Verwaltungsgericht Düsseldorf Urteil, 04. Apr. 2014 - 21 K 3716/12
Gericht
Tenor
Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden, trägt die Klägerin zu 30 % und der Beklagte zu 70 %.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin beantragte am 30. September 2008 erstmals erfolglos Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz (UVG) für ihren am 0.0.2006 geborenen Sohn. Der niederländische Vater des Kindes zahlte nach Angaben seines Anwaltes in einem Schreiben vom 5. März 2007 bis Dezember 2006 Unterhalt und stellte die Zahlungen ab Januar 2007 ein. Die Klägerin hat im Wege einer einstweiligen Anordnung (Beschluss des Amtsgerichts L. , Familiengericht vom 4. April 2008 – 00 F 00/08 -) einen Unterhaltstitel für ihren Sohn in Höhe von 202,-- Euro monatlich ab Februar 2008 erstritten, das Verfahren dann aber nicht weiter geführt. Auch später beim Beklagten gestellte Anträge auf Bewilligung von Unterhaltsvorschussleistungen waren erfolglos.
3Die Klägerin arbeitete ab dem 12. Dezember 2009 in den Niederlanden, wohnte aber mit ihrem Sohn weiterhin in U. . Am 31. Januar 2012 beantragte die Klägerin schriftlich per Telefax, im Übrigen formlos erneut Leistungen nach dem UVG. Ein Antragsformular wurde vom Beklagten am 1. Februar 2012 zur Post gegeben und ging am 20. März 2012 ausgefüllt beim Beklagten wieder ein. Mit Bescheid vom 3. April 2012 bewilligte der Beklagte für den Sohn der Klägerin Leistungen nach dem UVG ab dem 1. März 2012 in Höhe von 133,‑ Euro sowie ab dem 1. April 2012 in Höhe von 180,‑ Euro. Bei der Berechnung zog der Beklagte vom zugrunde zu legenden Mindestunterhalt Kindergeld in der nach dem Einkommensteuergesetz (EStG) zu gewährenden Höhe ab. Am 2. Mai 2012 wies die Klägerin telefonisch darauf hin, dass für ihren Sohn niederländisches Kindergeld in geringerer Höhe gezahlt werde. Dazu legte sie der Beklagten einen Bescheid der Familienkasse vom 30. Juni 2010 vor, mit dem die Festsetzung des (deutschen) Kindergeldes ab Januar 2010 aufgehoben wurde. Zur Begründung wurde ausgeführt: Die Klägerin sei in das soziale Sicherungssystem in den Niederlanden integriert und unterliege nach den zu beachtendeneuroparechtlichen Bestimmungen den Rechtsvorschriften dieses Staates. Die Gewährung von deutschem Kindergeld sei deshalb gemäß § 65 Abs. 1 Nr. 2 EStG ausgeschlossen. Zudem legte die Klägerin ein Schreiben der Sociale Verzekeringsbank in O. vom 7. Mai 2012 vor. Darin wird bestätigt, dass die Klägerin Anspruch auf niederländisches Kindergeld hat, weil sie seit dem 12. Dezember 2009 in den Niederlanden arbeitet. Für das erste Quartal 2012 wurden ausweislich des Schreibens insgesamt 442,82 Euro (Kindergeld und Kinderzuschlag) ausgezahlt.
4Die Klägerin hat am 3. Mai 2012 Klage erhoben, zu deren Begründung sie vorträgt: Sie begehre Leistungen nach dem UVG ab dem frühest möglichen Zeitpunkt und in anderer Höhe. Anstatt des deutschen Kindergeldes sei das tatsächlich ausgezahlte niederländische Kindergeld zu berücksichtigen.
5In der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 3. April 2014 Unterhaltsvorschussleistungen für den Sohn der Klägerin auch für die Monate Januar und Februar 2012 in Höhe von 133,-- Euro bewilligt. Insoweit haben die Beteiligten Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt.
6Die Klägerin beantragt nunmehr noch,
7den Beklagten zu verpflichten, ihr für ihren Sohn unter teilweiser Abänderung des Bescheides vom 3. April 2012 in der Gestalt wie er in der mündlichen Verhandlung von heute Inhalt gefunden hat, Leistungen nach dem UVG bereits ab dem 1. Januar 2012 in Höhe von mehr als 133,-- Euro und ab dem 1. April 2012 in Höhe von mehr als 180,‑ Euro zu bewilligen.
8Der Beklagte beantragt,
9die Klage abzuweisen.
10Er trägt vor: Unterhaltsvorschuss sei ab dem Monat bewilligt worden, in dem der Antrag eingegangen sei. Voraussetzung für eine rückwirkende Bewilligung seien Bemühungen des Berechtigten, den anderen Elternteil zu Unterhaltszahlungen zu veranlassen. Derartige Bemühungen der Klägerin seien hier nicht ersichtlich. Die Klägerin habe weder die zwangsweise Beitreibung des im Wege einer einstweiligen Anordnung titulierten Anspruchs gegen den Kindesvater auf Unterhaltsleistungen in Höhe von 202,‑ Euro versucht noch das Hauptsacheverfahren in der Unterhaltssache weiter betrieben. Gemäß Punkt 2.3 der Richtlinien zur Durchführung des UVG betrage der Anrechnungsbetrag gemäß § 2 Abs. 2 UVG auch bei grenzüberschreitenden Sachverhalten stets das gesamte deutsche Erstkindergeld.
11Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs sowie auf den Inhalt der Gerichtsakte 21 K 749/14 nebst Verwaltungsvorgang verwiesen.
12Entscheidungsgründe:
13Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, war das Verfahren einzustellen. Im Übrigen hat die Klage keinen Erfolg.
14Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist die Klägerin als alleinerziehender Elternteil berechtigt, den Anspruch ihres Kindes auf Leistungen nach dem UVG im eigenen Namen geltend zu machen.
15Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 4. Februar 2003 – 16 A 1387/01 -, juris; ständige Rspr. der Kammer, vgl. nur VG Düsseldorf, Urteil vom 18. Juli 2013 – 21 K 3006/12 -.
16Die Klage ist jedoch unbegründet.
17Der Bescheid des Beklagten vom 3. April 2012 in der Gestalt wie er in der mündlichen Verhandlung vom 4. April 2014 Inhalt gefunden hat, ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 und 5 VwGO). Die Klägerin hat keinen Anspruch auf zusätzliche Bewilligung von Leistungen nach dem UVG in Höhe der Differenz zwischen deutschem und niederländischem Kindergeld für den Zeitraum vom 1. Januar 2012 bis zum 3. April 2012.
18Dass die Klägerin die Anspruchsvoraussetzungen des § 1 UVG erfüllt, ist unstreitig.
19Die mit dem streitgegenständlichen Bescheid bewilligten Unterhaltsvorschussleistungen sind der Höhe nach rechtmäßig. Die vom Beklagten in dem Bescheid dargelegte Berechnung ist nach den Vorgaben des § 2 UVG nicht zu beanstanden. Insbesondere hat der Beklagte zu Recht einen Abzug in Höhe des nach § 66 EStG zu zahlenden Kindergeldes von 184,-- Euro vorgenommen. Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 UVG mindert sich die Unterhaltsleistung um das für ein erstes Kind zu zahlende Kindergeld nach § 66 EStG, wenn der Elternteil, bei dem der Berechtigte lebt, für den Berechtigten Anspruch auf volles Kindergeld nach EStG hat.
20Die Klägerin ist nach den nationalen Regelungen Deutschlands für ihren Sohn nach §§ 62 Abs. 1 Nr. 1, 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 32 Abs. 1 EStG kindergeldberechtigt. Die Klägerin hat ihren Wohnsitz in Deutschland. Ihr Sohn ist mit ihr im ersten Grad verwandt.
21Der inländische Kindergeldanspruch der Klägerin wird auch nicht durch unionsrechtliche Regelungen ausgeschlossen. Er ist allerdings nach den hier anzuwendenden unionsrechtlichen Regelungen bis zur Höhe des nach niederländischem Recht vorgesehenen Betrages der Familienleistungen ausgesetzt.
22Ab dem 1. Mai 2010 und damit für den hier streitbefangenen Zeitraum koordiniert beim Zusammentreffen der nationalen (Kindergeld-) Ansprüche zweier EU-Mitgliedstaaten die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 (VO (EG) Nr. 883/2004) die Systeme der sozialen Sicherheit der Mitgliedsstaaten.
23Die Klägerin unterfällt als deutsche Staatsangehörige mit Wohnsitz in Deutschland dem persönlichen Anwendungsbereich der VO (EG) Nr. 883/2004 (Art. 2 Abs. 1). Auch der sachliche Anwendungsbereich ist eröffnet, denn die VO (EG) Nr. 883/2004 gilt nach Art. 3 Abs. 1 Buchstabe j) unter anderem für Familienleistungen. Familienleistungen sind nach Art. 1 Buchstabe z) der VO (EG) Nr. 883/2004 alle Sach- oder Geldleistungen zum Ausgleich von Familienlasten, mit Ausnahme von Unterhaltsvorschüssen und besonderen Geburts- und Adoptionsbeihilfen. Neben dem deutschen Kindergeld sind dazu auch das niederländische Kindergeld sowie die nach niederländischem Recht vorgesehene einkommensabhängige kinderbezogene Beihilfe,
24vgl. dazu Europäische Kommission, Ihre Rechte der sozialen Sicherheit in den Niederlanden, Stand: Juli 2013,
25zu zählen.
26Vgl. etwa Bundesfinanzhof (BFH), Urteil vom 18. Juli 2013 – III R 71/11 -, juris; Finanzgericht (FG) Köln, Urteil vom 31. Januar 2013 – 15 K 2058/09 -, juris.
27Nach Art. 11 Abs. 3 Buchstabe a) der VO (EG) Nr. 883/2004 unterliegt die Klägerin, die in den Niederlanden eine Beschäftigung ausübte, allein den Rechtsvorschriften der Niederlande. Daneben ist auch der deutsche, durch den Wohnort ausgelöste Kindergeldanspruch zu berücksichtigen, der ohne Vermittlung von Europarecht allein durch nationales Recht eingeräumt wird. Die sich aus dem deutschen Recht ergebende Anspruchsberechtigung entfällt nicht dadurch, dass eine Person gemäß Art. 11 ff der VO (EG) Nr. 883/2004 nicht den deutschen Rechtsvorschriften, sondern nur – wie hier – den Vorschriften eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union unterliegt.
28Vgl. BFH, Urteil vom 16. Mai 2013 – III R 8/11 – juris noch zur Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 als Reaktion auf Europäischer Gerichtshof (EuGH), Urteile vom 20. Mai 2008 – C-352/06 – „Bosmann“ und vom 12. Juni 2012 – C-611/10 und C-612/10- „Hudzinski und Wawrzyniak“, jeweils juris.
29Nach Art. 68 Abs. 1 VO (EG) Nr. 883/2004 ist der Anspruch der Klägerin auf niederländische Familienleistungen gegenüber ihrem nationalen deutschen Anspruch auf Kindergeld vorrangig.
30Eine Anspruchskumulierung ist nach Art. 68 VO (EG) Nr. 883/2004 aufzulösen. Danach sind zur Vermeidung grenzüberschreitender Doppelleistungen konkurrierende Kindergeldansprüche wie folgt zu priorisieren: Sind für denselben Zeitraum und für dieselben Familienangehörigen Leistungen nach den Rechtsvorschriften mehrerer EU‑Mitgliedsstaaten zu gewähren, so stehen nach Art. 3 Abs. 1 Buchstabe j) i.V.m. Art. 68 Abs. 1 Buchstabe a) VO (EG) Nr. 883/2004 an erster Stelle die durch eine Beschäftigung oder selbständige Erwerbstätigkeit ausgelösten Ansprüche – hier der unionsrechtlich durch die Erwerbstätigkeit ausgelöste niederländische Kindergeldanspruch der Klägerin. Hiernach folgen von der Priorität die durch den Bezug einer Rente und schließlich die durch den Wohnort ausgelösten Ansprüche – hier der an den Wohnsitz der Klägerin und ihres Sohnes anknüpfende rein deutsche Kindergeldanspruch.
31Dieser nachrangige deutsche Kindergeldanspruch ruht nach Art. 68 Abs. 2 Satz 2, 1. Halbs. VO (EG) Nr. 883/2004 bis zur Höhe der niederländischen Familienleistungen. Hinsichtlich des Differenzbetrages zwischen den deutschen und den niederländischen Familienleistungen kann die Klägerin ihren Anspruch auf deutsches Kindergeld auf Art. 68 Abs. 2 Satz 2, 2. Halbs. VO (EG) Nr. 883/2004 stützen.
32Der Anspruch der Klägerin ist auch nicht nach § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG ausgeschlossen. Danach wird Kindergeld nicht für ein Kind gezahlt, für das eine Leistung, die im Ausland gewährt wird und dem Kindergeld vergleichbar ist, zu zahlen ist. § 65 EStG wird durch die Regelung des Art. 68 VO (EG) Nr. 883/2004 verdrängt.
33Vgl. BFH, Urteil vom 18. Juli 2013 - III R 51/09 -, juris noch zur VO (EWG) Nr. 1408/71; vgl. auch Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 8. Juni 2004 – 2 BvL 5/00 -, juris.
34Die Klägerin ist nach alledem darauf zu verweisen, den hier unterhaltsvorschussrechtlich eingeklagten Differenzbetrag bei der Familienkasse geltend zu machen.
35Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 155 Abs. 1 Satz 1, 161 Abs. 2, 188 Satz 2 Halbs. 1 VwGO. Soweit der Beklagte nach Überprüfung seiner Rechtsauffassung Unterhaltsvorschussleistungen für den Sohn der Klägerin bereits ab Januar 2012 bewilligt hat, sind nach billigem Ermessen die Kosten des Rechtsstreits dem Beklagten aufzuerlegen. Hinsichtlich des weiterhin streitigen Begehrens hat die unterliegende Klägerin die Kosten zu tragen. Hinsichtlich der Bestimmung der Quote hat das Gericht Folgendes berücksichtigt: Die Klägerin begehrte mit ihrer Klage ursprünglich zumindest 375,17 Euro mehr als bewilligt. Die Kammer geht dabei davon aus, dass bei der gerichtlichen Verfolgung eines Leistungsanspruchs nach dem UVG regelmäßig lediglich die Zeit bis zum Erlass des das Verwaltungsverfahren abschließenden Bescheides zum Gegenstand der gerichtlichen Entscheidung gemacht werden kann,
36vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18. Februar 2008 – 16 E 1118/06 -, juris,
37hier also nur die Zeit vom 1. Januar 2012 bis zum Erlass des Bescheides vom 3. April 2012. Zudem hat die Kammer bei der ‑ lediglich für die Bildung der Kostenquote erforderlichen ‑ Berechnung zum Zwecke der Vereinfachung die ersten Tage des Monats April 2012 außer Acht gelassen, die allenfalls mit wenigen Euro hätten berücksichtigt werden müssen. Zugrunde gelegt wurde demnach, dass die Klägerin ursprünglich für den Monat März 2012 den Differenzbetrag zwischen deutschem und niederländischem Kindergeld in Höhe von 36,39 Euro begehrte und für die Monate Januar und Februar 2012 Leistungen nach dem UVG in Höhe von jeweils 133,-- Euro zuzüglich des Differenzbetrages von jeweils 36,39 Euro. Dem sich daraus ergebenden Gesamtbetrag von 375,17 Euro hat die Kammer den Betrag in Höhe von 266,-- Euro
38- in dieser Höhe hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung in Abänderung des Bescheides vom 3. April 2012 für den streitbefangenen Zeitraum zusätzlich Leistungen nach dem UVG bewilligt -
39gegenüber gestellt und daraus näherungsweise die aus dem Tenor ersichtliche Kostenquote gebildet.
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1Kindergeld wird nicht für ein Kind gezahlt, für das eine der folgenden Leistungen zu zahlen ist oder bei entsprechender Antragstellung zu zahlen wäre:
- 1.
Leistungen für Kinder, die im Ausland gewährt werden und dem Kindergeld oder der Kinderzulage aus der gesetzlichen Unfallversicherung nach § 217 Absatz 3 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch in der bis zum 30. Juni 2020 geltenden Fassung oder dem Kinderzuschuss aus der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 270 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch in der bis zum 16. November 2016 geltenden Fassung vergleichbar sind, - 2.
Leistungen für Kinder, die von einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung gewährt werden und dem Kindergeld vergleichbar sind.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Kinder sind
- 1.
im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandte Kinder, - 2.
Pflegekinder (Personen, mit denen der Steuerpflichtige durch ein familienähnliches, auf längere Dauer berechnetes Band verbunden ist, sofern er sie nicht zu Erwerbszwecken in seinen Haushalt aufgenommen hat und das Obhuts- und Pflegeverhältnis zu den Eltern nicht mehr besteht).
(2)1Besteht bei einem angenommenen Kind das Kindschaftsverhältnis zu den leiblichen Eltern weiter, ist es vorrangig als angenommenes Kind zu berücksichtigen.2Ist ein im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandtes Kind zugleich ein Pflegekind, ist es vorrangig als Pflegekind zu berücksichtigen.
(3) Ein Kind wird in dem Kalendermonat, in dem es lebend geboren wurde, und in jedem folgenden Kalendermonat, zu dessen Beginn es das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, berücksichtigt.
(4)1Ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, wird berücksichtigt, wenn es
- 1.
noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet hat, nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht und bei einer Agentur für Arbeit im Inland als Arbeitsuchender gemeldet ist oder - 2.
noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat und - a)
für einen Beruf ausgebildet wird oder - b)
sich in einer Übergangszeit von höchstens vier Monaten befindet, die zwischen zwei Ausbildungsabschnitten oder zwischen einem Ausbildungsabschnitt und der Ableistung des gesetzlichen Wehr- oder Zivildienstes, einer vom Wehr- oder Zivildienst befreienden Tätigkeit als Entwicklungshelfer oder als Dienstleistender im Ausland nach § 14b des Zivildienstgesetzes oder der Ableistung des freiwilligen Wehrdienstes nach § 58b des Soldatengesetzes oder der Ableistung eines freiwilligen Dienstes im Sinne des Buchstaben d liegt, oder - c)
eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann oder - d)
einen der folgenden freiwilligen Dienste leistet: - aa)
ein freiwilliges soziales Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes, - bb)
ein freiwilliges ökologisches Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes, - cc)
einen Bundesfreiwilligendienst im Sinne des Bundesfreiwilligendienstgesetzes, - dd)
eine Freiwilligentätigkeit im Rahmen des Europäischen Solidaritätskorps im Sinne der Verordnung (EU) 2021/888 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2021 zur Aufstellung des Programms für das Europäische Solidaritätskorps und zur Aufhebung der Verordnungen (EU) 2018/1475 und (EU) Nr. 375/2014 (ABl. L 202 vom 8.6.2021, S. 32), - ee)
einen anderen Dienst im Ausland im Sinne von § 5 des Bundesfreiwilligendienstgesetzes, - ff)
einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst „weltwärts“ im Sinne der Förderleitlinie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 1. Januar 2016, - gg)
einen Freiwilligendienst aller Generationen im Sinne von § 2 Absatz 1a des Siebten Buches Sozialgesetzbuch oder - hh)
einen Internationalen Jugendfreiwilligendienst im Sinne der Richtlinie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 4. Januar 2021 (GMBl S. 77) oder
- 3.
wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten; Voraussetzung ist, dass die Behinderung vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten ist.
(5)1In den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 Nummer 1 oder Nummer 2 Buchstabe a und b wird ein Kind, das
- 1.
den gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst geleistet hat, oder - 2.
sich anstelle des gesetzlichen Grundwehrdienstes freiwillig für die Dauer von nicht mehr als drei Jahren zum Wehrdienst verpflichtet hat, oder - 3.
eine vom gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst befreiende Tätigkeit als Entwicklungshelfer im Sinne des § 1 Absatz 1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes ausgeübt hat,
(6)1Bei der Veranlagung zur Einkommensteuer wird für jedes zu berücksichtigende Kind des Steuerpflichtigen ein Freibetrag von 3 012 Euro für das sächliche Existenzminimum des Kindes (Kinderfreibetrag) sowie ein Freibetrag von 1 464 Euro für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes vom Einkommen abgezogen.2Bei Ehegatten, die nach den §§ 26, 26b zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden, verdoppeln sich die Beträge nach Satz 1, wenn das Kind zu beiden Ehegatten in einem Kindschaftsverhältnis steht.3Die Beträge nach Satz 2 stehen dem Steuerpflichtigen auch dann zu, wenn
- 1.
der andere Elternteil verstorben oder nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist oder - 2.
der Steuerpflichtige allein das Kind angenommen hat oder das Kind nur zu ihm in einem Pflegekindschaftsverhältnis steht.
1Kindergeld wird nicht für ein Kind gezahlt, für das eine der folgenden Leistungen zu zahlen ist oder bei entsprechender Antragstellung zu zahlen wäre:
- 1.
Leistungen für Kinder, die im Ausland gewährt werden und dem Kindergeld oder der Kinderzulage aus der gesetzlichen Unfallversicherung nach § 217 Absatz 3 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch in der bis zum 30. Juni 2020 geltenden Fassung oder dem Kinderzuschuss aus der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 270 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch in der bis zum 16. November 2016 geltenden Fassung vergleichbar sind, - 2.
Leistungen für Kinder, die von einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung gewährt werden und dem Kindergeld vergleichbar sind.