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1.1. Hauptantrag, Feststellungsklage
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1.1.1
Der Antrag des Klägers, festzustellen, dass er seit dem 01.10.1999 nicht verpflichtet ist, Beiträge an die Beklagte zu entrichten, ist als Feststellungsantrag nach § 43 Abs. 2 VwGO insoweit unzulässig, als die von ihm begehrte Feststellung ganz oder teilweise Inhalt eines bereits erlassenen Verwaltungsakts ist und die begehrte Feststellung mit dem Regelungsinhalt dieses Verwaltungsakts kollidieren würde. Denn die in diesem Fall gegebene Möglichkeit einer Anfechtungs- bzw. Verpflichtungsklage schließt die Feststellungsklage nach Sinn und Zweck des § 43 Abs. 2 VwGO aus (
Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl. 2007, § 43 RdNr. 4
). Ein solcher Fall liegt hier vor. Denn die Beklagte hat den Kläger mit Bescheid vom 31.03.2000 in der Fassung ihres Bescheids vom 29.12.2000 rückwirkend zum 01.10.1999 zu einem monatlichen Kammerbeitrag in Höhe von 45,-- DM (= 23,01 EUR) veranlagt. Dieser Bescheid vom 31.03.2000, der von dem Kläger zumindest innerhalb der Rechtsbehelfsfrist nicht angefochten wurde und der damit bestandskräftig geworden ist, gilt nach dem in ihm klar zum Ausdruck kommenden Willen der Beklagten auch für die Zukunft. Da es - unstreitig - keinen späteren Bescheid gibt, der einen anderen Kammerbeitrag des Klägers festsetzt, ist diese Beitragsfestsetzung bis heute gültig und bindet sowohl den Kläger als auch die Beklagte an die in diesem Bescheid erlassene Beitragsfestsetzung. Es ist deshalb kein Raum für eine anders lautende Feststellung.
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1.1.2
Auf der anderen Seite "berühmt sich" die Beklagte gegenüber dem Kläger höherer Beitragsforderungen, als im bestandskräftigen Bescheid vom 31.03.2000 (i.d.F. des Bescheids vom 29.12.2000) festgesetzt wurden. So sei der monatliche Beitrag aufgrund von Änderungen ihrer Beitragsordnung (einer Rechtsnorm) im Jahr 2004 auf 23,24 EUR, im Jahr 2005 auf 27,82 EUR, im Jahr 2006 auf 28,08 EUR, im Jahr 2007 auf 29,23 EUR (usw.) erhöht worden. Diese Erhöhungen hat die Beklagte, ohne einen neuen Beitragsbescheid erlassen zu haben, vom Kläger ebenfalls gefordert und so allein bis zum 30.06.2007 einen Beitragsrückstand des Klägers von 1.125,06 EUR errechnet.
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In Bezug auf diese über den festgesetzten monatlichen Betrag von 23,01 EUR hinausgehenden Beitragsforderungen der Beklagten ist die Feststellungsklage (teilweise) zulässig; insoweit steht ein Verwaltungsakt nicht entgegen. Da die Beklagte dem Kläger auch bereits mit Maßnahmen der Zwangsvollstreckung für den gesamten nach ihrer Meinung bestehenden Beitragsrückstand gedroht hat, besitzt der Kläger auch ein berechtigtes Interesse an der gerichtlichen Feststellung, ob der Beklagten auch die Beiträge, deren Höhe nicht von dem Bescheid vom 31.03.2000 gedeckt sind, zustehen.
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Dieser Feststellungsantrag ist als minus in dem umfassenderen, teils unzulässigen Feststellungsantrag des Klägers enthalten.
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1.2 Hilfsantrag, Verpflichtungsklage
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Der hilfsweise gestellte Antrag des Klägers, die Beklagte zu verpflichten, ihren Beitragsbescheid vom 31.03.2000 in der Fassung ihres Bescheids vom 29.12.2000 aufzuheben, zielt der Sache nach auf den Erlass eines (neuen) Verwaltungsakts, der den alten Beitragsbescheid der Beklagten vom 31.03.2000 (i.d.F. des Bescheids vom 29.12.2000) aufhebt oder den Kläger von der Beitragspflicht befreit. Eine solche Verpflichtungsklage ist zulässig. Der Kläger hat im Schreiben an die Beklagte vom 06.02.2004 der Sache nach den Erlass eines solchen Verwaltungsakts beantragt, indem er dort ausgeführt hat "Unter Würdigung der besonderen Gesamtumstände bitte ich um eine Befreiung vom Kammerbeitrag, ersatzweise Erhebung des Mindestbeitrags abzüglich eines Abschlags von 20 %". Dass er seinen Antrag (höflichkeitshalber) in die Form einer Bitte gekleidet hat, ändert daran nichts (
zum Grundsatz der Meistbegünstigung bei der Auslegung von Anträgen vgl.
Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl. 2008, § 22 RdNrn. 36 und 38 sowie § 25 RdNrn. 11 f.;
Urteil der Kammer vom 18.05.2004 - 4 K 414/02 - m.w.N.
). Die Kammer geht auch davon aus, dass die Beklagte das Schreiben des Klägers vom 06.02.2004 erhalten hat. Angesichts der auch im Übrigen außerordentlich lückenhaften Akte der Beklagten, in der zahlreiche weitere zwischen den Beteiligten unstreitig gewechselte Schriftsätze fehlen, reicht es nicht aus, wenn die Beklagte unter Berufung auf das Fehlen des Schreibens vom 06.02.2004 in den Akten den Empfang dieses Schreibens bestreitet. Spätestens in seinem Schreiben vom 11.04.2007, dessen Empfang die Beklagte nicht bestreitet, nimmt der Kläger u. a. auf sein Schreiben vom 06.02.2004 Bezug, ohne dass die Beklagte in den darauf folgenden Schreiben den Empfang dieses Schreibens bestritten hatte. Gerade in seinem Schreiben vom 20.06.2007 geht der frühere Bevollmächtigte der Beklagten, Rechtsanwalt Dr. F., inhaltlich in einer Weise auf das Schreiben des Klägers vom 06.02.2004 ein, die darauf schließen lässt, dass das Schreiben des Klägers vom 06.02.2004 seit Längerem bekannt ist.
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Damit hat der Kläger zur Überzeugung der Kammer im Februar 2004 bei der Beklagten einen Antrag gestellt, über den diese bis heute nicht (förmlich durch Verwaltungsakt) entschieden hat. Die Klage ist danach abweichend von § 68 VwGO gemäß § 75 VwGO auch ohne Durchführung eines Vorverfahrens zulässig.
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Der Formulierung seines Antrags im Schreiben vom 06.02.2004 ist zu entnehmen, dass der Kläger eine Aufhebung seiner im Bescheid der Beklagten vom 31.03.2000 festgesetzten Beitragsverpflichtung bzw. eine Befreiung hiervon erst vom Eingang dieses Schreibens bei der Beklagte an und nicht etwa rückwirkend begehrt. Das hat der Kläger in der mündlichen Gerichtsverhandlung auch klar gestellt.
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Soweit der Feststellungsantrag zulässig ist, ist er auch begründet. Der Kläger ist (gegenwärtig) nicht verpflichtet, seit dem 01.10.1999, also seit Beginn seiner Angestelltentätigkeit beim MDK, bis heute einen höheren Kammerbeitrag an die Beklagte zu zahlen als 45 DM bzw. (heute) 23,01 EUR pro Monat. Denn nur dieser Beitrag ist im Bescheid der Beklagten vom 31.03.2000 (i.d.F. des Bescheids vom 29.12.2000), dem einzigen Beitragsbescheid, den die Beklagten für den Zeitraum nach dem 01.10.1999 an den Kläger erlassen hat, festgesetzt worden.
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Aus einer Gesamtschau der Regelungen in den §§ 23 Abs. 1, 28 Abs. 2 HeilbKG, in § 31 Abs. 3 der Satzung der Beklagten und - vor allem - in § 6 der Beitragsordnung (BO) der Beklagten (in der aktuell geltenden und den vorhergehenden Fassungen) ergibt sich, dass die Kammerbeiträge der Beklagten nur auf der Grundlage eines zuvor erlassenen Beitragsbescheids erhoben werden. Das wird vor allem deutlich anhand von § 6 BO, der bestimmt, dass rückständige Beiträge nach den Vorschriften des Landesverwaltungsvollstreckungsgesetzes (LVwVG) in der jeweils geltenden Fassung beigetrieben werden. Nach § 1 Abs. 1 LVwVG gilt das Landesverwaltungsvollstreckungsgesetz jedoch (nur) für die Vollstreckung von Verwaltungsakten. Davon geht ersichtlich auch die Beklagte aus, wenn sie in ihrer Klageerwiderung für die Verpflichtung des Klägers zur Beitragszahlung auf ihren bestandskräftigen Bescheid vom 31.03.2000 verweist.
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Aber auch unabhängig von der gesetzlichen Verpflichtung der Beklagten, den Kammerbeitrag durch Verwaltungsakt geltend zu machen, entfaltet der bestandskräftige (ohne Zweifel nicht nichtige) Bescheid der Beklagten vom 31.03.2000 (i.d.F. des Bescheids vom 29.12.2000) seine Regelungswirkung für den Kläger und die Beklagte.
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Nach diesem Bescheid steht fest, dass der Kläger pro Monat einen Kammerbeitrag von 23,01 EUR an die Beklagte zahlen muss, nicht weniger, aber auch nicht mehr. Der Bescheid vom 31.03.2000 ist nicht nur ein den Kläger belastender Verwaltungsakt, in seiner Beschränkung auf einen Beitrag von 23,01 EUR enthält er auch eine Regelung zu seinen Gunsten und insoweit eine (Selbst-)Bindung der Beklagten. Von dieser Regelung konnte und kann sich die Beklagte nur durch den Erlass eines Änderungsbescheids lösen. Einen solchen Bescheid hat die Beklagte jedoch - auch auf der Grundlage ihrer eigenen Ausführungen (u. a. in der Klageerwiderung) - bis heute nicht erlassen.
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Der hilfsweise gestellte Verpflichtungsantrag des Klägers kommt hier insoweit zum Tragen, als der Hauptantrag des Klägers festzustellen, dass er seit Beginn seiner Tätigkeit als angestellter Arzt beim MDK (am 01.10.1999) nicht verpflichtet ist, Beiträge an die Beklagte zu entrichten, teilweise, das heißt im Hinblick auf einen Beitrag von 23,01 EUR pro Monat, als unzulässig abzuweisen ist (
siehe oben, 1.1
). Insoweit ist die Klage jedoch unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Aufhebung des Beitragsbescheids vom 31.03.2000 (i.d.F. des Bescheids vom 29.12.2000).
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Ein solcher Anspruch käme ohnehin nur für den Zeitraum ab Februar 2004 in Betracht. Denn der Kläger hat den Aufhebungs- oder, wie er ihn nannte, Befreiungsanspruch frühestens mit seinem Schreiben vom 06.02.2004 geltend gemacht. Diesem Schreiben ist - auch bei im Sinne des Klägers wohlwollender, aber dennoch notwendigerweise am Empfängerhorizont ausgerichteten Auslegung - nicht zu entnehmen, dass damit auch eine Aufhebung ("Befreiung") für einen vor diesem Schreiben liegenden Zeitraum begehrt wird. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung auch klar gestellt, dass er für die Zeit vor Februar 2004 keine Freistellung vom Kammerbeitrag begehrt.
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Als Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers kommt - ungeachtet der Frage, ob der Kläger davor erst (quasi in einer ersten Stufe) das Wiederaufgreifen eines bestandskräftig abgeschlossenen Verfahrens nach § 51 LVwVfG erreichen muss - allein § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG in Betracht. Nach dieser Vorschrift kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Die (tatbestandlichen) Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen jedoch nicht vor, weil der Beitragsbescheid der Beklagten vom 31.03.2000 nicht rechtswidrig ist.
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§ 49 LVwVfG, der ebenfalls die Aufhebung eines Verwaltungsakts und zwar in Form des Widerrufs eines (rechtmäßigen) Verwaltungsakts, ermöglicht, ist hier unabhängig davon, ob die Voraussetzung nach § 49 Abs. 1, 1. Halbsatz LVwVfG vorliegen, nicht anwendbar. Denn nach § 49 Abs. 1, 2. Halbsatz LVwVfG ist ein solcher Widerruf u. a. dann unzulässig, wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste. Das wäre hier der Fall. Die Erhebung von Kammerbeiträgen steht nicht im Ermessen der Beklagten, vielmehr ist sie nach Maßgabe der §§ 23 Abs. 1, 26 und 28 HeilbKG sowie ihrer eigenen satzungsrechtlichen Bestimmungen (in § 31 der Satzung und in der Beitragsordnung), aber auch aufgrund von Art. 3 Abs. 1 GG zur Erhebung von Kammerbeiträgen in der durch ihr Satzungsrecht vorgeschriebenen Höhe gegenüber jedem Kammermitglied verpflichtet.
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Auch ein Anspruch auf Befreiung des Klägers vom Kammerbeitrag (im engeren Sinn) ist nicht gegeben. Weder im Heilberufe-Kammergesetz noch im Satzungsrecht der Beklagten ist eine Rechtsgrundlage dafür erkennbar.
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Die Voraussetzungen für eine Aufhebung (Rücknahme) der Beitragsfestsetzung im Bescheid der Beklagten vom 31.03.2000 (i.d.F. des Bescheids vom 29.12.2000) nach § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG sind jedoch nicht gegeben, denn diese Beitragsfestsetzung ist rechtlich nicht zu beanstanden, zumindest verletzt sie in der festgesetzten Höhe von 23,01 EUR den Kläger nicht in seinen Rechten.
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Nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 HeilbKG (für Baden-Württemberg) ist der Kläger als approbierter bzw. bestallter Zahnarzt Pflichtmitglied der Beklagten, da er unstreitig seinen Wohnsitz in Baden-Württemberg hat. Ob der Kläger seinen Beruf als Zahnarzt (tatsächlich) ausübt, ist nach der klaren Regelung in § 2 Abs. 1 Nr. 2 HeilbKG bei einem Wohnsitz im Land Baden-Württemberg ohne Belang. Insoweit unterscheidet sich die hier maßgebliche Rechtslage in Baden-Württemberg von der in Rheinland-Pfalz; nach der Rechtslage dort ist die Berufsausübung (zwingende) gesetzliche Voraussetzung für eine Mitgliedschaft von Ärzten, Zahnärzten usw. in ihren jeweiligen Kammern (
vgl. § 1 Abs. 2 Satz 1 rhld.-pf. HeilBG
). Schon deshalb scheidet eine Berufung des Klägers auf das Urteil des Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz vom 15.06.1993 - 6 A 11973/92 - (
ArztR 1994, 279
) aus.
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Nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 HeilbKG sowie der Satzung und der Beitragsordnung der Beklagten (in allen im hier maßgeblichen Zeitraum geltenden Fassungen, heute: nach § 31 der aktuellen Satzung und § 1 Abs. 1 bis 3 der aktuellen Beitragsordnung) ist der Kläger als Kammermitglied auch beitragspflichtig. Darauf, ob der Kläger seinen Beruf tatsächlich ausübt, kommt es nicht an. Das Heilberufe-Kammergesetz regelt in den §§ 2 und 26 Abs. 1 Satz 1 die Beitragspflicht von Kammermitgliedern und es lässt für die Begründung der Pflichtmitgliedschaft (und damit auch für die Entstehung der Beitragspflicht) neben der Approbation bzw. Bestallung einen Wohnsitz in Baden-Württemberg genügen; eine tatsächliche Berufsausübung ist ausdrücklich nicht zwingend erforderlich (
siehe oben
). Damit bringt das (formelle) Gesetz zum Ausdruck, dass allein die Approbation bzw. Bestallung wesentlicher und hinreichender Grund für das Entstehen der Pflichtmitgliedschaft und die Beitragsverpflichtung ist. Das Gesetz geht danach davon aus, dass ein Arzt, Zahnarzt usw. aus der Approbation und seiner mit Wissen und Wollen getroffenen Entscheidung, diese zu behalten, generelle Vorteile zieht, die seine Verpflichtung zur Kammermitgliedschaft und zur Leistung eines Kammerbeitrags grundsätzlich rechtfertigten.
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Eine Beitragspflicht entfiele nach der untergesetzlichen Regelung in § 1 Abs. 5 BO nur dann, wenn der Kläger seinen Beruf (als Zahnarzt) nicht mehr ausübte
und
auf das Wahlrecht, die Wählbarkeit und Mitgliedschaft zur Vertreterversammlung schriftlich verzichtet hätte. Dass das beim Kläger der Fall ist, behauptet er selbst nicht; zumindest hat er in keinem Fall schriftlich auf seine Mitgliedschaftsrechte verzichtet. Der Formulierung in der Beitragstabelle der Beklagten zu der Beitragsgruppe 4, wonach Kammermitglieder, die ihren zahnärztlichen Beruf nicht ausüben, (ohne Weiteres) betragsfrei seien, kommt gegenüber der differenzierteren Regelung in § 1 Abs. 5 BO keine eigenständige Bedeutung zu. Die Beitragstabelle hat gegenüber der Beitragsordnung als vorrangigem Regelungswerk eine eigenständige normative Bedeutung nur insoweit, als die Beitragordnung ihrerseits keine Regelungen enthält, diese vielmehr wie in § 2 Abs. 1 Satz 2 oder Abs. 3 Satz 2 und 3 BO der Beschlussfassung der Vertreterversammlung überlässt. Dementsprechend unterliegt die Beitragstabelle auch viel häufigeren (in der Regel jährlichen) Änderungen als die (grundlegendere) Beitragsordnung. Im Übrigen, das heißt vor allem auch hinsichtlich der Beitragsverpflichtung dem Grunde nach, enthält die Beitragstabelle nur redaktionelle (an mehreren Stellen [vermutlich aus Gründen der Vereinfachung] verkürzte und deshalb unvollständige) Übernahmen von Regelungen der Beitragsordnung (
neben § 1 Abs. 5 u. a. auch § 2 Abs. 5 BO
). In der Beitragstabelle können hiernach nicht im Widerspruch zur Beitragsordnung eigene Beitragsfreiheiten normiert werden. Unklarheiten und widersprüchliche Formulierungen in der Beitragstabelle sind im Sinne der Regelungen in der Beitragsordnung auszulegen. Deshalb verbleibt es als Voraussetzung für die Entstehung der Beitragsfreiheit von Kammermitgliedern bei der (umfassenderen und differenzierteren) Regelung in § 1 Abs. 5 BO.
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Damit kommt es in diesem Verfahren auf die nach der Begründung seiner Klage wesentliche Behauptung des Klägers, er übe den Beruf des Zahnarztes tatsächlich nicht aus, für die Entstehung der Beitragspflicht dem Grunde nach nicht entscheidend an. Abgesehen davon übt der Kläger seinen zahnärztlichen Beruf jedoch tatsächlich auch als Angestellter des MDK aus; hierzu wird auf die Ausführungen im übernächsten Absatz verwiesen.
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Auf der Grundlage seiner satzungsrechtlichen, auf dem Heilberufe-Kammergesetz beruhenden Bestimmungen hat die Beklagte den Kläger zutreffend zunächst als angestellter Zahnarzt im öffentlichen Dienst (des MDK) der Beitragsgruppe 2b und als doppelapprobierter Zahnarzt (und Arzt) schließlich der Beitragsgruppe 2d zugeordnet. Das bedeutet der Sache nach eine zweifache Besserstellung gegenüber dem typischen Fall eines niedergelassenen bzw. sonst liquidationsberechtigten Zahnarztes, nämlich in der ersten Stufe eine knapp 60%ige Reduzierung aufgrund seiner fehlenden eigenen Liquidationsberechtigung und in einer zweiten Stufe eine weitere knapp 30%ige Reduzierung aufgrund der Doppelapprobation. Diese Veranlagung des Klägers widerspricht entgegen seiner Auffassung nicht höherrangigem Recht.
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Insbesondere rügt der Kläger zu Unrecht eine übermäßige und gleichheitswidrige Belastung aufgrund dieser Veranlagung. Zwar kann sich das Übermaß einer finanziellen Belastung vor dem Hintergrund des beitragsrechtlichen Äquivalenzprinzips auch aus dem Vergleich mit der Beitragsbelastung anderer Personen ergeben. Nach dem Äquivalenzprinzip, der beitragsrechtlichen Ausprägung des verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, darf die Höhe der Beiträge nicht im Missverhältnis zu dem Vorteil stehen, den sie abgelten sollen, und einzelne Mitglieder dürfen nicht im Verhältnis zu anderen übermäßig hoch belastet werden. Für den Fall der Doppelmitgliedschaft in zwei Kammern folgt hieraus, dass die Auferlegung von Beiträgen für beide Kammern grundsätzlich nur in dem Maße unbedenklich ist, als bei der Beitragsveranlagung jeweils nur der für die betreffende Kammer spezifische Teil der ausgeübten Tätigkeiten berücksichtigt wird (
VGH Bad.-Württ., Urteil vom 28.06.2001 - 14 S 402/01 -, GewArch 2001, 418, m.w.N.; VG Freiburg, Urteil vom 07.10.2004 - 7 K 1559/04 -, GewArch 2005, 343
). Dem wird die Beitragsveranlagung des Klägers gerecht.
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Entgegen der Auffassung des Klägers zieht er auf der von ihm ausgeübten Stelle beim MDK durchaus Vorteile aus seiner zahnärztlichen Approbation. So war die Stelle, die der Kläger seit 1999 innehat, seinerzeit ausdrücklich ausgeschrieben für einen Zahnarzt; vertiefte Kenntnisse in Kieferorthopädie und/oder Oralchirurgie waren danach (lediglich) von Vorteil. In seiner Stellungnahme an die Bezirksärztekammer vom 27.06.2003 bringt der Leitende Arzt des MDK, also der Vorgesetzte des Klägers, deutlich zum Ausdruck, dass der Kläger beim MDK als Zahnarzt angestellt sei; er begutachte aber aufgrund seiner fachlichen Befähigung als Kieferchirurg überwiegend auf dem Gebiet der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie. Im Einklang damit behauptet der Kläger selbst durchgehend, er sei überwiegend ärztlich und nicht zahnärztlich tätig, mit zahnärztlichen Fragen habe er in der Regel nur im Zusammenhang mit Leistungen der zahnärztlichen Chirurgie zu tun. Damit steht fest, dass der Kläger auch, wenngleich untergeordnet, zahnärztliche Tätigkeiten ausübt und mit zahnärztlichen Fragen befasst ist. Fest steht auch, dass der Kläger als Zahnarzt eingestellt wurde. Er selbst hat in der mündlichen Verhandlung bestätigt, dass er beim MDK die Planstelle eines Zahnarztes innehabe. Er hat weiter ausgeführt, dass es ihm innerhalb des MDK obliege, eingehende Gutachtensaufträge im zahnärztlichen (kieferorthopädischen) Bereich an die beim MDK tätigen Zahnärzte zu verteilen; auch dadurch nimmt der Kläger zahnärztlichen Sachverstand in Anspruch. Insgesamt ist sein Fall deshalb nicht in jeder Hinsicht mit dem Fall eines ausschließlich als Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurg (auf dem Gebiet der plastischen Operationen) praktizierenden Arztes vergleichbar, über dessen Pflichtmitgliedschaft in der Zahnärztekammer das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (
im Urteil vom 15.06.1993, a.a.O.
) zu entscheiden hatte. Wenn der Kläger in seinem bisherigen Berufsleben rein faktisch überwiegend mit Fragestellungen aus dem ärztlichen Bereich, speziell aus dem Bereich der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, befasst war, so ist das zum einen eine Erkenntnis aufgrund der bisherigen Verwendung des Klägers beim MDK, die sich je nach den Erfordernissen im Unternehmen künftig auch ändern kann; immerhin ist der Kläger dort auf einer Zahnarztstelle beschäftigt und kann deshalb dort bei Bedarf auch stärker im zahnärztlichen Bereich eingesetzt werden. Zum anderen würde es den Verwaltungsaufwand der Beklagten (auch mit der Folge von Kostensteigerungen) unangemessen erhöhen, wenn sie bei der Beitragsveranlagung ihrer Mitglieder den individuellen Besonderheiten jeder Arbeitsstelle ihrer Mitglieder im Einzelnen nachgehen müsste (
siehe hierzu unten
).
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Dem geringeren Vorteil, den der Kläger als rein administrativ tätiger angestellter, nicht mit der Heilbehandlung befasster Zahnarzt gegenüber den praktisch behandelnden Zahnärzten aus seiner Mitgliedschaft bei der Beklagten zieht und der aus Gründen der Gleichbehandlung (
Art. 3 Abs. 1 GG
) die Veranlagung zu einem geringen Kammerbeitrag erfordert (
siehe hierzu BVerwG, Urteil vom 26.01.1993 - 1 C 33/89 -, NJW 1993, 3003; Nieders. OVG, Urteil vom 13.12.2001 - 8 L 4694/99 -, NdsVBl 2002, 133; Urteil der Kammer vom 09.11.2006 - 4 K 2173/04 - m.w.N.
), hat die Beklagte in ihrer Beitragsordnung durch Unterscheidung zwischen der Beitragsgruppe 1 und der Beitragsgruppe 2, der der Kläger zugeordnet ist und deren Beitrag etwa 60 % geringer ausfällt als in der Beitragsgruppe 1, hinreichend Rechnung getragen (
vgl. hierzu Urteil der Kammer vom 06.11.2006, a.a.O.
). Weitere Reduzierungen des Beitragssatzes und weitere Differenzierungen innerhalb der Beitragsgruppe 2 sind insoweit weder nach dem Gleichheitssatz noch nach dem Äquivalenzprinzip geboten.
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Dass auch der Umstand, dass der Kläger als doppelapprobierter Arzt und Zahnarzt gleichzeitig Pflichtmitglied in zwei berufsständischen Kammern und damit in zwei Kammern beitragspflichtig ist, im Grundsatz nicht gegen höherrangiges Recht, insbesondere nicht gegen den Gleichheitssatz und das Äquivalenzprinzip, verstößt, ist in der Rechtsprechung geklärt (
VGH Bad.-Württ., Urteil vom 28.06.2001, a.a.O.; VG Freiburg, Urteil vom 07.10.2004, a.a.O.; VG Stuttgart, Urteil vom 22.03.1999 - 4 K 5345/98 -; VG Neustadt, Gerichtsbescheid vom 27.04.1990 - 7 K 1185/88 -, der nach einer Mitteilung des VG Neustadt und entgegen einer Behauptung des Klägers rechtskräftig geworden ist
). Das eine solche Doppelmitgliedschaft regelmäßig zur Folge hat, dass der Vorteil, den die jeweiligen Mitglieder aus ihrer Mitgliedschaft in den einzelnen Kammern ziehen, typischerweise geringer ist als bei ihren Berufskollegen, die nur einer Kammer angehören, und dass sie darüber hinaus mehrfach zu Kammerbeiträgen herangezogen werden, hat die Beklagte bei ihrer Beitragsbemessung durch eine (weiteren) Herabsetzung des Beitrags um ca. ein Drittel für doppelapprobierte Zahnärzte Rechnung getragen. Auch das ist rechtlich nicht zu beanstanden (
siehe VG Stuttgart, Urteil vom 22.03.1999 ,a.a.O.; vgl. auch VG Neustadt, Gerichtsbescheid vom 27.04.1990, a.a.O., das sogar die Veranlagung eines Doppelapprobierten zu einem vollen Beitrag in der Ärztekammer unbeanstandet ließ
).
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Auch im Übrigen sind keine Rechtsverstöße bei der Beitragserhebung der Beklagten zu erkennen. Die gerichtliche Überprüfung einer Beitragsordnung berufsständischer Kammern ist darauf beschränkt, ob der Satzungsgeber die äußersten Grenzen seines Gestaltungsspielraums verlassen hat. Das ist der Fall, wenn er bei der Bemessung der Mitgliedsbeiträge, die der Abgeltung eines besonderen Vorteils, nämlich des sich aus der Mitgliedschaft ergebenden Nutzens, dienen, gegen das Äquivalenzprinzip oder den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen hat. Jenseits des Äquivalenzprinzips und des Gleichheitssatzes hat der Satzungsgeber anerkanntermaßen einen weiten Gestaltungsspielraum. Auch ist anerkannt, dass Durchbrechungen des Gleichheitssatzes durch Typisierungen und Pauschalierungen aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung und Verwaltungspraktikabilität im Kammerbeitragsrecht zulässig sind, solange die dadurch entstehende Ungleichbehandlung noch in einem angemessenen Verhältnis zu den erhebungstechnischen Vorteilen der Typisierung steht. Eine (Zahnärzte-)Kammer ist nicht gehalten, bei der Beitragsbemessung allen Besonderheiten ihrer Mitglieder Rechnung zu tragen; im Interesse einer möglichst einfach zu handhabenden Beitragsordnung kann sie vielmehr in sachlich vertretbarem Rahmen auch Pauschalierungen vornehmen; nicht jeder Einzelfall muss einer besonderen Lösung zugeführt werden (
zum Gestaltungsspielraum von berufsständischen Körperschaften beim Erlass von Sitzungen allgemein vgl. BVerwG, Urteil vom 26.04.2006 - 6 C 19/05 -, NVwZ 2006, 1068, und VGH Bad.-Württ., Urteil vom 14.09.2001 - 14 S 2726/00 -, GewArch 2002, 83; spez. zu Ärztekammern VG Berlin, Urteil vom 20.04.2005 - 14 A 109/01 -, LKV 2006, 140, mit zahlreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung
). Allein der Umstand, dass der an die Beklagte zu leistende Beitrag des Klägers höher ist als sein Beitrag an die Ärztekammer, ist rechtlich ohne Bedeutung. Auch die Höhe des von ihm geforderten Beitrags verstößt nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (das dürfte selbst für den vom Kläger zu leistenden Beitrag nach der für 2009 geltenden Beitragstabelle in Höhe von 35,79 EUR/Monat gelten).
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Ob und inwieweit (das heißt, ab welchem Zeitpunkt) der von der Beklagten vom Kläger geforderte Kammerbeitrag als sonstige öffentlich-rechtliche Abgabe im Sinne des (am 01.01.2005 in Kraft getretenen) § 45 KAG anzusehen ist, kann hier dahingestellt bleiben. Denn die danach und nach § 3 Abs. 1 Nr. 4c KAG entsprechend anwendbaren Vorschriften über die Aufhebung und Änderung von Steuer- bzw. Abgabebescheiden nach den §§ 172 ff. AO ergäben in keinem Fall eine für den Kläger günstigere Rechtsposition, da die Durchbrechung der Bestandskraft von Abgabebescheiden nach diesen Vorschriften der Abgabenordnung erheblich schwieriger ist als nach § 48 LVwVfG.
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Die Beklagte hat den Beitrag auch nicht verwirkt. Insbesondere kann in der Aussage des Geschäftsführers der Beklagten, er habe gedacht, die Angelegenheit sei erledigt, selbst wenn sie so gefallen sein sollte, kein Beitragsverzicht gesehen werden. Denn die Aussage bedeutet keineswegs, dass die Angelegenheit im Sinne des Klägers erledigt gewesen sei.
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Über einen Erlass oder eine Stundung des Kammerbeitrags nach Maßgabe von § 4 BO hat die Kammer im vorliegenden Verfahren nicht zu entscheiden. Vielmehr müsste der Kläger dies in einem gesonderten, auf den (teilweisen oder vollständigen) Erlass des Beitrags gerichteten Verwaltungsverfahren - und ggf. in einem Klageverfahren mit einem Verpflichtungsantrag - geltend machen. Denn selbst ein verfahrensfehlerhaftes Unterbleiben eines Beitragserlasses würde nicht die Rechtmäßigkeit des Beitrags selbst berühren (
BVerwG, Urteil vom 12.09.1994, BVerwGE 70, 96
). Abgesehen davon sind persönliche oder sachliche Billigkeitsgründe, die einen Erlass rechtfertigen könnten, bislang weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
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