Verwaltungsgericht Düsseldorf Beschluss, 25. Juli 2016 - 2 L 2235/16
Gericht
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 5.000,-- Euro festgesetzt.
1
Gründe:
2Der am 17. Juni 2016 bei Gericht eingegangene Antrag,
3den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, der Antragstellerin zum 1. August 2016 (Beginn des Schuljahres 2016/2017) die für ihre Versetzung als Lehrerin an eine Förderschule in Nordrhein-Westfalen, vorrangig an die „H. -Schule“ in E. , erforderliche Freigabeerklärung zu erteilen,
4hat keinen Erfolg.
5Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann eine einstweilige Anordnung zur Sicherung eines Rechts des Antragstellers nur getroffen werden, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung dieses Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach Satz 2 dieser Vorschrift sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig. Hierbei sind gemäß § 123 Abs. 3 VwGO in Verbindung mit § 920 Abs. 2 und § 294 ZPO das Bestehen eines Rechts (Anordnungsanspruch) und die besondere Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) glaubhaft zu machen. Daran fehlt es hier.
6Die Antragstellerin strebt mit ihrem nach dem Wortlaut nicht auf eine vorläufige Maßnahme beschränkten Antrag eine Vorwegnahme der Hauptsache an, weil eine einstweilige Anordnung, mit der der Antragsgegner verpflichtet würde, die Antragstellerin für einen Einsatz an eine der durch die Schulform näher bezeichneten Schule freizugeben, bereits – wenn auch zeitlich begrenzt bis zur Entscheidung in der Hauptsache – ihr genau die Rechtsposition vermitteln würde, die sie in der Hauptsache erreichen möchte. Zur Umsetzung ihres „Einsatzwunsches“ muss die Antragstellerin schon jetzt ihre Versetzung anstreben. Eine Anordnung solchen Inhalts würde aber eine mit Sinn und Zweck einer einstweiligen Anordnung regelmäßig nicht zu vereinbarende und somit unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache beinhalten. Im Hinblick auf die Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG ist eine Vorwegnahme der grundsätzlich dem Hauptsacheverfahren (Klageverfahren) vorbehaltenen Entscheidung nur dann ausnahmsweise zulässig, wenn wirksamer Rechtsschutz im Hauptsacheverfahren nicht zu erreichen ist, dem Antragsteller ohne den Erlass der einstweiligen Anordnung schlechthin unzumutbare Nachteile drohen und er im Hauptsacheverfahren voraussichtlich obsiegen wird.
7Ständige Rechtsprechung, vgl. BVerwG, Beschluss vom 13. August 1999 – 2 VR 1.99 -, BVerwGE 109, 258; OVG NRW, Beschlüsse vom 20. September 1984 - 6 B 1028/84 ‑, DÖD 1985, 280, und vom 30. Juni 2008 – 6 B 971/08 -, juris.
8Diese Voraussetzungen sind hier aber nicht erfüllt.
9Insbesondere ist der Verbleib an der Städtischen Gemeinschaftsgrundschule P. Straße in X. für die Antragstellerin nicht mit schlechthin unzumutbaren Belastungen verbunden. Ihr mit dem Versetzungsgesuch vom 21. November 2015 verbundener Wunsch, entsprechend ihrer Ausbildung (Befähigung für das Lehramt für Sonderpädagogik mit den Fachrichtungen 1. Sondererziehung und Rehabilitation der Gehörlosen und der Schwerhörigen, 2. Sondererziehung und Rehabilitation der Geistigbehinderten) in eine Schulform zu wechseln, die ihrer 1. sonderpädagogischen Fachrichtung entspricht, erfüllt diese strengen Voraussetzungen nicht. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin selber zum 1. August 2015 ihre Versetzung als Sonderpädagogin in das Grundschulkapitel mit einem Einsatzwunsch in Wohnortnähe beantragt hat. Wenn diesem Wunsch folgend die Versetzung der Antragstellerin zum 1. August 2015 an die aktuelle Grundschule in X. erfolgt ist, so scheiden unzumutbare Nachteile per se aus, zumal die Antragstellerin wunschgemäß als Sonderpädagogin an einer Grundschule im Bereich des Gemeinsamen Lernens eingesetzt worden ist. Ihre enttäuschte Erwartung, dass der von ihr gewünschte Schwerpunkt „Hören und Kommunikation“ im Schulamtsbezirk X. nicht an ihrer derzeitigen Einsatzschule zum Tragen kommt, sondern offenbar von anderen Schulen bedient wird, ist zu vernachlässigen.
10Dass eine einmal erfolgte Versetzung trotz der praktischen Probleme bei der Rückabwicklung wieder revidierbar ist (vgl. den Hinweis der Antragstellerin auf den Beschluss des VG Kassel vom 28. Oktober 2010 – 1 L 60/10.KS -, der allerdings die bundeslandübergreifende Versetzung von Lehrern in den Blick nimmt), kann unterstellt werden, ist jedoch für eine Ausnahme vom grundsätzlichen Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache ohne Belang. Vielmehr muss die Antragstellerin einen schwer wiegenden Nachteil glaubhaft machen.
11Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 12. November 2015 – 6 B 939/15 -, juris.
12Die Kammer weist ergänzend darauf hin, dass die Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren eher gering sein dürften. Der Antragstellerin dürfte ein Anspruch auf Versetzung an eine Schule der von ihr gewünschten Schulform bzw. die dazu korrespondierende Freigabeerklärung (im Klageverfahren sind noch keine Anträge gestellt worden) nicht zustehen.
13Gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 LBG NRW kann ein Beamter in ein anderes Amt einer Laufbahn, für die er die Befähigung besitzt, versetzt werden, wenn er es beantragt oder ein dienstliches Bedürfnis besteht. Für ein dienstliches Bedürfnis ist nach dem vorliegenden Aktenmaterial, abgesehen von der nicht verbindlichen Einschätzung der Antragstellerin, nichts Konkretes ersichtlich. Die hier einschlägige Versetzung auf Antrag steht im pflichtgemäßen Ermessen des Dienstherrn. Ein Anspruch auf Versetzung besteht daher nur dann, wenn eine Ermessensreduktion auf Null vorliegt. Hieran dürfte es fehlen. Die von der Antragstellerin vorgetragenen Gründe lassen den Schluss auf eine solche Anspruchsverdichtung nicht zu, weil dem Dienstherrn ein weites Organisationsermessen zusteht. Nach der aktenkundigen Stellungnahme des Schulamtes für die Stadt X. zum aktuellen Versetzungsantrag der Antragstellerin bestand bereits zum 1. Februar 2016 im Grundschulkapitel Bewerbermangel. Nach der ausführlichen ergänzenden Stellungnahme der Antragsgegnerin vom 21. Juli 2016, der die Antragsstellerin in ihrer Ergänzung vom 22. Juli 2016 nicht mehr substantiiert entgegengetreten ist, besteht dieser Mangel zum Stichtag 1. August 2016 fort. Es kann nicht Aufgabe der Antragstellerin sein, die erforderliche Gesamtschau der Stellenplanung und –besetzung stellvertretend für den Antragsgegner vorzunehmen, indem sie in ihrer Antragsschrift vorträgt, für ihre freiwerdende Stelle gäbe es einige interessierte Bewerber; ferner seien ihr Sonderpädagogen bekannt, die gerne eine feste Stelle an einer Schule in X. im Bereich des Gemeinsamen Lernens besetzen würden. Dabei übersieht die Antragstellerin, dass mögliche Aussagen der Schulleitungen oder Schulämter über den eigenen Bedarf zwar nicht verbindlich sind, es andererseits aber auf der Hand liegt, dass sich die Bezirksregierung E. zur Erfüllung ihrer Aufgabe, nämlich eines optimalen Personaleinsatzes an den öffentlichen Schulen, gerade der Schulämter bedient und deren eingeholte Stellungnahmen in ihre Erwägungen einbezieht. Ferner ist es offensichtlich, dass der Antragstellerin die nötigen Informationen für die erforderliche landesweite (vgl. RdErl. des Kultusministeriums vom 24. November 1989, BASS 21-01 Nr. 21) Gesamtschau nicht vorliegen und Einzelinformationen über mögliche Interessenten dazu nicht ausreichen.
14Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
15Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1 in Verbindung mit § 52 Abs. 2 GKG. Von einer Halbierung des Auffangwertes im Hinblick darauf, dass über einen Antrag des vorläufigen Rechtsschutzes zu entscheiden war, sieht die Kammer ab, weil das Antragsbegehren auf eine weitgehende Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet ist.
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(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.
(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.
(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.
(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.
(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.
An Stelle des nach § 22 zu gewährenden Ersatzlands kann der Entschädigungsberechtigte, soweit dadurch Rechte Dritter nicht beeinträchtigt werden, eine ablösbare Naturalwertrente verlangen, wenn er wegen Alters oder Erwerbsunfähigkeit auf die Gewährung von Ersatzland verzichtet. Bei der Bemessung der Rentenbeträge ist unter sinngemäßer Anwendung des § 16 des Bewertungsgesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Bewertung des Vermögens für die Kalenderjahre 1949 bis 1951 vom 16. Januar 1952 (Bundesgesetzbl. I S. 22) von dem Betrag auszugehen, der sich ergeben würde, wenn die Entschädigung in einer Kapitalsumme zu leisten wäre.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.