Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Urteil, 27. Jan. 2015 - 19 K 4431/14
Gericht
Tenor
Es wird festgestellt, dass die vorläufigen Gestattungen der Beklagten nach § 12 des Gaststättengesetzes vom 5. September 2014 und 12. September 2014 in der Fassung des Bescheides vom 2. Oktober 2014 sowie die Genehmigungen der Beklagten vom 5. und 12. September 2014 nach dem Landesimmissionsschutzgesetz in der Fassung des Bescheides vom 2. Oktober 2014 rechtswidrig waren.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Beklagte und die Beigeladene jeweils zur Hälfte.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar; die jeweiligen Kostenschuldnerinnen können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn die Kostengläubiger nicht vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leisten.
1
Tatbestand:
2In der Zeit vom 2. Oktober 2013 bis zum 13. Oktober 2013 fand in Essen-Rüttenscheid auf dem Messeparkplatz 2 erstmals ein „ bayerisches Oktoberfest“ in einem Festzelt statt. Nach dessen Ankündigung in der Presse wandte sich der Kläger zu 2. unter dem 29. Juli 2013 an die Beklagte und bat um Informationen zur baurechtlichen Zulässigkeit und den vorgesehenen Lärmschutzauflagen. Das Schreiben wurde nicht beantwortet. Die Beklagte holte Stellungnahmen ihres Bauordnungs- und des Bauplanungsamtes ein. Für das Bauordnungsamt teilte das Rechtsamt mit, für den Messeparkplatz bestehe ein planungsrechtlicher Vorbescheid, eine Baugenehmigung stehe noch aus. Eine Nutzung der Fläche als temporärer Festplatz sei grundsätzlich genehmigungsfähig, allerdings könne die Einhaltung der Lärmwerte problematisch sein. Da diesem Aspekt aber im Rahmen der zu erteilenden immissionsschutzrechtlichen Genehmigung Rechnung getragen werde, gebe es baurechtlich keinen zwingenden Handlungsbedarf. Die formelle Baugenehmigung sei für die Nutzung als Festplatz völlig irrelevant, „Fluchtwege usw.“ seien rundherum großzügig vorhanden. Es beständen keine Bedenken, auf das Erfordernis einer baurechtlichen Genehmigung zu verzichten. Das Bauplanungsamt teilte mit, die Parkplatzfläche sei keinem der Baugebiete nach der Baunutzungsverordnung zuzuordnen. Das gelte auch für die Wohngrundstücke an der X.--------straße . Es seien die Schutzziele eines Mischgebiets einzuhalten.
3Unter dem 1.Oktober 2013 erteilte die Beklagte der Beigeladenen eine Ausnahmegenehmigung nach §§ 9 und 10 des Landesimmissionsschutzgesetzes – LImSchG –, mit denen der Beigeladenen störende Betätigungen während der Nachtruhe und die Benutzung von Geräten, die der Schallerzeugung oder Schallwiedergabe dienen, erlaubt wurden. Die zulässigen Immissionsgrenzwerte wurde teils tageweise, teils nach Tagesabschnitten gestaffelt, auf 65 – 75 dB (A) festgesetzt. Wegen der Einzelheiten wird auf diese Genehmigung (Beiakte Heft 1 Bl. 28-34) verwiesen.
4Mit weiterer Verfügung vom 1. Oktober 2013 wurde der Beigeladenen eine vorübergehende Gestattung nach § 12 des Gaststättengesetzes – GastG – für den Ausschank alkoholischer Getränke in der Zeit des Oktoberfestes auf dem Messeparkplatz erteilt, der Zeitrahmen wurde auf Zeiten zwischen 11.00 und 24.00 Uhr festgesetzt. An allen Veranstaltungstagen war als Betriebsende 23.00 oder 24.00 Uhr angegeben, der Gestattung war die Auflage beigefügt, der Betrieb sei so zu führen, dass weder die Bewohner des Betriebsgrundstücks oder der Nachbargrundstücke noch die Allgemeinheit erhebliche Gefahren oder Belästigungen, z. B. Geräusch- oder Geruchsemissionen, erleiden. Im Übrigen wird auf die Gestattung (Beiakte Heft1 Bl. 35-36) verwiesen.
5Nach Durchführung des Festes beurteilten die Beklagte und die Beigeladene dieses positiv. Die Veranstaltung habe 25.000 Besucher aus dem Ruhrgebiet angezogen. Es wurde erwartet, bei einer Wiederholung der Veranstaltung im Jahr 2014, bei der ein Zelt gleicher Größe geplant sei, mit etwa 35.000 Besuchern rechnen zu können.
6Den Klägern zu 1. und 2., die sich auch während des Oktoberfestes wiederholt über Lärmbelästigungen beschwerten, teilte die Beklagte unter dem 10. Dezember 2013 mit, die festgesetzten Immissionswerte seien während des Festes im Wesentlichen eingehalten worden. Es sei verständlich, dass das Fest bei den Anwohnern nicht unbedingt Verständnis finde. Es habe jedoch ein öffentliches Interesse an der Durchführung der Veranstaltung gegeben: Zwar handele es sich beim Rüttenscheider Oktoberfest nicht um eine Traditionsveranstaltung, Nachahmungen des Münchener Oktoberfests fänden aber im gesamten Bundesgebiet statt. Die Abendveranstaltungen seien insbesondere am Wochenende schnell ausgebucht gewesen, das belege das große Besucherinteresse. Die Veranstaltung bedeute einen Imagegewinn für Rüttenscheid, zumal die Besucher nach Betriebsbeendigung noch die örtliche Gastronomie aufgesucht hätten und allgemein zu Folgebesuchen des Stadtteils angeregt werden sollten. Die für die Nachtzeit bewilligten Immissionswerte seien zumutbar gewesen. Bei im Oktober zumutbarem Schließen der Fenster werde die Lärmbelastung erfahrungsgemäß zwischen 30 und 40 dB(A) reduziert.
7Nach Vorgesprächen beantragte die Beigeladene am 19. Mai 2014 die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für das Oktoberfest 2014. Wegen des Standorts des Zeltes wird auf Bl.1, 8 – 10 der Beiakte Heft 1, wegen dessen äußerer Gestaltung auf Bl. 985-987 der Beiakte Heft 2 verwiesen. Es sei beabsichtigt, das Zelt in der Zeit vom 25. September 2014, 8.00 Uhr bis zum 29. September 2014 um 18.00 Uhr aufzubauen. Der Abbau solle vom 12. Oktober 2014, 8.00 Uhr bis zum 14. Oktober 2014, 18.00 Uhr dauern.
8Folgende Veranstaltungen seien vorgesehen: Am Dienstag, dem 30. September 2014 von 18.00 Uhr bis 24.00 Uhr ein Treffen von RWE-Führungskräften mit ca. 1.000 Personen.
9Von Donnerstag, dem 2. Oktober 2014, bis zum Samstag, dem 11. Oktober 2014, solle das Rüttenscheider Oktoberfest stattfinden. Das Live-Musikprogramm solle an den Werktagen bis 22.00 Uhr dauern, am Freitag, Samstag und am Eröffnungstag bis 23.00 Uhr. Nach der Live-Musik solle jeweils noch eine weitere Stunde ruhigere Musik von CDs gespielt werden.
10Zudem beantragte die Beigeladene die für die Durchführung der Veranstaltung erforderliche gaststättenrechtliche Erlaubnis.
11Unter dem 26. Mai 2014 wandten sich die Kläger, die Eigentümer und Bewohner von Wohnungen im Haus X.--------straße 11 sind, an die Beklagte. Unter Hinweis auf die Erfahrungen mit dem Oktoberfest 2013 verlangten sie, die Durchführung der Veranstaltung zu untersagen. Jedenfalls seien Schutzauflagen bei Durchführung der Veranstaltung notwendig. Die maßgeblichen Immissionsrichtwerte seien tagsüber an
12Werktagen auf 55 dB (A), tags an Werktagen während der Ruhezeit und an Sonn- und Feiertagen auf 50 dB (A) und nachts auf 40 dB (A) festzusetzen. Live- Musikdarbietungen müssten um 22.00 Uhr enden. Der Auf- und Abbau der Anlagen dürfe werktags nur außerhalb der Ruhezeiten und nicht an Sonn- und Feiertagen stattfinden.
13Unter dem 11. Juli 2014 lehnte die Beklagte die Untersagung der Veranstaltung ab. Der Freizeitlärmerlass des Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen vom 16. September 2009- Freizeitlärmerlass - regele die Zulässigkeit der maßgeblichen Immissionsrichtwerte bei komplexen Veranstaltungen nicht abschließend. Es liege auf der Hand, dass bei großen Veranstaltungen schon durch die Anwesenheit des Publikums höhere Werte erzielt würden. Insbesondere werde die Erteilung von Ausnahmegenehmigungen nach dem Landesimmissionsschutzgesetz dort nicht abschließend geregelt. Zu Einzelheiten der beabsichtigten Genehmigungen könne derzeit noch keine Auskunft gegeben werden.
14Ungeachtet eines Antrags der Kläger an das erkennende Gericht, die Veranstaltung im Wege einer einstweiligen Anordnung zu untersagen, erteilte die Beklagte der Beigeladenen am 5.September 2014 eine Ausnahmegenehmigung nach §§ 9 und 10 LImSchG. Es wurden für die folgenden Veranstaltungstage Ausnahmen vom Verbot von Betätigungen, die die Nachtruhe zu stören geeignet sind, und vom Verbot der Nutzung von Geräten, die der Schallerzeugung oder Schallwiedergabe dienen, mit folgenden Immissionsgrenzwerten zugelassen.
15Donnerstag, den 2.10.2014 16.00 - 22.00 Uhr 70 dB (A)
1622.00 – 23.00 Uhr 65 dB (A)
17Freitag, den 3.10.2014 11.00 – 13.00 Uhr 70 dB (A)
1813.00 – 17.00 Uhr 65 dB (A)
1917.00 – 22.00 Uhr 70 dB (A)
2022.00 – 23.00 Uhr 65 dB (A)
21Samstag, den 4.10. 2014 11.00 – 13.00 Uhr 70 dB (A)
2213.00 – 17.00 Uhr 65 dB (A)
2317.00 – 22.00 Uhr 70 dB (A)
2422.00 – 23.00 Uhr 65 dB (A)
25Sonntag, den 5.10. 2014 11.00 – 13.00 Uhr 70 dB (A)
2613.00 - 17.00 Uhr 65 dB (A)
2717.00 – 22.00 Uhr 70 dB (A)
28Montag, den 6.10. 2014 17.00 – 22.00 Uhr 70 dB (A)
29Dienstag, den 7.10. 2014 17.00 - 22.00 Uhr 70 dB (A)
30Mittwoch, den 8.10. 2014 17.00 – 22.00 Uhr 70 dB (A)
31Donnerstag, den 9.10. 2014 17.00 - 22.00 Uhr 70 dB (A)
32Freitag, den 10.10. 2014 17.00 - 22.00 Uhr 70 dB (A)
3322.00 – 23.00 Uhr 65 dB (A)
34Samstag, den 11.10.2014 11.00 - 13.00 Uhr 70 dB (A)
3513.00 - 17.00 Uhr 65 dB (A)
3617.00 – 22.00 Uhr 70 dB (A)
3722.00 – 23.00 Uhr 65 dB (A)
38Wegen der weiteren Auflagen wird auf die Genehmigung (Beiakte Heft 2 Bl. 405 -413) verwiesen.
39Zur Begründung wurde ausgeführt, bei der Veranstaltung, die in Anlehnung an andere ähnliche Großveranstaltungen in München, Stuttgart und Münster als Außenveranstaltung konzipiert worden sei, stehe die Zeltatmosphäre im Vordergrund, deren gemütlicher Charakter sei in Veranstaltungs- und Messehallen nicht erreichbar. Das Zelt biete etwa 3.000 Besuchern Platz, der allgemeine Schallpegel innerhalb größerer Menschenansammlungen liege erfahrungsgemäß zwischen 65 und 70 dB (A). Damit Musik noch wahrgenommen werden könne, sei es notwendig, die Beschallung mindestens 5 dB(A) höher anzusetzen.
40Die zumutbaren technischen und organisatorischen Maßnahmen zur Verminderung des mit der Veranstaltung verbundenen Lärms seien auf dieser Grundlage getroffen worden.
41Die Veranstaltung liege im öffentlichen Interesse. Gerade an Wochenenden zeige das Freizeitverhalten ein Bedürfnis nach großen Abendveranstaltungen. Aufgrund der Erfahrungen aus dem Vorjahr sei davon auszugehen, dass gerade die Abendveranstaltungen ausverkauft sein würden und zum Fest mindestens 25.000 Besucher zu erwarten seien. Das damit verbundene Interesse sei höher zu bewerten als das der Anlieger an der Beachtung der im Freizeitlärmerlass aufgeführten Immissionsrichtwerte.
42Die zweifelsohne zu erwartende Störung der Anwohner werde durch die zeitlichen und inhaltlichen Einschränkungen der Genehmigung so weit wie möglich begrenzt und sei daher zumutbar. Die erlaubte Verkürzung der Nachtruhe an einigen Stunden für einige Tage werde sich für den größten Teil der Anwohner nicht auswirken, da der folgende Tag in der Regel arbeitsfrei sei und somit zum Ausschlafen genutzt werden könne. Da die Veranstaltung während der Herbstferien stattfinde, würden Schüler nicht besonders beeinträchtigt.
43Die Immissionsrichtwerte und –zeiten seien zudem so gewählt, dass es den Anwohnern zuzumuten sei, die Fenster für einen überschaubaren Zeitraum zu schließen und so passiven Lärmschutz von etwa 30 dB (A) zu erhalten.
44Die mit einer Zwangsgeldandrohung verbundene Genehmigung, deren sofortige Vollziehung angeordnet wurde, wurde der Beigeladenen am 8. September 2014 übersandt. Gleichzeitig wurde der Beigeladenen eine vorübergehende Gestattung vom 5. September 2014 für die oben aufgeführten Betriebszeiten in der Zeit vom2. Oktober 2014 bis zum 11. Oktober 2014 zum Ausschank alkoholischer Getränke erteilt. In ihr ist neben einer Lärmschutzbestimmung für die Nutzung von Kühlcontainern, Kühlaggregaten und Lüftungsanlagen unter anderem folgende Auflage enthalten:„Der gestattete Betrieb ist stets so zu führen, dass weder die Bewohner des Betriebsgrundstücks oder die Nachbargrundstücke noch die Allgemeinheit erhebliche Gefahren oder Belästigungen, z.B. durch Geräusch- oder Geruchsemissionen, erleiden.“
45Auch bezüglich der vorübergehenden Gestattung wurde die sofortige Vollziehung angeordnet.
46Mit Schreiben vom 12. September 2014 teilte die Beklagte der Beigeladenen mit, sie habe am 12. September 2014 eine gaststättenrechtliche Erlaubnis für eine Abendveranstaltung für RWE-Führungskräfte am 30. September 2014 im Oktoberfestzelt erteilt ( Beiakte Heft 2 Bl. 452). Diese Genehmigung betreffe aber allein den gastronomischen Teil der Veranstaltung (Speisen- und Getränkeabgabe), nicht etwa eine über den erlaubten Rahmen hinausgehende Lautstärke von Musikdarbietungen oder eine Einschränkung der Nachtruhe. Es handele sich um eine Firmenveranstaltung, ein besonderes öffentliches Interesse an der Veranstaltung sei nicht erkennbar. Bei deren Durchführung dürften die zulässigen Immissionsrichtwerte nicht überschritten werden, in Anbetracht der planungsrechtlichen Einstufung der der Veranstaltungsfläche nächstgelegenen Wohnbebauung seien an der Außenseite der Bebauung folgende Werte zulässig:
47Bis 20.00 Uhr 60 dB(A)
4820.00 – 22.00 Uhr 55 dB (A)
49Nachts, also ab 22.00 Uhr 45 dB(A).
50Mit weiterer Ausnahmegenehmigung gemäß § 10 Abs. 4 LImSchG vom 12. September 2014 erlaubte die Beklagte dem Beigeladenen unter Anordnung der sofortigen Vollziehung am 10. Oktober 2014 in der Zeit von 11.00 Uhr bis 17.00 Uhr die Nutzung von Geräten zur Schallerzeugung und Schallwiedergabe zur Durchführung eines Seniorennachmittags und setzte den erlaubten Immissionsrichtwert auf 70 dB (A) fest. Gleichzeitig erteilte die Beklagte der Beigeladenen eine vorläufige Gestattung zum Ausschank alkoholischer Getränke für diese Zeit, deren Nebenbestimmungen der vorübergehenden Gestattung vom 8. September 2014 entsprachen.
51Am 24. September 2014 schlossen die Beteiligten vor dem erkennenden Gericht einen Vergleich im Rahmen des auf vorläufigen Rechtsschutz gerichteten Verfahrens, der der Beigeladenen die Durchführung der Veranstaltung ermöglichte. Wegen der Einzelheiten wird auf das Protokoll des Erörterungstermins im Verfahren 19 L 1153/14 (Beiakte Heft 2 Bl 500- 506) verwiesen.
52Mit Verfügung vom 2. Oktober 2014 änderte die Beklagte die Zwangsgeldandrohungen in den Ausnahmegenehmigungen vom 5. und 12. September 2014. Mit weiterem Bescheid vom 2. Oktober 2014 ergänzte die Beklagte die vorübergehende Gestattung vom 5. September 2014 um eine Zwangsgeldandrohung. Die Änderungsbescheide wurden der Beigeladenen am 2. Oktober 2014 zugestellt.
53Die Kläger haben unter Rücknahme des am 16. September 2014 gegen die Ausnahmegenehmigung vom 5. September 2014 erhobenen Widerspruchs entsprechend dem am 24. September 2014 geschlossenen Vergleich am 2. Oktober 2014 Anfechtungsklage gegen die von der Beklagten erteilten vorläufigen Gestattungen und Ausnahmegenehmigungen mit dem angekündigten Ziel erhoben, die Rechtswidrigkeit der Entscheidungen nach Durchführung des Festes feststellen zu lassen. Sie führen aus, die erteilten Genehmigungen und Gestattungen seien rechtswidrig. Ihre Wohnungen lägen in einem allgemeinen Wohngebiet, hiernach richte sich der ihnen zukommende Schutz. Bei der Durchführung des Oktoberfestes 2014 sei es wie im Vorjahr zu erheblichen Lärmbelästigungen gekommen, die festgesetzten Immissionsrichtwerte seien unzulässig überhöht. Die erteilten Erlaubnisse seien schon deshalb rechtswidrig, weil lediglich die Lärmemissionen durch die Musikveranstaltungen und die Störung der Nachtruhe erfasst worden seien, die Kommunikationsgeräusche durch den Betrieb und die Besucher und den An-und Abfahrtsverkehr habe die Beklagte überhaupt nicht bewältigt. Entsprechend sei bei der Festsetzung der Immissionsrichtwerte nicht beachtet worden, dass auch deshalb Zuschläge wegen der Ton-, Informations- und Impulshaltigkeit des Lärms zu berücksichtigen gewesen seien. Ungeachtet dessen seien die Voraussetzungen des Freizeitlärmerlasses bei der Festlegung der Immissionsrichtwerte nicht beachtet worden. Das wiege besonders schwer, weil die dort genannten Voraussetzungen für eine Privilegierung der Veranstaltung der Beigeladenen offenbar nicht gegeben seien. Es handele sich nicht um eine traditionelle ortsgebundene Veranstaltung und auch nicht um ein seltenes Ereignis im Sinn der Freizeitlärmrichtlinie. Das scheitere schon daran, dass der Messeparkplatz weit mehr als 10 Tage im Jahr für außergewöhnliche lärmträchtige Veranstaltungen genutzt werde. So habe in der Zeit vom 30. Juli 2014 bis zum 3. August 2014 die Veranstaltung „Rü…Genuss pur 2014“ stattgefunden, in diesem Rahmen seien die Kläger nachts Immissionen mit Beurteilungspegeln von bis zu 64 dB (A) ausgesetzt worden. Darüber hinaus werde der Platz zur Veranstaltung von Flohmärkten genutzt, zudem komme es bei Großveranstaltungen in der Grugahalle nachts zu erheblichem Abreiseverkehr. Auf dem benachbarten Fußballplatz komme es darüber hinaus vielfach bei Vereinsfesten zu erheblichen Lärmbelästigungen. Selbst wenn man ein seltenes Ereignis annehmen wolle, sei der eingeräumte Zeitraum, an dem das Oktoberfest stattfinde, eindeutig zu lang. Abgesehen davon, dass auch die Beklagte im Erörterungstermin vom 24. September 2014 zugestanden habe, dass die Voraussetzungen eines seltenen Ereignisses nach dem Freizeitlärmerlass und der TA Lärm nicht vorlägen, seien die Immissionswerte für seltene Ereignisse zudem noch überschritten worden. Hierfür fehle jede Rechtfertigung, zumal Alternativstandorte für das Fest überhaupt nicht geprüft worden seien. Es sei nicht einzusehen, warum die Veranstaltung, für die ein Ortsbezug ohnehin fehle, nicht in der nahegelegenen Grugahalle durchgeführt werden könne.
54Schließlich sei darauf hinzuweisen, dass der Parkplatz nicht als Festplatz genehmigt sei. Das habe zur Folge, dass die Veranstaltung auch mangels Baugenehmigung rechtswidrig sei.
55Es sei zudem zu bemängeln, dass der Aufbau und Abbau des Festzeltes unter Verstoß gegen das Feiertagsgesetz und die Bestimmungen zum Schutz der Nachtruhe stattgefunden habe.
56Die Kläger beantragen,
57festzustellen, dass die Ausnahmegenehmigungen der Beklagten nach dem Landesimmissionsschutzgesetz für das „Rüttenscheider Oktoberfest“ vom 5. September 2014 mit Ergänzung vom 12. September 2014 und in der Fassung der Ergänzung vom 2. Oktober 2014 sowie die gaststättenrechtlichen Gestattungen der Beklagten vom 5. und zweimal 12. September 2014 in der Fassung der Ergänzung vom 2. Oktober 2014 rechtswidrig waren,
58hilfsweise,
59- 60
1. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet war, durch Auflagen oder Anordnungen zu den genannten Genehmigungen und Gestattungen sicherzustellen, dass bei der Durchführung des „Oktoberfestes Rüttenscheid“ 2014 an den Immissionsorten 0,5 m vor dem geöffneten Fenster der Wohnküche im EG rechts, 2. OG rechts und im 1. OG links tags bzw. des Schlafzimmers im EG rechts, im 2. OG rechts und im 1. OG links nachts im Gebäude X.--------straße 11 in Essen Beurteilungspegel von
- tags an Werktagen außerhalb der Ruhezeiten von 55 dB (A)
62- tags an Werktagen innerhalb der Ruhezeit und an Sonn- und Feiertagen von 50 dB (A) und
63- nachts von 40 dB (A)
64eingehalten werden und dies durch Lärmmessungen einer anerkannten Messstelle oder eines Fachgutachters an den besagten Immissionsorten sichergestellt und bei Überschreitungen die Veranstaltung sofort abgebrochen wird,
65- 66
2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet war, durch Auflagen oder Anordnungen gegen die Beigeladene sicherzustellen, dass der Aufbau und Abbau des Festzeltes sowie sonstiger zu der Veranstaltung gehörender Anlagen und Einrichtungen und der Sound-Check für das „Oktoberfest Rüttenscheid“ 2014 nur tagsüber außerhalb der Ruhezeiten und nicht an Sonn- und Feiertagen stattfinden und das Festzelt nur tags und außerhalb der Ruhezeiten aufgeräumt werden durfte.
Die Beklagte beantragt,
68die Klage abzuweisen.
69Sie führt aus, die Einwirkungsorte lägen in einem Mischgebiet, hiernach richte sich der Schutzbedarf der Wohnnutzung der Kläger. Das Oktoberfest sei entsprechend den Vorgaben der angefochtenen Genehmigungen durchgeführt worden. Unter Berücksichtigung der von den Besuchern ausgehenden Grundgeräusche sei hinsichtlich der Beschallung bei den Immissionsrichtwerten kein Zuschlag erforderlich gewesen. Die nach Veranstaltungsende auftretenden Kommunikations- und Verkehrsgeräusche könne der Veranstalter nicht verhindern, auch ohne diesbezügliche Auflagen wären die Ordner der Beigeladenen gegen lautes Geschrei oder andere Beeinträchtigungen eingeschritten. Die Zahl der Beschwerden sei gegenüber dem Vorjahr zurückgegangen, die Polizei habe keine negativen Erkenntnisse.
70Es werde nicht bestritten, dass es sich nicht um eine Traditionsveranstaltung handele. Unter Berücksichtigung des Freizeitverhaltens der Bevölkerung sei es allerdings lebensfremd, ein früheres Veranstaltungsende oder gemäßigtere Immissionsrichtwerde vorzugeben. Dann wäre die Veranstaltung von vornherein zum Scheitern verurteilt.
71Der Freizeitlärmerlass stehe der Veranstaltung nicht entgegen, dessen Regelungen seien mehrdeutig. Über die dort geregelten Sachverhalte hinaus seien Ausnahmegenehmigungen zulässig, in diesem Rahmen seien die angefochtenen Entscheidungen getroffen worden. Zuvor sei nach Alternativstandorten gesucht worden. Gegen eine Verlagerung in eine Halle spreche jedoch der angestrebte Zeltcharakter der Veranstaltung, zudem sei die Durchführung des Festes in einer Halle weder finanzierbar noch zeitlich durchführbar. Das Zelt habe auf einem unbefestigten Boden errichtet werden müssen, hierfür sei nur der Parkplatz in Rüttenscheid geeignet. Die Verbindung zu diesem Stadtteil sei notwendig, um Gästen des Festes nach Veranstaltungsende die Möglichkeit zu geben, die umliegenden Gastronomiebetriebe insbesondere an der Rüttenscheider Straße aufzusuchen.
72Die Beigeladene beantragt ebenfalls,
73die Klage abzuweisen.
74Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die beigezogenen Verwaltungsvorgänge und die Akte des Verfahrens19 L 1153/14 verwiesen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
75E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
76Die Klage ist mit ihrem Hauptantrag als Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – bzw. in analoger Anwendung dieser Bestimmung zulässig. Die angefochtenen Entscheidungen sind insbesondere nicht vor ihrer Erledigung mit Ablauf ihrer zeitlichen Geltung bestandskräftig geworden.
77Gegen die vorläufigen Gestattungen vom 5. und 12.September 2014 haben die Kläger am 2. Oktober 2014 und damit vor Ablauf eines Monats nach Ergehen der Entscheidungen Klage erhoben, damit ungeachtet der Frage, ob und wann diese den Klägern bekanntgegeben wurden, die Klagefrist gemäß § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO jedenfalls gewahrt. Die Durchführung eines Widerspruchsverfahrens war insoweit nach § 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO in Verbindung mit § 110 Abs. 1 und 3 Sätze 1 und 2 Nr. 8 des Justizgesetzes nicht statthaft.
78Solange sich die Ausnahmegenehmigungen nicht durch Zeitablauf erledigt hatten, mussten diese dagegen mit dem Widerspruch angefochten werden (§ 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO, § 110 Abs. 3 Satz 1 des Justizgesetzes Nordrhein-Westfalen, § 69 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die am 2. Oktober 2014 erhobene Anfechtungsklage war insoweit bei Klageerhebung deshalb unzulässig; da der Widerspruch vom 16. September 2014 gegen die Ausnahmegenehmigung vom 5. September 2014 am 2. Oktober 2014 zurückgenommen wurde, konnte auch dieser den Eintritt der Bestandkraft nicht hindern. Den Klägern sind die angefochtenen Ausnahmegenehmigungen allerdings durch die Beklagte zu keiner Zeit bekanntgegeben worden, zudem ist die dem Bescheid beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung für die Kläger als am Verwaltungsverfahren nicht beteiligte Dritte unrichtig, da lediglich auf die Klage hingewiesen wird. Infolgedessen konnten die Ausnahmegenehmigungen bis zu ihrer Erledigung durch Zeitablauf gegenüber den Klägern mangels Laufs und Ablaufs der Widerspruchsfrist nicht bestandskräftig werden. Die Durchführung des Widerspruchsverfahrens wurde mit Erledigung der Ausnahmegenehmigungen unzulässig, die von den Klägern begehrte Überprüfung ihrer Rechtmäßigkeit war danach nur noch im gerichtlichen Verfahren in analoger Anwendung § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO möglich. Einen hierauf gerichteten Klageantrag haben die Kläger bereits in der Klageschrift angekündigt und spätestens mit Schriftsatz vom 9.Januar 2015 bei Gericht anhängig gemacht. Dieses Begehren ist nicht fristgebunden gerichtlich geltend zu machen.
79Die Kläger sind auch klagebefugt. Sie können sich bezüglich aller angefochtenen Entscheidungen darauf berufen, dass eine Verletzung subjektiv-öffentlicher Rechte möglich erscheint.
80Soweit sich die Kläger gegen gaststättenrechtliche vorübergehende Gestattungen wenden, folgt das daraus, dass diese von Nachbarn erfolgreich angefochten werden können, wenn deren Regelungen nicht verhindern, dass vom Gaststättenbetrieb schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundesimmissionsschutzgesetzes ausgehen. Die Erteilung einer gaststättenrechtlichen Erlaubnis ist nämlich nach § 4 Abs. 1 Satz 3 GastG zu versagen, wenn solche schädlichen Umwelteinwirkungen zu befürchten sind, § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG bestätigt diese Zielsetzung des Gesetzes damit, das auch nachträglich zu jeder Zeit diesem Schutzzweck dienende Auflagen bei bestehenden Betrieben erteilt werden können. Zwar enthält § 12 GastG für vorübergehende Auflagen zu schädlichen Umwelteinwirkungen keine ausdrücklichen Regelungen, ihre Erteilung ist auch unter erleichterten Voraussetzungen – was auch Erleichterungen im Bereich der Umwelteinwirkungen einschließen kann – möglich. Das stellt allerdings vorübergehende Gestattungen nicht von den Pflichten des Immissionsschutzrechts frei. Die gesetzlichen Regelungen haben auch bei vorübergehenden Gestattungen zum Ziel, die Nachbarschaft vor schädlichen Umwelteinwirkungen zu schützen. Die Nachbarn können die sachgerechte Beachtung der immissionsrechtlichen Vorschriften im Rahmen des gerichtlichen Nachbarschutzes auch bei Entscheidungen nach § 12 GastG geltend machen.
81Die Kläger sind als Eigentümer der von den Lärmimmissionen betroffenen Wohnungen auch befugt, gegen nach ihrer Auffassung unzumutbare Belastungen durch die Veranstaltung vorzugehen, da sie damit verbundene Einschränkungen ihres Eigentums nur nach Maßgabe der Gesetze hinnehmen müssen. Zudem gehören die Kläger als Anwohner des Veranstaltungsorts auch wegen ihrer persönlichen Betroffenheit zur Nachbarschaft im Sinne des Gesetzes. Auf die in den Verwaltungsvorgängen diskutierte Frage, ob sich die Klägerin zu 1) dauerhaft im Einwirkungsbereich der Veranstaltung aufhalte, kommt es schon wegen ihres Eigentums nicht an.
82Nichts anderes gilt, soweit sich die Kläger gegen die Ausnahmegenehmigungen nach dem Landesimmissionsschutzgesetz wenden. Die Verbote der Störung der Nachtruhe und die Einschränkung der Nutzung von Geräten, die der Schallerzeugung oder Schallwiedergabe dienen, sind nicht nur im öffentlichen Interesse erlassen worden. Sie sollen auch die von solchen Einwirkungen Betroffenen schützen und können deshalb auch gegenüber den zuständigen Behörden gerichtlich durchgesetzt werden.
83Der Klagebefugnis kann die Beklagte auch nicht, wie dies der Sache nach durch ihren Vertreter in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht worden ist, entgegenhalten, bei seltenen Ereignissen oder Ausnahmen im Rahmen der Anwendung des Freizeitlärmerlasses sei eine Verletzung von Rechten der Nachbarn ausgeschlossen, weil wegen der zeitlichen Begrenzung der Immissionen auf wenige Tage eine Gesundheitsgefahr ausgeschlossen sei. Dieser Auffassung ist offenbar nicht zu folgen:
84Ihr steht zunächst schon entgegen, dass es bei dem hier angesprochenen Rechtsschutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen nach der gesetzlichen Definition in § 3 Abs. 1 BImSchG nicht nur um Immissionen geht, die Gefahren hervorrufen können, sondern auch solche Einwirkungen relevant sind, die erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Nachbarschaft zur Folge haben können. Es tritt hinzu, dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass seltene Ereignisse mit derart schwerwiegenden Beeinträchtigungen etwa durch Lärm verbunden sind, dass die Gefahrenschwelle in Rede steht. Im Übrigen ist die Funktion des Begriffs des seltenen Ereignisses in Nummer 7.2 TA Lärm bzw. Nr. 3.2 des Freizeitlärmerlasses nicht die eines Irrelevanzkriteriums, was zur Folge hätte, dass die damit einhergehenden Immissionen als von vornherein unschädlich zu bewerten wären. Das Vorkommen seltener Ereignisse rechtfertigt allenfalls, die damit verbundenen Immissionen bei der Bestimmung der von einem Dauerbetrieb ausgehenden Belastungen außer Acht zu lassen, sowohl Nr. 7.2 TA Lärm als auch Nr. 3.2 der Freizeitlärmrichtlinie lassen aber keinen Zweifel daran, dass seltene Ereignisse nach Maßgabe der jeweils getroffenen Regelungen im Einzelfall zu bewerten sind und ihre Regelung dem Ziel der Vermeidung schädlicher Umweltbeeinträchtigungen verpflichtet bleibt. Die Beachtung dieses Ziels ist auch im Rahmen des Nachbarschutzes durchsetzbar. Jede andere Handhabung würde verkennen, dass Nachbarschutz dauerhaft gewollt ist und gerade im Fall seltener Ereignisse oder bei der Anwendung von Ausnahmebestimmungen, die ein Abweichen von Schutzstandards im Einzelfall ermöglichen, garantiert sein muss, dass im Rahmen solcher Sonderfälle das Vorliegen der Voraussetzungen der Ausnahmen und ihre Begrenzung effektiv kontrolliert werden kann. Das kommt nicht zuletzt dadurch zum Ausdruck, dass auch in Nummer 3.2. des Freizeiterlasses Immissionsrichtwerte als Höchstwerte aufgeführt sind und in Nummer 7.2 TA Lärm für seltene Fälle eine eingehende Einzelfallprüfung vorgeschrieben ist. Nichts anderes gilt erst recht, wenn über diese Begrenzungen hinaus im Wege der Ausnahme nach Nummer 3.4 der Freizeitlärmrichtlinie noch die Eingrenzungen seltener Fälle überschnitten werden. Die von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vertretene entgegenstehende Auffassung führt in letzter Konsequenz zu dem untragbaren Ergebnis, dass Nachbarschutz gerade dann nicht geltend gemacht werden könnte, wenn die mit den Immissionen verbundenen Beeinträchtigungen offenbar höher sind als bei der Regelnutzung einer Anlage.
85Die Kläger haben auch ein Feststellungsinteresse. Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung deutlich gemacht, dass sie auch in Zukunft in vergleichbarem Umfang Oktoberfeste einmal jährlich nach den Maßstäben, die für dessen Zulassung im Jahr 2014 angewendet wurden, auf der Grundlage des Gaststättenrechts und des Landesimmissionsschutzgesetzes ermöglichen will. Die Beigeladene hat die Durchführung vergleichbarer Veranstaltungen in Zukunft nicht ausgeschlossen. Es ist deshalb unverkennbar, dass die Kläger auch zukünftig mit der Durchführung von Oktoberfesten am bisherigen Standort rechnen müssen. Sie haben daher ein berechtigtes Interesse an einer Klärung der Zulässigkeit solcher Veranstaltungen anhand der Beurteilung der Rechtmäßigkeit der für das letzte Jahr von der Beklagten getroffenen Entscheidungen, um gegebenenfalls anhand verbindlicher Maßstäbe entscheiden zu können, ob sie deren Wiederholung hinnehmen müssen. Zur Klärung dieser Fragen durch ein gerichtliches Hauptsacheverfahren haben sich die Beteiligten zudem im Vergleich vom 24. September 2014 ungeachtet der dort in Aussicht genommenen Entschädigungen verpflichtet.
86Die Klage ist mit dem Hauptantrag begründet. Die dort aufgeführten von der Beklagten erteilten vorübergehenden Gestattungen und Genehmigungen waren rechtswidrig:
87Dabei ist vorab klarzustellen, dass vorliegend keinerlei Veranlassung bestand, Regelungen im Rahmen der Ausnahmebestimmungen nach den §§ 9,10 LImSchG zu treffen. Ungeachtet des Umstandes, dass diese Bestimmungen prinzipiell nur von Personen ausgehende und diesen zuzurechnende Verhaltensweisen betreffen, die zu schädlichen Umwelteinwirkungen führen können, war der Anwendungsbereich des Landesimmissionsschutzgesetzes schon deshalb nicht eröffnet, weil die Bewältigung der mit der Veranstaltung Oktoberfest 2014 verbundenen Immissionen abschließend im Rahmen der gaststättenrechtlichen Vorschriften vorzunehmen war. Die hier anwendbare Bestimmung des § 12 GastG gibt der Beklagten auf, die Vereinbarkeit des danach zugelassenen Betriebs angesichts fehlender verbindlicher Bestimmungen aufgrund baurechtlicher Genehmigungen umfassend und damit auch einschließlich der zu erwartenden Einwirkungen auf die Umwelt abschließend und effektiv zu regeln. Für eine Ausgliederung der Betriebsdauer und der mit dem Betrieb verbundenen Musikdarbietungen nach landesrechtlichen Bestimmungen lässt das Gaststättengesetz als Bundesgesetz keinen Raum. Die von der Beklagten auf der Grundlage der §§ 9,10 LImSchG erteilten Ausnahmegenehmigungen sind daher schon deshalb rechtswidrig, weil diese Bestimmungen nicht angewendet werden durften und eine gesetzmäßige Einschränkung der Rechte der Kläger auf dieser Grundlage ausscheidet.
88Die von der Beklagten ausgesprochenen vorübergehenden Gestattungen nach § 12 GastG sind ebenfalls rechtswidrig. Sie lassen in unzulässiger Weise schädliche Umwelteinwirkungen auf die Kläger und deren Eigentum zu und verfehlen deshalb den gesetzlichen Regelungsauftrag.
89Dazu ist zunächst allgemein festzuhalten, dass vorläufige Gestattungen den mit einem solchen Gaststättenbetrieb verbundenen Lärm nach Maßgabe der Eigenart der gestatteten Betriebsweise umfassend und vollständig zu regeln haben. Dazu gehört nicht nur die Frage der Betriebszeit und der Musikdarbietungen, sondern auch ganz essentiell die Bewältigung der Konflikte, die erkennbar durch das Publikum und den der Veranstaltung zurechenbaren Straßen- und Zugangsverkehr hervorgerufen werden. Dass solche Konflikte in erheblichem Umfang zu erwarten waren, war angesichts der großen Zahl der Besucher der Veranstaltungen und der Lage der Betriebsstätte außerhalb öffentlicher Verkehrswege offenkundig. Es ist nicht ansatzweise zu erkennen, was die Auffassung der Beklagten rechtfertigen soll, Umstände dieser Art seien der Beigeladenen nicht zuzurechnen und bedürften deshalb keiner Beachtung im Rahmen der Zulassung des Betriebs.
90Dem gesetzlichen Regelungsauftrag werden die vorläufigen Gestattungen nicht gerecht. Sie sind sämtlich unbestimmt, da in ihnen verbindliche Bestimmungen dazu fehlen, welche Werte die Beigeladene nicht überschreiten darf. Die in ihnen enthaltenen Auflagen verweisen, von lediglich Randbereiche betreffenden Aussagen zum Betrieb technischer Einrichtungen abgesehen, ohne nähere einzelfallbezogene Angaben auf die gesetzlichen Verpflichtungen zur Vermeidung schädlicher Umwelteinwirkungen. Angesichts der offenkundig zu erwartenden erheblichen Lärmbeeinträchtigungen der Anwohner genügt dies nicht der Pflicht, durch die konkrete Festsetzung von Immissionsrichtwerten den Nachbarschutz effektiv und überprüfbar zu regeln. Die Beklagte handelt daher schon durch die Erteilung vorläufiger Gestattungen nach § 12 GastG, die - wie vorliegend – dieser Steuerungspflicht zu Lasten der Anwohner nicht genügen, rechtswidrig. Sie verletzt damit zugleich die Rechte der Anwohner, die aufgrund der aufgezeigten Nachbarrechte Anspruch darauf haben, dass zu ihrem Schutz effektiv schädliche Umwelteinwirkungen vermieden werden.
91Das gilt umso mehr, als die Entscheidungen erkennbar nicht auf Verwirklichung angelegt sind. Es ist mit der Pflicht der Beklagten, den Schutz vor schädlichen Umweltbeeinträchtigungen zu gewährleisten, nicht vereinbar, dass die Entscheidungen hinsichtlich des Verbots solcher Immissionen keinerlei Vollziehung ermöglichen. Eine effektive Regelung ist in der Regel nur dann gewährleistet, wenn für den Fall des Verstoßes gegen exakt festgesetzte Immissionsrichtwerte wirksam Zwangsmittel angedroht werden und so der ernsthafte Wille, Umweltbelange auch durchzusetzen, bekräftigt wird.
92Unabhängig davon gilt: Selbst wenn man entgegen dem vorstehenden Ansatz zu Gunsten der Beklagten die Regelungen in den Ausnahmegenehmigungen sowie die Zwangsmittelandrohungen vom 2. Oktober 2014 in eine Gesamtbetrachtung, ob unter Beachtung aller Regelungen verlässlich tatsächlich schädliche Umwelteinwirkungen zu Lasten der Kläger verhindert wurden, einbeziehen wollte, bleiben die vorläufigen Gestattungen rechtswidrig Das in der Gesamtheit der Regelungen verwirklichte Konzept zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen bleibt in entscheidender Weise hinter den gesetzlichen Anforderungen zurück. Es kann daher offen bleiben, ob und wie diese Regelungen einem Anspruch der Kläger, die Rechtswidrigkeit der Gestattungen und Genehmigungen festzustellen, entgegengehalten werden könnten.
93Für die Veranstaltung mit RWE-Mitarbeitern am 30.September 2014 gilt das schon deshalb, weil es hierfür keine wirksame Begrenzung der Immissionen in der Gestattung vom 12. September 2014 zu Gunsten der Nachbarschaft gab. Das beruht, wie sich aus dem Schreiben der Beklagten an die Beigeladene vom gleichen Tag ergibt, auf der Annahme, es gebe ohnehin keinen Anlass für eine Ausnahmegenehmigung nach §§ 9,10 LImSchG und es sei Aufgabe der Beigeladenen, für die Beachtung der Immissionsrichtwerte für ein Mischgebiet zu Gunsten der Anwohner an der X.--------straße zu sorgen.An dieser Einschätzung ist allein die Bestimmung des zu Gunsten der Kläger einzuhaltenden Schutzniveaus zutreffend. Die Umgebung der Wohnhäuser ist zutreffend als diffus bzw. keinem Baugebiet der Baunutzungsverordnung zuzuordnen bewertet worden. Angesichts der großen Parkplatzflächen und des Kraftwerks in der Umgebung der Wohnhäuser handelt es sich um eine Innenbereichsbebauung, die lediglich auch dem Wohnen dient. Die daran anknüpfende Festlegung auf den Schutzstandard eines Mischgebiets wird von der Kammer geteilt.
94Für einen Verzicht auf die Festsetzung von Immissionsrichtwerten für diese Veranstaltung gibt es dagegen keinerlei Rechtfertigung. Es ist unverkennbar, das eine bis Mitternacht dauernde Veranstaltung der Außengastronomie, die hier angesichts der Durchführung in einem Zelt ohne besondere Schallschutzeinrichtungen ohne Zweifel anzunehmen ist, bei zu einer erwartenden Gästezahl von etwa 1.000 Besuchern und einem gleichzeitigen Musikprogramm einer effektiven Gestaltung des Lärms im Rahmen einer Gestattung bedarf. Dass dies nicht geschehen ist, beruht erkennbar nicht allein auf der fehlerhaften Annahme, der von den Besuchern verursachte Kommunikations- und Verkehrslärm sei unbeachtlich. Es wird auch deutlich, dass die Beklagte zu keiner Zeit ihrer Pflicht nachgekommen ist, die zu erwartenden Immissionen ordnungsgemäß zu erfassen und auf dieser Basis eine sachverständige Lärmprognose zu erstellen. Dazu war die Beklagte gerade zur Verhinderung schädlicher Umwelteinwirkungen aber verpflichtet. Dem kann nicht entgegengehalten werden, entsprechende Daten hätten nicht vorgelegen. Wenn die Beklagte nicht aufgrund eigener Sachkunde eine tragfähige Bewertung vornehmen kann, hat sie entweder dem Veranstalter aufzugeben, hierzu tragfähige Unterlagen beizubringen, oder aber selbst Sachverständige einzuschalten. Dem kann sich die Beklagte nicht dadurch entziehen, dass sie ohne vollziehbare Regelungen dem Veranstalter lediglich die allgemein für die Anwohnergrundstücke geltenden Immissionsrichtwerte mitteilt und hinnimmt, dass deren Beachtung – wie vorliegend – angesichts des Charakters der gestatteten Veranstaltung offenbar nicht möglich ist. Die Kenntnis der Beklagten von diesen Umständen ist für die Kammer offenkundig, sie ergibt sich zwanglos aus der Begründung der Ausnahmegenehmigung vom 5.September 2014. Dort heißt es, der Mittelungspegel innerhalb größerer Menschenansammlungen liege erfahrungsgemäß zwischen 65 und 70 dB (A) und es sei, um die Wahrnehmung von Musik in diesen Fällen sicherzustellen, notwendig, die Beschallung um mindestens5 dB (A) höher anzusetzen. Wie es angesichts solcher Vorkenntnisse der Beigeladenen möglich sein sollte, ab 20.00 Uhr einen Immissionsrichtwert von 55 dB (A) und ab 22.00 Uhr einen Immissionsrichtwert von 45 dB (A) zugunsten der Kläger einzuhalten, entbehrt jeder Erklärung.
95Auch soweit für die sonstigen Veranstaltungen des Oktoberfestes Immissionsrichtwerte in den Ausnahmegenehmigungen festgesetzt worden sind, genügen diese nicht den rechtlichen Anforderungen, sie bleiben teilweise unbestimmt, sind nicht ordnungsgemäß ermittelt worden und zudem überhöht.
96Dabei ist vorab festzuhalten, dass es keine verbindlichen Regelungen für die Veranstaltungen auf der Grundlage der TA Lärm gibt, diese ist vorliegend nicht anwendbar. Wie bereits dargelegt, handelt es sich bei dem Gaststättenbetrieb in einem Festzelt um eine nicht genehmigungsbedürftige Freizeitanlage, die nach Überzeugung der Kammer in gleicher Weise wie Freiluftgaststätten dem Anwendungsbereich der TA Lärm nach deren Nr. 1 Satz 2 Buchstabe b entzogen sind.
97Maßgeblich für die Beurteilung, ob schädliche Umwelteinwirkungen vorliegen, ist vielmehr eine wertende Beurteilung des Einzelfalls, die sich an den Regelungen des Freizeitlärmerlasses orientiert. Dieser Erlass beruht auf der Freizeitlärmrichtlinie des Länderausschusses der für Immissionsschutzfragen zuständigen obersten Landesbehörden und setzt diese in Nordrhein-Westfalen in sachverständiger Weise um. Der Erlass bezieht nach seiner Nr. 1 im vierten Absatz über die Musikdarbietungen in Zelten hinaus Anlagen der Außengastronomie ausdrücklich in seinen Anwendungsbereich ein. Die Kammer sieht keine Veranlassung, diese auf sachverständigen Erkenntnissen beruhenden Maßstäbe im Rahmen der von ihr zu treffenden konkreten Abwägungsentscheidung nicht anzuwenden. Die dort niedergelegten Grundsätze sind für die Kammer zwar nicht verbindlich, sie haben aber die Bedeutung einer Orientierungshilfe, der sich die Kammer bei der konkreten Beurteilung des Oktoberfestes bedient. Das entspricht erkennbar auch der Praxis der Beklagten, die sich gerade auf die Ausnahmebestimmungen des Freizeitlärmerlasses beruft.
98In diesem kommt zunächst zum Ausdruck, dass Anlagen der Außengastronomie im Grundsatz gegenüber anderen gewerblichen Betätigungen nur geringfügig privilegiert sind. Sie werden in Nr. 3. 1 und Nr. 4 des Erlasses im Grundsatz wie sonstige Anlagen im Sinne des § 3 Abs.5 Nr. 1 BImschG Immissionsrichtwerten unterworfen, die sich an Nr. 6.1 TA Lärm für gewerbliche Betätigungen orientieren. Diese Werte sind auch Grundlage für die Beurteilung, ob bei vorübergehenden Gestattungen nach § 12 GastG Erleichterungen zugestanden werden können. Hier könnte zwar der Umstand, dass es sich nicht um dauerhafte Belastungen handelt, im Einzelfall geringfügige Überschreitungen rechtfertigen. Das bedeutet allerdings entgegen der von der Beklagten in ihren Entscheidungen zugrunde gelegten und in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich bekräftigten Auffassung nicht, dass die Schutzgüter der §§ 4 Abs.1 Nr. 3, 5 Abs.1 Nr. 3 GastG außer Betracht bleiben könnten oder ihnen geringeres Gewicht zugemessen werden darf. Die Erleichterungen können sich beispielsweise darauf beziehen, dass in Ausnahmefällen, in denen die Beachtung der Immissionsrichtwerte nicht nachgewiesen ist zur Vermeidung unverhältnismäßigen Aufwandes darauf verzichtet werden kann, vom Veranstalter den Nachweis zu verlangen, dass er mit seiner Immissionsprognose auf der „sicheren Seite“ liegt. Für eine spürbare Überschreitung von Immissionsrichtwerten gibt die Möglichkeit erleichterter Zulassung aber keine Rechtfertigung. Da die Beklagte rechtswidrig davon abgesehen hat, die mit der Außengastronomie verbundenen Immissionen überhaupt zu regeln, bedarf das keiner Vertiefung. Es bedarf deshalb auch keines Eingehens auf die Frage, ob die in § 9 LImSchG angelegte Privilegierung der Außengastronomie, die in Nr. 4 des Freizeitlärmerlasses aufgenommen wird, hingenommen werden kann, wonach von solchen Betrieben ausgehender Lärm bis 24.00 Uhr nicht vollständig den Bestimmungen über die Nachtruhe unterliegt. Mit dem bundesrechtlich in Nr. 6.3 der TA Lärm zum Ausdruck kommenden, für das Gaststättenrecht verbindlichen Verständnis der Nachtzeit könnte dies unvereinbar sein, eine hieran orientierte Praxis deshalb gegen Art. 31 GG verstoßen.
99Für die Musikdarbietungen und die damit verbundenen Lärmeinwirkungen gelten diese Privilegierungen ohnehin nicht. Die Ausnahmebestimmungen der Nr. 4 des Freizeitlärmerlasses erfassen allein den Betriebslärm, der üblicherweise von Außengaststätten ausgeht. Die für diese vorgesehenen Begünstigungen auf Musikveranstaltungen auszudehnen, gibt es keine Veranlassung. Musikveranstaltungen sind – unabhängig davon, ob sie mit einen Gaststättenbetrieb verbunden sind oder nicht – allein an den Regelungen der Nr. 3 der Freizeitlärmrichtlinie zu messen. Für sie gilt, dass ihnen, wie Nr. 3.1 des Erlasses belegt, prinzipiell keine Erleichterung gegenüber anderen gewerblichen Nutzungen zu Gute kommt. Dabei ist klarzustellen, dass es für die Bewertung des Lärms vorliegend nicht genügt, allein auf den von Lautsprechern bzw. den Musikinstrumenten verursachten Lärm abzustellen. Bei den maßgeblichen Emissionen ist vielmehr zu beachten, dass das Fest gerade darauf angelegt ist, die Besucher zum Mitsingen zu bewegen. Der hierdurch verursachte möglicherweise zusätzliche Veranstaltungslärm ist bei der Lärmprognose zu beachten.
100Die von der Beklagten bezüglich der Musikveranstaltungen festgelegten Immissionsrichtwerte übersteigen massiv die Begrenzungen, die für Mischgebiete zu beachten sind. Damit steht fest, dass die von der Beklagten in den Ausnahmegenehmigungen festgelegten Immissionsrichtwerte nur dann gerechtfertigt wären, wenn sie den besonderen Anforderungen der Nr. 3.2 bzw. 3 .4 des Freizeitlärmerlasses entsprechen würden. Das ist nicht der Fall.
101Dabei genügt es bei Veranstaltungen der vorliegenden Art schon im Ausgangspunkt nicht, lediglich Immissionsrichtwerte festzusetzen. Ungeachtet des durch die Besucher erzeugten Lärms ist – insbesondere vor dem Hintergrund, dass es bereits im Vorjahr erhebliche Beschwerden über die Auswirkungen der Lautsprecheranlagen gegeben hatte – in aller Regel wie auch vorliegend erforderlich, Regelungen an den Emissionsquellen zu treffen und bereits technisch durch Sicherungen an den Anlagen zur Schallerzeugung und zur Schallwiedergabe auszuschließen, dass deren Auswirkungen zu Überschreitung den von Grenzwerten führen (s. dazu auch Nr. 5 des Freizeitlärmerlasses).
102Der für solche Maßnahmen notwendige Beschallungsplan war unabdingbar, um im Zusammenhang mit der anzustellenden Lärmprognose überhaupt nachvollziehbar zu begründen, dass die vorgesehen Immissionsrichtwerte den notwendigen Schutz der Nachbarschaft tatsächlich gewährleisten. Die für die Berechnung des maßgeblichen
103Beurteilungspegels erforderlichen Grundlagen waren zudem auch deshalb nicht gegeben, weil die Beklagte in unzulässiger Weise den Kommunikations- und Verkehrslärm bei der Festlegung der Auflagen zur Ausnahmegenehmigung außer Betracht gelassen hat. Erst recht fehlt eine Bewertung des Lärms, die die Informations- und Impulshaltigkeit der Lärmquellen bei der Berechnung des festgelegten Beurteilungspegels angemessenen berücksichtigt. Dass hier Zuschläge wegen der Informationshaltigkeit notwendig waren, ergibt sich schon aus dem hohen Wiedererkennungswert des durch bekannte Musiktitel geprägten Programms und die anschaulich durch Nachbarbeschwerden geschilderte besondere Belastung daraus, dass stündlich mehrfach ein Tusch auf das „Prosit der Gemütlichkeit“ gespielt wurde. Dass daneben noch die Belastung durch die Impulshaltigkeit der Musikdarbietungen bei der Festlegung des Beurteilungspegels einzubeziehen war, hat die Beklagte ebenfalls nicht beachtet.
104Ungeachtet dessen sind die festgesetzten Immissionsrichtwerte unabhängig von den aufgezeigten Fehlern auch als solche nicht nach Ziffer 3.2. des Freizeitlärmerlasses zu rechtfertigen. Die Beklagte hat schon im Erörterungstermin am 24. September 2014 zugestanden, dass das Oktoberfest nicht als seltenes Ereignis nach dieser Bestimmung angesehen werden kann. Das ergibt sich schon zweifelfrei daraus, dass die Immissionsrichtwerte deren Höchstwerte an allen Tagen in den Ruhezeiten und am 2.,3.,4.,10. und 11. Oktober 2014 zum Teil erheblich überschreiten. Es ist zudem durch nichts gerechtfertigt, dass ohne Begründung auf eine Begrenzung durch Richtwerte für Geräuschspitzen verzichtet worden ist. Darüber hinaus ist nicht zu verkennen, dass die Vorbelastung zumindest durch die Veranstaltung von „Rü…Genuss pur 2014“ in die Gesamtbetrachtung einzubeziehen ist. Ausweislich der Genehmigung für diese fünftägige Veranstaltung vom 2. Juli 2014 wurden auch hierfür Immissionsrichtwerte zu Lasten der Kläger zugelassen, die bei einem seltenen Ereignis bewilligt werden können. Die Kammer hält es für gerechtfertigt, auch für Einzelveranstaltungen die Einschätzung als seltenes Ereignis zuzulassen und deren immissionsrechtliche Zulässigkeit an den hierfür geltenden Grenzen zu messen. Der Freizeitlärmerlass lässt solche Überschreitungen im Rahmen einer Dauergenehmigung für eine Anlage aber nur an 10 Tagen im Jahr zu. Es spricht nichts dagegen, auch bei mehreren Einzelveranstaltungen an einem Ort diese Höchstbegrenzung für seltene Ereignisse für verbindlich zu halten und daraus abzuleiten, dass jedenfalls auf dem Messeparkplatz nur noch an weiteren fünf Tagen ein seltenes Ereignis im Sinne des Freizeitlärmerlasses stattfinden durfte. Dafür streitet das Ziel, Nachbarn von Vergnügungsstätten nur in einen begrenzten Zeitraum im Jahr solche erheblichen Beeinträchtigungen zuzumuten. Dem steht auch
105nicht die Sonderregelung in Nr. 3.2 c des Freizeitlärmerlasses entgegen, wonach unzumutbare Geräuschbelästigungen jedenfalls bei Überschreitung der Werte nach Nr. 3.1 des Freizeitlärmerlasses anzunehmen sind, wenn diese am selben Einwirkungsort an insgesamt mehr als 14 Kalendertagen eines Jahres auftreten. Diese Bestimmung erweitert nicht die Zahl der Tage, an denen an einem bestimmten Ort seltene Ereignisse stattfinden dürfen, sondern verpflichtet die Behörde, nötigenfalls zur Vermeidung einer Gesamtbelastung der Nachbarn von mehr als 14 Kalendertagen im Jahr, die Zahl der seltenen Ereignisse an einem Ort unter 10 Tage zu begrenzen.
106Die von der Beklagten festgelegten Immissionsrichtwerte können auch nicht durch die Überlegung gerechtfertigt werden, beim Rüttenscheider Oktoberfest seien die Voraussetzungen einer Ausnahme nach Nr. 3.4. des Freizeitlärmerlasses anzunehmen. Danach kann von den Begrenzungen der Nr. 3.1 und 3.2. des Erlasses abgewichen werden, wenn ein öffentliches Interesse an der Durchführung der Veranstaltung angenommen wird und dieses rechtfertigt, die Belange der Anwohner zurückzustellen. Die Ausnahme kann nur bejaht werden, wenn eine Abwägung im Einzelfall ergibt, dass das Schutzbedürfnis der Wohnnutzung zurücktreten muss.
107Die Kammer betont dabei, dass das die Ausnahme ermöglichende und rechtfertigende öffentliche Interesse nicht einer ungesteuerten Vielfalt von öffentlichen Belangen eröffnet ist. Allgemeine Belange etwa der Wirtschafts- und Tourismusförderung oder fiskalische Interessen haben in diesem Zusammenhang keine erhebliche Bedeutung. In den immissionsrechtlichen Grundsätzen der Nr. 2 des Freizeitlärmerlasses wird zu Recht darauf abgestellt, dass dessen Regelungen auf den Grad der mit der Veranstaltung verbundenen Belästigung abstellen und die Wertungen hierzu aufnimmt, die der Einstellung eines verständigen, durchschnittlich empfindlichen Mitbürgers entsprechen. Darin kommt zum Ausdruck, dass gerade die Bewertung von Freizeitveranstaltungen je nach ihrem Anlass von Anwohnern unterschiedlich wahrgenommen wird und die Toleranz gegenüber Lärmeinwirkungen selbstverständlich auch davon abhängt, ob diese durch besondere Ereignisse veranlasst sind. Es ist unverkennbar, dass Immissionen trotz eines höheren Lärmaufkommens als sozialadäquat und damit im Sinne des Umweltrechts unschädlich akzeptiert werden, wenn ihr Anlass in der örtlichen Gemeinschaft der Umgebung einen hohen und allgemein anerkannten Stellenwert besitzt.
108Diesen Ansatz übernimmt Nr. 3.4 des Freizeitlärmerlasses, wenn dort ausgeführt wird, bei Veranstaltungen könnten für die Annahme von Ausnahmen deren historische, kulturelle oder sonst sozialgewichtige Grundlagen berücksichtigt werden. Eine vergleichbare Wertung findet sich auch in § 9 Abs. 3 LImSchG für ortsrechtliche Bestimmungen zur Einschränkung der Nachtruhe. Diese Regelungen beruhen auf der Erkenntnis, dass Volks- und Gemeindefeiern, Feiern örtlicher Vereine, traditionelle Umzüge und ähnliche Veranstaltungen zu den herkömmlichen, allgemein akzeptierten Formen gemeindlichen und städtischen Lebens gehören. Es liegt in der Natur der Sache, dass diese oftmals in der Nähe zur Wohnbebauung durchgeführt werden müssen und zwangsläufig mit Beeinträchtigungen der Nachbarschaft verbunden sind. Verständige Nachbarn werden die damit verbundenen Geräuschentwicklungen deshalb in aller Regel in höherem Maß akzeptieren als die der sonstigen, nicht durch konkrete örtliche Bezüge ausgelöste Freizeitbetätigungen. Das gilt insbesondere, wenn es sich um ein außergewöhnliches und weitgehend einmaliges Ereignis handelt oder aber eine langjährige, mit dem Veranstaltungsort verbundene Traditionsveranstaltung (etwa Cranger Kirmes, Karnevalsveranstaltungen) betrifft, auf deren regelmäßige Wiederkehr sich die Umgebung eingerichtet hat und der sie notfalls dadurch ausweicht, das die Wohnnutzung in der Umgebung kurzfristig aufgegeben wird. Soweit keine solche Tradition besteht, kann eine vergleichbare Toleranz allerdings nur erwartet werden, wenn die mit der Veranstaltung verbundenen Ziele ein vergleichbares Gewicht für die örtliche Gemeinschaft am Veranstaltungsort aufweisen, die redlicherweise erwarten lassen, dass die verständigen Anwohner die berechtigten Belange der Wohnbedürfnisse zurückstellen. Nur wenn diese Voraussetzungen im Rahmen einer konkreten ergebnisoffenen Abwägung, in die auch die Schutzbedürfnisse der Anwohner eingestellt werden, erfüllt sind, kann die Überschreitung der Werte nach Nr. 3.2 und 3.2 des Freizeitlärmerlasses im Einzelfall hingenommen werden.
109Diesen Anforderungen genügen die Erwägungen der Beklagten offenbar nicht. Schon der Ausgangspunkt, es gebe ein verändertes Freizeitverhalten und ein daran anknüpfendes Bedürfnis nach Ausweitung eines abendlichen Freizeitangebots in Großveranstaltungen, lässt eine Grundlage für eine daran anknüpfende Beschränkung des Schutzes der Wohnbevölkerung nicht erkennen. Der Sache nach ist das lediglich die Umschreibung eines weiteren Freizeitangebots aus schlicht kommerziellen Interessen, für das wie für jegliche andere gewerbliche Tätigkeit verlangt werden kann, dass die bestehenden rechtlichen Grenzen solcher Betätigungen beachtet werden müssen und das nur verwirklicht werden kann, wenn dies am vorgesehenen Standort ohne Nutzungskonflikte möglich ist. Das hat selbstverständlich zur Folge, dass bestimmte Veranstaltungen schon auf dieser Ebene am vorgesehenen Ort nicht zulässig sind. Dementsprechend formuliert Nr. 2 des Freizeitlärmerlasses am Ende, dass es möglich ist, dass die Genehmigungsfähigkeit einer Veranstaltung bauplanungsrechtlich nicht herbeigeführt werden kann.
110Dem kann die Beklagte auch nicht entgegenhalten, es gebe eine besondere Nähe der Veranstaltung zu Rüttenscheid und für diesen Stadtteil habe die Veranstaltung besondere Bedeutung. Schon eine besondere Nähebeziehung zum Stadtteil vermag die Kammer nicht zu erkennen. Deren inhaltliche Gestaltung ist von örtlichen Bezügen völlig unabhängig, sie weist insoweit keinerlei Besonderheiten gegenüber anderen inzwischen dutzendfach allein in Nordrhein-Westfalen zeitnah oder gleichzeitig durchgeführten Oktoberfesten auf. Die Nähe zur Rüttenscheider Straße und dem dort vorhandenen Gastronomieangebot, das von den Gästen im Anschluss an die Veranstaltung wahrgenommen werden könne, erhöht lediglich die Attraktivität des kommerziell begründeten Festes für Besucher, denen der schlichte Besuch des Festes nicht genügt. Es handelt sich dabei allerdings nur um einen Standortvorteil für die Veranstalter, keineswegs um ein in der örtlichen Gemeinschaft wurzelndes, über Gewinninteressen hinausgehendes Bedürfnis. Dass ein anderer Platz für ein Festzelt in Rüttenscheid nicht vorhanden und die Veranstaltung in der Halle auch zu teuer sein soll, ist unerheblich. Die Konsequenz daraus ist allein, dass das Fest dann in Rüttenscheid nicht stattfinden kann, nicht aber, dass Nachbarinteressen unberücksichtigt bleiben müssen, um dem Veranstalter des Fests zum geschäftlichen Erfolg zu verhelfen.
111Die Entscheidung der Beklagten ist daher schon mangels eines hinreichenden, in den Besonderheiten der örtlichen Gemeinschaft wurzelnden Anlasses historischer, kultureller oder sozialgewichtiger Art nicht tragfähig. Sie ist auch im Übrigen durch fehlende Rücksicht auf die berechtigten Belange der Anwohner gekennzeichnet. Den Verwaltungsvorgängen ist eindeutig zu entnehmen, dass zu keiner Zeit auch nur erwogen wurde, das Fest könne wegen der von ihm ausgehenden massiven Belästigungen nicht zuzulassen sein. Alle Entscheidungen, die von der Beklagten getroffen wurden, waren allein durch das Ziel bestimmt, den wirtschaftlichen Erfolg und damit die Durchführung der Veranstaltung zu ermöglichen. Das wird nicht zuletzt dadurch erkennbar, dass die Beklagte zu keiner Zeit in Erwägung gezogen hat, das schon die bloße Dauer der Veranstaltung und die damit verbundene massive Beeinträchtigung der betroffenen Wohnbevölkerung ungewöhnlich schwerwiegend sind und schon dies ein überragendes örtliches Interesse an der Realisierung des Oktoberfestes verlangte.
112Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 und 3 VwGO, die Entscheidung über ihre vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung.
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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Die Anfechtungsklage muß innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheids erhoben werden. Ist nach § 68 ein Widerspruchsbescheid nicht erforderlich, so muß die Klage innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts erhoben werden.
(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.
(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Einer solchen Nachprüfung bedarf es nicht, wenn ein Gesetz dies bestimmt oder wenn
- 1.
der Verwaltungsakt von einer obersten Bundesbehörde oder von einer obersten Landesbehörde erlassen worden ist, außer wenn ein Gesetz die Nachprüfung vorschreibt, oder - 2.
der Abhilfebescheid oder der Widerspruchsbescheid erstmalig eine Beschwer enthält.
(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.
Das Vorverfahren beginnt mit der Erhebung des Widerspruchs.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Die Erlaubnis ist zu versagen, wenn
- 1.
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß der Antragsteller die für den Gewerbebetrieb erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt, insbesondere dem Trunke ergeben ist oder befürchten läßt, daß er Unerfahrene, Leichtsinnige oder Willensschwache ausbeuten wird oder dem Alkoholmißbrauch, verbotenem Glücksspiel, der Hehlerei oder der Unsittlichkeit Vorschub leisten wird oder die Vorschriften des Gesundheits- oder Lebensmittelrechts, des Arbeits- oder Jugendschutzes nicht einhalten wird, - 2.
die zum Betrieb des Gewerbes oder zum Aufenthalt der Beschäftigten bestimmten Räume wegen ihrer Lage, Beschaffenheit, Ausstattung oder Einteilung für den Betrieb nicht geeignet sind, insbesondere den notwendigen Anforderungen zum Schutze der Gäste und der Beschäftigten gegen Gefahren für Leben, Gesundheit oder Sittlichkeit oder den sonst zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung notwendigen Anforderungen nicht genügen oder - 2a.
die zum Betrieb des Gewerbes für Gäste bestimmten Räume von behinderten Menschen nicht barrierefrei genutzt werden können, soweit diese Räume in einem Gebäude liegen, für das nach dem 1. November 2002 eine Baugenehmigung für die erstmalige Errichtung, für einen wesentlichen Umbau oder eine wesentliche Erweiterung erteilt wurde oder das, für den Fall, dass eine Baugenehmigung nicht erforderlich ist, nach dem 1. Mai 2002 fertig gestellt oder wesentlich umgebaut oder erweitert wurde, - 3.
der Gewerbebetrieb im Hinblick auf seine örtliche Lage oder auf die Verwendung der Räume dem öffentlichen Interesse widerspricht, insbesondere schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes oder sonst erhebliche Nachteile, Gefahren oder Belästigungen für die Allgemeinheit befürchten läßt, - 4.
der Antragsteller nicht durch eine Bescheinigung einer Industrie- und Handelskammer nachweist, daß er oder sein Stellvertreter (§ 9) über die Grundzüge der für den in Aussicht genommenen Betrieb notwendigen lebensmittelrechtlichen Kenntnisse unterrichtet worden ist und mit ihnen als vertraut gelten kann.
(2) Wird bei juristischen Personen oder nichtrechtsfähigen Vereinen nach Erteilung der Erlaubnis eine andere Person zur Vertretung nach Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag berufen, so ist dies unverzüglich der Erlaubnisbehörde anzuzeigen.
(3) Die Landesregierungen können zur Durchführung des Absatzes 1 Nr. 2 durch Rechtsverordnung die Mindestanforderungen bestimmen, die an die Lage, Beschaffenheit, Ausstattung und Einteilung der Räume im Hinblick auf die jeweilige Betriebsart und Art der zugelassenen Getränke oder Speisen zu stellen sind. Die Landesregierungen können durch Rechtsverordnung
- a)
zur Durchführung des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 2a Mindestanforderungen bestimmen, die mit dem Ziel der Herstellung von Barrierefreiheit an die Lage, Beschaffenheit, Ausstattung und Einteilung der Räume zu stellen sind, und - b)
zur Durchführung des Absatzes 1 Satz 2 die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Falles der Unzumutbarkeit festlegen.
(1) Gewerbetreibenden, die einer Erlaubnis bedürfen, können jederzeit Auflagen zum Schutze
- 1.
der Gäste gegen Ausbeutung und gegen Gefahren für Leben, Gesundheit oder Sittlichkeit, - 2.
der im Betrieb Beschäftigten gegen Gefahren für Leben, Gesundheit oder Sittlichkeit oder - 3.
gegen schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und sonst gegen erhebliche Nachteile, Gefahren oder Belästigungen für die Bewohner des Betriebsgrundstücks oder der Nachbargrundstücke sowie der Allgemeinheit
(2) Gegenüber Gewerbetreibenden, die ein erlaubnisfreies Gaststättengewerbe betreiben, können Anordnungen nach Maßgabe des Absatzes 1 erlassen werden.
(1) Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.
(2) Immissionen im Sinne dieses Gesetzes sind auf Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter einwirkende Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnliche Umwelteinwirkungen.
(3) Emissionen im Sinne dieses Gesetzes sind die von einer Anlage ausgehenden Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnlichen Erscheinungen.
(4) Luftverunreinigungen im Sinne dieses Gesetzes sind Veränderungen der natürlichen Zusammensetzung der Luft, insbesondere durch Rauch, Ruß, Staub, Gase, Aerosole, Dämpfe oder Geruchsstoffe.
(5) Anlagen im Sinne dieses Gesetzes sind
- 1.
Betriebsstätten und sonstige ortsfeste Einrichtungen, - 2.
Maschinen, Geräte und sonstige ortsveränderliche technische Einrichtungen sowie Fahrzeuge, soweit sie nicht der Vorschrift des § 38 unterliegen, und - 3.
Grundstücke, auf denen Stoffe gelagert oder abgelagert oder Arbeiten durchgeführt werden, die Emissionen verursachen können, ausgenommen öffentliche Verkehrswege.
(5a) Ein Betriebsbereich ist der gesamte unter der Aufsicht eines Betreibers stehende Bereich, in dem gefährliche Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen, zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinie 96/82/EG des Rates (ABl. L 197 vom 24.7.2012, S. 1) in einer oder mehreren Anlagen einschließlich gemeinsamer oder verbundener Infrastrukturen oder Tätigkeiten auch bei Lagerung im Sinne des Artikels 3 Nummer 16 der Richtlinie in den in Artikel 3 Nummer 2 oder Nummer 3 der Richtlinie bezeichneten Mengen tatsächlich vorhanden oder vorgesehen sind oder vorhanden sein werden, soweit vernünftigerweise vorhersehbar ist, dass die genannten gefährlichen Stoffe bei außer Kontrolle geratenen Prozessen anfallen; ausgenommen sind die in Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU angeführten Einrichtungen, Gefahren und Tätigkeiten, es sei denn, es handelt sich um eine in Artikel 2 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU genannte Einrichtung, Gefahr oder Tätigkeit.
(5b) Eine störfallrelevante Errichtung und ein Betrieb oder eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs ist eine Errichtung und ein Betrieb einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, oder eine Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs einschließlich der Änderung eines Lagers, eines Verfahrens oder der Art oder physikalischen Form oder der Mengen der gefährlichen Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU, aus der sich erhebliche Auswirkungen auf die Gefahren schwerer Unfälle ergeben können. Eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs liegt zudem vor, wenn eine Änderung dazu führen könnte, dass ein Betriebsbereich der unteren Klasse zu einem Betriebsbereich der oberen Klasse wird oder umgekehrt.
(5c) Der angemessene Sicherheitsabstand im Sinne dieses Gesetzes ist der Abstand zwischen einem Betriebsbereich oder einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, und einem benachbarten Schutzobjekt, der zur gebotenen Begrenzung der Auswirkungen auf das benachbarte Schutzobjekt, welche durch schwere Unfälle im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU hervorgerufen werden können, beiträgt. Der angemessene Sicherheitsabstand ist anhand störfallspezifischer Faktoren zu ermitteln.
(5d) Benachbarte Schutzobjekte im Sinne dieses Gesetzes sind ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienende Gebiete, öffentlich genutzte Gebäude und Gebiete, Freizeitgebiete, wichtige Verkehrswege und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvolle oder besonders empfindliche Gebiete.
(6) Stand der Technik im Sinne dieses Gesetzes ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere die in der Anlage aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen.
(6a) BVT-Merkblatt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Dokument, das auf Grund des Informationsaustausches nach Artikel 13 der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) für bestimmte Tätigkeiten erstellt wird und insbesondere die angewandten Techniken, die derzeitigen Emissions- und Verbrauchswerte, alle Zukunftstechniken sowie die Techniken beschreibt, die für die Festlegung der besten verfügbaren Techniken sowie der BVT-Schlussfolgerungen berücksichtigt wurden.
(6b) BVT-Schlussfolgerungen im Sinne dieses Gesetzes sind ein nach Artikel 13 Absatz 5 der Richtlinie 2010/75/EU von der Europäischen Kommission erlassenes Dokument, das die Teile eines BVT-Merkblatts mit den Schlussfolgerungen in Bezug auf Folgendes enthält:
- 1.
die besten verfügbaren Techniken, ihrer Beschreibung und Informationen zur Bewertung ihrer Anwendbarkeit, - 2.
die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte, - 3.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Überwachungsmaßnahmen, - 4.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Verbrauchswerte sowie - 5.
die gegebenenfalls einschlägigen Standortsanierungsmaßnahmen.
(6c) Emissionsbandbreiten im Sinne dieses Gesetzes sind die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte.
(6d) Die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte im Sinne dieses Gesetzes sind der Bereich von Emissionswerten, die unter normalen Betriebsbedingungen unter Verwendung einer besten verfügbaren Technik oder einer Kombination von besten verfügbaren Techniken entsprechend der Beschreibung in den BVT-Schlussfolgerungen erzielt werden, ausgedrückt als Mittelwert für einen vorgegebenen Zeitraum unter spezifischen Referenzbedingungen.
(6e) Zukunftstechniken im Sinne dieses Gesetzes sind neue Techniken für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie, die bei gewerblicher Nutzung entweder ein höheres allgemeines Umweltschutzniveau oder zumindest das gleiche Umweltschutzniveau und größere Kostenersparnisse bieten könnten als der bestehende Stand der Technik.
(7) Dem Herstellen im Sinne dieses Gesetzes steht das Verarbeiten, Bearbeiten oder sonstige Behandeln, dem Einführen im Sinne dieses Gesetzes das sonstige Verbringen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich.
(8) Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie im Sinne dieses Gesetzes sind die in der Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 1 Satz 4 gekennzeichneten Anlagen.
(9) Gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind Stoffe oder Gemische gemäß Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien
(10) Relevante gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind gefährliche Stoffe, die in erheblichem Umfang in der Anlage verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden und die ihrer Art nach eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück verursachen können.
(1) Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.
(2) Immissionen im Sinne dieses Gesetzes sind auf Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter einwirkende Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnliche Umwelteinwirkungen.
(3) Emissionen im Sinne dieses Gesetzes sind die von einer Anlage ausgehenden Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnlichen Erscheinungen.
(4) Luftverunreinigungen im Sinne dieses Gesetzes sind Veränderungen der natürlichen Zusammensetzung der Luft, insbesondere durch Rauch, Ruß, Staub, Gase, Aerosole, Dämpfe oder Geruchsstoffe.
(5) Anlagen im Sinne dieses Gesetzes sind
- 1.
Betriebsstätten und sonstige ortsfeste Einrichtungen, - 2.
Maschinen, Geräte und sonstige ortsveränderliche technische Einrichtungen sowie Fahrzeuge, soweit sie nicht der Vorschrift des § 38 unterliegen, und - 3.
Grundstücke, auf denen Stoffe gelagert oder abgelagert oder Arbeiten durchgeführt werden, die Emissionen verursachen können, ausgenommen öffentliche Verkehrswege.
(5a) Ein Betriebsbereich ist der gesamte unter der Aufsicht eines Betreibers stehende Bereich, in dem gefährliche Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen, zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinie 96/82/EG des Rates (ABl. L 197 vom 24.7.2012, S. 1) in einer oder mehreren Anlagen einschließlich gemeinsamer oder verbundener Infrastrukturen oder Tätigkeiten auch bei Lagerung im Sinne des Artikels 3 Nummer 16 der Richtlinie in den in Artikel 3 Nummer 2 oder Nummer 3 der Richtlinie bezeichneten Mengen tatsächlich vorhanden oder vorgesehen sind oder vorhanden sein werden, soweit vernünftigerweise vorhersehbar ist, dass die genannten gefährlichen Stoffe bei außer Kontrolle geratenen Prozessen anfallen; ausgenommen sind die in Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU angeführten Einrichtungen, Gefahren und Tätigkeiten, es sei denn, es handelt sich um eine in Artikel 2 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU genannte Einrichtung, Gefahr oder Tätigkeit.
(5b) Eine störfallrelevante Errichtung und ein Betrieb oder eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs ist eine Errichtung und ein Betrieb einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, oder eine Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs einschließlich der Änderung eines Lagers, eines Verfahrens oder der Art oder physikalischen Form oder der Mengen der gefährlichen Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU, aus der sich erhebliche Auswirkungen auf die Gefahren schwerer Unfälle ergeben können. Eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs liegt zudem vor, wenn eine Änderung dazu führen könnte, dass ein Betriebsbereich der unteren Klasse zu einem Betriebsbereich der oberen Klasse wird oder umgekehrt.
(5c) Der angemessene Sicherheitsabstand im Sinne dieses Gesetzes ist der Abstand zwischen einem Betriebsbereich oder einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, und einem benachbarten Schutzobjekt, der zur gebotenen Begrenzung der Auswirkungen auf das benachbarte Schutzobjekt, welche durch schwere Unfälle im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU hervorgerufen werden können, beiträgt. Der angemessene Sicherheitsabstand ist anhand störfallspezifischer Faktoren zu ermitteln.
(5d) Benachbarte Schutzobjekte im Sinne dieses Gesetzes sind ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienende Gebiete, öffentlich genutzte Gebäude und Gebiete, Freizeitgebiete, wichtige Verkehrswege und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvolle oder besonders empfindliche Gebiete.
(6) Stand der Technik im Sinne dieses Gesetzes ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere die in der Anlage aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen.
(6a) BVT-Merkblatt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Dokument, das auf Grund des Informationsaustausches nach Artikel 13 der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) für bestimmte Tätigkeiten erstellt wird und insbesondere die angewandten Techniken, die derzeitigen Emissions- und Verbrauchswerte, alle Zukunftstechniken sowie die Techniken beschreibt, die für die Festlegung der besten verfügbaren Techniken sowie der BVT-Schlussfolgerungen berücksichtigt wurden.
(6b) BVT-Schlussfolgerungen im Sinne dieses Gesetzes sind ein nach Artikel 13 Absatz 5 der Richtlinie 2010/75/EU von der Europäischen Kommission erlassenes Dokument, das die Teile eines BVT-Merkblatts mit den Schlussfolgerungen in Bezug auf Folgendes enthält:
- 1.
die besten verfügbaren Techniken, ihrer Beschreibung und Informationen zur Bewertung ihrer Anwendbarkeit, - 2.
die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte, - 3.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Überwachungsmaßnahmen, - 4.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Verbrauchswerte sowie - 5.
die gegebenenfalls einschlägigen Standortsanierungsmaßnahmen.
(6c) Emissionsbandbreiten im Sinne dieses Gesetzes sind die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte.
(6d) Die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte im Sinne dieses Gesetzes sind der Bereich von Emissionswerten, die unter normalen Betriebsbedingungen unter Verwendung einer besten verfügbaren Technik oder einer Kombination von besten verfügbaren Techniken entsprechend der Beschreibung in den BVT-Schlussfolgerungen erzielt werden, ausgedrückt als Mittelwert für einen vorgegebenen Zeitraum unter spezifischen Referenzbedingungen.
(6e) Zukunftstechniken im Sinne dieses Gesetzes sind neue Techniken für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie, die bei gewerblicher Nutzung entweder ein höheres allgemeines Umweltschutzniveau oder zumindest das gleiche Umweltschutzniveau und größere Kostenersparnisse bieten könnten als der bestehende Stand der Technik.
(7) Dem Herstellen im Sinne dieses Gesetzes steht das Verarbeiten, Bearbeiten oder sonstige Behandeln, dem Einführen im Sinne dieses Gesetzes das sonstige Verbringen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich.
(8) Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie im Sinne dieses Gesetzes sind die in der Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 1 Satz 4 gekennzeichneten Anlagen.
(9) Gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind Stoffe oder Gemische gemäß Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien
(10) Relevante gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind gefährliche Stoffe, die in erheblichem Umfang in der Anlage verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden und die ihrer Art nach eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück verursachen können.
(1) Die Erlaubnis ist zu versagen, wenn
- 1.
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß der Antragsteller die für den Gewerbebetrieb erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt, insbesondere dem Trunke ergeben ist oder befürchten läßt, daß er Unerfahrene, Leichtsinnige oder Willensschwache ausbeuten wird oder dem Alkoholmißbrauch, verbotenem Glücksspiel, der Hehlerei oder der Unsittlichkeit Vorschub leisten wird oder die Vorschriften des Gesundheits- oder Lebensmittelrechts, des Arbeits- oder Jugendschutzes nicht einhalten wird, - 2.
die zum Betrieb des Gewerbes oder zum Aufenthalt der Beschäftigten bestimmten Räume wegen ihrer Lage, Beschaffenheit, Ausstattung oder Einteilung für den Betrieb nicht geeignet sind, insbesondere den notwendigen Anforderungen zum Schutze der Gäste und der Beschäftigten gegen Gefahren für Leben, Gesundheit oder Sittlichkeit oder den sonst zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung notwendigen Anforderungen nicht genügen oder - 2a.
die zum Betrieb des Gewerbes für Gäste bestimmten Räume von behinderten Menschen nicht barrierefrei genutzt werden können, soweit diese Räume in einem Gebäude liegen, für das nach dem 1. November 2002 eine Baugenehmigung für die erstmalige Errichtung, für einen wesentlichen Umbau oder eine wesentliche Erweiterung erteilt wurde oder das, für den Fall, dass eine Baugenehmigung nicht erforderlich ist, nach dem 1. Mai 2002 fertig gestellt oder wesentlich umgebaut oder erweitert wurde, - 3.
der Gewerbebetrieb im Hinblick auf seine örtliche Lage oder auf die Verwendung der Räume dem öffentlichen Interesse widerspricht, insbesondere schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes oder sonst erhebliche Nachteile, Gefahren oder Belästigungen für die Allgemeinheit befürchten läßt, - 4.
der Antragsteller nicht durch eine Bescheinigung einer Industrie- und Handelskammer nachweist, daß er oder sein Stellvertreter (§ 9) über die Grundzüge der für den in Aussicht genommenen Betrieb notwendigen lebensmittelrechtlichen Kenntnisse unterrichtet worden ist und mit ihnen als vertraut gelten kann.
(2) Wird bei juristischen Personen oder nichtrechtsfähigen Vereinen nach Erteilung der Erlaubnis eine andere Person zur Vertretung nach Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag berufen, so ist dies unverzüglich der Erlaubnisbehörde anzuzeigen.
(3) Die Landesregierungen können zur Durchführung des Absatzes 1 Nr. 2 durch Rechtsverordnung die Mindestanforderungen bestimmen, die an die Lage, Beschaffenheit, Ausstattung und Einteilung der Räume im Hinblick auf die jeweilige Betriebsart und Art der zugelassenen Getränke oder Speisen zu stellen sind. Die Landesregierungen können durch Rechtsverordnung
- a)
zur Durchführung des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 2a Mindestanforderungen bestimmen, die mit dem Ziel der Herstellung von Barrierefreiheit an die Lage, Beschaffenheit, Ausstattung und Einteilung der Räume zu stellen sind, und - b)
zur Durchführung des Absatzes 1 Satz 2 die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Falles der Unzumutbarkeit festlegen.
Bundesrecht bricht Landesrecht.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.