Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 07. Juni 2018 - Au 5 K 17.1339

published on 07/06/2018 00:00
Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 07. Juni 2018 - Au 5 K 17.1339
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Gericht

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Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zur tragen.

III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen den Bescheid der Beklagten vom 14. August 2017, mit dem die Beseitigung von zwei Plakatanschlagtafeln angeordnet worden war.

Die streitgegenständlichen Plakatanschlagstafeln befinden sich auf dem Grundstück Fl.Nr. ... der Gemarkung .... Das Grundstück befindet sich im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. ... „...“, der für diesen Bereich ein Gewerbegebiet vorsieht. Der Bebauungsplan enthält Regelungen zur überbaubaren Grundstücksfläche. Die streitgegenständlichen Plakatanschlagstafeln befinden sich vollständig außerhalb der überbaubaren Grundstücksflächen.

Anlässlich einer bauaufsichtlichen Überprüfung stellte die Beklagte fest, dass sich auf dem Grundstück Fl.Nr. ... drei Plakatanschlagtafeln befinden, für die eine Baugenehmigung weder beantragt noch erteilt sei.

Die Klägerin als Eigentümerin der Plakatanschlagtafeln wurde hierzu mit Schreiben vom 3. September 2015 angehört. Die Bevollmächtigte der Klägerin teilte mit Schreiben vom 24. September 2015 mit, dass die Anschlagtafeln von einer anderen Firma übernommen worden seien. Man sei davon ausgegangen, dass die Standorte ordnungsgemäß genehmigt seien. Man sei jedoch bereit, die erforderlichen Bauanträge zu stellen. Im Übrigen berufe sich die Klägerin auf Bestandsschutz.

Bei einer Ortseinsicht am 12. Januar 2017 wurde festgestellt, dass eine der drei Plakatanschlagtafeln entfernt worden war.

Mit Bescheid vom 14. August 2017 (Gz. ...) wurde der Klägerin aufgegeben, die beiden noch bestehenden, ohne die erforderliche Baugenehmigung errichteten Plakatanschlagtafeln an der südöstlichen Grenze des Grundstücks, Fl.Nr. ... der Gemarkung ... innerhalb eines Zeitraums von vier Wochen nach Unanfechtbarkeit des Bescheids zu entfernen (Ziff. 1). Die Grundstückseigentümerin wurde verpflichtet, die Beseitigung der in Nr. 1 des Bescheids genannten Werbeanlage zu dulden (Ziff. 2). Für den Fall, dass die Klägerin der in Nr. 1 des Bescheids auferlegten Verpflichtung nicht fristgemäß nachkomme, wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 2.000 Euro je Plakatanschlagtafel angedroht (Ziff. 3). Zur Begründung wurde ausgeführt, die Plakatanschlagtafeln seien ohne die erforderliche Genehmigung errichtet worden und damit formell rechtswidrig. Die Klägerin könne sich nicht auf Bestandsschutz berufen, weil es sich erkennbar um neuere, beleuchtete Plakatanschlagtafeln handle. Im Übrigen bestanden auch für die alten Plakatanschlagtafeln, wie Nachforschungen ergeben hätten, keine Baugenehmigungen. Rechtmäßige Zustände könnten nicht durch die Erteilung einer Baugenehmigung geschaffen werden. Die Werbetafeln seien bauplanungsrechtlich unzulässig, weil sie sich vollständig außerhalb der überbaubaren Grundstücksflächen befänden, die der maßgebliche Bebauungsplan Nr. ... „...“ für das Baugrundstück festsetze. Eine Befreiung könne nicht erteilt werden, weil Grundzüge der Planung berührt würden. Auch seien keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einer nicht beabsichtigten Härte ersichtlich. Von den Werbeanlagen gehe eine Bezugswirkung aus. Zudem würden die Plakatanschlagtafeln gegen Abstandsflächenrecht verstoßen. Die Tafeln wiesen eine mittlere Gesamthöhe von insgesamt 3,50 m auf. Der Mindestabstand von 3 m zum südlichen Grundstück werde nicht eingehalten, der Abstand der Werbeflächen (ohne Pfosten) zur Grundstücksgrenze betrage nur 0,87 m. Eine Abstandsflächenübernahme durch den Nachbarn liege nicht vor. Außerdem würden die Plakatanschlagtafeln den Bestimmungen des Art. 8 Satz 1 und 2 BayBO widersprechen, weil sei verunstaltend wirken. Die Klägerin sei für die Errichtung und den Betrieb der Plakatanschlagtafeln verantwortlich und damit als Verhaltensstörer richtiger Adressat der Maßnahme. Der Erlass der Duldungsanordnung gegenüber der Grundstückseigentümerin sei notwendig, weil dies der Klägerin die bürgerlich-rechtliche Befugnis zur Beseitigung der Werbeanlage gebe.

Am 4. September 2017 ließ die Klägerin Klage gegen den Bescheid erheben. Mit Schriftsatz vom 15. Januar 2018 wurde beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 14. August 2017 – ...– aufzuheben.

Der Bescheid sei bereits formell rechtswidrig, weil die Klägerin vor Erlass der Beseitigungsanordnung nicht angehört worden sei. Mit Schreiben vom 3. September 2015 habe die Beklagte nur mitgeteilt, dass die Werbeanlagen die Baugrenzen und Abstandsflächen nicht einhalten würden. Mit Schreiben vom 18. Januar sei noch ein Auszug aus dem Bebauungsplan ohne weitere Unterlagen und Äußerungen übermittelt worden. Die Klägerin habe deshalb davon ausgehen können, dass keine Beseitigungsanordnung erlassen werde. Der Bescheid sei auch materiell rechtswidrig. Die streitgegenständlichen Werbeanlagen seien von der Rechtsvorgängerin der Klägerin im Jahr 2007 übernommen und seitdem bewirtschaftet worden. Im Jahr 2007 habe eine Baugenehmigung existiert. Die Werbeanlagen seien von der Rechtsvorgängerin der Klägerin nicht erneuert, sondern nur instandgesetzt worden. Diese Maßnahmen seien vom Bestandsschutz umfasst. Die Anlagen seien auch materiell genehmigungsfähig. Die Klägerin werde hinsichtlich der Abstandsflächenüberschreitung eine erneute Einverständniserklärung der Eigentümer des Nachbargrundstücks vorlegen. Die Beseitigungsanordnung sei auf jeden Fall ermessensfehlerhaft. Die Beklagte habe nicht festgestellt, wie lange die aus ihrer Sicht baurechtswidrigen Zustände bereits bestünden. Sie habe auch nicht erklärt, warum die angeblich nicht hinnehmbare Situation zunächst zwei Jahre lang nach ihrer behaupteten erstmaligen Feststellung akzeptiert worden sei.

Die Beklagte beantragte mit Schriftsatz vom 27. Oktober 2017,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wurde auf den Ausgangsbescheid Bezug genommen.

Am 21. Februar 2018 wurde ein Augenscheinstermin durch die Berichterstatterin durchgeführt. Auf die hierbei gefertigten Lichtbilder und die Niederschrift wird verwiesen.

Mit Schriftsatz vom 18. April 2018 ergänzte die Bevollmächtigte der Klägerin ihr Vorbringen dahingehend, dass die Beklagte von der Existenz der Werbeanlagen, die sich seit langem dort befänden, wegen der regen Bautätigkeit und einer größeren Anzahl von Baugenehmigungsverfahren gewusst haben müsse. Nicht nachvollziehbar sei auch die Aussage des Vertreters der Beklagten im Ortstermin, dass die auf dem Nachbargrundstück vorhandenen Werbeanlagen genehmigungsfrei seien. Die streitgegenständlichen Werbeanlagen seien zumindest materiell rechtmäßig und genehmigungsfähig. Die Baugenehmigung vom 13. Juni 1983 für den Neubau des auf dem Grundstück gelegenen Gebäudes sei unter gleichzeitiger Befreiung von den Abstandsflächen zum Nachbargrundstück erteilt worden, ebenso die Baugenehmigung vom 31. März 1992 für die Aufstockung des Gebäudes. Es sei deshalb nicht ersichtlich, weshalb die Werbeanlagen nicht unter gleichzeitiger Erteilung einer entsprechenden Befreiung genehmigt werden könnten. Die festgesetzten Baugrenzen stünden dem Anspruch auf Erteilung einer Befreiung nicht entgegen. Die Baugrenze sei in ungewöhnlicher Form gezogen worden. Dabei grenze das Gebäude an die straßenseitige Grundstücksgrenze, so dass die Baugrenze dort auch auf der Grundstücksgrenze verlaufe. Soweit die Baugrenze entlang des ... zurückversetzt verlaufe, sei der Zweck dieser Linienführung nach nachvollziehbar, zumal entlang der nördlichen Grundstücksgrenze bis zur Grundstücksgrenze gebaut werden könnte. Im Übrigen komme dem kleinen Grundstücksteil zur südlichen Grundstücksgrenze planungsrechtlich keine Bedeutung zu. Sichtachsen würden nicht beeinträchtigt, so dass eine Befreiung erteilt werden könne.

Die Bevollmächtigte der Klägerin legte am 18. April 2018 eine Einverständniserklärung der Grundstückseigentümer des Nachbargrundstücks Fl.Nr. ... mit der Errichtung von zwei Plakatwerbetafeln an der südlichen Grundstücksgrenze des Baugrundstücks innerhalb des erforderlichen Grenzabstands von drei Metern.

Am 7. Juni 2018 fand die mündliche Verhandlung vor Gericht statt.

Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der vorgelegten Behördenakten verwiesen.

Gründe

Die zulässige Klage ist in der Sache unbegründet. Der Klägerin steht kein Anspruch auf Aufhebung des Bescheids vom 14. August 2017 zu. Der Bescheid der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1. Der angefochtene Bescheid ist formell rechtmäßig.

Die Klägerin wurde mit Schreiben der Beklagten vom 3. September 2015 zur beabsichtigten Beseitigungsanordnung angehört. Gleichzeitig wurde mitgeteilt, dass die Erteilung einer nachträglichen Baugenehmigung nicht möglich sein. Die Bevollmächtigte der Klägerin nahm hierzu inhaltlich nicht Stellung, sondern forderte mit Schreiben vom 24. September 2015 Unterlagen an, aus denen hervorgehe, ob Baugenehmigungen erteilt worden seien sowie ein Exemplar des Bebauungsplans. Mit Schreiben vom 18. Januar 2017 teilte die Beklagte der Klägerbevollmächtigten mit, dass entschieden worden sei, das Beseitigungsverfahren fortzuführen. Zugleich wurde ein Auszug aus dem Bebauungsplan „...“ mit übersandt. Eine Äußerung der Klägerbevollmächtigten hierzu erfolgte bis zum Erlass des streitgegenständlichen Bescheids nicht. Damit liegt eine ordnungsgemäße Anhörung nach Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG vor. Der Klägerin war bewusst, dass die Beklagte eine Beseitigungsanordnung beabsichtigt und sie hatte ausreichend Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Beklagte hat zwischen der ersten Anhörung und dem Erlass des Bescheides keinerlei Anlass für die Annahme gegeben, sie habe von der geplanten Beseitigungsanordnung Abstand genommen. Vielmehr wurde die geplante Beseitigung mit Schreiben vom 18. Januar 2017 nochmals bekräftigt.

2. Der Bescheid ist auch materiell rechtmäßig.

a) Die Beseitigungsanordnung findet ihre Rechtsgrundlage in Art. 76 Satz 1 BayBO.

Danach kann die Bauaufsichtsbehörde, wenn Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet oder geändert werden, deren teilweise oder vollständige Beseitigung anordnen, wenn nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können.

aa) Die beiden streitgegenständlichen Plakatanschlagtafeln sind als bauliche Anlagen nach Art. 55 Abs. 1 BayBO genehmigungspflichtig. Die Voraussetzungen für eine Verfahrensfreiheit nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 12 BayBO liegen nicht vor. Baugenehmigungen wurden für die streitgegenständlichen Plakatanschlagtafeln nicht erteilt. Das Gericht hat hierzu die Baugenehmigungsunterlagen für die auf dem Baugrundstück vorhandenen baulichen Anlagen, zurückreichend bis in das Jahr 1976, beigezogen. Eine Genehmigung für Werbeanlagen am jetzigen Standort der streitgegenständlichen Plakattafeln findet sich darin nicht. Auch die Klägerin konnte eine derartige Genehmigung nicht vorlegen. Ihr Vortrag beschränkt sich darauf, dass man bei Übernahme der Werbetafeln durch den Rechtsvorgänger davon ausgegangen sei, dass die Standorte ordnungsgemäß genehmigt seien. Für dieses Vorbringen trägt die Klägerin jedoch die Beweislast. In den dem Gericht vorgelegten Bauakten finden sich hierzu keine Anhaltspunkte. Die Klägerin hat diese Behauptung auch nicht weiter untermauern können. Damit kommt es auf die zwischen den Beteiligten streitige Frage, ob die streitgegenständlichen Werbeanlagen neu errichtet wurden oder ob die bereits vorhandenen Plakatanschlagtafeln nur instandgesetzt wurden, nicht entscheidend an. Baugenehmigungen liegen weder für die ursprünglichen noch für möglicherweise neu errichtete Anschlagtafeln vor, so dass die streitgegenständlichen Werbeanlagen formell rechtswidrig sind.

bb) Die Plakatanschlagtafeln sind auch materiell rechtswidrig. Sie sind nicht genehmigungsfähig, weil sie bauplanungsrechtlich unzulässig sind. Rechtmäßige Zustände i.S. des Art. 76 Satz 1 BayBO können demnach nicht durch Erteilung einer Baugenehmigung geschaffen werden.

(1) Die Plakatanschlagtafeln sind nach § 30 Abs. 1 BauGB bauplanungsrechtlich unzulässig. Sie widersprechen den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. ... „...“.

Der Bebauungsplan Nr. ... legt in der Planzeichnung die überbaubaren Grundstücksflächen fest (s. auch § 5 der textlichen Festsetzungen). Die streitgegenständlichen Plakatanschlagtafeln liegen unstreitig vollständig außerhalb der im Bebauungsplan Nr. ... festgesetzten Baugrenzen und widersprechen damit den Festsetzungen des Bebauungsplans.

(2) Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Erteilung einer Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplanes gemäß § 31 Abs. 2 BauGB.

Nach § 31 Abs. 2 BauGB kann von den Festsetzungen des Bebauungsplanes befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und Gründe des Wohls der Allgemeinheit die Befreiung erfordern (Nr. 1) oder die Abweichung städtebaulich vertretbar ist (Nr. 2) oder die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde (Nr. 3) und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

Die Befreiung dient dazu, im Genehmigungsverfahren Flexibilität bezüglich einzelner, im Vergleich zur planerischen Grundvorstellung außergewöhnlicher Fallgestaltungen zu schaffen, ohne den Rechtsnormcharakter des Bebauungsplans als Satzung nach § 10 Abs. 1 BauGB in Frage zu stellen (vgl. BVerwG, B.v. 5.3.1999 – 4 B 5/99 – NVwZ 1999, 1110). Ob es sich bei den in Frage stehenden Festsetzungen um Grundzüge der Planung handelt, ist stets im konkreten Einzelfall anhand der Planungsabsicht der jeweiligen Gemeinde zu bewerten.

Die Grundzüge der Planung bleiben nur gewahrt, wenn die Festsetzung, von der abgewichen werden soll, entweder gewissermaßen „zufällig“ erfolgt ist oder aber – wird von ihr abgewichen – der damit verbundene Eingriff in das Planungsgefüge eingegrenzt bzw. „isoliert“ werden kann (Jäde, a.a.O., § 31 Rn. 14; vgl. BVerwG, B.v. 19.5.2004 – 4 B 35.04 – BRS 67 Nr. 83; VGH BW, U.v. 14.3.2007 – 8 S 1921/06 – NVwZ-RR 2008, 225). Mit den Grundzügen der Planung ist eine Abweichung nur vereinbar, wenn die vom Plan angestrebte und in ihm zum Ausdruck gebrachte städtebauliche Ordnung nicht in beachtlicher Weise beeinträchtigt wird, d.h. wenn angenommen werden kann, die Abweichung liege im Bereich dessen, was der Planer gewollt hat oder gewollt hätte, wenn er die weitere Entwicklung einschließlich des Grundes der Abweichung gekannt hätte (BVerwG, U.v. 9.3.1990 – 8 C 76/88 – BVerwGE 85, 66).

Entscheidend für die Beurteilung sind des Weiteren mögliche Vorbild- und Folgewirkungen für die Umgebung (vgl. BVerwG vom 29.7.2008 – 4 B 11/08 – ZfBR 2008, 797 – juris Rn. 4). Eine Befreiung von einer Festsetzung, die für die Planung tragend ist, darf nicht aus Gründen erteilt werden, die sich in einer Vielzahl gleichgelagerter Fälle oder gar für alle von einer bestimmten Festsetzung betroffenen Grundstücke anführen ließen (vgl. BVerwG, B.v. 5.3.1999 – 4 B 5.99 – NVwZ 1999, 1110; Söfker in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand: Februar 2018, § 31 Rn. 37). Die Befreiung darf zudem nicht als Instrument dafür eingesetzt werden, eine von der Gemeinde städtebaulich getroffene planerische Regelung beiseite zu schieben (vgl. OVG NRW, U.v. 20.2.2004 – 10 A 4840/01 – BRS 67 Nr. 84). Wenn die planerischen Festsetzungen, von denen befreit werden soll, für die Plankonzeption tragend sind, sind sie nicht befreiungsfähig, was vor allem für Festsetzungen in einem Bebauungsplan gilt, die den Gebietscharakter nach der Art und dem Maß der baulichen Nutzung betreffen (vgl. BVerwG, B.v. 19.5.2004 – 4 B 45.04 – juris).

Vorliegend stellt die Festsetzung der überbaubaren Grundstücksfläche nach Auffassung der Kammer einen Grundzug der Planung dar. Sie ist, wie sich schon aus der Planzeichnung ergibt, Teil des Gesamtkonzeptes. Ziel des Plangebers war es offensichtlich, im äußeren Umgriff des Plangebiets mit Ausnahme des Bereichs entlang der …Straßenbahngleise die Bebauung vom öffentlichen Straßenraum abzurücken. Dass die Baugrenzen bewusst gezogen wurden, äußert sich auch dadurch, dass vorhandene Bestandsgebäude in die Baugrenzen einbezogen wurden, um danach sofort wieder „zurückzuspringen“. Gegen eine nur „zufällige“ Festsetzung spricht auch § 5 der textlichen Festsetzungen. Darin werden ausdrücklich Ausnahmen von den festgesetzten Baugrenzen unmittelbar entlang der Gleisanlagen der ... ermöglicht. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass der Plangeber neben diesen ausdrücklich normierten Ausnahmen keine weiteren zulassen wollte und die Baugrenzen bewusst gezogen hat. Eine Befreiung für das verfahrensgegenständliche Vorhaben würde zudem in einer Vielzahl von Fällen zu einer negativen Folgewirkung bezüglich weiterer Fremdwerbeanlagen sowie auch anderer, gewerblich genutzter baulicher Anlagen führen. Insoweit gab es nach Mitteilung der Beklagten bereits konkrete Nachfragen. Anhaltspunkte dafür, dass die Festsetzung der Baugrenzen vorliegend obsolet wäre, weil sie in einer Vielzahl von Fällen nicht eingehalten sei, gibt es nicht. Insbesondere liegen, wie auch durch den vom Gericht durchgeführten Augenschein bestätigt wurde, die weiteren Werbeanlagen auf dem streitgegenständlichen Grundstück entlang der Bahnlinie innerhalb der überbaubaren Grundstücksflächen. Nachdem es somit bereits an den tatbestandlichen Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB fehlt, hat die Klägerin keinen Anspruch auf die Erteilung einer Befreiung.

Im Hinblick darauf kommt es auch auf die Frage, ob die streitgegenständlichen Werbeanlagen auch gegen bauordnungsrechtliche Vorschriften verstoßen, nicht mehr entscheidend an. Dies gilt sowohl für die Frage der Einhaltung der erforderlichen Abstandsflächen nach Art. 6 BayBO (insoweit hat die Klägerin eine Abstandsflächenübernahme der Eigentümerin des Grundstücks Fl.Nr., Gemarkung, vorgelegt) als auch für die Frage, ob die Vorhaben verunstaltend i.S. des Art. 8 BayBO wirken.

cc) Die Klägerin kann sich nicht auf Bestandsschutz berufen.

Es gibt weder eine behördliche Zusicherung, von einer Beseitigungsanordnung abzusehen, noch eine Duldungsverfügung der Beklagten. Eine lediglich tatsächliche langjährige Duldung bewirkt, ungeachtet der Frage, ob eine solche im vorliegenden Fall zu bejahen ist, die Rechtsfolgen des Art. 38 Abs. 1 VwVfG nicht (BayVGH, B.v. 28.12.2016 – 15 CS 16.1774 – juris Rn. 33). Allein durch eine faktische behördliche Duldung, also ein Nichteinschreiten trotz behördlicher Kenntnis der Nutzung, selbst wenn diese über längere Zeit erfolgt ist, kann eine illegale bauliche Anlage nicht legal werden bzw. ein bestehender Widerspruch einer Nutzung zum öffentlichen Recht nicht aufgelöst werden (BayVGH, B.v. 28.12.2016 – 15 CS 16.1774 – juris Rn. 33). Die Befugnis, die Beseitigung einer formell und materiell illegalen Nutzung zu fordern, kann auch nicht verwirkt werden. Das folgt schon daraus, dass nur Rechte, nicht aber Pflichten, hier die behördliche Pflicht, für rechtmäßige Zustände zu sorgen, verwirkt werden können (BayVGH, B.v. 15.9.2006 – 15 ZB 06.2065 – juris Rn. 5 m.w.N.). Im Übrigen hat die Klägerin mit Ausnahme der behaupteten faktischen Duldung keinerlei Umstände benannt, aus denen sich schließen ließe, dass die Beklagte auf eine Beseitigung der streitgegenständlichen Plakatanschlagtafeln verzichten wolle. Eine längere faktische Duldung könnte somit ausschließlich im Rahmen des behördlichen Ermessens, also auf der Rechtsfolgenseite, relevant sein, wobei auch insofern im Vergleich zu ausdrücklichen Duldungszusagen ein allenfalls verminderter Vertrauenstatbestand zu berücksichtigen ist (BayVGH, B.v. 28.12.2016 – 15 CS 16.1774 – juris Rn. 33). Die fehlende Nachweisbarkeit des Bestandsschutzes geht zu Lasten des von der Beseitigungsanordnung Betroffenen.

dd) Das im Zusammenhang mit der Beseitigungsanordnung von der Beklagten ausgeübte Ermessen ist im Rahmen des nach § 114 Satz 1 VwGO im gerichtlichen Verfahren eingeschränkten Prüfungsumfanges nicht zu beanstanden.

Die Beseitigungsanordnung ist geeignet, um rechtmäßige Zustände wiederherzustellen und das Planungsziel des Bebauungsplans erreichen zu können. Hierfür ist die vollständige Beseitigung der Werbeanlagen erforderlich.

Die Beseitigungsanordnung ist auch verhältnismäßig. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit fordert, dass geeignete und erforderliche Maßnahmen einer Behörde in einem angemessenen Verhältnis zu den in der Folge der Maßnahme zu erwartenden Nachteilen stehen. Die Anordnung der Beseitigung ist vorliegend zwar mit einem gewissen finanziellen Aufwand und wirtschaftlichen Schaden für die Klägerin verbunden. Allerdings hält sich der technische Aufwand für die Beseitigung der Plakatanschlagtafeln voraussichtlich in Grenzen. Zudem können die Anschlagtafeln wohl so beseitigt werden, dass sie in ihrer Substanz nicht beschädigt werden und an einem geeigneten Standort wieder aufgebaut werden könnten. Der wirtschaftliche Schaden besteht nur darin, dass die bisher weder formell noch materiell rechtmäßige gewerbliche Nutzung des Standorts nun aufgegeben werden muss. Die Berücksichtigung des wirtschaftlichen Schadens unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit darf allerdings nicht dazu führen, dass im Ergebnis derjenige, der sich baurechtswidrig verhält, gegenüber dem rechtstreuen Bauherren, der sich vor der Errichtung des Bauvorhabens durch ein entsprechendes Verfahren bei der Bauaufsichtsbehörde vergewissert, ob das Vorhaben mit den öffentlich-rechtlichen Vorschriften vereinbar ist und bei einem für ihn nicht positiven Ausgang des Prüfungsverfahrens von der Ausführung des Bauvorhabens Abstand nimmt, bevorzugt wird.

Die Beseitigungsanordnung ist auch im Hinblick auf den langen Zeitraum, indem die Klägerin und ihre Rechtsvorgänger die Nutzung auf dem Grundstück unbeanstandet ausüben konnten, verhältnismäßig. Allein der Zeitablauf führt ohne ein hinzutretendes Umstandsmoment nicht zu einem Vertrauensschutz, der den Erlass der Beseitigungsanordnung unverhältnismäßig erschienen ließe.

Die der Klägerin gesetzte Frist für die Beseitigung ist ebenfalls verhältnismäßig. Gerade auch angesichts des Vorlaufs von nahezu zwei Jahren von der ersten Anhörung bis zum Erlass der Beseitigungsanordnung ist davon auszugehen, dass eine Frist von vier Wochen nach Unanfechtbarkeit des Bescheides, wie sie sich aus Nr. 1 des Bescheides ergibt, ausreichend ist. Die technische Umsetzung der Beseitigungsanordnung erscheint in diesem Zeitraum ohne weiteres möglich. Die Klägerin hat hierzu auch nichts vorgetragen.

ee) Die Beklagte hat auch in rechtlich nicht zu beanstandender Weise die Klägerin Adressatin der Beseitigungsanordnung herangezogen.

Mangels spezialgesetzlicher Regelungen in der Bayerischen Bauordnung ist für die Störerauswahl auf die allgemeinen sicherheitsrechtlichen Grundsätze, insbesondere auf Art. 9 LStVG, zurückzugreifen. Art. 9 LStVG unterscheidet zwischen dem Handlungsstörer, Art. 9 Abs. 1 Satz 1 LStVG und dem Zustandsstörer, Art. 9 Abs. 2 LStVG. Handlungsstörer ist derjenige, dessen Verhalten die Gefahr oder die Störung verursacht hat. Zustandsstörer ist der Inhaber der tatsächlichen Gewalt oder der Eigentümer einer Sache oder Immobilie, deren Zustand Grund für die Gefahr oder die Störung ist. Bei einer Mehrheit von Störern hat die Bauaufsichtsbehörde nach pflichtgemäßem Ermessen über deren Inanspruchnahme zu entscheiden.

Danach ist es sachgerecht, dass die Beklagte die Klägerin als diejenige, die die streitgegenständlichen Plakatanschlagtafeln gewerblich nutzt und insoweit die Verfügungsbefugnis besitzt, als Adressatin der Beseitigungsanordnung ausgewählt hat und die Eigentümerin des Grundstückes in Nr. 2 des Bescheides zur Duldung der Beseitigung verpflichtet hat.

b) Die in Nr. 3 des Bescheides angedrohten Zwangsgelder für den Fall der Zuwiderhandlung gegen die in Nr. 1 genannten Verpflichtungen sind ebenfalls rechtmäßig.

Sie finden ihre Rechtsgrundlage in Art. 29 Abs. 2 Nr. 1, Art. 31 Abs. 1 und Abs. 2, Art. 36 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 2 VwZVG. Die angedrohten Zwangsgelder sind hinreichend bestimmt. Die Beklagte hat für die beiden zu beseitigenden Plakatanschlagtafeln jeweils gesondert ein Zwangsgeld angedroht. Für die Klägerin ist daher hinreichend klar, unter welchen Voraussetzungen bei einem Verstoß gegen die oben genannten Verpflichtungen ein Zwangsgeld fällig wird.

Die Höhe der angedrohten Zwangsgelder ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Nach Art. 31 Abs. 2 Satz 1 VwZVG beträgt das Zwangsgeld mindestens 15,- EUR und höchstens 50.0000,- EUR. Dabei soll das Zwangsgeld nach Art. 31 Abs. 2 Satz 1 VwZVG das wirtschaftliche Interesse, das der Pflichtige an der Vornahme oder am Unterbleiben der Handlung hat, erreichen. Die Beklagte hat für die einzelnen Verpflichtungen jeweils ein Zwangsgeld in Höhe von 2.000 Euro angedroht. Die Höhe der angedrohten Zwangsgelder erscheint angesichts der wirtschaftlichen Bedeutung für die Klägerin angemessen, es ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin durch die Höhe der angedrohten Zwangsgelder in ihren Rechten verletzt wird.

Nach alledem war die Klage als unbegründet abzuweisen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Als im Verfahren unterlegen hat die Klägerin die Kosten des Verfahrens zu tragen. Der Ausspruch hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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published on 28/12/2016 00:00

Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 15.000 Euro festgesetzt.
published on 14/03/2007 00:00

Tenor Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 19. Januar 2006 - 12 K 475/05 - geändert. Der Bescheid der Beklagten vom 25. August 2004 wird aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, der Klägerin
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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen enthält, ist ein Vorhaben zulässig, wenn es diesen Festsetzungen nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(2) Im Geltungsbereich eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans nach § 12 ist ein Vorhaben zulässig, wenn es dem Bebauungsplan nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(3) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht erfüllt (einfacher Bebauungsplan), richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben im Übrigen nach § 34 oder § 35.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) Die Gemeinde beschließt den Bebauungsplan als Satzung.

(2) Bebauungspläne nach § 8 Absatz 2 Satz 2, Absatz 3 Satz 2 und Absatz 4 bedürfen der Genehmigung der höheren Verwaltungsbehörde. § 6 Absatz 2 und 4 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Erteilung der Genehmigung oder, soweit eine Genehmigung nicht erforderlich ist, der Beschluss des Bebauungsplans durch die Gemeinde ist ortsüblich bekannt zu machen. Der Bebauungsplan ist mit der Begründung und der zusammenfassenden Erklärung nach § 10a Absatz 1 zu jedermanns Einsicht bereitzuhalten; über den Inhalt ist auf Verlangen Auskunft zu geben. In der Bekanntmachung ist darauf hinzuweisen, wo der Bebauungsplan eingesehen werden kann. Mit der Bekanntmachung tritt der Bebauungsplan in Kraft. Die Bekanntmachung tritt an die Stelle der sonst für Satzungen vorgeschriebenen Veröffentlichung.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.