichtung nicht an eine Bedingung geknüpft ist. Durch diese vom EuGH entwickelte „unmittelbare Wirkung“ europäischer Rechtsakte wird gewährleistet, dass die Mitgliedstaaten die effektive Geltung der in Richtlinien enthaltenen Vorgaben nicht durch bloße Untätigkeit über die Umsetzungsfrist hinaus oder durch unzureichende Umsetzung verzögern oder vermeiden können. Daraus folgt aber zugleich, dass die unmittelbare Anwendbarkeit nur gegenüber den staatlichen Stellen gegeben sein kann, denn die Richtlinien richten sich von vornherein nur an die Mitgliedstaaten. Das heißt, der Mitgliedstaat und seine Organe und Behörden können sich nicht gegenüber einer Privatperson zu deren Lasten auf Regelungen der Richtlinie stützen. Dies widerspräche auch dem Sanktionscharakter der unmittelbaren Anwendbarkeit.
71Die Voraussetzungen für die unmittelbare Anwendbarkeit des Art. 46 Abs. 5 Verfahrensrichtlinie liegen hier vor.
72Dies sieht auch die Antragsgegnerin so: BAMF Referat 410 „Leitfaden zur unmittelbaren innerstaatlichen Anwendung der Richtlinie 2013/32/EU des Rates vom 26.6.2013 (Verfahrensrichtlinie)“, in InfAuslR 2015, 398.
73Die Verfahrensrichtlinie vom 26. Juni 2013 war nach Art. 51 Abs. 1 der Richtlinie hinsichtlich der hier einschlägigen Vorschriften bis spätestens zum 20. Juli 2015 umzusetzen. Die Umsetzungspflicht ist – bezogen auf die Vorschriften über das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf - auch nicht durch Nr. 61 der Erwägungsgründe eingeschränkt, weil diese Vorschriften im Vergleich zu der Richtlinie 2005/85/EG
74vom 1. Dezember 2005 über Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung und Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft, Abl L 326/13,
75inhaltlich geändert wurden. Dies ergibt sich schon daraus, dass Art. 39 Abs. 3 Richtlinie 2005/85/EG es noch den Mitgliedstaaten überließ, ein verfahrensabhängiges Bleiberecht bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf zu gewährleisten, während Art. 46 Abs. 5 Verfahrensrichtlinie dies nun für den Regelfall vorschreibt.
76Die Bundesrepublik Deutschland hat bis zum 20. Juli 2015 (und bis heute) keine Rechtsvorschriften erlassen, die im Einklang mit den Vorschriften der Verfahrensrichtlinie das dort in Art. 46 Abs. 5 verbriefte Recht auf Verbleib im Hoheitsgebiet bis zum Ablauf der Frist für die Ausübung des Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf und, wenn ein solches Recht fristgemäß ausgeübt wurde, bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf beenden (s.o. I.). Die nach Art. 46 Abs. 6 lit. a) und Art. 32 Abs. 2 Verfahrensrichtlinie erforderliche (nationale) Ermächtigungsgrundlage zur Ablehnung eines Antrages auf subsidiären Schutz als „offensichtlich unbegründet“ gibt es nicht.
77Der Bundesgesetzgeber hat weder das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 20. Oktober 2015 (BGBl. I S. 1722) noch das vorletzte Änderungsgesetz zum Asylverfahrensgesetz (Artikel 2 des Gesetzes vom 23. Dezember 2014, BGBl I S. 2439) noch das Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 27. Juli 2015, BGBl I S. 1386, für entsprechende Änderungen genutzt.
78Die Verfahrensrichtlinie selbst kann nach der oben dargestellten Rechtsprechung des EuGH aus systematischen Gründen nicht als Ermächtigungsgrundlage für Entscheidungen des Bundesamtes herangezogen werden, denn nicht die Mitgliedstaaten und ihre Organe und Behörden – hier das Bundesamt – können sich gegenüber den Betroffenen nach der oben dargestellten Systematik auf die unmittelbare Anwendbarkeit der Richtlinie berufen, sondern nur die betroffenen selbst. Auch inhaltlich kann die Antragsgegnerin sich nicht auf die unmittelbare Anwendbarkeit berufen, da Art. 32 Abs. 2 Verfahrensrichtlinie - wie bereits ausgeführt – voraussetzt, dass die nationalen Rechtsvorschriften die Ablehnung eines Antrages - auch soweit er auf die Gewährung subsidiären Schutzes gerichtet ist – als „offensichtlich unbegründet“ vorsehen. Dieser Vorbehalt entsprechender nationalrechtlicher Vorschriften kann nicht durch den Rückgriff auf die Richtlinie umgangen werden.
79Die Bestimmung des Art. 46 Abs. 5 Verfahrensrichtlinie, auf die sich die Antragsteller mit dem vorliegenden Antrag berufen, ist in ihrer Verpflichtung der staatlichen Stellen hinreichend genau und nicht an eine Bedingung geknüpft. Ihr lässt sich ohne weitere Voraussetzungen entnehmen, dass die Mitgliedstaaten den Antragstellern den Verbleib im Hoheitsgebiet gestatten, bis die Klagefrist abgelaufen oder im Fall der Klageerhebung über die Klage entschieden ist.
80Nationalrechtlich lässt sich damit die unmittelbare Anwendbarkeit der Verfahrensrichtlinie im Hinblick auf Art. 46 Abs. 5 durch die tenorierte Feststellung der aufschiebenden Wirkung der Klage verwirklichen.
81Das Gericht weist daraufhin, dass mit der tenorierten Feststellung dem Antrag der Antragsteller gem. § 37 Abs. 2 AsylG entsprochen wurde und die im angefochtenen Bescheid gesetzteAusreisefrist von Gesetzes wegen nunmehr 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Verfahrens endet.
82Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 VwGO, 83b AsylG.
83Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
Tenor
Es wird festgestellt, dass die Klage 7 K 339/15.A aufschiebende Wirkung hat.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
1
Gründe:
2Der am 19. Januar 2016 gestellte Antrag,
3die aufschiebende Wirkung der Klage gem. § 80 Abs. 5 VwGO anzuordnen,
4hat unter Berücksichtigung des wohlverstandenen Rechtsschutzinteresses der Antragsteller in der tenorierten Fassung Erfolg.
5Der Feststellung der aufschiebenden Wirkung der Klage steht nicht entgegen, dass nach § 75 Abs. 1 AsylG die Klage gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz nur in den Fällen des § 38 Abs. 1 sowie der §§ 73, 73b und 73c aufschiebende Wirkung hat. Der Klage 7 K 339/16.A kommt nach diesen Vorschriften aufschiebende Wirkung nicht zu, da sie gegen die Entscheidung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 9. Dezember 2015 gerichtet ist, mit der die Antragsteller betreffend folgende Entscheidung erging:
6- 7
1. Die Anträge auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft werden als offensichtlich unbegründet abgelehnt.
- 8
2. Die Anträge auf Asylanerkennung werden als offensichtlich unbegründet abgelehnt.
- 9
3. Die Anträge auf subsidiären Schutz werden abgelehnt.
- 10
4. Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 S. 1 des Aufenthaltsgesetzesliegen nicht vor.
- 11
5. Die Antragsteller werden aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen. Sollten die Antragsteller die Ausreisefrist nicht einhalten, werden sie nach Mazedonien abgeschoben. Die Antragsteller können auch in einen anderen Staat abgeschoben werden, in den sie einreisen dürfen oder der zu ihrer Rücknahme verpflichtet ist.
- 12
6. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird gemäß § 11 Abs. 7 des Aufenthaltsgesetzes angeordnet und auf 10 Monate ab dem Tag der Ausreise befristet.
- 13
7. Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot wird gemäß § 11 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes wird auf 36 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet.
Es handelt sich wegen der gesetzten Ausreisefrist von nur einer Woche um einen Fall des § 36 Abs. 1 AsylG, in dem die Klage nach § 75 Abs. 1 AsylGkeine aufschiebende Wirkung entfaltet.
15Die Antragsteller können sich indes im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) aufArtikel 46 Abs. 5 der Verfahrensrichtlinie
16Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (Neufassung), ABl. der EU, L 180/60 (Verfahrensrichtlinie)
17berufen (Bleiberecht bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf, I.), dessen Ausnahmen hiervon nicht vorliegen (Befugnis zum „beschleunigten Verfahren“ in Abs. 6, II.) und der im Verhältnis der Antragsteller zur Antragsgegnerin unmittelbar anwendbar ist (III.).
18I. Gemäß Art. 46 Abs. 5 der Verfahrensrichtlinie gestatten die Mitgliedstaaten – unbeschadet des Absatzes 6 (hierzu unter II.) – den Antragstellern den Verbleib im Hoheitsgebiet bis zum Ablauf der Frist für die Ausübung des Rechts der Antragsteller auf einen wirksamen Rechtsbehelf und, wenn ein solches Recht fristgemäß ausgeübt wurde, bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf.
19Aus Art. 46 Abs. 1 und 3 Verfahrensrichtlinie ergibt sich, dass es sich bei dem Rechtsbehelf um einen gerichtlichen Rechtsbehelf (zumindest vor einem erstinstanzlichen Gericht) handeln muss, der eine umfassende Ex-nunc-Prüfung vorsieht, die sich sowohl auf Tatsachen als auch auf Rechtsfragen erstreckt. Nationalrechtlich wird dieses Recht durch die Klagemöglichkeit (§§ 74 ff AsylG) gegen die Entscheidungen des zuständigen Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge und die nach § 80 Abs. 1 VwGO grundsätzlich gewährte aufschiebende Wirkung der Klage umgesetzt und gewährleistet. Insbesondere durch den systematischen Zusammenhang mit Art. 46 Abs. 3, 5 und 6 Verfahrensrichtlinie wird auch deutlich, dass es sich bei dem genannten Rechtsbehelf nicht nur um einen Rechtsbehelf des einstweiligen Rechtsschutzes handeln kann, sondern nationalrechtlich eine Klagemöglichkeit im Hauptsachverfahren erfordert.
20Diese Klagemöglichkeit haben die Antragsteller auch fristgerecht ergriffen
21Damit steht ihnen bis zur Entscheidung der Klage ein Recht auf den Verbleib im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaates – Deutschland - zu.
22II. Das Recht auf Verbleib bis zur Entscheidung über die Klage würde weder durch die Ablehnung der Anträge insgesamt als „offensichtlich unbegründet“ beendet
23Vgl. hierzu ausführlich: Beschluss der Kammer vom 22. Dezember 2015 – 7 L 3863/15.A, -, juris,
24noch wird es - wie im vorliegenden Fall tenoriert – durch die Ablehnung hinsichtlich Asyl und Flüchtlingseigenschaft als „offensichtlich unbegründet“ und hinsichtlich des subsidiären Schutzes als „einfach unbegründet“ beendet.
25Die Verfahrensrichtlinie räumt den Mitgliedstaaten in Art. 46 Abs. 6a) die Möglichkeit ein, dieses verfahrensrechtliche Bleiberecht aus Art. 46 Abs. 5 nach sachlicher Prüfung auf zwei Wegen zu beenden. In Fällen einer Entscheidung, einen Antrag
26der nach Art. 2 lit. b) grundsätzlich die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und die Gewährung subsidiären Schutzes umfasst,
27als „offensichtlich unbegründet“ zu betrachten oder nach Prüfung gemäß Artikel 31 Absatz 8 Verfahrensrichtlinie als unbegründet zu betrachten (mit Ausnahme der Gründe nach Buchstabe h)) kann das sog. „beschleunigte Verfahren“ eröffnet sein. Die Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten gleichzeitig – wenn sie von der Möglichkeit des beschleunigten Verfahrens Gebrauch machen – ein gerichtliches Antragsverfahren gerichtet auf Verschaffung eines solchen verfahrensbezogenen Bleiberechts einzurichten.
28Die Bundesrepublik Deutschland hat durch die Beschränkung der aufschiebenden Wirkung nach §§ 75 Abs. 1, 34, 36 Abs. 1 AsylG und die Möglichkeit des Antrages nach § 80 Abs. 5 VwGO grundsätzlich von demersten in der Verfahrensrichtlinie zugelassenen Weg Gebrauch gemacht. Denn hiernach entfaltet die Klage gegen Entscheidungen des Bundesamtes, mit denen eine Abschiebungsandrohung erlassen wird, nur dann aufschiebende Wirkung, wenn eine Ausreisefrist von 30 Tagen gesetzt wird. Nach § 36 Abs.1 AsylG beträgt die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist in Fällen der Unbeachtlichkeit oder der offensichtlichen Unbegründetheit des Asylantrags eine Woche. Damit hat der Gesetzgeber des Asylgesetzes die Entscheidung, ob dem klagenden Asylsuchenden ein verfahrensrechtliches Bleiberecht bis zur Entscheidung seines Rechtsbehelfs zustehen soll, ausschließlich von der ihm vom Bundesamt zu setzenden Ausreisefrist abhängig gemacht.
29Die Voraussetzungen des § 36 Abs. 1 AsylG liegen im Falle der Antragsteller nicht vor.
30Die Asylanträge der Antragsteller sind nicht unbeachtlich im Sinne des § 29 Abs. 1 AsylG, weil das Bundesamt in der angefochtenen Entscheidung nicht festgestellt hat, dass sie offensichtlich in einem sonstigen Drittstaat vor politischer Verfolgung sicher waren und die Rückführung in diesen oder einen anderen sicheren Staat möglich ist.
31Die Asylanträge der Antragsteller sind auch nicht offensichtlich unbegründet. Nach § 13 Abs. 2 Satz 1 AsylG wird mit jedem Asylantrag die Anerkennung als Asylberechtigter sowie internationaler Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 beantragt. Internationaler Schutz umfasst danach die Flüchtlingseigenschaft (§ 3 AsylG) und subsidiären Schutz (§ 4 AsylG). Die Vorschrift des § 36 Abs. 1 AsylG,
32die keine Beschränkung des Begriffs „Asylantrag“ enthält und auch nicht einschränkend ausgelegt werden muss oder kann,
33setzt demnach voraus, dass die Ablehnung als „offensichtlich unbegründet“ alle drei Elemente des Antrags umfasst. Dies hat das Bundesamt in seiner im Klageverfahren angefochtenen Entscheidung nicht verfügt.
34Die Kammer folgt auch nicht der Entscheidung der 6. Kammer des Gerichts,
35Beschluss vom 13. Januar 2016, - 6 L 4047/15.A -,
36die von der Erwägung ausgeht, dass beide von der Verfahrensrichtlinie eröffneten Wege zu einem beschleunigten Verfahren gleichwertig nebeneinander bestehen und von den Mitgliedstaaten quasi gemischt beschritten werden können; wegen der durch § 34 Abs. 1 Nr. 2a AsylG vorausgesetzten und im Ergebnis ablehnenden Prüfung des subsidiären Schutzes, könne insoweit auch die Ablehnung des Antrags auf subsidiären Schutzes als einfach unbegründet zulässigerweise ins beschleunigte Verfahren führen.
37In diesem Sinn auch VG Minden, Beschluss vom 17. November 2015, - 10 L 1222/15.A -.
38Abgesehen davon, dass sich diese Argumentation zum Vorliegen der Tatbestands-voraussetzungen des § 36 Abs. 1 AsylG nicht verhält, könnte mit dem Rückgriff auf § 34 Abs. 1 AsylG dann auch eine Ablehnung der Flüchtlingseigenschaft oder der Asylgewährung nach Art. 16a GG als einfach unbegründet bei der Ablehnung der Anträge als offensichtlich unbegründet im Übrigen auf ein beschleunigtes Verfahren führen. Dies widerspricht ersichtlich der Konzeption des Asylgesetzes.
39Zusammenfassend lässt sich feststellen:
40Das Asylgesetz bietet (derzeit) weder eine Rechtsgrundlage zur Ablehnung eines Antrages auf Gewährung subsidiären Schutzes als „offensichtlich unbegründet“
41Vgl. hierzu: Beschluss der Kammer vom 22. Dezember 2015 – 7 L 3863/15.A, -, juris,
42noch eröffnet das Asylgesetz die Möglichkeit, im Falle der Ablehnung des Antrags auf subsidiären Schutz als (einfach) unbegründet eine Ausreisefrist von nur einer Woche zu verfügen.
43III. Das den Antragstellern zustehende Bleiberecht bis zur Entscheidung der Klage aus Art. 46 Abs. 5Verfahrensrichtlinie ist im Verhältnis der Antragsteller und der Antragsgegnerin auch unmittelbar anwendbar.
44Zunächst ist die Verfahrensrichtlinie in ihrer aktuellen Fassung gem. Art. 52 Abs. 1 (Übergangsbestimmungen) auf die Asylanträge der Antragsteller anwendbar. Danach sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, die Rechts- und Verwaltungsvorschriften nach Artikel 51 Absatz 1
45i.e. die Artikel 1 bis 30, Artikel 31 1, 2 und 6 bis 9, den Artikeln 32 bis 46, den Artikeln 49 und 50 sowie den Anhang I
46auf förmlich gestellte Anträge auf internationalen Schutz
47sowie auf hier nicht weiter einschlägige eingeleitete Verfahren zur Aberkennung des internationalen Schutzes
48nach dem 20. Juli 2015 oder früher an.
49Die Antragsteller haben ihre Asylanträge nach Aktenlage am 21. Juli 2015 und damit nach dem vorgenannten Stichtag gestellt.
50Nach Art. 288 S. 4 AEUV
51Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union vom 25. März 1957, UNTS Bd. 298 S. 11;
52ist eine Richtlinie für jeden Mitgliedstaat, an den sie gerichtet wird, hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich, überlässt jedoch den innerstaatlichen Stellen die Wahl der Form und der Mittel. Damit begründen Richtlinien im Ausgangspunkt keine Rechte oder Pflichten einzelner sich im innerstaatlichen Recht gegenüberstehender Rechtsträger, sondern nur Pflichten für die Mitgliedstaaten. Die Mitgliedstaaten haben also die Pflicht, die von der Richtlinie formulierten Ziele in nationales Recht umzusetzen, indem ihre Organe inhaltlich den Vorgaben der Richtlinie entsprechend Regelungen im nationalen Recht erlassen.
53Nach der Rechtsprechung des EuGH
54EuGH, Rs. 148/78 (Ratti), Slg 1979, 1629 Rdn. 18; Rs. 8/81 (Becker), Slg. 1982, 53 Rdn. 24f; Streinz, EUV/EGV, zu Art. 249 EUV Rdn. 101ff; zu Unterlassungspflichten zuletzt: EuGH, Urteil vom 19.2.2009 (Soysal), Rs. C‑228/06 , InfAuslR 2009, 135.
55ist eine unmittelbare Anwendbarkeit europäischer Richtlinien im Verhältnis zwischen den staatlichen Behörden und dem Einzelnen aber dann anzunehmen, wenn die Vorschrift nach Ablauf der Umsetzungsfrist nicht hinreichend in nationales Recht umgesetzt ist, die Bestimmung hinreichend genau die Verpflichtung einer staatlichen Stelle begründet und die Verpflichtung nicht an eine Bedingung geknüpft ist. Durch diese vom EuGH entwickelte „unmittelbare Wirkung“ europäischer Rechtsakte wird gewährleistet, dass die Mitgliedstaaten die effektive Geltung der in Richtlinien enthaltenen Vorgaben nicht durch bloße Untätigkeit über die Umsetzungsfrist hinaus oder durch unzureichende Umsetzung verzögern oder vermeiden können. Daraus folgt aber zugleich, dass die unmittelbare Anwendbarkeit nur gegenüber den staatlichen Stellen gegeben sein kann, denn die Richtlinien richten sich von vornherein nur an die Mitgliedstaaten. Das heißt, der Mitgliedstaat und seine Organe und Behörden können sich nicht gegenüber einer Privatperson zu deren Lasten auf Regelungen der Richtlinie stützen. Dies widerspräche auch dem Sanktionscharakter der unmittelbaren Anwendbarkeit.
56Die Voraussetzungen für die unmittelbare Anwendbarkeit des Art. 46 Abs. 5 Verfahrensrichtlinie liegen hier vor.
57Dies sieht auch die Antragsgegnerin so: BAMF Referat 410 „Leitfaden zur unmittelbaren innerstaatlichen Anwendung der Richtlinie 2013/32/EU des Rates vom 26.6.2013 (Verfahrensrichtlinie) in InfAuslR 2015, 398.
58Die Verfahrensrichtlinie vom 26. Juni 2013 war nach Art. 51 Abs. 1 der Richtlinie hinsichtlich der hier einschlägigen Vorschriften bis spätestens zum 20. Juli 2015 umzusetzen. Die Umsetzungspflicht ist – bezogen auf die Vorschriften über das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf - auch nicht durch Nr. 61 der Erwägungsgründe eingeschränkt, weil diese Vorschriften im Vergleich zu der Richtlinie 2005/85/EG
59vom 1. Dezember 2005 über Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung und Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft, Abl L 326/13,
60inhaltlich geändert wurden. Dies ergibt sich schon daraus, dass Art. 39 Abs. 3 Richtlinie 2005/85/EG es noch den Mitgliedstaaten überließ, ein verfahrensabhängiges Bleiberecht bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf zu gewährleisten, während Art. 46 Abs. 5 Verfahrensrichtlinie dies nun für den Regelfall vorschreibt.
61Die Bundesrepublik Deutschland hat bis zum 20. Juli 2015 (und bis heute) keine Rechtsvorschriften erlassen, die im Einklang mit den Vorschriften der Verfahrensrichtlinie das dort in Art. 46 Abs. 5 verbriefte Recht auf Verbleib im Hoheitsgebiet bis zum Ablauf der Frist für die Ausübung des Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf und, wenn ein solches Recht fristgemäß ausgeübt wurde, bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf beenden (s.o.).
62Die Verfahrensrichtlinie selbst kann nach der oben dargestellten Rechtsprechung des EuGH aus systematischen Gründen nicht als Ermächtigungsgrundlage für Entscheidungen des Bundesamtes herangezogen werden, denn nicht die Mitgliedstaaten und ihre Organe und Behörden – hier das Bundesamt – können sich gegenüber den Betroffenen nach der oben dargestellten Systematik auf die unmittelbare Anwendbarkeit der Richtlinie berufen, sondern nur die Betroffenen selbst.
63Die Bestimmung des Art. 46 Abs. 5 Verfahrensrichtlinie, auf die sich die Antragsteller mit dem vorliegenden Antrag berufen, ist in ihrer Verpflichtung der staatlichen Stellen hinreichend genau und nicht an eine Bedingung geknüpft. Ihr lässt sich ohne weitere Voraussetzungen entnehmen, dass die Mitgliedstaaten den Antragstellern den Verbleib im Hoheitsgebiet gestatten, bis die Klagefrist abgelaufen oder im Fall der Klageerhebung über die Klage entschieden ist.
64Nationalrechtlich lässt sich damit die unmittelbare Anwendbarkeit der Verfahrensrichtlinie im Hinblick auf Art. 46 Abs. 5 durch die tenorierte Feststellung der aufschiebenden Wirkung der Klage verwirklichen.
65Das Gericht weist daraufhin, dass mit der tenorierten Feststellung dem Antrag der Antragsteller gem. § 37 Abs. 2 AsylG entsprochen wurde und die im angefochtenen Bescheid gesetzteAusreisefrist von Gesetzes wegen nunmehr 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Verfahrens endet.
66Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 VwGO, 83b AsylG.
67Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
Tenor
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
Es wird festgestellt, dass die Klage 7 K 8766/15.A aufschiebende Wirkung hat.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
1
Gründe:
2Der Prozesskostenhilfeantrag war – ungeachtet der hinreichenden Erfolgsaussichten der beabsichtigten Rechtsverfolgung – abzulehnen, weil die notwendige Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht zu den Akten gereicht wurde, § 166 VwGO, § 117 Abs. 2 ZPO.
3Der am 28. Dezember 2016 sinngemäß gestellte Antrag,
4die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 27. Januar 2015 gemäß § 80 Abs. 5 VwGO anzuordnen,
5hat unter Berücksichtigung des wohlverstandenen Rechtsschutzinteresses der Antragsteller in der tenorierten Fassung Erfolg.
6Er ist zulässig und war insbesondere in einen Antrag auf Feststellung der aufschiebenden Wirkung umzudeuten, weil die Antragsgegnerin zu Unrecht davon ausgeht, dass die Klage keine aufschiebende Wirkung hat. Ob der am 18. Dezember 2015 gestellte Eilantrag gegen den mit Begleitschreiben vom 14. Dezember 2015 zugestellten Bescheid rechtzeitig innerhalb der Wochenfrist des § 36 Abs. 3 S. 1 AsylG bei Gericht einging, bedarf keiner Entscheidung, weil das beschleunigte Verfahren hier nicht zum Tragen kommt und damit auch die vorgenannte Wochenfrist nicht gilt. Auf die nachstehenden Ausführungen wird jeweils verwiesen.
7Der Antrag ist auch begründet.
8Der Feststellung der aufschiebenden Wirkung der Klage steht nicht entgegen, dass nach § 75 Abs. 1 AsylG die Klage gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz nur in den Fällen des § 38 Abs. 1 sowie der §§ 73, 73b und 73c aufschiebende Wirkung hat. Der Klage kommt nach diesen Vorschriften nämlich keine aufschiebende Wirkung zu.
9Sie ist gegen die Entscheidung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 27. Januar 2015 gerichtet, mit der die Antragsteller betreffend folgende Entscheidung erging:
10- 11
1. Die Anträge auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft werden als offensichtlich unbegründet abgelehnt.
- 12
2. Die Anträge auf Asylanerkennung werden als offensichtlich unbegründet abgelehnt.
- 13
3. Die Anträge auf subsidiären Schutz werden als offensichtlich unbegründet abgelehnt.
- 14
4. Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 S. 1 des Aufenthaltsgesetzesliegen nicht vor.
- 15
5. Die Antragsteller werden aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen. Sollten die Antragsteller die Ausreisefrist nicht einhalten, werden sie nach Mazedonien abgeschoben. Die Antragsteller können auch in einen anderen Staat abgeschoben werden, in den sie einreisen dürfen oder der zu ihrer Rücknahme verpflichtet ist.
- 16
6. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird gemäß § 11 Abs. 7 des Aufenthaltsgesetzes angeordnet und auf 10 Monate ab dem Tag der Ausreise befristet.
- 17
7. Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes wird auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet.
Es handelt sich wegen der gesetzten Ausreisefrist von nur einer Woche zwar um einen Fall des § 36 Abs. 1 AsylG, in dem die Klage nach § 75 Abs. 1 AsylGkeine aufschiebende Wirkung entfaltet.
19Anderes gilt jedoch hier. Die Antragsteller können sich im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) aufArtikel 46 Abs. 5 der Verfahrensrichtlinie
20Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (Neufassung), ABl. der EU, L 180/60 (Verfahrensrichtlinie)
21berufen, der ihnen ein Bleiberecht bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf einräumt (I.), dessen Ausnahmen hiervon nicht vorliegen (Befugnis zum „beschleunigten Verfahren“ in Abs. 6, II.) und der im Verhältnis der Antragsteller zur Antragsgegnerin unmittelbar anwendbar ist (III.).
22I. Gemäß Art. 46 Abs. 5 der Verfahrensrichtlinie gestatten die Mitgliedstaaten – unbeschadet des Absatzes 6 (hierzu unter II.) – den Antragstellern den Verbleib im Hoheitsgebiet bis zum Ablauf der Frist für die Ausübung ihres Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf und, wenn ein solches Recht fristgemäß ausgeübt wurde, bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf.
23Aus Art. 46 Abs. 1 und 3 Verfahrensrichtlinie ergibt sich, dass es sich bei dem Rechtsbehelf um einen gerichtlichen Rechtsbehelf (zumindest vor einem erstinstanzlichen Gericht) handeln muss, der eine umfassende Ex-nunc-Prüfung vorsieht, die sich sowohl auf Tatsachen als auch auf Rechtsfragen erstreckt. Nationalrechtlich wird dieses Recht durch die Klagemöglichkeit (§§ 74 ff. AsylG) gegen die Entscheidungen des zuständigen Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge und die nach § 80 Abs. 1 VwGO grundsätzlich gewährte aufschiebende Wirkung der Klage umgesetzt und gewährleistet. Insbesondere durch den systematischen Zusammenhang mit Art. 46 Abs. 3, 5 und 6 Verfahrensrichtlinie wird auch deutlich, dass es sich bei dem genannten Rechtsbehelf nicht nur um einen Rechtsbehelf des einstweiligen Rechtsschutzes handeln kann, sondern nationalrechtlich eine Klagemöglichkeit im Hauptsachverfahren erfordert.
24Diese Klagemöglichkeit haben die Antragsteller auch fristgerecht ergriffen. Ihre Klage ging jedenfalls innerhalb der zweiwöchigen Klagefrist des § 74 Abs. 1 1. HS AsylG ein, da der streitbefangene Bescheid mit Begleitschreiben vom 14. Dezember 2015 zugestellt und die Klage am 18. Dezember 2015 bei Gericht erhoben wurde. Ob die Klage auch rechtzeitig innerhalb der Wochenfrist des § 74 Abs. 1 S. 1 2. HS AsylG bei Gericht einging, bedarf keiner Entscheidung. Wie sich aus den nachfolgenden Ausführungen zu II. ergibt, besteht die Möglichkeit eines beschleunigten Verfahrens insgesamt nicht. Daher gilt hier auch die Wochenfrist nicht.
25Damit steht den Antragstellern bis zur Entscheidung über die Klage ein Recht auf den Verbleib im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaates – Deutschland – zu.
26II. Das Recht auf Verbleib bis zur Entscheidung über die Klage ist gegenüber den Antragstellern auch nicht durch die Ablehnung der Anträge als „offensichtlich unbegründet“ beendet.
27Die Verfahrensrichtlinie räumt den Mitgliedstaaten in Art. 46 Abs. 6 die Möglichkeit ein, dieses verfahrensrechtliche Bleiberecht aus Art. 46 Abs. 5 nach sachlicher Prüfung auf zwei Wegen zu beenden. In Fällen einer Entscheidung, einen Antrag,
28der nach Art. 2 lit. b) grundsätzlich die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und die Gewährung subsidiären Schutzes umfasst,
29als „offensichtlich unbegründet“ oder nach Prüfung gemäß Artikel 31 Absatz 8 Verfahrensrichtlinie als unbegründet zu betrachten (mit Ausnahme der Gründe nach Buchstabe h), kann das sog. „beschleunigte Verfahren“ eröffnet sein. Die Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten gleichzeitig – wenn sie von dieser Möglichkeit Gebrauch machen – ein gerichtliches Antragsverfahren gerichtet auf Verschaffung eines solchen verfahrensbezogenen Bleiberechts einzurichten.
30Die Bundesrepublik Deutschland hat durch die Beschränkung der aufschiebenden Wirkung nach §§ 75 Abs. 1, 34, 36 Abs. 1 AsylG und die Möglichkeit des Antrages nach § 80 Abs. 5 VwGO grundsätzlich von demersten in der Verfahrensrichtlinie zugelassenen Weg Gebrauch gemacht. Denn nach diesen Vorschriften entfaltet die Klage gegen Entscheidungen des Bundesamtes, mit denen eine Abschiebungsandrohung erlassen wird, nur dann aufschiebende Wirkung, wenn eine Ausreisefrist von 30 Tagen gesetzt wird. Demgegenüber beträgt gemäß § 36 Abs.1 AsylG die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist in Fällen der Unbeachtlichkeit oder der offensichtlichen Unbegründetheit des Asylantrags eine Woche. Damit hat der Gesetzgeber des Asylgesetzes die Entscheidung, ob dem klagenden Asylsuchenden ein verfahrensrechtliches Bleiberecht bis zur Entscheidung über seinen Rechtsbehelf zustehen soll, ausschließlich von der ihm vom Bundesamt zu setzenden Ausreisefrist abhängig gemacht.
31Die Voraussetzungen der §§ 75 Abs. 1, 34, 36 Abs. 1 AsylG liegen aber nicht vor.
32Zwar hat das Bundesamt auch den Antrag auf Gewährung subsidiären Schutzes in Ziffer 3. des angefochtenen Bescheides als „offensichtlich unbegründet“ abgelehnt, es hat damit aber nicht die Voraussetzungen des Art. 46 Abs. 6 Verfahrensrichtlinie zu begründen vermocht. Denn die Ablehnungsentscheidung als „offensichtlich unbegründet“ kann nach dem klaren Richtlinienwortlaut das verfahrensrechtliche Bleiberecht des Art. 45 Abs. 5 nur dann beenden, wenn sie „im Einklang mit Artikel 32 Abs. 2“ ergeht. Nach Art. 32 Abs. 2 Verfahrensrichtlinie setzt die Möglichkeit der Ablehnung von unbegründeten Anträgen,
33bei denen einer der in Artikel 31 Absatz 8 aufgeführten Umstände gegeben ist,
34als „offensichtlich unbegründet“ voraus, dass dies so in den nationalen Rechtsvorschriften vorgesehen ist. Das Asylgesetz bietet (derzeit) aber keine Rechtsgrundlage zur Ablehnung eines Antrages auf Gewährung subsidiären Schutzes als „offensichtlich unbegründet“.
35Vgl. hierzu: Beschluss der Kammer vom 22. Dezember 2015 – 7 L 3863/15.A, -, juris,
36Die Kammer folgt ausdrücklich nicht der Entscheidung der 6. Kammer des Gerichts,
37Beschluss vom 13. Januar 2016 - 6 L 4047/15.A – in einem Fall, in dem die Anträge auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und auf Asylanerkennung jeweils als offensichtlich unbegründet und der Antrag auf subsidiären Schutz als einfach unbegründet abgelehnt worden war,
38die von der Erwägung ausgeht, dass beide von der Verfahrensrichtlinie eröffneten Wege zu einem beschleunigten Verfahren gleichwertig nebeneinander bestehen und von den Mitgliedstaaten quasi gemischt beschritten werden können; wegen der durch § 34 Abs. 1 Nr. 2a AsylG vorausgesetzten und im Ergebnis ablehnenden Prüfung des subsidiären Schutzes könne insoweit auch die Ablehnung des Antrags auf subsidiären Schutzes als einfach unbegründet zulässigerweise ins beschleunigte Verfahren führen.
39In diesem Sinn auch VG Minden, Beschluss vom 17. November 2015, - 10 L 1222/15.A -.
40Abgesehen davon, dass sich diese Argumentation zum Vorliegen der Tatbestands-voraussetzungen des § 36 Abs. 1 AsylG nicht verhält, könnte mit dem Rückgriff auf § 34 Abs. 1 AsylG dann auch eine Ablehnung der Flüchtlingseigenschaft oder der Asylgewährung nach Art. 16a GG als einfach unbegründet bei der Ablehnung der Anträge als offensichtlich unbegründet im Übrigen auf ein beschleunigtes Verfahren führen. Dies widerspricht ersichtlich der Konzeption des Asylgesetzes.
41Zusammenfassend lässt sich feststellen:
42Das Asylgesetz bietet (derzeit) weder eine Rechtsgrundlage zur Ablehnung eines Antrages auf Gewährung subsidiären Schutzes als „offensichtlich unbegründet“ noch eröffnet das Asylgesetz die Möglichkeit, im Falle der Ablehnung des Antrags auf subsidiären Schutz als (einfach) unbegründet eine Ausreisefrist von nur einer Woche zu verfügen.
43III. Das den Antragstellern zustehende Bleiberecht bis zur Entscheidung der Klage aus Art. 46 Abs. 5Verfahrensrichtlinie ist im Verhältnis zwischen ihnen und der Antragsgegnerin auch unmittelbar anwendbar.
44Zunächst ist die Verfahrensrichtlinie in ihrer aktuellen Fassung gem. Art. 52 Abs. 1 (Übergangsbestimmungen) auf die Asylanträge der Antragsteller anwendbar. Danach sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, die Rechts- und Verwaltungsvorschriften nach Artikel 51 Absatz 1
45i.e. die Artikel 1 bis 30, Artikel 31 1, 2 und 6 bis 9, den Artikeln 32 bis 46, den Artikeln 49 und 50 sowie den Anhang I
46auf förmlich gestellte Anträge auf internationalen Schutz
47sowie auf hier nicht weiter einschlägige eingeleitete Verfahren zur Aberkennung des internationalen Schutzes
48nach dem 20. Juli 2015 oder früher anzuwenden.
49Die Antragsteller haben ihre Asylanträge nach Aktenlage am 30. Juli 2015 und damit nach dem vorgenannten Stichtag gestellt.
50Nach Art. 288 S. 4 AEUV
51Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union vom 25. März 1957, UNTS Bd. 298 S. 11;
52ist eine Richtlinie für jeden Mitgliedstaat, an den sie gerichtet wird, hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich, überlässt jedoch den innerstaatlichen Stellen die Wahl der Form und der Mittel. Damit begründen Richtlinien im Ausgangspunkt keine Rechte oder Pflichten einzelner sich im innerstaatlichen Recht gegenüberstehender Rechtsträger, sondern nur Pflichten für die Mitgliedstaaten. Die Mitgliedstaaten haben also die Pflicht, die von der Richtlinie formulierten Ziele in nationales Recht umzusetzen, indem ihre Organe inhaltlich den Vorgaben der Richtlinie entsprechend Regelungen im nationalen Recht erlassen.
53Nach der Rechtsprechung des EuGH
54EuGH, Rs. 148/78 (Ratti), Slg 1979, 1629 Rdn. 18; Rs. 8/81 (Becker), Slg. 1982, 53 Rdn. 24f; Streinz, EUV/EGV, zu Art. 249 EUV Rdn. 101ff; zu Unterlassungspflichten zuletzt: EuGH, Urteil vom 19.2.2009 (Soysal), Rs. C‑228/06 , InfAuslR 2009, 135.
55ist eine unmittelbare Anwendbarkeit europäischer Richtlinien im Verhältnis zwischen den staatlichen Behörden und dem Einzelnen aber dann anzunehmen, wenn die Vorschrift nach Ablauf der Umsetzungsfrist nicht hinreichend in nationales Recht umgesetzt ist, die Bestimmung hinreichend genau die Verpflichtung einer staatlichen Stelle begründet und die Verpflichtung nicht an eine Bedingung geknüpft ist. Durch diese vom EuGH entwickelte „unmittelbare Wirkung“ europäischer Rechtsakte wird gewährleistet, dass die Mitgliedstaaten die effektive Geltung der in Richtlinien enthaltenen Vorgaben nicht durch bloße Untätigkeit über die Umsetzungsfrist hinaus oder durch unzureichende Umsetzung verzögern oder vermeiden können. Daraus folgt aber zugleich, dass die unmittelbare Anwendbarkeit nur gegenüber den staatlichen Stellen gegeben sein kann, denn die Richtlinien richten sich von vornherein nur an die Mitgliedstaaten. Das heißt, der Mitgliedstaat und seine Organe und Behörden können sich nicht gegenüber einer Privatperson zu deren Lasten auf Regelungen der Richtlinie stützen. Dies widerspräche auch dem Sanktionscharakter der unmittelbaren Anwendbarkeit.
56Die Voraussetzungen für die unmittelbare Anwendbarkeit des Art. 46 Abs. 5 Verfahrensrichtlinie liegen hier vor.
57Dies sieht auch die Antragsgegnerin so: BAMF Referat 410 „Leitfaden zur unmittelbaren innerstaatlichen Anwendung der Richtlinie 2013/32/EU des Rates vom 26.6.2013 (Verfahrensrichtlinie)“, in InfAuslR 2015, 398.
58Die Verfahrensrichtlinie vom 26. Juni 2013 war nach Art. 51 Abs. 1 der Richtlinie hinsichtlich der hier einschlägigen Vorschriften bis spätestens zum 20. Juli 2015 umzusetzen. Die Umsetzungspflicht ist – bezogen auf die Vorschriften über das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf – auch nicht durch Nr. 61 der Erwägungsgründe eingeschränkt, weil diese Vorschriften im Vergleich zu der Richtlinie 2005/85/EG
59vom 1. Dezember 2005 über Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung und Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft, Abl L 326/13,
60inhaltlich geändert wurden. Dies ergibt sich schon daraus, dass Art. 39 Abs. 3 Richtlinie 2005/85/EG es noch den Mitgliedstaaten überließ, ein verfahrensabhängiges Bleiberecht bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf zu gewährleisten, während Art. 46 Abs. 5 Verfahrensrichtlinie dies nun für den Regelfall vorschreibt.
61Die Bundesrepublik Deutschland hat bis zum 20. Juli 2015 (und bis heute) keine Rechtsvorschriften erlassen, die im Einklang mit den Vorschriften der Verfahrensrichtlinie das dort in Art. 46 Abs. 5 verbriefte Recht auf Verbleib im Hoheitsgebiet bis zum Ablauf der Frist für die Ausübung des Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf und, wenn ein solches Recht fristgemäß ausgeübt wurde, bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf beenden (s.o. I.). Die nach Art. 46 Abs. 6 lit. a) und Art. 32 Abs. 2 Verfahrensrichtlinie erforderliche (nationale) Ermächtigungsgrundlage zur Ablehnung eines Antrages auf subsidiären Schutz als „offensichtlich unbegründet“ gibt es nicht.
62Der Bundesgesetzgeber hat weder das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 20. Oktober 2015 (BGBl. I S. 1722) noch das vorletzte Änderungsgesetz zum Asylverfahrensgesetz (Artikel 2 des Gesetzes vom 23. Dezember 2014, BGBl I S. 2439) noch das Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 27. Juli 2015, BGBl I S. 1386, für entsprechende Änderungen genutzt.
63Die Verfahrensrichtlinie selbst kann nach der oben dargestellten Rechtsprechung des EuGH aus systematischen Gründen nicht als Ermächtigungsgrundlage für Entscheidungen des Bundesamtes herangezogen werden, denn nicht die Mitgliedstaaten und ihre Organe und Behörden – hier das Bundesamt – können sich gegenüber den Betroffenen nach der oben dargestellten Systematik auf die unmittelbare Anwendbarkeit der Richtlinie berufen, sondern nur die Betroffenen selbst. Auch inhaltlich kann die Antragsgegnerin sich nicht auf die unmittelbare Anwendbarkeit berufen, da Art. 32 Abs. 2 Verfahrensrichtlinie – wie bereits ausgeführt – voraussetzt, dass die nationalen Rechtsvorschriften die Ablehnung eines Antrages – auch soweit er auf die Gewährung subsidiären Schutzes gerichtet ist – als „offensichtlich unbegründet“ vorsehen. Dieser Vorbehalt entsprechender nationalrechtlicher Vorschriften kann nicht durch den Rückgriff auf die Richtlinie umgangen werden.
64Die Bestimmung des Art. 46 Abs. 5 Verfahrensrichtlinie ist in ihrer Verpflichtung der staatlichen Stellen hinreichend genau und nicht an eine Bedingung geknüpft. Ihr lässt sich ohne weitere Voraussetzungen entnehmen, dass die Mitgliedstaaten den Antragstellern den Verbleib im Hoheitsgebiet gestatten, bis die Klagefrist abgelaufen oder im Fall der Klageerhebung über die Klage entschieden ist.
65Nationalrechtlich lässt sich damit die unmittelbare Anwendbarkeit der Verfahrensrichtlinie im Hinblick auf Art. 46 Abs. 5 durch die tenorierte Feststellung der aufschiebenden Wirkung der Klage verwirklichen.
66Das Gericht weist daraufhin, dass mit der tenorierten Feststellung dem Antrag gem. § 37 Abs. 2 AsylG entsprochen wurde und die im angefochtenen Bescheid gesetzteAusreisefrist von Gesetzes wegen nunmehr 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Verfahrens endet.
67Es weist weiter darauf hin, dass unabhängig von den vorstehenden Ausführungen zur aufschiebenden Wirkung der Klage diese (mit Ausnahme des Offensichtlichkeitsausspruches zum subsidiären Schutz) keine Aussicht auf Erfolg hat, weil nach dem bisherigen Vorbringen die geltend gemachten Ansprüche nicht bestehen. Auf den Prozesskostenhilfebeschluss vom heutigen Tage im Klageverfahren 7 K 8766/15.A wird Bezug genommen.
68Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 159 S. 1 VwGO, § 100 ZPO, 83b AsylG.
69Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
(1) Die Klage gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz hat nur in den Fällen des § 38 Absatz 1 sowie des § 73b Absatz 7 Satz 1 aufschiebende Wirkung. Die Klage gegen Maßnahmen des Verwaltungszwangs (§ 73b Absatz 5) hat keine aufschiebende Wirkung.
(2) Die Klage gegen Entscheidungen des Bundesamtes, mit denen die Anerkennung als Asylberechtigter oder die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft widerrufen oder zurückgenommen worden ist, hat in folgenden Fällen keine aufschiebende Wirkung:
- 1.
bei Widerruf oder Rücknahme wegen des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder des § 3 Absatz 2, - 2.
bei Widerruf oder Rücknahme, weil das Bundesamt nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen hat.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) In den Fällen der Unzulässigkeit nach § 29 Absatz 1 Nummer 2 und 4 und der offensichtlichen Unbegründetheit des Asylantrages beträgt die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist eine Woche.
(2) Das Bundesamt übermittelt mit der Zustellung der Entscheidung den Beteiligten eine Kopie des Inhalts der Asylakte. Der Verwaltungsvorgang ist mit dem Nachweis der Zustellung unverzüglich dem zuständigen Verwaltungsgericht zu übermitteln.
(3) Anträge nach § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsandrohung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen; dem Antrag soll der Bescheid des Bundesamtes beigefügt werden. Der Ausländer ist hierauf hinzuweisen. § 58 der Verwaltungsgerichtsordnung ist entsprechend anzuwenden. Die Entscheidung soll im schriftlichen Verfahren ergehen; eine mündliche Verhandlung, in der zugleich über die Klage verhandelt wird, ist unzulässig. Die Entscheidung soll innerhalb von einer Woche nach Ablauf der Frist des Absatzes 1 ergehen. Die Kammer des Verwaltungsgerichts kann die Frist nach Satz 5 um jeweils eine weitere Woche verlängern. Die zweite Verlängerung und weitere Verlängerungen sind nur bei Vorliegen schwerwiegender Gründe zulässig, insbesondere wenn eine außergewöhnliche Belastung des Gerichts eine frühere Entscheidung nicht möglich macht. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Die Entscheidung ist ergangen, wenn die vollständig unterschriebene Entscheidungsformel der Geschäftsstelle der Kammer vorliegt. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes und die Anordnung und Befristung nach § 11 Absatz 7 des Aufenthaltsgesetzes sind ebenso innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsandrohung bleibt hiervon unberührt.
(4) Die Aussetzung der Abschiebung darf nur angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen. Tatsachen und Beweismittel, die von den Beteiligten nicht angegeben worden sind, bleiben unberücksichtigt, es sei denn, sie sind gerichtsbekannt oder offenkundig. Ein Vorbringen, das nach § 25 Abs. 3 im Verwaltungsverfahren unberücksichtigt geblieben ist, sowie Tatsachen und Umstände im Sinne des § 25 Abs. 2, die der Ausländer im Verwaltungsverfahren nicht angegeben hat, kann das Gericht unberücksichtigt lassen, wenn andernfalls die Entscheidung verzögert würde.
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
1
Gründe:
2Der am 18. Dezember 2015 bei Gericht sinngemäß gestellte Antrag,
3die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung in dem Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 15. Dezember 2015 anzuordnen,
4hat keinen Erfolg.
5Es besteht kein Grund, der Klage entgegen der gesetzlichen Grundentscheidung in § 75 AsylG aufschiebende Wirkung zukommen zu lassen. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheides im Sinne von § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG liegen nicht vor.
6Derartige Zweifel liegen nur dann vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die angegriffene Maßnahme einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhält, wobei sich diese Prognose gerade auch auf das Offensichtlichkeitsurteil des Bundesamtes erstrecken muss.
7Vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 – 2 BvR 1516/93 –, juris (= NVwZ 1996, 678 [769 f.]).
8Dies ist nicht der Fall. Denn die Voraussetzungen für den Erlass der in Ziffer 5 des angegriffenen Bescheides des Bundesamtes erlassenen Abschiebungsandrohung gegen die Antragsteller liegen vor. Gemäß §§ 34 Abs. 1, 36 Abs. 1 AsylG erlässt das Bundesamt nach §§ 59 und 60 Abs. 10 AufenthG die Abschiebungsandrohung und setzt eine Ausreisefrist von einer Woche, wenn der Asylantrag eines Ausländers als offensichtlich unbegründet abgelehnt wird.
9Die Ablehnung des Asylantrags der Antragsteller als offensichtlich unbegründet ist zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) von § 29a AsylG gedeckt. Demnach ist der Asylantrag eines Ausländers aus einem Staat im Sinne des Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG (sicherer Herkunftsstaat) als offensichtlich unbegründet abzulehnen, es sei denn, die von dem Ausländer angegebenen Tatsachen oder Beweismittel begründen die Annahme, dass ihm abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat politische Verfolgung droht. Zur Ausräumung der Vermutung des § 29a AsylG ist nur ein Vorbringen zugelassen, das die Furcht vor politischer Verfolgung auf ein individuelles Verfolgungsschicksal des Antragstellers gründet. Dabei kann er seine Furcht vor politischer Verfolgung auch dann auf ein persönliches Verfolgungsschicksal stützen, wenn dieses seine Wurzel in allgemeinen Verhältnissen hat. Die Vermutung ist erst ausgeräumt, wenn der Asylbewerber die Umstände seiner politischen Verfolgung schlüssig und substantiiert vorträgt. Dieser Vortrag muss vor dem Hintergrund der Feststellung des Gesetzgebers, dass in dem jeweiligen Staat im Allgemeinen keine politische Verfolgung stattfindet, der Erkenntnisse der Behörden und Gerichte zu den allgemeinen Verhältnissen des Staates und der Glaubwürdigkeit des Antragstellers glaubhaft sein. Zur Substantiierung trägt insoweit bei, wenn der Asylbewerber die Beweismittel vorlegt oder benennt, die nach den Umständen von ihm erwartet werden können.
10Vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 – 2 BvR 1507/93, 2 BvR 12 BvR 1508/93 –, juris Rn. 97 f. (= BVerfGE 94, 115-166).
11Nach diesen Grundsätzen ist die gesetzliche Vermutung des § 29a Abs. 1 AsylG nicht widerlegt. Albanien – das Herkunftsland des Antragstellers – zählt nach dem am 21. Oktober 2015 in Kraft getretenen Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 20. Oktober 2015 (BGBl I 2015, 1722), welches insoweit keine Übergangsvorschriften vorsieht, zu den sicheren Herkunftsstaaten im Sinne von § 29a Abs. 2 AsylG i.V.m. Anlage II. Ein individuelles Verfolgungsschicksal haben die Antragsteller bei ihrer Anhörung vor dem Bundesamt am 15. Dezember 2015 nicht dargelegt. Ihr Vortrag, sie hätten Albanien aufgrund eines Familienstreites mit dem im selben Haushalt lebenden Vater des Antragstellers zu 1. verlassen, weil der Vater zuletzt versucht habe, seine Schwiegertochter – die Antragstellerin zu 2. – zu vergewaltigen, kann schon deshalb keine asyl- oder flüchtlingsrelevante Verfolgung zu begründen, weil innerfamiliäre Konflikte weder politische Verfolgung i.S.d. Art. 16a Abs. 1 GG noch einen Verfolgungsgrund gemäß § 3 Abs. 1 AsylG darstellen. Zudem sind die Antragsteller wegen der vorgeblichen Bedrohung durch den (Schwieger-)Vater auf den Schutz der generell schutzwilligen und schutzfähigen Sicherheitsbehörden in Albanien zu verweisen, deren Hilfe sie nach eigenen Angaben bewusst nicht in Anspruch genommen haben (§§ 3c Nr. 3, 3d AsylG). Aus diesem Grund scheidet auch die Gewährung subsidiären Schutzes aus (vgl. § 4 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. §§ 3c Nr. 3, 3d AsylG). Schließlich ist nicht ansatzweise dargelegt, dass es den nach eigenem Bekunden wirtschaftlich gut gestellten Antragstellern unmöglich oder unzumutbar wäre, bei ihrer Rückkehr einer erneuten Bedrohung durch Umzug innerhalb Albaniens zu entgehen, vgl. § 3e, § 4 Abs. 3 Satz 1 AsylG.
12Zur weiteren Begründung wird – auch hinsichtlich der Ausführungen zu den Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG sowie zur Abschiebungsandrohung und zur Befristungsentscheidung – gemäß § 77 Abs. 2 AsylG auf die Gründe des angegriffenen Bescheides Bezug genommen.
13Ob die Ablehnung des Asylantrags überdies auch auf § 30 Abs. 1 AsylG gestützt werden könnte, mag vor diesem Hintergrund dahin stehen.
14Die Antragsteller können eine aufschiebende Wirkung der Klage auch nicht unmittelbar aus Art. 46 Abs. 5 der Richtlinie 2013/32/EU ableiten. Denn die Antragsgegnerin hat das sich hieraus ergebende verfahrensrechtliche Bleiberecht in zulässiger Weise gemäß Art. 46 Abs. 6 RL 2013/32/EU eingeschränkt. Die Vorschrift räumt den Mitgliedstaaten die Möglichkeit ein, das durch Art. 46 Abs. 5 eingeräumte Bleiberecht in Fällen der Ablehnung des Antrags auf internationalen Schutz
15– dieser ist gemäߠ Art. 2 lit b) grundsätzlich auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und – hilfsweise (vgl. Art. 2 lit. f der Richtlinie 2011/95/EU) – auf die Gewährung subsidiären Schutzes gerichtet –,
16unter den in lit a) bis d) aufgeführten Fällen zu beenden und verpflichtet sie gleichzeitig – wenn sie von dieser Möglichkeit Gebrauch machen – ein gerichtliches Antragsverfahren gerichtet auf Verschaffung eines solchen Bleiberechts einzuräumen. Hiervon hat die Antragsgegnerin durch die Beschränkung der aufschiebenden Wirkung nach §§ 75 Abs. 1, 36 AsylG und die Möglichkeit des Eilrechtsschutzantrags nach § 80 Abs. 5 VwGO (vgl. § 36 Abs. 3 Satz 1 AsylG) Gebrauch gemacht. Die Beschränkung des Bleiberechts ist nach der Verfahrensrichtlinie für die hier allein in Betracht zu ziehende Variante der Ablehnung nach Art. 46 Abs. 6 lit a) zulässig, wenn ein Antrag entweder im Einklang mit Art. 32 Abs. 2 als offensichtlich unbegründet (1. Alt.) oder nach Prüfung gemäß Artikel 31 Abs. 8 als unbegründet betrachtet wird (2.Alt.), es sei denn diese Entscheidungen sind auf die in Art. 31 Abs. 8 lit. h aufgeführten Umstände (illegale Einreise) gestützt. Art. 32 Abs. 2 ermächtigt die Mitgliedstaaten, unbegründete Anträge, bei denen einer der in Art. 31 Abs. 8 aufgeführten Umstände gegeben ist, als offensichtlich unbegründet zu betrachten, wenn dies so in den nationalen Rechtsvorschriften vorgesehen ist.
17Mit diesen Vorgaben ist die Entscheidung des Bundesamtes, das im angefochtenen Bescheid die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft als offensichtlich unbegründet und die Gewährung subsidiären Schutzes als einfach unbegründet abgelehnt hat, vereinbar. Die Verfahrensrichtlinie eröffnet den Mitgliedstaaten unter den Voraussetzungen des Art. 31 Abs. 8 die Möglichkeit zur Durchführung eines beschleunigten Prüfungsverfahrens. Liegen diese Voraussetzungen von Art. 31 Abs. 8 vor, steht es den Mitgliedstaaten je nach Ausgestaltung ihres nationalen Rechtsrahmens frei, den Antrag auf internationalen Schutz entweder als offensichtlich unbegründet oder als einfach unbegründet abzulehnen. Dabei sind, wie die Verknüpfung „oder“ zeigt, beide Entscheidungsmodalitäten für die Ablehnung eines Antrags auf internationalen Schutz im beschleunigten Verfahren gleichwertig. Welchen Weg das nationale Recht wählt, ist nach Unionsrecht gleichgültig, zumal die materiellen Anforderungen an das beschleunigte Verfahren stets auf das identische Prüfprogramm – die Anforderungen des Art. 31 Abs. 8 – hinauslaufen. Für das beschleunigte Verfahren erforderlich, aber auch ausreichend ist, wenn das nationale Recht sicherstellt, dass vor Ablehnung eines Antrags auf internationalen Schutz geprüft und festgestellt worden ist, dass eine der Fallgruppen des Art. 31 Abs. 8 RL 2013/32/EU gegeben ist. Weitergehende materielle Anforderungen stellt Art. 46 Abs. 6 a) weder über Art. 32 Abs. 2 (1. Alternative) noch mit der 2. Alternative auf.
18Wegen der Gleichwertigkeit beider Alternativen im Hinblick auf den Prüfungsumfang – Antrag auf Gewährung internationalen Schutzes – ist es nach Unionsrecht auch unschädlich, wenn nationales Recht bezüglich des Bestandteils der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft den Weg über die 1. Alternative wählt und die Ablehnung als „offensichtlich unbegründet“ vorschreibt (§§ 29a, 36 Abs. 1 AsylG), bezüglich des subsidiären Schutzes den der 2. Alternative eröffnet. Dabei ist einzustellen, dass das Vorliegen der Voraussetzungen des § 29a Abs. 1 AsylG nicht allein in das beschleunigte Verfahren führt. Denn § 36 Abs. 1 AsylG legt lediglich die Länge der Ausreisefrist fest. Die Ausreisefrist ist Bestandteil des Regelungskomplexes der Abschiebungsandrohung (§ 34 Abs. 1 AsylG, § 59 Abs. 1 AufenthG), die ihrerseits eine Ausreisepflicht voraussetzt (§§ 67 Abs. 1 Nr. 4, 75 Abs. 1 AsylG, 50 AufenthG). Deshalb müssen, um nach nationalem Recht § 36 AsylG anwenden zu können, die Voraussetzungen des § 34 Abs. 1 AsylG vorliegen. Nach § 34 Abs. 1 Nr. 2a AsylG kann eine Abschiebungsandrohung aber nur dann erlassen werden, wenn dem Ausländer auch kein subsidiärer Schutz gewährt wird. Damit bilden über § 34 Abs. 1 AsylG beide Bestandteile des Antrags auf internationalen Schutz eine in Bezug auf die Aufenthaltsbeendigung im beschleunigten Verfahren untrennbare Einheit. Damit hat der nationale Gesetzgeber den Weg ins beschleunigte Verfahren normativ dann eröffnet, wenn der Antragsteller aus einem sicheren Herkunftsstaat kommt und sein Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf beide Bestandteile abgelehnt worden ist, wobei die Ablehnung bezüglich der Flüchtlingseigenschaft in qualifizierter Form als offensichtlich unbegründet erfolgen muss. Dieses Konzept ist von Art. 46 Abs. 6 a) insgesamt gedeckt. Berücksichtigt man ferner, dass Art. 288 Abs. 4 AEUV die Verbindlichkeit der Richtlinie nur hinsichtlich des zu erreichenden Ziels vorgibt, den Mitgliedstaaten jedoch die Wahl der Form und der Mittel überlässt, ist die Annahme einer wie auch immer gearteten „Sperrwirkung“ der 1. Alternative von Art. 46 Abs. 6 a) i.V.m. Art. 32 Abs. 2 abzulehnen. Für das Unionsrecht stellt allein die formale Einheitlichkeit der Tenorierung beider Aspekte des Antrags auf internationalen Schutz als „offensichtlich unbegründet“ gegenüber dem hier streitgegenständlichen Tenor keinen rechtlichen Mehrwert dar.
19Die demnach vorzunehmende Prüfung des Art. 31 Abs. 8 der Verfahrensrichtlinie – mit Ausnahme des Buchst. h – ergibt, dass dessen Voraussetzungen in der Variante von Buchstabe b) erfüllt sind. Demnach können die Mitgliedstaaten ein beschleunigtes Verfahren festlegen, wenn der Antragsteller aus einem „sicheren Herkunftsstaat im Sinne der Richtlinie“ kommt. Die diesbezüglichen Anforderungen des Unionsrechts werden über Art. 36, 37 und Anhang I der Richtlinie präzisiert.
20Gemäß Art. 37 Abs. 1 können die Mitgliedstaaten zum Zwecke der Prüfung von Anträgen auf internationalen Schutz Rechts- oder Verwaltungsvorschriften beibehalten oder erlassen, aufgrund deren sie im Einklang mit Anhang I sichere Herkunftsstaaten bestimmen können. Nach Anhang I gilt ein Staat als sicherer Herkunftsstaat, wenn sich anhand der dortigen Rechtslage, der Anwendung der Rechtsvorschriften in einem demokratischen System und der allgemeinen politischen Lage nachweisen lässt, dass dort generell und durchgängig weder eine Verfolgung im Sinne des Artikels 9 der Richtlinie 2011/95/EU noch Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe noch Bedrohung infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts zu befürchten sind. Für die von dem Mitgliedstaat vorzunehmende Prüfung gibt Art. 37 Abs. 3 ferner die Heranziehung verschiedener Informationsquellen, insbesondere Informationen anderer Mitgliedstaaten, des EASO, des UNHCR und des Europarates sowie anderer internationaler Organisationen vor.
21Diesen Anforderungen wird die durch § 29a Abs. 2 i.V.m. Anlage II AsylG vorgenommene Bestimmung Albaniens als sicherer Herkunftsstaat gerecht. Aus der Gesetzesbegründung zum Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 20. Oktober 2015 (BGBl I, S. 1722)
22BT.Drs. 18/6135, S. 38 ff.
23geht insbesondere deutlich hervor, dass sich die vorzunehmende abstrakt-generelle Prüfung nicht lediglich auf den Schutz bzw. die Sicherheit vor (politischer) Verfolgung, sondern auch auf die Tatbestände des subsidiären Schutzes, namentlich die Sicherheit vor unmenschlicher oder erniedrigender Bestrafung oder Behandlung noch Bedrohung infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen Konfliktes mit erstreckt hat. Hierbei wurden zahlreiche Auskünfte, darunter auch solche des EASO, herangezogen und bewertet. Den von der Richtlinie 2013/32/EU an die Bestimmung des sicheren Herkunftsstaates gestellten Anforderungen ist damit der Sache nach Genüge getan.
24Das nationale Konzept sicherer Herkunftsstaaten ist auch in seiner Ausgestaltung durch Art. 16a Abs. 3 GG und §§ 29a, 34 Abs. 1 und 36 Abs. 1 AsylG mit Art. 36 Abs. 1 der Verfahrensrichtlinie vereinbar. Nach dieser Vorschrift kann ein Drittstaat, der nach dieser Richtlinie als sicherer Herkunftsstaat bestimmt wurde, nach individueller Prüfung des Antrags nur dann als für einen bestimmten Antragsteller sicherer Herkunftsstaat betrachtet werden, wenn a) der Antragsteller die Staatsangehörigkeit des betreffenden Staates besitzt oder b) der Antragsteller staatenlos ist und zuvor seinen gewöhnlichen Aufenthalt in dem betreffenden Staat hatte und er keine schwerwiegenden Gründe dafür vorgebracht hat, dass der Staat in seinem speziellen Fall im Hinblick auf die Anerkennung als Person mit Anspruch auf internationalen Schutz im Sinne der Richtlinie 2011/95/EU nicht als sicherer Herkunftsstaat zu betrachten ist. Zwar erstreckt sich die Reichweite der in § 29a Abs. 1 AsylG normierten Sicherheitsvermutung nach ganz überwiegender Ansicht nicht, wie von Art. 36 Abs. 1 RL 2013/32/EU implizit vorgegeben (vgl. auch Erwägungsgrund Nr. 42), mit auf die Tatbestände des subsidiären Schutzes; sie ist vielmehr nach dem Wortlaut des 29a Abs. 1 AsylG und den verfassungsrechtlichen Vorgaben des Art. 16a Abs. 3 Satz 2 GG entsprechend auf die Prüfungsgegenstände „Asyl“ i.S.d. Art. 16a Abs. 1 GG und des Flüchtlingsschutzes (§ 3 AsylG) beschränkt.
25Vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 – 2 BvR 1507/93, 2 BvR 1508/93 -, BVerfGE 94, 115-166, juris; GK-AsylVfG/Funke-Kaiser, § 29a Rn. 81 f; a.A. Randelzhofer, in: Maunz/Dürig/Herzog, GG, Stand: Februar 1999, Art. 16a Rn. 130.
26Hieraus kann jedoch nicht auf eine Unvereinbarkeit des nationalen Konzepts des sicheren Herkunftsstaates mit der Verfahrensrichtlinie geschlossen werden. Dabei mag offen bleiben, ob § 29a Abs. 1 AsylG im Lichte des geltenden Unionsrechts, insbesondere der Richtlinien 2011/95/EU und 2013/32/EU, bereits vor der – nachzuholenden – Verabschiedung eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2013/32/EU einer entsprechenden teleologischen Extension zugänglich sein könnte oder nicht.
27Vgl. zur Berücksichtigung des Unionsrechts bei der Auslegung von § 29a AsylG Hailbronner, Ausländerrecht, Stand: Februar 2014, § 29a AsylVfG, Rn. 4, 10.
28Denn das bestehende nationale Konzept des sicheren Herkunftsstaates, welches bezüglich der Flüchtlingsanerkennung mit einer widerlegbaren Vermutung arbeitet und diese für den Zugang ins beschleunigte Verfahren ausreichen lässt (vgl. § 36 Abs. 1 AsylG), bezüglich des subsidiären Schutzes jedoch auf eine Vermutung verzichtet und stattdessen eine Vollprüfung des § 4 Abs. 1 AsylG verlangt, stellt – da eine Vollprüfung eine umfangreichere und tiefergehende Prüfung (vgl. Art. 4 Richtlinie 2011/95/EU) als die an eine Vermutung anknüpfende Feststellung erfordert – weitergehend als eine Vermutungsregelung sicher, dass der Herkunftsstaat des Antragstellers „in seinem speziellen Fall“ – auch in Bezug auf den subsidiären Schutz – als sicher zu betrachten ist. Denn bei einem negativen Ausgang der Vollprüfung sind „keine schwerwiegenden Gründe“ im Sinne von Art. 36 Abs. 1 Verfahrensrichtlinie denkbar, die den Schluss rechtfertigen könnten, dass der sichere Herkunftsstaat im Einzelfall nicht als sicherer Herkunftsstaat zu betrachten ist. Stellt aber die im nationalen Recht bei Personen aus sicheren Herkunftsstaaten für den Zugang zum beschleunigten Verfahren vorgeschriebene Vollprüfung des subsidiären Schutzes, vgl. §§ 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 a, 29 a Abs. 1, 36 Abs. 1 AsylG, weitergehend als die Vermutungsregelung sicher, dass für den Antragsteller in seinem speziellen Fall – auch in Bezug auf den subsidiären Schutz – sein Herkunftsstaat als sicher zu betrachten ist, wird ihm damit im nationalen Recht mindestens dasjenige gewährt, was Art. 36 Abs. 1 der Verfahrensrichtlinie erfordert. Damit wird den Gewährleistungen des Art. 46 Abs. 6 a) i.V.m. Art. 31 Abs. 8 b) Verfahrensrichtlinie an einen effektiven Rechtsschutz entsprochen. Dies steht auch in Einklang mit Art. 5 der Verfahrensrichtlinie. Demnach können bei den Verfahren zur Zuerkennung des internationalen Schutzes günstigere Bestimmungen eingeführt oder beibehalten werden, soweit diese Bestimmungen mit dieser Richtlinie vereinbar sind. Dies ist bezüglich des nationalen Rechts der Fall. Bei Ablehnung eines Antrags auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft als offensichtlich unbegründet nach § 29 a Abs. 1 AsylG ist dem Antragsteller aus einem sicheren Herkunftsstaat die Möglichkeit der Widerlegung der Vermutung eröffnet. Für den subsidiären Schutz sieht das nationale Recht bei einer Person aus einem sicheren Herkunftsstaat die günstigere Vollprüfung vor. Es bedarf nationalrechtlich keiner Einräumung einer Widerlegungsmöglichkeit, weil die Ablehnung nicht an die Vermutung anknüpft, dass der sichere Herkunftsstaat auch in dem speziellen des Antragstellers als sicher zu betrachten ist, sondern dies im Rahmen der Vollprüfung festzustellen ist. Diese im nationalen Recht vorgeschriebene Vollprüfung mit dem Ergebnis der Ablehnung des Antrages auf subsidiären Schutz als unbegründet gewährleistet mithin – weitergehend als das Modell Vermutung und Widerlegung der Vermutung –, dass der sichere Herkunftsstaat auch im speziellen Fall des Antragsteller als sicherer Herkunftsstaat zu betrachten ist.
29Vor diesem Hintergrund ist den Antragstellern die Berufung auf eine unzureichende Umsetzung der Richtlinie 2013/32/EU verwehrt.
30Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG.
31Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 Abs. 1 RVG.
32Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).
(1) Der Ausländer ist verpflichtet, der Weiterleitung nach § 18 Abs. 1 oder § 19 Abs. 1 unverzüglich oder bis zu einem ihm von der Behörde genannten Zeitpunkt zu folgen. Kommt der Ausländer der Verpflichtung nach Satz 1 nicht nach, so findet § 33 Absatz 1, 5 und 6 entsprechend Anwendung. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unverzüglich nachweist, dass das Versäumnis auf Umstände zurückzuführen war, auf die er keinen Einfluss hatte. Auf die Verpflichtung nach Satz 1 sowie die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtung ist der Ausländer von der Behörde, bei der er um Asyl nachsucht, schriftlich und gegen Empfangsbestätigung hinzuweisen. Kann der Hinweis nach Satz 4 nicht erfolgen, ist der Ausländer zu der Aufnahmeeinrichtung zu begleiten.
(2) Die Behörde, die den Ausländer an eine Aufnahmeeinrichtung weiterleitet, teilt dieser unverzüglich die Weiterleitung, die Stellung des Asylgesuchs und den erfolgten Hinweis nach Absatz 1 Satz 4 schriftlich mit. Die Aufnahmeeinrichtung unterrichtet unverzüglich, spätestens nach Ablauf einer Woche nach Eingang der Mitteilung nach Satz 1, die ihr zugeordnete Außenstelle des Bundesamtes darüber, ob der Ausländer in der Aufnahmeeinrichtung aufgenommen worden ist, und leitet ihr die Mitteilung nach Satz 1 zu.
(1) In den Fällen der Unzulässigkeit nach § 29 Absatz 1 Nummer 2 und 4 und der offensichtlichen Unbegründetheit des Asylantrages beträgt die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist eine Woche.
(2) Das Bundesamt übermittelt mit der Zustellung der Entscheidung den Beteiligten eine Kopie des Inhalts der Asylakte. Der Verwaltungsvorgang ist mit dem Nachweis der Zustellung unverzüglich dem zuständigen Verwaltungsgericht zu übermitteln.
(3) Anträge nach § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsandrohung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen; dem Antrag soll der Bescheid des Bundesamtes beigefügt werden. Der Ausländer ist hierauf hinzuweisen. § 58 der Verwaltungsgerichtsordnung ist entsprechend anzuwenden. Die Entscheidung soll im schriftlichen Verfahren ergehen; eine mündliche Verhandlung, in der zugleich über die Klage verhandelt wird, ist unzulässig. Die Entscheidung soll innerhalb von einer Woche nach Ablauf der Frist des Absatzes 1 ergehen. Die Kammer des Verwaltungsgerichts kann die Frist nach Satz 5 um jeweils eine weitere Woche verlängern. Die zweite Verlängerung und weitere Verlängerungen sind nur bei Vorliegen schwerwiegender Gründe zulässig, insbesondere wenn eine außergewöhnliche Belastung des Gerichts eine frühere Entscheidung nicht möglich macht. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Die Entscheidung ist ergangen, wenn die vollständig unterschriebene Entscheidungsformel der Geschäftsstelle der Kammer vorliegt. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes und die Anordnung und Befristung nach § 11 Absatz 7 des Aufenthaltsgesetzes sind ebenso innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsandrohung bleibt hiervon unberührt.
(4) Die Aussetzung der Abschiebung darf nur angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen. Tatsachen und Beweismittel, die von den Beteiligten nicht angegeben worden sind, bleiben unberücksichtigt, es sei denn, sie sind gerichtsbekannt oder offenkundig. Ein Vorbringen, das nach § 25 Abs. 3 im Verwaltungsverfahren unberücksichtigt geblieben ist, sowie Tatsachen und Umstände im Sinne des § 25 Abs. 2, die der Ausländer im Verwaltungsverfahren nicht angegeben hat, kann das Gericht unberücksichtigt lassen, wenn andernfalls die Entscheidung verzögert würde.
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
1
Gründe:
2Der am 18. Dezember 2015 bei Gericht sinngemäß gestellte Antrag,
3die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung in dem Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 15. Dezember 2015 anzuordnen,
4hat keinen Erfolg.
5Es besteht kein Grund, der Klage entgegen der gesetzlichen Grundentscheidung in § 75 AsylG aufschiebende Wirkung zukommen zu lassen. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheides im Sinne von § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG liegen nicht vor.
6Derartige Zweifel liegen nur dann vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die angegriffene Maßnahme einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhält, wobei sich diese Prognose gerade auch auf das Offensichtlichkeitsurteil des Bundesamtes erstrecken muss.
7Vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 – 2 BvR 1516/93 –, juris (= NVwZ 1996, 678 [769 f.]).
8Dies ist nicht der Fall. Denn die Voraussetzungen für den Erlass der in Ziffer 5 des angegriffenen Bescheides des Bundesamtes erlassenen Abschiebungsandrohung gegen die Antragsteller liegen vor. Gemäß §§ 34 Abs. 1, 36 Abs. 1 AsylG erlässt das Bundesamt nach §§ 59 und 60 Abs. 10 AufenthG die Abschiebungsandrohung und setzt eine Ausreisefrist von einer Woche, wenn der Asylantrag eines Ausländers als offensichtlich unbegründet abgelehnt wird.
9Die Ablehnung des Asylantrags der Antragsteller als offensichtlich unbegründet ist zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) von § 29a AsylG gedeckt. Demnach ist der Asylantrag eines Ausländers aus einem Staat im Sinne des Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG (sicherer Herkunftsstaat) als offensichtlich unbegründet abzulehnen, es sei denn, die von dem Ausländer angegebenen Tatsachen oder Beweismittel begründen die Annahme, dass ihm abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat politische Verfolgung droht. Zur Ausräumung der Vermutung des § 29a AsylG ist nur ein Vorbringen zugelassen, das die Furcht vor politischer Verfolgung auf ein individuelles Verfolgungsschicksal des Antragstellers gründet. Dabei kann er seine Furcht vor politischer Verfolgung auch dann auf ein persönliches Verfolgungsschicksal stützen, wenn dieses seine Wurzel in allgemeinen Verhältnissen hat. Die Vermutung ist erst ausgeräumt, wenn der Asylbewerber die Umstände seiner politischen Verfolgung schlüssig und substantiiert vorträgt. Dieser Vortrag muss vor dem Hintergrund der Feststellung des Gesetzgebers, dass in dem jeweiligen Staat im Allgemeinen keine politische Verfolgung stattfindet, der Erkenntnisse der Behörden und Gerichte zu den allgemeinen Verhältnissen des Staates und der Glaubwürdigkeit des Antragstellers glaubhaft sein. Zur Substantiierung trägt insoweit bei, wenn der Asylbewerber die Beweismittel vorlegt oder benennt, die nach den Umständen von ihm erwartet werden können.
10Vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 – 2 BvR 1507/93, 2 BvR 12 BvR 1508/93 –, juris Rn. 97 f. (= BVerfGE 94, 115-166).
11Nach diesen Grundsätzen ist die gesetzliche Vermutung des § 29a Abs. 1 AsylG nicht widerlegt. Albanien – das Herkunftsland des Antragstellers – zählt nach dem am 21. Oktober 2015 in Kraft getretenen Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 20. Oktober 2015 (BGBl I 2015, 1722), welches insoweit keine Übergangsvorschriften vorsieht, zu den sicheren Herkunftsstaaten im Sinne von § 29a Abs. 2 AsylG i.V.m. Anlage II. Ein individuelles Verfolgungsschicksal haben die Antragsteller bei ihrer Anhörung vor dem Bundesamt am 15. Dezember 2015 nicht dargelegt. Ihr Vortrag, sie hätten Albanien aufgrund eines Familienstreites mit dem im selben Haushalt lebenden Vater des Antragstellers zu 1. verlassen, weil der Vater zuletzt versucht habe, seine Schwiegertochter – die Antragstellerin zu 2. – zu vergewaltigen, kann schon deshalb keine asyl- oder flüchtlingsrelevante Verfolgung zu begründen, weil innerfamiliäre Konflikte weder politische Verfolgung i.S.d. Art. 16a Abs. 1 GG noch einen Verfolgungsgrund gemäß § 3 Abs. 1 AsylG darstellen. Zudem sind die Antragsteller wegen der vorgeblichen Bedrohung durch den (Schwieger-)Vater auf den Schutz der generell schutzwilligen und schutzfähigen Sicherheitsbehörden in Albanien zu verweisen, deren Hilfe sie nach eigenen Angaben bewusst nicht in Anspruch genommen haben (§§ 3c Nr. 3, 3d AsylG). Aus diesem Grund scheidet auch die Gewährung subsidiären Schutzes aus (vgl. § 4 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. §§ 3c Nr. 3, 3d AsylG). Schließlich ist nicht ansatzweise dargelegt, dass es den nach eigenem Bekunden wirtschaftlich gut gestellten Antragstellern unmöglich oder unzumutbar wäre, bei ihrer Rückkehr einer erneuten Bedrohung durch Umzug innerhalb Albaniens zu entgehen, vgl. § 3e, § 4 Abs. 3 Satz 1 AsylG.
12Zur weiteren Begründung wird – auch hinsichtlich der Ausführungen zu den Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG sowie zur Abschiebungsandrohung und zur Befristungsentscheidung – gemäß § 77 Abs. 2 AsylG auf die Gründe des angegriffenen Bescheides Bezug genommen.
13Ob die Ablehnung des Asylantrags überdies auch auf § 30 Abs. 1 AsylG gestützt werden könnte, mag vor diesem Hintergrund dahin stehen.
14Die Antragsteller können eine aufschiebende Wirkung der Klage auch nicht unmittelbar aus Art. 46 Abs. 5 der Richtlinie 2013/32/EU ableiten. Denn die Antragsgegnerin hat das sich hieraus ergebende verfahrensrechtliche Bleiberecht in zulässiger Weise gemäß Art. 46 Abs. 6 RL 2013/32/EU eingeschränkt. Die Vorschrift räumt den Mitgliedstaaten die Möglichkeit ein, das durch Art. 46 Abs. 5 eingeräumte Bleiberecht in Fällen der Ablehnung des Antrags auf internationalen Schutz
15– dieser ist gemäߠ Art. 2 lit b) grundsätzlich auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und – hilfsweise (vgl. Art. 2 lit. f der Richtlinie 2011/95/EU) – auf die Gewährung subsidiären Schutzes gerichtet –,
16unter den in lit a) bis d) aufgeführten Fällen zu beenden und verpflichtet sie gleichzeitig – wenn sie von dieser Möglichkeit Gebrauch machen – ein gerichtliches Antragsverfahren gerichtet auf Verschaffung eines solchen Bleiberechts einzuräumen. Hiervon hat die Antragsgegnerin durch die Beschränkung der aufschiebenden Wirkung nach §§ 75 Abs. 1, 36 AsylG und die Möglichkeit des Eilrechtsschutzantrags nach § 80 Abs. 5 VwGO (vgl. § 36 Abs. 3 Satz 1 AsylG) Gebrauch gemacht. Die Beschränkung des Bleiberechts ist nach der Verfahrensrichtlinie für die hier allein in Betracht zu ziehende Variante der Ablehnung nach Art. 46 Abs. 6 lit a) zulässig, wenn ein Antrag entweder im Einklang mit Art. 32 Abs. 2 als offensichtlich unbegründet (1. Alt.) oder nach Prüfung gemäß Artikel 31 Abs. 8 als unbegründet betrachtet wird (2.Alt.), es sei denn diese Entscheidungen sind auf die in Art. 31 Abs. 8 lit. h aufgeführten Umstände (illegale Einreise) gestützt. Art. 32 Abs. 2 ermächtigt die Mitgliedstaaten, unbegründete Anträge, bei denen einer der in Art. 31 Abs. 8 aufgeführten Umstände gegeben ist, als offensichtlich unbegründet zu betrachten, wenn dies so in den nationalen Rechtsvorschriften vorgesehen ist.
17Mit diesen Vorgaben ist die Entscheidung des Bundesamtes, das im angefochtenen Bescheid die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft als offensichtlich unbegründet und die Gewährung subsidiären Schutzes als einfach unbegründet abgelehnt hat, vereinbar. Die Verfahrensrichtlinie eröffnet den Mitgliedstaaten unter den Voraussetzungen des Art. 31 Abs. 8 die Möglichkeit zur Durchführung eines beschleunigten Prüfungsverfahrens. Liegen diese Voraussetzungen von Art. 31 Abs. 8 vor, steht es den Mitgliedstaaten je nach Ausgestaltung ihres nationalen Rechtsrahmens frei, den Antrag auf internationalen Schutz entweder als offensichtlich unbegründet oder als einfach unbegründet abzulehnen. Dabei sind, wie die Verknüpfung „oder“ zeigt, beide Entscheidungsmodalitäten für die Ablehnung eines Antrags auf internationalen Schutz im beschleunigten Verfahren gleichwertig. Welchen Weg das nationale Recht wählt, ist nach Unionsrecht gleichgültig, zumal die materiellen Anforderungen an das beschleunigte Verfahren stets auf das identische Prüfprogramm – die Anforderungen des Art. 31 Abs. 8 – hinauslaufen. Für das beschleunigte Verfahren erforderlich, aber auch ausreichend ist, wenn das nationale Recht sicherstellt, dass vor Ablehnung eines Antrags auf internationalen Schutz geprüft und festgestellt worden ist, dass eine der Fallgruppen des Art. 31 Abs. 8 RL 2013/32/EU gegeben ist. Weitergehende materielle Anforderungen stellt Art. 46 Abs. 6 a) weder über Art. 32 Abs. 2 (1. Alternative) noch mit der 2. Alternative auf.
18Wegen der Gleichwertigkeit beider Alternativen im Hinblick auf den Prüfungsumfang – Antrag auf Gewährung internationalen Schutzes – ist es nach Unionsrecht auch unschädlich, wenn nationales Recht bezüglich des Bestandteils der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft den Weg über die 1. Alternative wählt und die Ablehnung als „offensichtlich unbegründet“ vorschreibt (§§ 29a, 36 Abs. 1 AsylG), bezüglich des subsidiären Schutzes den der 2. Alternative eröffnet. Dabei ist einzustellen, dass das Vorliegen der Voraussetzungen des § 29a Abs. 1 AsylG nicht allein in das beschleunigte Verfahren führt. Denn § 36 Abs. 1 AsylG legt lediglich die Länge der Ausreisefrist fest. Die Ausreisefrist ist Bestandteil des Regelungskomplexes der Abschiebungsandrohung (§ 34 Abs. 1 AsylG, § 59 Abs. 1 AufenthG), die ihrerseits eine Ausreisepflicht voraussetzt (§§ 67 Abs. 1 Nr. 4, 75 Abs. 1 AsylG, 50 AufenthG). Deshalb müssen, um nach nationalem Recht § 36 AsylG anwenden zu können, die Voraussetzungen des § 34 Abs. 1 AsylG vorliegen. Nach § 34 Abs. 1 Nr. 2a AsylG kann eine Abschiebungsandrohung aber nur dann erlassen werden, wenn dem Ausländer auch kein subsidiärer Schutz gewährt wird. Damit bilden über § 34 Abs. 1 AsylG beide Bestandteile des Antrags auf internationalen Schutz eine in Bezug auf die Aufenthaltsbeendigung im beschleunigten Verfahren untrennbare Einheit. Damit hat der nationale Gesetzgeber den Weg ins beschleunigte Verfahren normativ dann eröffnet, wenn der Antragsteller aus einem sicheren Herkunftsstaat kommt und sein Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf beide Bestandteile abgelehnt worden ist, wobei die Ablehnung bezüglich der Flüchtlingseigenschaft in qualifizierter Form als offensichtlich unbegründet erfolgen muss. Dieses Konzept ist von Art. 46 Abs. 6 a) insgesamt gedeckt. Berücksichtigt man ferner, dass Art. 288 Abs. 4 AEUV die Verbindlichkeit der Richtlinie nur hinsichtlich des zu erreichenden Ziels vorgibt, den Mitgliedstaaten jedoch die Wahl der Form und der Mittel überlässt, ist die Annahme einer wie auch immer gearteten „Sperrwirkung“ der 1. Alternative von Art. 46 Abs. 6 a) i.V.m. Art. 32 Abs. 2 abzulehnen. Für das Unionsrecht stellt allein die formale Einheitlichkeit der Tenorierung beider Aspekte des Antrags auf internationalen Schutz als „offensichtlich unbegründet“ gegenüber dem hier streitgegenständlichen Tenor keinen rechtlichen Mehrwert dar.
19Die demnach vorzunehmende Prüfung des Art. 31 Abs. 8 der Verfahrensrichtlinie – mit Ausnahme des Buchst. h – ergibt, dass dessen Voraussetzungen in der Variante von Buchstabe b) erfüllt sind. Demnach können die Mitgliedstaaten ein beschleunigtes Verfahren festlegen, wenn der Antragsteller aus einem „sicheren Herkunftsstaat im Sinne der Richtlinie“ kommt. Die diesbezüglichen Anforderungen des Unionsrechts werden über Art. 36, 37 und Anhang I der Richtlinie präzisiert.
20Gemäß Art. 37 Abs. 1 können die Mitgliedstaaten zum Zwecke der Prüfung von Anträgen auf internationalen Schutz Rechts- oder Verwaltungsvorschriften beibehalten oder erlassen, aufgrund deren sie im Einklang mit Anhang I sichere Herkunftsstaaten bestimmen können. Nach Anhang I gilt ein Staat als sicherer Herkunftsstaat, wenn sich anhand der dortigen Rechtslage, der Anwendung der Rechtsvorschriften in einem demokratischen System und der allgemeinen politischen Lage nachweisen lässt, dass dort generell und durchgängig weder eine Verfolgung im Sinne des Artikels 9 der Richtlinie 2011/95/EU noch Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe noch Bedrohung infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts zu befürchten sind. Für die von dem Mitgliedstaat vorzunehmende Prüfung gibt Art. 37 Abs. 3 ferner die Heranziehung verschiedener Informationsquellen, insbesondere Informationen anderer Mitgliedstaaten, des EASO, des UNHCR und des Europarates sowie anderer internationaler Organisationen vor.
21Diesen Anforderungen wird die durch § 29a Abs. 2 i.V.m. Anlage II AsylG vorgenommene Bestimmung Albaniens als sicherer Herkunftsstaat gerecht. Aus der Gesetzesbegründung zum Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 20. Oktober 2015 (BGBl I, S. 1722)
22BT.Drs. 18/6135, S. 38 ff.
23geht insbesondere deutlich hervor, dass sich die vorzunehmende abstrakt-generelle Prüfung nicht lediglich auf den Schutz bzw. die Sicherheit vor (politischer) Verfolgung, sondern auch auf die Tatbestände des subsidiären Schutzes, namentlich die Sicherheit vor unmenschlicher oder erniedrigender Bestrafung oder Behandlung noch Bedrohung infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen Konfliktes mit erstreckt hat. Hierbei wurden zahlreiche Auskünfte, darunter auch solche des EASO, herangezogen und bewertet. Den von der Richtlinie 2013/32/EU an die Bestimmung des sicheren Herkunftsstaates gestellten Anforderungen ist damit der Sache nach Genüge getan.
24Das nationale Konzept sicherer Herkunftsstaaten ist auch in seiner Ausgestaltung durch Art. 16a Abs. 3 GG und §§ 29a, 34 Abs. 1 und 36 Abs. 1 AsylG mit Art. 36 Abs. 1 der Verfahrensrichtlinie vereinbar. Nach dieser Vorschrift kann ein Drittstaat, der nach dieser Richtlinie als sicherer Herkunftsstaat bestimmt wurde, nach individueller Prüfung des Antrags nur dann als für einen bestimmten Antragsteller sicherer Herkunftsstaat betrachtet werden, wenn a) der Antragsteller die Staatsangehörigkeit des betreffenden Staates besitzt oder b) der Antragsteller staatenlos ist und zuvor seinen gewöhnlichen Aufenthalt in dem betreffenden Staat hatte und er keine schwerwiegenden Gründe dafür vorgebracht hat, dass der Staat in seinem speziellen Fall im Hinblick auf die Anerkennung als Person mit Anspruch auf internationalen Schutz im Sinne der Richtlinie 2011/95/EU nicht als sicherer Herkunftsstaat zu betrachten ist. Zwar erstreckt sich die Reichweite der in § 29a Abs. 1 AsylG normierten Sicherheitsvermutung nach ganz überwiegender Ansicht nicht, wie von Art. 36 Abs. 1 RL 2013/32/EU implizit vorgegeben (vgl. auch Erwägungsgrund Nr. 42), mit auf die Tatbestände des subsidiären Schutzes; sie ist vielmehr nach dem Wortlaut des 29a Abs. 1 AsylG und den verfassungsrechtlichen Vorgaben des Art. 16a Abs. 3 Satz 2 GG entsprechend auf die Prüfungsgegenstände „Asyl“ i.S.d. Art. 16a Abs. 1 GG und des Flüchtlingsschutzes (§ 3 AsylG) beschränkt.
25Vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 – 2 BvR 1507/93, 2 BvR 1508/93 -, BVerfGE 94, 115-166, juris; GK-AsylVfG/Funke-Kaiser, § 29a Rn. 81 f; a.A. Randelzhofer, in: Maunz/Dürig/Herzog, GG, Stand: Februar 1999, Art. 16a Rn. 130.
26Hieraus kann jedoch nicht auf eine Unvereinbarkeit des nationalen Konzepts des sicheren Herkunftsstaates mit der Verfahrensrichtlinie geschlossen werden. Dabei mag offen bleiben, ob § 29a Abs. 1 AsylG im Lichte des geltenden Unionsrechts, insbesondere der Richtlinien 2011/95/EU und 2013/32/EU, bereits vor der – nachzuholenden – Verabschiedung eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2013/32/EU einer entsprechenden teleologischen Extension zugänglich sein könnte oder nicht.
27Vgl. zur Berücksichtigung des Unionsrechts bei der Auslegung von § 29a AsylG Hailbronner, Ausländerrecht, Stand: Februar 2014, § 29a AsylVfG, Rn. 4, 10.
28Denn das bestehende nationale Konzept des sicheren Herkunftsstaates, welches bezüglich der Flüchtlingsanerkennung mit einer widerlegbaren Vermutung arbeitet und diese für den Zugang ins beschleunigte Verfahren ausreichen lässt (vgl. § 36 Abs. 1 AsylG), bezüglich des subsidiären Schutzes jedoch auf eine Vermutung verzichtet und stattdessen eine Vollprüfung des § 4 Abs. 1 AsylG verlangt, stellt – da eine Vollprüfung eine umfangreichere und tiefergehende Prüfung (vgl. Art. 4 Richtlinie 2011/95/EU) als die an eine Vermutung anknüpfende Feststellung erfordert – weitergehend als eine Vermutungsregelung sicher, dass der Herkunftsstaat des Antragstellers „in seinem speziellen Fall“ – auch in Bezug auf den subsidiären Schutz – als sicher zu betrachten ist. Denn bei einem negativen Ausgang der Vollprüfung sind „keine schwerwiegenden Gründe“ im Sinne von Art. 36 Abs. 1 Verfahrensrichtlinie denkbar, die den Schluss rechtfertigen könnten, dass der sichere Herkunftsstaat im Einzelfall nicht als sicherer Herkunftsstaat zu betrachten ist. Stellt aber die im nationalen Recht bei Personen aus sicheren Herkunftsstaaten für den Zugang zum beschleunigten Verfahren vorgeschriebene Vollprüfung des subsidiären Schutzes, vgl. §§ 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 a, 29 a Abs. 1, 36 Abs. 1 AsylG, weitergehend als die Vermutungsregelung sicher, dass für den Antragsteller in seinem speziellen Fall – auch in Bezug auf den subsidiären Schutz – sein Herkunftsstaat als sicher zu betrachten ist, wird ihm damit im nationalen Recht mindestens dasjenige gewährt, was Art. 36 Abs. 1 der Verfahrensrichtlinie erfordert. Damit wird den Gewährleistungen des Art. 46 Abs. 6 a) i.V.m. Art. 31 Abs. 8 b) Verfahrensrichtlinie an einen effektiven Rechtsschutz entsprochen. Dies steht auch in Einklang mit Art. 5 der Verfahrensrichtlinie. Demnach können bei den Verfahren zur Zuerkennung des internationalen Schutzes günstigere Bestimmungen eingeführt oder beibehalten werden, soweit diese Bestimmungen mit dieser Richtlinie vereinbar sind. Dies ist bezüglich des nationalen Rechts der Fall. Bei Ablehnung eines Antrags auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft als offensichtlich unbegründet nach § 29 a Abs. 1 AsylG ist dem Antragsteller aus einem sicheren Herkunftsstaat die Möglichkeit der Widerlegung der Vermutung eröffnet. Für den subsidiären Schutz sieht das nationale Recht bei einer Person aus einem sicheren Herkunftsstaat die günstigere Vollprüfung vor. Es bedarf nationalrechtlich keiner Einräumung einer Widerlegungsmöglichkeit, weil die Ablehnung nicht an die Vermutung anknüpft, dass der sichere Herkunftsstaat auch in dem speziellen des Antragstellers als sicher zu betrachten ist, sondern dies im Rahmen der Vollprüfung festzustellen ist. Diese im nationalen Recht vorgeschriebene Vollprüfung mit dem Ergebnis der Ablehnung des Antrages auf subsidiären Schutz als unbegründet gewährleistet mithin – weitergehend als das Modell Vermutung und Widerlegung der Vermutung –, dass der sichere Herkunftsstaat auch im speziellen Fall des Antragsteller als sicherer Herkunftsstaat zu betrachten ist.
29Vor diesem Hintergrund ist den Antragstellern die Berufung auf eine unzureichende Umsetzung der Richtlinie 2013/32/EU verwehrt.
30Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG.
31Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 Abs. 1 RVG.
32Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).
(1) Der Asylantrag eines Ausländers aus einem Staat im Sinne des Artikels 16a Abs. 3 Satz 1 des Grundgesetzes (sicherer Herkunftsstaat) ist als offensichtlich unbegründet abzulehnen, es sei denn, die von dem Ausländer angegebenen Tatsachen oder Beweismittel begründen die Annahme, dass ihm abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 oder ein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Absatz 1 droht.
(2) Sichere Herkunftsstaaten sind die Mitgliedstaaten der Europäischen Union und die in Anlage II bezeichneten Staaten.
(2a) Die Bundesregierung legt dem Deutschen Bundestag alle zwei Jahre, erstmals zum 23. Oktober 2017 einen Bericht darüber vor, ob die Voraussetzungen für die Einstufung der in Anlage II bezeichneten Staaten als sichere Herkunftsstaaten weiterhin vorliegen.
(3) Die Bundesregierung bestimmt durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates, dass ein in Anlage II bezeichneter Staat nicht mehr als sicherer Herkunftsstaat gilt, wenn Veränderungen in den rechtlichen oder politischen Verhältnissen dieses Staates die Annahme begründen, dass die in Artikel 16a Abs. 3 Satz 1 des Grundgesetzes bezeichneten Voraussetzungen entfallen sind. Die Verordnung tritt spätestens sechs Monate nach ihrem Inkrafttreten außer Kraft.
(1) Ein Asylantrag ist offensichtlich unbegründet, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung des internationalen Schutzes offensichtlich nicht vorliegen.
(2) Ein Asylantrag ist insbesondere offensichtlich unbegründet, wenn nach den Umständen des Einzelfalles offensichtlich ist, dass sich der Ausländer nur aus wirtschaftlichen Gründen oder um einer allgemeinen Notsituation zu entgehen, im Bundesgebiet aufhält.
(3) Ein unbegründeter Asylantrag ist als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn
- 1.
in wesentlichen Punkten das Vorbringen des Ausländers nicht substantiiert oder in sich widersprüchlich ist, offenkundig den Tatsachen nicht entspricht oder auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel gestützt wird, - 2.
der Ausländer im Asylverfahren über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder diese Angaben verweigert, - 3.
er unter Angabe anderer Personalien einen weiteren Asylantrag oder ein weiteres Asylbegehren anhängig gemacht hat, - 4.
er den Asylantrag gestellt hat, um eine drohende Aufenthaltsbeendigung abzuwenden, obwohl er zuvor ausreichend Gelegenheit hatte, einen Asylantrag zu stellen, - 5.
er seine Mitwirkungspflichten nach § 13 Abs. 3 Satz 2, § 15 Abs. 2 Nr. 3 bis 5 oder § 25 Abs. 1 gröblich verletzt hat, es sei denn, er hat die Verletzung der Mitwirkungspflichten nicht zu vertreten oder ihm war die Einhaltung der Mitwirkungspflichten aus wichtigen Gründen nicht möglich, - 6.
er nach §§ 53, 54 des Aufenthaltsgesetzes vollziehbar ausgewiesen ist oder - 7.
er für einen nach diesem Gesetz handlungsunfähigen Ausländer gestellt wird oder nach § 14a als gestellt gilt, nachdem zuvor Asylanträge der Eltern oder des allein personensorgeberechtigten Elternteils unanfechtbar abgelehnt worden sind.
(4) Ein Asylantrag ist ferner als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder des § 3 Abs. 2 vorliegen oder wenn das Bundesamt nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen hat.
(5) Ein beim Bundesamt gestellter Antrag ist auch dann als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn es sich nach seinem Inhalt nicht um einen Asylantrag im Sinne des § 13 Abs. 1 handelt.
Tenor
Der Antragstellerin wird für das Verfahren erster Instanz Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt und zur vorläufig unentgeltlichen Wahrnehmung der Rechte Rechtsanwalt U. aus Aachen beigeordnet, § 166 VwGO i.V.m. §§ 114, 115, 121 Abs. 2 ZPO.
Die aufschiebende Wirkung der Klage 4 K 113/16.A gegen die in Ziffer 5 des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 11. Januar 2016 enthaltene Abschiebungsandrohung wird angeordnet.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens, in dem Gerichtskosten nicht erhoben werden.
1
Gründe:
2Die Kammer versteht den wörtlich gestellten Antrag vom 22. Januar 2016,
3die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 11. Januar 2016 anzuordnen,
4bei verständiger Auslegung des Begehrens der Antragstellerin (vgl. § 88 VwGO) dahin, dass neben der Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung (Ziffer 5 des Bescheids) nicht auch die Anordnung der nach § 84 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG entfallenen aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die in Ziffer 6 des Bescheids verfügte Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG begehrt wird. Ein solches Begehren ergibt sich zum Einen nicht ausdrücklich aus der Antragsschrift. Zum Anderen besteht insoweit keine Beschwer der Antragstellerin, so dass sie kein Interesse an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung in Bezug auf die Befristungsentscheidung haben kann. Die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 2 AufenthG auf 12 Monate ist ein die Antragstellerin begünstigender Verwaltungsakt, da ohne diese Befristung das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG unbefristet gilt. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Befristung würde daher zur Folge haben, dass für die Antragstellerin wieder das unbefristete Einreise- und Aufenthaltsverbot gelten würde. Hieran kann sie erkennbar kein Interesse haben. Ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gerichtet auf Festsetzung der Befristung auf "Null" oder eine kürzere Frist dürfte mit Blick auf die insoweit eindeutige Regelung des § 84 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG unstatthaft sein (vgl. § 123 Abs. 5 VwGO).
5Der so verstandene Antrag,
6die aufschiebende Wirkung der Klage (4 K 113/16.A) gegen die in Ziffer 5 des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 11. Januar 2016 enthaltene Abschiebungsandrohung anzuordnen,
7hat Erfolg. Er ist zulässig und begründet.
8Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5 VwGO ist statthaft, da die Klage gegen die Abschiebungsandrohung keine aufschiebende Wirkung hat (vgl. § 75 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 VwGO). Die Antragstellerin hat mit dem Antrag vom 22. Januar 2016 auch die Antragsfrist von einer Woche nach Bekanntgabe des Bescheides (15. Januar 2016) eingehalten (vgl. § 36 Abs. 2 S. 1 AsylG).
9Gemäß § 36 Abs. 4 S. 1 AsylG i.V.m. Art. 16a Abs. 4 S. 1 GG darf die Aussetzung der Abschiebung in Fällen der Ablehnung des Asylantrags als offensichtlich unbegründet nach § 30 AsylG – wie hier – nur angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen.
10Anknüpfungspunkt für die Prüfung ist – neben den allgemeinen Voraussetzungen des § 34 AsylG – die Frage, ob das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) den Asylantrag zu Recht alsoffensichtlich unbegründet abgelehnt hat. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes liegen dann vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die Maßnahme einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhält. Geringe Zweifel reichen nicht aus. Maßgeblich ist das Gewicht der Faktoren, die Anlass zu Zweifeln geben.
11Vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 - 2 BvR 1516/93 -, juris, Rn. 93 ff.
12Nach diesen Maßstäben bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes.
13Das Bundesamt hat den Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, den Antrag auf Asylanerkennung und den Antrag auf subsidiären Schutz gemäß § 30 Abs. 1 AsylG i.V.m. Art. 32 und Art. 31 Abs. 8 Buchst. a der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung internationalen Schutzes (Verfahrensrichtlinie – VRL 2013) mit der Begründung als offensichtlich unbegründet abgelehnt, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, die Voraussetzungen für die Anerkennung als Asylberechtigte und die Voraussetzungen für die Zuerkennung subsidiären Schutzes offensichtlich nicht vorliegen.
14Der Bescheid begegnet allerdings nicht schon deswegen ernstlichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit, weil das Bundesamt das Offensichtlichkeitsurteil auch bezüglich des Antrags auf Zuerkennung subsidiären Schutzes gestützt auf § 30 Abs. 1 AsylG i.V.m. Art. 32 und Art. 31 Abs. 8 Buchst. a VRL 2013 getroffen hat.
15Denn § 30 Abs. 1 AsylG bietet in der vom Bundesamt vorgenommenen Auslegung im Lichte von Art. 32 und Art. 31 Abs. 8 Buchst. a VRL 2013 eine ausreichende Rechtsgrundlage für das Offensichtlichkeitsurteil auch insoweit.
16Vgl. a.A.: wohl VG Düsseldorf, Beschluss vom 22. Dezember 2015 - 7 L 3863/15. A -, juris, Rn. 25 ff. und 52.
17Zwar ist nach dem Wortlaut des § 30 Abs. 1 AsylG ein Asylantrag (schon dann) offensichtlich unbegründet, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft offensichtlich nicht vorliegen. Das Bundesamt hat die Vorschrift jedoch zu Recht dahingehend erweitert ausgelegt, dass für ein Offensichtlichkeitsurteil nach § 30 Abs. 1 AsylG zugleich auch die Voraussetzungen für die Zuerkennung subsidiären Schutzes offensichtlich nicht vorliegen müssen.
18Vgl. Verwaltungsvorschrift des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 20. Juli 2015, Referat 410 - 410-7406-30/15 -, zur unmittelbaren innerstaatlichen Anwendung der Richtlinie 2013/32/EU Rates vom 26. Juni 2013 (Verfahrensrichtlinie), S. 6; in diesem Sinne auch: Hailbronner, Ausländerrecht, Kommentar, Bd. 3, § 30 Rn. 18 ff.; Funke-Kaiser, in: Gemeinschaftskommentar zum AsylVfG, Band 2, Stand: Dezember 2015, § 30 Rn. 8 und 12 f.
19Ein solches Verständnis der Vorschrift ist im Wege einer richtlinienkonformen Auslegung im Hinblick auf die Richtlinie 2013/32/EU geboten. Die Richtlinie war u.a. hinsichtlich der Regelungen über die Ablehnung von Anträgen auf internationalen Schutz als offensichtlich unbegründet nach Art. 32 Abs. 2 VRL 2013 bis zum 20. Juli 2015 umzusetzen (vgl. Art. 51 Abs. 1 VRL 2013). Dies ist bislang nicht geschehen. Der noch die Umsetzung der Verfahrensrichtlinie beabsichtigende Entwurf eines „Gesetzes zur Änderung des Asylverfahrensgesetzes, des Asylbewerberleistungsgesetzes und weiterer Gesetze" vom 14. September 2015 ist nicht in die Gesetzgebungsorgane eingebracht worden. Nach Maßgabe der Übergangsvorschrift des Art. 52 VRL 2013 hat das Bundesamt die Richtlinie auch zu Recht bei der Auslegung von § 30 Abs. 1 AsylG berücksichtigt, auch wenn die Antragstellerin den förmlichen Asylantrag noch vor dem 20. Juli 2015 gestellt hat. Gemäß Unterabs. 1 S. 1 dieser Vorschrift wenden die Mitgliedstaaten die Rechts- und Verwaltungsvorschriften nach Art. 51 Abs. 1 VRL 2013 auf förmlich gestellte Anträge auf internationalen Schutz nach dem 20. Juli 2015 oder „früher an". Für vor diesem Datum förmlich gestellte Anträge gelten die Rechts- und Verwaltungsvorschriften nach Maßgabe der Richtlinie 2005/85/EG (vgl. Art. 52 Unterabs. 1 S. 2 VRL 2013). Die Richtlinie 2013/32/EU kann damit aufgrund des Günstigkeitsprinzips (vgl. „oder früher" in Art. 52 Unterabs. 1 S. 1 VRL 2013 sowie Art. 5 VRL 2013) auch auf – wie hier – vor dem 20. Juli 2015 gestellte förmliche Asylanträge vorzeitig angewandt bzw. bei der Auslegung nationalen Rechts berücksichtigt werden, wenn die dort enthaltenen Regelungen für den Antragsteller günstiger sind als die entsprechenden Regelungen in der Richtlinie 2005/85/EG.
20Vgl. hierzu: BVerwG, Beschluss vom 23. Oktober 2015 - 1 B 41/15 -, NVwZ 2015, 1779 = juris, Rn. 11 f.
21Dies ist hinsichtlich der Regelungen betreffend die Ablehnung von Asylanträgen als offensichtlich unbegründet jedoch der Fall. Denn nach der Richtlinie 2005/85/EG kann ein Asylantrag nach den einschlägigen nationalen Vorschriften bereits dann als offensichtlich unbegründet abgelehnt werden, mit der Folge, dass ein verfahrensbezogenes Bleiberecht bis zur gerichtlichen Entscheidung über den Asylantrag im Hauptsacheverfahren nicht besteht und eine vorzeitige Aufenthaltsbeendigung möglich ist, sofern nicht das Gericht auf Antrag die Aussetzung der Abschiebung anordnet (vgl. §§ 30 Abs. 1, 36, 75 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO), wenn lediglich die Voraussetzungen für die Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft offensichtlich nicht vorliegen (vgl. Art. 28 Abs. 2 i.V.m. Art. 23 Abs. 4 Buchst. a, b und g sowie Art. 39 Abs. 3 VRL 2005). Demgegenüber kann nach der Richtlinie 2013/32/EU ein Antrag auf internationalen Schutz nach den einschlägigen nationalen Vorschriften nur dann mit der oben genannten Rechtsfolge als offensichtlich unbegründet abgelehnt werden, wenn sowohl die Voraussetzung für die Anerkennung als Asylberechtigter als auch die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft als auch die Voraussetzungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzes offensichtlich nicht vorliegen (vgl. Art. 32 Abs. 2 i.V.m. Art. 31 Abs. 8 Buchst. a und e sowie Art. 46 Abs. 5 und 6 VRL 2013). Der Entzug des grundsätzlich gemäß Art. 46 Abs. 5 VRL 2013 vorgesehenen verfahrensbezogenes Bleiberechts während der Dauer des gerichtlichen Verfahrens durch die (qualifizierte) Ablehnung des Antrags als offensichtlich unbegründet ist also nur dann möglich, wenn der Asylantrag hinsichtlich aller drei Verfahrensgegenstände als offensichtlich unbegründet abgelehnt wird. Die Erstreckung des Offensichtlichkeitsurteils auch auf den Verfahrensgegenstand des subsidiären Schutzes stellt somit eine Verbesserung der Rechtsposition der Antragsteller gegenüber der Vorgängerrichtlinie dar.
22Bei der danach möglichen vorzeitigen Anwendung der Richtlinie 2013/32/EU auf vor dem 20. Juli 2015 gestellte förmliche Asylanträge ist nach Ablauf der Umsetzungsfrist jedoch auch eine richtlinienkonformen Auslegung des § 30 Abs. 1 AsylG – wie vom Bundesamt vorgenommen – geboten. Denn die nationalen Behörden sind ebenso wie die nationalen Gerichte nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union aufgrund des Umsetzungsgebots des Art. 288 Abs. 3 AEUV verpflichtet, bei der Anwendung des innerstaatlichen Rechts das innerstaatliche Recht so weit wie möglich anhand des Wortlauts und des Zwecks einer Richtlinie auszulegen, um das in ihr festgelegte Ergebnis zu erreichen und auch die den Einzelnen in der Richtlinie hinreichend bestimmt und unbedingt eingeräumten Rechte zu verwirklichen.
23Vgl. hierzu: BVerwG, Urteil vom 25. Juni 2014 - 6 C 10.13 -, BVerwGE 150, 74 = juris Rn. 52 ff.; EuGH, Urteil vom 5. Oktober 2004 - Rs. C-397/01 bis C-403/01, Pfeiffer u.a. - Slg. 2004, I-8835 - Rn. 113 m.w.N.
24Eine Auslegung des § 30 Abs. 1 AsylG, die den Vorgaben der insoweit hinreichend bestimmten und unbedingten Art. 32 Abs. 2 i.V.m. Art. 31 Abs. 8 Buchst. a und e sowie Art. 46 Abs. 5 und 6 VRL 2013 entspricht, ist nach den nationalen Auslegungsmethoden ohne Weiteres im Sinne einer teleologischen – erweiternden – Auslegung dahingehend möglich, dass der Asylantrag nur dann als offensichtlich unbegründet abzulehnen ist, wenn auch die Voraussetzungen für die Zuerkennung subsidiären Schutzes offensichtlich nicht vorliegen.
25Ein solches Verständnis der Vorschrift ist im Übrigen bereits in dem Begriff des Asylantrags im Sinne von § 13 Abs. 1 und 2 AsylG i.d.F. des zum 1. Dezember 2013 in Kraft getretenen Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status der Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (EU-Flüchtlingsschutz-Richtlinie) vom 28. August 2013 (BGBl. I, S. 3474) angelegt. Denn nach dieser Begriffsbestimmung wird zum Gegenstand des Asylantrags nunmehr ausdrücklich auch das Begehren auf Zuerkennung internationalen Schutzes im Sinne der Richtlinie 2011/95/EU und damit auch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes im Sinne von § 4 AsylG erklärt. Ist dieses Schutzbegehren aber Gegenstand des Asylantrags, kann das Offensichtlichkeitsurteil nach § 30 Abs. 1 AsylG mit der Folge des Wegfalls der aufschiebenden Wirkung und einer beschleunigten Aufenthaltsbeendigung schon aus gesetzessystematischen Gründen nur dann getroffen werden, wenn auch die diesbezüglichen Voraussetzungen offensichtlich nicht vorliegen.
26Da die Richtlinienbestimmungen – wie dargelegt – dem Antragsteller eine günstigere (verfahrensrechtliche) Rechtsposition vermitteln, steht der richtlinienkonformen Auslegung insbesondere auch nicht das Verbot einer unmittelbaren Anwendung der Richtlinien zulasten des Einzelnen entgegen.
27Vgl. hierzu: VG Düsseldorf, Beschluss vom 22. Dezember 2015 - 7 L 3863/15. A -, juris, Rn. 55 und 63 ff.
28Der streitgegenständliche Bescheid begegnet jedoch deswegen ernstlichen Zweifeln, weil die Kammer die Bewertung des Bundesamtes, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung subsidiären Schutzes bezogen auf die Herkunftsregion der Antragstellerin (Bagdad) offensichtlich nicht vorliegen, nach der gegenwärtigen Erkenntnislage nicht teilen kann.
29Die Ablehnung des Asylantrags als offensichtlich unbegründet setzt voraus, dass im maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt der Entscheidung (vgl. § 77 Abs. 1 AsylG) an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen vernünftigerweise keine Zweifel bestehen können und sich bei einem solchen Sachverhalt nach allgemein anerkannter Rechtsauffassung die Ablehnung des Asylantrags geradezu aufdrängt.
30Vgl. BVerfG, Beschluss vom 2. Mai 1984 - 2 BvR 1413/83 -, BVerfGE 67, 43 = juris, Rn. 27; Beschluss vom 20. Dezember 2006 - 2 BvR 2063/06 -, NVwZ 2007, 1046 = juris, Rn. 10 (zur Abweisung der Klage als offensichtlich unbegründet nach § 78 Abs. 1 AsylVfG).
31Gemessen daran lässt sich ein Offensichtlichkeitsurteil bezüglich der Unbegründetheit des Antrags auf Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Auffassung der Kammer nicht treffen, weil nach den ihr vorliegenden Erkenntnissen zumindest weiterer Aufklärungsbedarf in tatsächlicher Hinsicht besteht. In Anbetracht der steigenden Zahl von Anschlägen mit Toten und Verletzten im Großraum Bagdad – gerade auch im Zuge der bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen den irakischen Regierungstruppen und ihren Verbündeten einerseits und der sunnitischen Terrormiliz "Islamischer Staat" andererseits nach deren Vorrücken im Sommer 2014 – bedarf es zur Beurteilung der Frage, ob der Antragstellerin bei einer Rückkehr nach Bagdad aktuell ein ernsthafter Schaden im Sinne von § 4 Abs. 1 Nr. 3 AsylG i.V.m. Art. 15 Buchst. c der Richtlinie 2011/95/EU droht, d.h. ob sie als Zivilpersonen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts zu befürchten hat, weiterer Aufklärung in tatsächlicher Hinsicht. Für eine solche Aufklärung ist im Rahmen des vorliegenden Verfahrens auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes aufgrund dessen vorläufigen Charakters jedoch kein Raum. Sie muss vielmehr dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.
32Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG.
33Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).
Tenor
Es wird festgestellt, dass die Klage 7 K 8009/15.A aufschiebende Wirkung hat.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
1
Gründe:
2Der am 1. Dezember 2015 wörtlich gestellte Antrag,
3die aufschiebende Wirkung der Klage gem. § 80 Abs. 5 VwGO anzuordnen,
4hat unter Berücksichtigung des wohlverstandenen Rechtsschutzinteresses der Antragsteller in der tenorierten Fassung Erfolg.
5Der Feststellung der aufschiebenden Wirkung der Klage steht nicht entgegen, dass nach § 75 Abs. 1 AsylG die Klage gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz nur in den Fällen des § 38 Abs. 1 sowie der §§ 73, 73b und 73c aufschiebende Wirkung hat. Der Klage 7 K -8009/15.A kommt nach diesen Vorschriften keine aufschiebende Wirkung zu, da sie gegen die Entscheidung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 7. Oktober 2015 gerichtet ist, mit der die Antragsteller betreffend folgende Entscheidung erging:
6- 7
1. Die Anträge auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft werden als offensichtlich unbegründet abgelehnt.
- 8
2. Die Anträge auf Asylanerkennung werden als offensichtlich unbegründet abgelehnt.
- 9
3. Die Anträge auf subsidiären Schutz werden als offensichtlich unbegründet abgelehnt.
- 10
4. Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 S. 1 des Aufenthaltsgesetzesliegen nicht vor.
- 11
5. Die Antragsteller werden aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen. Sollten die Antragsteller die Ausreisefrist nicht einhalten, werden sie nach Mazedonien abgeschoben. Die Antragsteller können auch in einen anderen Staat abgeschoben werden, in den sie einreisen dürfen oder der zu ihrer Rücknahme verpflichtet ist.
- 12
6. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird gemäß § 11 Abs. 7 des Aufenthaltsgesetzes angeordnet und auf 10 Monate ab dem Tag der Ausreise befristet.
- 13
7. Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot wird gemäß § 11 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes wird auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet.
Es handelt sich wegen der gesetzten Ausreisefrist von nur einer Woche um einen Fall des § 36 Abs. 1 AsylG, in dem die Klage nach § 75 Abs. 1 AsylGkeine aufschiebende Wirkung entfaltet.
15Die Antragsteller können sich indes im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) aufArtikel 46 Abs. 5 der Verfahrensrichtlinie
16Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (Neufassung), ABl. der EU, L 180/60 (Verfahrensrichtlinie)
17berufen (Bleiberecht bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf, I.), dessen Ausnahmen hiervon nicht vorliegen (Befugnis zum „beschleunigten Verfahren“ in Abs. 6, II.) und der im Verhältnis der Antragsteller zur Antragsgegnerin unmittelbar anwendbar ist (III.).
18I. Gemäß Art. 46 Abs. 5 der Verfahrensrichtlinie gestatten die Mitgliedstaaten – unbeschadet des Absatzes 6 (hierzu unter II.) – den Antragstellern den Verbleib im Hoheitsgebiet bis zum Ablauf der Frist für die Ausübung des Rechts der Antragsteller auf einen wirksamen Rechtsbehelf und, wenn ein solches Recht fristgemäß ausgeübt wurde, bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf.
19Aus Art. 46 Abs. 1 und 3 Verfahrensrichtlinie ergibt sich, dass es sich bei dem Rechtsbehelf um einen gerichtlichen Rechtsbehelf (zumindest vor einem erstinstanzlichen Gericht) handeln muss, der eine umfassende Ex-nunc-Prüfung vorsieht, die sich sowohl auf Tatsachen als auch auf Rechtsfragen erstreckt. Nationalrechtlich wird dieses Recht durch die Klagemöglichkeit (§§ 74 ff AsylG) gegen die Entscheidungen des zuständigen Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge und die nach § 80 Abs. 1 VwGO grundsätzlich gewährte aufschiebende Wirkung der Klage umgesetzt und gewährleistet. Insbesondere durch den systematischen Zusammenhang mit Art. 46 Abs. 3, 5 und 6 Verfahrensrichtlinie wird auch deutlich, dass es sich bei dem genannten Rechtsbehelf nicht nur um einen Rechtsbehelf des einstweiligen Rechtsschutzes handeln kann, sondern nationalrechtlich eine Klagemöglichkeit im Hauptsachverfahren erfordert.
20Diese Klagemöglichkeit haben die Antragsteller auch fristgerecht ergriffen. Damit steht ihnen bis zur Entscheidung der Klage ein Recht auf den Verbleib im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaates – Deutschland - zu.
21II. Das Recht auf Verbleib bis zur Entscheidung über die Klage ist gegenüber den Antragstellern auch nicht durch die Ablehnung der Anträge als „offensichtlich unbegründet“ beendet.
22Die Verfahrensrichtlinie räumt den Mitgliedstaaten in Art. 46 Abs. 6 die Möglichkeit ein, dieses verfahrensrechtliche Bleiberecht in Fällen der Ablehnung des Antrags
23der nach Art. 2 lit. b) grundsätzlich die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und die Gewährung subsidiären Schutzes umfasst,
24u.a. als „offensichtlich unbegründet“ zu beenden und verpflichtet sie gleichzeitig – wenn sie von dieser Möglichkeit Gebrauch machen – ein gerichtliches Antragsverfahren gerichtet auf Verschaffung eines solchen Bleiberechts einzurichten. Hiervon hat die Bundesrepublik Deutschland durch die Beschränkung der aufschiebenden Wirkung nach §§ 75 Abs. 1, 34, 36 Abs. 1 AsylG und die Möglichkeit des Antrages nach § 80 Abs. 5 VwGO grundsätzlich Gebrauch gemacht.
25Die Beschränkung des Bleiberechts ist nach der Verfahrensrichtlinie für die hier allein in Betracht zu ziehende Variante der Ablehnung als „offensichtlich unbegründet“ nach Art. 46 Abs. 6 lit a) indes nur zulässig, wenn ein Antragim Einklang mit Artikel 32 Absatz 2 der Verfahrensrichtlinie als offensichtlich unbegründet oder nach Prüfung gemäß Artikel 31 Absatz 8 als unbegründet betrachtet wird, es sei denn diese Entscheidungen sind auf die in Artikel 31 Absatz 8 Buchstabe h aufgeführten Umstände (unerlaubte Einreise und Aufenthalt) gestützt.
26Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
27Zwar hat das Bundesamt auch den Antrag auf Gewährung subsidiären Schutzes in Ziffer 3. des angefochtenen Bescheides als „offensichtlich unbegründet“ abgelehnt, es hat damit aber nicht die Voraussetzungen des Art. 46 Abs. 6 Verfahrensrichtlinie zu begründen vermocht. Denn die Ablehnungsentscheidung als „offensichtlich unbegründet“ kann nach dem klaren Richtlinienwortlaut das verfahrensrechtliche Bleiberecht des Art. 45 Abs. 5 nur dann beenden, wenn sie „im Einklang mit Artikel 32 Abs. 2“ ergeht. Nach Art. 32 Abs. 2 Verfahrensrichtlinie setzt die Möglichkeit der Ablehnung von unbegründeten Anträgen,
28bei denen einer der in Artikel 31 Absatz 8 aufgeführten Umstände gegeben ist,
29als „offensichtlich unbegründet“ voraus, dass dies so in den nationalen Rechtsvorschriften vorgesehen ist.
30Das Asylgesetz bietet (derzeit) aber keine Rechtsgrundlage zur Ablehnung eines Antrages auf Gewährung subsidiären Schutzes als „offensichtlich unbegründet“.
31Dies gilt zunächst für die hier in Betracht zu ziehende Vorschrift des § 29a AsylG, auf die das Bundesamt die angefochtene Tenorierung stützt. Denn die Vorschrift bietet (derzeit) nur eine Ermächtigungsgrundlage, die begehrte Anerkennung als Asylberechtigter und die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft die Grundlage zur Ablehnung als „offensichtlich unbegründet“ abzulehnen.
32Nach § 29a Abs. 1 AsylG ist der Asylantrag eines Ausländers aus einem Staat im Sinne des Artikels 16a Abs. 3 Grundgesetz (sicherer Herkunftsstaat) als offensichtlich unbegründet abzulehnen, es sei denn, die von dem Ausländer angegebenen Tatsachen oder Beweismittel begründen die Annahme, dass ihm abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsland politische Verfolgung droht. Dem steht die Verwendung des Begriffs „Asylantrag“ und dessen Definition in § 13 Abs. 1 AsylG nicht entgegen. Danach werden alle Streitgegenstände des AsylG
33außer der dem Bundesamt nach § 24 Abs. 1 AsylG zugewiesenen Entscheidung der ausländerrechtlichen Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG
34umfasst. Hieraus kann jedoch nicht geschlossen werden, die Vorschrift des § 29a Abs.1 AsylG erstrecke damit auch die qualifizierte Ablehnung als offensichtlich unbegründet auf den im Asylantrag enthaltenen Antrag auf Zuerkennung subsidiären Schutzes.
35In diesem Sinne Zeitler, HTK-AuslR § 13 AsylG, Anm 1.
36Ein solches Verständnis, das der Änderung des § 13 Abs. 1 und 2 AsylG
37durch das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie vom 28. August 2013, BGBl. I 3474
38durchaus zu Grunde gelegen haben mag,
39vgl. Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zu Nummer 14 (§ 13) a) in BT Drs. 17/13063 S. 20,
40würde bei der derzeit unvollständigen Umsetzung der Verfahrensrichtlinie dazu führen, dass ein alle Streitgegenstände des AsylG umfassender Asylantrag – also auch der Antrag auf subsidiären Schutz nach § 4 AsylG - nach § 29a Abs. 1 AsylG als offensichtlich unbegründet abgelehnt werden könnte,obwohl die Voraussetzungen für subsidiären Schutz vorliegen. Denn nach dem Wortlaut der Vorschrift kann der aus einem sicheren Herkunftsstaat stammende Ausländer diese Entscheidung nur abwenden, wenn die von ihm angegebenen Tatsachen oder Beweismittel die Annahme begründen, dass ihm abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsland politische Verfolgung drohe. Dieses widersinnige Ergebnis lässt sich derzeit nur vermeiden, wenn der Begriff des „Asylantrags“ im Sinne des § 29a AsylG entgegen des Wortlauts des § 13 Abs. 1, 2 AsylG teleologisch auf die Streitgegenstände „Asyl“ und „Flüchtlingseigenschaft“ reduziert wird.
41Auch die verfassungsunmittelbare Vermutung nach Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG
42- und dessen Ausformung in § 29a Abs. 1 AsylG –
43der Verfolgungsfreiheit von Personen, die aus sicheren Herkunftsstaaten im Sinne des Gesetzes stammen, bezieht sich nämlich allein auf die Freiheit vor politischer Verfolgung
44Hailbronner, Ausländerrecht, zu § 29a AsylG, Rz. 21 und 25; Funke-Kaiser in GK-AsylVfG, zu § 29a Rz. 81ff; BeckOK Heusch AsylVfG § 29a Rn. 33-36;
45und damit auf die Streitgegenstände der Asylanerkennung nach Art. 16a Abs. 1 GG und derZuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG/§ 60 Abs. 1 AufenthG.
46So ausdrücklich BeckOK Heusch AsylVfG § 29a Rn. 33f; Funke-Kaiser in GK-AsylVfG, zu § 29a Rz. 81f.
47Denn zum Einen ist in Art. 16a Abs.3 S. 2 Halbsatz 1 GG entsprechend der im zweiten Halbsatz vorgenommenen Präzisierung das Wort „verfolgt“ um das Adverb „politisch“ zu ergänzen.
48BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 – 2 BvR 1507/93, 2 BvR 1508/93 –, BVerfGE 94, 115-166, - juris Rz. 93.
49Zum Anderen regelt die in Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG genannte Aufzählung der Gefahren „unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung“ nicht die Reichweite der Vermutungswirkung, sondern allein die Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, damit der (einfachrechtliche) Gesetzgeber Staaten zu „sicheren Herkunftsstaaten“ bestimmen darf und geht damit über den Schutzbereich des Art. 16a Abs. 1 GG hinaus. Damit erstreckt sich die Vermutung von Vornherein nicht darauf, dass dem Asylbewerber aus dem sicheren Herkunftsstaat keine unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung droht.
50BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 – 2 BvR 1507/93, 2 BvR 1508/93 –, BVerfGE 94, 115-166, - juris Leitsatz Nr. 5, Rz. 95.
51Eine Ablehnung des Streitgegenstands „subsidiärer Schutz“ als offensichtlich unbegründet lässt sich demnach auf § 29a AsylG nicht stützen. Vielmehr sind Bundesamt und Verwaltungsgerichte, an die sich die gesetzliche Vermutung richtet, verpflichtet, die Voraussetzungen des subsidiären Schutzes i.S.v. § 4 AsylG sowie Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG in jedem Einzelfall zu prüfen.
52So ausdrücklich auch BeckOK Heusch AsylVfG § 29a Rn. 33f und Marx AsylVfG § 29a Rn. 24.
53Dass hiervon auch die Bundesregierung ausgeht, ergibt sich aus dem noch die Umsetzung der Verfahrensrichtlinie beabsichtigenden Entwurf eines „Gesetzes zur Änderung des Asylverfahrensgesetzes, des Asylbewerberleistungsgesetzes und weiterer Gesetze“ vom 14. September 2015 (12:30 Uhr), der letztlich aber nicht in die Gesetzgebungsorgane eingebracht wurde. Darin war vorgesehen, in § 29a Abs. 1 AsylG das Wort „politische“ zu streichen und nach dem Wort „Verfolgung“ die Wörter „oder ein ernsthafter Schaden“ einzufügen. Damit hätte der Gesetzgeber die Vermutungswirkung, die sich aus der Herkunft aus einem sicheren Herkunftsstaat ergibt, auf die Freiheit vor den Gefahren, vor denen der subsidiäre Schutz bewahren soll, ausgedehnt.
54Die angefochtene Tenorierung lässt sich auch nicht auf die Vorschrift § 30 Abs. 1 und 2 AsylG stützen, die das Bundesamt insoweit zu Recht auch nicht heranzieht. Auch im Rahmen dieser Vorschrift könnte aus der Benutzung des in § 13 Abs. 1 und 2 AsylG definierten Begriffs „Asylantrag“ der Schluss gezogen werden, die Norm ermögliche (auch) die Ablehnung des darin enthaltenen Antrags auf subsidiären Schutz als „offensichtlich unbegründet“. Und mit Blick auf die weiteren Voraussetzungen der Norm, dass die „Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft offensichtlich nicht vorliegen“, wäre mithin denkbar, den im Asylantrag enthaltenen Antrag auf subsidiären Schutz als offensichtlich unbegründet abzulehnen, obwohl die Voraussetzungen für den subsidiären Schutz vorliegen. Auch in diesem Zusammenhang ist jedoch aus den vorgenannten Gründen derzeit eine teleologische Reduktion des Begriffs „Asylantrag“ auf die Streitgegenstände „Asylanerkennung“ und „Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft“ geboten.
55Dem § 29a AsylG kann auch nicht im Wege der richtlinienkonformen Auslegung eine Ermächtigungsgrundlage zur Ablehnung eines Antrages auf Zuerkennung subsidiären Schutzes als „offensichtlich unbegründet“ entnommen werden. Der aus Art. 4 Abs. 3 EUV folgende Grundsatz der Unionstreue verpflichtet alle mitgliedstaatlichen Stellen, also auch Gerichte, dazu, diejenige Auslegung des nationalen Rechts zu wählen, die dem Inhalt einer EU-Richtlinie in der ihr vom Europäischen Gerichtshof gegebenen Auslegung entspricht. Allerdings findet die Pflicht zur Verwirklichung des Richtlinienziels im Auslegungswege zugleich ihre Grenzen an dem nach innerstaatlicher Rechtstradition methodisch Erlaubten.
56BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 26. September 2011 – 2 BvR 2216/06, 2 BvR 469/07 –, juris Rz 46f.
57Methodisch ausgeschlossen ist hier eine erweiternde Auslegung des § 29a AsylG schon deswegen, weil der Gesetzgeber die (Neu-)Fassung der Verfahrensrichtlinie mit den über die Vorgängerrichtlinie hinausgehenden Regelungen noch überhaupt nicht umgesetzt hat. Es hieße die Lehre der unmittelbaren Anwendbarkeit (s.u. III.) von nicht oder nicht rechtzeitig umgesetzten Richtlinien umzukehren, wollte man aus der Richtlinie heraus das nationale Recht erweiternd auslegen, um so dem säumigen Gesetzgeber eines Mitgliedstaates Ermächtigungsgrundlagen zu verschaffen. Darüber hinaus stellt die Verfahrensrichtlinie, wie sich schon aus dem Wortlaut des Art. 32 Abs. 2 ergibt, das beschleunigte Asylverfahren unter den ausdrücklichen Vorbehalt des Gesetzgebers des Mitgliedsstaates.
58III. Das den Antragstellern zustehende Bleiberecht bis zur Entscheidung der Klage aus Art. 46 Abs. 5Verfahrensrichtlinie ist im Verhältnis der Antragsteller und der Antragsgegnerin auch unmittelbar anwendbar.
59Zunächst ist die Verfahrensrichtlinie in ihrer aktuellen Fassung gem. Art. 52 Abs. 1 (Übergangsbestimmungen) auf die Asylanträge der Antragsteller anwendbar. Danach sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, die Rechts- und Verwaltungsvorschriften nach Artikel 51 Absatz 1
60i.e. die Artikel 1 bis 30, Artikel 31 1, 2 und 6 bis 9, den Artikeln 32 bis 46, den Artikeln 49 und 50 sowie den Anhang I
61auf förmlich gestellte Anträge auf internationalen Schutz
62sowie auf hier nicht weiter einschlägige eingeleitete Verfahren zur Aberkennung des internationalen Schutzes
63nach dem 20. Juli 2015 oder früher anzuwenden.
64Die Antragsteller haben ihre Asylanträge nach Aktenlage am 21. Juli 2015 und damit nach dem vorgenannten Stichtag gestellt.
65Nach Art. 288 S. 4 AEUV
66Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union vom 25. März 1957, UNTS Bd. 298 S. 11;
67ist eine Richtlinie für jeden Mitgliedstaat, an den sie gerichtet wird, hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich, überlässt jedoch den innerstaatlichen Stellen die Wahl der Form und der Mittel. Damit begründen Richtlinien im Ausgangspunkt keine Rechte oder Pflichten einzelner sich im innerstaatlichen Recht gegenüberstehender Rechtsträger, sondern nur Pflichten für die Mitgliedstaaten. Die Mitgliedstaaten haben also die Pflicht, die von der Richtlinie formulierten Ziele in nationales Recht umzusetzen, indem ihre Organe inhaltlich den Vorgaben der Richtlinie entsprechend Regelungen im nationalen Recht erlassen.
68Nach der Rechtsprechung des EuGH
69EuGH, Rs. 148/78 (Ratti), Slg 1979, 1629 Rdn. 18; Rs. 8/81 (Becker), Slg. 1982, 53 Rdn. 24f; Streinz, EUV/EGV, zu Art. 249 EUV Rdn. 101ff; zu Unterlassungspflichten zuletzt: EuGH, Urteil vom 19.2.2009 (Soysal), Rs. C‑228/06 , InfAuslR 2009, 135.
70ist eine unmittelbare Anwendbarkeit europäischer Richtlinien im Verhältnis zwischen den staatlichen Behörden und dem Einzelnen aber dann anzunehmen, wenn die Vorschrift nach Ablauf der Umsetzungsfrist nicht hinreichend in nationales Recht umgesetzt ist, die Bestimmung hinreichend genau die Verpflichtung einer staatlichen Stelle begründet und die Verpflichtung nicht an eine Bedingung geknüpft ist. Durch diese vom EuGH entwickelte „unmittelbare Wirkung“ europäischer Rechtsakte wird gewährleistet, dass die Mitgliedstaaten die effektive Geltung der in Richtlinien enthaltenen Vorgaben nicht durch bloße Untätigkeit über die Umsetzungsfrist hinaus oder durch unzureichende Umsetzung verzögern oder vermeiden können. Daraus folgt aber zugleich, dass die unmittelbare Anwendbarkeit nur gegenüber den staatlichen Stellen gegeben sein kann, denn die Richtlinien richten sich von vornherein nur an die Mitgliedstaaten. Das heißt, der Mitgliedstaat und seine Organe und Behörden können sich nicht gegenüber einer Privatperson zu deren Lasten auf Regelungen der Richtlinie stützen. Dies widerspräche auch dem Sanktionscharakter der unmittelbaren Anwendbarkeit.
71Die Voraussetzungen für die unmittelbare Anwendbarkeit des Art. 46 Abs. 5 Verfahrensrichtlinie liegen hier vor.
72Dies sieht auch die Antragsgegnerin so: BAMF Referat 410 „Leitfaden zur unmittelbaren innerstaatlichen Anwendung der Richtlinie 2013/32/EU des Rates vom 26.6.2013 (Verfahrensrichtlinie)“, in InfAuslR 2015, 398.
73Die Verfahrensrichtlinie vom 26. Juni 2013 war nach Art. 51 Abs. 1 der Richtlinie hinsichtlich der hier einschlägigen Vorschriften bis spätestens zum 20. Juli 2015 umzusetzen. Die Umsetzungspflicht ist – bezogen auf die Vorschriften über das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf - auch nicht durch Nr. 61 der Erwägungsgründe eingeschränkt, weil diese Vorschriften im Vergleich zu der Richtlinie 2005/85/EG
74vom 1. Dezember 2005 über Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung und Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft, Abl L 326/13,
75inhaltlich geändert wurden. Dies ergibt sich schon daraus, dass Art. 39 Abs. 3 Richtlinie 2005/85/EG es noch den Mitgliedstaaten überließ, ein verfahrensabhängiges Bleiberecht bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf zu gewährleisten, während Art. 46 Abs. 5 Verfahrensrichtlinie dies nun für den Regelfall vorschreibt.
76Die Bundesrepublik Deutschland hat bis zum 20. Juli 2015 (und bis heute) keine Rechtsvorschriften erlassen, die im Einklang mit den Vorschriften der Verfahrensrichtlinie das dort in Art. 46 Abs. 5 verbriefte Recht auf Verbleib im Hoheitsgebiet bis zum Ablauf der Frist für die Ausübung des Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf und, wenn ein solches Recht fristgemäß ausgeübt wurde, bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf beenden (s.o. I.). Die nach Art. 46 Abs. 6 lit. a) und Art. 32 Abs. 2 Verfahrensrichtlinie erforderliche (nationale) Ermächtigungsgrundlage zur Ablehnung eines Antrages auf subsidiären Schutz als „offensichtlich unbegründet“ gibt es nicht.
77Der Bundesgesetzgeber hat weder das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 20. Oktober 2015 (BGBl. I S. 1722) noch das vorletzte Änderungsgesetz zum Asylverfahrensgesetz (Artikel 2 des Gesetzes vom 23. Dezember 2014, BGBl I S. 2439) noch das Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 27. Juli 2015, BGBl I S. 1386, für entsprechende Änderungen genutzt.
78Die Verfahrensrichtlinie selbst kann nach der oben dargestellten Rechtsprechung des EuGH aus systematischen Gründen nicht als Ermächtigungsgrundlage für Entscheidungen des Bundesamtes herangezogen werden, denn nicht die Mitgliedstaaten und ihre Organe und Behörden – hier das Bundesamt – können sich gegenüber den Betroffenen nach der oben dargestellten Systematik auf die unmittelbare Anwendbarkeit der Richtlinie berufen, sondern nur die betroffenen selbst. Auch inhaltlich kann die Antragsgegnerin sich nicht auf die unmittelbare Anwendbarkeit berufen, da Art. 32 Abs. 2 Verfahrensrichtlinie - wie bereits ausgeführt – voraussetzt, dass die nationalen Rechtsvorschriften die Ablehnung eines Antrages - auch soweit er auf die Gewährung subsidiären Schutzes gerichtet ist – als „offensichtlich unbegründet“ vorsehen. Dieser Vorbehalt entsprechender nationalrechtlicher Vorschriften kann nicht durch den Rückgriff auf die Richtlinie umgangen werden.
79Die Bestimmung des Art. 46 Abs. 5 Verfahrensrichtlinie, auf die sich die Antragsteller mit dem vorliegenden Antrag berufen, ist in ihrer Verpflichtung der staatlichen Stellen hinreichend genau und nicht an eine Bedingung geknüpft. Ihr lässt sich ohne weitere Voraussetzungen entnehmen, dass die Mitgliedstaaten den Antragstellern den Verbleib im Hoheitsgebiet gestatten, bis die Klagefrist abgelaufen oder im Fall der Klageerhebung über die Klage entschieden ist.
80Nationalrechtlich lässt sich damit die unmittelbare Anwendbarkeit der Verfahrensrichtlinie im Hinblick auf Art. 46 Abs. 5 durch die tenorierte Feststellung der aufschiebenden Wirkung der Klage verwirklichen.
81Das Gericht weist daraufhin, dass mit der tenorierten Feststellung dem Antrag der Antragsteller gem. § 37 Abs. 2 AsylG entsprochen wurde und die im angefochtenen Bescheid gesetzteAusreisefrist von Gesetzes wegen nunmehr 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Verfahrens endet.
82Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 VwGO, 83b AsylG.
83Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
Tenor
Es wird festgestellt, dass die Klage 7 K 339/15.A aufschiebende Wirkung hat.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
1
Gründe:
2Der am 19. Januar 2016 gestellte Antrag,
3die aufschiebende Wirkung der Klage gem. § 80 Abs. 5 VwGO anzuordnen,
4hat unter Berücksichtigung des wohlverstandenen Rechtsschutzinteresses der Antragsteller in der tenorierten Fassung Erfolg.
5Der Feststellung der aufschiebenden Wirkung der Klage steht nicht entgegen, dass nach § 75 Abs. 1 AsylG die Klage gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz nur in den Fällen des § 38 Abs. 1 sowie der §§ 73, 73b und 73c aufschiebende Wirkung hat. Der Klage 7 K 339/16.A kommt nach diesen Vorschriften aufschiebende Wirkung nicht zu, da sie gegen die Entscheidung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 9. Dezember 2015 gerichtet ist, mit der die Antragsteller betreffend folgende Entscheidung erging:
6- 7
1. Die Anträge auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft werden als offensichtlich unbegründet abgelehnt.
- 8
2. Die Anträge auf Asylanerkennung werden als offensichtlich unbegründet abgelehnt.
- 9
3. Die Anträge auf subsidiären Schutz werden abgelehnt.
- 10
4. Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 S. 1 des Aufenthaltsgesetzesliegen nicht vor.
- 11
5. Die Antragsteller werden aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen. Sollten die Antragsteller die Ausreisefrist nicht einhalten, werden sie nach Mazedonien abgeschoben. Die Antragsteller können auch in einen anderen Staat abgeschoben werden, in den sie einreisen dürfen oder der zu ihrer Rücknahme verpflichtet ist.
- 12
6. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird gemäß § 11 Abs. 7 des Aufenthaltsgesetzes angeordnet und auf 10 Monate ab dem Tag der Ausreise befristet.
- 13
7. Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot wird gemäß § 11 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes wird auf 36 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet.
Es handelt sich wegen der gesetzten Ausreisefrist von nur einer Woche um einen Fall des § 36 Abs. 1 AsylG, in dem die Klage nach § 75 Abs. 1 AsylGkeine aufschiebende Wirkung entfaltet.
15Die Antragsteller können sich indes im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) aufArtikel 46 Abs. 5 der Verfahrensrichtlinie
16Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (Neufassung), ABl. der EU, L 180/60 (Verfahrensrichtlinie)
17berufen (Bleiberecht bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf, I.), dessen Ausnahmen hiervon nicht vorliegen (Befugnis zum „beschleunigten Verfahren“ in Abs. 6, II.) und der im Verhältnis der Antragsteller zur Antragsgegnerin unmittelbar anwendbar ist (III.).
18I. Gemäß Art. 46 Abs. 5 der Verfahrensrichtlinie gestatten die Mitgliedstaaten – unbeschadet des Absatzes 6 (hierzu unter II.) – den Antragstellern den Verbleib im Hoheitsgebiet bis zum Ablauf der Frist für die Ausübung des Rechts der Antragsteller auf einen wirksamen Rechtsbehelf und, wenn ein solches Recht fristgemäß ausgeübt wurde, bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf.
19Aus Art. 46 Abs. 1 und 3 Verfahrensrichtlinie ergibt sich, dass es sich bei dem Rechtsbehelf um einen gerichtlichen Rechtsbehelf (zumindest vor einem erstinstanzlichen Gericht) handeln muss, der eine umfassende Ex-nunc-Prüfung vorsieht, die sich sowohl auf Tatsachen als auch auf Rechtsfragen erstreckt. Nationalrechtlich wird dieses Recht durch die Klagemöglichkeit (§§ 74 ff AsylG) gegen die Entscheidungen des zuständigen Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge und die nach § 80 Abs. 1 VwGO grundsätzlich gewährte aufschiebende Wirkung der Klage umgesetzt und gewährleistet. Insbesondere durch den systematischen Zusammenhang mit Art. 46 Abs. 3, 5 und 6 Verfahrensrichtlinie wird auch deutlich, dass es sich bei dem genannten Rechtsbehelf nicht nur um einen Rechtsbehelf des einstweiligen Rechtsschutzes handeln kann, sondern nationalrechtlich eine Klagemöglichkeit im Hauptsachverfahren erfordert.
20Diese Klagemöglichkeit haben die Antragsteller auch fristgerecht ergriffen
21Damit steht ihnen bis zur Entscheidung der Klage ein Recht auf den Verbleib im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaates – Deutschland - zu.
22II. Das Recht auf Verbleib bis zur Entscheidung über die Klage würde weder durch die Ablehnung der Anträge insgesamt als „offensichtlich unbegründet“ beendet
23Vgl. hierzu ausführlich: Beschluss der Kammer vom 22. Dezember 2015 – 7 L 3863/15.A, -, juris,
24noch wird es - wie im vorliegenden Fall tenoriert – durch die Ablehnung hinsichtlich Asyl und Flüchtlingseigenschaft als „offensichtlich unbegründet“ und hinsichtlich des subsidiären Schutzes als „einfach unbegründet“ beendet.
25Die Verfahrensrichtlinie räumt den Mitgliedstaaten in Art. 46 Abs. 6a) die Möglichkeit ein, dieses verfahrensrechtliche Bleiberecht aus Art. 46 Abs. 5 nach sachlicher Prüfung auf zwei Wegen zu beenden. In Fällen einer Entscheidung, einen Antrag
26der nach Art. 2 lit. b) grundsätzlich die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und die Gewährung subsidiären Schutzes umfasst,
27als „offensichtlich unbegründet“ zu betrachten oder nach Prüfung gemäß Artikel 31 Absatz 8 Verfahrensrichtlinie als unbegründet zu betrachten (mit Ausnahme der Gründe nach Buchstabe h)) kann das sog. „beschleunigte Verfahren“ eröffnet sein. Die Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten gleichzeitig – wenn sie von der Möglichkeit des beschleunigten Verfahrens Gebrauch machen – ein gerichtliches Antragsverfahren gerichtet auf Verschaffung eines solchen verfahrensbezogenen Bleiberechts einzurichten.
28Die Bundesrepublik Deutschland hat durch die Beschränkung der aufschiebenden Wirkung nach §§ 75 Abs. 1, 34, 36 Abs. 1 AsylG und die Möglichkeit des Antrages nach § 80 Abs. 5 VwGO grundsätzlich von demersten in der Verfahrensrichtlinie zugelassenen Weg Gebrauch gemacht. Denn hiernach entfaltet die Klage gegen Entscheidungen des Bundesamtes, mit denen eine Abschiebungsandrohung erlassen wird, nur dann aufschiebende Wirkung, wenn eine Ausreisefrist von 30 Tagen gesetzt wird. Nach § 36 Abs.1 AsylG beträgt die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist in Fällen der Unbeachtlichkeit oder der offensichtlichen Unbegründetheit des Asylantrags eine Woche. Damit hat der Gesetzgeber des Asylgesetzes die Entscheidung, ob dem klagenden Asylsuchenden ein verfahrensrechtliches Bleiberecht bis zur Entscheidung seines Rechtsbehelfs zustehen soll, ausschließlich von der ihm vom Bundesamt zu setzenden Ausreisefrist abhängig gemacht.
29Die Voraussetzungen des § 36 Abs. 1 AsylG liegen im Falle der Antragsteller nicht vor.
30Die Asylanträge der Antragsteller sind nicht unbeachtlich im Sinne des § 29 Abs. 1 AsylG, weil das Bundesamt in der angefochtenen Entscheidung nicht festgestellt hat, dass sie offensichtlich in einem sonstigen Drittstaat vor politischer Verfolgung sicher waren und die Rückführung in diesen oder einen anderen sicheren Staat möglich ist.
31Die Asylanträge der Antragsteller sind auch nicht offensichtlich unbegründet. Nach § 13 Abs. 2 Satz 1 AsylG wird mit jedem Asylantrag die Anerkennung als Asylberechtigter sowie internationaler Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 beantragt. Internationaler Schutz umfasst danach die Flüchtlingseigenschaft (§ 3 AsylG) und subsidiären Schutz (§ 4 AsylG). Die Vorschrift des § 36 Abs. 1 AsylG,
32die keine Beschränkung des Begriffs „Asylantrag“ enthält und auch nicht einschränkend ausgelegt werden muss oder kann,
33setzt demnach voraus, dass die Ablehnung als „offensichtlich unbegründet“ alle drei Elemente des Antrags umfasst. Dies hat das Bundesamt in seiner im Klageverfahren angefochtenen Entscheidung nicht verfügt.
34Die Kammer folgt auch nicht der Entscheidung der 6. Kammer des Gerichts,
35Beschluss vom 13. Januar 2016, - 6 L 4047/15.A -,
36die von der Erwägung ausgeht, dass beide von der Verfahrensrichtlinie eröffneten Wege zu einem beschleunigten Verfahren gleichwertig nebeneinander bestehen und von den Mitgliedstaaten quasi gemischt beschritten werden können; wegen der durch § 34 Abs. 1 Nr. 2a AsylG vorausgesetzten und im Ergebnis ablehnenden Prüfung des subsidiären Schutzes, könne insoweit auch die Ablehnung des Antrags auf subsidiären Schutzes als einfach unbegründet zulässigerweise ins beschleunigte Verfahren führen.
37In diesem Sinn auch VG Minden, Beschluss vom 17. November 2015, - 10 L 1222/15.A -.
38Abgesehen davon, dass sich diese Argumentation zum Vorliegen der Tatbestands-voraussetzungen des § 36 Abs. 1 AsylG nicht verhält, könnte mit dem Rückgriff auf § 34 Abs. 1 AsylG dann auch eine Ablehnung der Flüchtlingseigenschaft oder der Asylgewährung nach Art. 16a GG als einfach unbegründet bei der Ablehnung der Anträge als offensichtlich unbegründet im Übrigen auf ein beschleunigtes Verfahren führen. Dies widerspricht ersichtlich der Konzeption des Asylgesetzes.
39Zusammenfassend lässt sich feststellen:
40Das Asylgesetz bietet (derzeit) weder eine Rechtsgrundlage zur Ablehnung eines Antrages auf Gewährung subsidiären Schutzes als „offensichtlich unbegründet“
41Vgl. hierzu: Beschluss der Kammer vom 22. Dezember 2015 – 7 L 3863/15.A, -, juris,
42noch eröffnet das Asylgesetz die Möglichkeit, im Falle der Ablehnung des Antrags auf subsidiären Schutz als (einfach) unbegründet eine Ausreisefrist von nur einer Woche zu verfügen.
43III. Das den Antragstellern zustehende Bleiberecht bis zur Entscheidung der Klage aus Art. 46 Abs. 5Verfahrensrichtlinie ist im Verhältnis der Antragsteller und der Antragsgegnerin auch unmittelbar anwendbar.
44Zunächst ist die Verfahrensrichtlinie in ihrer aktuellen Fassung gem. Art. 52 Abs. 1 (Übergangsbestimmungen) auf die Asylanträge der Antragsteller anwendbar. Danach sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, die Rechts- und Verwaltungsvorschriften nach Artikel 51 Absatz 1
45i.e. die Artikel 1 bis 30, Artikel 31 1, 2 und 6 bis 9, den Artikeln 32 bis 46, den Artikeln 49 und 50 sowie den Anhang I
46auf förmlich gestellte Anträge auf internationalen Schutz
47sowie auf hier nicht weiter einschlägige eingeleitete Verfahren zur Aberkennung des internationalen Schutzes
48nach dem 20. Juli 2015 oder früher an.
49Die Antragsteller haben ihre Asylanträge nach Aktenlage am 21. Juli 2015 und damit nach dem vorgenannten Stichtag gestellt.
50Nach Art. 288 S. 4 AEUV
51Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union vom 25. März 1957, UNTS Bd. 298 S. 11;
52ist eine Richtlinie für jeden Mitgliedstaat, an den sie gerichtet wird, hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich, überlässt jedoch den innerstaatlichen Stellen die Wahl der Form und der Mittel. Damit begründen Richtlinien im Ausgangspunkt keine Rechte oder Pflichten einzelner sich im innerstaatlichen Recht gegenüberstehender Rechtsträger, sondern nur Pflichten für die Mitgliedstaaten. Die Mitgliedstaaten haben also die Pflicht, die von der Richtlinie formulierten Ziele in nationales Recht umzusetzen, indem ihre Organe inhaltlich den Vorgaben der Richtlinie entsprechend Regelungen im nationalen Recht erlassen.
53Nach der Rechtsprechung des EuGH
54EuGH, Rs. 148/78 (Ratti), Slg 1979, 1629 Rdn. 18; Rs. 8/81 (Becker), Slg. 1982, 53 Rdn. 24f; Streinz, EUV/EGV, zu Art. 249 EUV Rdn. 101ff; zu Unterlassungspflichten zuletzt: EuGH, Urteil vom 19.2.2009 (Soysal), Rs. C‑228/06 , InfAuslR 2009, 135.
55ist eine unmittelbare Anwendbarkeit europäischer Richtlinien im Verhältnis zwischen den staatlichen Behörden und dem Einzelnen aber dann anzunehmen, wenn die Vorschrift nach Ablauf der Umsetzungsfrist nicht hinreichend in nationales Recht umgesetzt ist, die Bestimmung hinreichend genau die Verpflichtung einer staatlichen Stelle begründet und die Verpflichtung nicht an eine Bedingung geknüpft ist. Durch diese vom EuGH entwickelte „unmittelbare Wirkung“ europäischer Rechtsakte wird gewährleistet, dass die Mitgliedstaaten die effektive Geltung der in Richtlinien enthaltenen Vorgaben nicht durch bloße Untätigkeit über die Umsetzungsfrist hinaus oder durch unzureichende Umsetzung verzögern oder vermeiden können. Daraus folgt aber zugleich, dass die unmittelbare Anwendbarkeit nur gegenüber den staatlichen Stellen gegeben sein kann, denn die Richtlinien richten sich von vornherein nur an die Mitgliedstaaten. Das heißt, der Mitgliedstaat und seine Organe und Behörden können sich nicht gegenüber einer Privatperson zu deren Lasten auf Regelungen der Richtlinie stützen. Dies widerspräche auch dem Sanktionscharakter der unmittelbaren Anwendbarkeit.
56Die Voraussetzungen für die unmittelbare Anwendbarkeit des Art. 46 Abs. 5 Verfahrensrichtlinie liegen hier vor.
57Dies sieht auch die Antragsgegnerin so: BAMF Referat 410 „Leitfaden zur unmittelbaren innerstaatlichen Anwendung der Richtlinie 2013/32/EU des Rates vom 26.6.2013 (Verfahrensrichtlinie) in InfAuslR 2015, 398.
58Die Verfahrensrichtlinie vom 26. Juni 2013 war nach Art. 51 Abs. 1 der Richtlinie hinsichtlich der hier einschlägigen Vorschriften bis spätestens zum 20. Juli 2015 umzusetzen. Die Umsetzungspflicht ist – bezogen auf die Vorschriften über das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf - auch nicht durch Nr. 61 der Erwägungsgründe eingeschränkt, weil diese Vorschriften im Vergleich zu der Richtlinie 2005/85/EG
59vom 1. Dezember 2005 über Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung und Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft, Abl L 326/13,
60inhaltlich geändert wurden. Dies ergibt sich schon daraus, dass Art. 39 Abs. 3 Richtlinie 2005/85/EG es noch den Mitgliedstaaten überließ, ein verfahrensabhängiges Bleiberecht bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf zu gewährleisten, während Art. 46 Abs. 5 Verfahrensrichtlinie dies nun für den Regelfall vorschreibt.
61Die Bundesrepublik Deutschland hat bis zum 20. Juli 2015 (und bis heute) keine Rechtsvorschriften erlassen, die im Einklang mit den Vorschriften der Verfahrensrichtlinie das dort in Art. 46 Abs. 5 verbriefte Recht auf Verbleib im Hoheitsgebiet bis zum Ablauf der Frist für die Ausübung des Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf und, wenn ein solches Recht fristgemäß ausgeübt wurde, bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf beenden (s.o.).
62Die Verfahrensrichtlinie selbst kann nach der oben dargestellten Rechtsprechung des EuGH aus systematischen Gründen nicht als Ermächtigungsgrundlage für Entscheidungen des Bundesamtes herangezogen werden, denn nicht die Mitgliedstaaten und ihre Organe und Behörden – hier das Bundesamt – können sich gegenüber den Betroffenen nach der oben dargestellten Systematik auf die unmittelbare Anwendbarkeit der Richtlinie berufen, sondern nur die Betroffenen selbst.
63Die Bestimmung des Art. 46 Abs. 5 Verfahrensrichtlinie, auf die sich die Antragsteller mit dem vorliegenden Antrag berufen, ist in ihrer Verpflichtung der staatlichen Stellen hinreichend genau und nicht an eine Bedingung geknüpft. Ihr lässt sich ohne weitere Voraussetzungen entnehmen, dass die Mitgliedstaaten den Antragstellern den Verbleib im Hoheitsgebiet gestatten, bis die Klagefrist abgelaufen oder im Fall der Klageerhebung über die Klage entschieden ist.
64Nationalrechtlich lässt sich damit die unmittelbare Anwendbarkeit der Verfahrensrichtlinie im Hinblick auf Art. 46 Abs. 5 durch die tenorierte Feststellung der aufschiebenden Wirkung der Klage verwirklichen.
65Das Gericht weist daraufhin, dass mit der tenorierten Feststellung dem Antrag der Antragsteller gem. § 37 Abs. 2 AsylG entsprochen wurde und die im angefochtenen Bescheid gesetzteAusreisefrist von Gesetzes wegen nunmehr 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Verfahrens endet.
66Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 VwGO, 83b AsylG.
67Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
Tenor
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
Es wird festgestellt, dass die Klage 7 K 8766/15.A aufschiebende Wirkung hat.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
1
Gründe:
2Der Prozesskostenhilfeantrag war – ungeachtet der hinreichenden Erfolgsaussichten der beabsichtigten Rechtsverfolgung – abzulehnen, weil die notwendige Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht zu den Akten gereicht wurde, § 166 VwGO, § 117 Abs. 2 ZPO.
3Der am 28. Dezember 2016 sinngemäß gestellte Antrag,
4die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 27. Januar 2015 gemäß § 80 Abs. 5 VwGO anzuordnen,
5hat unter Berücksichtigung des wohlverstandenen Rechtsschutzinteresses der Antragsteller in der tenorierten Fassung Erfolg.
6Er ist zulässig und war insbesondere in einen Antrag auf Feststellung der aufschiebenden Wirkung umzudeuten, weil die Antragsgegnerin zu Unrecht davon ausgeht, dass die Klage keine aufschiebende Wirkung hat. Ob der am 18. Dezember 2015 gestellte Eilantrag gegen den mit Begleitschreiben vom 14. Dezember 2015 zugestellten Bescheid rechtzeitig innerhalb der Wochenfrist des § 36 Abs. 3 S. 1 AsylG bei Gericht einging, bedarf keiner Entscheidung, weil das beschleunigte Verfahren hier nicht zum Tragen kommt und damit auch die vorgenannte Wochenfrist nicht gilt. Auf die nachstehenden Ausführungen wird jeweils verwiesen.
7Der Antrag ist auch begründet.
8Der Feststellung der aufschiebenden Wirkung der Klage steht nicht entgegen, dass nach § 75 Abs. 1 AsylG die Klage gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz nur in den Fällen des § 38 Abs. 1 sowie der §§ 73, 73b und 73c aufschiebende Wirkung hat. Der Klage kommt nach diesen Vorschriften nämlich keine aufschiebende Wirkung zu.
9Sie ist gegen die Entscheidung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 27. Januar 2015 gerichtet, mit der die Antragsteller betreffend folgende Entscheidung erging:
10- 11
1. Die Anträge auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft werden als offensichtlich unbegründet abgelehnt.
- 12
2. Die Anträge auf Asylanerkennung werden als offensichtlich unbegründet abgelehnt.
- 13
3. Die Anträge auf subsidiären Schutz werden als offensichtlich unbegründet abgelehnt.
- 14
4. Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 S. 1 des Aufenthaltsgesetzesliegen nicht vor.
- 15
5. Die Antragsteller werden aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen. Sollten die Antragsteller die Ausreisefrist nicht einhalten, werden sie nach Mazedonien abgeschoben. Die Antragsteller können auch in einen anderen Staat abgeschoben werden, in den sie einreisen dürfen oder der zu ihrer Rücknahme verpflichtet ist.
- 16
6. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird gemäß § 11 Abs. 7 des Aufenthaltsgesetzes angeordnet und auf 10 Monate ab dem Tag der Ausreise befristet.
- 17
7. Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes wird auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet.
Es handelt sich wegen der gesetzten Ausreisefrist von nur einer Woche zwar um einen Fall des § 36 Abs. 1 AsylG, in dem die Klage nach § 75 Abs. 1 AsylGkeine aufschiebende Wirkung entfaltet.
19Anderes gilt jedoch hier. Die Antragsteller können sich im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) aufArtikel 46 Abs. 5 der Verfahrensrichtlinie
20Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (Neufassung), ABl. der EU, L 180/60 (Verfahrensrichtlinie)
21berufen, der ihnen ein Bleiberecht bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf einräumt (I.), dessen Ausnahmen hiervon nicht vorliegen (Befugnis zum „beschleunigten Verfahren“ in Abs. 6, II.) und der im Verhältnis der Antragsteller zur Antragsgegnerin unmittelbar anwendbar ist (III.).
22I. Gemäß Art. 46 Abs. 5 der Verfahrensrichtlinie gestatten die Mitgliedstaaten – unbeschadet des Absatzes 6 (hierzu unter II.) – den Antragstellern den Verbleib im Hoheitsgebiet bis zum Ablauf der Frist für die Ausübung ihres Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf und, wenn ein solches Recht fristgemäß ausgeübt wurde, bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf.
23Aus Art. 46 Abs. 1 und 3 Verfahrensrichtlinie ergibt sich, dass es sich bei dem Rechtsbehelf um einen gerichtlichen Rechtsbehelf (zumindest vor einem erstinstanzlichen Gericht) handeln muss, der eine umfassende Ex-nunc-Prüfung vorsieht, die sich sowohl auf Tatsachen als auch auf Rechtsfragen erstreckt. Nationalrechtlich wird dieses Recht durch die Klagemöglichkeit (§§ 74 ff. AsylG) gegen die Entscheidungen des zuständigen Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge und die nach § 80 Abs. 1 VwGO grundsätzlich gewährte aufschiebende Wirkung der Klage umgesetzt und gewährleistet. Insbesondere durch den systematischen Zusammenhang mit Art. 46 Abs. 3, 5 und 6 Verfahrensrichtlinie wird auch deutlich, dass es sich bei dem genannten Rechtsbehelf nicht nur um einen Rechtsbehelf des einstweiligen Rechtsschutzes handeln kann, sondern nationalrechtlich eine Klagemöglichkeit im Hauptsachverfahren erfordert.
24Diese Klagemöglichkeit haben die Antragsteller auch fristgerecht ergriffen. Ihre Klage ging jedenfalls innerhalb der zweiwöchigen Klagefrist des § 74 Abs. 1 1. HS AsylG ein, da der streitbefangene Bescheid mit Begleitschreiben vom 14. Dezember 2015 zugestellt und die Klage am 18. Dezember 2015 bei Gericht erhoben wurde. Ob die Klage auch rechtzeitig innerhalb der Wochenfrist des § 74 Abs. 1 S. 1 2. HS AsylG bei Gericht einging, bedarf keiner Entscheidung. Wie sich aus den nachfolgenden Ausführungen zu II. ergibt, besteht die Möglichkeit eines beschleunigten Verfahrens insgesamt nicht. Daher gilt hier auch die Wochenfrist nicht.
25Damit steht den Antragstellern bis zur Entscheidung über die Klage ein Recht auf den Verbleib im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaates – Deutschland – zu.
26II. Das Recht auf Verbleib bis zur Entscheidung über die Klage ist gegenüber den Antragstellern auch nicht durch die Ablehnung der Anträge als „offensichtlich unbegründet“ beendet.
27Die Verfahrensrichtlinie räumt den Mitgliedstaaten in Art. 46 Abs. 6 die Möglichkeit ein, dieses verfahrensrechtliche Bleiberecht aus Art. 46 Abs. 5 nach sachlicher Prüfung auf zwei Wegen zu beenden. In Fällen einer Entscheidung, einen Antrag,
28der nach Art. 2 lit. b) grundsätzlich die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und die Gewährung subsidiären Schutzes umfasst,
29als „offensichtlich unbegründet“ oder nach Prüfung gemäß Artikel 31 Absatz 8 Verfahrensrichtlinie als unbegründet zu betrachten (mit Ausnahme der Gründe nach Buchstabe h), kann das sog. „beschleunigte Verfahren“ eröffnet sein. Die Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten gleichzeitig – wenn sie von dieser Möglichkeit Gebrauch machen – ein gerichtliches Antragsverfahren gerichtet auf Verschaffung eines solchen verfahrensbezogenen Bleiberechts einzurichten.
30Die Bundesrepublik Deutschland hat durch die Beschränkung der aufschiebenden Wirkung nach §§ 75 Abs. 1, 34, 36 Abs. 1 AsylG und die Möglichkeit des Antrages nach § 80 Abs. 5 VwGO grundsätzlich von demersten in der Verfahrensrichtlinie zugelassenen Weg Gebrauch gemacht. Denn nach diesen Vorschriften entfaltet die Klage gegen Entscheidungen des Bundesamtes, mit denen eine Abschiebungsandrohung erlassen wird, nur dann aufschiebende Wirkung, wenn eine Ausreisefrist von 30 Tagen gesetzt wird. Demgegenüber beträgt gemäß § 36 Abs.1 AsylG die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist in Fällen der Unbeachtlichkeit oder der offensichtlichen Unbegründetheit des Asylantrags eine Woche. Damit hat der Gesetzgeber des Asylgesetzes die Entscheidung, ob dem klagenden Asylsuchenden ein verfahrensrechtliches Bleiberecht bis zur Entscheidung über seinen Rechtsbehelf zustehen soll, ausschließlich von der ihm vom Bundesamt zu setzenden Ausreisefrist abhängig gemacht.
31Die Voraussetzungen der §§ 75 Abs. 1, 34, 36 Abs. 1 AsylG liegen aber nicht vor.
32Zwar hat das Bundesamt auch den Antrag auf Gewährung subsidiären Schutzes in Ziffer 3. des angefochtenen Bescheides als „offensichtlich unbegründet“ abgelehnt, es hat damit aber nicht die Voraussetzungen des Art. 46 Abs. 6 Verfahrensrichtlinie zu begründen vermocht. Denn die Ablehnungsentscheidung als „offensichtlich unbegründet“ kann nach dem klaren Richtlinienwortlaut das verfahrensrechtliche Bleiberecht des Art. 45 Abs. 5 nur dann beenden, wenn sie „im Einklang mit Artikel 32 Abs. 2“ ergeht. Nach Art. 32 Abs. 2 Verfahrensrichtlinie setzt die Möglichkeit der Ablehnung von unbegründeten Anträgen,
33bei denen einer der in Artikel 31 Absatz 8 aufgeführten Umstände gegeben ist,
34als „offensichtlich unbegründet“ voraus, dass dies so in den nationalen Rechtsvorschriften vorgesehen ist. Das Asylgesetz bietet (derzeit) aber keine Rechtsgrundlage zur Ablehnung eines Antrages auf Gewährung subsidiären Schutzes als „offensichtlich unbegründet“.
35Vgl. hierzu: Beschluss der Kammer vom 22. Dezember 2015 – 7 L 3863/15.A, -, juris,
36Die Kammer folgt ausdrücklich nicht der Entscheidung der 6. Kammer des Gerichts,
37Beschluss vom 13. Januar 2016 - 6 L 4047/15.A – in einem Fall, in dem die Anträge auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und auf Asylanerkennung jeweils als offensichtlich unbegründet und der Antrag auf subsidiären Schutz als einfach unbegründet abgelehnt worden war,
38die von der Erwägung ausgeht, dass beide von der Verfahrensrichtlinie eröffneten Wege zu einem beschleunigten Verfahren gleichwertig nebeneinander bestehen und von den Mitgliedstaaten quasi gemischt beschritten werden können; wegen der durch § 34 Abs. 1 Nr. 2a AsylG vorausgesetzten und im Ergebnis ablehnenden Prüfung des subsidiären Schutzes könne insoweit auch die Ablehnung des Antrags auf subsidiären Schutzes als einfach unbegründet zulässigerweise ins beschleunigte Verfahren führen.
39In diesem Sinn auch VG Minden, Beschluss vom 17. November 2015, - 10 L 1222/15.A -.
40Abgesehen davon, dass sich diese Argumentation zum Vorliegen der Tatbestands-voraussetzungen des § 36 Abs. 1 AsylG nicht verhält, könnte mit dem Rückgriff auf § 34 Abs. 1 AsylG dann auch eine Ablehnung der Flüchtlingseigenschaft oder der Asylgewährung nach Art. 16a GG als einfach unbegründet bei der Ablehnung der Anträge als offensichtlich unbegründet im Übrigen auf ein beschleunigtes Verfahren führen. Dies widerspricht ersichtlich der Konzeption des Asylgesetzes.
41Zusammenfassend lässt sich feststellen:
42Das Asylgesetz bietet (derzeit) weder eine Rechtsgrundlage zur Ablehnung eines Antrages auf Gewährung subsidiären Schutzes als „offensichtlich unbegründet“ noch eröffnet das Asylgesetz die Möglichkeit, im Falle der Ablehnung des Antrags auf subsidiären Schutz als (einfach) unbegründet eine Ausreisefrist von nur einer Woche zu verfügen.
43III. Das den Antragstellern zustehende Bleiberecht bis zur Entscheidung der Klage aus Art. 46 Abs. 5Verfahrensrichtlinie ist im Verhältnis zwischen ihnen und der Antragsgegnerin auch unmittelbar anwendbar.
44Zunächst ist die Verfahrensrichtlinie in ihrer aktuellen Fassung gem. Art. 52 Abs. 1 (Übergangsbestimmungen) auf die Asylanträge der Antragsteller anwendbar. Danach sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, die Rechts- und Verwaltungsvorschriften nach Artikel 51 Absatz 1
45i.e. die Artikel 1 bis 30, Artikel 31 1, 2 und 6 bis 9, den Artikeln 32 bis 46, den Artikeln 49 und 50 sowie den Anhang I
46auf förmlich gestellte Anträge auf internationalen Schutz
47sowie auf hier nicht weiter einschlägige eingeleitete Verfahren zur Aberkennung des internationalen Schutzes
48nach dem 20. Juli 2015 oder früher anzuwenden.
49Die Antragsteller haben ihre Asylanträge nach Aktenlage am 30. Juli 2015 und damit nach dem vorgenannten Stichtag gestellt.
50Nach Art. 288 S. 4 AEUV
51Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union vom 25. März 1957, UNTS Bd. 298 S. 11;
52ist eine Richtlinie für jeden Mitgliedstaat, an den sie gerichtet wird, hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich, überlässt jedoch den innerstaatlichen Stellen die Wahl der Form und der Mittel. Damit begründen Richtlinien im Ausgangspunkt keine Rechte oder Pflichten einzelner sich im innerstaatlichen Recht gegenüberstehender Rechtsträger, sondern nur Pflichten für die Mitgliedstaaten. Die Mitgliedstaaten haben also die Pflicht, die von der Richtlinie formulierten Ziele in nationales Recht umzusetzen, indem ihre Organe inhaltlich den Vorgaben der Richtlinie entsprechend Regelungen im nationalen Recht erlassen.
53Nach der Rechtsprechung des EuGH
54EuGH, Rs. 148/78 (Ratti), Slg 1979, 1629 Rdn. 18; Rs. 8/81 (Becker), Slg. 1982, 53 Rdn. 24f; Streinz, EUV/EGV, zu Art. 249 EUV Rdn. 101ff; zu Unterlassungspflichten zuletzt: EuGH, Urteil vom 19.2.2009 (Soysal), Rs. C‑228/06 , InfAuslR 2009, 135.
55ist eine unmittelbare Anwendbarkeit europäischer Richtlinien im Verhältnis zwischen den staatlichen Behörden und dem Einzelnen aber dann anzunehmen, wenn die Vorschrift nach Ablauf der Umsetzungsfrist nicht hinreichend in nationales Recht umgesetzt ist, die Bestimmung hinreichend genau die Verpflichtung einer staatlichen Stelle begründet und die Verpflichtung nicht an eine Bedingung geknüpft ist. Durch diese vom EuGH entwickelte „unmittelbare Wirkung“ europäischer Rechtsakte wird gewährleistet, dass die Mitgliedstaaten die effektive Geltung der in Richtlinien enthaltenen Vorgaben nicht durch bloße Untätigkeit über die Umsetzungsfrist hinaus oder durch unzureichende Umsetzung verzögern oder vermeiden können. Daraus folgt aber zugleich, dass die unmittelbare Anwendbarkeit nur gegenüber den staatlichen Stellen gegeben sein kann, denn die Richtlinien richten sich von vornherein nur an die Mitgliedstaaten. Das heißt, der Mitgliedstaat und seine Organe und Behörden können sich nicht gegenüber einer Privatperson zu deren Lasten auf Regelungen der Richtlinie stützen. Dies widerspräche auch dem Sanktionscharakter der unmittelbaren Anwendbarkeit.
56Die Voraussetzungen für die unmittelbare Anwendbarkeit des Art. 46 Abs. 5 Verfahrensrichtlinie liegen hier vor.
57Dies sieht auch die Antragsgegnerin so: BAMF Referat 410 „Leitfaden zur unmittelbaren innerstaatlichen Anwendung der Richtlinie 2013/32/EU des Rates vom 26.6.2013 (Verfahrensrichtlinie)“, in InfAuslR 2015, 398.
58Die Verfahrensrichtlinie vom 26. Juni 2013 war nach Art. 51 Abs. 1 der Richtlinie hinsichtlich der hier einschlägigen Vorschriften bis spätestens zum 20. Juli 2015 umzusetzen. Die Umsetzungspflicht ist – bezogen auf die Vorschriften über das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf – auch nicht durch Nr. 61 der Erwägungsgründe eingeschränkt, weil diese Vorschriften im Vergleich zu der Richtlinie 2005/85/EG
59vom 1. Dezember 2005 über Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung und Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft, Abl L 326/13,
60inhaltlich geändert wurden. Dies ergibt sich schon daraus, dass Art. 39 Abs. 3 Richtlinie 2005/85/EG es noch den Mitgliedstaaten überließ, ein verfahrensabhängiges Bleiberecht bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf zu gewährleisten, während Art. 46 Abs. 5 Verfahrensrichtlinie dies nun für den Regelfall vorschreibt.
61Die Bundesrepublik Deutschland hat bis zum 20. Juli 2015 (und bis heute) keine Rechtsvorschriften erlassen, die im Einklang mit den Vorschriften der Verfahrensrichtlinie das dort in Art. 46 Abs. 5 verbriefte Recht auf Verbleib im Hoheitsgebiet bis zum Ablauf der Frist für die Ausübung des Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf und, wenn ein solches Recht fristgemäß ausgeübt wurde, bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf beenden (s.o. I.). Die nach Art. 46 Abs. 6 lit. a) und Art. 32 Abs. 2 Verfahrensrichtlinie erforderliche (nationale) Ermächtigungsgrundlage zur Ablehnung eines Antrages auf subsidiären Schutz als „offensichtlich unbegründet“ gibt es nicht.
62Der Bundesgesetzgeber hat weder das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 20. Oktober 2015 (BGBl. I S. 1722) noch das vorletzte Änderungsgesetz zum Asylverfahrensgesetz (Artikel 2 des Gesetzes vom 23. Dezember 2014, BGBl I S. 2439) noch das Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 27. Juli 2015, BGBl I S. 1386, für entsprechende Änderungen genutzt.
63Die Verfahrensrichtlinie selbst kann nach der oben dargestellten Rechtsprechung des EuGH aus systematischen Gründen nicht als Ermächtigungsgrundlage für Entscheidungen des Bundesamtes herangezogen werden, denn nicht die Mitgliedstaaten und ihre Organe und Behörden – hier das Bundesamt – können sich gegenüber den Betroffenen nach der oben dargestellten Systematik auf die unmittelbare Anwendbarkeit der Richtlinie berufen, sondern nur die Betroffenen selbst. Auch inhaltlich kann die Antragsgegnerin sich nicht auf die unmittelbare Anwendbarkeit berufen, da Art. 32 Abs. 2 Verfahrensrichtlinie – wie bereits ausgeführt – voraussetzt, dass die nationalen Rechtsvorschriften die Ablehnung eines Antrages – auch soweit er auf die Gewährung subsidiären Schutzes gerichtet ist – als „offensichtlich unbegründet“ vorsehen. Dieser Vorbehalt entsprechender nationalrechtlicher Vorschriften kann nicht durch den Rückgriff auf die Richtlinie umgangen werden.
64Die Bestimmung des Art. 46 Abs. 5 Verfahrensrichtlinie ist in ihrer Verpflichtung der staatlichen Stellen hinreichend genau und nicht an eine Bedingung geknüpft. Ihr lässt sich ohne weitere Voraussetzungen entnehmen, dass die Mitgliedstaaten den Antragstellern den Verbleib im Hoheitsgebiet gestatten, bis die Klagefrist abgelaufen oder im Fall der Klageerhebung über die Klage entschieden ist.
65Nationalrechtlich lässt sich damit die unmittelbare Anwendbarkeit der Verfahrensrichtlinie im Hinblick auf Art. 46 Abs. 5 durch die tenorierte Feststellung der aufschiebenden Wirkung der Klage verwirklichen.
66Das Gericht weist daraufhin, dass mit der tenorierten Feststellung dem Antrag gem. § 37 Abs. 2 AsylG entsprochen wurde und die im angefochtenen Bescheid gesetzteAusreisefrist von Gesetzes wegen nunmehr 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Verfahrens endet.
67Es weist weiter darauf hin, dass unabhängig von den vorstehenden Ausführungen zur aufschiebenden Wirkung der Klage diese (mit Ausnahme des Offensichtlichkeitsausspruches zum subsidiären Schutz) keine Aussicht auf Erfolg hat, weil nach dem bisherigen Vorbringen die geltend gemachten Ansprüche nicht bestehen. Auf den Prozesskostenhilfebeschluss vom heutigen Tage im Klageverfahren 7 K 8766/15.A wird Bezug genommen.
68Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 159 S. 1 VwGO, § 100 ZPO, 83b AsylG.
69Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
(1) Ein Asylantrag ist offensichtlich unbegründet, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung des internationalen Schutzes offensichtlich nicht vorliegen.
(2) Ein Asylantrag ist insbesondere offensichtlich unbegründet, wenn nach den Umständen des Einzelfalles offensichtlich ist, dass sich der Ausländer nur aus wirtschaftlichen Gründen oder um einer allgemeinen Notsituation zu entgehen, im Bundesgebiet aufhält.
(3) Ein unbegründeter Asylantrag ist als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn
- 1.
in wesentlichen Punkten das Vorbringen des Ausländers nicht substantiiert oder in sich widersprüchlich ist, offenkundig den Tatsachen nicht entspricht oder auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel gestützt wird, - 2.
der Ausländer im Asylverfahren über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder diese Angaben verweigert, - 3.
er unter Angabe anderer Personalien einen weiteren Asylantrag oder ein weiteres Asylbegehren anhängig gemacht hat, - 4.
er den Asylantrag gestellt hat, um eine drohende Aufenthaltsbeendigung abzuwenden, obwohl er zuvor ausreichend Gelegenheit hatte, einen Asylantrag zu stellen, - 5.
er seine Mitwirkungspflichten nach § 13 Abs. 3 Satz 2, § 15 Abs. 2 Nr. 3 bis 5 oder § 25 Abs. 1 gröblich verletzt hat, es sei denn, er hat die Verletzung der Mitwirkungspflichten nicht zu vertreten oder ihm war die Einhaltung der Mitwirkungspflichten aus wichtigen Gründen nicht möglich, - 6.
er nach §§ 53, 54 des Aufenthaltsgesetzes vollziehbar ausgewiesen ist oder - 7.
er für einen nach diesem Gesetz handlungsunfähigen Ausländer gestellt wird oder nach § 14a als gestellt gilt, nachdem zuvor Asylanträge der Eltern oder des allein personensorgeberechtigten Elternteils unanfechtbar abgelehnt worden sind.
(4) Ein Asylantrag ist ferner als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder des § 3 Abs. 2 vorliegen oder wenn das Bundesamt nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen hat.
(5) Ein beim Bundesamt gestellter Antrag ist auch dann als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn es sich nach seinem Inhalt nicht um einen Asylantrag im Sinne des § 13 Abs. 1 handelt.
(1) Ein Asylantrag liegt vor, wenn sich dem schriftlich, mündlich oder auf andere Weise geäußerten Willen des Ausländers entnehmen lässt, dass er im Bundesgebiet Schutz vor politischer Verfolgung sucht oder dass er Schutz vor Abschiebung oder einer sonstigen Rückführung in einen Staat begehrt, in dem ihm eine Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 oder ein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Absatz 1 droht.
(2) Mit jedem Asylantrag wird die Anerkennung als Asylberechtigter sowie internationaler Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 beantragt. Der Ausländer kann den Asylantrag auf die Zuerkennung internationalen Schutzes beschränken. Er ist über die Folgen einer Beschränkung des Antrags zu belehren. § 24 Absatz 2 bleibt unberührt.
(3) Ein Ausländer, der nicht im Besitz der erforderlichen Einreisepapiere ist, hat an der Grenze um Asyl nachzusuchen (§ 18). Im Falle der unerlaubten Einreise hat er sich unverzüglich bei einer Aufnahmeeinrichtung zu melden (§ 22) oder bei der Ausländerbehörde oder der Polizei um Asyl nachzusuchen (§ 19). Der nachfolgende Asylantrag ist unverzüglich zu stellen.
(1) Dieses Gesetz gilt für Ausländer, die Folgendes beantragen:
- 1.
Schutz vor politischer Verfolgung nach Artikel 16a Absatz 1 des Grundgesetzes oder - 2.
internationalen Schutz nach der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. L 337 vom 20.12.2011, S. 9); der internationale Schutz im Sinne der Richtlinie 2011/95/EU umfasst den Schutz vor Verfolgung nach dem Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560) und den subsidiären Schutz im Sinne der Richtlinie; der nach Maßgabe der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. L 304 vom 30.9.2004, S. 12) gewährte internationale Schutz steht dem internationalen Schutz im Sinne der Richtlinie 2011/95/EU gleich; § 104 Absatz 9 des Aufenthaltsgesetzes bleibt unberührt.
(2) Dieses Gesetz gilt nicht für heimatlose Ausländer im Sinne des Gesetzes über die Rechtsstellung heimatloser Ausländer im Bundesgebiet in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 243-1, veröffentlichten bereinigten Fassung in der jeweils geltenden Fassung.
(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:
- 1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, - 2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder - 3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.
(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen, - 2.
eine schwere Straftat begangen hat, - 3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder - 4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.
(1) Ein Asylantrag liegt vor, wenn sich dem schriftlich, mündlich oder auf andere Weise geäußerten Willen des Ausländers entnehmen lässt, dass er im Bundesgebiet Schutz vor politischer Verfolgung sucht oder dass er Schutz vor Abschiebung oder einer sonstigen Rückführung in einen Staat begehrt, in dem ihm eine Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 oder ein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Absatz 1 droht.
(2) Mit jedem Asylantrag wird die Anerkennung als Asylberechtigter sowie internationaler Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 beantragt. Der Ausländer kann den Asylantrag auf die Zuerkennung internationalen Schutzes beschränken. Er ist über die Folgen einer Beschränkung des Antrags zu belehren. § 24 Absatz 2 bleibt unberührt.
(3) Ein Ausländer, der nicht im Besitz der erforderlichen Einreisepapiere ist, hat an der Grenze um Asyl nachzusuchen (§ 18). Im Falle der unerlaubten Einreise hat er sich unverzüglich bei einer Aufnahmeeinrichtung zu melden (§ 22) oder bei der Ausländerbehörde oder der Polizei um Asyl nachzusuchen (§ 19). Der nachfolgende Asylantrag ist unverzüglich zu stellen.
(1) Ein Asylantrag ist offensichtlich unbegründet, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung des internationalen Schutzes offensichtlich nicht vorliegen.
(2) Ein Asylantrag ist insbesondere offensichtlich unbegründet, wenn nach den Umständen des Einzelfalles offensichtlich ist, dass sich der Ausländer nur aus wirtschaftlichen Gründen oder um einer allgemeinen Notsituation zu entgehen, im Bundesgebiet aufhält.
(3) Ein unbegründeter Asylantrag ist als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn
- 1.
in wesentlichen Punkten das Vorbringen des Ausländers nicht substantiiert oder in sich widersprüchlich ist, offenkundig den Tatsachen nicht entspricht oder auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel gestützt wird, - 2.
der Ausländer im Asylverfahren über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder diese Angaben verweigert, - 3.
er unter Angabe anderer Personalien einen weiteren Asylantrag oder ein weiteres Asylbegehren anhängig gemacht hat, - 4.
er den Asylantrag gestellt hat, um eine drohende Aufenthaltsbeendigung abzuwenden, obwohl er zuvor ausreichend Gelegenheit hatte, einen Asylantrag zu stellen, - 5.
er seine Mitwirkungspflichten nach § 13 Abs. 3 Satz 2, § 15 Abs. 2 Nr. 3 bis 5 oder § 25 Abs. 1 gröblich verletzt hat, es sei denn, er hat die Verletzung der Mitwirkungspflichten nicht zu vertreten oder ihm war die Einhaltung der Mitwirkungspflichten aus wichtigen Gründen nicht möglich, - 6.
er nach §§ 53, 54 des Aufenthaltsgesetzes vollziehbar ausgewiesen ist oder - 7.
er für einen nach diesem Gesetz handlungsunfähigen Ausländer gestellt wird oder nach § 14a als gestellt gilt, nachdem zuvor Asylanträge der Eltern oder des allein personensorgeberechtigten Elternteils unanfechtbar abgelehnt worden sind.
(4) Ein Asylantrag ist ferner als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder des § 3 Abs. 2 vorliegen oder wenn das Bundesamt nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen hat.
(5) Ein beim Bundesamt gestellter Antrag ist auch dann als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn es sich nach seinem Inhalt nicht um einen Asylantrag im Sinne des § 13 Abs. 1 handelt.
Tenor
Der Antragstellerin wird für das Verfahren erster Instanz Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt und zur vorläufig unentgeltlichen Wahrnehmung der Rechte Rechtsanwalt U. aus Aachen beigeordnet, § 166 VwGO i.V.m. §§ 114, 115, 121 Abs. 2 ZPO.
Die aufschiebende Wirkung der Klage 4 K 113/16.A gegen die in Ziffer 5 des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 11. Januar 2016 enthaltene Abschiebungsandrohung wird angeordnet.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens, in dem Gerichtskosten nicht erhoben werden.
1
Gründe:
2Die Kammer versteht den wörtlich gestellten Antrag vom 22. Januar 2016,
3die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 11. Januar 2016 anzuordnen,
4bei verständiger Auslegung des Begehrens der Antragstellerin (vgl. § 88 VwGO) dahin, dass neben der Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung (Ziffer 5 des Bescheids) nicht auch die Anordnung der nach § 84 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG entfallenen aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die in Ziffer 6 des Bescheids verfügte Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG begehrt wird. Ein solches Begehren ergibt sich zum Einen nicht ausdrücklich aus der Antragsschrift. Zum Anderen besteht insoweit keine Beschwer der Antragstellerin, so dass sie kein Interesse an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung in Bezug auf die Befristungsentscheidung haben kann. Die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 2 AufenthG auf 12 Monate ist ein die Antragstellerin begünstigender Verwaltungsakt, da ohne diese Befristung das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG unbefristet gilt. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Befristung würde daher zur Folge haben, dass für die Antragstellerin wieder das unbefristete Einreise- und Aufenthaltsverbot gelten würde. Hieran kann sie erkennbar kein Interesse haben. Ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gerichtet auf Festsetzung der Befristung auf "Null" oder eine kürzere Frist dürfte mit Blick auf die insoweit eindeutige Regelung des § 84 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG unstatthaft sein (vgl. § 123 Abs. 5 VwGO).
5Der so verstandene Antrag,
6die aufschiebende Wirkung der Klage (4 K 113/16.A) gegen die in Ziffer 5 des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 11. Januar 2016 enthaltene Abschiebungsandrohung anzuordnen,
7hat Erfolg. Er ist zulässig und begründet.
8Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5 VwGO ist statthaft, da die Klage gegen die Abschiebungsandrohung keine aufschiebende Wirkung hat (vgl. § 75 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 VwGO). Die Antragstellerin hat mit dem Antrag vom 22. Januar 2016 auch die Antragsfrist von einer Woche nach Bekanntgabe des Bescheides (15. Januar 2016) eingehalten (vgl. § 36 Abs. 2 S. 1 AsylG).
9Gemäß § 36 Abs. 4 S. 1 AsylG i.V.m. Art. 16a Abs. 4 S. 1 GG darf die Aussetzung der Abschiebung in Fällen der Ablehnung des Asylantrags als offensichtlich unbegründet nach § 30 AsylG – wie hier – nur angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen.
10Anknüpfungspunkt für die Prüfung ist – neben den allgemeinen Voraussetzungen des § 34 AsylG – die Frage, ob das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) den Asylantrag zu Recht alsoffensichtlich unbegründet abgelehnt hat. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes liegen dann vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die Maßnahme einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhält. Geringe Zweifel reichen nicht aus. Maßgeblich ist das Gewicht der Faktoren, die Anlass zu Zweifeln geben.
11Vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 - 2 BvR 1516/93 -, juris, Rn. 93 ff.
12Nach diesen Maßstäben bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes.
13Das Bundesamt hat den Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, den Antrag auf Asylanerkennung und den Antrag auf subsidiären Schutz gemäß § 30 Abs. 1 AsylG i.V.m. Art. 32 und Art. 31 Abs. 8 Buchst. a der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung internationalen Schutzes (Verfahrensrichtlinie – VRL 2013) mit der Begründung als offensichtlich unbegründet abgelehnt, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, die Voraussetzungen für die Anerkennung als Asylberechtigte und die Voraussetzungen für die Zuerkennung subsidiären Schutzes offensichtlich nicht vorliegen.
14Der Bescheid begegnet allerdings nicht schon deswegen ernstlichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit, weil das Bundesamt das Offensichtlichkeitsurteil auch bezüglich des Antrags auf Zuerkennung subsidiären Schutzes gestützt auf § 30 Abs. 1 AsylG i.V.m. Art. 32 und Art. 31 Abs. 8 Buchst. a VRL 2013 getroffen hat.
15Denn § 30 Abs. 1 AsylG bietet in der vom Bundesamt vorgenommenen Auslegung im Lichte von Art. 32 und Art. 31 Abs. 8 Buchst. a VRL 2013 eine ausreichende Rechtsgrundlage für das Offensichtlichkeitsurteil auch insoweit.
16Vgl. a.A.: wohl VG Düsseldorf, Beschluss vom 22. Dezember 2015 - 7 L 3863/15. A -, juris, Rn. 25 ff. und 52.
17Zwar ist nach dem Wortlaut des § 30 Abs. 1 AsylG ein Asylantrag (schon dann) offensichtlich unbegründet, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft offensichtlich nicht vorliegen. Das Bundesamt hat die Vorschrift jedoch zu Recht dahingehend erweitert ausgelegt, dass für ein Offensichtlichkeitsurteil nach § 30 Abs. 1 AsylG zugleich auch die Voraussetzungen für die Zuerkennung subsidiären Schutzes offensichtlich nicht vorliegen müssen.
18Vgl. Verwaltungsvorschrift des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 20. Juli 2015, Referat 410 - 410-7406-30/15 -, zur unmittelbaren innerstaatlichen Anwendung der Richtlinie 2013/32/EU Rates vom 26. Juni 2013 (Verfahrensrichtlinie), S. 6; in diesem Sinne auch: Hailbronner, Ausländerrecht, Kommentar, Bd. 3, § 30 Rn. 18 ff.; Funke-Kaiser, in: Gemeinschaftskommentar zum AsylVfG, Band 2, Stand: Dezember 2015, § 30 Rn. 8 und 12 f.
19Ein solches Verständnis der Vorschrift ist im Wege einer richtlinienkonformen Auslegung im Hinblick auf die Richtlinie 2013/32/EU geboten. Die Richtlinie war u.a. hinsichtlich der Regelungen über die Ablehnung von Anträgen auf internationalen Schutz als offensichtlich unbegründet nach Art. 32 Abs. 2 VRL 2013 bis zum 20. Juli 2015 umzusetzen (vgl. Art. 51 Abs. 1 VRL 2013). Dies ist bislang nicht geschehen. Der noch die Umsetzung der Verfahrensrichtlinie beabsichtigende Entwurf eines „Gesetzes zur Änderung des Asylverfahrensgesetzes, des Asylbewerberleistungsgesetzes und weiterer Gesetze" vom 14. September 2015 ist nicht in die Gesetzgebungsorgane eingebracht worden. Nach Maßgabe der Übergangsvorschrift des Art. 52 VRL 2013 hat das Bundesamt die Richtlinie auch zu Recht bei der Auslegung von § 30 Abs. 1 AsylG berücksichtigt, auch wenn die Antragstellerin den förmlichen Asylantrag noch vor dem 20. Juli 2015 gestellt hat. Gemäß Unterabs. 1 S. 1 dieser Vorschrift wenden die Mitgliedstaaten die Rechts- und Verwaltungsvorschriften nach Art. 51 Abs. 1 VRL 2013 auf förmlich gestellte Anträge auf internationalen Schutz nach dem 20. Juli 2015 oder „früher an". Für vor diesem Datum förmlich gestellte Anträge gelten die Rechts- und Verwaltungsvorschriften nach Maßgabe der Richtlinie 2005/85/EG (vgl. Art. 52 Unterabs. 1 S. 2 VRL 2013). Die Richtlinie 2013/32/EU kann damit aufgrund des Günstigkeitsprinzips (vgl. „oder früher" in Art. 52 Unterabs. 1 S. 1 VRL 2013 sowie Art. 5 VRL 2013) auch auf – wie hier – vor dem 20. Juli 2015 gestellte förmliche Asylanträge vorzeitig angewandt bzw. bei der Auslegung nationalen Rechts berücksichtigt werden, wenn die dort enthaltenen Regelungen für den Antragsteller günstiger sind als die entsprechenden Regelungen in der Richtlinie 2005/85/EG.
20Vgl. hierzu: BVerwG, Beschluss vom 23. Oktober 2015 - 1 B 41/15 -, NVwZ 2015, 1779 = juris, Rn. 11 f.
21Dies ist hinsichtlich der Regelungen betreffend die Ablehnung von Asylanträgen als offensichtlich unbegründet jedoch der Fall. Denn nach der Richtlinie 2005/85/EG kann ein Asylantrag nach den einschlägigen nationalen Vorschriften bereits dann als offensichtlich unbegründet abgelehnt werden, mit der Folge, dass ein verfahrensbezogenes Bleiberecht bis zur gerichtlichen Entscheidung über den Asylantrag im Hauptsacheverfahren nicht besteht und eine vorzeitige Aufenthaltsbeendigung möglich ist, sofern nicht das Gericht auf Antrag die Aussetzung der Abschiebung anordnet (vgl. §§ 30 Abs. 1, 36, 75 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO), wenn lediglich die Voraussetzungen für die Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft offensichtlich nicht vorliegen (vgl. Art. 28 Abs. 2 i.V.m. Art. 23 Abs. 4 Buchst. a, b und g sowie Art. 39 Abs. 3 VRL 2005). Demgegenüber kann nach der Richtlinie 2013/32/EU ein Antrag auf internationalen Schutz nach den einschlägigen nationalen Vorschriften nur dann mit der oben genannten Rechtsfolge als offensichtlich unbegründet abgelehnt werden, wenn sowohl die Voraussetzung für die Anerkennung als Asylberechtigter als auch die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft als auch die Voraussetzungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzes offensichtlich nicht vorliegen (vgl. Art. 32 Abs. 2 i.V.m. Art. 31 Abs. 8 Buchst. a und e sowie Art. 46 Abs. 5 und 6 VRL 2013). Der Entzug des grundsätzlich gemäß Art. 46 Abs. 5 VRL 2013 vorgesehenen verfahrensbezogenes Bleiberechts während der Dauer des gerichtlichen Verfahrens durch die (qualifizierte) Ablehnung des Antrags als offensichtlich unbegründet ist also nur dann möglich, wenn der Asylantrag hinsichtlich aller drei Verfahrensgegenstände als offensichtlich unbegründet abgelehnt wird. Die Erstreckung des Offensichtlichkeitsurteils auch auf den Verfahrensgegenstand des subsidiären Schutzes stellt somit eine Verbesserung der Rechtsposition der Antragsteller gegenüber der Vorgängerrichtlinie dar.
22Bei der danach möglichen vorzeitigen Anwendung der Richtlinie 2013/32/EU auf vor dem 20. Juli 2015 gestellte förmliche Asylanträge ist nach Ablauf der Umsetzungsfrist jedoch auch eine richtlinienkonformen Auslegung des § 30 Abs. 1 AsylG – wie vom Bundesamt vorgenommen – geboten. Denn die nationalen Behörden sind ebenso wie die nationalen Gerichte nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union aufgrund des Umsetzungsgebots des Art. 288 Abs. 3 AEUV verpflichtet, bei der Anwendung des innerstaatlichen Rechts das innerstaatliche Recht so weit wie möglich anhand des Wortlauts und des Zwecks einer Richtlinie auszulegen, um das in ihr festgelegte Ergebnis zu erreichen und auch die den Einzelnen in der Richtlinie hinreichend bestimmt und unbedingt eingeräumten Rechte zu verwirklichen.
23Vgl. hierzu: BVerwG, Urteil vom 25. Juni 2014 - 6 C 10.13 -, BVerwGE 150, 74 = juris Rn. 52 ff.; EuGH, Urteil vom 5. Oktober 2004 - Rs. C-397/01 bis C-403/01, Pfeiffer u.a. - Slg. 2004, I-8835 - Rn. 113 m.w.N.
24Eine Auslegung des § 30 Abs. 1 AsylG, die den Vorgaben der insoweit hinreichend bestimmten und unbedingten Art. 32 Abs. 2 i.V.m. Art. 31 Abs. 8 Buchst. a und e sowie Art. 46 Abs. 5 und 6 VRL 2013 entspricht, ist nach den nationalen Auslegungsmethoden ohne Weiteres im Sinne einer teleologischen – erweiternden – Auslegung dahingehend möglich, dass der Asylantrag nur dann als offensichtlich unbegründet abzulehnen ist, wenn auch die Voraussetzungen für die Zuerkennung subsidiären Schutzes offensichtlich nicht vorliegen.
25Ein solches Verständnis der Vorschrift ist im Übrigen bereits in dem Begriff des Asylantrags im Sinne von § 13 Abs. 1 und 2 AsylG i.d.F. des zum 1. Dezember 2013 in Kraft getretenen Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status der Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (EU-Flüchtlingsschutz-Richtlinie) vom 28. August 2013 (BGBl. I, S. 3474) angelegt. Denn nach dieser Begriffsbestimmung wird zum Gegenstand des Asylantrags nunmehr ausdrücklich auch das Begehren auf Zuerkennung internationalen Schutzes im Sinne der Richtlinie 2011/95/EU und damit auch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes im Sinne von § 4 AsylG erklärt. Ist dieses Schutzbegehren aber Gegenstand des Asylantrags, kann das Offensichtlichkeitsurteil nach § 30 Abs. 1 AsylG mit der Folge des Wegfalls der aufschiebenden Wirkung und einer beschleunigten Aufenthaltsbeendigung schon aus gesetzessystematischen Gründen nur dann getroffen werden, wenn auch die diesbezüglichen Voraussetzungen offensichtlich nicht vorliegen.
26Da die Richtlinienbestimmungen – wie dargelegt – dem Antragsteller eine günstigere (verfahrensrechtliche) Rechtsposition vermitteln, steht der richtlinienkonformen Auslegung insbesondere auch nicht das Verbot einer unmittelbaren Anwendung der Richtlinien zulasten des Einzelnen entgegen.
27Vgl. hierzu: VG Düsseldorf, Beschluss vom 22. Dezember 2015 - 7 L 3863/15. A -, juris, Rn. 55 und 63 ff.
28Der streitgegenständliche Bescheid begegnet jedoch deswegen ernstlichen Zweifeln, weil die Kammer die Bewertung des Bundesamtes, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung subsidiären Schutzes bezogen auf die Herkunftsregion der Antragstellerin (Bagdad) offensichtlich nicht vorliegen, nach der gegenwärtigen Erkenntnislage nicht teilen kann.
29Die Ablehnung des Asylantrags als offensichtlich unbegründet setzt voraus, dass im maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt der Entscheidung (vgl. § 77 Abs. 1 AsylG) an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen vernünftigerweise keine Zweifel bestehen können und sich bei einem solchen Sachverhalt nach allgemein anerkannter Rechtsauffassung die Ablehnung des Asylantrags geradezu aufdrängt.
30Vgl. BVerfG, Beschluss vom 2. Mai 1984 - 2 BvR 1413/83 -, BVerfGE 67, 43 = juris, Rn. 27; Beschluss vom 20. Dezember 2006 - 2 BvR 2063/06 -, NVwZ 2007, 1046 = juris, Rn. 10 (zur Abweisung der Klage als offensichtlich unbegründet nach § 78 Abs. 1 AsylVfG).
31Gemessen daran lässt sich ein Offensichtlichkeitsurteil bezüglich der Unbegründetheit des Antrags auf Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Auffassung der Kammer nicht treffen, weil nach den ihr vorliegenden Erkenntnissen zumindest weiterer Aufklärungsbedarf in tatsächlicher Hinsicht besteht. In Anbetracht der steigenden Zahl von Anschlägen mit Toten und Verletzten im Großraum Bagdad – gerade auch im Zuge der bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen den irakischen Regierungstruppen und ihren Verbündeten einerseits und der sunnitischen Terrormiliz "Islamischer Staat" andererseits nach deren Vorrücken im Sommer 2014 – bedarf es zur Beurteilung der Frage, ob der Antragstellerin bei einer Rückkehr nach Bagdad aktuell ein ernsthafter Schaden im Sinne von § 4 Abs. 1 Nr. 3 AsylG i.V.m. Art. 15 Buchst. c der Richtlinie 2011/95/EU droht, d.h. ob sie als Zivilpersonen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts zu befürchten hat, weiterer Aufklärung in tatsächlicher Hinsicht. Für eine solche Aufklärung ist im Rahmen des vorliegenden Verfahrens auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes aufgrund dessen vorläufigen Charakters jedoch kein Raum. Sie muss vielmehr dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.
32Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG.
33Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).
(1) Ein Asylantrag ist offensichtlich unbegründet, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung des internationalen Schutzes offensichtlich nicht vorliegen.
(2) Ein Asylantrag ist insbesondere offensichtlich unbegründet, wenn nach den Umständen des Einzelfalles offensichtlich ist, dass sich der Ausländer nur aus wirtschaftlichen Gründen oder um einer allgemeinen Notsituation zu entgehen, im Bundesgebiet aufhält.
(3) Ein unbegründeter Asylantrag ist als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn
- 1.
in wesentlichen Punkten das Vorbringen des Ausländers nicht substantiiert oder in sich widersprüchlich ist, offenkundig den Tatsachen nicht entspricht oder auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel gestützt wird, - 2.
der Ausländer im Asylverfahren über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder diese Angaben verweigert, - 3.
er unter Angabe anderer Personalien einen weiteren Asylantrag oder ein weiteres Asylbegehren anhängig gemacht hat, - 4.
er den Asylantrag gestellt hat, um eine drohende Aufenthaltsbeendigung abzuwenden, obwohl er zuvor ausreichend Gelegenheit hatte, einen Asylantrag zu stellen, - 5.
er seine Mitwirkungspflichten nach § 13 Abs. 3 Satz 2, § 15 Abs. 2 Nr. 3 bis 5 oder § 25 Abs. 1 gröblich verletzt hat, es sei denn, er hat die Verletzung der Mitwirkungspflichten nicht zu vertreten oder ihm war die Einhaltung der Mitwirkungspflichten aus wichtigen Gründen nicht möglich, - 6.
er nach §§ 53, 54 des Aufenthaltsgesetzes vollziehbar ausgewiesen ist oder - 7.
er für einen nach diesem Gesetz handlungsunfähigen Ausländer gestellt wird oder nach § 14a als gestellt gilt, nachdem zuvor Asylanträge der Eltern oder des allein personensorgeberechtigten Elternteils unanfechtbar abgelehnt worden sind.
(4) Ein Asylantrag ist ferner als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder des § 3 Abs. 2 vorliegen oder wenn das Bundesamt nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen hat.
(5) Ein beim Bundesamt gestellter Antrag ist auch dann als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn es sich nach seinem Inhalt nicht um einen Asylantrag im Sinne des § 13 Abs. 1 handelt.
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
1
Gründe:
2Der am 18. Dezember 2015 bei Gericht sinngemäß gestellte Antrag,
3die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung in dem Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 15. Dezember 2015 anzuordnen,
4hat keinen Erfolg.
5Es besteht kein Grund, der Klage entgegen der gesetzlichen Grundentscheidung in § 75 AsylG aufschiebende Wirkung zukommen zu lassen. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheides im Sinne von § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG liegen nicht vor.
6Derartige Zweifel liegen nur dann vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die angegriffene Maßnahme einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhält, wobei sich diese Prognose gerade auch auf das Offensichtlichkeitsurteil des Bundesamtes erstrecken muss.
7Vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 – 2 BvR 1516/93 –, juris (= NVwZ 1996, 678 [769 f.]).
8Dies ist nicht der Fall. Denn die Voraussetzungen für den Erlass der in Ziffer 5 des angegriffenen Bescheides des Bundesamtes erlassenen Abschiebungsandrohung gegen die Antragsteller liegen vor. Gemäß §§ 34 Abs. 1, 36 Abs. 1 AsylG erlässt das Bundesamt nach §§ 59 und 60 Abs. 10 AufenthG die Abschiebungsandrohung und setzt eine Ausreisefrist von einer Woche, wenn der Asylantrag eines Ausländers als offensichtlich unbegründet abgelehnt wird.
9Die Ablehnung des Asylantrags der Antragsteller als offensichtlich unbegründet ist zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) von § 29a AsylG gedeckt. Demnach ist der Asylantrag eines Ausländers aus einem Staat im Sinne des Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG (sicherer Herkunftsstaat) als offensichtlich unbegründet abzulehnen, es sei denn, die von dem Ausländer angegebenen Tatsachen oder Beweismittel begründen die Annahme, dass ihm abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat politische Verfolgung droht. Zur Ausräumung der Vermutung des § 29a AsylG ist nur ein Vorbringen zugelassen, das die Furcht vor politischer Verfolgung auf ein individuelles Verfolgungsschicksal des Antragstellers gründet. Dabei kann er seine Furcht vor politischer Verfolgung auch dann auf ein persönliches Verfolgungsschicksal stützen, wenn dieses seine Wurzel in allgemeinen Verhältnissen hat. Die Vermutung ist erst ausgeräumt, wenn der Asylbewerber die Umstände seiner politischen Verfolgung schlüssig und substantiiert vorträgt. Dieser Vortrag muss vor dem Hintergrund der Feststellung des Gesetzgebers, dass in dem jeweiligen Staat im Allgemeinen keine politische Verfolgung stattfindet, der Erkenntnisse der Behörden und Gerichte zu den allgemeinen Verhältnissen des Staates und der Glaubwürdigkeit des Antragstellers glaubhaft sein. Zur Substantiierung trägt insoweit bei, wenn der Asylbewerber die Beweismittel vorlegt oder benennt, die nach den Umständen von ihm erwartet werden können.
10Vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 – 2 BvR 1507/93, 2 BvR 12 BvR 1508/93 –, juris Rn. 97 f. (= BVerfGE 94, 115-166).
11Nach diesen Grundsätzen ist die gesetzliche Vermutung des § 29a Abs. 1 AsylG nicht widerlegt. Albanien – das Herkunftsland des Antragstellers – zählt nach dem am 21. Oktober 2015 in Kraft getretenen Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 20. Oktober 2015 (BGBl I 2015, 1722), welches insoweit keine Übergangsvorschriften vorsieht, zu den sicheren Herkunftsstaaten im Sinne von § 29a Abs. 2 AsylG i.V.m. Anlage II. Ein individuelles Verfolgungsschicksal haben die Antragsteller bei ihrer Anhörung vor dem Bundesamt am 15. Dezember 2015 nicht dargelegt. Ihr Vortrag, sie hätten Albanien aufgrund eines Familienstreites mit dem im selben Haushalt lebenden Vater des Antragstellers zu 1. verlassen, weil der Vater zuletzt versucht habe, seine Schwiegertochter – die Antragstellerin zu 2. – zu vergewaltigen, kann schon deshalb keine asyl- oder flüchtlingsrelevante Verfolgung zu begründen, weil innerfamiliäre Konflikte weder politische Verfolgung i.S.d. Art. 16a Abs. 1 GG noch einen Verfolgungsgrund gemäß § 3 Abs. 1 AsylG darstellen. Zudem sind die Antragsteller wegen der vorgeblichen Bedrohung durch den (Schwieger-)Vater auf den Schutz der generell schutzwilligen und schutzfähigen Sicherheitsbehörden in Albanien zu verweisen, deren Hilfe sie nach eigenen Angaben bewusst nicht in Anspruch genommen haben (§§ 3c Nr. 3, 3d AsylG). Aus diesem Grund scheidet auch die Gewährung subsidiären Schutzes aus (vgl. § 4 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. §§ 3c Nr. 3, 3d AsylG). Schließlich ist nicht ansatzweise dargelegt, dass es den nach eigenem Bekunden wirtschaftlich gut gestellten Antragstellern unmöglich oder unzumutbar wäre, bei ihrer Rückkehr einer erneuten Bedrohung durch Umzug innerhalb Albaniens zu entgehen, vgl. § 3e, § 4 Abs. 3 Satz 1 AsylG.
12Zur weiteren Begründung wird – auch hinsichtlich der Ausführungen zu den Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG sowie zur Abschiebungsandrohung und zur Befristungsentscheidung – gemäß § 77 Abs. 2 AsylG auf die Gründe des angegriffenen Bescheides Bezug genommen.
13Ob die Ablehnung des Asylantrags überdies auch auf § 30 Abs. 1 AsylG gestützt werden könnte, mag vor diesem Hintergrund dahin stehen.
14Die Antragsteller können eine aufschiebende Wirkung der Klage auch nicht unmittelbar aus Art. 46 Abs. 5 der Richtlinie 2013/32/EU ableiten. Denn die Antragsgegnerin hat das sich hieraus ergebende verfahrensrechtliche Bleiberecht in zulässiger Weise gemäß Art. 46 Abs. 6 RL 2013/32/EU eingeschränkt. Die Vorschrift räumt den Mitgliedstaaten die Möglichkeit ein, das durch Art. 46 Abs. 5 eingeräumte Bleiberecht in Fällen der Ablehnung des Antrags auf internationalen Schutz
15– dieser ist gemäߠ Art. 2 lit b) grundsätzlich auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und – hilfsweise (vgl. Art. 2 lit. f der Richtlinie 2011/95/EU) – auf die Gewährung subsidiären Schutzes gerichtet –,
16unter den in lit a) bis d) aufgeführten Fällen zu beenden und verpflichtet sie gleichzeitig – wenn sie von dieser Möglichkeit Gebrauch machen – ein gerichtliches Antragsverfahren gerichtet auf Verschaffung eines solchen Bleiberechts einzuräumen. Hiervon hat die Antragsgegnerin durch die Beschränkung der aufschiebenden Wirkung nach §§ 75 Abs. 1, 36 AsylG und die Möglichkeit des Eilrechtsschutzantrags nach § 80 Abs. 5 VwGO (vgl. § 36 Abs. 3 Satz 1 AsylG) Gebrauch gemacht. Die Beschränkung des Bleiberechts ist nach der Verfahrensrichtlinie für die hier allein in Betracht zu ziehende Variante der Ablehnung nach Art. 46 Abs. 6 lit a) zulässig, wenn ein Antrag entweder im Einklang mit Art. 32 Abs. 2 als offensichtlich unbegründet (1. Alt.) oder nach Prüfung gemäß Artikel 31 Abs. 8 als unbegründet betrachtet wird (2.Alt.), es sei denn diese Entscheidungen sind auf die in Art. 31 Abs. 8 lit. h aufgeführten Umstände (illegale Einreise) gestützt. Art. 32 Abs. 2 ermächtigt die Mitgliedstaaten, unbegründete Anträge, bei denen einer der in Art. 31 Abs. 8 aufgeführten Umstände gegeben ist, als offensichtlich unbegründet zu betrachten, wenn dies so in den nationalen Rechtsvorschriften vorgesehen ist.
17Mit diesen Vorgaben ist die Entscheidung des Bundesamtes, das im angefochtenen Bescheid die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft als offensichtlich unbegründet und die Gewährung subsidiären Schutzes als einfach unbegründet abgelehnt hat, vereinbar. Die Verfahrensrichtlinie eröffnet den Mitgliedstaaten unter den Voraussetzungen des Art. 31 Abs. 8 die Möglichkeit zur Durchführung eines beschleunigten Prüfungsverfahrens. Liegen diese Voraussetzungen von Art. 31 Abs. 8 vor, steht es den Mitgliedstaaten je nach Ausgestaltung ihres nationalen Rechtsrahmens frei, den Antrag auf internationalen Schutz entweder als offensichtlich unbegründet oder als einfach unbegründet abzulehnen. Dabei sind, wie die Verknüpfung „oder“ zeigt, beide Entscheidungsmodalitäten für die Ablehnung eines Antrags auf internationalen Schutz im beschleunigten Verfahren gleichwertig. Welchen Weg das nationale Recht wählt, ist nach Unionsrecht gleichgültig, zumal die materiellen Anforderungen an das beschleunigte Verfahren stets auf das identische Prüfprogramm – die Anforderungen des Art. 31 Abs. 8 – hinauslaufen. Für das beschleunigte Verfahren erforderlich, aber auch ausreichend ist, wenn das nationale Recht sicherstellt, dass vor Ablehnung eines Antrags auf internationalen Schutz geprüft und festgestellt worden ist, dass eine der Fallgruppen des Art. 31 Abs. 8 RL 2013/32/EU gegeben ist. Weitergehende materielle Anforderungen stellt Art. 46 Abs. 6 a) weder über Art. 32 Abs. 2 (1. Alternative) noch mit der 2. Alternative auf.
18Wegen der Gleichwertigkeit beider Alternativen im Hinblick auf den Prüfungsumfang – Antrag auf Gewährung internationalen Schutzes – ist es nach Unionsrecht auch unschädlich, wenn nationales Recht bezüglich des Bestandteils der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft den Weg über die 1. Alternative wählt und die Ablehnung als „offensichtlich unbegründet“ vorschreibt (§§ 29a, 36 Abs. 1 AsylG), bezüglich des subsidiären Schutzes den der 2. Alternative eröffnet. Dabei ist einzustellen, dass das Vorliegen der Voraussetzungen des § 29a Abs. 1 AsylG nicht allein in das beschleunigte Verfahren führt. Denn § 36 Abs. 1 AsylG legt lediglich die Länge der Ausreisefrist fest. Die Ausreisefrist ist Bestandteil des Regelungskomplexes der Abschiebungsandrohung (§ 34 Abs. 1 AsylG, § 59 Abs. 1 AufenthG), die ihrerseits eine Ausreisepflicht voraussetzt (§§ 67 Abs. 1 Nr. 4, 75 Abs. 1 AsylG, 50 AufenthG). Deshalb müssen, um nach nationalem Recht § 36 AsylG anwenden zu können, die Voraussetzungen des § 34 Abs. 1 AsylG vorliegen. Nach § 34 Abs. 1 Nr. 2a AsylG kann eine Abschiebungsandrohung aber nur dann erlassen werden, wenn dem Ausländer auch kein subsidiärer Schutz gewährt wird. Damit bilden über § 34 Abs. 1 AsylG beide Bestandteile des Antrags auf internationalen Schutz eine in Bezug auf die Aufenthaltsbeendigung im beschleunigten Verfahren untrennbare Einheit. Damit hat der nationale Gesetzgeber den Weg ins beschleunigte Verfahren normativ dann eröffnet, wenn der Antragsteller aus einem sicheren Herkunftsstaat kommt und sein Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf beide Bestandteile abgelehnt worden ist, wobei die Ablehnung bezüglich der Flüchtlingseigenschaft in qualifizierter Form als offensichtlich unbegründet erfolgen muss. Dieses Konzept ist von Art. 46 Abs. 6 a) insgesamt gedeckt. Berücksichtigt man ferner, dass Art. 288 Abs. 4 AEUV die Verbindlichkeit der Richtlinie nur hinsichtlich des zu erreichenden Ziels vorgibt, den Mitgliedstaaten jedoch die Wahl der Form und der Mittel überlässt, ist die Annahme einer wie auch immer gearteten „Sperrwirkung“ der 1. Alternative von Art. 46 Abs. 6 a) i.V.m. Art. 32 Abs. 2 abzulehnen. Für das Unionsrecht stellt allein die formale Einheitlichkeit der Tenorierung beider Aspekte des Antrags auf internationalen Schutz als „offensichtlich unbegründet“ gegenüber dem hier streitgegenständlichen Tenor keinen rechtlichen Mehrwert dar.
19Die demnach vorzunehmende Prüfung des Art. 31 Abs. 8 der Verfahrensrichtlinie – mit Ausnahme des Buchst. h – ergibt, dass dessen Voraussetzungen in der Variante von Buchstabe b) erfüllt sind. Demnach können die Mitgliedstaaten ein beschleunigtes Verfahren festlegen, wenn der Antragsteller aus einem „sicheren Herkunftsstaat im Sinne der Richtlinie“ kommt. Die diesbezüglichen Anforderungen des Unionsrechts werden über Art. 36, 37 und Anhang I der Richtlinie präzisiert.
20Gemäß Art. 37 Abs. 1 können die Mitgliedstaaten zum Zwecke der Prüfung von Anträgen auf internationalen Schutz Rechts- oder Verwaltungsvorschriften beibehalten oder erlassen, aufgrund deren sie im Einklang mit Anhang I sichere Herkunftsstaaten bestimmen können. Nach Anhang I gilt ein Staat als sicherer Herkunftsstaat, wenn sich anhand der dortigen Rechtslage, der Anwendung der Rechtsvorschriften in einem demokratischen System und der allgemeinen politischen Lage nachweisen lässt, dass dort generell und durchgängig weder eine Verfolgung im Sinne des Artikels 9 der Richtlinie 2011/95/EU noch Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe noch Bedrohung infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts zu befürchten sind. Für die von dem Mitgliedstaat vorzunehmende Prüfung gibt Art. 37 Abs. 3 ferner die Heranziehung verschiedener Informationsquellen, insbesondere Informationen anderer Mitgliedstaaten, des EASO, des UNHCR und des Europarates sowie anderer internationaler Organisationen vor.
21Diesen Anforderungen wird die durch § 29a Abs. 2 i.V.m. Anlage II AsylG vorgenommene Bestimmung Albaniens als sicherer Herkunftsstaat gerecht. Aus der Gesetzesbegründung zum Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 20. Oktober 2015 (BGBl I, S. 1722)
22BT.Drs. 18/6135, S. 38 ff.
23geht insbesondere deutlich hervor, dass sich die vorzunehmende abstrakt-generelle Prüfung nicht lediglich auf den Schutz bzw. die Sicherheit vor (politischer) Verfolgung, sondern auch auf die Tatbestände des subsidiären Schutzes, namentlich die Sicherheit vor unmenschlicher oder erniedrigender Bestrafung oder Behandlung noch Bedrohung infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen Konfliktes mit erstreckt hat. Hierbei wurden zahlreiche Auskünfte, darunter auch solche des EASO, herangezogen und bewertet. Den von der Richtlinie 2013/32/EU an die Bestimmung des sicheren Herkunftsstaates gestellten Anforderungen ist damit der Sache nach Genüge getan.
24Das nationale Konzept sicherer Herkunftsstaaten ist auch in seiner Ausgestaltung durch Art. 16a Abs. 3 GG und §§ 29a, 34 Abs. 1 und 36 Abs. 1 AsylG mit Art. 36 Abs. 1 der Verfahrensrichtlinie vereinbar. Nach dieser Vorschrift kann ein Drittstaat, der nach dieser Richtlinie als sicherer Herkunftsstaat bestimmt wurde, nach individueller Prüfung des Antrags nur dann als für einen bestimmten Antragsteller sicherer Herkunftsstaat betrachtet werden, wenn a) der Antragsteller die Staatsangehörigkeit des betreffenden Staates besitzt oder b) der Antragsteller staatenlos ist und zuvor seinen gewöhnlichen Aufenthalt in dem betreffenden Staat hatte und er keine schwerwiegenden Gründe dafür vorgebracht hat, dass der Staat in seinem speziellen Fall im Hinblick auf die Anerkennung als Person mit Anspruch auf internationalen Schutz im Sinne der Richtlinie 2011/95/EU nicht als sicherer Herkunftsstaat zu betrachten ist. Zwar erstreckt sich die Reichweite der in § 29a Abs. 1 AsylG normierten Sicherheitsvermutung nach ganz überwiegender Ansicht nicht, wie von Art. 36 Abs. 1 RL 2013/32/EU implizit vorgegeben (vgl. auch Erwägungsgrund Nr. 42), mit auf die Tatbestände des subsidiären Schutzes; sie ist vielmehr nach dem Wortlaut des 29a Abs. 1 AsylG und den verfassungsrechtlichen Vorgaben des Art. 16a Abs. 3 Satz 2 GG entsprechend auf die Prüfungsgegenstände „Asyl“ i.S.d. Art. 16a Abs. 1 GG und des Flüchtlingsschutzes (§ 3 AsylG) beschränkt.
25Vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 – 2 BvR 1507/93, 2 BvR 1508/93 -, BVerfGE 94, 115-166, juris; GK-AsylVfG/Funke-Kaiser, § 29a Rn. 81 f; a.A. Randelzhofer, in: Maunz/Dürig/Herzog, GG, Stand: Februar 1999, Art. 16a Rn. 130.
26Hieraus kann jedoch nicht auf eine Unvereinbarkeit des nationalen Konzepts des sicheren Herkunftsstaates mit der Verfahrensrichtlinie geschlossen werden. Dabei mag offen bleiben, ob § 29a Abs. 1 AsylG im Lichte des geltenden Unionsrechts, insbesondere der Richtlinien 2011/95/EU und 2013/32/EU, bereits vor der – nachzuholenden – Verabschiedung eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2013/32/EU einer entsprechenden teleologischen Extension zugänglich sein könnte oder nicht.
27Vgl. zur Berücksichtigung des Unionsrechts bei der Auslegung von § 29a AsylG Hailbronner, Ausländerrecht, Stand: Februar 2014, § 29a AsylVfG, Rn. 4, 10.
28Denn das bestehende nationale Konzept des sicheren Herkunftsstaates, welches bezüglich der Flüchtlingsanerkennung mit einer widerlegbaren Vermutung arbeitet und diese für den Zugang ins beschleunigte Verfahren ausreichen lässt (vgl. § 36 Abs. 1 AsylG), bezüglich des subsidiären Schutzes jedoch auf eine Vermutung verzichtet und stattdessen eine Vollprüfung des § 4 Abs. 1 AsylG verlangt, stellt – da eine Vollprüfung eine umfangreichere und tiefergehende Prüfung (vgl. Art. 4 Richtlinie 2011/95/EU) als die an eine Vermutung anknüpfende Feststellung erfordert – weitergehend als eine Vermutungsregelung sicher, dass der Herkunftsstaat des Antragstellers „in seinem speziellen Fall“ – auch in Bezug auf den subsidiären Schutz – als sicher zu betrachten ist. Denn bei einem negativen Ausgang der Vollprüfung sind „keine schwerwiegenden Gründe“ im Sinne von Art. 36 Abs. 1 Verfahrensrichtlinie denkbar, die den Schluss rechtfertigen könnten, dass der sichere Herkunftsstaat im Einzelfall nicht als sicherer Herkunftsstaat zu betrachten ist. Stellt aber die im nationalen Recht bei Personen aus sicheren Herkunftsstaaten für den Zugang zum beschleunigten Verfahren vorgeschriebene Vollprüfung des subsidiären Schutzes, vgl. §§ 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 a, 29 a Abs. 1, 36 Abs. 1 AsylG, weitergehend als die Vermutungsregelung sicher, dass für den Antragsteller in seinem speziellen Fall – auch in Bezug auf den subsidiären Schutz – sein Herkunftsstaat als sicher zu betrachten ist, wird ihm damit im nationalen Recht mindestens dasjenige gewährt, was Art. 36 Abs. 1 der Verfahrensrichtlinie erfordert. Damit wird den Gewährleistungen des Art. 46 Abs. 6 a) i.V.m. Art. 31 Abs. 8 b) Verfahrensrichtlinie an einen effektiven Rechtsschutz entsprochen. Dies steht auch in Einklang mit Art. 5 der Verfahrensrichtlinie. Demnach können bei den Verfahren zur Zuerkennung des internationalen Schutzes günstigere Bestimmungen eingeführt oder beibehalten werden, soweit diese Bestimmungen mit dieser Richtlinie vereinbar sind. Dies ist bezüglich des nationalen Rechts der Fall. Bei Ablehnung eines Antrags auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft als offensichtlich unbegründet nach § 29 a Abs. 1 AsylG ist dem Antragsteller aus einem sicheren Herkunftsstaat die Möglichkeit der Widerlegung der Vermutung eröffnet. Für den subsidiären Schutz sieht das nationale Recht bei einer Person aus einem sicheren Herkunftsstaat die günstigere Vollprüfung vor. Es bedarf nationalrechtlich keiner Einräumung einer Widerlegungsmöglichkeit, weil die Ablehnung nicht an die Vermutung anknüpft, dass der sichere Herkunftsstaat auch in dem speziellen des Antragstellers als sicher zu betrachten ist, sondern dies im Rahmen der Vollprüfung festzustellen ist. Diese im nationalen Recht vorgeschriebene Vollprüfung mit dem Ergebnis der Ablehnung des Antrages auf subsidiären Schutz als unbegründet gewährleistet mithin – weitergehend als das Modell Vermutung und Widerlegung der Vermutung –, dass der sichere Herkunftsstaat auch im speziellen Fall des Antragsteller als sicherer Herkunftsstaat zu betrachten ist.
29Vor diesem Hintergrund ist den Antragstellern die Berufung auf eine unzureichende Umsetzung der Richtlinie 2013/32/EU verwehrt.
30Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG.
31Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 Abs. 1 RVG.
32Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.