Verwaltungsgericht Bayreuth Urteil, 16. Juni 2015 - B 5 K 13.640

published on 16/06/2015 00:00
Verwaltungsgericht Bayreuth Urteil, 16. Juni 2015 - B 5 K 13.640
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Gericht

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Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Erstattung von Kosten, die ihm im Zusammenhang mit einer kommunalverfassungsrechtlichen Streitigkeit entstanden sind.

1. Der Kläger ist als Rechtsanwalt tätig. Er war bis 30. April 2014 Mitglied des Stadtrats der Beklagten. In dieser Eigenschaft führte er vor dem Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth ein kommunalverfassungsrechtliches Streitverfahren gegen die anwaltlich vertretene Beklagte (B 5 K 11.594). Im damaligen Verfahren begehrte er die Verpflichtung der Beklagten, ihn eine Tonbandaufnahme einer Ausschusssitzung und einer öffentlichen Sitzung des Stadtrats der Beklagten anhören zu lassen. Hintergrund war die damalige Regelung in § 36 Abs. 2 Satz 2 der Geschäftsordnung (GeschO) der Beklagten, wonach die in den Sitzungen des Stadtrats bzw. seiner Ausschüsse gefertigten Tonbandaufzeichnungen für eine Dauer von sieben Jahren aufbewahrt werden.

Das Gericht wies die Klage mit rechtskräftigem Urteil vom 26. April 2013 ab und erlegte dem Kläger als dem unterliegenden Beteiligten nach § 154 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) die Kosten des Verfahrens auf. In den Urteilsgründen heißt es, dass kein Anspruch des Klägers auf Abhören der Tonbänder bestehe, weder aus der Informationsfreiheitssatzung oder der Geschäftsordnung der Beklagten noch aufgrund anderer Rechtsgrundlagen. Das Anfertigen, Aufbewahren und Auswerten der Tonbandaufnahmen unterliege strengen datenschutzrechtlichen Vorgaben wie etwa der Löschpflicht in Art. 12 Abs. 1 des Bayerischen Datenschutzgesetzes - BayDSG -. Der Umstand, dass die Beklagte demgegenüber in § 36 Abs. 2 Satz 2 GeschO eine siebenjährige Aufbewahrungsdauer der Tonbandaufzeichnungen geregelt habe, führe zu keiner anderen Beurteilung und verhelfe dem Auskunftsbegehren des Klägers nicht zum Erfolg. Der Auskunftsanspruch könne sich nicht auf solche Daten beziehen, die unter Verstoß gegen das Datenschutzgesetz aufbewahrt würden.

Im Gerichtsverfahren fielen ausweislich der Kostenrechnung vom 17. Mai 2013 Gerichtskosten in Höhe von 588,00 Euro an. Des Weiteren setzte das Gericht mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 2. Juli 2013 die vom Kläger an die Beklagte zu erstattenden Kosten für das Klageverfahren gemäß dem Antrag der Beklagtenseite vom 26. Juni 2013 auf 1.516,65 Euro nebst Zinsen seit 1. Juli 2013 in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins fest.

2. Mit Schreiben vom 3. Mai 2013 wandte sich der Kläger in seiner Eigenschaft als Stadtrat und unter Bezugnahme auf die Gerichtsverhandlung vom 26. April 2013 an den Ersten Bürgermeister der Beklagten. Er beantragte, die Geschäftsordnung der Beklagten dahingehend zu ändern, dass die Tonbandprotokolle nach Protokollgenehmigung zu löschen sind. Des Weiteren beantragte er eine Beschlussfassung hinsichtlich der Übernahme der Kosten des Verwaltungsgerichtsverfahrens durch die Beklagte. Mit Stadtratsbeschluss vom 20. Juni 2013 wurde § 36 Abs. 2 GeschO dahingehend geändert, dass Tonbandaufzeichnungen aus den Sitzungen nach Genehmigung der Niederschrift unverzüglich zu löschen sind. Die Beschlussfassung über den Kostenübernahmeantrag wurde vertagt. Die Beklagte bat den Kläger darum, seinen Kostenübernahmeantrag zu konkretisieren und zu beziffern. Auf Anfrage der Beklagten führte das Landratsamt Wunsiedel unter dem 27. Juni 2013 aus, dass der Kläger seinerzeit das Landratsamt zur Durchsetzung seiner Rechte nicht eingeschaltet habe. Er habe beim Landratsamt im Jahr 2011 lediglich um Auskunft hinsichtlich der Frage der Kostentragung bei einer kommunalverfassungsrechtlichen Streitigkeit gebeten. Das Landratsamt könne keine Pflicht der Beklagten zur Übernahme der Kosten des Rechtsstreits erkennen.

Mit Schreiben vom 3. Juli 2013 an die Beklagte und vom 4. Juli 2013 an die Bevollmächtigten der Beklagten spezifizierte der Kläger den ihm seiner Meinung nach zustehenden Kostenerstattungsanspruch. Er begründete den Anspruch damit, dass das Gerichtsverfahren die einzige Möglichkeit gewesen sei, die Beklagte von weiteren Datenschutzverstößen abzuhalten. Daraufhin forderten die Bevollmächtigten der Beklagten mit Schreiben vom 16. Juli 2013 den Kläger zur Erstattung der Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 1.519,72 Euro (= 1.516,65 Euro nebst der bereits angefallenen Zinsen) bis spätestens 30. Juli 2013 auf. Der Stadtrat der Beklagten lehnte den Antrag des Klägers auf Kostenerstattung in seiner Sitzung vom 18. Juli 2013 ab. Dies teilte die Beklagte dem Kläger mit formlosem Schreiben vom 22. Juli 2013 mit. Darin hieß es, ein Rechtsanspruch auf Kostenerstattung bestehe nicht; auch widerspreche die Ablehnung nicht den Billigkeitsgrundsätzen. Insbesondere habe der Kläger es unterlassen, zu seinem Begehren zunächst die Rechtsaufsichtsbehörde im Landratsamt einzuschalten und sich damit um eine naheliegende außergerichtliche Beilegung zu bemühen. Der Kläger zahlte daraufhin die geforderte Summe innerhalb der gesetzten Frist an die Beklagte und kündigte an, die Erstattung des Betrags gerichtlich geltend zu machen.

3. Mit Schriftsatz vom 28. August 2013, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth am 30. August 2013 eingegangen, erhob der Kläger Klage mit dem Antrag,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 2.107,72 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz ab 30. Juli 2013 zu bezahlen.

Zur Begründung führt der Kläger aus, ihm stehe nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ein Kostenerstattungsanspruch zu, wobei er auf Geltendmachung der eigenen Rechtsanwaltsgebühren zugunsten der Beklagten verzichte. In den Entscheidungsgründen des klageabweisenden Urteils im Verfahren B 5 K 11.594 habe das Gericht dargelegt, dass die Beklagte mit der Tonbandprotokollierung jahrelang gegen Datenschutzrecht verstoßen habe. Ohne das Gerichtsverfahren wäre es weiterhin zu derartigen Datenschutzverstößen der Beklagten gekommen, die ihre Verwaltungspraxis nicht von selbst umgestellt hätte. Mit einer Anfrage beim Bayerischen Verfassungsschutz habe die Beklagte einen weiteren Datenschutzverstoß begangen. Ausweislich des Abschlussberichts des Bayerischen Kommunalen Prüfungsverbands habe die überschuldete Beklagte mit ihren Grundstücksgeschäften gegen Haushaltsrecht verstoßen. Der Erste Bürgermeister habe seit Jahren Mobbing gegenüber seinen Mitarbeitern begangen. Bei all diesen Verstößen sei das Landratsamt Wunsiedel als Rechtsaufsichtsbehörde nie eingeschritten, so dass eine Befassung des Landratsamts beim streitgegenständlichen Datenschutzverstoß nicht zielführend gewesen wäre. Außerdem habe das Landratsamt den festgestellten Datenschutzverstoß nicht einmal ansatzweise erkannt. Im Übrigen habe die Beklagte bezüglich des Kostenerstattungsanspruchs selbst das Landratsamt eingeschaltet, so dass sich dessen nochmalige Befassung erübrige.

Die Beklagte lässt durch ihre Bevollmächtigten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wird vorgetragen, es sei bereits zweifelhaft, ob das Erstverfahren überhaupt als Kommunalverfassungsstreit zu qualifizieren sei. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, habe der Kläger keinen Anspruch auf Kostenerstattung. Ein solcher folge weder aus Art. 20a der Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern (Gemeindeordnung - GO) noch aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof erkenne einen Kostenerstattungsanspruch nur an, wenn die Anrufung des Gerichts ultima ratio gewesen und die vorherige Anrufung der Rechtsaufsichtsbehörde erfolglos geblieben sei. Bei den Ausführungen des Verwaltungsgerichts im Urteil vom 26. April 2013 zur Behandlung der Tonbandaufzeichnungen von Gremiensitzungen handele es sich lediglich um obiter dicta, die sich kostenmäßig nicht zulasten der Beklagten auswirken könnten.

4. In der mündlichen Verhandlung am 16. Juni 2015 wurde mit den Beteiligten die Sach- und Rechtslage erörtert. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts- und Behördenakten im Verfahren B 5 K 13.640 sowie auf die Gerichtsakten im Verfahren B 5 K 11.594 verwiesen.

Gründe

1. Die - aus dem ehemaligen Stadtratsverhältnis herrührende und damit auch nach dem Ausscheiden des Klägers aus dem Stadtrat der Beklagten weiterhin als allgemeine Leistungsklage zulässige - Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Übernahme der geltend gemachten Aufwendungen aus dem früheren Kommunalverfassungsstreit (§ 113 Abs. 5 VwGO). Die Beklagte hat dies zu Recht mit Stadtratsbeschluss vom 18. Juli 2013 abgelehnt und das Ergebnis ihrer Entscheidungsfindung dem Kläger mit formlosem Schreiben vom 22. Juli 2013 mitgeteilt. Der vom Kläger geltend gemachte Kostenerstattungsanspruch ergibt sich weder aus Art. 20a GO noch aus einer analogen Anwendung dieser Vorschrift noch aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen.

a) Dem Klageanspruch kann allerdings nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, dass nach der Kostenentscheidung im rechtskräftigen Urteil des Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 26. Juni 2013 (B 5 K 11.594) der Kläger gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen hat. Die gerichtliche Kostenlastentscheidung sowie der darauf beruhende Kostenfestsetzungsbeschluss des Gerichts vom 2. Juli 2013 entfalten keine Sperrwirkung. Insoweit ist die gerichtliche Kostenentscheidung, die die Kostentragung im Verhältnis der Verfahrensbeteiligten untereinander sowie im Verhältnis zum Gericht regelt, nicht abschließend. Sie ist vielmehr von der Frage zu unterscheiden, wer die Kosten im Innenverhältnis letztlich nach materiellem Recht zu tragen hat (VGH BW, B. v. 17.9.1984 - 9 S 1076/84 - NVwZ 1985, 284; SächsOVG, B. v. 31.7.1996 - 3 S 274/96 - NVwZ-RR 1997, 665; VG Würzburg, U. v. 17.1.1996 - W 2 K 94/155 - BayVBl 1996, 377). Die Frage, wer im Innenverhältnis mit den Kosten eines Kommunalverfassungsstreitverfahrens endgültig belastet wird, stellt sich immer dann, wenn das Gericht demjenigen, der den Kommunalverfassungsstreit geführt hat, die Kosten des Rechtsstreits auferlegt hat, sei es, weil er den Rechtsbehelf zurückgenommen hat oder - wie hier - im Streit unterlegen ist oder weil aus sonstigen Gründen eine Kostenentscheidung zu seinen Lasten ergangen ist (BayVGH, B. v. 14.8.2006 - 4 B 05.939 - juris Rn. 20).

b) Ein Kostenerstattungsanspruch ergibt sich weder aus einer direkten noch aus einer analogen Anwendung des Art. 20a GO. Nach Art. 20a Abs. 1 GO i. V. m. der Entschädigungssatzung der Gemeinde haben ehrenamtlich tätige Gemeindebürger Anspruch auf angemessene Entschädigung als Ausgleich für den materiellen und zeitlichen Aufwand für die Ausübung der Tätigkeit. Bei den Kosten, die einem Gemeinderatsmitglied in einem gerichtlich ausgetragenen Kommunalverfassungsstreit auferlegt worden sind, handelt es sich jedoch nicht um einen materiellen Aufwand, der üblicherweise mit der Wahrnehmung des kommunalen Mandats verbunden ist. Die Aufwendungen sind dem Gemeinderatsmitglied nicht aus seiner Tätigkeit für die Gemeinde entstanden; vielmehr ist es Ziel einer derartigen Streitigkeit, die im Kommunalverfassungsrecht wurzelnden Ansprüche gegenüber der Gemeinde zur Geltung zu bringen. Auch eine analoge Anwendung des Art. 20a GO scheidet aus, weil es bereits an einer Regelungslücke fehlt. Gerichtlich ausgetragene Kommunalverfassungsstreitigkeiten gibt es seit geraumer Zeit, ohne dass der Gesetzgeber eine Regelung zur Kostenerstattung für geboten erachtet hätte (vgl. zum Ganzen BayVGH, B. v. 14.8.2006 - 4 B 05.939 - juris Rn. 22 ff.).

c) Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Kostenerstattung aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen.

aa) Die Frage, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen einem Kommunalorgan oder Organteil die Kosten aus einem Kommunalverfassungsstreitverfahren zu erstatten sind, wird in der obergerichtlichen Judikatur - in Begründung und Ergebnis - unterschiedlich beantwortet. Die überwiegende Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte erkennt in Organstreitigkeiten einen grundsätzlichen Kostenerstattungsanspruch an, sofern die Einleitung des gerichtlichen Verfahrens geboten war, d. h. nicht mutwillig bzw. aus sachfremden Gründen erfolgt ist (vgl. mit im Einzelnen unterschiedlicher Akzentuierung OVG Saarl. U. v. 6.12.1978 - 3 R 123/78 - BayGT 1979, 155 und B. v. 5.10.1981 - 3 R 87/80 - NVwZ 1982, 140; VGH BW, B. v. 17.9.1984 - 9 S 1076/84 - NVwZ 1985, 284; OVG RhPf, U. v. 19.5.1987 - 7 A 90/86 - NVwZ 1987, 1105; OVG Bremen, B. v. 31.5.1990 - 1 B 18 u. 21/90 - NVwZ 1990, 1195; SächsOVG, B. v. 31.7.1996 - 3 S 274/96 - NVwZ-RR 1997, 665). Hintergrund dieser Rechtsprechung ist die Erwägung, dass der kommunale Funktionsträger mit dem Prozess eine Aufgabe der Gemeinde wahrnimmt, also gleichsam als deren „Amtswalter“ zur Rechtsdurchsetzung fungiert. Die normative Herleitung des Erstattungsanspruchs ist dabei umstritten (vgl. OVG NRW, U. v. 12.11.1991 - 15 A 1187/89 - NVwZ-RR 1993, 266 einerseits und die Fortentwicklung in OVG NRW, U. v. 24.4.2009 - 15 A 981/06 - NVwZ-RR 2009, 819 andererseits).

Demgegenüber betont namentlich der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, dass für das bayerische Landesrecht der kommunalverfassungsrechtliche Erstattungsanspruch im Mitgliedschaftsrecht des einzelnen Gemeinderats wurzelt (BayVGH, B. v. 14.8.2006 - 4 B 05.939 - juris Rn. 28; nachgehend BVerwG, B. v. 22.2.2007 - 8 B 84.06 - juris). Hieraus schließt der Verwaltungsgerichtshof, dass die Mutwilligkeit als Ausschlussgrund nicht ausreicht, um Kostenerstattungsansprüche bei Kommunalverfassungsstreitigkeiten sachgerecht zu begrenzen. Angesichts der durch gegenseitige Rücksichtnahmepflichten geprägten Sonderrechtsverbindung zwischen dem einzelnen Gemeinderatsmitglied und der Gemeinde erscheint eine Kostenerstattung im Anschluss an einen Organstreit nur gerechtfertigt, wenn die Anrufung des Gerichts zur Durchsetzung individueller Mitgliedschaftsrechte als ultima ratio unumgänglich war, weil - über die Anforderungen des allgemeinen Prozessrechts (Rechtsschutzbedürfnis) hinaus - alle dem Gemeinderatsmitglied zumutbaren Maßnahmen zur außergerichtlichen Durchsetzung der organschaftlichen Rechte ohne Erfolg geblieben sind. Nicht zuletzt aus der (Mit-)Verantwortung des einzelnen Gemeinderatsmitglieds für die berechtigten Interessen der Gemeinde (Gebot sparsamer Haushaltsführung) folgt grundsätzlich die Obliegenheit, zur Vermeidung einer gerichtlichen Auseinandersetzung die Rechtsaufsichtsbehörde anzurufen. Die Einstufung als ein im Landesrecht wurzelnder Erstattungsanspruch mit den daraus resultierenden engeren Anspruchsvoraussetzungen als nach der Rechtsprechung anderer Obergerichte hat das Bundesverwaltungsgericht gebilligt (BVerwG, B. v. 2.6.2014 - 8 B 98.13 - juris Rn. 11).

bb) Hieran gemessen steht dem Kläger der geltend gemachte Kostenerstattungsanspruch nicht zu. Die Anrufung des Gerichts im „Tonbandstreit“ war nicht als ultima ratio unumgänglich, weil die vorherige Befassung der Rechtsaufsichtsbehörde möglich und zumutbar war. Das sich für das Gericht aus den Behördenakten ergebende Bild, dass eine Einschaltung der Rechtsaufsichtsbehörde bezüglich der Tonbandproblematik nicht erfolgt ist, hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung am 16. Juni 2015 ausdrücklich bestätigt. Aus seiner Sicht wäre jedoch eine Anrufung des Landratsamts sinnlos und eine bloße Förmelei gewesen, weil die Behörde auch in anderen, von ihm näher bezeichneten Fällen nicht gegen die Beklagte eingeschritten sei. Allein die Vermutung eines Untätigbleibens rechtfertigt es jedoch nicht, im hier streitgegenständlichen Fall von einer Befassung der - als Staatsbehörde an Recht und Gesetz gebundenen - Rechtsaufsichtsbehörde abzusehen. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob die zugrunde liegende Vorschrift der Geschäftsordnung der Beklagten, in der die siebenjährige Aufbewahrungsfrist der Tonbandaufzeichnungen geregelt war, bei ihrem Erlass rechtsaufsichtlich angezeigt bzw. genehmigt wurde. Dies entbindet nicht von einer Einschaltung der Rechtsaufsichtsbehörde in - bei der Normanwendung auftretenden - konkreten Zweifelsfragen, die vorliegend aber unterblieben ist. Die Rechtsaufsichtsbehörde war mit dem Thema das Abhörens bzw. der Aufbewahrung der Stadtratsprotokolle im Allgemeinen bzw. der Datenschutzproblematik im Besonderen nicht befasst.

Überdies sprechen die Besonderheiten des zugrunde liegenden Kommunalverfassungsstreits entscheidend gegen die Anerkennung eines Kostenerstattungsanspruchs. Der Kläger hatte im Ausgangsverfahren das Gericht gerade nicht zur Bereinigung der Datenschutzverstöße angerufen, sondern wollte im Gegenteil die Tonbänder abhören und damit - unter Ausnutzung bzw. Perpetuierung der Datenschutzverstöße - von der letztlich rechtswidrigen Datensammlung und -aufbewahrung der Beklagten profitieren. Er hatte die zugrunde liegende Datenschutzproblematik überhaupt nicht erkannt, sondern stand der langen Aufbewahrungszeit vielmehr positiv gegenüber (vgl. seine Schriftsätze im Verfahren B 5 K 11.594, Gerichtsakte Bl. 136 und 161). Erst im Gerichtsverfahren, namentlich auf gerichtlichen Hinweis in der mündlichen Verhandlung am 26. April 2013, kristallisierte sich die datenschutzrechtliche Problematik heraus (vgl. die Sitzungsniederschrift vom 26. April 2013, Gerichtsakte Bl. 302 im Verfahren B 5 K 11.594). Ihre Bereinigung im Nachgang zum Gerichtsurteil vom 26. April 2013 (vgl. Schreiben des Klägers vom 3. Mai 2013; Stadtratsbeschluss vom 20. Juni 2013) erwies sich damit als „positiver Nebeneffekt“, der im Ausgangspunkt nicht auf den Kläger zurückzuführen ist und damit auch insoweit keinen Kostenerstattungsanspruch rechtfertigt.

2. Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 154 Abs. 1 VwGO, wonach der Kläger als unterlegener Beteiligter die Kosten des Verfahrens zu tragen hat. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11 der Zivilprozessordnung (ZPO). Der Einräumung einer Abwendungsbefugnis nach § 711 ZPO bedurfte es angesichts der - wenn überhaupt anfallenden - dann allenfalls geringen vorläufig vollstreckbaren Aufwendungen der Beklagten nicht, zumal diese auch die Rückzahlung garantieren kann, sollte in der Sache eventuell eine Entscheidung mit anderer Kostentragungspflicht ergehen.

3. Gründe für eine Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht nach § 124 Abs. 1, § 124a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nrn. 3 und 4 VwGO liegen nicht vor.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au
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published on 22/06/2016 00:00

Tenor 1. Die Erinnerung wird zurückgewiesen 2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens. Gründe I. 1. Der als Rechtsanwalt tätige Antragsteller war bis zum 30. April 2014 Mitglied des Stadtrates de
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.