Verwaltungsgericht Düsseldorf Gerichtsbescheid, 29. Dez. 2014 - 7 K 4419/14.A

ECLI:ECLI:DE:VGD:2014:1229.7K4419.14A.00
bei uns veröffentlicht am29.12.2014

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 v.H. des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.


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Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Düsseldorf Gerichtsbescheid, 29. Dez. 2014 - 7 K 4419/14.A

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60 Verbot der Abschiebung


(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit
Verwaltungsgericht Düsseldorf Gerichtsbescheid, 29. Dez. 2014 - 7 K 4419/14.A zitiert 13 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60 Verbot der Abschiebung


(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit

Gesetz


Aufenthaltsgesetz - AufenthG

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60a Vorübergehende Aussetzung der Abschiebung (Duldung)


(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 48 Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes


(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erhebliche

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 84


(1) Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Die

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 30 Gegenstandswert in gerichtlichen Verfahren nach dem Asylgesetz


(1) In Klageverfahren nach dem Asylgesetz beträgt der Gegenstandswert 5 000 Euro, in den Fällen des § 77 Absatz 4 Satz 1 des Asylgesetzes 10 000 Euro, in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes 2 500 Euro. Sind mehrere natürliche Personen an demselb

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 26 Dauer des Aufenthalts


(1) Die Aufenthaltserlaubnis nach diesem Abschnitt kann für jeweils längstens drei Jahre erteilt und verlängert werden, in den Fällen des § 25 Abs. 4 Satz 1 und Abs. 5 jedoch für längstens sechs Monate, solange sich der Ausländer noch nicht mindesten

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 3 Passpflicht


(1) Ausländer dürfen nur in das Bundesgebiet einreisen oder sich darin aufhalten, wenn sie einen anerkannten und gültigen Pass oder Passersatz besitzen, sofern sie von der Passpflicht nicht durch Rechtsverordnung befreit sind. Für den Aufenthalt im B

Verwaltungszustellungsgesetz - VwZG 2005 | § 4 Zustellung durch die Post mittels Einschreiben


(1) Ein Dokument kann durch die Post mittels Einschreiben durch Übergabe oder mittels Einschreiben mit Rückschein zugestellt werden. (2) Zum Nachweis der Zustellung genügt der Rückschein. Im Übrigen gilt das Dokument am dritten Tag nach der Aufgabe

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Bundesverwaltungsgericht Urteil, 05. Juni 2012 - 10 C 4/11

bei uns veröffentlicht am 05.06.2012

Tatbestand 1 Der Kläger wendet sich gegen den Widerruf seiner Flüchtlingsanerkennung. 2

Referenzen

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Die Vorschriften über Urteile gelten entsprechend.

(2) Die Beteiligten können innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids,

1.
Berufung einlegen, wenn sie zugelassen worden ist (§ 124a),
2.
Zulassung der Berufung oder mündliche Verhandlung beantragen; wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt,
3.
Revision einlegen, wenn sie zugelassen worden ist,
4.
Nichtzulassungsbeschwerde einlegen oder mündliche Verhandlung beantragen, wenn die Revision nicht zugelassen worden ist; wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt,
5.
mündliche Verhandlung beantragen, wenn ein Rechtsmittel nicht gegeben ist.

(3) Der Gerichtsbescheid wirkt als Urteil; wird rechtzeitig mündliche Verhandlung beantragt, gilt er als nicht ergangen.

(4) Wird mündliche Verhandlung beantragt, kann das Gericht in dem Urteil von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Gerichtsbescheides folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(1) Ein Dokument kann durch die Post mittels Einschreiben durch Übergabe oder mittels Einschreiben mit Rückschein zugestellt werden.

(2) Zum Nachweis der Zustellung genügt der Rückschein. Im Übrigen gilt das Dokument am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als zugestellt, es sei denn, dass es nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist. Im Zweifel hat die Behörde den Zugang und dessen Zeitpunkt nachzuweisen. Der Tag der Aufgabe zur Post ist in den Akten zu vermerken.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Ausländer dürfen nur in das Bundesgebiet einreisen oder sich darin aufhalten, wenn sie einen anerkannten und gültigen Pass oder Passersatz besitzen, sofern sie von der Passpflicht nicht durch Rechtsverordnung befreit sind. Für den Aufenthalt im Bundesgebiet erfüllen sie die Passpflicht auch durch den Besitz eines Ausweisersatzes (§ 48 Abs. 2).

(2) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat oder die von ihm bestimmte Stelle kann in begründeten Einzelfällen vor der Einreise des Ausländers für den Grenzübertritt und einen anschließenden Aufenthalt von bis zu sechs Monaten Ausnahmen von der Passpflicht zulassen.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen den Widerruf seiner Flüchtlingsanerkennung.

2

Der 1973 geborene Kläger, ein irakischer Staatsangehöriger, reiste im Mai 1998 nach Deutschland ein und beantragte Asyl. Mit Bescheid vom 23. Juli 1998 stellte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (jetzt: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) - Bundesamt - fest, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen.

3

Im Juni 2008 fragte das Bundesamt bei der Landeshauptstadt München an, ob beim Kläger die Voraussetzungen für die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis vorlägen. Das verneinte die Ausländerbehörde, da der Kläger Sozialhilfe beziehe und straffällig geworden sei.

4

Im November 2008 leitete das Bundesamt wegen der veränderten Verhältnisse im Irak ein Widerrufsverfahren ein und gab dem Kläger im Januar 2009 Gelegenheit zur Stellungnahme. Der Kläger wies im April 2009 darauf hin, dass ihm bei Rückkehr in den Irak asylrelevante Verfolgung durch nichtstaatliche Kräfte drohe. Im Übrigen lebe seine gesamte Familie in Deutschland. Er habe keinerlei Beziehungen mehr zum Irak, sondern sei in Deutschland sozialisiert und Teil dieser Gesellschaft.

5

Mit Bescheid vom 2. Juli 2009 widerrief das Bundesamt die Feststellung zu § 51 Abs. 1 AuslG und stellte fest, dass Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG nicht vorliegen. Der Begründung des Bescheids ist zu entnehmen, dass der Widerruf auf § 73 Abs. 1 Satz 1 und 2 AsylVfG gestützt wurde; Ermessenserwägungen enthält der Bescheid nicht.

6

Die dagegen erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht München abgewiesen. Mit Urteil vom 21. März 2011 hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt: Rechtsgrundlage des Widerrufs sei § 73 Abs. 1 AsylVfG. Danach sei der Widerruf gerechtfertigt, denn die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft lägen beim Kläger nicht mehr vor. Ihm drohe auch keine Verfolgung aus anderen Gründen. Der Widerruf sei nicht schon deshalb aufzuheben, weil er erst nach Ablauf der Frist des § 73 Abs. 7 AsylVfG erfolgt sei. § 73 Abs. 7 AsylVfG enthalte einen Prüfungsauftrag für das Bundesamt und keine Entscheidungsfrist wie § 48 Abs. 4 VwVfG. Zudem dürfe derjenige, bei dem die Erstüberprüfung versäumt worden sei, nicht besser dastehen als derjenige, bei dem diese zu keinem Widerruf geführt habe. Auch die Voraussetzungen des § 73 Abs. 2a Satz 4 AsylVfG mit der Folge eines Übergangs zur Ermessensentscheidung seien nicht erfüllt, denn eine vorangehende Prüfung, aufgrund derer ein Widerruf nicht erfolgt sei, habe nicht stattgefunden. Der bloße Fristablauf könne nicht mit einer abgeschlossenen Negativprüfung gleichgesetzt werden. Der Kläger genieße weder unionsrechtlichen noch nationalen Abschiebungsschutz.

7

Der Kläger wendet sich mit der Revision nur noch gegen den Widerruf der Flüchtlingsanerkennung. Dieser sei wegen fehlender Ermessensausübung rechtswidrig. Versäume das Bundesamt eine fristgerechte Entscheidung, sei dies einer Negativentscheidung gleichzustellen. Denn die Frist des § 73 Abs. 2a Satz 1 AsylVfG liege nicht nur im öffentlichen, sondern auch im individuellen Interesse des Flüchtlings. Wegen der fehlenden Ermessensentscheidung sei der Widerrufsbescheid aufzuheben.

8

Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung. Die in § 73 Abs. 2a und Abs. 7 AsylVfG bestimmte Frist beziehe sich nur auf die Anfangsprüfung, ob überhaupt ein Widerrufsverfahren einzuleiten sei. Der Gesetzgeber habe eine Prüfungs- und keine Entscheidungsfrist gesetzt. Darüber hinaus bestehe die Pflicht zum Widerruf allein im öffentlichen Interesse, denn mit der Gesetzesänderung sei eine Effektivierung der Widerrufsvorschriften beabsichtigt gewesen.

9

Der Vertreter des Bundesinteresses hat sich am Verfahren beteiligt und verteidigt das angefochtene Urteil. Mit der Regelüberprüfungsfrist hätten den betroffenen Ausländern keine subjektiven Rechte eingeräumt werden sollen. Die Regelung habe ausweislich der Gesetzesbegründung nur eine innerbehördliche verfahrensleitende Bedeutung. Sie diene der Beschleunigung des Asylverfahrens, nicht jedoch integrationspolitischen Zwecken. Da dem Bundesamt für die Prüfung ein Zeitraum von drei Jahren nach Unanfechtbarkeit der Anerkennung zuzüglich eines angemessenen Prüfungszeitraums zustehe, müsse dies für die Frist des § 73 Abs. 7 AsylVfG in gleicher Weise gelten. Der Widerruf sei nur zweieinhalb Monate nach der Stellungnahme des Klägers ergangen.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Anfechtungsklage gegen den Widerruf der Flüchtlingsanerkennung ohne Verletzung revisiblen Rechts abgewiesen. Er ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Widerruf nicht schon deshalb aufzuheben ist, weil das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - Bundesamt - die Frist des § 73 Abs. 2a Satz 1, Abs. 7 AsylVfG versäumt hat (1.). Infolge der Fristversäumung ist der Widerruf auch nicht in eine Ermessensentscheidung umgeschlagen (2.). Neben den Fristbestimmungen in § 73 Abs. 2a Satz 1 und Abs. 7 AsylVfG ist die Jahresfrist nach § 49 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 48 Abs. 4 VwVfG nicht anwendbar (3.). Schließlich hat der Verwaltungsgerichtshof in revisionsgerichtlich nicht zu beanstandender Weise das Vorliegen der materiellen Widerrufsvoraussetzungen gemäß § 73 Abs. 1 Satz 1 und 2 AsylVfG bejaht (4.).

11

Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung des angefochtenen Widerrufs ist § 73 AsylVfG in der seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19. August 2007 (BGBl I S. 1970) - Richtlinienumsetzungsgesetz - am 28. August 2007 geltenden Fassung (Bekanntmachung der Neufassung des Asylverfahrensgesetzes vom 2. September 2008, BGBl I S. 1798). Nach § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG sind die Anerkennung als Asylberechtigter und die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft unverzüglich zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen für sie nicht mehr vorliegen. Dies ist gemäß Satz 2 der Vorschrift insbesondere der Fall, wenn der Ausländer nach Wegfall der Umstände, die zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft geführt haben, es nicht mehr ablehnen kann, den Schutz des Staates in Anspruch zu nehmen, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt. Nach Absatz 2a der Vorschrift hat die Prüfung, ob die Voraussetzungen u.a. für einen Widerruf nach Absatz 1 vorliegen, spätestens nach Ablauf von drei Jahren nach Unanfechtbarkeit der Entscheidung zu erfolgen (Satz 1). Das Ergebnis ist der Ausländerbehörde mitzuteilen (Satz 2). Ist nach der Prüfung ein Widerruf oder eine Rücknahme nicht erfolgt, steht eine spätere Entscheidung nach Absatz 1 oder Absatz 2 im Ermessen, es sei denn, der Widerruf oder die Rücknahme erfolgt, weil die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder des § 3 Abs. 2 vorliegen (Satz 4). Gemäß Absatz 7 hat die Prüfung nach Absatz 2a Satz 1 spätestens bis zum 31. Dezember 2008 zu erfolgen, wenn - wie hier - die Entscheidung über den Asylantrag vor dem 1. Januar 2005 unanfechtbar geworden ist.

12

1. Das Berufungsgericht ist zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass der Widerruf der Flüchtlingsanerkennung im Bescheid vom 2. Juli 2009 in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden ist. Dem Kläger ist gemäß § 73 Abs. 4 Satz 1 AsylVfG schriftlich mitgeteilt worden, dass wegen der Änderung der Sachlage im Irak ein Widerrufsverfahren eingeleitet wurde, und er hatte ausreichend Gelegenheit zur Stellungnahme. Ob der Widerrufsbescheid unverzüglich erfolgt ist, kann dahinstehen, da der Kläger sich auf diese rein objektivrechtliche Voraussetzung nicht zu berufen vermag (Urteile vom 1. November 2005 - BVerwG 1 C 21.04 - BVerwGE 124, 277 <291> und vom 20. März 2007 - BVerwG 1 C 21.06 - BVerwGE 128, 199 Rn. 18; stRspr). Der Widerrufsbescheid ist auch nicht deshalb aufzuheben, weil das Bundesamt nicht innerhalb der Frist des § 73 Abs. 2a Satz 1, Abs. 7 AsylVfG entschieden hat (1.1). Denn auch diese Fristbestimmung ist rein objektivrechtlicher Natur im Sinne einer Ordnungsvorschrift, so dass ein Versäumen der Frist nicht die Rechtswidrigkeit eines (verspäteten) Widerrufs zur Folge hat (1.2).

13

1.1 Das Bundesamt hat die in § 73 Abs. 2a Satz 1, Abs. 7 AsylVfG enthaltene Prüfungsfrist versäumt. Die Verpflichtung, die Widerrufs- und Rücknahmevoraussetzungen innerhalb der vom Gesetzgeber gesetzten Frist zu prüfen, umfasst entgegen der Auffassung der Beklagten nicht nur eine erste Vorprüfung, ob ein Verfahren eingeleitet wird. Vielmehr muss mit Blick auf die Absicht des Gesetzgebers, die asylverfahrensrechtlichen Vorschriften über Widerruf und Rücknahme in der Praxis durch Einführung einer Überprüfungspflicht von Amts wegen an Bedeutung gewinnen zu lassen (BTDrucks 15/420 S. 107, 112), die Prüfung der Widerrufs- und Rücknahmevoraussetzungen innerhalb der gesetzlichen Frist auch tatsächlich abgeschlossen werden. Die Prüfung ist nach Sinn und Zweck der auf Effektivierung zielenden Regelung aber erst beendet mit einer Negativmitteilung gemäß § 73 Abs. 2a Satz 2 AsylVfG an die Ausländerbehörde oder dem Erlass eines Widerrufsbescheids. An der bisherigen Rechtsprechung, nach der dem Bundesamt über die gesetzliche Frist hinaus noch ein angemessener Prüfungszeitraum zusteht (Urteil vom 12. Juni 2007 - BVerwG 10 C 24.07 - Buchholz 402.25 § 73 AsylVfG Nr. 28 Rn. 15; zuletzt Urteil vom 1. März 2012 - BVerwG 10 C 9.11 - Rn. 8 f.), hält der Senat nicht länger fest.

14

1.2 Die Versäumung der Prüfungsfrist führt aber nicht zur Rechtswidrigkeit des Widerrufs. In der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 73 AsylVfG ist offengeblieben, ob die Dreijahresfrist des § 73 Abs. 2a AsylVfG (bzw. die Übergangsfrist für Altanerkennungen in § 73 Abs. 7 AsylVfG) ausschließlich öffentlichen Interessen oder (zumindest auch) dem individuellen Interesse des anerkannten Asylberechtigten oder Flüchtlings dient (vgl. Urteile vom 1. November 2005 a.a.O. S. 292; vom 20. März 2007 a.a.O. Rn. 17 und vom 12. Juni 2007 a.a.O. Rn. 11). Der erkennende Senat entscheidet diese Frage nunmehr dahin, dass die Verpflichtung, die Widerrufs- und Rücknahmevoraussetzungen gerade auch innerhalb des gesetzlich vorgegebenen Zeitraums zu prüfen, insoweit dem Bundesamt ausschließlich im öffentlichen Interesse an der alsbaldigen Entscheidung über den Fortbestand der Asylberechtigung bzw. des Flüchtlingsstatus auferlegt ist und ein Verstoß gegen diesen Prüfungsauftrag einen verspäteten Widerruf nicht ausschließt. Das ergibt sich aus den Materialien des Zuwanderungsgesetzes, in denen die zum 1. Januar 2005 neu eingeführte Dreijahresfrist zur obligatorischen Überprüfung der Widerrufs- oder Rücknahmevoraussetzungen durch das Bundesamt als Maßnahme zur Beschleunigung des Asylverfahrens bezeichnet wird (BTDrucks 15/420 S. 107). Wie bereits ausgeführt wollte der Gesetzgeber damit erreichen, dass die Vorschriften über den Widerruf und die Rücknahme, die in der Praxis bislang weitgehend leergelaufen sind, an Bedeutung gewinnen (BTDrucks 15/420 S. 112). Die Effektivierung der Rechtsgrundlagen für die Aufhebung der Asyl- bzw. Flüchtlingsanerkennung dient jedoch - wie auch das Gebot der Unverzüglichkeit - nicht den Interessen der Statusinhaber (Hailbronner, AuslR, Stand: August 2008, B 2 § 73 AsylVfG Rn. 93; Bergmann, in: Renner, AuslR, 9. Aufl. 2011, § 73 AsylVfG Rn. 29; Wolff, in: Hofmann/Hoffmann, HK-AuslR, 2008, § 73 AsylVfG Rn. 41; VGH Kassel, Beschluss vom 1. August 2005 - 7 UE 1364/05.A - InfAuslR 2005, 491).

15

Dabei verkennt der Senat nicht, dass die Mitteilung des Bundesamts an die Ausländerbehörde gemäß § 73 Abs. 2a Satz 2 AsylVfG, die Voraussetzungen für den Widerruf oder die Rücknahme lägen nicht vor, eine Tatbestandsvoraussetzung für einen Anspruch auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis gemäß § 26 Abs. 3 AufenthG bildet. Diese aufenthaltsrechtliche Folge knüpft aber nicht an den bloßen Ablauf der asylverfahrensrechtlichen Überprüfungsfrist an, sondern erst an die Negativmitteilung als eine der möglichen Entscheidungen des Bundesamts nach Abschluss seiner obligatorischen Prüfung. Allein der Regelungszusammenhang des § 73 Abs. 2a und Abs. 7 AsylVfG mit § 26 Abs. 3 AufenthG bietet daher noch keinen Anhaltspunkt für ein subjektives Recht auf fristgerechte Prüfung gegenüber der Beklagten (a.A. VG Köln, Urteil vom 10. Juni 2005 - 18 K 4074/04.A - NVwZ-RR 2006, 67 <73>). Auch wenn der Asylberechtigte oder Flüchtling gegenüber der Beklagten kein subjektives Recht auf fristgerechte Prüfung der Widerrufs- und Rücknahmevoraussetzungen durch das Bundesamt hat, ist er - entgegen der Annahme der Revision - im Falle einer Untätigkeit des Bundesamts nicht rechtlos gestellt: Hat das Bundesamt innerhalb der Dreijahresfrist weder eine Negativmitteilung an die Ausländerbehörde übermittelt noch die Anerkennung widerrufen oder zurückgenommen, kann der Betroffene bei der Ausländerbehörde eine Niederlassungserlaubnis gemäß § 26 Abs. 3 AufenthG beantragen. Sollte eine Nachfrage beim Bundesamt ohne Rückmeldung bleiben, ist es der Ausländerbehörde allerdings verwehrt, dem Antrag stattzugeben. Der Ausländer kann aber auf Erteilung der Niederlassungserlaubnis klagen; zu dem Verfahren wird die Bundesrepublik Deutschland als Trägerin des Bundesamts beizuladen sein. Kommt das Bundesamt auch während dieses aufenthaltsrechtlichen Klageverfahrens seiner gesetzlichen Überprüfungspflicht nicht nach, hat das Gericht inzident zu prüfen, ob die Voraussetzungen für einen Widerruf oder eine Rücknahme der Asyl- bzw. Flüchtlingsanerkennung vorliegen, und es muss gegebenenfalls die Negativmitteilung des Bundesamts ersetzen. Auf diese Weise kann die vom Gesetzgeber beabsichtigte Verbesserung der aufenthaltsrechtlichen Stellung von Asylberechtigten und anerkannten Flüchtlingen (vgl. BTDrucks 15/420 S. 80 zu § 26 Abs. 3 AufenthG) auch dann durchgesetzt werden, wenn das Bundesamt seiner behördeninternen Mitwirkungspflicht nicht (rechtzeitig) nachkommen sollte.

16

2. Die Versäumung der in § 73 Abs. 2a Satz 1, Abs. 7 AsylVfG geregelten Prüfungsfrist hat auch nicht zur Folge, dass der gemäß § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG gebundene Widerruf in eine Ermessensentscheidung umgeschlagen ist. Das ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 73 Abs. 2a Satz 1 AsylVfG, der für die von Amts wegen gebotene Prüfung mit der Formulierung, "ob die Voraussetzungen für einen Widerruf nach Absatz 1 oder eine Rücknahme nach Absatz 2 vorliegen", auf Befugnisnormen verweist, die dem Bundesamt kein behördliches Ermessen einräumen. Zudem knüpft § 73 Abs. 2a Satz 4 AsylVfG den Übergang zu einer Ermessensentscheidung nicht an den bloßen Zeitablauf von drei Jahren, sondern verlangt dafür eine vorherige sachliche Prüfung und Verneinung der Widerrufs- oder Rücknahmevoraussetzungen seitens des Bundesamtes durch eine formalisierte Negativentscheidung (Urteile vom 20. März 2007 a.a.O. Rn. 15; vom 25. November 2008 - BVerwG 10 C 53.07 - Buchholz 402.25 § 73 AsylVfG Nr. 31 Rn. 13 und vom 1. Juni 2011 - BVerwG 10 C 25.10 - BVerwGE 140, 22 Rn. 16; Beschlüsse vom 27. November 2007 - BVerwG 10 B 86.07 - juris Rn. 9 und vom 7. Februar 2008 - BVerwG 10 C 33.07 - Buchholz 451.902 Europ. Ausl.- u. Asylrecht Nr. 19 Rn. 14). Die gesetzliche Regelung ist mehrtaktig angelegt: Erst nach negativem Abschluss der von Amts wegen gebotenen Widerrufs- und Rücknahmeprüfung steht in einem späteren Widerrufs- oder Rücknahmeverfahren die Aufhebungsentscheidung im Ermessen des Bundesamts, wenn nicht die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 AufenthG oder des § 3 Abs. 2 AsylVfG vorliegen.

17

3. Die im Verwaltungsverfahrensgesetz geregelte Jahresfrist für den Widerruf von Verwaltungsakten (§ 49 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 48 Abs. 4 VwVfG) findet auf den angefochtenen Bescheid keine Anwendung. Die bereichsspezifische Fristenregelung für den Widerruf und die Rücknahme von Asyl- und Flüchtlingsanerkennungen durch das Bundesamt in § 73 Abs. 2a Satz 1 und Abs. 7 AsylVfG verdrängt diese allgemeinen verwaltungsverfahrensrechtlichen Fristbestimmungen. Nach Einführung des § 73 Abs. 2a AsylVfG zum 1. Januar 2005 hat das Bundesverwaltungsgericht bereits entschieden, dass die Jahresfrist nach § 48 Abs. 4 VwVfG jedenfalls in den Fällen keine Anwendung findet, in denen die Asyl- oder Flüchtlingsanerkennung innerhalb der Dreijahresfrist nach Unanfechtbarkeit der Anerkennungsentscheidung widerrufen wird (Urteil vom 12. Juni 2007 a.a.O. Rn. 14 f.). Die bisher offengelassene Frage, ob dies auch für den Widerruf von Asyl- und Flüchtlingsanerkennungen nach Ablauf der Dreijahresfrist gilt, bejaht der Senat nunmehr.

18

Zu der vor Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes am 1. Januar 2005 geltenden Regelung des § 73 Abs. 1 und 2 AsylVfG hat das Bundesverwaltungsgericht ausgeführt, dass die Bestimmungen des allgemeinen Verwaltungsrechts neben den spezialgesetzlichen Regelungen in § 73 AsylVfG anwendbar sind, soweit diese Raum dafür lassen (Urteil vom 19. September 2000 - BVerwG 9 C 12.00 - BVerwGE 112, 80 <88>). Jedenfalls seit Einführung der Dreijahresfrist ist das hinsichtlich der Jahresfrist des § 48 Abs. 4, § 49 Abs. 2 Satz 2 VwVfG nicht der Fall. Denn der Gesetzgeber hat dem Bundesamt einen bestimmten, auf die Besonderheiten des Asyl- und Ausländerrechts abgestimmten zeitlichen Rahmen vorgegeben, der nach dem Sinn und Zweck der Regelung erkennbar abschließend ist und nicht durch weitere (allgemeine) Fristen verengt werden soll. Dafür spricht auch die bereits erwähnte Absicht des Gesetzgebers, die Vorschriften über den Widerruf und die Rücknahme in der Praxis an Bedeutung gewinnen zu lassen. Mit diesem Anliegen wäre eine neben der Dreijahresfrist vom Bundesamt zusätzlich zu beachtende Ausschlussfrist von einem Jahr schwerlich vereinbar. Im Übrigen genießt ein anerkannter Asylberechtigter oder Flüchtling nach Wegfall der Anerkennungsvoraussetzungen und Vorliegen materieller Erlöschens- oder Widerrufsgründe auch völker- oder unionsrechtlich grundsätzlich kein schutzwürdiges Vertrauen auf Aufrechterhaltung seines formellen Asyl- bzw. Flüchtlingsstatus, denn mit dem Widerruf wird nicht zugleich über seinen weiteren Aufenthalt entschieden. Damit fehlt ein Anknüpfungspunkt für die Anwendung des § 49 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 48 Abs. 4 VwVfG, denn im System der verwaltungsverfahrensrechtlichen Regelungen über die Aufhebung von Verwaltungsakten ist auch die Fristregelung Ausdruck des Vertrauensschutzes (vgl. Urteil vom 27. April 2006 - BVerwG 3 C 23.05 - BVerwGE 126, 7 <14>).

19

4. Der Verwaltungsgerichtshof hat das Vorliegen der materiellen Widerrufsvoraussetzungen gemäß § 73 Abs. 1 Satz 1 und 2 AsylVfG in revisionsgerichtlich nicht zu beanstandender Weise bejaht.

20

Mit § 73 Abs. 1 Satz 2 AsylVfG hat der Gesetzgeber die unionsrechtlichen Vorgaben aus Art. 11 Abs. 1 Buchst. e und f der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl EU Nr. L 304 vom 30. September 2004 S. 12; berichtigt ABl EU Nr. L 204 vom 5. August 2005 S. 24) über das Erlöschen der Flüchtlingseigenschaft nach Wegfall der die Anerkennung begründenden Umstände umgesetzt. Daher sind die Widerrufsvoraussetzungen in § 73 Abs. 1 Satz 1 und 2 AsylVfG unionsrechtskonform im Sinne der entsprechenden Bestimmungen der Richtlinie, die sich ihrerseits an Art. 1 C Nr. 5 und 6 der Genfer Flüchtlingskonvention - GFK - orientieren, und der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) in seinem Grundsatzurteil vom 2. März 2010 (Rs. C-175/08 u.a., Abdulla u.a. - NVwZ 2010, 505) auszulegen. Dies gilt auch für Fälle, in denen die zugrunde liegenden Schutzanträge - wie hier - vor dem Inkrafttreten der Richtlinie gestellt worden sind (vgl. Urteil vom 24. Februar 2011 - BVerwG 10 C 3.10 - BVerwGE 139, 109 Rn. 9).

21

Der Widerruf der Flüchtlingsanerkennung nach § 73 Abs. 1 Satz 1 und 2 AsylVfG setzt demzufolge voraus, dass in Anbetracht einer erheblichen und nicht nur vorübergehenden Veränderung der Umstände im Herkunftsland diejenigen Umstände weggefallen sind, aufgrund derer der Betreffende begründete Furcht vor Verfolgung hatte und als Flüchtling anerkannt worden war. Eine erhebliche Veränderung der verfolgungsbegründenden Umstände liegt vor, wenn sich die tatsächlichen Verhältnisse im Herkunftsland deutlich und wesentlich geändert haben. Durch neue Tatsachen muss sich eine signifikant und entscheidungserheblich veränderte Grundlage für die Verfolgungsprognose ergeben, so dass keine beachtliche Wahrscheinlichkeit einer Verfolgung mehr besteht. Dauerhaft ist eine Veränderung, wenn eine Prognose ergibt, dass sich die Änderung der Umstände als stabil erweist, d.h. der Wegfall der verfolgungsbegründenden Faktoren auf absehbare Zeit anhält (Urteile vom 24. Februar 2011 a.a.O. Rn. 14 ff. und vom 1. Juni 2011 a.a.O. Rn. 19 ff.). Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in der angefochtenen Entscheidung an den genannten Maßstäben orientiert. Er ist aufgrund der von ihm getroffenen tatsächlichen Feststellungen zu Recht davon ausgegangen, dass dem Kläger wegen seiner illegalen Ausreise aus dem Irak und seinem Verbleib im Ausland keine Verfolgung mehr droht und sich diese veränderte Sachlage infolge des Sturzes von Saddam Hussein und seines Systems als stabil erweist.

22

Der Widerruf der Flüchtlingsanerkennung setzt neben dem Wegfall der der Anerkennung zugrunde liegenden Verfolgungsgefahr weiter voraus, dass der Betreffende auch nicht wegen anderer Umstände begründete Furcht vor Verfolgung hat. Auch das hat das Berufungsgericht geprüft und sich unter ausführlicher Verarbeitung von aktuellem Quellenmaterial die Überzeugung gebildet, dass der Kläger im Irak mangels dafür ausreichender Verfolgungsdichte keiner Gruppenverfolgung als Sunnit ausgesetzt ist. Das wird von der Revision nicht gerügt und ist revisionsgerichtlich auch nicht zu beanstanden.

(1) Die Aufenthaltserlaubnis nach diesem Abschnitt kann für jeweils längstens drei Jahre erteilt und verlängert werden, in den Fällen des § 25 Abs. 4 Satz 1 und Abs. 5 jedoch für längstens sechs Monate, solange sich der Ausländer noch nicht mindestens 18 Monate rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat. Asylberechtigten und Ausländern, denen die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt worden ist, wird die Aufenthaltserlaubnis für drei Jahre erteilt. Subsidiär Schutzberechtigten im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes wird die Aufenthaltserlaubnis für ein Jahr erteilt, bei Verlängerung für zwei weitere Jahre. Ausländern, die die Voraussetzungen des § 25 Absatz 3 erfüllen, wird die Aufenthaltserlaubnis für mindestens ein Jahr erteilt. Die Aufenthaltserlaubnisse nach § 25 Absatz 4a Satz 1 und Absatz 4b werden jeweils für ein Jahr, Aufenthaltserlaubnisse nach § 25 Absatz 4a Satz 3 jeweils für zwei Jahre erteilt und verlängert; in begründeten Einzelfällen ist eine längere Geltungsdauer zulässig.

(2) Die Aufenthaltserlaubnis darf nicht verlängert werden, wenn das Ausreisehindernis oder die sonstigen einer Aufenthaltsbeendigung entgegenstehenden Gründe entfallen sind.

(3) Einem Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 1 oder 2 Satz 1 erste Alternative besitzt, ist eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen, wenn

1.
er die Aufenthaltserlaubnis seit fünf Jahren besitzt, wobei die Aufenthaltszeit des der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis vorangegangenen Asylverfahrens abweichend von § 55 Absatz 3 des Asylgesetzes auf die für die Erteilung der Niederlassungserlaubnis erforderliche Zeit des Besitzes einer Aufenthaltserlaubnis angerechnet wird,
2.
das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nicht nach § 73b Absatz 3 des Asylgesetzes mitgeteilt hat, dass die Voraussetzungen für den Widerruf oder die Rücknahme vorliegen,
3.
sein Lebensunterhalt überwiegend gesichert ist,
4.
er über hinreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt und
5.
die Voraussetzungen des § 9 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 bis 6, 8 und 9 vorliegen.
§ 9 Absatz 2 Satz 2 bis 6, § 9 Absatz 3 Satz 1 und § 9 Absatz 4 finden entsprechend Anwendung; von der Voraussetzung in Satz 1 Nummer 3 wird auch abgesehen, wenn der Ausländer die Regelaltersgrenze nach § 35 Satz 2 oder § 235 Absatz 2 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch erreicht hat. Abweichend von Satz 1 und 2 ist einem Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 1 oder 2 Satz 1 erste Alternative besitzt, eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen, wenn
1.
er die Aufenthaltserlaubnis seit drei Jahren besitzt, wobei die Aufenthaltszeit des der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis vorangegangenen Asylverfahrens abweichend von § 55 Absatz 3 des Asylgesetzes auf die für die Erteilung der Niederlassungserlaubnis erforderliche Zeit des Besitzes einer Aufenthaltserlaubnis angerechnet wird,
2.
das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nicht nach § 73b Absatz 3 des Asylgesetzes mitgeteilt hat, dass die Voraussetzungen für den Widerruf oder die Rücknahme vorliegen,
3.
er die deutsche Sprache beherrscht,
4.
sein Lebensunterhalt weit überwiegend gesichert ist und
5.
die Voraussetzungen des § 9 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 bis 6, 8 und 9 vorliegen.
In den Fällen des Satzes 3 finden § 9 Absatz 3 Satz 1 und § 9 Absatz 4 entsprechend Anwendung. Für Kinder, die vor Vollendung des 18. Lebensjahres nach Deutschland eingereist sind, kann § 35 entsprechend angewandt werden. Die Sätze 1 bis 5 gelten auch für einen Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4 besitzt, es sei denn, es liegen die Voraussetzungen für eine Rücknahme vor.

(4) Im Übrigen kann einem Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach diesem Abschnitt besitzt, eine Niederlassungserlaubnis erteilt werden, wenn die in § 9 Abs. 2 Satz 1 bezeichneten Voraussetzungen vorliegen. § 9 Abs. 2 Satz 2 bis 6 gilt entsprechend. Die Aufenthaltszeit des der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis vorangegangenen Asylverfahrens wird abweichend von § 55 Abs. 3 des Asylgesetzes auf die Frist angerechnet. Für Kinder, die vor Vollendung des 18. Lebensjahres nach Deutschland eingereist sind, kann § 35 entsprechend angewandt werden.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen den Widerruf seiner Flüchtlingsanerkennung.

2

Der 1973 geborene Kläger, ein irakischer Staatsangehöriger, reiste im Mai 1998 nach Deutschland ein und beantragte Asyl. Mit Bescheid vom 23. Juli 1998 stellte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (jetzt: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) - Bundesamt - fest, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen.

3

Im Juni 2008 fragte das Bundesamt bei der Landeshauptstadt München an, ob beim Kläger die Voraussetzungen für die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis vorlägen. Das verneinte die Ausländerbehörde, da der Kläger Sozialhilfe beziehe und straffällig geworden sei.

4

Im November 2008 leitete das Bundesamt wegen der veränderten Verhältnisse im Irak ein Widerrufsverfahren ein und gab dem Kläger im Januar 2009 Gelegenheit zur Stellungnahme. Der Kläger wies im April 2009 darauf hin, dass ihm bei Rückkehr in den Irak asylrelevante Verfolgung durch nichtstaatliche Kräfte drohe. Im Übrigen lebe seine gesamte Familie in Deutschland. Er habe keinerlei Beziehungen mehr zum Irak, sondern sei in Deutschland sozialisiert und Teil dieser Gesellschaft.

5

Mit Bescheid vom 2. Juli 2009 widerrief das Bundesamt die Feststellung zu § 51 Abs. 1 AuslG und stellte fest, dass Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG nicht vorliegen. Der Begründung des Bescheids ist zu entnehmen, dass der Widerruf auf § 73 Abs. 1 Satz 1 und 2 AsylVfG gestützt wurde; Ermessenserwägungen enthält der Bescheid nicht.

6

Die dagegen erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht München abgewiesen. Mit Urteil vom 21. März 2011 hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt: Rechtsgrundlage des Widerrufs sei § 73 Abs. 1 AsylVfG. Danach sei der Widerruf gerechtfertigt, denn die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft lägen beim Kläger nicht mehr vor. Ihm drohe auch keine Verfolgung aus anderen Gründen. Der Widerruf sei nicht schon deshalb aufzuheben, weil er erst nach Ablauf der Frist des § 73 Abs. 7 AsylVfG erfolgt sei. § 73 Abs. 7 AsylVfG enthalte einen Prüfungsauftrag für das Bundesamt und keine Entscheidungsfrist wie § 48 Abs. 4 VwVfG. Zudem dürfe derjenige, bei dem die Erstüberprüfung versäumt worden sei, nicht besser dastehen als derjenige, bei dem diese zu keinem Widerruf geführt habe. Auch die Voraussetzungen des § 73 Abs. 2a Satz 4 AsylVfG mit der Folge eines Übergangs zur Ermessensentscheidung seien nicht erfüllt, denn eine vorangehende Prüfung, aufgrund derer ein Widerruf nicht erfolgt sei, habe nicht stattgefunden. Der bloße Fristablauf könne nicht mit einer abgeschlossenen Negativprüfung gleichgesetzt werden. Der Kläger genieße weder unionsrechtlichen noch nationalen Abschiebungsschutz.

7

Der Kläger wendet sich mit der Revision nur noch gegen den Widerruf der Flüchtlingsanerkennung. Dieser sei wegen fehlender Ermessensausübung rechtswidrig. Versäume das Bundesamt eine fristgerechte Entscheidung, sei dies einer Negativentscheidung gleichzustellen. Denn die Frist des § 73 Abs. 2a Satz 1 AsylVfG liege nicht nur im öffentlichen, sondern auch im individuellen Interesse des Flüchtlings. Wegen der fehlenden Ermessensentscheidung sei der Widerrufsbescheid aufzuheben.

8

Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung. Die in § 73 Abs. 2a und Abs. 7 AsylVfG bestimmte Frist beziehe sich nur auf die Anfangsprüfung, ob überhaupt ein Widerrufsverfahren einzuleiten sei. Der Gesetzgeber habe eine Prüfungs- und keine Entscheidungsfrist gesetzt. Darüber hinaus bestehe die Pflicht zum Widerruf allein im öffentlichen Interesse, denn mit der Gesetzesänderung sei eine Effektivierung der Widerrufsvorschriften beabsichtigt gewesen.

9

Der Vertreter des Bundesinteresses hat sich am Verfahren beteiligt und verteidigt das angefochtene Urteil. Mit der Regelüberprüfungsfrist hätten den betroffenen Ausländern keine subjektiven Rechte eingeräumt werden sollen. Die Regelung habe ausweislich der Gesetzesbegründung nur eine innerbehördliche verfahrensleitende Bedeutung. Sie diene der Beschleunigung des Asylverfahrens, nicht jedoch integrationspolitischen Zwecken. Da dem Bundesamt für die Prüfung ein Zeitraum von drei Jahren nach Unanfechtbarkeit der Anerkennung zuzüglich eines angemessenen Prüfungszeitraums zustehe, müsse dies für die Frist des § 73 Abs. 7 AsylVfG in gleicher Weise gelten. Der Widerruf sei nur zweieinhalb Monate nach der Stellungnahme des Klägers ergangen.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Anfechtungsklage gegen den Widerruf der Flüchtlingsanerkennung ohne Verletzung revisiblen Rechts abgewiesen. Er ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Widerruf nicht schon deshalb aufzuheben ist, weil das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - Bundesamt - die Frist des § 73 Abs. 2a Satz 1, Abs. 7 AsylVfG versäumt hat (1.). Infolge der Fristversäumung ist der Widerruf auch nicht in eine Ermessensentscheidung umgeschlagen (2.). Neben den Fristbestimmungen in § 73 Abs. 2a Satz 1 und Abs. 7 AsylVfG ist die Jahresfrist nach § 49 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 48 Abs. 4 VwVfG nicht anwendbar (3.). Schließlich hat der Verwaltungsgerichtshof in revisionsgerichtlich nicht zu beanstandender Weise das Vorliegen der materiellen Widerrufsvoraussetzungen gemäß § 73 Abs. 1 Satz 1 und 2 AsylVfG bejaht (4.).

11

Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung des angefochtenen Widerrufs ist § 73 AsylVfG in der seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19. August 2007 (BGBl I S. 1970) - Richtlinienumsetzungsgesetz - am 28. August 2007 geltenden Fassung (Bekanntmachung der Neufassung des Asylverfahrensgesetzes vom 2. September 2008, BGBl I S. 1798). Nach § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG sind die Anerkennung als Asylberechtigter und die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft unverzüglich zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen für sie nicht mehr vorliegen. Dies ist gemäß Satz 2 der Vorschrift insbesondere der Fall, wenn der Ausländer nach Wegfall der Umstände, die zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft geführt haben, es nicht mehr ablehnen kann, den Schutz des Staates in Anspruch zu nehmen, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt. Nach Absatz 2a der Vorschrift hat die Prüfung, ob die Voraussetzungen u.a. für einen Widerruf nach Absatz 1 vorliegen, spätestens nach Ablauf von drei Jahren nach Unanfechtbarkeit der Entscheidung zu erfolgen (Satz 1). Das Ergebnis ist der Ausländerbehörde mitzuteilen (Satz 2). Ist nach der Prüfung ein Widerruf oder eine Rücknahme nicht erfolgt, steht eine spätere Entscheidung nach Absatz 1 oder Absatz 2 im Ermessen, es sei denn, der Widerruf oder die Rücknahme erfolgt, weil die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder des § 3 Abs. 2 vorliegen (Satz 4). Gemäß Absatz 7 hat die Prüfung nach Absatz 2a Satz 1 spätestens bis zum 31. Dezember 2008 zu erfolgen, wenn - wie hier - die Entscheidung über den Asylantrag vor dem 1. Januar 2005 unanfechtbar geworden ist.

12

1. Das Berufungsgericht ist zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass der Widerruf der Flüchtlingsanerkennung im Bescheid vom 2. Juli 2009 in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden ist. Dem Kläger ist gemäß § 73 Abs. 4 Satz 1 AsylVfG schriftlich mitgeteilt worden, dass wegen der Änderung der Sachlage im Irak ein Widerrufsverfahren eingeleitet wurde, und er hatte ausreichend Gelegenheit zur Stellungnahme. Ob der Widerrufsbescheid unverzüglich erfolgt ist, kann dahinstehen, da der Kläger sich auf diese rein objektivrechtliche Voraussetzung nicht zu berufen vermag (Urteile vom 1. November 2005 - BVerwG 1 C 21.04 - BVerwGE 124, 277 <291> und vom 20. März 2007 - BVerwG 1 C 21.06 - BVerwGE 128, 199 Rn. 18; stRspr). Der Widerrufsbescheid ist auch nicht deshalb aufzuheben, weil das Bundesamt nicht innerhalb der Frist des § 73 Abs. 2a Satz 1, Abs. 7 AsylVfG entschieden hat (1.1). Denn auch diese Fristbestimmung ist rein objektivrechtlicher Natur im Sinne einer Ordnungsvorschrift, so dass ein Versäumen der Frist nicht die Rechtswidrigkeit eines (verspäteten) Widerrufs zur Folge hat (1.2).

13

1.1 Das Bundesamt hat die in § 73 Abs. 2a Satz 1, Abs. 7 AsylVfG enthaltene Prüfungsfrist versäumt. Die Verpflichtung, die Widerrufs- und Rücknahmevoraussetzungen innerhalb der vom Gesetzgeber gesetzten Frist zu prüfen, umfasst entgegen der Auffassung der Beklagten nicht nur eine erste Vorprüfung, ob ein Verfahren eingeleitet wird. Vielmehr muss mit Blick auf die Absicht des Gesetzgebers, die asylverfahrensrechtlichen Vorschriften über Widerruf und Rücknahme in der Praxis durch Einführung einer Überprüfungspflicht von Amts wegen an Bedeutung gewinnen zu lassen (BTDrucks 15/420 S. 107, 112), die Prüfung der Widerrufs- und Rücknahmevoraussetzungen innerhalb der gesetzlichen Frist auch tatsächlich abgeschlossen werden. Die Prüfung ist nach Sinn und Zweck der auf Effektivierung zielenden Regelung aber erst beendet mit einer Negativmitteilung gemäß § 73 Abs. 2a Satz 2 AsylVfG an die Ausländerbehörde oder dem Erlass eines Widerrufsbescheids. An der bisherigen Rechtsprechung, nach der dem Bundesamt über die gesetzliche Frist hinaus noch ein angemessener Prüfungszeitraum zusteht (Urteil vom 12. Juni 2007 - BVerwG 10 C 24.07 - Buchholz 402.25 § 73 AsylVfG Nr. 28 Rn. 15; zuletzt Urteil vom 1. März 2012 - BVerwG 10 C 9.11 - Rn. 8 f.), hält der Senat nicht länger fest.

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1.2 Die Versäumung der Prüfungsfrist führt aber nicht zur Rechtswidrigkeit des Widerrufs. In der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 73 AsylVfG ist offengeblieben, ob die Dreijahresfrist des § 73 Abs. 2a AsylVfG (bzw. die Übergangsfrist für Altanerkennungen in § 73 Abs. 7 AsylVfG) ausschließlich öffentlichen Interessen oder (zumindest auch) dem individuellen Interesse des anerkannten Asylberechtigten oder Flüchtlings dient (vgl. Urteile vom 1. November 2005 a.a.O. S. 292; vom 20. März 2007 a.a.O. Rn. 17 und vom 12. Juni 2007 a.a.O. Rn. 11). Der erkennende Senat entscheidet diese Frage nunmehr dahin, dass die Verpflichtung, die Widerrufs- und Rücknahmevoraussetzungen gerade auch innerhalb des gesetzlich vorgegebenen Zeitraums zu prüfen, insoweit dem Bundesamt ausschließlich im öffentlichen Interesse an der alsbaldigen Entscheidung über den Fortbestand der Asylberechtigung bzw. des Flüchtlingsstatus auferlegt ist und ein Verstoß gegen diesen Prüfungsauftrag einen verspäteten Widerruf nicht ausschließt. Das ergibt sich aus den Materialien des Zuwanderungsgesetzes, in denen die zum 1. Januar 2005 neu eingeführte Dreijahresfrist zur obligatorischen Überprüfung der Widerrufs- oder Rücknahmevoraussetzungen durch das Bundesamt als Maßnahme zur Beschleunigung des Asylverfahrens bezeichnet wird (BTDrucks 15/420 S. 107). Wie bereits ausgeführt wollte der Gesetzgeber damit erreichen, dass die Vorschriften über den Widerruf und die Rücknahme, die in der Praxis bislang weitgehend leergelaufen sind, an Bedeutung gewinnen (BTDrucks 15/420 S. 112). Die Effektivierung der Rechtsgrundlagen für die Aufhebung der Asyl- bzw. Flüchtlingsanerkennung dient jedoch - wie auch das Gebot der Unverzüglichkeit - nicht den Interessen der Statusinhaber (Hailbronner, AuslR, Stand: August 2008, B 2 § 73 AsylVfG Rn. 93; Bergmann, in: Renner, AuslR, 9. Aufl. 2011, § 73 AsylVfG Rn. 29; Wolff, in: Hofmann/Hoffmann, HK-AuslR, 2008, § 73 AsylVfG Rn. 41; VGH Kassel, Beschluss vom 1. August 2005 - 7 UE 1364/05.A - InfAuslR 2005, 491).

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Dabei verkennt der Senat nicht, dass die Mitteilung des Bundesamts an die Ausländerbehörde gemäß § 73 Abs. 2a Satz 2 AsylVfG, die Voraussetzungen für den Widerruf oder die Rücknahme lägen nicht vor, eine Tatbestandsvoraussetzung für einen Anspruch auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis gemäß § 26 Abs. 3 AufenthG bildet. Diese aufenthaltsrechtliche Folge knüpft aber nicht an den bloßen Ablauf der asylverfahrensrechtlichen Überprüfungsfrist an, sondern erst an die Negativmitteilung als eine der möglichen Entscheidungen des Bundesamts nach Abschluss seiner obligatorischen Prüfung. Allein der Regelungszusammenhang des § 73 Abs. 2a und Abs. 7 AsylVfG mit § 26 Abs. 3 AufenthG bietet daher noch keinen Anhaltspunkt für ein subjektives Recht auf fristgerechte Prüfung gegenüber der Beklagten (a.A. VG Köln, Urteil vom 10. Juni 2005 - 18 K 4074/04.A - NVwZ-RR 2006, 67 <73>). Auch wenn der Asylberechtigte oder Flüchtling gegenüber der Beklagten kein subjektives Recht auf fristgerechte Prüfung der Widerrufs- und Rücknahmevoraussetzungen durch das Bundesamt hat, ist er - entgegen der Annahme der Revision - im Falle einer Untätigkeit des Bundesamts nicht rechtlos gestellt: Hat das Bundesamt innerhalb der Dreijahresfrist weder eine Negativmitteilung an die Ausländerbehörde übermittelt noch die Anerkennung widerrufen oder zurückgenommen, kann der Betroffene bei der Ausländerbehörde eine Niederlassungserlaubnis gemäß § 26 Abs. 3 AufenthG beantragen. Sollte eine Nachfrage beim Bundesamt ohne Rückmeldung bleiben, ist es der Ausländerbehörde allerdings verwehrt, dem Antrag stattzugeben. Der Ausländer kann aber auf Erteilung der Niederlassungserlaubnis klagen; zu dem Verfahren wird die Bundesrepublik Deutschland als Trägerin des Bundesamts beizuladen sein. Kommt das Bundesamt auch während dieses aufenthaltsrechtlichen Klageverfahrens seiner gesetzlichen Überprüfungspflicht nicht nach, hat das Gericht inzident zu prüfen, ob die Voraussetzungen für einen Widerruf oder eine Rücknahme der Asyl- bzw. Flüchtlingsanerkennung vorliegen, und es muss gegebenenfalls die Negativmitteilung des Bundesamts ersetzen. Auf diese Weise kann die vom Gesetzgeber beabsichtigte Verbesserung der aufenthaltsrechtlichen Stellung von Asylberechtigten und anerkannten Flüchtlingen (vgl. BTDrucks 15/420 S. 80 zu § 26 Abs. 3 AufenthG) auch dann durchgesetzt werden, wenn das Bundesamt seiner behördeninternen Mitwirkungspflicht nicht (rechtzeitig) nachkommen sollte.

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2. Die Versäumung der in § 73 Abs. 2a Satz 1, Abs. 7 AsylVfG geregelten Prüfungsfrist hat auch nicht zur Folge, dass der gemäß § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG gebundene Widerruf in eine Ermessensentscheidung umgeschlagen ist. Das ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 73 Abs. 2a Satz 1 AsylVfG, der für die von Amts wegen gebotene Prüfung mit der Formulierung, "ob die Voraussetzungen für einen Widerruf nach Absatz 1 oder eine Rücknahme nach Absatz 2 vorliegen", auf Befugnisnormen verweist, die dem Bundesamt kein behördliches Ermessen einräumen. Zudem knüpft § 73 Abs. 2a Satz 4 AsylVfG den Übergang zu einer Ermessensentscheidung nicht an den bloßen Zeitablauf von drei Jahren, sondern verlangt dafür eine vorherige sachliche Prüfung und Verneinung der Widerrufs- oder Rücknahmevoraussetzungen seitens des Bundesamtes durch eine formalisierte Negativentscheidung (Urteile vom 20. März 2007 a.a.O. Rn. 15; vom 25. November 2008 - BVerwG 10 C 53.07 - Buchholz 402.25 § 73 AsylVfG Nr. 31 Rn. 13 und vom 1. Juni 2011 - BVerwG 10 C 25.10 - BVerwGE 140, 22 Rn. 16; Beschlüsse vom 27. November 2007 - BVerwG 10 B 86.07 - juris Rn. 9 und vom 7. Februar 2008 - BVerwG 10 C 33.07 - Buchholz 451.902 Europ. Ausl.- u. Asylrecht Nr. 19 Rn. 14). Die gesetzliche Regelung ist mehrtaktig angelegt: Erst nach negativem Abschluss der von Amts wegen gebotenen Widerrufs- und Rücknahmeprüfung steht in einem späteren Widerrufs- oder Rücknahmeverfahren die Aufhebungsentscheidung im Ermessen des Bundesamts, wenn nicht die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 AufenthG oder des § 3 Abs. 2 AsylVfG vorliegen.

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3. Die im Verwaltungsverfahrensgesetz geregelte Jahresfrist für den Widerruf von Verwaltungsakten (§ 49 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 48 Abs. 4 VwVfG) findet auf den angefochtenen Bescheid keine Anwendung. Die bereichsspezifische Fristenregelung für den Widerruf und die Rücknahme von Asyl- und Flüchtlingsanerkennungen durch das Bundesamt in § 73 Abs. 2a Satz 1 und Abs. 7 AsylVfG verdrängt diese allgemeinen verwaltungsverfahrensrechtlichen Fristbestimmungen. Nach Einführung des § 73 Abs. 2a AsylVfG zum 1. Januar 2005 hat das Bundesverwaltungsgericht bereits entschieden, dass die Jahresfrist nach § 48 Abs. 4 VwVfG jedenfalls in den Fällen keine Anwendung findet, in denen die Asyl- oder Flüchtlingsanerkennung innerhalb der Dreijahresfrist nach Unanfechtbarkeit der Anerkennungsentscheidung widerrufen wird (Urteil vom 12. Juni 2007 a.a.O. Rn. 14 f.). Die bisher offengelassene Frage, ob dies auch für den Widerruf von Asyl- und Flüchtlingsanerkennungen nach Ablauf der Dreijahresfrist gilt, bejaht der Senat nunmehr.

18

Zu der vor Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes am 1. Januar 2005 geltenden Regelung des § 73 Abs. 1 und 2 AsylVfG hat das Bundesverwaltungsgericht ausgeführt, dass die Bestimmungen des allgemeinen Verwaltungsrechts neben den spezialgesetzlichen Regelungen in § 73 AsylVfG anwendbar sind, soweit diese Raum dafür lassen (Urteil vom 19. September 2000 - BVerwG 9 C 12.00 - BVerwGE 112, 80 <88>). Jedenfalls seit Einführung der Dreijahresfrist ist das hinsichtlich der Jahresfrist des § 48 Abs. 4, § 49 Abs. 2 Satz 2 VwVfG nicht der Fall. Denn der Gesetzgeber hat dem Bundesamt einen bestimmten, auf die Besonderheiten des Asyl- und Ausländerrechts abgestimmten zeitlichen Rahmen vorgegeben, der nach dem Sinn und Zweck der Regelung erkennbar abschließend ist und nicht durch weitere (allgemeine) Fristen verengt werden soll. Dafür spricht auch die bereits erwähnte Absicht des Gesetzgebers, die Vorschriften über den Widerruf und die Rücknahme in der Praxis an Bedeutung gewinnen zu lassen. Mit diesem Anliegen wäre eine neben der Dreijahresfrist vom Bundesamt zusätzlich zu beachtende Ausschlussfrist von einem Jahr schwerlich vereinbar. Im Übrigen genießt ein anerkannter Asylberechtigter oder Flüchtling nach Wegfall der Anerkennungsvoraussetzungen und Vorliegen materieller Erlöschens- oder Widerrufsgründe auch völker- oder unionsrechtlich grundsätzlich kein schutzwürdiges Vertrauen auf Aufrechterhaltung seines formellen Asyl- bzw. Flüchtlingsstatus, denn mit dem Widerruf wird nicht zugleich über seinen weiteren Aufenthalt entschieden. Damit fehlt ein Anknüpfungspunkt für die Anwendung des § 49 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 48 Abs. 4 VwVfG, denn im System der verwaltungsverfahrensrechtlichen Regelungen über die Aufhebung von Verwaltungsakten ist auch die Fristregelung Ausdruck des Vertrauensschutzes (vgl. Urteil vom 27. April 2006 - BVerwG 3 C 23.05 - BVerwGE 126, 7 <14>).

19

4. Der Verwaltungsgerichtshof hat das Vorliegen der materiellen Widerrufsvoraussetzungen gemäß § 73 Abs. 1 Satz 1 und 2 AsylVfG in revisionsgerichtlich nicht zu beanstandender Weise bejaht.

20

Mit § 73 Abs. 1 Satz 2 AsylVfG hat der Gesetzgeber die unionsrechtlichen Vorgaben aus Art. 11 Abs. 1 Buchst. e und f der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl EU Nr. L 304 vom 30. September 2004 S. 12; berichtigt ABl EU Nr. L 204 vom 5. August 2005 S. 24) über das Erlöschen der Flüchtlingseigenschaft nach Wegfall der die Anerkennung begründenden Umstände umgesetzt. Daher sind die Widerrufsvoraussetzungen in § 73 Abs. 1 Satz 1 und 2 AsylVfG unionsrechtskonform im Sinne der entsprechenden Bestimmungen der Richtlinie, die sich ihrerseits an Art. 1 C Nr. 5 und 6 der Genfer Flüchtlingskonvention - GFK - orientieren, und der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) in seinem Grundsatzurteil vom 2. März 2010 (Rs. C-175/08 u.a., Abdulla u.a. - NVwZ 2010, 505) auszulegen. Dies gilt auch für Fälle, in denen die zugrunde liegenden Schutzanträge - wie hier - vor dem Inkrafttreten der Richtlinie gestellt worden sind (vgl. Urteil vom 24. Februar 2011 - BVerwG 10 C 3.10 - BVerwGE 139, 109 Rn. 9).

21

Der Widerruf der Flüchtlingsanerkennung nach § 73 Abs. 1 Satz 1 und 2 AsylVfG setzt demzufolge voraus, dass in Anbetracht einer erheblichen und nicht nur vorübergehenden Veränderung der Umstände im Herkunftsland diejenigen Umstände weggefallen sind, aufgrund derer der Betreffende begründete Furcht vor Verfolgung hatte und als Flüchtling anerkannt worden war. Eine erhebliche Veränderung der verfolgungsbegründenden Umstände liegt vor, wenn sich die tatsächlichen Verhältnisse im Herkunftsland deutlich und wesentlich geändert haben. Durch neue Tatsachen muss sich eine signifikant und entscheidungserheblich veränderte Grundlage für die Verfolgungsprognose ergeben, so dass keine beachtliche Wahrscheinlichkeit einer Verfolgung mehr besteht. Dauerhaft ist eine Veränderung, wenn eine Prognose ergibt, dass sich die Änderung der Umstände als stabil erweist, d.h. der Wegfall der verfolgungsbegründenden Faktoren auf absehbare Zeit anhält (Urteile vom 24. Februar 2011 a.a.O. Rn. 14 ff. und vom 1. Juni 2011 a.a.O. Rn. 19 ff.). Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in der angefochtenen Entscheidung an den genannten Maßstäben orientiert. Er ist aufgrund der von ihm getroffenen tatsächlichen Feststellungen zu Recht davon ausgegangen, dass dem Kläger wegen seiner illegalen Ausreise aus dem Irak und seinem Verbleib im Ausland keine Verfolgung mehr droht und sich diese veränderte Sachlage infolge des Sturzes von Saddam Hussein und seines Systems als stabil erweist.

22

Der Widerruf der Flüchtlingsanerkennung setzt neben dem Wegfall der der Anerkennung zugrunde liegenden Verfolgungsgefahr weiter voraus, dass der Betreffende auch nicht wegen anderer Umstände begründete Furcht vor Verfolgung hat. Auch das hat das Berufungsgericht geprüft und sich unter ausführlicher Verarbeitung von aktuellem Quellenmaterial die Überzeugung gebildet, dass der Kläger im Irak mangels dafür ausreichender Verfolgungsdichte keiner Gruppenverfolgung als Sunnit ausgesetzt ist. Das wird von der Revision nicht gerügt und ist revisionsgerichtlich auch nicht zu beanstanden.

(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er

1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat;
2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren;
3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
In den Fällen des Satzes 3 wird der Verwaltungsakt in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen.

(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.

(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.

(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.

(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.

(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.

(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.

(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.

(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.

(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.

(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nummer 2 insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Satz 1 Nummer 3 gilt bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern nicht für die Rücknahme des Asylantrags oder den Verzicht auf die Antragstellung, wenn die Rücknahme oder der Verzicht auf das Stellen eines Asylantrags im Interesse des Kindeswohls erfolgte. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist einem Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, die Erwerbstätigkeit erlaubt.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) In Klageverfahren nach dem Asylgesetz beträgt der Gegenstandswert 5 000 Euro, in den Fällen des § 77 Absatz 4 Satz 1 des Asylgesetzes 10 000 Euro, in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes 2 500 Euro. Sind mehrere natürliche Personen an demselben Verfahren beteiligt, erhöht sich der Wert für jede weitere Person in Klageverfahren um 1 000 Euro und in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes um 500 Euro.

(2) Ist der nach Absatz 1 bestimmte Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig, kann das Gericht einen höheren oder einen niedrigeren Wert festsetzen.