Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 19. Okt. 2017 - Au 5 K 17.568

published on 19/10/2017 00:00
Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 19. Okt. 2017 - Au 5 K 17.568
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Gericht

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Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Erteilung einer Baugenehmigung für den Anbau eines Balkons und die Anbringung von Überdachungen an ein bereits bestehendes Gebäude.

Das Baugrundstück liegt im Geltungsbereich des seit 23. Dezember 2005 rechtsverbindlichen Bebauungsplans Nr. ... „...“ der Beklagten. Dieser setzt für den streitgegenständlichen Bereich ein Sondergebiet mit der Zweckbestimmung „Einzelhandel, Dienstleistung und Wohnen“ (EDW) fest. Im Bereich des Baugrundstücks ist parallel zur ...Straße mittels Baugrenzen ein ca. 220 m langer Bauraum ausgewiesen, wobei die nördliche Baugrenze an zwei Stellen auf einer Länge von ca. 22 m jeweils um ca. 3 m nach Süden zurückversetzt ist. Im Bereich dieser Rücksprünge ist die Zahl der Vollgeschosse zwingend auf fünf, in den übrigen Bereichen auf sechs Vollgeschosse festgesetzt. Auf die weiteren Festsetzungen und die Begründung des Bebauungsplans Nr. ... „...“ der Beklagten wird ergänzend verwiesen.

Mit Formblatt vom 23. November 2016 beantragte die Klägerin für das Grundstück mit der Fl.Nr. ... der Gemarkung ... die Erteilung einer Baugenehmigung für den Anbau eines Balkons auf der Nordseite und die Anbringung von Überdachungen auf der Nord- und Südseite eines Seniorenhotels (Haus ...). Zudem wurde ein Antrag auf Erteilung einer Befreiung gemäß § 31 Abs. 2 BauGB hinsichtlich der Zulassung einer Überschreitung von den vom Bebauungsplan Nr.... festgesetzten Baugrenzen gestellt.

Mit Bescheid vom 20. März 2017 lehnte die Beklagte den Antrag auf Erteilung der Baugenehmigung ab.

Zur Begründung ist ausgeführt, dass sich der beantragte nördliche Balkon außerhalb der überbaubaren Grundstücksfläche befinde. Festgesetzte Baugrenzen könnten entgegen der Ansicht der Bauherrin einen Grundzug der Planung darstellen. Vorliegend sei ein Grundzug der Planung gegeben, da die Baugrenze nicht willkürlich, sondern bewusst gezogen worden sei und mit ihr ein weitergehendes, tiefgreifendes Planungsziel verfolgt werde, das Teil des grundlegenden Planungskonzepts des Bebauungsplans sei. Zwar sei für das Haus 5 bereits von der nördlichen Baugrenze eine Befreiung erteilt worden. Diese sei jedoch nur punktuell für das östliche (richtig: nordwestliche) Treppenhaus erfolgt. Eine Befreiung für den überdachten Balkon führe dazu, dass auf der Nordseite schließlich die gesamte Gebäudelänge mit einem Maß von 2,5 m bis zu ca. 3,5 m außerhalb der überbaubaren Grundstücksflächen zum Liegen komme. Vorliegend sei hier zu berücksichtigen, dass es sich bei dem betreffenden Bauteil nicht um einen Balkon im eigentlichen Sinne handle, sondern dass dieser nach der Rechtsprechung Teil eines Geschosses sei, da er nach oben hin einen Raumabschluss habe. Die Bauherrin habe zudem auf der Südseite bereits umfangreiche Befreiungen für Balkone erhalten. Es seien ungefähr 1,5 m im Rahmen der Überschreitung der Baugrenze durch Balkone zugelassen worden. Mit dem aktuellen Antrag ergebe sich eine Gesamtüberschreitung von ca. 4 m außerhalb der Baugrenzen über die gesamte Gebäudelänge. Dies führe zu einer Mehrung der überbaubaren Grundstücksflächen von über 30 Prozent. Durch die erstmalige Befreiung für Teile eines Nichtvollgeschosses über die komplette Gebäudelänge auf der Nordseite würde zudem ein Präzedenzfall für weitere Erweiterungen unterhalb dieser Ebene geschaffen. Aus diesen Gründen sei bei einer Erteilung der Befreiung die städtebauliche Ordnung nicht mehr aufrechtzuerhalten. Die Baugrenzen seien in diesem Zusammenhang unverzichtbarer Bestandteil des Bebauungsplans, um die Lage und räumliche Ausdehnung der Baukörper festzulegen. Bei der vorliegenden Fallgestaltung würde eine Befreiung einen unzulässigen Eingriff in das grundlegende Planungskonzept bedeuten. Darüber hinaus sei die beantragte Befreiung auch städtebaulich nicht vertretbar. Die Ziehung der Baugrenzen an der betreffenden Stelle habe auch die Aufgabe, die historisch überlieferte Kubatur der Baukörper zu sichern und mit der durch den Bebauungsplan ermöglichten Nachverdichtung in Einklang zu bringen. In diesem Zusammenhang ermögliche der Bebauungsplan einen Zwischenbau zwischen den prägenden Baukörpern, der in Höhe und Bebauungstiefe gegliedert sein solle. Dies komme durch die Festsetzung der Zahl der Vollgeschosse und der Baugrenzen zum Ausdruck. Bei einer Befreiung ginge die städtebauliche Wirkung der Baukörper sowie die Zäsur verloren. Gegen die Befreiung spreche zudem, dass sich der überdachte Balkon im fünften Obergeschoss befinde, das im Bebauungsplan in dieser Form nicht vorgesehen sei.

Mit Schriftsatz vom 20. April 2017, eingegangen bei Gericht per Telefax am 20. April 2017, hat die Klägerin Klage erhoben und beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 20.3.2017 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Bauantrag der Klägerin vom 8.12.2016 zum Anbau eines Balkons auf der Nordseite und Anbringung von Überdachungen auf der Nord- und Südseite auf dem Grundstück ...Str. ... Fl.Nr. ... der Gemarkung ... positiv zu verbescheiden, hilfsweise über den Bauantrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu verbescheiden.

Mit Schreiben vom 1. Juni 2017 ist zur Klagebegründung ausgeführt, dass die Festsetzungen der Baugrenzen keinen Grundzug der Planung darstellten. Die Beklagte selbst habe in ihrer bisherigen Genehmigungspraxis zahlreiche Befreiungen von den Baugrenzen im Plangebiet und in unmittelbarer Umgebung des Vorhabens sowie im Rahmen der Ursprungsgenehmigung des verfahrensgegenständlichen Vorhabens erteilt. Sie habe damit eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass sie als Plangeberin selbst davon ausgehe, dass die Festsetzungen der Baugrenzen keinen Grundzug der Planung darstellten. Aus der Bescheidsbegründung ergebe sich, dass die Beklagte nun einen Grundzug der Planung annehme, da die beantragte Abweichung Dimensionen annehme, bei denen die Befreiung einen Eingriff in das Planungsgefüge bedeuten würde. Die Dimension der Abweichung stelle jedoch ein Kriterium dar, wenn es um die Frage gehe, ob ein Grundzug der Planung berührt werde. Dazu müsse aber zunächst überhaupt ein Grundzug der Planung vorliegen. Dies sei im vorliegenden Fall nicht gegeben. Die beantragte Abweichung sei auch städtebaulich vertretbar. Auf der Südseite des Gebäudes erfolge die Überschreitung der Baugrenzen ausschließlich durch die Überdachung der bereits genehmigten und errichteten Balkone, die selbst die Baugrenze bereits im nun erneut beantragten Umfang überschritten. Die Überschreitung der Baugrenzen werde dadurch deckungsgleich nachgezeichnet. Auf der Nordseite überschreite der genehmigte Bestand bereits durch das östliche (richtig: nordwestliche) Treppenhaus die nördliche Baugrenze. Durch die bereits verwirklichte Gestaltung der vorhandenen Treppenhäuser werde die von der Beklagten betonte Gliederung durch die Bebauungstiefe gewährleistet. Beantragt sei eine deutlich geringere Überschreitung der Baugrenze durch Balkone zwischen den beiden Treppenhäusern als durch das östliche (richtig: nordwestliche) Treppenhaus. Dadurch werde zwar die Gesamtsumme der Überschreitungsfläche erhöht, allerdings würden die Balkone hinter den Treppenhäusern weiterhin deutlich zurücktreten. Der Gesamteindruck des Gebäudes werde dadurch kaum verändert, insbesondere werde die Gliederung durch die Bebauungstiefe weiterhin gewährleistet. Es sei nicht nachvollziehbar, inwiefern es eine Rolle spiele, in welchem der zulässigen und genehmigten Geschosse die Baugrenzenüberschreitung durch einen Balkon vorgenommen werde. Der Beklagten stünden zudem planerische Mittel zur Verfügung, zusätzliche Nicht-Vollgeschosse zu verhindern. Hiervon habe sie keinen Gebrauch gemacht. Die Festsetzung einer bestimmten Anzahl Vollgeschosse beinhalte automatisch auch die Zulässigkeit eines zusätzlichen Nichtvollgeschosses, sofern dies nicht beschränkt werde. Nachbarliche Interessen würden durch die beantragte Befreiung nicht berührt.

Mit Schreiben vom 9. Juni 2017 hat die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung ist auf die Ausführungen im streitgegenständlichen Bescheid Bezug genommen.

Am 19. Oktober 2017 fand die mündliche Verhandlung vor Gericht statt.

Ergänzend wird auf die vorgelegte Behördenakte, die Gerichtsakte und die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist in der Sache unbegründet.

1. Der Klägerin steht kein Anspruch auf Aufhebung des Bescheids vom 20. März 2017 und auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung zu, da das Vorhaben nicht genehmigungsfähig ist. Der ablehnende Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VerwaltungsgerichtsordnungVwGO).

Nach Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Bayerische Bauordnung (BayBO) hat der Bauherr einen Anspruch auf Erteilung der Baugenehmigung, wenn dem Bauvorhaben keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen, die im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen sind.

Das beantragte Vorhaben ist nach Art. 55 Abs. 1 BayBO genehmigungspflichtig. Es liegt keine Verfahrensfreiheit nach Art. 57 BayBO vor. Das Vorhaben ist jedoch nicht genehmigungsfähig, da es an der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit fehlt.

2. Das beantragte Vorhaben ist bauplanungsrechtlich unzulässig.

a) Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Bauvorhabens beurteilt sich nach § 30 Abs. 1 BauGB, da sich das Vorhaben im Geltungsbereich eines qualifizierten Bebauungsplans befindet. Der Bebauungsplan Nr. ... „...“ der Beklagten ist seit dem 23. Dezember 2005 rechtsverbindlich.

Nach § 30 Abs. 1 BauGB ist im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen enthält, ein Vorhaben zulässig, wenn es diesen Festsetzungen nicht widerspricht.

Der von der Klägerin beantragte Balkon an der Nordseite und die beantragten Überdachungen an der Nord- und Südseite widersprechen den Festsetzungen des Bebauungsplanes Nr., weil die beantragten Anbauten die festgesetzten Baugrenzen nicht einhalten.

b) Die Klägerin hat jedenfalls hinsichtlich des beantragten Balkons auf der Nordseite des Hauses ... keinen Anspruch auf Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans nach § 31 Abs. 2 BauGB.

Nach § 31 Abs. 2 BauGB kann von den Festsetzungen des Bebauungsplanes befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und Gründe des Wohls der Allgemeinheit die Befreiung erfordern (Nr. 1) oder die Abweichung städtebaulich vertretbar ist (Nr. 2) oder die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde (Nr. 3) und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

Die Befreiung dient dazu, im Genehmigungsverfahren Flexibilität bezüglich einzelner, im Vergleich zur planerischen Grundvorstellung außergewöhnlicher Fallgestaltungen zu schaffen, ohne den Rechtsnormcharakter des Bebauungsplans als Satzung nach § 10 Abs. 1 BauGB in Frage zu stellen (vgl. BVerwG, B.v. 5.3.1999 – 4 B 5/99 – NVwZ 1999, 1110). Ob es sich bei den in Frage stehenden Festsetzungen um Grundzüge der Planung handelt, ist stets im konkreten Einzelfall anhand der Planungsabsicht der jeweiligen Gemeinde zu bewerten.

Je tiefer die Befreiung in den mit der Planung gefundenen Interessenausgleich eingreift, desto eher liegt es nahe, dass das Planungskonzept in einem Maße berührt wird, das eine (Um-)Planung erforderlich macht (vgl. BayVGH, B.v. 23.04.2015 – 15 ZB 13.2039 – juris Rn. 9; BVerwG, B.v. 5.3.1999 – 4 B 5.99 – NVwZ 1999, 1110). Eine Befreiung ist demnach ausgeschlossen, wenn das Vorhaben in seine Umgebung Spannungen hineinträgt oder erhöht, die nur durch eine Planung zu bewältigen sind. Was den Bebauungsplan in seinen „Grundzügen“, was seine „Planungskonzeption“ verändert, lässt sich nur durch (Um-)Planung ermöglichen und darf nicht durch einen einzelfallbezogenen Verwaltungsakt der Baugenehmigungsbehörde zugelassen werden (vgl. BayVGH, B.v. 23.04.2015 – 15 ZB 13.2039 – juris Rn. 9). Dabei kommt es jeweils darauf an, ob die fragliche Festsetzung Bestandteil eines Planungskonzepts ist, das das gesamte Plangebiet quasi wie ein roter Faden durchzieht, so dass eine Abweichung zu weitreichenden Folgen führen würde (Jäde in Jäde/Dirnberger/Weiß, BauGBBauNVO, 7. Aufl. 2013, § 31 Rn.14).

Die Grundzüge der Planung bleiben nur gewahrt, wenn die Festsetzung, von der abgewichen werden soll, entweder gewissermaßen „zufällig“ erfolgt ist oder aber – wird von ihr abgewichen – der damit verbundene Eingriff in das Planungsgefüge eingegrenzt bzw. „isoliert“ werden kann (Jäde, a.a.O., § 31 Rn. 14; vgl. BVerwG, B.v. 19.5.2004 – 4 B 35.04 – BRS 67 Nr. 83; VGH BW, U.v. 14.3.2007 – 8 S 1921/06 – NVwZ-RR 2008, 225). Mit den Grundzügen der Planung ist eine Abweichung nur vereinbar, wenn die vom Plan angestrebte und in ihm zum Ausdruck gebrachte städtebauliche Ordnung nicht in beachtlicher Weise beeinträchtigt wird, d.h. wenn angenommen werden kann, die Abweichung liege im Bereich dessen, was der Planer gewollt hat oder gewollt hätte, wenn er die weitere Entwicklung einschließlich des Grundes der Abweichung gekannt hätte (BVerwG, U.v. 9.3.1990 – 8 C 76/88 – BVerwGE 85, 66).

Entscheidend für die Beurteilung sind des Weiteren mögliche Vorbild- und Folgewirkungen für die Umgebung (vgl. BVerwG vom 29.7.2008 – 4 B 11/08 – ZfBR 2008, 797 – juris Rn. 4). Eine Befreiung von einer Festsetzung, die für die Planung tragend ist, darf nicht aus Gründen erteilt werden, die sich in einer Vielzahl gleichgelagerter Fälle oder gar für alle von einer bestimmten Festsetzung betroffenen Grundstücke anführen ließen (vgl. BVerwG, B.v. 5.3.1999 – 4 B 5.99 – NVwZ 1999, 1110; Söfker in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand: Mai 2017, § 31 Rn. 37). Die Befreiung darf zudem nicht als Instrument dafür eingesetzt werden, eine von der Gemeinde städtebaulich getroffene planerische Regelung beiseite zu schieben (vgl. OVG NRW, U.v. 20.2.2004 – 10 A 4840/01 – BRS 67 Nr. 84). Wenn die planerischen Festsetzungen, von denen befreit werden soll, für die Plankonzeption tragend sind, sind sie nicht befreiungsfähig, was vor allem für Festsetzungen in einem Bebauungsplan gilt, die den Gebietscharakter nach der Art und dem Maß der baulichen Nutzung betreffen (vgl. BVerwG, B.v. 19.5.2004 – 4 B 45.04 – juris).

c) Gemessen an diesen Maßstäben liegen die Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung hinsichtlich des beantragten Balkons auf der Nordseite nicht vor, weil die Grundzüge der Planung berührt sind. Nach Auffassung der Kammer stellen die im Bebauungsplan Nr. ... festgesetzten Baugrenzen einen Grundzug der Planung dar. Aus der Begründung und der Planzeichnung des Bebauungsplans der Beklagten ergibt sich ein städtebauliches Gesamtkonzept. Dieses findet seinen Ursprung in Lage und Kubatur der ursprünglichen Bestandsgebäude. Das Plankonzept der Beklagten im Sondergebiet EDW richtet sich sowohl im Süden als auch im Norden nach dem ehemaligen Bestand der vormals sechs Baukörper. Gemäß der Begründung des Bebauungsplans Nr. ... nimmt die geplante Bebauung in diesem Bereich die ursprüngliche Baustruktur auf (S. 41), die ehemals markante Gebäudestruktur mit mehreren Lagergebäuden wird dabei ebenfalls baulich aufgegriffen (S. 71 und 76). Hierbei stellen nicht nur die Festsetzungen zur Anzahl der Vollgeschosse einen Grundzug der Planung dar (vgl. hinsichtlich der Anzahl der Vollgeschosse BayVGH, B.v. 23.4.2015 – 15 ZB 13.2039 – juris). Das planerische Konzept umfasst auch den Verlauf der Baugrenzen, der sich im Wesentlichen an der Dimensionierung der ehemaligen Lagergebäude orientiert. Die Festsetzungen hinsichtlich der Anzahl der Vollgeschosse und der Baugrenzen sind Bestandteile des planerischen Gesamtkonzeptes, die in ihrem Zusammenspiel die planerischen Vorstellungen der Beklagten sichern sollten. Beide Arten von Festsetzungen beziehen sich auf die unterschiedliche Dimensionierung der Haupt- und Zwischengebäude im nördlichen Teil des Sondergebiets entlang der ...Straße.

In dieser Hinsicht ist die Zäsur zwischen den beiden Reihen der Hauptgebäude Teil der planerischen Absicht und gerade nicht nur zufällig entstanden. Im südlichen Bereich des Sondergebiets EDW ist hier jeweils ein Durchgang vorgesehen. Im nördlichen Teil waren zunächst Lärmschutzwände vorgesehen, die dann jedoch in zurückgesetzte Zwischengebäude mit fünf Vollgeschossen umgeplant wurden. Die Baustruktur mit drei Hauptgebäuden entlang der ...Straße und deutlichen Zäsuren zwischen diesen Hauptgebäuden sollte durch eine entsprechende Gliederung der zugelassenen Bebauung nach außen sichtbar in Erscheinung treten (vgl. BayVGH, B.v. 23.4.2015 – 15 ZB 13.2039 – juris Rn. 11). Auch bei Betrachtung des Verlaufs der Baugrenzen wird deutlich, dass diese Festsetzung planvoll und im Rahmen eines Gesamtkonzepts erfolgte. Der Verlauf der Baugrenzen erscheint als planerisch durchdacht und nicht lediglich zufällig. Vorliegend wird eine optisch wahrnehmbare Gliederung der Baukörper nicht nur durch die unterschiedliche Anzahl der Vollgeschosse, sondern auch durch die zurückversetzten Baugrenzen bewirkt (vgl. BayVGH, B.v. 23.4.2015 a.a.O. Rn. 16).

Die Tatsache, dass – objektiv gesehen – die Festsetzung von Baulinien statt Baugrenzen die planerische Konzeption besser verwirklicht hätte, spricht nicht gegen die Annahme eines Grundzugs der Planung. Einen Grundsatz, dass die planerische Konzeption nur dann als Grundzug einer Planung Geltung beansprucht, wenn sie möglichst effektiv ist, gibt es nicht. Insbesondere lässt dies im vorliegenden Fall keinen Schluss dahingehend zu, dass die Festsetzung nur zufällig erfolgt ist. Es spricht angesichts der Entstehungsgeschichte und der Lage und Kubatur der historischen Baukörper vielmehr vieles dafür, dass der Plangeber die Festsetzung von Baugrenzen für die Verwirklichung seiner planerischen Absichten als ausreichend angesehen hat, da er nicht davon ausgegangen war, dass durch das Zurückbleiben der Bebauung hinter den Baugrenzen die gewünschte Zäsurwirkung verhindert werden würde.

Diese Einschätzung wird auch nicht durch bereits erteilte Befreiungen in Frage gestellt. Bereits erteilte Befreiungen hindern nicht die Annahme eines Grundzugs der Planung oder des Berührtseins dieser Grundzüge. Denn die Frage, ob sich bisherige Abweichungen von den die Grundzüge der Planung bestimmenden Festsetzungen auf das Vorliegen oder das Berührtsein der Grundzüge der Planung auswirken, ist grundsätzlich zu verneinen. Wenn von der Wirksamkeit des Bebauungsplans weiterhin auszugehen ist, obwohl bestimmte Festsetzungen, die einen Teil eines Grundzugs der Planung darstellen, an einigen Stellen nicht realisiert wurden, dann kann auch weiterhin von einem Vorliegen darauf bezogener Grundzüge, die im Rahmen der Erteilung einer Befreiung relevant sind, ausgegangen werden. Denn die Festsetzungen eines Bebauungsplans haben, solange nicht von einer Funktionslosigkeit des Bebauungsplans auszugehen ist, Geltungsanspruch unabhängig von dem Stand ihrer Verwirklichung (Söfker in Ernst/Zinkahn/ Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand: Mai 2017 § 31 Rn. 37a). Ausschlaggebend ist diesbezüglich nur, ob die Festsetzung, von der im Wege der Befreiung abgewichen werden soll, weiterhin realisiert werden kann (vgl. BVerwG, B.v. 19.5.2004 – 4 B 35.04 – ZfBR 2007, 72). Dem steht vorliegend die erteilte Befreiung für das nordwestliche Treppenhaus nicht entgegen. Dieses nur teilweise außerhalb der Baugrenzen befindliche Treppenhaus zeichnet trotz der erteilten Befreiung den von der Planung erwünschten Rücksprung mit Zäsurwirkung nach.

Demzufolge stellen die streitgegenständlichen Baugrenzen einen Grundzug der Planung im Baugebiet dar. Eine Befreiung wäre jedenfalls hinsichtlich des Balkons auf der Nordseite von einem solchen Gewicht, dass Grundzüge der Planung berührt sind. Auf das Vorliegen der weiteren Tatbestandsvoraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB und auf die Frage der Ermessensausübung kommt es daher nicht mehr an.

d) Die Klägerin hat jedenfalls hinsichtlich des Balkons auf der Nordseite keinen Anspruch auf Erteilung einer Befreiung. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob hinsichtlich der beantragten Überdachungen der vorhandenen Balkone auf der Südseite ebenfalls die Grundzüge der Planung berührt sind. Da das streitgegenständliche Vorhaben nicht abweichend vom Bauantrag in einen zulässigen und einen nicht zulässigen Teil aufgeteilt werden kann, besteht insgesamt kein Anspruch auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung.

Nach alledem war die Klage als unbegründet abzuweisen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Als im Verfahren unterlegen hat die Klägerin die Kosten des Verfahrens zu tragen. Der Ausspruch hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au
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published on 23/04/2015 00:00

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 150.000 € festgesetzt.
published on 14/03/2007 00:00

Tenor Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 19. Januar 2006 - 12 K 475/05 - geändert. Der Bescheid der Beklagten vom 25. August 2004 wird aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, der Klägerin
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Annotations

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen enthält, ist ein Vorhaben zulässig, wenn es diesen Festsetzungen nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(2) Im Geltungsbereich eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans nach § 12 ist ein Vorhaben zulässig, wenn es dem Bebauungsplan nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(3) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht erfüllt (einfacher Bebauungsplan), richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben im Übrigen nach § 34 oder § 35.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) Die Gemeinde beschließt den Bebauungsplan als Satzung.

(2) Bebauungspläne nach § 8 Absatz 2 Satz 2, Absatz 3 Satz 2 und Absatz 4 bedürfen der Genehmigung der höheren Verwaltungsbehörde. § 6 Absatz 2 und 4 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Erteilung der Genehmigung oder, soweit eine Genehmigung nicht erforderlich ist, der Beschluss des Bebauungsplans durch die Gemeinde ist ortsüblich bekannt zu machen. Der Bebauungsplan ist mit der Begründung und der zusammenfassenden Erklärung nach § 10a Absatz 1 zu jedermanns Einsicht bereitzuhalten; über den Inhalt ist auf Verlangen Auskunft zu geben. In der Bekanntmachung ist darauf hinzuweisen, wo der Bebauungsplan eingesehen werden kann. Mit der Bekanntmachung tritt der Bebauungsplan in Kraft. Die Bekanntmachung tritt an die Stelle der sonst für Satzungen vorgeschriebenen Veröffentlichung.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.