Verwaltungsgericht Düsseldorf Beschluss, 16. März 2015 - 8 L 191/15.A
Gericht
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
1
Gründe:
2Die Einzelrichterin ist im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes für die Entscheidung zuständig (§ 76 Abs. 4 Satz 1 AsylVfG).
3Der am 22. Januar 2015 sinngemäß gestellte Antrag,
4die aufschiebende Wirkung der Klage 8 K 460/15.A gegen Ziffer 2 des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 13. Januar 2015 anzuordnen,
5hat keinen Erfolg.
6Er ist zwar zulässig, insbesondere hat der Antragsteller die Wochenfrist zur Stellung des Antrages gemäß § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG eingehalten. Der Bescheid vom 13. Januar 2015 wurde ihm am 15. Januar 2015 entsprechend der Vorschrift des § 31 Abs. 1 Satz 4 AsylVfG persönlich zugestellt, weil der Asylantrag inhaltlich nach § 27a AsylVfG abgelehnt wurde. Der Antragsteller hat am 22. Januar 2015 und damit fristgerecht den Eilantrag bei Gericht gestellt.
7Der Antrag hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
8Die vorzunehmende Abwägung des öffentlichen Vollzugsinteresses der Antragsgegnerin mit dem privaten Aussetzungsinteresse des Antragstellers hat sich maßgeblich - nicht ausschließlich - an den Erfolgsaussichten in der Hauptsache zu orientieren, wie diese sich bei summarischer Prüfung im vorliegenden Verfahren abschätzen lassen,
9vgl. zum Maßstab VG Düsseldorf, Beschluss vom 1. August 2014 – 8 L 1195/14.A – m.w.N..
10Diese Interessenabwägung fällt vorliegend zu Lasten des Antragstellers aus, denn der angefochtene Bescheid des Bundesamtes begegnet nach diesem Maßstab keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
11Das Bundesamt hat den Asylantrag des Antragstellers zu Recht nach § 27a AsylVfG als unzulässig abgelehnt und geht gemäß Art. 25 Abs. 2 Dublin III-Verordnung von der Zuständigkeit Kroatiens für dessen Prüfung aus. Diese Zuständigkeit Kroatiens ergibt sich aus Art. 18 Abs. 1 lit. b) Dublin III-Verordnung. Der Antragsteller stellte während der Prüfung seines Antrags in Kroatien einen Antrag in der Bundesrepublik Deutschland. Der Antragsteller hat das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten seither nicht verlassen. In diesem Fall ist Kroatien für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.
12Eine Zuständigkeit der Bundesrepublik Deutschland ergibt sich, anders als der Antragsteller meint, auch nicht aus seinem Vortrag, er habe in Kroatien keinen Asylantrag stellen worden, sondern habe sich hierzu gezwungen gesehen, um einer Inhaftierung zu entgehen. Denn selbst wenn er seinem Wunsch entsprechend in Kroatien keinen wirksamen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hätte, wäre Kroatien der für die Prüfung seines Schutzgesuches zuständige Mitgliedstaat. In diesem Falle ergäbe sich die Zuständigkeit Kroatiens aus Art. 13 Abs. 1 Dublin III-Verordnung. Der Kläger hat (nach eigenem Vortrag) aus Serbien kommend die Grenze Kroatiens illegal überschritten. Der Aufenthalt in Kroatien ergibt sich auch aus dem entsprechenden EURODAC-Treffer. Seither sind zwölf Monate noch nicht vergangen (Art. 13 Abs. 1 Satz 2 Dublin III-Verordnung). In diesem Fall ist Kroatien für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig. Nach Art. 18 Abs. 1 lit. a) Dublin III-Verordnung ist Kroatien verpflichtet, den Kläger nach Maßgabe der Artikel 21, 22 und 29 Dublin III-Verordnung aufzunehmen. Das Bundesamt hat Kroatien gemäß Art. 21 Abs. 1 UAbs. 1 Dublin III-Verordnung innerhalb von drei Monaten nach Stellung des Antrags auf internationalen Schutz im Sinne von Art. 20 Abs. 2 Dublin III-Verordnung um Aufnahme des Klägers ersucht.
13Die Zuständigkeit Kroatiens entfällt auch nicht ausnahmsweise deswegen, weil Voraussetzungen vorlägen, unter denen nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Europäischen Gerichtshofs,
14vgl. EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - C-411/10 et al. -, Juris, Rn. 83 ff., 99; EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 - 30696/09 -, NVwZ 2011, 413,
15eine Durchbrechung des den Bestimmungen der Dublin III-Verordnung zugrunde liegenden Systems des gegenseitigen Vertrauens gerechtfertigt wäre.
16Die Voraussetzungen, unter denen dies der Fall wäre, liegen hier nicht vor. Systemische Mängel in diesem Sinne können erst angenommen werden, wenn Grundrechtsverletzungen einer Art. 4 EU-GR-Charta bzw. Art. 3 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) entsprechenden Schwere nicht nur in Einzelfällen, sondern strukturell bedingt, eben systemisch vorliegen. Diese müssen dabei aus Sicht des überstellenden Staates offensichtlich sein. In der Diktion des Europäischen Gerichtshofs dürfen diese systemischen Mängel dem überstellenden Mitgliedstaat nicht unbekannt sein können,
17vgl. EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - C-411/10 et al. -, Juris, Rn. 94.
18Es fehlt an hinreichenden Anhaltspunkten dafür, dass das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen in Kroatien mit systemischen Mängeln behaftet wären, die die Gefahr einer dem Antragsteller drohenden unmenschlichen Behandlung im Sinne von Art. 4 GrCh, Art. 3 EMRK im Falle seiner Überstellung nach Kroatien nach sich ziehen könnten. Der Einzelrichterin liegen keine Erkenntnisse vor, die den Schluss rechtfertigen würden, Kroatien halte die in der Grundrechte-Charta der EU, der EMRK oder der GFK verbrieften Rechte von Asylbewerbern nicht ein.
19Gegen die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 AsylVfG bestehen ebenfalls keine Bedenken, insbesondere sind zielstaats- oder inlandsbezogene Abschiebungshindernisse nicht ersichtlich.
20Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylVfG.
21Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 Abs. 1 Satz 1 RVG.
22Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).
Annotations
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) In Klageverfahren nach dem Asylgesetz beträgt der Gegenstandswert 5 000 Euro, in den Fällen des § 77 Absatz 4 Satz 1 des Asylgesetzes 10 000 Euro, in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes 2 500 Euro. Sind mehrere natürliche Personen an demselben Verfahren beteiligt, erhöht sich der Wert für jede weitere Person in Klageverfahren um 1 000 Euro und in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes um 500 Euro.
(2) Ist der nach Absatz 1 bestimmte Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig, kann das Gericht einen höheren oder einen niedrigeren Wert festsetzen.