|
|
| Die nunmehr gegen das Land Baden-Württemberg - Landratsamt Ortenaukreis - gerichtete Klage ist als Feststellungsklage im Sinne von § 43 Abs. 1 VwGO zulässig. |
|
| 1. Es liegt ein hinreichend konkretes Rechtsverhältnis im Sinne von § 43 Abs. 1 VwGO vor. Unter Rechtsverhältnis sind die aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer Rechtsnorm sich ergebenden rechtlichen Beziehungen einer Person zu einer anderen Person oder zu einer Sache zu verstehen (Kopp/Schenke, VwGO, § 43 Rn. 11). Es muss ein bestimmter, überschaubarer Sachverhalt vorliegen, dessen Rechtsfolgen festgestellt werden sollen. |
|
| Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall gegeben. Es liegt ein Rechtsverhältnis zwischen den Beteiligten vor, denn Landratsamt Ortenaukreis und Klägerin streiten darüber, ob die Bezeichnung „Frutti di Mare ‚R.’ - Meeresfrüchte-Mischung“ für das von der Klägerin in Verkehr gebrachte, Surimi enthaltene Erzeugnis gegen § 3 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2 LMKV bzw. § 11 Abs. 1 S. 1, 2 Nr. 1 LFGB verstößt. Die zwischen der Klägerin und dem Beklagten als (Lebensmittel-)Überwachungsbehörde bestehenden Rechtsbeziehungen allgemeiner Art sind auch sowohl in Bezug auf den fraglichen Sachverhalt als auch in Bezug auf die angewandten Normen hinreichend konkretisiert worden. Zwar hat das Landratsamt Ortenaukreis bislang keine Verfügung gegen die Klägerin erlassen und in dieser Sache auch kein Bußgeldverfahren eingeleitet und beabsichtigt ausweislich der Erklärung in der mündlichen Verhandlung im Mai 2006 auch nicht, dieses zu tun; vielmehr wurde das Landratsamt auf Bitten der Staatsanwaltschaft Offenburg tätig. Jedoch hat das Landratsamt im Schreiben vom 7. Mai 2007 nicht als neutrale Botin lediglich das Gutachten des Chemischen und Veterinäruntersuchungsamtes Freiburg vom 27.2.2007 an die Klägerin weitergeleitet. Vielmehr enthält das Schreiben gleichzeitig die Aufforderung an die Klägerin, die rechtlichen Vorgaben des Kennzeichnungsrechts - folglich, wie in der Klagerwiderung ausgeführt, die Vorgaben, wie sie das CVUA Freiburg formulierte - umzusetzen. Hierdurch hat sich der Beklagte der Klägerin gegenüber die Rechtsausführungen des CVUA Freiburg zu eigen gemacht und zu erkennen gegeben, dass er die vom CVUA beanstandete Kennzeichnung ebenfalls missbilligt. Dies ergibt sich im Übrigen auch deutlich aus dem Schreiben des Landratsamts Ortenaukreis vom 7.5.2007 an die Staatsanwaltschaft Offenburg, in dem das Landratsamt mitteilt, dass das Produkt „wegen Verstoßes gegen § 3 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 4 Abs. 1 LMKV“ und „wegen irreführender Bezeichnung (Surimi ist keine Meeresfrucht)“ „nicht verkehrsfähig“ sei, und ausführt, welche Ordnungswidrigkeiten bzw. Straftaten bei Vorsatz oder Fahrlässigkeit verwirklicht worden seien. Dass die Feststellungen des CVUA Freiburg unzutreffend seien, hat das Landratsamt im Übrigen zu keinem Zeitpunkt behauptet. Hinzu kommt, dass das Landratsamt den Vorgang zur weiteren Entscheidung der Staatsanwaltschaft Offenburg vorgelegt hat. Spätestens dann aber, wenn die Überwachungsbehörde wegen eines konkret beanstandeten Verhaltens mit der Einleitung eines Straf- oder Bußgeldverfahrens droht, geht es regelmäßig nicht mehr um die in einer verwaltungsgerichtlichen Feststellungsklage unzulässige Klärung einer nur abstrakten Rechtsfrage, sondern um die Anwendung einer bestimmten Rechtsnorm auf einen vorgegebenen konkreten Sachverhalt, mithin um ein konkretes Rechtsverhältnis i.S.d. § 43 Abs. 1 VwGO (VGH Kassel, Urt. v. 17.12.1985 - 9 UE 2162/85 -, NVwZ 1988, 445; vgl. auch Lässig, NVwZ 1988, 410 (411)). |
|
| 2. Da die Klägerin weiterhin ihr Produkt „Frutti di Mare ‚R.’ - Meeresfrüchte-Mischung“ mit der beanstandeten Kennzeichnung in den Verkehr bringen will und insoweit auf gesicherte Rechtsverhältnisse angewiesen ist, um ihre wirtschaftlichen Dispositionen darauf einzustellen, steht ihr ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung zu (§ 43 Abs. 1, 2. Halbs. VwGO). Für eine vorbeugende negative Feststellungsklage ist zwar kein Raum, wenn es dem Betroffenen zumutbar ist, die befürchteten Maßnahmen der Verwaltung abzuwarten, und er auf einen ausreichenden nachträglichen Rechtsschutz verwiesen werden kann. Grundsätzlich ist es dem Betroffenen zumutbar, den Erlass eines belastenden Verwaltungsakts abzuwarten und dann gegen diesen mit Widerspruch und Anfechtungsklage vorzugehen, sowie in Eilfällen um vorläufigen Rechtsschutz nachzusuchen. Im vorliegenden Fall muss die Klägerin indes immer wieder mit der Einleitung von Strafverfahren rechnen, die von dem Beklagten wegen eines von der Klägerin für rechtmäßig erachteten Verhaltens in Gang gebracht werden. In der Rechtsprechung wird ganz überwiegend nicht nur ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis, sondern auch ein berechtigtes Interesse bejaht, wenn die Behörde wegen eines von ihr als rechtswidrig angesehenen Verhaltens nicht mit dem Erlass verwaltungsspezifischer Maßnahmen, sondern mit der Einleitung von Ordnungswidrigkeitenverfahren oder der Erstattung von Strafanzeigen droht (vgl. zum Folgenden BVerfG, Beschl. v. 7.4.2003 - 1 BvR 2129/02 -, in Juris; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 25.4.2007 - 6 S 46/05 -, in Juris; OVG Lüneburg, Urt. v. 15.12.1998 - 11 L 3196/98 -, in Juris; VGH Kassel, Urt. v. 17.12.1985 - 9 UE 2162/85 -, NVwZ 1988, 445; VG Koblenz, Urt. v. 30.6.2005 - 6 K 2503/04. KO -, in Juris; VG Freiburg, Urt. v. 24.11.2004 - 2 K 1825/04 -; vgl. auch Lässig, NVwZ 1988, 410 (411); Schenke/Roth, WuV 1997, 84 (121f.)). Der Betroffene hat einen Anspruch darauf, die fachspezifischere Rechtsschutzmöglichkeit in Anspruch zu nehmen und eine Klärung der streitigen, dem besonderen Verwaltungsrecht zugehörigen Rechtsfrage durch eine verwaltungsgerichtliche Feststellung und nicht „auf der Anklagebank“ herbeizuführen. Dies gilt umso mehr, als der Schwerpunkt der Prüfung im Ordnungswidrigkeiten- und Strafverfahren regelmäßig bei Fragen der individuellen Vorwerfbarkeit liegt, ohne dass immer auch die Frage der Rechtmäßigkeit vertieft behandelt würde. Bestätigt dagegen das Verwaltungsgericht die Rechtmäßigkeit eines Verhaltens, kann dem Betroffenen im Straf- oder Ordnungswidrigkeitenverfahren jedenfalls kein Verschuldensvorwurf gemacht werden, wenn er sich an dem Urteil orientiert hat (vgl. Kopp/Schenke, a.a.O., § 43 Rd.-Nr. 24); schon der Einfluss, den eine dem Betroffenen günstige Entscheidung auf die Beurteilung der strafrechtlichen Schuldfrage ausüben kann, rechtfertigt das Feststellungsbegehren (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 25.4.2007 - 6 S 46/05 -, in Juris; BVerwG, Urt. v. 13.1.1969 - I C 86.64 -, Buchholz § 43 VwGO Nr. 31; VGH Kassel, Urt. v. 17.12.1985 - 9 UE 2162/85 -, NVwZ 1988, 445). Die Klägerin hat daher ein berechtigtes Interesse daran, dass im Hinblick auf die umstrittene Pflicht zur Kennzeichnung des Bestandteils Surimi in der beanstandeten Meeresfrüchte-Mischung zunächst eine verwaltungsgerichtliche Entscheidung ergeht, die auf die Erfolgsaussichten des - mit Rücksicht auf das vorliegende Verfahren gemäß § 154d StPO vorläufig eingestellte - strafrechtliche Ermittlungsverfahrens jedenfalls im Hinblick auf die Beurteilung der strafrechtlichen Schuldfrage Einfluss haben kann. |
|
| 3. Der Zulässigkeit der Klage steht auch nicht entgegen, dass die Klägerin Gestaltungs- bzw. Leistungsklage erheben könnte (§ 43 Abs. 2 S. 1 VwGO); denn der Beklagte hat bislang keinen Verwaltungsakt erlassen, gegen den sich die Klägerin mit Widerspruch, Anfechtungsklage und Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO zur Wehr setzen könnte, und es ist auch völlig ungewiss, ob und ggf. wann der Beklagte anstelle der Abgabe an die Staatsanwaltschaft spezifisch verwaltungsrechtliche Maßnahmen ergreifen wird. |
|
| Die Feststellungsanträge der Klägerin haben jedoch in der Sache keinen Erfolg. |
|
| 1. Dies gilt zunächst für den Antrag festzustellen, dass die beanstandete Bezeichnung „Frutti die Mare ‚R.’ Meeresfrüchte-Mischung, gekocht, glasiert, servierfertig, tiefgekühlt“ nicht gegen § 3 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 LMKV verstößt. |
|
| § 4 Abs. 1 LMKV regelt, dass die Verkehrsbezeichnung eines Lebensmittels die in Rechtsvorschriften festgelegte Bezeichnung ist, bei deren Fehlen (1.) die nach allgemeiner Verkehrsauffassung übliche Bezeichnung oder (2.) eine Beschreibung des Lebensmittels und erforderlichenfalls seiner Verwendung, die es dem Verbraucher ermöglicht, die Art des Lebensmittels zu erkennen und es von verwechselbaren Erzeugnissen zu unterscheiden. |
|
| a) Nachdem es für das streitgegenständliche, aus Tintenfisch, Surimi, Miesmuscheln, Warmwassergarnelen, King Prawns und Venusmuscheln bestehende Produkt der Klägerin keine in Rechtsvorschriften festgelegte Verkehrsbezeichnung gibt, wäre demnach die Bezeichnung „Frutti di Mare Meeresfrüchte-Mischung“ gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 1 LMKV dann rechtlich nicht zu beanstanden, wenn es die nach allgemeiner Verkehrsauffassung übliche Bezeichnung für das beanstandete Produkt wäre. Dies ist jedoch nicht der Fall. Denn weder ist Surimi selbst nach allgemeiner Verkehrsanschauung als Meeresfrucht anzusehen noch entspricht es allgemeiner Verkehrsauffassung, dass in einer Meeresfrüchte-Mischung Surimi enthalten ist. |
|
| Als verkehrsüblich i.S.d. § 4 Abs. 1 Nr. 1 LMKV ist eine Bezeichnung zu verstehen, die der allgemeinen Verkehrsauffassung im Inland entspricht, d.h. der Auffassung aller am Verkehr mit dem Lebensmittel beteiligten Kreise. Dazu gehören v.a. die Lebensmittelwirtschaft, der Handel und die Verbraucher, aber auch die Ernährungs- und Lebensmittelwissenschaft. Vor allem steter und weit verbreiteter Gebrauch sprechen für die Verkehrsüblichkeit einer Bezeichnung; Aufschluss hierüber geben etwa Kochbücher, Fachwörterbücher und Lexika (Hagenmeyer, LMKV, § 4 LMKV Rn. 11). Bei der Beurteilung von - wie hier - Gegenständen des täglichen Bedarfs kann sich die Kammer aufgrund ihrer eigenen Sachkunde ein Bild darüber machen, ob eine Bezeichnung der allgemeinen Verkehrsauffassung entspricht, gehören ihre Mitglieder doch wie andere zu dem beteiligten und angesprochenen Verbraucherkreis; insbesondere bedarf es in diesem Falle keiner Feststellung der Verbrauchererwartung etwa durch ein Umfrage- oder Sachverständigengutachten (vgl. EuGH, Urt. v. 16.7.1998 - C-210/96 -, in Curia; vgl. auch VGH München, Urt. v. 17.5.2000 - 25 B 97.3555 -, in Juris; BVerwG, Beschl. v. 18.10.2000 - 1 B 45/00 -, in Juris; jew. zum verwandten Problemkreis der Verbrauchererwartung in § 17 LMBG / § 11 LFGB; vgl. auch Zipfel, Lebensmittelrecht, C 102 § 11 LFGB Rn. 63 ff.; Meyer/Streinz, LFGB, § 11 LFGB Rn. 32). |
|
| (1) Danach ist davon auszugehen, dass Surimi selbst - ausweislich der „Leitsätze für Fische, Krebs- und Weichtiere und Erzeugnisse daraus“ (Neufassung v. 27.11.2002, Beilage Nr. 46 b zum BAnz. v. 7.3.2003) ein Fischerzeugnis, nämlich zerkleinertes, mit Wasser gewaschenes Fischmuskelfleisch ohne Faserstruktur (I. A Nr. 4 j), aus dem unter Verwendung von Bindemitteln, Zucker, Aromastoffen und anderer Zutaten einschließlich Zusatzstoffen durch Formung oder faserige Strukturierung Fischzubereitungen hergestellt werden (I. N Nr. 1) - entgegen der Ansicht der Klägerin nach allgemeiner Verkehrsanschauung keine Meeresfrucht ist. |
|
| Was in Deutschland im Einzelnen unter Meeresfrüchten / Frutti di Mare zu verstehen ist, ist auf Grundlage der einschlägigen Literatur nicht ganz eindeutig zu klären. Einige der allgemeinen deutschen Wörterbücher fassen unter Meeresfrüchte neben Krebsen und Muscheln auch Fische (etwa Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache in 10 Bänden, 1999, Stichwort „Meeresfrüchte“; Meyers Großes Universallexikon, 1986, Stichwort „Meeresfrüchte“; anders Wahrig Deutsches Wörterbuch, 2006, Stichwort „Meeresfrüchte“). Die einschlägigen Fachlexika und Kochlehrbücher trennen dagegen Fisch und Meeresfrucht meist klar voneinander (Brockhaus Kochkunst, 2008, Stichwort „Meeresfrüchte“; Frenzel, Küchenbibel Enzyklopädie der Kulinaristik, 2007; Whiteman, Alles Wissenswerte über Fisch und Meeresfrüchte, 2005; Willan, Große Schule des Kochens, 1994, S. 152); Herrmann (Herings Lexikon der Küche, 2001, Stichwort „Frutti di Mare“) allerdings fasst auch kleine Stinte und Streifen von Fischfilets unter den Begriff „Frutti di Mare“, und im Dr. Oetker Lebensmittellexikon (2004) wird referiert, dass der Begriff der Meeresfrüchte i.d.R. für Krebse, Muscheln und Austern, Tintenfische, Meeressschnecken und Seeigel verwendet werde, gelegentlich aber auch Meeresfische einbezogen würden. In Kochbüchern wird regelmäßig zwischen Fisch und Meeresfrüchten unterschieden (vgl. nur Eising/Görlach/Teubner, Das große Buch der Meeresfrüchte, 2005; Bürgin/Hofmann/Lillelund, Seafood - Kochbuch und Lexikon über Fisch und Meeresfrüchte, 2004; Kunow, Mein großes Grundkochbuch für Fisch und Meeresfrüchte, 2004; Dr. Oetker, Fisch und Meeresfrüchte, 2006). Und auch laut wikipedia.de bezeichnet man als Meeresfrüchte in der Regel alle essbaren Meerestiere, die keine Wirbeltiere (Fische oder Wale) sind. |
|
| Daraus lässt sich schlussfolgern, dass, wenn man trotz vereinzelter abweichender Stimmen von der Existenz einer allgemeinen Verkehrsauffassung zu der Frage, was unter Meeresfrüchten zu verstehen ist, ausgeht, bereits Fische jedenfalls im deutschen Sprachraum - und nur um diesen geht es hier, so dass der Verweis darauf, „seafood“ umfasse auch Fische, nicht weiterhilft - nicht unter den Begriff der Meeresfrüchte zu fassen sind. Hinzu kommt, dass Surimi zwar unter anderem aus Fischfleisch besteht, jedoch einem aufwändigen Herstellungsprozess unterzogen und mit diversen anderen Zutaten versehen wird, also gerade keinen Fisch im ursprünglichen Sinne darstellt. Dass, wie die Klägerin in ihrer Klagebegründung angibt, Surimi „ausschließlich aus essbaren Meeresfrüchten“ bestehe, trifft, wie auch der Zutatenliste ihres beanstandeten Produktes zu entnehmen ist, ersichtlich nicht zu. |
|
| Dafür, dass nach allgemeiner Verkehrsauffassung auch Surimi als ein stark bearbeitetes Fischerzeugnis unter den Begriff der Meeresfrüchte zu fassen wäre, fehlt es mithin an jeglichen Anhaltspunkten. |
|
| (2) Ferner vermag die Kammer sich auch dem Vortrag der Klägerin nicht anzuschließen, unter den Begriff „Meeresfrüchte-Mischung“ bzw. „Meeresfrüchte-Cocktail“ falle nach allgemeiner Verkehrsauffassung auch eine Meeresfrüchtemischung mit Surimi, das Meeresfrüchten jedenfalls ähnlich sei. |
|
| (a) Nicht zu folgen vermag die Kammer bereits dem Ausgangspunkt der Klägerin, Surimi sei Meeresfrüchten „ähnlich“. Zwar ist es richtig, dass Surimi häufig Meeresfrüchten ähnlich sehen soll und ähnlich sieht (vgl. auch die Bezeichnung „Krebsfleisch-Imitat“ in der Zutatenliste des beanstandeten Produkts). Im Gegensatz zu Meeresfrüchten handelt es sich aber nicht um - allenfalls gering bearbeitete, etwa geschälte und gekochte - Naturprodukte, sondern um ein in einem aufwändigen technologischen Herstellungsprozess produziertes Kunstprodukt, in dem neben stark bearbeitetem Fischmuskelfleisch etwa Eiweiß, Stärke, Öl, Zucker, Salz, Stabilisatoren, Geschmacksverstärker, (Krebs-)Aroma und Farbstoffe enthalten sind. Mag auch - was hier freilich offen bleiben kann - Fisch als solcher als ein den Meeresfrüchten ähnliches Produkt angesehen werden können, so gilt dies nicht für das industrielle Produkt Surimi. |
|
| (b) Im Übrigen teilt die Kammer aber auch nicht die Meinung, nach allgemeiner Verkehrsauffassung falle unter den Begriff „Meeresfrüchte-Mischung“ bzw. „Meeresfrüchte-Cocktail“ eine Mischung, die neben Meeresfrüchten Surimi enthält. |
|
| (aa) Nicht gehört werden kann die Klägerin zunächst mit ihrer Auffassung, schon aus dem allgemeinen Begriff der „Mischung“ ergebe sich, dass in dem Erzeugnis nicht zwingend ausschließlich Meeresfrüchte enthalten seien, sondern auch ein gewisser Anteil von Zutaten, die den Meeresfrüchten ähnlich seien, erwartet werden könne. Zwar mag es, worauf die Klägerin hinweist, bei einigen Lebensmitteln unscharfe Begrifflichkeiten geben. So mag in einer Gemüsemischung das Vorhandensein von Pilzen der allgemeinen Verkehrsauffassung nicht widersprechen, weil hier der Alltagssprachgebrauch die botanische Unterscheidung zwischen Pflanzen und Pilzen nicht nachvollzieht, und auch der Umstand, dass Beerenmischungen für gewöhnlich Erdbeeren enthalten, die aus botanischer Sicht den Sammelnussfrüchten zuzurechnen sind, dürfte ebenso dem allgemeinen Sprachgebrauch wie der Verkehrsauffassung entsprechen. Ob eine Mischung nach der Verkehrsauffassung neben den eigentlichen Zutaten auch ähnliche Produkte enthalten darf, lässt sich aber nur für den jeweiligen Einzelfall beantworten und ergibt sich keinesfalls bereits aus dem Begriff der „Mischung“, der zunächst nur darauf hinweist, dass - um beim Beispiel der Meeresfrüchte-Mischung zu bleiben - in diesem Produkt mehr als eine Sorte Meeresfrucht enthalten ist. Schließlich lässt sich der - zutreffende - Hinweis der Klägerin darauf, dass beispielsweise bei der Bezeichnung „Gyros-Reis-Pfanne“ dem Verbraucher klar sei, dass dort neben Reis und Gyros weitere Zutaten enthalten sind, nach Auffassung der Kammer für den vorliegenden Fall nicht fruchtbar machen, handelt es sich doch bei der „Gyros-Reis-Pfanne“ - anders als bei einer Meeresfrüchtemischung - um ein typischerweise eine Vielzahl von Zutaten enthaltendes Fertiggericht. |
|
| (bb) Ferner ist die Kammer der Überzeugung, dass es keine allgemeine Verkehrsauffassung dahingehend gibt, in einer Meeresfrüchte-Mischung sei auch Surimi enthalten. Die Klägerin begründet ihre Auffassung damit, es seien seit vielen Jahren Erzeugnisse von so gut wie allen Wettbewerbern der Klägerin unter der Bezeichnung „Meeresfrüchte-Mischung“ bzw. „-Cocktail“ auf dem Markt, in denen, ohne dass dies in der Verkehrsbezeichnung kenntlich gemacht werde, Surimi enthalten sei, so dass sich zwischenzeitlich bei den Verbrauchern eine Verkehrsauffassung durchgesetzt habe, wonach eine Meeresfrüchte-Mischung einen gewissen Anteil an Surimi enthält. |
|
| Der Klägerin ist insoweit zuzustimmen, als der Umstand, dass ein Produkt seit langer Zeit in einer bestimmten Zusammensetzung auf dem Markt ist, durchaus Einfluss auf die Ausbildung einer entsprechenden Verkehrsauffassung haben kann (so etwa die von der Klägerin zitierte Entscheidung des VG Osnabrück, Urt. v. 23.8.2007 - 4 A 119/06 -, in Juris). Nicht gefolgt werden kann der Klägerin jedoch bei ihrer These, so gut wie alle Wettbewerber produzierten Meeresfrüchte-Mischungen unter Beifügung von Surimi, ohne dies entsprechend bereits im Titel zu deklarieren. Dahinstehen kann, inwieweit die von der Klägerin vorgelegten Etiketten von Produkten stammen, die (auch) in Deutschland vertrieben werden; die Klägerin macht dazu nur in Einzelfällen Angaben. Denn jedenfalls gibt es in Deutschland Meeresfrüchtemischungen zahlreicher namhafter Hersteller, die kein Surimi enthalten (etwa Eismann Meeresfrüchte Mix 575g; iglo Frutti di Mare 275g; Frosta Gourmet Frutti di Mare Meeresfrüchte Mix 220g; i.t.c. Meeresfrüchte-Cocktail 500g; Paulus Frutti di Mare Premium 500g; deutschesee, Feine Meeresfrüchte Selektion; vgl. darüber hinaus die vom Beklagten vorgelegte tabellarische Übersicht). Nach den Erfahrungen der Kammer stellen diese Meeresfrüchtemischungen ohne Surimi einen maßgeblichen Anteil der in den Tiefkühltruhen des Lebensmitteleinzelhandels angebotenen Meeresfrüchtemischungen dar; dieser Eindruck wurde in der mündlichen Verhandlung von der Vertreterin des CVUA Freiburg, Frau Dr. M., anhand der dem CVUA zur Überprüfung überlassenen Proben bestätigt. Andere Produkte beschreiben die Zugabe von Surimi in auffälliger Weise direkt unterhalb des Titels (etwa Costa Frutti di Mare 275g). Auch aus dem Hause E., aus dem die beanstandete Meeresfrüchtemischung stammt, kommen Produkte, die entweder kein Surimi enthalten (E. Frutti di Mare 500g - Meeresfrüchte-Mischung gekocht, glasiert, tiefgefroren -) oder bei denen direkt unterhalb des Titels („Mischung aus…“) die Zutaten - u.a. Surimi - in deutlicher Weise angegeben sind (E. Frutti di Mare Traiteur 500g). Zwar hat die Vertreterin des Dt. Seafood-Verbands, Frau Dr. U., in der mündlichen Verhandlung unwidersprochen ausgeführt, von den 3 großen Anbietern tiefgefrorener Meeresfrüchtemischungen auf dem deutschen Markt - Costa, E., Mare Seafood -, die einen Marktanteil von zusammen etwa 90% hätten, würden Meeresfrüchtemischungen mit Surimi angeboten. Da jedenfalls Costa und E. aber auch Meeresfrüchtemischungen ohne Surimi im Sortiment haben und Mare Seafood als Marke der Crustimex Seafood einen Schwerpunkt offenbar im Bereich Großhandel und Cash-&-Carry-Märkte hat, ergibt sich auch aus diesen Angaben, dass ein nicht unbeträchtlicher Anteil der im Lebensmitteleinzelhandel erhältlichen tiefgekühlten Meeresfrüchte-Mischungen kein Surimi enthält. Dann aber lässt es sich nicht feststellen, dass sich aufgrund des auf dem deutschen Markt befindlichen Angebots eine eindeutige Verbrauchererwartung dahingehend habe herausbilden können, Meeresfrüchte-Mischungen enthielten auch Surimi. |
|
| b) Ferner ist das Inverkehrbringen des beanstandeten Produktes auch nicht auf Grundlage von § 4 Abs. 1 Nr. 2 LMKV - Beschreibung des Lebensmittels - zulässig, so dass der Feststellungsantrag auch insoweit keinen Erfolg hat. |
|
| Eine beschreibende Verkehrsbezeichnung muss das Lebensmittel so beschreiben, dass der Verbraucher sowohl die Art des Lebensmittels genau erkennen, als auch das Lebensmittel von verwechselbaren Erzeugnissen eindeutig unterscheiden kann. In einer Beschreibung sind insbesondere die wertbestimmenden oder geschmacksgebenden Bestandteile anzugeben, sowie die Merkmale, durch die sich das Lebensmittel von verwechselbaren Erzeugnissen unterscheidet. Eine vollständige Beschreibung aller Bestandteile ist danach allerdings nicht verlangt, denn diese Funktion erfüllt primär das Zutatenverzeichnis; andererseits kann das Verzeichnis die Beschreibung nach § 4 Abs. 1 S. 2 LMKV aber auch nicht ersetzen (Hagenmeyer, LMKV, § 4 LMKV Rn. 15; Zipfel, Lebensmittelrecht, C 110 § 4 Rn. 12). |
|
| Vorliegend ist es sicher nicht notwendig, dass in der Bezeichnung einer Meeresfrüchtemischung die im Einzelnen im Produkt enthaltenen Meeresfrüchte aufgeführt sind; insoweit erwartet der Verbraucher eine von Produkt zu Produkt abweichende Zusammensetzung und kann sich anhand des Zutatenverzeichnisses informieren. Allerdings genügt es den Anforderungen des § 4 Abs. 1 Nr. 2 LMKV nicht, eine - wie vorliegend - Mischung von verschiedenen Meeresfrüchten mit 20% Surimi als „Frutti di Mare Meeresfrüchte-Mischung“ ohne ergänzenden Hinweis auf die Zugabe von Surimi zu deklarieren. Denn bei Surimi handelt es sich nicht um ein den Meeresfrüchten im Hinblick etwa auf Geschmack, Inhaltsstoffe, Aroma und Grad der Verarbeitung ähnliches Produkt; vielmehr stellt Surimi im Gegensatz zu den nahezu unbearbeiteten Meeresfrüchten ein in einem aufwändigen Herstellungsprozess hergestelltes Kunstprodukt dar, in dem neben stark bearbeitetem Fischmuskelfleisch etwa Eiweiß, Stärke, Öl, Zucker, Salz, Stabilisatoren, Geschmacksverstärker, (Krebs-)Aroma und Farbstoffe enthalten sind. Gerade weil Surimi vorliegend bereits an zweiter Stelle der Zutatenliste steht und nach Auskunft der Klägerin etwa 20% des Abtropfgewichts ausmacht, besteht ein relevanter wertbestimmender und geschmacksgebender Unterschied zu Meeresfrüchtemischungen ohne Surimi. Hier ist das Informationsbedürfnis des Verbrauchers durch ein - zudem unterhalb eines Rezeptvorschlags befindliches, in (geschätzt) 7-Punkt-Schrift gesetztes - Zutatenverzeichnis, das die Zutaten zwar in absteigender Gewichtsreihenfolge aufführt, jedoch keine absoluten Mengen- bzw. Prozentangaben enthält, nicht ausreichend befriedigt. |
|
| Etwas anderes ergibt sich im Übrigen auch nicht aus der von der Klägerin angeführten Rechtsprechung des OVG Nordrhein-Westfalen (Urt. v. 7.8.1996 - 13 A 7606/95 -, in Juris). Zwar hat das OVG entschieden, dass bei einem als „Frikadellen“ bezeichneten Fleischerzeugnis mit einem Geflügelfleischanteil von 5% die Verkehrsbezeichnung „Frikadellen mit Geflügelfleisch“ nicht erforderlich sei, solange das Zutatenverzeichnis auf Geflügelfleisch hinweise; gleichzeitig hat das OVG aber darauf hingewiesen, dass bei einem Geflügelfleischanteil von mehr als 5% möglicherweise anders zu entscheiden sein könnte. |
|
| 2. Auch der Antrag festzustellen, dass die Bezeichnung „Frutti die Mare R. - Meeresfrüchte-Mischung“ für das Erzeugnis, das Gegenstand der Beanstandungen des Beklagten vom 7.5.2007 ist, in objektiver Hinsicht nicht gegen § 11 Abs. 1 S. 1 u. 2 Nr. 1 LFGB verstößt, hat keinen Erfolg. |
|
| Gemäß § 11 Abs. 1 S. 1 LFGB ist es verboten, Lebensmittel unter (u.a.) irreführender Bezeichnung in den Verkehr zu bringen. § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 LFGB regelt, dass eine Irreführung insbesondere dann vorliegt, wenn bei einem Lebensmittel zur Täuschung geeignete Bezeichnungen, Angaben etc. verwendet werden. Der Begriff der Irreführung ist selbst bei einem Fall mit reinem Inlandsbezug im Lichte des Gemeinschaftsrechts auszulegen. Dieses stellt hinsichtlich der Frage, ob eine Bezeichnung, Marke oder Werbung möglicherweise irreführend ist, darauf ab, wie ein durchschnittlich informierter, aufmerksamer und verständiger Durchschnittsverbraucher die betreffende Aussage wahrscheinlich auffassen wird (vgl. EuGH, Urt. v. 16.7.1998 - Rs C-210/96 -, in Curia; Urt. v. 13.1.2000 - Rs C-220/98 -, in Curia; vgl. auch BVerwG, Beschl. v. 18.10.2000 - 1 B 45/00 -, in Juris). Ob eine - vom Gericht grundsätzlich aus eigener Sachkunde feststellbare (vgl. EuGH, Urt. v. 16.7.1998 - C-210/96 -, in Curia; VGH München, Urt. v. 17.5.2000 - 25 B 97.3555 -, in Juris; BVerwG, Beschl. v. 18.10.2000 - 1 B 45/00 -, in Juris; vgl. auch Zipfel, Lebensmittelrecht, C 102 § 11 LFGB Rn. 63 ff.; Meyer/Streinz, LFGB, § 11 LFGB Rn. 32) - Eignung zur Täuschung besteht, ist anhand der gesamten Aufmachung des Produktes zu beurteilen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass ein aufmerksamer Durchschnittsverbraucher, der seine Kaufentscheidung nach der Zusammensetzung des Erzeugnisses richtet, zunächst das Zutatenverzeichnis liest (EuGH, Urt. v. 4.4.2000 - C-465/98 -, in Curia, m.w.N.; Urt. v. 26.10.1995 - C-51/94 -, in Curia; vgl. auch BVerwG, Beschl. v. 18.10.2000 - 1 B 45/00 -, in Juris). Andererseits stellen auch die Angaben im Zutatenverzeichnis nur einen einzelnen Aspekt dar für die Beurteilung, ob die Gesamtaufmachung eines Lebensmittels irreführend ist, so dass die Angaben im Zutatenverzeichnis zwar regelmäßig, nicht aber in allen Fällen eine Irreführung ausschließen (Zipfel, Lebensmittelrecht, C 102 § 11 Rn. 250f.; so auch EuGH, Urt. v. 26.10.1995 - C-51/94 -, in Curia). |
|
| a) Vorliegend entfällt eine Eignung zur Täuschung nicht schon deshalb, weil, wie die Klägerin unter Berufung auf den VGH München (Beschl. v. 20.9.1994 - 25 Cs 03.914 -, in Juris) geltend macht, seit vielen Jahren auf dem Markt quasi nur noch Meeresfrüchte-Mischungen erhältlich wären, die Surimi enthielten, ohne dies bereits im Rahmen der Verkehrsbezeichnung kenntlich zu machen, und die Behörden hiergegen nicht eingeschritten wären. Wie bereits ausgeführt, existieren auf dem deutschen Markt zahlreiche Meeresfrüchte-Mischungen ohne Surimi bzw. mit einer Kenntlichmachung der Zugabe von Surimi im Rahmen der Verkehrsbezeichnung. Des weiteren sind auch die zuständigen Behörden nicht untätig geblieben; insbesondere wurde auch das streitgegenständliche Produkt von den zuständigen Behörden in der Vergangenheit mehrfach beanstandet (CVUA Freiburg, Gutachten v. 12.7.2005; LUA Südbayern, Gutachten v. 25.8.1998; LUA Nordbayern, Gutachten v. 5.12.1997). |
|
| b) Eine Irreführung ist auch nicht unter Zugrundelegung der von der Klägerin zitierten Rechtsprechung des BVerwG (Urt. v. 23.1.1992 - 3 C 33/89 -, in Juris) ausgeschlossen. Das BVerwG hatte entschieden, dass bei hinreichender Kennzeichnung die Bezeichnung „Wurst“ für Wursterzeugnisse, bei denen tierische Fette gegen pflanzliche Fette ausgetauscht sind, nicht zu einer Irreführung der Verbraucher führt. Abgesehen davon, dass es nicht grundsätzlich ausgeschlossen scheint, im Einzelfall trotz einer § 4 LMKV genügenden Kennzeichnung eine Irreführung i.S.v. § 11 Abs. 1 LFGB anzunehmen (vgl. Zipfel, Lebensmittelrecht, C 110 § 4 Rn. 17), ist die Rechtsprechung des BVerwG vorliegend schon deshalb nicht anwendbar, weil die Klägerin, wie gesehen, mit der beanstandeten Etikettierung gegen § 4 Abs. 1 LMKV verstößt, mithin gerade keine hinreichende Kennzeichnung im Sinne dieser BVerwG-Rechtsprechung vorliegt. |
|
| c) Die Kammer ist vielmehr vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des EuGH zu der Überzeugung gelangt, dass die beanstandete Bezeichnung „Frutti di Mare ‚R.’ Meeresfrüchte-Mischung“ geeignet ist, den Verbraucher zu täuschen und in ihm nach Lesen der Verkehrsbezeichnung „Meeresfrüchte-Mischung“ die Fehlvorstellung zu erwecken, es handele sich bei dem beanstandeten Produkt um eines, das - ohne Zugabe von Surimi - ausschließlich aus verschiedenen Meeresfrüchten besteht. Zwar hat die Klägerin im Zutatenverzeichnis zutreffend als Bestandteil „Surimi (Krebsfleisch-Imitat aus Fischmuskeleiweiss geformt (Weizen, Ei, Fisch, Krustentiere, Soja, Stabilisatoren: E450, 451, E420; Aroma, Farbstoff: Paprika, Karamel))“ ausgewiesen. Zu Recht weist die Klägerin darauf hin, dass nach der Rechtsprechung des EuGH im Regelfall eine Eignung zur Täuschung bei ausreichender Ausweisung im Zutatenverzeichnis entfällt. Allerdings liegt für die Kammer aufgrund der Gesamtaufmachung des beanstandeten Produktes ein Ausnahmefall vor. |
|
| Bereits die unterhalb des Titels „Frutti di Mare ‚R.’“ befindliche, in deutlicher Schrift erfolgte Beschreibung „Meeresfrüchte-Mischung, gekocht, glasiert, servierfertig, tiefgekühlt“ nämlich suggeriert, dass sämtliche im Hinblick auf das konkrete Produkt erforderlichen ergänzenden Angaben dort enthalten sind und also auch die Beigabe von 20% meeresfrüchtefremder Zutaten bereits hier Erwähnung gefunden hätte. Ferner ist zu berücksichtigen, dass die Angaben im Zutatenverzeichnis deutlich sowie leicht lesbar sein müssen (vgl. § 3 Abs. 3 S. 1 LMKV), um ihren Zweck der Aufklärung des Verbrauchers zu erfüllen. Bei der beanstandeten Meeresfrüchte-Mischung befindet sich jedoch die Zutatenliste unterhalb eines mehrzeiligen Rezeptvorschlags und ist darüber hinaus in (geschätzter) 7-Punkt-Schrift so unauffällig gehalten, dass sie kaum ohne Anstrengung gelesen werden kann; der Hinweis auf die Zugabe von Surimi kann vor diesem Hintergrund wohl nicht mehr als deutlich und leicht lesbar qualifiziert werden (vgl. auch Zipfel, Lebensmittelrecht, C 102 § 11 LFGB Rn. 248). Schließlich kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass aus dem Hause E., ebenfalls unter dem Namen „Frutti di Mare“ und in ähnlicher Aufmachung, Produkte stammen, die entweder kein Surimi enthalten, oder aber bei denen die Verwendung von Surimi direkt unterhalb der Bezeichnung „Frutti di Mare“ deutlich sichtbar vermerkt ist. Auch unter dem Gesichtspunkt einer widersprüchlichen Deklarierung innerhalb derselben Firma ergibt sich daher vorliegend eine Eignung zur Irreführung des Verbrauchers. |
|
| Unter Berücksichtigung der Gesamtaufmachung des beanstandeten Produktes ist die Verkehrsbezeichnung „Frutti di Mare ‚R.’ Meeresfrüchte-Mischung“ trotz des (vollständigen) Zutatenverzeichnisses daher als irreführend i.S.d. § 11 Abs. 1 LFGB anzusehen, so dass auch der zweite Feststellungsantrag der Klägerin keinen Erfolg hat. |
|
|
|
| 4. Die Berufung war gem. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen. Die Frage, ob ein industriell gefertigtes Erzeugnis, das mit einem Mengenanteil von 20% einer ansonsten aus wenig bearbeiteten Naturprodukten bestehenden Lebensmittel-Mischung beigefügt wird (hier: 20% Surimi in einer „Meeresfrüchte-Mischung“), auch außerhalb des Zutatenverzeichnisses im Rahmen der Verkehrsbezeichnung deklariert werden muss, um den Anforderungen des § 4 Abs. 1 Nr. 1, 2 LMKV, § 11 Abs. 1 LFGB zu genügen, ist von grundsätzlicher Bedeutung. |
|