Verwaltungsgericht Bayreuth Urteil, 22. März 2017 - B 4 K 15.662

published on 22/03/2017 00:00
Verwaltungsgericht Bayreuth Urteil, 22. März 2017 - B 4 K 15.662
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Gericht

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Tenor

1. Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Klage zurückgenommen wurde.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen seine Heranziehung zu einem Herstellungsbeitrag für die Entwässerungseinrichtung.

1. Mit Bescheid vom 22.07.1980 hat die Beklagte für das unbebaute Grundstück Fl.-Nr. … der Gemarkung E. (nun Fl.-Nr. … der Gemarkung E.) gegenüber dem Voreigentümer des Klägers einen Herstellungsbeitrag zur Entwässerungsanlage in Höhe von 1.380,00 DM festgesetzt. Der Festsetzung lagen eine Grundstücksfläche von 1.600 m² und eine Geschossfläche von 300 m² zugrunde. Nach Errichtung eines Wohnhauses auf dem Grundstück erstattete die Beklagte mit Bescheid vom 11.06.1991 einen Betrag von 32,67 DM, wegen der Überzahlung einer Geschossfläche von 10,89 m². Eine weitere Erstattung erfolgte mit Bescheid vom 23.03.1993, nachdem im Rahmen der Flurbereinigung eine Grundstücksfläche von 296 m² entfiel. Insgesamt beläuft sich der damals gezahlte Herstellungsbeitrag auf 1.266,63 DM (= 647,62 EUR).

2. Das im Jahr 1991 errichtete und im Jahr 2003 erweiterte Wohnhaus des Klägers verfügt über eine Dreikammerausfallgrube. Das anfallende Abwasser wurde in den Ortskanal eingeleitet.

In seiner Sitzung vom 01.09.2009 hat der Stadtrat der Beklagten beschlossen, die Ortsteile E. und H. entsprechend der Planung des Ingenieurbüros … vom 24.10.2008 an die Kläranlage B. anzuschließen. Mit dem Bau wurde im Mai 2012 begonnen; die Anschlussmöglichkeit bestand für die Anwesen von H. mit Inbetriebnahme des Pumpwerkes seit dem 31.01.2013.

3. Nachdem mit Bescheid vom 13.07.2012 bereits Vorauszahlungen auf den Herstellungsbeitrag erhoben wurden, setzte die Beklagte nach Inbetriebnahme des Pumpwerkes mit Bescheid vom 12.06.2013 einen (endgültigen) Herstellungsbeitrag für das Grundstück Fl.-Nr. … Höhe von 9.577,56 EUR fest. Gegenstand der Festsetzung war eine Grundstücksfläche von 1.331 m² zu einem Beitragssatz von 1,19 EUR/m² und eine beitragspflichtige Geschossfläche von 539,02 m² zu einem Beitragssatz von 14,83 EUR/m². Abzüglich bisheriger Vorauszahlungen in Höhe von 7.682,75 EUR beläuft sich der noch zu zahlende Beitrag auf 1.894,81 EUR.

Gegen diesen Bescheid hat der Kläger am 08.07.2013 Widerspruch erhoben, den das Landratsamt L. mit Widerspruchsbescheid vom 01.09.2015 zurückwies. Auf die Begründung des Bescheids, der dem Kläger per Einschreiben, zur Post gegeben am 02.09.2015, zugestellt wurde, wird Bezug genommen.

Mit Schriftsatz vom 23.09.2015 hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers Klage zum Verwaltungsgericht Bayreuth erhoben und zunächst beantragt, den Herstellungsbeitragsbescheid der Beklagten vom 12.06.2013 und den Widerspruchsbescheid des Landratsamts L. vom 01.09.2015 aufzuheben.

Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten hat mit Schriftsatz vom 26.10.2015 beantragt,

die Klage abzuweisen.

Mit Schriftsatz vom 17.10.2016 stellte der Prozessbevollmächtigte des Klägers den Antrag:

Der Herstellungsbeitragsbescheid der Beklagten vom 12.06.2013 und der Widerspruchsbescheid des Landratsamt L. vom 01.09.2015 werden aufgehoben, soweit zu Lasten des Klägers ein Herstellungsbeitrag zur Entwässerungsanlage von mehr als 3.577,54 EUR festgesetzt worden ist.

Zur Klagebegründung wird ausgeführt, H. sei ein Ortsteil der Stadt B. und habe zu der ehemals selbständigen Gemeinde E. gehört. Das in dieser ehemaligen Gemeinde anfallende Abwasser sei vorher über Hauskläranlagen vorgeklärt und seit ca. 50 Jahren aufgrund einer beschränkten wasserrechtlichen Erlaubnis des Landratsamts L. in den sogenannten Mittleren Graben eingeleitet worden. Hinsichtlich dieser Entwässerungssituation könne nicht von einem Provisorium die Rede sein. Dies belege auch der Umstand, dass die Beklagte 1980 für das unbebaute Grundstück einen Herstellungsbeitrag Kanal festgesetzt habe. Dies spiele im Hinblick auf den Vertrauensschutz des Klägers eine erhebliche Rolle. Im Zeitraum von 2003 bis 2005 habe der Kläger einen Anbau an das vorhandene Wohnhaus angebracht. Auf diesen entfalle eine Geschossfläche von 241,23 m² und ein Beitragsanteil von 3.577,54 EUR. Auf das Altgebäude entfalle somit ein Beitragsanteil von 6.000,02 EUR. Die Zahlung des Rechtsvorgängers des Klägers auf den Bescheid vom 22.07.1980 in Höhe von 637,62 EUR sei als Vorauszahlung berücksichtigt worden. Mit der Klage wende sich der Kläger ausschließlich gegen die Neufestsetzung eines Herstellungsbeitrages im Hinblick auf die Grundstücksfläche und die Geschossfläche des Altbaus. Für diese Flächen dürfe kein Herstellungsbeitrag mehr geltend gemacht werden, weil dies einen Verstoß gegen den Grundsatz der Einmaligkeit der Beitragserhebung darstellen würde.

Es werde nicht verkannt, dass für ein Provisorium ein Herstellungsbeitrag nicht erhoben werden könne, weil dieses eine betriebsfertige Einrichtung voraussetze. Im vorliegenden Fall habe es jedoch zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids von 1980 keine Planungsabsicht der Beklagten für den Ortsteil H. hinsichtlich eines Anschlusses an die Zentralkläranlage gegeben. Aus der wasserrechtlichen Erlaubnis des Landratsamts L. vom 04.01.1967 ergebe sich, dass bis zum 31.12.1978 eine Kläranlage von der ehemals selbständigen Gemeinde E. errichtet werden sollte. Nach der Eingemeindung in die Stadt B. sei von der Errichtung einer neuen Kläranlage im Bereich der Gemeinde E. abgesehen worden. Damit sei spätestens nach der Eingemeindung nicht mehr von einem Provisorium in Hinblick auf die Entwässerungssituation in H. auszugehen. Etwas anderes könne auch nicht der wasserrechtlichen Erlaubnis des Landratsamts L. vom 03.04.1989 entnommen werden. Darin sei der Beklagten aufgegeben worden, bis zum 31.12.1991 eine Vorplanung/Studie für die Sanierung der Abwasserverhältnisse im Gebiet von H. vorzulegen. Somit habe auch zu diesem Zeitpunkt keine konkrete Planungsabsicht, den Ortsteil an die zentrale Kläranlage anzuschließen, bestanden. Vielmehr habe es sich nach den Planungsabsichten der Beklagten um eine betriebsfertige Einrichtung gehandelt. Erst im Jahr 2009 habe die Beklagte ihre Planungsabsicht geändert und beschlossen, die Ortsteile E. und H. an die zentrale Kläranlage in B. anzuschließen.

Hilfsweise berufe sich der Kläger auf Festsetzungsverjährung. Der Herstellungsbeitrag für das Grundstück des Klägers sei spätestens im Jahr 1980 entstanden. Falls diesbezüglich unwirksames Satzungsrecht auf Seiten der Beklagten vorgelegen habe, sei zumindest ab dem Jahr 2004 von wirksamem Satzungsrecht auszugehen, mit der Folge, dass die vierjährige Frist der Festsetzungsverjährung spätestens mit Ablauf des 31.12.2007 eingetreten sei. Im Hinblick auf den Anbau aus dem Jahr 2005 habe die Festsetzungsverjährung auch schon im Jahr 2009 geendet. Der Kläger habe aufgrund des Bescheids der Beklagten vom 22.07.1980 darauf vertrauen können, dass kein Beitrag mehr erhoben werde. Darüber hinaus gebe es auch entsprechende mündliche Äußerungen von Vertretern der Beklagten. Schließlich werde auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im Beschluss vom 05.03.2013 Az.: 1 BVR 2457/08 hingewiesen. Die in der Entscheidung zum Tragen kommenden Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes müssten auch bei der Problematik gelten, dass ggf. nur ein Provisorium und keine beitragsfähige Einrichtung vorgelegen habe.

Mit Schriftsatz vom 14.11.2016 stimmte der Bevollmächtigte der Beklagten einer Klagerücknahme in Höhe von 3.577,54 EUR zu. Zur Klageerwiderung führt er ergänzend aus, zwar möge der Bescheid vom 22.07.1980 den Anschein erwecken, dass die Beklagte damals für H. keine weiteren Planungsabsichten gehabt habe. Aber selbst wenn das unterstellt werden könnte, bliebe doch die beschränkte wasserrechtliche Erlaubnis des Landratsamts L. vom 04.01.1967 beachtlich, die vorschreibe, dass eine vollbiologische Klägeranlage zu planen und zu errichten sei. Dieser Bescheid sei für die Beklagte nach der Eingemeindung der damals selbständigen Gemeinde E. und damit auch für H. verbindlich geblieben. Wenn darüber hinaus das Landratsamt L. mit Bescheid vom 08.04.1989 die beschränkte wasserrechtliche Erlaubnis zur Gewässerbenutzung zur Beseitigung vorgereinigter häuslicher Abwässer u.a. aus dem Ortsteil H. weiterhin befristet und der Beklagten aufgegeben habe, eine Vorplanung/Studie für die Sanierung der Abwasserverhältnisse vorzulegen, spreche dies ganz eindeutig für ein Provisorium. Insoweit verweise der Widerspruchsbescheid zu Recht auf das Urteil des BayVGH vom 19.04.1993 Az.: 23 B 92.171, wonach selbst dann, wenn eine Planungsabsicht des Einrichtungsträgers gefehlt habe, eine behördliche Auflage zur Vorlage prüffähiger Pläne sowie der anschließende weitere Ausbau der Einrichtung einer Planungsabsicht gleich zu erachten sei. Es treffe nicht zu, dass die Beklagte erst 2009 Planungsabsichten gefasst habe, richtig sei, dass die Beklagte ab der Eingemeindung davon ausgegangen sei, dass auch der Ortsteil H. an die gemeindliche Kläranlage anzuschließen sei. Dazu habe es verschiedene Überlegungen und Detailänderungen gegeben. An der grundsätzlichen Planungsabsicht habe dies nichts geändert. Eine schriftliche Zusicherung von Verantwortlichen der Beklagten, dass kein weiterer Beitrag erhoben werde, sei zu keinem Zeitpunkt erteilt worden.

Mit Schriftsatz vom 30.11.2016 verwies die Klägerseite auf das Merkblatt der Beklagten vom 22.07.1980, welches der Rechtsvorgänger des Klägers mit dem Bescheid erhalten habe. Daraus sei zu entnehmen, dass die Beitragspflicht für das streitgegenständliche Grundstück bereits am 01.01.1967 entstanden sei. Enthalten sei der Satz: „Wir betonen nochmals, dass wir aufgrund der neuen Rechtslage gehalten waren, Ihr unbebautes Grundstück mit Herstellungsbeiträgen für die Kanalisation und Wasserleitung zu veranlagen. Wir hoffen auf Ihr Verständnis.“ Somit habe der Kläger aufgrund dieses Merkblattes davon ausgehen können, dass sein Grundstück bereits endgültig zu einem Herstellungsbeitrag herangezogen worden sei.

Mit Schriftsatz vom 13.01.2017 führte der Prozessbevollmächtigte der Beklagten ergänzend aus, ob 1989 oder davor eine Planungsabsicht der Beklagten bestanden habe, den Ortsteil H. an die städtische Entwässerungseinrichtung anzuschließen, möge dahinstehen. Mit der beschränkten und befristeten wasserrechtlichen Erlaubnis des Landratsamts vom 04.01.1967 sei klargestellt, dass es sich bei den sogenannten Bürgermeisterkanälen mit Hauskläranlagen in Form der Dreikammergruben nur um ein Provisorium handeln könne. Die Verpflichtung, eine vollbiologische Klägeranlage zu errichten, sei nicht dadurch entfallen, dass die Gemeinde E. bzw. die Beklagte ihr nicht fristgerecht nachgekommen sei. Nach den Eingemeindungen in den 70iger Jahren habe die Beklagte aus 19 zum Teil sehr kleinen Ortsteilen bestanden, von denen einige über provisorische Entwässerungseinrichtungen verfügt hätten. Aus dem wasserrechtlichen Erlaubnisbescheid des Landratsamts vom 03.04.1989 ergebe sich, dass die Beklagte die wasserrechtlichen Erlaubnisse zum Einleiten von Abwässern im Vorfluter beantragt und dazu entsprechende Planunterlagen vorgelegt habe. Zwar habe die Beklagte die gesetzte Frist 31.12.1991 nicht einhalten können, sei sich aber der bestehenden Verpflichtung durchaus bewusst gewesen. In einer Sondersitzung des Stadtrats der Beklagten vom 12.09.1995 sei von dem beauftragten Ingenieurbüro ein Zeitplan für die Fertigstellung der einzelnen Projekte vorgelegt worden, der den Anschluss der Ortsteile E.H. für das Frühjahr 1996 vorgesehen habe. Es habe sich dann aber ergeben, dass die vorhandene Ausbaugröße der damals bestehenden Kläranlage für den Anschluss weiterer Ortsteile nicht ausreichend gewesen wäre. Vielmehr sei ein Ausbau von 18.000 EW auf bis zu 30.000 EW erforderlich gewesen. Dies habe zu weiteren erheblichen Verzögerungen, auch abhängig von der jeweiligen Haushaltslage und der Frage von staatlichen Förderprogrammen geführt. Bei der Vielzahl anzuschließender Ortsteile sei der Anschluss von H. als kleiner Ortsteil als letzter Bauabschnitt angesetzt worden. Somit könne ein Planungswille der Beklagten nicht abgesprochen werden. Die zitierte Passage aus dem Merkblatt stelle keine Zusicherung dar und belege allenfalls, dass der damalige Bürgermeister und Sachbearbeiter irrtümlich davon ausgegangen sei, ein Herstellungsbeitrag könne rechtmäßig festgesetzt werden.

Dem Schriftsatz waren ein Aktenvermerk vom 03.06.1995 und ein Auszug aus der Niederschrift der Stadtratssitzung vom 12.09.1995 beigefügt.

Am 21.02.2017 fand ein Erörterungstermin statt. Auf die Niederschrift wird verwiesen.

Mit Schriftsatz vom 13.03.2017 legte die Beklagtenseite weitere Unterlagen zu den wasserrechtlichen Erlaubnissen für die Entwässerung der Ortsteile E. und H. aus den Jahren 1966 bis 2011 vor.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichts- und die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen. Wegen des Ablaufs der mündlichen Verhandlung wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Gründe

1. Soweit die Klage zurückgenommen wurde, ist das Verfahren gemäß § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen.

2. Soweit die Klage aufrechterhalten wurde, ist sie zulässig, aber nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 13.06.2013 und der Widerspruchsbescheid des Landratsamtes L. vom 01.09.2015 sind gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht im beantragten Umfang aufzuheben, weil sie auch insoweit rechtmäßig sind und der Kläger dadurch nicht in seinen Rechten verletzt ist.

Gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KAG können die Gemeinden zur Deckung ihres anderweitig nicht gedeckten Aufwands für die Herstellung ihrer öffentlichen Einrichtungen (Investitionsaufwand) Beiträge von den Grundstückseigentümern erheben, denen die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser Einrichtungen besondere Vorteile bietet. Hierzu zählen auch die öffentlich betriebenen Entwässerungsanlagen. Die Entstehung von Herstellungsbeiträgen nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KAG setzt voraus, dass das herangezogenen Grundstück durch eine insgesamt betriebsfertige Einrichtung erschlossen wird und dass eine gültige Abgabesatzung vorhanden ist (BayVGH, U. v. 18.01.2005 - 23 B 04.2222 - BeckRS 2005, 39594; st. Rspr.).

a. Die Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung der Beklagten vom 08.12.2010 (BGS-EWS 2010) ist eine wirksame Rechtsgrundlage für die Erhebung von Herstellungsbeiträgen für das klägerische Grundstück. Gründe, die gegen die Wirksamkeit der Satzung sprechen, wurden nicht vorgetragen und sind nicht ersichtlich.

b. Nach § 3 Abs. 1 a BGS/EWS 2010 entsteht die Beitragsschuld, sobald ein Grundstück an die Entwässerungseinrichtung angeschlossen werden kann. Dies war hier mit der Inbetriebnahme des Pumpwerks H. am 31.01.2013 der Fall. Zuvor stellte die Entwässerungssituation in H. mit Hauskläranlagen und Einleitung des vorgeklärten Abwassers in sogenannte Bürgermeisterkanäle ein Provisorium dar.

Nach der Rechtsprechung des Bayer. Verwaltungsgerichtshofs, der sich das erkennende Gericht anschließt, richtet sich die Frage, ob eine Entwässerungsanlage ein Provisorium darstellt oder als endgültig anzusehende Anlage zu betrachten ist, grundsätzlich in erster Linie nach dem Planungswillen des Einrichtungsträgers. Einer bestehenden Planungsabsicht gleichzusetzen ist aber auch ein wasserrechtlicher Bescheid, der eine Gemeinde verpflichtet, die öffentliche Einrichtung weiter auszubauen, dafür prüffähige Planunterlagen für eine den Regeln der Technik entsprechende Art der Abwasserbeseitigung vorzulegen und diese Planungen nachfolgend zu verwirklichen (BayVGH, Urteil vom 19.04.1993 - 23 B 92.171 -, juris Rn. 29f.) .

Nach diesen Grundsätzen ist das Gericht anhand der im Verfahren vorgelegten Unterlagen der Überzeugung, dass die Heranziehung des Klägers zu einem Herstellungsbeitrag mit Bescheid vom 13.06.2013 nicht gegen den Grundsatz der Einmaligkeit der Beitragserhebung verstößt, weil eine funktionsfähige und betriebsfertig hergestellte, also als endgültig anzusehende Entwässerungseinrichtung erstmals mit dem Anschluss des Ortsteils H. an die zentrale Kläranlage B. vorlag und zuvor eine Beitragspflicht nicht entstehen konnte.

Dies ergibt sich aus Folgendem:

- Zum Zeitpunkt des Herstellungsbeitragsbescheides vom 22.07.1980 lag eine ordnungsgemäße Entwässerungseinrichtung in H. schon deswegen nicht vor, weil es an einer wasserrechtlichen Erlaubnis zum Einleiten von in Hauskläranlagen vorgeklärten Abwässern in die Ortskanäle fehlte. Der wasserrechtliche Erlaubnisbescheid des Landratsamts L. vom 04.01.1967 beschränkte sich auf die damals selbständige Gemeinde E. Zwar gehörte auch der Ortsteil H. damals zur Gemeinde E., aus dem der Erlaubnis beigefügten Lageplan der Ortskanäle geht aber hervor, dass nur das Ortsnetz in E. selbst Gegenstand der Erlaubnis war. Bestätigt wird dies durch den nach der Eingemeindung an die Beklagte gerichteten Folgeerlaubnisbescheid des Landratsamts L. vom 15.04.1987, in dem explizit der Gemeindeteil E. bezeichnet wird, sowie durch das Schreiben des Landratsamts vom 19.02.1988, in dem die Beklagte unter Hinweis auf strafrechtliche Folgen aufgefordert wird, für die Gemeindekanäle, u. a. in H., erstmals Erlaubnisse für die Gewässerbenutzung zu beantragen.

Eine rechtswidrig ohne wasserrechtliche Erlaubnis betriebene Entwässerungsanlage kann aber - unabhängig von einer bestehenden Planungsabsicht der Gemeinde - keine endgültige, einen Herstellungsbeitrag auslösende Einrichtung sein.

- Auch zum Zeitpunkt der Nacherhebungs-/Erstattungsbescheide vom 11.06.1991 und 23.03.1993 und letztlich bis zum Anschluss an die zentrale Kläranlage lag keine endgültige funktionsfähige Entwässerungseinrichtung vor.

Der wasserrechtliche Bescheid des Landratsamts L. vom 03.04.1989, der erstmals für den Ortsteil H. das Einleiten von in Hauskläranlagen vorgeklärten Abwässern in den vorhandenen Gemeindekanal erlaubte, war befristet bis zum 31.12.2008 und enthielt als Nebenbestimmung die Verpflichtung, dem Landratsamt für den Ortsteil H. „spätestens bis zum 31.12.1991 eine Vorplanung/Studie für die Sanierung der Abwasserverhältnisse vorzulegen.“ Diese Verpflichtung setzte sich in den lückenlosen „Verlängerungsbescheiden“ vom 23.09.2008, 24.09.2009 und 21.12.2011 fort, wobei in den Gründen des Bescheids vom 23.09.2008 ausgeführt wird: „Da die Lösung für die zukünftige Abwasserbeseitigung des Stadtteiles H. noch nicht endgültig feststeht, die Benutzung mithin noch vorübergehend unverändert ausgeübt werden soll, beantragte die Stadt B. … die Verlängerung der gehobenen Erlaubnis. … Die Reinigung von Hausabwässern über Kleinkläranlagen ohne weitergehende Reinigungsstufe entspricht nicht mehr den Anforderungen des § 7a Abs. 1 Satz 3 WHG ….Jedoch kann im vorliegenden Fall der tatsächliche Nutzungsumfang übergangsweise erlaubt werden.“

Der Einwand des Klägervertreters, die Verpflichtung zur Vorlage einer Vorplanung/Studie und der Begriff „Sanierung“ der Abwasserverhältnisse lasse nicht zwingend darauf schließen, dass das Landratsamt die Entwässerungseinrichtung der Beklagten als Provisorium angesehen habe, wird durch die zitierte Begründung des Verlängerungsbescheids vom 23.09.2008 widerlegt. Sie lässt darauf schließen, dass schon 1989 nur eine übergangsweise Gewässernutzung - bis zur Herstellung einer geordneten Abwasserbeseitigung - erlaubt wurde. Zwar wurde in dem Erlaubnisbescheid von 1989 kein Anschluss an eine zentrale Kläranlage vorgeschrieben (wie im Bescheid an die Gemeinde E. vom 04.01.1967), sondern nur die Vorlage einer Vorplanung oder Studie. Dies ist aber dem Gestaltungsspielraum der Beklagten geschuldet, der es selbst obliegt, unter mehreren geeigneten Alternativen die von ihr favorisierte Lösung für die künftige Abwasserbeseitigung zur Überprüfung vorzulegen. Oberflächenentwässerungskanäle können nur als Zwischenlösung angesehen werden, auch wenn es vorübergehend erlaubt wurde, vorgeklärte Hausabwässer einzuleiten. Es bestand aber zu keinem Zeitpunkt eine endgültige Erlaubnis zur Einleitung der Abwässer in den Ortsgraben.

Davon ausgehend ist die Vorgabe des Landratsamts im Erlaubnisbescheid vom 03.04.1989 an die Beklagte, eine Vorplanung/Studie für die Sanierung der Abwasserverhältnisse vorzulegen, einer zu dieser Zeit ggf. fehlenden Planungsabsicht der Beklagten gleichzusetzen (BayVGH, Urteil vom 19.04.1993, a.a.O.). Deshalb kommt es hier nicht entscheidend darauf an, ob bzw. ab wann die Beklagte eine konkrete Planungsabsicht verfolgt hat. Nachweislich begannen die Planungen für H. im Jahr 1995 (Aktenvermerk über Besprechung mit dem Ingenieurbüro vom 03.06.1995, Stadtratssitzung vom 12.09.1995).

c. Dem Kläger steht gegen die streitgegenständliche Heranziehung zum Herstellungsbeitrag kein über die Anrechnung der früheren Beitragsleistung hinausgehender Vertrauensschutz zu. Da eine Beitragspflicht für das Grundstück des Klägers erst mit Inbetriebnahme des Pumpwerks H. am 31.01.2013 entstanden ist, weil erst zu diesem Zeitpunkt die Möglichkeit geschaffen war, das Grundstück an die betriebsfertige Entwässerungseinrichtung anzuschließen, waren der Herstellungsbeitragsbescheid vom 22.07.1980 und die Nacherhebungs-/Erstattungsbescheide vom 11.06.1991 und 23.03.1993 wegen des fehlenden Beitragstatbestandes materiell rechtswidrig.

Abgabebescheide sind grundsätzlich nur belastende Verwaltungsakte (vgl. BVerwG vom 15.04.1983 BVerwGE 67; BayVGH vom 29.04.2010, Az. 20 BV 09.2108; juris Rn. 40). Dies bedeutet, dass mit einer bestimmten Festsetzung grundsätzlich keine begünstigende Aussage dahingehend getroffen wird, dass die Abgabe nicht noch höher festgesetzt werden könne (vgl. BayVGH vom 22.09.2003 Az. 23 ZB 03.1775).

Wenn bei nichtigem Satzungsrecht ein Vertrauensschutz verneint wird (vgl. BayVGH, Urteil vom 01.12.1997 - 23 B 96.851 -, juris Rn. 27), kann nichts anderes gelten für ein Vertrauen darauf, eine endgültige betriebsfertige Einrichtung und ein Herstellungstatbestand liege beim Einleiten vorgeklärter Hausabwässer in einen Graben vor, zumal auch nach laienhafter Betrachtung in den 80er Jahren ein Oberflächenwasserkanal nicht einer „Kanalisation“ entsprach. Dies ergibt sich im vorliegenden Fall auch aus den Nebenbestimmungen des Baugenehmigungsbescheids des Klägers vom 15.04.1991, in dem die Nutzung einer Kleinkläranlage gestattet, aber deren Auflassung nach Anschluss an eine Sammelkläranlage vorgeschrieben wurde.

d. Eine rechtlich verbindliche Zusicherung (Art. 38 Abs. 1 BayVwVfG), von weiteren Herstellungsbeiträgen verschont zu bleiben, liegt nicht in dem an alle Grundstückseigentümer zu den Bescheiden vom 22.07.1980 versandten Merkblatt.

e. Der Kläger kann sich auch nicht auf Festsetzungsverjährung berufen. Bei Erlass des Bescheides vom 12.06.2013 war die gemäß Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 b) bb), Abs. 2 KAG in Verbindung mit § 169 Abs. 1 Satz 1 AO vierjährige Festsetzungsfrist für die Erhebung des Herstellungsbeitrags für die Entwässerungseinrichtung offensichtlich noch nicht abgelaufen, die gemäß Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 b) cc), Abs. 2 KAG in Verbindung mit § 170 Abs. 1 AO erst mit Inbetriebnahme des Pumpwerks H. am 31.01.2013 begonnen hat.

Auch die Ausschlussfrist in Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 b) bb) 1. Spiegelstrich in Verbindung mit Art. 19 Abs. 1 und Abs. 2 KAG hinderte eine Beitragsfestsetzung nicht. Nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 b) bb) 1. Spiegelstrich KAG ist über § 169 Abs. 1 Satz 1 AO hinaus die Festsetzung eines Beitrags ohne Rücksicht auf die Entstehung der Beitragsschuld spätestens 20 Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem die Vorteilslage eintrat, nicht mehr zulässig. Gemäß Art. 19 Abs. 2 KAG beträgt die Frist für Beiträge, die vor dem 01.04.2014 durch nicht bestandskräftigen Bescheid festgesetzt sind, einheitlich 30 Jahre. Diese Regelungen entsprechen der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (B. v. 05.03.2013 Az.: 1 BVR 2457/08), wonach das Rechtsstaatsprinzip in seiner Ausprägung als der Rechtssicherheit dienendes Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit verlangt, dass Abgaben zum Vorteilsausgleich nicht zeitlich unbegrenzt nach Erlangung des Vorteils festgesetzt werden können. Für den Eintritt der Vorteilslage genügt es, wenn die Anlage insgesamt betriebsfertig ist und der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt wird und zumindest eine Anschlussmöglichkeit besteht (BayVGH, B. v. 19.03.2015 - 20 ZB 14.1723 -, Rn. 5, juris).

Nachdem hier die maßgebliche Vorteilslage erst mit der Möglichkeit zum Anschluss an die zentrale Kläranlage entstanden ist (Januar 2013), kann nicht auf das Jahr 1980 abgestellt werden, als der (rechtswidrige) Herstellungsbeitragsbescheid gegenüber dem Kläger erging. Eine Anschlussmöglichkeit an das Provisorium Oberflächenwasserkanal ist nicht relevant.

Nach alledem war die Klage im Übrigen abzuweisen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 2 VwGO, wonach der unterliegende, bzw. der eine Klage zurücknehmende Teil die Kosten des Verfahrens trägt. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11 ZPO.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Lastenausgleichsgesetz - LAG

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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published on 19/03/2015 00:00

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Die Beklagte trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 2.537,50 Euro festgesetzt.
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Annotations

(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.

(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.

(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung sind nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Dies gilt auch für die Berichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit nach § 129. Die Frist ist gewahrt, wenn vor Ablauf der Festsetzungsfrist

1.
der Steuerbescheid oder im Fall des § 122a die elektronische Benachrichtigung den Bereich der für die Steuerfestsetzung zuständigen Finanzbehörde verlassen hat oder
2.
bei öffentlicher Zustellung nach § 10 des Verwaltungszustellungsgesetzes die Benachrichtigung bekannt gemacht oder veröffentlicht wird.

(2) Die Festsetzungsfrist beträgt:

1.
ein Jahrfür Verbrauchsteuern und Verbrauchsteuervergütungen,
2.
vier Jahrefür Steuern und Steuervergütungen, die keine Steuern oder Steuervergütungen im Sinne der Nummer 1 oder Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Artikel 5 Nummer 20 und 21 des Zollkodex der Union sind.
Die Festsetzungsfrist beträgt zehn Jahre, soweit eine Steuer hinterzogen, und fünf Jahre, soweit sie leichtfertig verkürzt worden ist. Dies gilt auch dann, wenn die Steuerhinterziehung oder leichtfertige Steuerverkürzung nicht durch den Steuerschuldner oder eine Person begangen worden ist, deren er sich zur Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten bedient, es sei denn, der Steuerschuldner weist nach, dass er durch die Tat keinen Vermögensvorteil erlangt hat und dass sie auch nicht darauf beruht, dass er die im Verkehr erforderlichen Vorkehrungen zur Verhinderung von Steuerverkürzungen unterlassen hat.

(1) Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist oder eine bedingt entstandene Steuer unbedingt geworden ist.

(2) Abweichend von Absatz 1 beginnt die Festsetzungsfrist, wenn

1.
eine Steuererklärung oder eine Steueranmeldung einzureichen oder eine Anzeige zu erstatten ist, mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuererklärung, die Steueranmeldung oder die Anzeige eingereicht wird, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuer entstanden ist, es sei denn, dass die Festsetzungsfrist nach Absatz 1 später beginnt,
2.
eine Steuer durch Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern zu zahlen ist, mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem für den Steuerfall Steuerzeichen oder Steuerstempler verwendet worden sind, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuerzeichen oder Steuerstempler hätten verwendet werden müssen.
Dies gilt nicht für Verbrauchsteuern, ausgenommen die Energiesteuer auf Erdgas und die Stromsteuer.

(3) Wird eine Steuer oder eine Steuervergütung nur auf Antrag festgesetzt, so beginnt die Frist für die Aufhebung oder Änderung dieser Festsetzung oder ihrer Berichtigung nach § 129 nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Antrag gestellt wird.

(4) Wird durch Anwendung des Absatzes 2 Nr. 1 auf die Vermögensteuer oder die Grundsteuer der Beginn der Festsetzungsfrist hinausgeschoben, so wird der Beginn der Festsetzungsfrist für die folgenden Kalenderjahre des Hauptveranlagungszeitraums jeweils um die gleiche Zeit hinausgeschoben.

(5) Für die Erbschaftsteuer (Schenkungsteuer) beginnt die Festsetzungsfrist nach den Absätzen 1 oder 2

1.
bei einem Erwerb von Todes wegen nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Erwerber Kenntnis von dem Erwerb erlangt hat,
2.
bei einer Schenkung nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Schenker gestorben ist oder die Finanzbehörde von der vollzogenen Schenkung Kenntnis erlangt hat,
3.
bei einer Zweckzuwendung unter Lebenden nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Verpflichtung erfüllt worden ist.

(6) Für die Steuer, die auf Kapitalerträge entfällt, die

1.
aus Staaten oder Territorien stammen, die nicht Mitglieder der Europäischen Union oder der Europäischen Freihandelsassoziation sind, und
2.
nicht nach Verträgen im Sinne des § 2 Absatz 1 oder hierauf beruhenden Vereinbarungen automatisch mitgeteilt werden,
beginnt die Festsetzungsfrist frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem diese Kapitalerträge der Finanzbehörde durch Erklärung des Steuerpflichtigen oder in sonstiger Weise bekannt geworden sind, spätestens jedoch zehn Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist.

(7) Für Steuern auf Einkünfte oder Erträge, die in Zusammenhang stehen mit Beziehungen zu einer Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die der Steuerpflichtige allein oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, beginnt die Festsetzungsfrist frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem diese Beziehungen durch Mitteilung des Steuerpflichtigen oder auf andere Weise bekannt geworden sind, spätestens jedoch zehn Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist.

(1) Eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung sind nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Dies gilt auch für die Berichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit nach § 129. Die Frist ist gewahrt, wenn vor Ablauf der Festsetzungsfrist

1.
der Steuerbescheid oder im Fall des § 122a die elektronische Benachrichtigung den Bereich der für die Steuerfestsetzung zuständigen Finanzbehörde verlassen hat oder
2.
bei öffentlicher Zustellung nach § 10 des Verwaltungszustellungsgesetzes die Benachrichtigung bekannt gemacht oder veröffentlicht wird.

(2) Die Festsetzungsfrist beträgt:

1.
ein Jahrfür Verbrauchsteuern und Verbrauchsteuervergütungen,
2.
vier Jahrefür Steuern und Steuervergütungen, die keine Steuern oder Steuervergütungen im Sinne der Nummer 1 oder Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Artikel 5 Nummer 20 und 21 des Zollkodex der Union sind.
Die Festsetzungsfrist beträgt zehn Jahre, soweit eine Steuer hinterzogen, und fünf Jahre, soweit sie leichtfertig verkürzt worden ist. Dies gilt auch dann, wenn die Steuerhinterziehung oder leichtfertige Steuerverkürzung nicht durch den Steuerschuldner oder eine Person begangen worden ist, deren er sich zur Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten bedient, es sei denn, der Steuerschuldner weist nach, dass er durch die Tat keinen Vermögensvorteil erlangt hat und dass sie auch nicht darauf beruht, dass er die im Verkehr erforderlichen Vorkehrungen zur Verhinderung von Steuerverkürzungen unterlassen hat.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.