Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 17. Mai 2017 - Au 4 K 16.1275

bei uns veröffentlicht am17.05.2017

Gericht

Verwaltungsgericht Augsburg

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen hat der Kläger zu tragen.

III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger begehrt vom Beklagten den Erlass einer Beseitigungsanordnung gegenüber der Beigeladenen.

Der Kläger ist Eigentümer der Grundstücke Fl.Nrn. ... und ... der Gemarkung ... Die klägerischen Grundstücke sind insbesondere mit einem Wohnhaus sowie Nebengebäuden bebaut. Unmittelbar südlich an das Grundstück Fl.Nr. ... grenzen die Grundstücke Fl.Nrn. ... und, ebenfalls Gemarkung, an. Auf diesen befindet sich das Rathaus der Beigeladenen nebst Nebenanlagen, insbesondere einem Carport.

In einer notariellen Urkunde vom 17. Oktober 1991 belastete die Beigeladene das Grundstück Fl.Nr. ... zugunsten des jeweiligen Eigentümers des Grundstücks Fl.Nr. ... mit einer Grunddienstbarkeit dahin gehend, dass sich der jeweilige Eigentümer des dienenden Grundstücks Fl.Nr. ... zugunsten des jeweiligen Eigentümers des herrschenden Grundstücks Fl.Nr. ... verpflichtet, eine in der Urkunde näher bezeichnete Abstandsfläche an der gemeinsamen Grundstücksgrenze nicht zu bebauen. Die gleiche Baubeschränkungsverpflichtung übernahm die Beigeladene gegenüber dem Beklagten; sie bestellte zu dessen Gunsten eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit.

Mit Bescheid vom 26. Februar 1998 erteilte das Landratsamt ... der Beigeladenen die Baugenehmigung für das Vorhaben „Instandsetzung und Erweiterung Rathaus ... samt Neugestaltung der Freiflächen im Umfeld Rathaus/Kirche“ auf den Grundstücken Fl.Nrn. ... und ... Mit Bescheid vom 28. September 1999 erteilte das Landratsamt ... der Beigeladenen die Baugenehmigung für das Bauvorhaben „Abbruch des Nebengebäudes, Errichtung eines Carports mit Garagen“ auf dem Grundstück Fl.Nr. ... im vereinfachten Genehmigungsverfahren gemäß Art. 73 BayBO 1998.

Ausweislich einer von der Beigeladenen beim Ortstermin übergebenen Broschüre fand die Einweihung des neuen Rathauskomplexes (nebst Carport) am 10. November 2000 statt.

Im Jahre 2012 begehrten der Kläger und seine Ehefrau vor dem Verwaltungsgericht Augsburg vom Beklagten eine Nutzungsuntersagung und die Beseitigung eines Anbaus am früheren kommunalen Gefrierhaus auf den Grundstücken Fl.Nrn. ... und ... Diese Klage wurde mit Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 18. Mai 2012 abgewiesen (Au 4 K 12.50).

Mit Bescheid vom 22. Mai 2015 stellte das Landratsamt Bauarbeiten zur Änderung des Carports des Klägers auf dem Grundstück Fl.Nr. ... ein. Ferner forderte das Landratsamt mit Schreiben/Bescheid vom 26. Mai 2015 vom Kläger die Vorlage eines Bauantrags für die Umbauarbeiten an seiner Garage bis 1. Juli 2015. Der Kläger legte jeweils Rechtsbehelfe zum Verwaltungsgericht Augsburg ein (Au 4 K 15.905; Au 4 S. 15.906; Au 4 K 15.909), über die in Folge eines gerichtliche Ortstermins am 13. August 2015 nicht streitig entschieden werden brauchte. Mit Bescheid vom 24. Juni 2016 erteilte das Landratsamt dem Kläger und seiner Ehefrau die Baugenehmigung für das Vorhaben „Umbau einer bestehenden Garage mit Carport“ auf dem Grundstück Fl.Nr. ...

Aus einem Schreiben des Landratsamts ... vom 23. Mai 2015 ergibt sich, dass der Kläger mit Schreiben vom 3. März 2015 bei der Polizeiinspektion ... Strafanzeige gegen die Beigeladene wegen baurechtlicher Ordnungswidrigkeiten beim Rathausbau angezeigt hatte. Darin habe der Kläger mitgeteilt, dass entgegen der genehmigten Planung im Rathaus der Beigeladenen ein Aufzug eingebaut worden sei, dass die erforderliche Abstandsfläche nicht eingehalten werde sowie beim Carport eine Eingangstür zugemauert worden sei. In dem Schreiben vom 23. März 2015 teilte das Landratsamt dem Kläger mit, dass kein Anlass zu bauaufsichtlichem Einschreiten bestehe. Die Gemeinde räume ein, dass beim Bau des Carports versehentlich ca. 5 qm des klägerischen Grundstücks überbaut worden seien. Andererseits habe der Kläger ca. 3 qm des Grundstücks der Beigeladenen überbaut. Ein Lösungsvorschlag, der die Abgeltung der Differenzbeträge und eine Tragung der Vermessungskosten durch die Beigeladene vorgesehen habe, sei vom Kläger abgelehnt worden. Es stehe dem Kläger frei, seine Rechte wegen des Überbaus auf dem Zivilrechtsweg zu verfolgen. Dem schloss sich weiterer Schriftverkehr zwischen dem Landratsamt und dem Klägerbevollmächtigten an, wobei klägerseits auch eine planabweichende Ausführung des Rathausbaus geltend gemacht wurde, so dass eine wesentliche Verletzung von Abstandsflächen vorliege.

Mit Schreiben vom 8. April 2016 wandte sich der Kläger an das Bayerische Staatsministerium der Justiz und rügte die Nichtbeachtung der vereinbarten Grunddienstbarkeit durch die Beigeladene sowie die Verletzung von Abstandsflächen gemäß Art. 6 BayBO. Insbesondere seien die Bauvorlagen bezüglich des Rathauses nach der Unterschrift durch die Nachbarn von der Beigeladenen verändert worden. Damit hätten sich auch die verbundenen Abstandsflächen verändert. Eine Information der Nachbarn sei nicht mehr erfolgt. Bei der Realisierung der Rathauserweiterung seien die Grenzabstände zur Fl.Nr. ... weiter verringert und dabei weitere Abstandsflächen zu Unrecht in Anspruch genommen worden.

Mit Schreiben vom 1. Februar 2016 forderte der Kläger das Landratsamt ... als Bauaufsichtsbehörde zu „repressivem bauaufsichtlichem Einschreiten“ auf, da nachbarschützende Vorschriften des Baurechts durch den Rathausbau verletzt worden seien. Gerügt wurde erneut eine Nichtbeachtung bzw. Verletzung der vereinbarten Grunddienstbarkeit, die Veränderung der Planung nach der Nachbarunterschrift sowie eine planabweichende, insbesondere noch grenznähere Bebauung. Das Landratsamt sei zu keinem Zeitpunkt seinen Aufgaben nachgekommen.

Am 6. September 2016 ließ der Kläger Untätigkeitsklage zum Verwaltungsgericht Augsburg erheben mit folgenden Anträgen:

I.

Der Beklagte wird verpflichtet, gegenüber der Beigeladenen eine Beseitigungsanordnung (Rückbau) insoweit zu erlassen, als die Beigeladene beim sog. Rathausbau (Bauvorhaben: Instandsetzung und Erweiterung Rathaus ... samt Neugestaltung der Freiflächen im Umfeld Rathaus/Kirche, Fl.Nr. ... und, Gemeinde ...) unter Verstoß gegen die Abstandsflächenvorschriften zu den Grundstücken des Klägers (insbesondere Fl.Nr. ... Gemarkung ...) das Vorhaben errichtet hat.

II.

Hilfsweise: Über den Antrag des Klägers auf bauaufsichtliches Einschreiten, zuletzt vom 1.2.2016, wird unter der Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts entschieden.

Zur Begründung wurde ausgeführt: Durch den Bauantrag der Beigeladenen zur Erweiterung ihres Rathauses unter Mitplanung von Carports, der vom Kläger bzw. den Rechtsvorgängern zunächst unterschrieben worden sei, sei eine entsprechende Ausführung erfolgt. Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens sei jedoch ohne entsprechende erneute Nachbarschaftsbeteiligung eine Veränderung des Vorhabens der Beigeladenen durchgeführt und durch

„Überkleben“ insbesondere, als Tektur bezeichnet, ein Aufzug eingeplant worden. Dies stelle nach Auffassung des Klägers erneut die Abstandsflächenfrage.

Im Weiteren wurde zunächst auf den Inhalt der notariellen Vereinbarung vom 17. Oktober 1991 verwiesen, auch auf die dort von der Beigeladenen gegenüber dem Freistaat Bayern übernommene Baubeschränkungsverpflichtung.

Der Genehmigungsbescheid vom 26. Februar 1998 sei an den Kläger nicht zugestellt worden. In der Folge sei, was erst viel später habe aufgeklärt werden können, das Bauvorhaben zum einen planabweichend verwirklicht worden (andere Traufhöhen, andere Dachneigung), was wiederum die Abstandsflächenfrage neu aufwerfe, ferner sei entgegen der auch zugunsten des Freistaats Bayern bestehenden beschränkten persönlichen Dienstbarkeit eine Überlappung der Abstandsflächen erfolgt. Das 16 m-Privileg führe zu keiner anderen Beurteilung. Hinzu komme noch eine offenkundig zivilrechtswidrige Überbauung durch die Beigeladene mit einer nicht streitgegenständlichen Grenzmauer. Der Kläger habe daher bereits mehrfach Anträge auf bauaufsichtliches Einschreiten und Prüfung gestellt.

Insbesondere aufgrund der planabweichenden Errichtung des Gebäudes, der Dachneigung von über 45° sowie der planabweichenden Stellung des Gebäudes komme es zu beachtlichen Verstößen gegen die Abstandsflächenvorschriften, für die offenkundig keine Ausnahme o.ä. erteilt worden sei. Gleichzeitig liege eine schlicht unzulässige Abstandsflächenüberlappung vor. Obwohl der Beklagte seinerzeit von der Erforderlichkeit der Einhaltung von Abstandsflächen ausgegangen sei, sei kein bauaufsichtliches Einschreiten erfolgt. Lediglich an den Kläger seien bauaufsichtliche Maßnahmen ergangen.

Überraschenderweise stellte sich der Beklagte nunmehr auf den Standpunkt, dass wegen Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO keine oder nur eine geringere Abstandsfläche einzuhalten sei. Diese Änderung der Rechtsauffassung sei nicht nachvollziehbar. Soweit sie darauf beruhe, dass die jetzige Bebauung der Beigeladenen als prägend angesehen werde, sei anzumerken, dass genau diese hier streitgegenständlich sei. Darüber hinaus sei nicht berücksichtigt, dass planabweichend gebaut worden sei; insbesondere sei eine planabweichende Dachneigung erfolgt, bei der auch die Abstandsflächenfrage neu zu stellen sei. Jedenfalls sei ein Bauantrag zu stellen. Der Beklagte fordere den Kläger zur Vorlage von einem Bauantrag auf, nicht aber die Beigeladene. Es bestehe ein Anspruch des Klägers auf bauaufsichtliches Einschreiten, da möglicherweise sogar vorsätzliche Verstöße vorlägen. Darüber hinaus müsse gerade von einer Selbstverwaltungskörperschaft verlangt werden, dass sie sich an die Bauvorschriften halte. Es sei nicht nachvollziehbar, dass die Beklagte ermessensgerecht regelmäßig gegen den Kläger bauaufsichtlich tätig werde, nicht aber gegenüber der Beigeladenen.

Der Hilfsantrag sei für den Fall gestellt, dass das Gericht keine Ermessensreduktion auf null annehme. Die Klage sei auch nach § 75 VwGO zulässig, da mehr als drei Monate über den Antrag nicht entschieden worden sei.

Mit Schreiben vom 12. September 2016 beantragte die Bevollmächtigte der Beigeladenen,

die Klage abzuweisen.

Mit Schreiben vom 28. Oktober 2016 beantragte der Beklagte,

die Klage abzuweisen.

Das Landratsamt sehe bei pflichtgemäßer Ermessensausübung keinen Anlass für bauaufsichtliches Einschreiten gegen die Beigeladene. Insbesondere liege kein Fall der Ermessensreduzierung auf null vor.

Dargestellt wurden zunächst die vorangehenden verwaltungsrechtlichen Streitigkeiten und Verfahren zwischen Kläger sowie Beklagtem und Beigeladener. Weiter wurde ausgeführt, es sei richtig, dass es während des Genehmigungsverfahrens zum Rathausneubau im Jahr 1997 insoweit zu Umplanungen gekommen sei, als die Beigeladene entgegen ihrer ursprünglichen Absicht einen Aufzug im Erweiterungsbau habe errichten wollen. Dementsprechend seien die Planunterlagen am 4. März 1998 überklebt worden. Die Baugenehmigung datiere zwar vom 26. Februar 1998 (also einem Datum vor dem Einkleben der Änderungen in die Planunterlagen); da die Genehmigung bei der Gemeinde aber erst am 10. März 1998 eingegangen sei, könne angenommen werden, dass die Versendung des Bescheids nach der Änderung der Planunterlagen am 4. März 1998 erfolgt sei. Insofern müsse davon ausgegangen werden, dass die Baugenehmigungsbehörde auch die beabsichtigte Änderung in ihren Willen aufgenommen und genehmigt habe. Dafür spreche auch, dass Ziffer 1 der Auflagen zur Baugenehmigung auf „Änderungen“ sowie Planeinträge verweise und die Planunterlagen den Vermerk „Tektur 16.2.1998“ trügen. Es sei daher davon auszugehen, dass die Genehmigung am 10. März 1998 wirksam geworden sei. Ein Tekturantrag sei daher nicht nötig gewesen.

Der Akte lasse sich eine Zustellung an den Kläger nicht entnehmen. Dies dürfe damit zusammenhängen, dass der Kläger die ursprünglichen Pläne unterschrieben habe und ihm die geänderten Pläne nicht vorgelegt worden seien. Wirksamkeit und materielle Rechtmäßigkeit der Genehmigung seien dadurch aber nicht beeinflusst worden.

In der Sache sei die Baugenehmigung auch materiell rechtmäßig ergangen. Zwar bestehe eine Unterschreitung der Abstandsflächen seitens der Gemeinde durch die Gebäudeecken des Rathauses auf dem Flurstück Nr., die nur ca. 1,20 m bzw. ca. 1,80 vom Flurstück Nr. ... entfernt seien. Die Überschreitungen der Grenze durch Gebäude auf der Fl.Nr. ... (Kläger) und den Fl.Nrn. ... und ... (Beigeladene) sei auf einem digitalen Lageplan schon auf den ersten Blick erkennbar. Das Vorhaben befinde sich jedoch in einem Gebiet, in dem aufgrund der vorhandenen Umgebungsbebauung nach planungsrechtlichen Vorschriften keine Abstandsflächen einzuhalten seien (vgl. Art. 6 Abs. 1 Satz 2 BayBO 1998). Die Umgebung sei geprägt von Gebäuden, die zum historischen Dorfkern gehörten und keine oder nur geringe Abstände zu den Nachbargrundstücken aufwiesen. Aus dieser Umgebungsbebauung ergebe sich damit klar, dass auch an den Grundstücksgrenzen der Fl.Nrn., ... und ... an die Nachbargrenze angebaut werden dürfe. Ein Verstoß gegen öffentlich-rechtliches Abstandsflächenrecht sei damit nicht ersichtlich.

Soweit der Kläger mit seiner Strafanzeige auch die Lage des Carports gerügt habe, räume die Beigeladene ein, dass beim Bau versehentlich 5 qm des Nachbargrundstücks überbaut worden seien. Andererseits habe der Kläger selbst 3 qm des Grundstücks der Gemeinde überbaut. Ein Lösungsvorschlag, der die Abgeltung der Differenzbeträge und eine Tragung der Vermessungskosten durch die Gemeinde vorgesehen habe, sei abgelehnt worden. Der Umstand, dass beim Carport eine genehmigte Tür nicht ausgeführt worden sei, stelle keinen Umstand dar, der die Gemeinde zur Stellung eines Tekturantrags verpflichtet habe.

Als Zwischenergebnis bleibe daher, dass die Baugenehmigungen für die Erweiterung des Rathauses und Carport formell und materiell rechtmäßig erschienen, so dass es schon an den tatbestandlichen Voraussetzungen für bauaufsichtliches Einschreiten nach Art. 76 BayBO fehle. Nähme man hilfsweise deren Vorliegen dennoch an, so sei jedenfalls auf Ebene des Ermessens zu berücksichtigen, dass der Kläger erst mehr als zehn Jahre nach Fertigstellung des Vorhabens begonnen habe, dagegen Einwände zu erheben. Vor diesem Hintergrund habe und sehe weiterhin die Baugenehmigungsbehörde unter Berücksichtigung der getroffenen Feststellungen keinen Anlass, bauaufsichtlich gegen die Beigeladene vorzugehen. Etwaige – derzeit nicht ersichtliche – Ordnungswidrigkeiten seien verjährt. Wegen des Überbaus des klägerischen Grundstücks durch den Carport sei es dem Kläger zuzumuten, seine Rechte auf dem Zivilrechtsweg zu verfolgen. Auch der Carport des Klägers überschreite die Grenze zwischen Fl.Nrn. ... und ... Die grenzüberschreitende Außenmauer habe der Kläger im Mai 2015 begonnen zurückzubauen.

Eine einvernehmliche Lösung der Problematiken durch Einigung auf privatrechtlichem Weg sei bereits versucht worden und gescheitert. Sie sei durch die zerrütteten nachbarschaftlichen Beziehungen auch weiterhin nahezu ausgeschlossen. Der Verletzung eigener Rechte durch Überbau des gemeindeeigenen Carports auf seinem Grundstück müsse sich der Kläger auch entgegenhalten lassen, dass der Überbau der Begrenzungsmauer seines Carports die Rechte der Gemeinde in gleicher Weise beeinträchtige. Er habe zwar begonnen, seinen eigenen Grenzüberbau zu beseitigen; die hierfür erforderliche Genehmigung sei am 24. Juni 2016 erteilt worden. Hinsichtlich der angekündigten eigenmächtigen Beseitigung auch des Überbaus der Gemeinde sei gegebenenfalls wiederum bauaufsichtliches Einschreiten gegenüber dem Kläger angezeigt.

Ein Anlass, bauaufsichtlich gegen die Beigeladene vorzugehen, werde im Ergebnis nach wie vor unter Berücksichtigung aller vorstehenden vorgetragenen Aspekte dieses Einzelfalls weder in Bezug auf die Erweiterung des Rathauses noch in Bezug auf den Carport gesehen. Da von einer Beeinträchtigung materieller öffentlicher baurechtlicher Vorschriften nicht auszugehen sei, stünde jedenfalls einer Beseitigungsanordnung bereits auf tatbestandlicher Ebene ein Hindernis entgegen, jedenfalls auf Ebene der Ermessensausübung die Verhältnismäßigkeit.

Am 22. November 2016 führte der Berichterstatter im Beisein von Vertretern der Beteiligten einen Augenscheinstermin durch. Dort bat das Gericht den Vertreter des Beklagten, der Behauptung der Klägerseite nachzugehen, die Dachneigung beim Rathaus betrage planabweichend mehr als 45°. Gleiches gelte hinsichtlich der vorgetragenen abweichenden Errichtung der Außenwände zum Kläger hin. Zur Vorbereitung dieser Überprüfung werde die Klägerseite näher dazu vortragen, inwieweit Rathaus und Carport planabweichend errichtet worden seien.

Mit Schriftsatz vom 30. November 2016 trug der Klägerbevollmächtigte zu den nach Auffassung des Klägers bestehenden baurechtswidrigen Details vor. Bezüglich des Carports gelte, dass zum einen ein vom Vermessungsamt festgestellter Überbau zur Fl.Nr. ... (des Klägers) mit bis zu 0,55 m bestehe, was eine Inanspruchnahme des klägerischen Grundstücks von rund 6 qm ergebe. Des Weiteren sei das ganze Gebäude in östlicher Richtung versetzt, so dass es, jedenfalls teilweise, auf der notariell eingetragenen übernommenen Abstandsfläche zu liegen komme. Der Carport selbst sei darüber hinaus höher gebaut. Die Dachneigung betrage tatsächlich 48°. Die Firsthöhe sei anders als im genehmigten Plan. Dies sei auch durch ein Schreiben der Regierung von ... bestätigt worden. Rechtswidrige Zustände bestünden auch insoweit, als das Niederschlagswasser zusätzlich auf das Grundstück des Klägers abgeleitet werde. Eine innenliegende Dachrinne oder Ähnliches sei nicht errichtet worden, wie aber bei einem Grenzanbau zwingend erforderlich.

Die Grenzwand/Stützmauer in Fortsetzung des Carports sei deutlich überbaut und befinde sich im Bereich der Grenze.

Beim Rathausgebäude sei festzuhalten, dass die meisten Veränderungen und Abweichungen im Bereich des Mittelbaus feststellbar seien. Der Grenzabstand sei nicht wie eingetragen, die Dachneigung sei größer als 45°; tatsächlich seien nur 43° genehmigt, durch den Aufzug sei es erforderlich geworden, eine entsprechende Erhöhung vorzunehmen.

Am 20. Februar 2017 nahm das Amt für Digitalisierung, Breitband und Vermessung ... im Beisein von Vertretern der Beteiligten Vermessungen an dem Rathauskomplex vor und erstellte anschließend eine Ausarbeitung.

Zu den Untersuchungsergebnissen des Vermessungsamts nahm der Beklagte mit Schreiben vom 8. Mai 2017 Stellung.

Die Beigeladene nahm mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 9. Mai 2017 Stellung. Es sei zu keinem Zeitpunkt bestritten worden, dass an der gemeinsamen Grenze zwischen Fl.Nr. ... und Fl.Nrn. ... und ... ein Überbau vorliege. Dieser betrage jedoch entgegen den Ausführungen des Klägers nicht bis zu 0,55 m, sondern gemäß den Feststellungen des Vermessungsamts nur 0,39 m. Hier sei zu berücksichtigen, dass auch seitens des Klägers ein Überbau vorliege. Weiter sei der Vortrag des Klägers unzutreffend, dass das ganze Gebäude in östlicher Richtung versetzt sei. Die Lage des Gebäudes entspreche vielmehr dem eingereichten und genehmigten Bauantrag. Anders als der Kläger behaupte, bestünden keine rechtswidrigen Zustände betreffend etwaiges Niederschlagswasser, das auf das Grundstück des Klägers abgeleitet werde. Die Beigeladene habe eine innenliegende Dachrinne installiert. Im Bereich der sich überschneidenden Mauern sei durch einen Spenglerbetrieb fachmännisch einvernehmlich mit dem Kläger eine Sonderkonstruktion gefertigt und installiert worden. Die Kosten hierfür seien vom Kläger und der Beigeladenen gemeinsam getragen worden. Unrichtig sei die Behauptung des Klägers, dass die Dachneigung des Rathauses größer als 45° sei. Nach den Berechnungen des Vermessungsamts betrage die Neigung 43°; dies entspreche dem Bauantrag. Soweit der Kläger vortrage, beim Bau des Carports sei fahrlässig gehandelt worden, sei darauf hinzuweisen, dass im genehmigten Bauplan klar und deutlich die Garage des Klägers und die Überlappung durch den Carport erkennbar seien. Dies bedeute, dass diese Überschneidung bereits aus dem Bauantrag ersichtlich gewesen sei und damit auch der Kläger, der den Bauantrag unterschrieben habe, entweder an die Abstandsflächenvereinbarung nicht gedacht habe, wie auch die Beigeladene, oder dies zum damaligen Zeitpunkt schlicht akzeptiert habe. Schließlich sei zu bemerken, dass die nunmehr seitens des Klägers erhobenen Einwände rund zehn Jahre nach Fertigstellung des Vorhabens der Beigeladenen als rechtsmissbräuchlich einzuordnen sein dürften.

Der Klägerbevollmächtigte nahm mit Schriftsatz vom 15. Mai 2017 nochmals Stellung. Im Wesentlichen wurde geltend gemacht, dass angesichts der Ergebnisse der Vermessung ein planabweichendes Bauen durch die Beigeladene nachgewiesen sei. Anders als die Beigeladene vortrage, habe sie eine Überbauung nicht um 0,39 m, sondern durch eine Grenzmauer im Anschluss an den Carport um 0,55 m vorgenommen; diese liege insgesamt auf dem Grundstück des Klägers. Auch der Mittelbau des Rathauses sei in nicht unerheblichem Umfang in Richtung des klägerischen Grundstücks verschoben worden. Es sei auch unerklärlich, weshalb den Beklagten die Verletzung der zu seinen Gunsten eingeräumten Dienstbarkeit nicht interessiere. Der Kläger handele auch nicht rechtsmissbräuchlich. Er habe immer wieder Einwendungen erhoben. Die tatsächlich genehmigten Pläne seien ihm nicht vorgelegt worden; auch im Nachgang habe er die tatsächlich genehmigte Planung nicht klären können. Vielmehr gehe der Kläger davon aus, dass die Beigeladene vorsätzlich planabweichend gebaut habe. Auf Rechtsmissbrauch könne sich die Beigeladene daher nicht berufen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten sowie die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist unzulässig. Der Kläger hat sein Klagerecht verwirkt. Dies gilt sowohl in Bezug auf die vom Kläger geltend gemachte Errichtung des Rathauskomplexes, die auf ihm nicht zur Unterschrift vorgelegten Planänderungen beruht (1.), als auch in Bezug auf eine im Vergleich zur erteilten Baugenehmigung planabweichende Verwirklichung des Vorhabens (2.). Etwaige zivilrechtliche Ansprüche des Klägers aus der von ihm vorgelegten notariellen Urkunde vom 17. Oktober 1991 oder wegen eines Überbaus seines Grundstücks spielen im vorliegenden verwaltungsprozessualen Verfahren keine Rolle.

1. Soweit der Kläger rügt, im Rahmen des Genehmigungsverfahrens sei ohne erneute Nachbarschaftsbeteiligung eine Veränderung des Vorhabens der Beigeladenen durch

„Überkleben“ erfolgt, hat er sein Klagerecht verwirkt, weil er gegen die der Beigeladene erteilte Baugenehmigung keinen Rechtsbehelf eingereicht hat.

Die Kammer hat keinen Zweifel daran, dass die vom Kläger angesprochenen „Überklebungen“ in den mit dem Baugenehmigungsbescheid vom 26. Februar 1998 genehmigten Plänen wirksam Teil dieser Baugenehmigung geworden sind. Die Pläne – ursprünglich vom 1. August 1997 und in dieser Fassung vom Kläger unterschrieben – tragen den (überwiegend handschriftlichen) Zusatz „Tektur 16.02.1998“, also ein Datum vor demjenigen der Baugenehmigung. Zwar führt der Beklagte an, die Überklebung sei erst am 4. März 1998 erfolgt. Gem. Art. 43 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG wird ein Verwaltungsakt jedoch (erst) im Zeitpunkt der Bekanntgabe wirksam, und zwar mit dem Inhalt, mit dem er bekannt gegeben wird (Art. 43 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG). Die Bekanntgabe an die Beigeladene erfolgte hier – wie auch durch einen Eingangsstempel belegt – unstreitig erst am 10. März 1998, so dass davon auszugehen ist, dass die Baugenehmigung mit den „Überklebungen“ in den Plänen wirksam wurde.

Zwar sind dem Kläger – ebenso unstreitig – diese Planänderungen seinerzeit nicht vorgelegt worden; ebenso wenig ist die in dieser Form rechtlich existent gewordene Baugenehmigung dem Kläger damals zugestellt oder bekannt gegeben worden. Jedoch verliert der Nachbar in Bezug auf eine Baugenehmigung, die ihm zwar nicht bekanntgegeben worden ist, von der er aber in anderer Weise sichere Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen müssen, seine Anfechtungsbefugnis, wenn er nicht innerhalb der (Jahres-)Frist des § 58 Abs. 2 VwGO den nötigen Rechtsbehelf einlegt (vgl. BVerwG, B.v. 28.8.1987 – 4 N 3/86 – BVerwGE 78, 85; BVerwG, U.v. 25.1.1974 – IV C 2.72 – BVerwGE 44, 294). So liegen die Dinge hier.

Der Kläger hat von der Baugenehmigung – in der der Beigeladenen erteilten Fassung – positive Kenntnis erlangt. Dies ergibt sich aus einem in den Akten befindlichen Schreiben des Klägerbevollmächtigten vom 23. April 2015, wonach der Kläger letztendliche echte Kenntnis davon, wie sich die Genehmigungssituation aufgrund der Änderungen tatsächlich darstelle, erst durch seinen Bevollmächtigten erfahren habe, und zwar als Folge einer Einsicht in die Bauakte über die rechtsanwaltliche Vertretung der Gemeinde ... am 13. März 2015. Jedenfalls im Kern sei erst im Rahmen der Einsicht über die Gemeinde selbst für den Kläger klar geworden, dass hier eine Änderung der Planung im Verfahren erfolgt sei, ohne erneute Durchführung der Nachbarbeteiligung und ohne dass gesonderte Änderungspläne eingereicht worden seien, sondern dass die Bestandspläne, auf denen sich auch die Unterschrift des Klägers befinde, durch Überklebungen verändert worden seien.

Innerhalb der damit spätestens seit 23. April 2015 laufenden Jahresfrist (§ 58 Abs. 2 VwGO) hat der Kläger keinen Rechtsbehelf eingelegt. Dabei kann offen bleiben, ob in Bezug auf die Baugenehmigung vom 26. Februar 1998 bei Kenntniserlangung im Jahr 2015 unter Heranziehung der Übergangsvorschrift in § 2 des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung der Verwaltungsgerichtsordnung vom 22. Juni 2007 (GVBl. 390) ein Widerspruch oder die Anfechtungsklage der statthafte Rechtsbehelf gewesen wäre. Denn der Kläger hat von keinem der beiden Rechtsbehelfe Gebrauch gemacht. Die vorliegende Klage kann wegen der Bindung des Gerichts an die gestellten Anträge, § 88 VwGO, nicht als Anfechtungsklage gegen die Baugenehmigung gewertet werden; sie wäre überdies nicht innerhalb der Jahresfrist erhoben worden.

Unabhängig davon hätte der Kläger schon viel früher – spätestens im Zeitpunkt der Einweihung des neuen Rathauskomplexes am 10. November 2000 von der – auch gegenüber den ihm vorgelegten Plänen abweichenden – Baugenehmigung Kenntnis erlangen müssen. Spätestens zu diesem Zeitpunkt musste sich dem Kläger das Vorliegen der Baugenehmigung in der erteilten Fassung aufdrängen und war es ihm möglich und zumutbar, sich hierüber – etwa durch Anfrage bei dem Bauherrn oder der Baugenehmigungsbehörde – Gewissheit zu verschaffen (BVerwG, B.v. 28.8.1987 – 4 N 3/86 – BVerwGE 78, 85 – juris Rn. 15; BVerwG, U.v. 25.1.1974 – IV C 2.72 – BverwGE 44, 294 – juris Rn. 25). Die Änderungen in den Plänen betrafen insbesondere einen nachträglich geplanten Aufzug, der im Bereich der dem klägerischen Grundstück zugewandten (Nord-) Seite des Rathauskomplexes liegt. Der Einbau dieses Aufzugs machte – in Fortsetzung des nötigen Schachtes – einen Aufbau auf dem nur flach geneigten Pultdach dieses Gebäudeteils nötig, der vom klägerischen Grundstück deutlich sichtbar ist. Der Kläger hat selbst auf diese Erhöhung hingewiesen und geltend gemacht, durch die Tektur (Überklebungen) würde sich die erneute Abstandsflächenfrage stellen. Da die Abstandsflächen von der Wandhöhe abhängen (Art. 6 Abs. 4 BayBO), macht der Kläger insoweit offenbar eine Erhöhung der Wandhöhe durch die Tektur geltend. Dies hätte der Kläger jedoch spätestens mit Einweihung des Gebäudekomplexes erkennen können. Im Übrigen kommt es nicht allein auf solche Änderungen an, die vom klägerischen Grundstück ohne weiteres erkennbar waren. Ebenso wenig ist erforderlich, dass der Kläger die Abweichungen von den ihm vorgelegten Plänen positiv erkannte. Spätestens mit Einweihung des Rathauses war dem Kläger bekannt, in welcher Form die Beigeladene dieses (insgesamt) errichtet hatte. Dass dem Kläger möglicherweise das Vorhaben in der von ihm unterschriebenen Form nicht mehr (vollständig) präsent war und er das tatsächliche Erscheinungsbild des Rathauses nicht mit den von ihm unterschriebenen Plänen ohne weiteres abgleichen konnte, ist unerheblich, da dies Umstände sind, die in seine Sphäre fallen. Bei der gebotenen objektiven Betrachtung war der Kläger jedenfalls im Stande, Abweichungen gegenüber den ihm vorgelegten Plänen zu erkennen und diesbezüglich, wie geboten, gegebenenfalls beim Beklagten und / oder der Beigeladenen nachzufragen, ob eine abweichende Baugenehmigung erteilt worden war.

Der Kläger muss sich daher nach Treu und Glauben so behandeln lassen, als wäre ihm die Baugenehmigung in der der Beigeladenen erteilten Fassung bereits spätestens Ende 2000 bekannt gegeben worden. Einen Widerspruch hat er seinerzeit binnen Jahresfrist, § 70 i.V.m. § 58 Abs. 2 VwGO, nicht eingelegt, so dass er sein Klagerecht bezüglich der gegenüber den ihm bekannten Plänen abweichenden Errichtung verwirkt hat.

2. Der Kläger hat sein Klagerecht auch in Bezug auf die vom ihm gerügte, von der Baugenehmigung abweichende Errichtung des Rathauskomplexes verwirkt.

Auch ein Klagerecht auf Durchsetzung eines Anspruchs auf bauaufsichtliches Einschreiten kann verwirkt sein, wenn die verspätete Geltendmachung des Anspruchs gegen Treu und Glauben verstößt (vgl. BayVGH, B.v. 8.1.2014 – 15 ZB 12.1236 – juris Rn. 5; BayVGH, B.v. 21.7.2008 – 2 ZB 05.786 – juris Rn. 16). Ein solcher Fall liegt hier vor.

Ein (prozessuales oder materielles) Recht darf nicht mehr ausgeübt werden, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung längere Zeit verstrichen ist (Zeitmoment) und besondere Umstände hinzutreten, welche die verspätete Geltendmachung als treuwidrig erscheinen lassen (Umstandsmoment; vgl. etwa BayVGH, B.v. 6.3.2017 – 15 ZB 16.562 – juris Rn. 13). Wenn jedoch der Beschwerte eine derart lange Zeit abgewartet hat, dass mit einem Tätigwerden schlechthin nicht mehr zu rechnen war, kann von der Verwirkung des Rechtsschutzinteresses auch dann ausgegangen werden, wenn das Umstandsmoment in den Hintergrund tritt (BayVGH, B.v. 8.1.2014 – 15 ZB 12.1236 – juris Rn. 5; BayVGH, B.v. 2.9.2011 – 7 ZB 11.1033 – juris Rn. 10 [dazu BVerfG, B.v. 27.12.2012 – 1 BvR 2862/11, 1 BvR 2046/12 – juris]). Dies ist hier anzunehmen.

Nach Aktenlage hat der Kläger bezüglich einer planabweichenden Rathauserweiterung erstmals konkrete Einwendungen in einer Strafanzeige vom 3. Mai 2015 erhoben, mithin knapp 14 ½ Jahre nach Einweihung des gesamten Rathauskomplexes. Der Vortrag des Klägers, „immer wieder“ Einwendungen erhoben zu haben, ist unsubstantiiert; konkrete Schreiben oder Aktivitäten hat er nicht dargelegt. Die früheren Auseinandersetzungen zwischen Kläger und Beigeladener bzw. Beklagtem betrafen andere bauliche Anlagen. Im Übrigen hat der Kläger jedenfalls erst mit der vorliegenden Klage Anfang September 2016 und damit erst knapp 16 Jahre nach Einweihung rechtliche Schritte zur Durchsetzung seiner etwaigen Nachbarrechte unternommen (vgl. dazu BayVGH, B.v. 8.1.2014 – 15 ZB 12.1236 – juris Rn. 5). Nach einem derart langen Zeitraum war mit einem Tätigwerden des Klägers schlechthin nicht mehr zu rechnen. Selbst wenn darauf abgestellt wird, dass der Kläger bereits etwa ab dem Frühjahr 2010 versucht hat, gegen die Beigeladene vorzugehen (vgl. dazu Tatbestand des Urteils vom 18.5.2012 – Au 4 K 12.50), hätte der Kläger eine derart lange Zeit zugewartet, dass eine Verwirkung anzunehmen ist. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat zu einer ebenfalls auf bauaufsichtliches Einschreiten gerichteten Klage entschieden, dass selbst dann, wenn ein Zeitraum von über 10 Jahren, in dem der Kläger nichts gegen das Bauvorhaben unternommen hat, zugunsten des Klägers zu verkürzen wäre, bei Erhebung der Untätigkeitsklage – dort etwa 12 Jahre nach Fertigstellung des Rohbaus – bereits ein derart langer Zeitraum verstrichen gewesen sei, dass mit einem solchen Handeln des Klägers schlechthin nicht mehr zu rechnen war (BayVGH, B.v. 8.1.2014 – 15 ZB 12.1236 – juris Rn. 16). Im vorliegenden Fall sind seit dem Richtfest, welches am 22. Juli 1998 gefeiert wurde (S. 29 der von der Beigeladenen bei Ortstermin übergebenen Broschüre), bis zur Klageerhebung mehr als 18 Jahre vergangen.

Selbst wenn trotz des verstrichenen Zeitraums für eine Verwirkung ein Umstandsmoment für nötig gehalten würde, läge ein solches hier vor. Erforderlich für die Erfüllung des Umstandsmoments ist, dass der Rechtsinhaber innerhalb eines längeren Zeitraums unter Verhältnissen untätig geblieben ist, unter denen vernünftigerweise etwas zur Wahrung des Rechts unternommen zu werden pflegt. Erst dadurch wird eine Situation geschaffen, auf die der jeweilige Gegner vertrauen, sich einstellen und einrichten darf (vgl. BayVGH, B.v. 6.3.2017 – 15 ZB 16.562 – juris Rn. 13 m.w.N.). Im vorliegenden Fall hat die Beigeladene den gesamten Komplex des neuen Rathauses am 10. November 2000 eingeweiht. Das Rathaus ist offensichtlich seither vom Gemeinderat, den Bürgerinnen und Bürgern sowie der Verwaltung genutzt worden. Bereits im Februar 1999 ist die gesamte Verwaltung in den Neubau umgezogen; am 11. März 1999 hat erstmals eine Sitzung des Gemeinderats stattgefunden; im September 1999 waren auch die Sanierungsarbeiten im Altbau abgeschlossen, so dass alle Räume, wie ursprünglich geplant, bezogen werden konnten (S. 21 der beim Ortstermin übergebenen Broschüre der Beigeladenen). Während all dieser Schritte und auch viele Jahre später hatte der Kläger – obwohl direkt angrenzend wohnend – keinerlei Einwände erhoben. Es ist daher offensichtlich, dass die Beigeladene, aber auch die Öffentlichkeit, sich darauf eingestellt und darauf vertraut hatten, dass der Rathauskomplex, wie errichtet, genutzt werden konnte und dass dies auch geschehen ist. Mit einem Verlangen nach einem Rückbau durch den Kläger als Nachbarn musste niemand mehr rechnen.

Auch insoweit ist unerheblich, dass der Kläger die von ihm gerügte planabweichende Errichtung des Gebäudes, sowie eine Unrichtigkeit der genehmigten Pläne in Bezug auf den Grenzverlauf nicht in dem Sinne positiv gekannt hat, dass ihm konkrete Abweichungen bekannt waren. Das von ihm vor allem gerügte Heranrücken des Gebäudekomplexes an sein Grundstück als solches wäre spätestens beim Richtfest, aber auch all die folgenden Jahre für ihn im Grundsatz erkennbar und zu rügen gewesen. Gleichwohl ist der Kläger untätig geblieben und hat so einen Vertrauenstatbestand geschaffen. Dies gilt im Übrigen auch hinsichtlich der von ihm verlangten Einreichung eines Tekturbauantrags durch die Beigeladene; abgesehen davon hat der Nachbar keinen Anspruch auf Durchführung eines Baugenehmigungsverfahrens, also insbesondere nicht darauf, dass die Behörde von Art. 76 Satz 3 BayBO Gebrauch macht (vgl. BayVGH, U.v. 4.12.2014 – 15 B 12.1450 – juris Rn. 21).

Nachdem sich ausweislich des in der mündlichen Verhandlung gestellten Klageantrags der gerichtlich geltend gemachte Anspruch gemäß der Klageschrift vom 5. September 2016 – nur auf das mit Bescheid vom 26. Februar 1998 genehmigte Bauvorhaben auf Fl.Nrn. ... und ... – also den „eigentlichen“ – Rathausneubau bezieht, ist wegen § 88 VwGO davon auszugehen, dass der – erst mit Bescheid vom 28. September 1999 genehmigte Carport auf Fl.Nr. ... – nicht von der vorliegenden Klage erfasst ist. Vorsorglich ist jedoch dazu auszuführen, dass in Bezug auf die Verwirkung des Klagerechts diesbezüglich die gleichen Ausführungen gelten wie beim Rathausgebäude, nachdem der Gesamtkomplex – einschließlich des Carports – am 10. November 2000 erfolgte.

Nach allem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Es entsprach der Billigkeit, dem Kläger gem. § 162 Abs. 3 VwGO auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, weil sich die Beigeladene durch ihre Antragstellung einem Kostenrisiko ausgesetzt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO).

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 17. Mai 2017 - Au 4 K 16.1275

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 17. Mai 2017 - Au 4 K 16.1275

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl
Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 17. Mai 2017 - Au 4 K 16.1275 zitiert 9 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 162


(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens. (2) Die Gebühren und Auslage

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 88


Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 58


(1) Die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf beginnt nur zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende F

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 75


Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von d

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Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 17. Mai 2017 - Au 4 K 16.1275 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

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Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst. III. Der Streitwert für das Zulassungsv

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 04. Dez. 2014 - 15 B 12.1450

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Tenor I. Auf die Berufung des Beigeladenen wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 8. Juli 2010 geändert: Nr. 1 des Bescheids der Beklagten vom 24. August 2009 (Az.: 63.1/01134/2009-01) wird insoweit aufgehoben, al

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 08. Jan. 2014 - 15 ZB 12.1236

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Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen. III. Der Streitwert für das Zula

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Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.

(1) Die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf beginnt nur zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehrt worden ist.

(2) Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Rechtsbehelfs nur innerhalb eines Jahres seit Zustellung, Eröffnung oder Verkündung zulässig, außer wenn die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder eine schriftliche oder elektronische Belehrung dahin erfolgt ist, daß ein Rechtsbehelf nicht gegeben sei. § 60 Abs. 2 gilt für den Fall höherer Gewalt entsprechend.

Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

(1) Die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf beginnt nur zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehrt worden ist.

(2) Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Rechtsbehelfs nur innerhalb eines Jahres seit Zustellung, Eröffnung oder Verkündung zulässig, außer wenn die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder eine schriftliche oder elektronische Belehrung dahin erfolgt ist, daß ein Rechtsbehelf nicht gegeben sei. § 60 Abs. 2 gilt für den Fall höherer Gewalt entsprechend.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 7.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger begehrt den Erlass einer bauaufsichtlichen Verfügung der Beklagten, die den Beigeladenen aufgibt, deren Grenzgarage zurückzubauen. Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich der Antrag auf Zulassung der Berufung.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

1. Der Kläger beruft sich auf ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Ob solche Zweifel bestehen, ist im Wesentlichen anhand dessen zu beurteilen, was der Kläger innerhalb offener Frist hat darlegen lassen (§ 124 a Abs. 5 Satz 2 VwGO). Daraus ergeben sich solche Zweifel nicht.

Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass das Rechtsschutzbedürfnis für die auf ein bauaufsichtliches Tätigwerden gerichtete Verpflichtungsklage entfallen ist, ist nicht ernstlich zweifelhaft.

Das Verwaltungsgericht hat in Übereinstimmung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung ausgeführt, dass das Klagerecht - insbesondere in dreipoligen Rechtsverhältnissen wie hier - im Einzelfall verwirkt sein kann, wenn die verspätete Geltendmachung eines Anspruchs gegen Treu und Glauben verstößt (vgl. Meissner in Schoch/Schneider/Bier, VwGO Stand 2012, § 74 Rn. 47 ff. m. w. N.). Angesichts der tatsächlichen Umstände ist mit dem Verwaltungsgericht davon auszugehen, dass der Kläger sein Klagerecht in diesem Sinn verwirkt hat. Zwar hat der Kläger nach Fertigstellung des Rohbaus der Grenzgarage der Beigeladenen bei der Beklagten mit Schreiben vom 21. August 1997 beantragt, die Rechtmäßigkeit der Grenzgarage der Beigeladenen zu überprüfen und gegebenenfalls eine Baueinstellung zu verfügen. Nach Durchführung einer Baukontrolle am 26. August 1997 und Mitteilung des Ergebnisses der Baukontrolle durch die Beklagte am 12. September 1997 hat der Kläger bis zu seinem Schreiben vom 4. Oktober 2007, in dem er erneut beantragt hat, die aus seiner Sicht um ca. 1,20 m überhöhte Grenzgarage zu überprüfen, nichts weiter unternommen, um die Durchsetzung seiner Nachbarrechte durch die behördliche Bauaufsicht - etwa im Wege der Untätigkeitsklage oder durch einen wiederholten Antrag - weiter zu verfolgen. Das im Zeitpunkt des klägerischen Antrags vom 21. August 1997 erst im Rohbau fertig gestellte Bauvorhaben wurde zu Ende geführt und seither genutzt. Die Weigerung des Klägers im Jahr 1998, den Beigeladenen das Aufstellen eines Gerüsts zum Verputzen der Garagengrenzwand zu gestatten, lässt nicht darauf schließen, er habe nach wie vor einen behördlich angeordneten Rückbau der Grenzgarage der Beigeladenen verfolgt. Auch der Vortrag des Klägers, er habe die Beigeladenen täglich und ständig daran erinnert, dass er mit der Verletzung seiner nachbarrechtlich geschützten Interessen nicht einverstanden sei und den Bau für rechtswidrig halte, lässt keine von der Entscheidung des Verwaltungsgerichts abweichende Bewertung zu, denn der Kläger hat keine rechtlichen Schritte zur Durchsetzung seiner etwaigen Nachbarrechte unternommen. Wenn der Beschwerte - wie hier der Kläger - eine derart lange Zeit abgewartet hat, dass mit einem Tätigwerden schlechthin nicht mehr zu rechnen war, kann von der Verwirkung des Rechtsschutzinteresses auch dann ausgegangen werden, wenn das Umstandsmoment in den Hintergrund tritt (BVerfG, B.v. 4.3.2008 - 2 BvR 2111/07 - juris Rn. 30). Die Absicht des Klägers, „sich seine Ansprüche über die Jahre“ offen zu halten bzw. an seinem Abwehrrecht festzuhalten „und dies zu gegebener Zeit“ auch geltend zu machen, widerspricht den auch im nachbarschaftlichen Gemeinschaftsverhältnis geltenden Grundsätzen von Treu und Glauben. Beeinträchtigt die Errichtung und Nutzung einer baulichen Anlage einen Nachbarn in seinen öffentlich-rechtlich geschützten Positionen und ist dies für ihn erkennbar, ist es ihm nach den Grundsätzen von Treu und Glauben zuzumuten, dass er seine Einwendungen gegen das Vorhaben ohne Zögern mit den verfahrensrechtlich verfügbaren Mitteln geltend macht (vgl. Meissner a. a. O § 74 Rn. 50 m. w. N.; vgl. BayVGH, B.v. 21.3.2012 - 14 ZB 11.2148 - juris Rn. 12 m. w. N.). Dies hat der Kläger zurechenbar versäumt.

Dass der Kläger nach dem Tod seiner Ehefrau im Jahr 1997 verständlicherweise andere Sorgen hatte, als gegen ein vermeintlich rechtswidriges Bauvorhaben seiner Nachbarn vorzugehen, hat das Verwaltungsgericht gesehen und zutreffend gewürdigt. Danach ist selbst dann, wenn der Zeitraum von über 10 Jahren, in dem der Kläger nichts gegen das nunmehr von ihm bekämpfte Bauvorhaben der Beigeladenen unternommen hat, zugunsten des Klägers zu verkürzen wäre, festzustellen, dass bei Erhebung der Untätigkeitsklage am 8. Dezember 2009 bereits ein derart langer Zeitraum verstrichen war, dass mit einem solchen Handeln des Klägers schlechthin nicht mehr zu rechnen war.

Erweist sich die Klage nach Vorstehendem bereits als unzulässig, so kommt es nicht mehr darauf an, dass die Klage nach Auffassung des Verwaltungsgerichts darüber hinaus auch unbegründet wäre. Ist die verwaltungsgerichtliche Entscheidung auf mehrere selbstständig tragende Begründungen gestützt (Mehrfachbegründung), so ist die Berufung nur zuzulassen, wenn hinsichtlich jeder dieser Begründungen ein Berufungszulassungsgrund aufgezeigt wird und vorliegt (st. Rspr., vgl. z. B. BayVGH, B.v. 15.11.2013 - 10 ZB 11.1204 - juris Rn. 7; BVerwG, B.v. 27.8.2013 - 4 B 39/13 - BauR 2013, 2011 jeweils m. w. N.). Es kann danach offen bleiben, ob ein Rechtsanspruch des Klägers auf Einschreiten bestanden hätte, wenn seine Klage zulässig gewesen wäre.

2. Die Rechtssache weist keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Die im Zulassungsantrag aufgeworfenen Fragen lassen sich nach den obigen Ausführungen ohne weiteres und mit zweifelsfreiem Ergebnis im Zulassungsverfahren beurteilen. Wie zuvor ausgeführt wurde, kommt es nicht darauf an, dass die Klage - im Falle ihrer Zulässigkeit - nach der Auffassung des Verwaltungsgerichts unbegründet wäre, weil die Klage nach den zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts bereits unzulässig ist.

3. Die Berufung ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen.

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache, wenn die im Zulassungsantrag dargelegte Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung der Vorinstanz von Bedeutung war, auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich wäre, bisher höchstrichterlich nicht geklärt oder - bei tatsächlichen Fragen oder nicht revisiblen Rechtsfragen - durch die Rechtsprechung des Berufungsgerichts nicht geklärt und über den Einzelfall hinaus bedeutsam ist (Happ in Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 124 Rn. 36 m. w. N.).

Daran gemessen kommt die Zulassung der Berufung hinsichtlich der aufgeworfenen entscheidungserheblichen Rechtsfrage der Verwirkung nicht in Betracht, weil die Anforderungen an die Verwirkung von Rechten bei Drittrechtsbehelfen in der Rechtsprechung hinreichend geklärt sind. Die Frage, ob eine Verwirkung eintritt, „wenn zwar seit dem letzten erhobenen Einwand mehr als 10 Jahre vergangen sind, der Verletzte jedoch (hier durch Verweigerung des Zutritts auf sein Grundstück für das Durchführen eines Außenputzes) über die gesamte Zeit nach außen deutlich sichtbar dokumentiert hat, dass er mit dem Bauvorhaben nicht einverstanden ist und die Fertigstellung zu verhindern versucht sowie der Verletzte aus persönlichen Gründen (Schicksalsschläge) gehindert war, sich auf Auseinandersetzungen einzulassen“, ist auf den konkreten Sachverhalt zugeschnitten und zeigt keine über den Einzelfall hinaus bedeutsame Rechtsfrage auf. Ob der Vorwurf eines treuwidrigen Verhaltens berechtigt und einem Antragsteller das Rechtsschutzbedürfnis wegen missbräuchlicher Prozessführung abzusprechen ist, entscheidet sich nach den besonderen Umständen des Einzelfalls. Allgemein gültige Grundsätze lassen sich hierzu nicht aufstellen (BVerwG, B.v. 19.4.2011 - 4 BN 4/11 - juris Rn. 13).

4. Den Darlegungen im Zulassungsantrag lässt sich schließlich auch kein Verfahrensmangel entnehmen, auf dem die Entscheidung des Verwaltungsgerichts beruhen kann (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO). Bei kumulativ mehrfach begründeten Entscheidungen - wie hier - ist die Beruhens-Frage wegen eines jeden dieser Gründe zu stellen (vgl. Happ a. a. O. § 124 Rn. 51). Mit der gegen die Begründung des Verwaltungsgerichts zur Unzulässigkeit der Klage gerichteten Verfahrensrüge dringt der Kläger nicht durch. Auf die weiteren Verfahrensrügen, die sich auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur Unbegründetheit der Klage beziehen, kommt es mithin nicht mehr an (vgl. BVerwG, B.v. 1.8.2011 - 7 BN 2/11 - juris Rn. 4 m. w. N.).

a) Einen Verfahrensmangel wegen der Abtrennung des Verfahrens Au 5 K 11.1531 betreffend den vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Einschreiten gegen den Sichtschutzzaun der Beigeladenen (vgl. BayVGH, B.v. 17.7.2013 - 15 ZB 12.42) vom Verfahren Au 5 K 09.1918 aufgrund Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 20. Oktober 2011 hat der Kläger nicht hinreichend dargelegt (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO). Darzulegen ist insbesondere auch, inwiefern die Entscheidung des Verwaltungsgerichts auf dem behaupteten Verfahrensmangel beruhen kann. Dahingehend ergibt sich aus dem Antrag auf Zulassung der Berufung außer dem ebenso allgemeinen wie unspezifischen Hinweis, die Verfahrenstrennung habe den Streitgegenstand aus dem Zusammenhang gerissen, nichts Weiterführendes. Das im Weg der Untätigkeitsklage geltend gemachte Verpflichtungsbegehren des Klägers betrifft verschiedene bauliche Anlagen der Beigeladenen und unterschiedliche Streitgegenstände (vgl. Rennert in Eyermann, VwGO, 13. Auflage 2010, § 121 Rn. 28); die Trennung des Verfahrens ist deshalb auch in der Sache nicht zu beanstanden (§ 93 Satz 2 VwGO).

b) Weshalb das Verwaltungsgericht auf die Mitteilung des Klägers vom 16. August 2011 hätte eingehen müssen, wonach nur mehr die Beigeladene zu 1 im Grundbuch als Eigentümerin des Nachbargrundstücks eingetragen sei, ist nicht nachvollziehbar. Der Kläger trägt im Schriftsatz vom 16. August 2011 selbst vor, dass der Beigeladene zu 2 vom Verfahren tangiert sei, weil zu seinen Gunsten eine Rückauflassungsvormerkung eingetragen sei. Im Übrigen richtet sich das Verpflichtungsbegehren des Klägers auf bauaufsichtliches Einschreiten auch gegen den Beigeladenen zu 2.

c) Der Vortrag, dem Kläger sei die Einräumung einer Erwiderungsfrist zu einem Schriftsatz der Beigeladenen verweigert worden, lässt - soweit er die Begründung des Verwaltungsgerichts zur Unzulässigkeit der Klage betrifft - keinen Verfahrensmangel im Sinn eines Verstoßes gegen den Grundsatz auf Gewährung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) erkennen.

Der Schriftsatz des Bevollmächtigten der Beigeladenen vom 8. März 2012, worin sich diese auf die Verwirkung des Klagerechts berufen, ging dem Klägerbevollmächtigten nach dessen Angaben am 12. März 2012 zu. Bis zur mündlichen Verhandlung am 22. März 2012 bestand deshalb ausreichend Zeit, sich mit der angesichts der tatsächlichen Umstände auf der Hand liegenden Rechtsfrage der Verwirkung zu befassen. Die urlaubsbedingte Abwesenheit des Bevollmächtigten des Klägers bis zum 16. März 2012 und dessen terminliche Verhinderung u. a. am 19. März 2012 lassen keine abweichende Bewertung zu, weil der Klägerbevollmächtigte einerseits einer Anwaltspartnerschaft angehört, der auch Prozessvollmacht erteilt wurde und die Rechtsfrage der Verwirkung des Klagerechts andererseits hier keine besonderen Schwierigkeiten aufwirft. Im Übrigen wurde die Frage der Verwirkung ausweislich der Niederschrift vom 22. März 2012 in der mündlichen Verhandlung ausführlich erörtert. Dem Kläger wurde Gelegenheit gegeben, seine Rechtsansicht darzulegen. Schließlich setzt die schlüssige Rüge, das rechtliche Gehör sei verletzt worden, regelmäßig die substantiierte Darlegung dessen voraus, was der Beteiligte bei ausreichender Gehörsgewährung noch vorgetragen hätte und inwiefern der weitere Vortrag zur Klärung des geltend gemachten Anspruchs geeignet gewesen wäre (BVerwG, B.v. 28.3.2013 - 4 B 15/12 - BauR 2013, 1248 m. w. N.). Dem genügt der Vortrag des Klägers im Zulassungsverfahren nicht (vgl. vorstehend Nr. 1).

5. Kosten: § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO

Streitwert: § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG; die Wertfestsetzung folgt der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwände erhoben worden sind.

Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Begründung wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.

III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 7.500 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin wendet sich gegen die Wirksamkeit einer Erledigungserklärung und verfolgt die Fortsetzung eines eingestellten verwaltungsgerichtlichen Verfahrens.

Die Klägerin erhob mit dem Ziel der Aufhebung diverser baurechtlicher Genehmigungsbescheide des Landratsamts Deggendorf zur Erweiterung eines Golfplatzes in der Nachbarschaft ihres Anwesens Anfechtungsklagen beim Verwaltungsgericht Regensburg, die zuletzt unter dem gemeinsamen Aktenzeichen RN 6 K 07.1884 geführt wurden. Auf eine gerichtliche Nachfrage, die auf eine außergerichtliche Vereinbarung der Parteien vom 21. November 2005 Bezug nahm, erklärte Herr Rechtsanwalt P …, der kurz zuvor die anwaltliche Vertretung der Klägerin und ihrer Tochter angezeigt hatte, den Rechtsstreit mit Schriftsatz vom 26. November 2007 für erledigt. Der Beklagte schloss sich mit Schriftsatz vom 13. Dezember 2007 der Erledigungserklärung an. Mit Beschluss vom 17. Dezember 2007 stellte das Verwaltungsgericht das Verfahren RN 6 K 07.1884 ein. Auf Anforderung ihrer Tochter übersandte das Verwaltungsgericht mit Schreiben vom 22. Februar 2012 der Klägerin (persönlich) diverse Unterlagen des gerichtlichen Verfahrens, u.a. auch den Beschluss vom 17. Dezember 2007.

Mit am 21. Oktober 2013 beim Verwaltungsgericht eingegangenen Schriftsatz vom 17. Oktober 2013 beantragte die Klägerin erstmals (sinngemäß) die Fortsetzung des eingestellten gerichtlichen Verfahrens.

Ein auf Strafanzeige der Klägerin initiiertes Strafverfahren gegen Herrn Rechtsanwalt P … (5 Ds 103 Js 7430/12) wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Cham vom 18. Oktober 2013 gem. § 153a Abs. 2 StPO gegen Zahlung einer Geldauflage vorläufig und mit Beschluss vom 27. Juni 2014 endgültig eingestellt.

Mit Urteil vom 17. November 2015 stellte das Verwaltungsgericht fest, dass das Verwaltungsstreitverfahren RN 6 K 07.1884 in der Hauptsache erledigt sei. In den Entscheidungsgründen wird ausgeführt, das gerichtliche Verfahren sei durch die übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Hauptbeteiligten vom 16. November 2007 und 17. Dezember 2007 beendet worden. Eine Nichtigkeits- oder Restitutionsklage nach § 153 VwGO i.V. mit §§ 579, 580 ZPO sei unstatthaft. Ein Widerruf der Erledigungserklärung als Prozesshandlung komme zwar in Betracht, wenn ein Wiederaufnahmegrund (§ 153 VwGO i.V. mit §§ 579, 580 ZPO) vorliege oder wenn es mit dem Grundsatz von Treu und Glauben unvereinbar wäre, einen Beteiligten an der Erklärung festzuhalten. Der Antrag auf Fortführung des Klageverfahrens sei aber zu spät gestellt worden. Bei einer spätestens nach Erhalt des gerichtlichen Schreibens vom 22. Februar 2012 erfolgten Kenntniserlangung hinsichtlich der Einstellung des gerichtlichen Verfahrens RN 6 K 07.1884 sei nach Ablauf von mehr als einem Jahr im Zeitpunkt der Antragstellung (21. Oktober 2013) das Fortsetzungsbegehren in Orientierung an der Jahresfrist des § 60 Abs. 3 VwGO verwirkt gewesen. Bei einer für die Klägerin günstigeren entsprechenden Anwendung des § 586 ZPO wäre der Antrag ebenfalls verspätet gestellt, weil er dann im Hinblick auf den in § 586 Abs. 2 Satz 2 ZPO enthaltenen Rechtsgedanken (aller-) spätestens vor dem Ablauf der Fünfjahresfrist, also vor dem 17. Dezember 2012 zu erheben gewesen wäre. Die Klägerin sei bei Abgabe der Erledigungserklärung durch ihren damaligen Rechtsanwalt auch wirksam vertreten worden.

Mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Rechtsschutzbegehren weiter.

II.

Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe - ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), besondere tatsächlich und rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) sowie ein Verfahrensmangel, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) - liegen entweder nicht vor oder wurden nicht ausreichend am Maßstab von § 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO dargelegt.

1. Die Berufung ist nicht gem. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts vom 17. November 2015 sind nicht ersichtlich. Das insoweit maßgebliche, in offener Frist bei Gericht eingegangene Vorbringen der Klägerin im Zulassungsantrag (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO) rechtfertigt keine andere Beurteilung.

a) Die Klägerin wendet sich mit ihrer Zulassungsbegründung nicht substanziiert gegen die grundsätzliche Rechtsansicht des Verwaltungsgerichts, dass ein Antrag auf Fortführung des Verfahrens (vgl. hierzu BVerwG, B.v. 23.8.1984 - 9 CB 48.84 - NVwZ 1985, 280 = juris Rn. 4; B.v. 12.11.1993 - 2 B 151.93 - NVwZ-RR 1994, 362 = juris Rn. 2; B.v. 7.8.1998 - 4 B 75.98 - NVwZ-RR 1999, 497 = juris Rn. 2) verspätet gestellt sein kann, wenn er in Orientierung an der Jahresfrist des § 60 Abs. 3 bzw. § 58 Abs. 2 VwGO verwirkt wird (ebenso NdsOVG, B.v. 23.1.2012 - 11 ME 420/11 - NVwZ-RR 2012, 533 = juris Rn. 10; OVG NRW, B.v. 27.10.2005 - 13 A 3802/05.A - InfAuslR 2006, 99 = juris Rn. 4, 6; B.v. 15.3.2012 - 1 A 1885/10 - juris Rn. 7 ff.; Clausing in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: Juni 2016, § 92 Rn. 77; krit. zur Jahresfrist Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 94 Rn. 26) oder wenn Fristen analog § 568 Abs. 1 ZPO abgelaufen sind. Der Senat hat wegen der im Zulassungsverfahren vorgesehenen Begrenzung der Prüfung auf die geltend gemachten Gründe (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO) keinen Anlass, diese rechtlichen Prämissen des Verwaltungsgerichts in Frage zu stellen.

b) Soweit die Klägerin einwendet, der Klageantrag auf Fortführung des Verfahrens sei entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts nicht verspätet gestellt worden, vermag dies keine ernstlichen Zweifel i.S. von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO begründen.

In der noch rechtzeitig vorgelegten Zulassungsbegründung vom 13. April 2016 ist die Richtigkeit der Annahme des Verwaltungsgerichts hinsichtlich des damaligen Bestehens einer Prozessvollmacht der Klägerin zugunsten Herrn Rechtsanwalt P* … nicht mit substanziierten Gegenargumenten in Frage gestellt worden; der weitere Vortrag im Schriftsatz vom 13. Juli 2016 erfolgte nach Ablauf der zweimonatigen Zulassungsbegründungsfrist (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) und dürfte mithin unbeachtlich sein. Es ist vor diesem Hintergrund bereits fraglich, ob es wegen der Zurechnung des Verhaltens des damals agierenden Rechtsanwalts P … (§ 173 VwGO i.V. mit § 85 ZPO) und damit auch hinsichtlich des Unterlassens eines zeitnahen Fortsetzungsantrags auf die Kenntnis bzw. das Verhalten der Klägerin persönlich überhaupt ankommt (vgl. z.B. NdsOVG, B.v. 23.1.2012 - 11 ME 420/11 - NVwZ-RR 2012, 533 = juris Rn. 11; OVG NRW, B.v. 27.10.2005 - 13 A 3802/05.A - Inf-AuslR 2006, 99 = juris Rn. 20). Unabhängig hiervon kann der erhobene Einwand der Klägerin, sie habe erst aufgrund der Kenntnisse aus dem Strafverfahren gegen Herrn Rechtsanwalt P* … resp. nach Erhalt des vorläufigen Einstellungsbescheids vom 18. Oktober 2013 eine hinreichende Kenntnisgrundlage gehabt, sodass der nur drei Tage später am 21. Oktober 2013 gestellte Fortsetzungsantrag nicht als zu spät gestellt angesehen werden könne, keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung des Verwaltungsgericht begründen.

In der Zulassungsbegründung wird eingeräumt, dass die Klägerin (erstmals) über das gerichtliche Schreiben vom 22. Februar 2012 (Übersendung des Beschlusses vom 17. Dezember 2007) von der Beendigung des gerichtlichen Verfahrens erfahren habe. Gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts wird aber vorgebracht, es sei ihr erst in den Folgemonaten bewusst geworden, dass gegen ihren Willen Prozesserklärungen durch ihren damaligen Bevollmächtigten abgegeben worden seien. Erst mit der Bestätigung des schuldhaften Verhaltens ihres damaligen Bevollmächtigten aufgrund des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens gegen diesen, das am 18. Oktober 2013 gem. § 153a Abs. 2 StPO vorläufig und erst mit Beschluss vom 27. Juni 2014 endgültig eingestellt worden sei, sei für sie eine Grundlage gegeben gewesen, die Fortführung des Verfahrens zu beantragen. Erst dann habe sie positive Kenntnis davon gehabt, dass ihr Anwalt eigenmächtig und strafrechtlich vorwerfbar gehandelt habe. Der Antrag auf Fortsetzung des Verfahrens vom 21. Oktober 2013 sei unverzüglich drei Tage nach dem vorläufigen Einstellungsbeschluss gestellt worden.

aa) Stellt man mit dem Verwaltungsgericht primär auf den Verwirkungsgedanken unter Orientierung an der Jahresfrist des § 60 Abs. 3 VwGO ab, ist zu berücksichtigen, dass die Verwirkung eine besondere Ausprägung des auch im öffentlichen Recht geltenden Grundsatzes von Treu und Glauben darstellt. Danach darf ein (prozessuales oder materielles) Recht nicht mehr ausgeübt werden, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung längere Zeit verstrichen ist (Zeitmoment) und besondere Umstände hinzutreten, welche die verspätete Geltendmachung als treuwidrig erscheinen lassen (Umstandsmoment). Erforderlich für die Erfüllung des Umstandsmoments ist, dass der Rechtsinhaber innerhalb eines längeren Zeitraums unter Verhältnissen untätig geblieben ist, unter denen vernünftigerweise etwas zur Wahrung des Rechts unternommen zu werden pflegt. Erst dadurch wird eine Situation geschaffen, auf die der jeweilige Gegner vertrauen, sich einstellen und einrichten darf (vgl. BVerwG, B.v. 23.12.2015 - 2 B 40/14 - juris Rn. 21; OVG NRW, U.v. 27.4.2016 - 1 A 2309/14 - juris Rn. 72). Soweit sich also die Frage der rechtzeitigen Stellung des Fortführungsantrags an den Maßstäben der Verwirkung unter Orientierung an einer Jahresfrist bemisst (worauf das Verwaltungsgericht als rechtlichem Ausgangspunkt abgestellt hat, der als solcher - s.o. - von der Klägerin nicht substanziiert in Frage gestellt wurde), ist es konsequent, für den Beginn eines für die Verwirkung relevanten Zeitraums unter Berücksichtigung des Umstandsmoments auf den Zeitpunkt abzustellen, ab dem der Rechtsverkehr vom Betroffenen ein Handeln erwarten kann. Insofern lässt es die Rechtsprechung hinsichtlich der subjektiven Zurechenbarkeit eines treuwidrigen Verhaltens genügen, wenn der Berechtigte entweder ab einem gewissen Zeitpunkt Kenntnis von den rechtsbegründenden Tatsachen und der Möglichkeit der Ausübung seines Rechts hatte oder zumindest diese hätte haben müssen (vgl. BVerwG, U.v. 25.1.1974 - IV C 2.72 - BVerwGE 44, 294 = juris Rn. 25, B.v. 18.1.1988 - 4 B 257.87 - NVwZ 1988, 532 = juris Rn. 4, B.v. 28.8.1987 - 4 N 3.86 - BVerwGE 78, 85 = juris, Rn. 13; OVG NRW, U.v. 27.4.2016 - 1 A 2310/14 - NVwZ-RR 2017, 157 = juris Rn. 65). Vor diesem Hintergrund ist der vom Verwaltungsgericht angesetzte Zeitpunkt der Erlangung der Kenntnis vom gerichtlichen Beschluss vom 17. Dezember 2007 noch im Februar 2012 (Erhalt des gerichtlichen Schreibens vom 22. Februar 2012) jedenfalls offensichtlich der späteste Moment, ab dem die Klägerin - als ggf. relevanten Anknüpfungspunkt für einen Widerruf der Erlegungserklärung und den Antrag auf Fortsetzung des gerichtlichen Verfahrens - hätte erkennen müssen, dass der die Erledigungserklärung vormals abgebende Rechtsanwalt (laut ihrer Behauptung) eigenmächtig und gegen ihren Willen gehandelt hatte. Denn aus dem Beschluss vom 17. Dezember 2007 geht eindeutig und wörtlich hervor, dass die Einstellung darauf beruhte, dass die „Hauptbeteiligten“ - also unter Einschluss der Klägerseite - durch die am 28. November 2007 und 17. Dezember 2007 bei Gericht eingegangenen Erklärungen in der Erledigung der Hauptsache übereinstimmten. Soweit die Klägerin die Hintergründe des Beschlusses nicht verstanden haben sollte, wäre es ihre Sache gewesen, sich hierüber zeitnah Klarheit zu verschaffen. Es bedarf daher keiner weiteren Überprüfung mehr, inwiefern der Zulassungsbegründungsvortrag in sich unschlüssig bzw. widersprüchlich ist. Der Senat weist insoweit ergänzend darauf hin, dass der am 21. Oktober 2013 beim Verwaltungsgericht eingegangene Schriftsatz mit dem Antrag auf Verfahrensfortsetzung auf den 17. Oktober 2013 datiert, sodass er zu einem Zeitpunkt verfasst worden sein dürfte, bevor die Klägerin einen Abdruck des im Strafverfahren gegen Herrn Rechtsanwalt P … ergangenen Einstellungsbeschlusses des Amtsgerichts Cham vom 18. Oktober 2013 erhielt. Zudem geht aus der in den Akten der Staatsanwaltschaft Regensburg enthaltenen Strafanzeige der Klägerin und ihrer Tochter gegen Herrn Rechtsanwalt P … vom 14. April 2012 sowie aus dem in der VG-Akte RN 6 K 07.1884 befindlichen Schreiben der Klägerin und ihrer Tochter an das Verwaltungsgericht vom 17. Juni 2012 (vgl. dort Seiten 4 ff., Eingangsstempel des Verwaltungsgerichts vom 20. Dezember 2012) hervor, dass die Klägerin offensichtlich bereits zu früheren Zeitpunkten Herrn Rechtsanwalt P … vorwarf, im Jahr 2007 eine strafrechtlich relevante Erledigungserklärung abgegeben zu haben, die nicht mit ihr abgesprochen gewesen sei.

bb) Soweit das Verwaltungsgericht ergänzend darauf abstellt, dass im Falle der (alternativen) entsprechenden Anwendung der Klagefristen des § 586 ZPO jedenfalls die Fünfjahresfrist analog § 586 Abs. 2 Satz 2 ZPO abgelaufen sei, geht der Vortrag der Klägerin zur Kenntniserlangung ins Leere, weil diese (absolute) Fristenregelung kenntnisunabhängig ist (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 75. Aufl. 2017, § 586 Rn. 8).

c) Es ist aufgrund der Erwägungen zu a) und b) (keine begründete Darlegung ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der Annahme des Verwaltungsgerichts, bei spätestens erfolgter Kenntniserlangung im Februar 2012 sei der Antrag auf Fortführung des Verfahrens RN 6 K 07.1884 zu spät erhoben worden) nicht mehr entscheidungserheblich (vgl. BayVGH, B.v. 23.6.2015 - 1 ZB 13.92 - juris Rn. 3; B.v. 6.2.2017 - 15 ZB 16.398 - juris Rn. 14 m.w.N.), ob sich die Klägerin unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben die Erledigungserklärung von Herrn Rechtsanwalt P* … aufgrund eines strafrechtlich vorwerfbaren Handelns nicht zurechnen lassen musste. Dasselbe gilt hinsichtlich ihres Vorbringens, sie habe jedenfalls vor dem 22. Februar 2012 mangels erhaltener Informationen keine Kenntnis von der Einstellung des gerichtlichen Verfahrens und der vorher abgegebenen Erledigungserklärungen gehabt. Unabhängig davon, dass der Schriftsatz der Klägerin vom 13. Juli 2016 jenseits der Zweimonatsfrist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO beim Verwaltungsgerichtshof eingegangen ist, kommt es auch auf die dort thematisierten Rechtsfragen zur Bedeutung und Umsetzung einer außergerichtlichen Vereinbarung aus dem Jahr 2005 (vgl. auch den Schriftsatz des Beigeladenen vom 20. Mai 2016) nicht entscheidungserheblich an.

2. Hinsichtlich der behaupteten besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) erfüllt die Zulassungsbegründung schon nicht die formalen Anforderungen einer substanziierten Darlegung eines Zulassungsgrundes gem. § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO. Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten weist eine Rechtssache auf, wenn die Beantwortung der für die Entscheidung erheblichen Fragen in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht voraussichtlich das durchschnittliche Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten bereitet, sich also wegen der Komplexität und abstrakten Fehleranfälligkeit aus der Mehrzahl der verwaltungsgerichtlichen Verfahren heraushebt. Es bedarf hinsichtlich der Darlegung einer substanziellen Auseinandersetzung mit dem verwaltungsgerichtlichen Urteil und einer konkreten Bezeichnung der Tatsachen- und Rechtsfragen, hinsichtlich derer sich solche Schwierigkeiten stellen, sowie des Aufzeigens, worin diese Schwierigkeit besteht (vgl. BayVGH, B.v. 20.4.2016 - 15 ZB 14.2686 u.a. - juris Rn. 64 m.w.N.). Die Zulassungsbegründung der Klägerin enthält in dieser Hinsicht keine nähere Begründung. Für die Darlegung des Vorliegens besonderer tatsächlicher und rechtlicher Schwierigkeiten genügt insbesondere nicht das allgemeine Vorbringen der Klägerin, das vorliegende Verfahren sei Teil eines langwierigen Streits gegen die dem Beigeladenen erteilten und zum Teil rechtswidrigen Baugenehmigungen. Ebenso wenig erfüllt die schlichte Behauptung, das Verfahren weise eine Vielzahl von tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten auf, sodass eine erneute Überprüfung durch das Berufungsgericht erforderlich sei, die Darlegungsanforderungen. Soweit sich die besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten auf die Ausführungen zur Frage der „Kenntniserlangung“ und den hierauf bezogenen Einwand gegen die vom Verwaltungsgericht angenommene zu späte Antragstellung beziehen sollten, ergibt sich schon aus den voranstehenden Ausführungen zu 1 b), dass die Sach- und Rechtssache insofern - d.h. soweit dies in der Zulassungsbegründung tatsächlich thematisiert wurde - keine besonderen Schwierigkeiten aufweist, zu deren Klärung ein Berufungsverfahren durchgeführt werden müsste. Soweit der Vortrag in Bezug auf § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO den Einwand zur mangelnden Zurechnung der Erledigungserklärung sowie zu den mit Schriftsatz vom 13. Juli 2016 (s.o.: ohnehin zu spät) erhobenen materiellen Einwänden umfassen sollte, fehlt es unabhängig von der Frage der hinreichenden Darlegung an der Entscheidungserheblichkeit, s.o. zu 1. c) (vgl. auch Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 29).

3. Schließlich hat die Klägerin mit ihrer Zulassungsbegründung lediglich einen Verfahrensmangel (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO), auf dem die erstinstanzliche Entscheidung beruhen soll, behauptet. Sie hat hierzu aber nichts zur Begründung ausgeführt. Auch dies erfüllt die Darlegungsanforderungen gem. § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO nicht.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, dass der Beigeladene trotz seines erfolgreichen Gegenantrags seine außergerichtlichen Kosten selbst trägt (vgl. § 162 Abs. 3 VwGO). Denn ein Beigeladener setzt sich im Berufungszulassungsverfahren unabhängig von einer Antragstellung grundsätzlich keinem eigenen Kostenrisiko aus (vgl. BayVGH, B.v. 11.10.2001 - 8 ZB 01.1789 - BayVBl 2002, 378 = juris Rn. 10 ff.; B.v. 18.7.2016 - 15 ZB 15.12 - juris Rn. 23; B.v. 19.12.2016 - 8 ZB 15.230 - juris Rn. 16 m.w.N.). Ein Grund, der es gebieten würde, die außergerichtlichen Kosten aus Billigkeitsgründen ausnahmsweise als erstattungsfähig anzusehen (vgl. etwa BayVGH, B.v. 6.2.2017 - 15 ZB 16.398 - juris Rn. 76), ist nicht ersichtlich. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47, § 52 Abs. 1 GKG. Sie orientiert sich an Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ-Beilage 2013, 57) und folgt in der Höhe der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwände erhoben wurden.

5. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 7.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger begehrt den Erlass einer bauaufsichtlichen Verfügung der Beklagten, die den Beigeladenen aufgibt, deren Grenzgarage zurückzubauen. Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich der Antrag auf Zulassung der Berufung.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

1. Der Kläger beruft sich auf ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Ob solche Zweifel bestehen, ist im Wesentlichen anhand dessen zu beurteilen, was der Kläger innerhalb offener Frist hat darlegen lassen (§ 124 a Abs. 5 Satz 2 VwGO). Daraus ergeben sich solche Zweifel nicht.

Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass das Rechtsschutzbedürfnis für die auf ein bauaufsichtliches Tätigwerden gerichtete Verpflichtungsklage entfallen ist, ist nicht ernstlich zweifelhaft.

Das Verwaltungsgericht hat in Übereinstimmung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung ausgeführt, dass das Klagerecht - insbesondere in dreipoligen Rechtsverhältnissen wie hier - im Einzelfall verwirkt sein kann, wenn die verspätete Geltendmachung eines Anspruchs gegen Treu und Glauben verstößt (vgl. Meissner in Schoch/Schneider/Bier, VwGO Stand 2012, § 74 Rn. 47 ff. m. w. N.). Angesichts der tatsächlichen Umstände ist mit dem Verwaltungsgericht davon auszugehen, dass der Kläger sein Klagerecht in diesem Sinn verwirkt hat. Zwar hat der Kläger nach Fertigstellung des Rohbaus der Grenzgarage der Beigeladenen bei der Beklagten mit Schreiben vom 21. August 1997 beantragt, die Rechtmäßigkeit der Grenzgarage der Beigeladenen zu überprüfen und gegebenenfalls eine Baueinstellung zu verfügen. Nach Durchführung einer Baukontrolle am 26. August 1997 und Mitteilung des Ergebnisses der Baukontrolle durch die Beklagte am 12. September 1997 hat der Kläger bis zu seinem Schreiben vom 4. Oktober 2007, in dem er erneut beantragt hat, die aus seiner Sicht um ca. 1,20 m überhöhte Grenzgarage zu überprüfen, nichts weiter unternommen, um die Durchsetzung seiner Nachbarrechte durch die behördliche Bauaufsicht - etwa im Wege der Untätigkeitsklage oder durch einen wiederholten Antrag - weiter zu verfolgen. Das im Zeitpunkt des klägerischen Antrags vom 21. August 1997 erst im Rohbau fertig gestellte Bauvorhaben wurde zu Ende geführt und seither genutzt. Die Weigerung des Klägers im Jahr 1998, den Beigeladenen das Aufstellen eines Gerüsts zum Verputzen der Garagengrenzwand zu gestatten, lässt nicht darauf schließen, er habe nach wie vor einen behördlich angeordneten Rückbau der Grenzgarage der Beigeladenen verfolgt. Auch der Vortrag des Klägers, er habe die Beigeladenen täglich und ständig daran erinnert, dass er mit der Verletzung seiner nachbarrechtlich geschützten Interessen nicht einverstanden sei und den Bau für rechtswidrig halte, lässt keine von der Entscheidung des Verwaltungsgerichts abweichende Bewertung zu, denn der Kläger hat keine rechtlichen Schritte zur Durchsetzung seiner etwaigen Nachbarrechte unternommen. Wenn der Beschwerte - wie hier der Kläger - eine derart lange Zeit abgewartet hat, dass mit einem Tätigwerden schlechthin nicht mehr zu rechnen war, kann von der Verwirkung des Rechtsschutzinteresses auch dann ausgegangen werden, wenn das Umstandsmoment in den Hintergrund tritt (BVerfG, B.v. 4.3.2008 - 2 BvR 2111/07 - juris Rn. 30). Die Absicht des Klägers, „sich seine Ansprüche über die Jahre“ offen zu halten bzw. an seinem Abwehrrecht festzuhalten „und dies zu gegebener Zeit“ auch geltend zu machen, widerspricht den auch im nachbarschaftlichen Gemeinschaftsverhältnis geltenden Grundsätzen von Treu und Glauben. Beeinträchtigt die Errichtung und Nutzung einer baulichen Anlage einen Nachbarn in seinen öffentlich-rechtlich geschützten Positionen und ist dies für ihn erkennbar, ist es ihm nach den Grundsätzen von Treu und Glauben zuzumuten, dass er seine Einwendungen gegen das Vorhaben ohne Zögern mit den verfahrensrechtlich verfügbaren Mitteln geltend macht (vgl. Meissner a. a. O § 74 Rn. 50 m. w. N.; vgl. BayVGH, B.v. 21.3.2012 - 14 ZB 11.2148 - juris Rn. 12 m. w. N.). Dies hat der Kläger zurechenbar versäumt.

Dass der Kläger nach dem Tod seiner Ehefrau im Jahr 1997 verständlicherweise andere Sorgen hatte, als gegen ein vermeintlich rechtswidriges Bauvorhaben seiner Nachbarn vorzugehen, hat das Verwaltungsgericht gesehen und zutreffend gewürdigt. Danach ist selbst dann, wenn der Zeitraum von über 10 Jahren, in dem der Kläger nichts gegen das nunmehr von ihm bekämpfte Bauvorhaben der Beigeladenen unternommen hat, zugunsten des Klägers zu verkürzen wäre, festzustellen, dass bei Erhebung der Untätigkeitsklage am 8. Dezember 2009 bereits ein derart langer Zeitraum verstrichen war, dass mit einem solchen Handeln des Klägers schlechthin nicht mehr zu rechnen war.

Erweist sich die Klage nach Vorstehendem bereits als unzulässig, so kommt es nicht mehr darauf an, dass die Klage nach Auffassung des Verwaltungsgerichts darüber hinaus auch unbegründet wäre. Ist die verwaltungsgerichtliche Entscheidung auf mehrere selbstständig tragende Begründungen gestützt (Mehrfachbegründung), so ist die Berufung nur zuzulassen, wenn hinsichtlich jeder dieser Begründungen ein Berufungszulassungsgrund aufgezeigt wird und vorliegt (st. Rspr., vgl. z. B. BayVGH, B.v. 15.11.2013 - 10 ZB 11.1204 - juris Rn. 7; BVerwG, B.v. 27.8.2013 - 4 B 39/13 - BauR 2013, 2011 jeweils m. w. N.). Es kann danach offen bleiben, ob ein Rechtsanspruch des Klägers auf Einschreiten bestanden hätte, wenn seine Klage zulässig gewesen wäre.

2. Die Rechtssache weist keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Die im Zulassungsantrag aufgeworfenen Fragen lassen sich nach den obigen Ausführungen ohne weiteres und mit zweifelsfreiem Ergebnis im Zulassungsverfahren beurteilen. Wie zuvor ausgeführt wurde, kommt es nicht darauf an, dass die Klage - im Falle ihrer Zulässigkeit - nach der Auffassung des Verwaltungsgerichts unbegründet wäre, weil die Klage nach den zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts bereits unzulässig ist.

3. Die Berufung ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen.

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache, wenn die im Zulassungsantrag dargelegte Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung der Vorinstanz von Bedeutung war, auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich wäre, bisher höchstrichterlich nicht geklärt oder - bei tatsächlichen Fragen oder nicht revisiblen Rechtsfragen - durch die Rechtsprechung des Berufungsgerichts nicht geklärt und über den Einzelfall hinaus bedeutsam ist (Happ in Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 124 Rn. 36 m. w. N.).

Daran gemessen kommt die Zulassung der Berufung hinsichtlich der aufgeworfenen entscheidungserheblichen Rechtsfrage der Verwirkung nicht in Betracht, weil die Anforderungen an die Verwirkung von Rechten bei Drittrechtsbehelfen in der Rechtsprechung hinreichend geklärt sind. Die Frage, ob eine Verwirkung eintritt, „wenn zwar seit dem letzten erhobenen Einwand mehr als 10 Jahre vergangen sind, der Verletzte jedoch (hier durch Verweigerung des Zutritts auf sein Grundstück für das Durchführen eines Außenputzes) über die gesamte Zeit nach außen deutlich sichtbar dokumentiert hat, dass er mit dem Bauvorhaben nicht einverstanden ist und die Fertigstellung zu verhindern versucht sowie der Verletzte aus persönlichen Gründen (Schicksalsschläge) gehindert war, sich auf Auseinandersetzungen einzulassen“, ist auf den konkreten Sachverhalt zugeschnitten und zeigt keine über den Einzelfall hinaus bedeutsame Rechtsfrage auf. Ob der Vorwurf eines treuwidrigen Verhaltens berechtigt und einem Antragsteller das Rechtsschutzbedürfnis wegen missbräuchlicher Prozessführung abzusprechen ist, entscheidet sich nach den besonderen Umständen des Einzelfalls. Allgemein gültige Grundsätze lassen sich hierzu nicht aufstellen (BVerwG, B.v. 19.4.2011 - 4 BN 4/11 - juris Rn. 13).

4. Den Darlegungen im Zulassungsantrag lässt sich schließlich auch kein Verfahrensmangel entnehmen, auf dem die Entscheidung des Verwaltungsgerichts beruhen kann (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO). Bei kumulativ mehrfach begründeten Entscheidungen - wie hier - ist die Beruhens-Frage wegen eines jeden dieser Gründe zu stellen (vgl. Happ a. a. O. § 124 Rn. 51). Mit der gegen die Begründung des Verwaltungsgerichts zur Unzulässigkeit der Klage gerichteten Verfahrensrüge dringt der Kläger nicht durch. Auf die weiteren Verfahrensrügen, die sich auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur Unbegründetheit der Klage beziehen, kommt es mithin nicht mehr an (vgl. BVerwG, B.v. 1.8.2011 - 7 BN 2/11 - juris Rn. 4 m. w. N.).

a) Einen Verfahrensmangel wegen der Abtrennung des Verfahrens Au 5 K 11.1531 betreffend den vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Einschreiten gegen den Sichtschutzzaun der Beigeladenen (vgl. BayVGH, B.v. 17.7.2013 - 15 ZB 12.42) vom Verfahren Au 5 K 09.1918 aufgrund Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 20. Oktober 2011 hat der Kläger nicht hinreichend dargelegt (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO). Darzulegen ist insbesondere auch, inwiefern die Entscheidung des Verwaltungsgerichts auf dem behaupteten Verfahrensmangel beruhen kann. Dahingehend ergibt sich aus dem Antrag auf Zulassung der Berufung außer dem ebenso allgemeinen wie unspezifischen Hinweis, die Verfahrenstrennung habe den Streitgegenstand aus dem Zusammenhang gerissen, nichts Weiterführendes. Das im Weg der Untätigkeitsklage geltend gemachte Verpflichtungsbegehren des Klägers betrifft verschiedene bauliche Anlagen der Beigeladenen und unterschiedliche Streitgegenstände (vgl. Rennert in Eyermann, VwGO, 13. Auflage 2010, § 121 Rn. 28); die Trennung des Verfahrens ist deshalb auch in der Sache nicht zu beanstanden (§ 93 Satz 2 VwGO).

b) Weshalb das Verwaltungsgericht auf die Mitteilung des Klägers vom 16. August 2011 hätte eingehen müssen, wonach nur mehr die Beigeladene zu 1 im Grundbuch als Eigentümerin des Nachbargrundstücks eingetragen sei, ist nicht nachvollziehbar. Der Kläger trägt im Schriftsatz vom 16. August 2011 selbst vor, dass der Beigeladene zu 2 vom Verfahren tangiert sei, weil zu seinen Gunsten eine Rückauflassungsvormerkung eingetragen sei. Im Übrigen richtet sich das Verpflichtungsbegehren des Klägers auf bauaufsichtliches Einschreiten auch gegen den Beigeladenen zu 2.

c) Der Vortrag, dem Kläger sei die Einräumung einer Erwiderungsfrist zu einem Schriftsatz der Beigeladenen verweigert worden, lässt - soweit er die Begründung des Verwaltungsgerichts zur Unzulässigkeit der Klage betrifft - keinen Verfahrensmangel im Sinn eines Verstoßes gegen den Grundsatz auf Gewährung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) erkennen.

Der Schriftsatz des Bevollmächtigten der Beigeladenen vom 8. März 2012, worin sich diese auf die Verwirkung des Klagerechts berufen, ging dem Klägerbevollmächtigten nach dessen Angaben am 12. März 2012 zu. Bis zur mündlichen Verhandlung am 22. März 2012 bestand deshalb ausreichend Zeit, sich mit der angesichts der tatsächlichen Umstände auf der Hand liegenden Rechtsfrage der Verwirkung zu befassen. Die urlaubsbedingte Abwesenheit des Bevollmächtigten des Klägers bis zum 16. März 2012 und dessen terminliche Verhinderung u. a. am 19. März 2012 lassen keine abweichende Bewertung zu, weil der Klägerbevollmächtigte einerseits einer Anwaltspartnerschaft angehört, der auch Prozessvollmacht erteilt wurde und die Rechtsfrage der Verwirkung des Klagerechts andererseits hier keine besonderen Schwierigkeiten aufwirft. Im Übrigen wurde die Frage der Verwirkung ausweislich der Niederschrift vom 22. März 2012 in der mündlichen Verhandlung ausführlich erörtert. Dem Kläger wurde Gelegenheit gegeben, seine Rechtsansicht darzulegen. Schließlich setzt die schlüssige Rüge, das rechtliche Gehör sei verletzt worden, regelmäßig die substantiierte Darlegung dessen voraus, was der Beteiligte bei ausreichender Gehörsgewährung noch vorgetragen hätte und inwiefern der weitere Vortrag zur Klärung des geltend gemachten Anspruchs geeignet gewesen wäre (BVerwG, B.v. 28.3.2013 - 4 B 15/12 - BauR 2013, 1248 m. w. N.). Dem genügt der Vortrag des Klägers im Zulassungsverfahren nicht (vgl. vorstehend Nr. 1).

5. Kosten: § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO

Streitwert: § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG; die Wertfestsetzung folgt der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwände erhoben worden sind.

Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Begründung wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.

III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 7.500 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin wendet sich gegen die Wirksamkeit einer Erledigungserklärung und verfolgt die Fortsetzung eines eingestellten verwaltungsgerichtlichen Verfahrens.

Die Klägerin erhob mit dem Ziel der Aufhebung diverser baurechtlicher Genehmigungsbescheide des Landratsamts Deggendorf zur Erweiterung eines Golfplatzes in der Nachbarschaft ihres Anwesens Anfechtungsklagen beim Verwaltungsgericht Regensburg, die zuletzt unter dem gemeinsamen Aktenzeichen RN 6 K 07.1884 geführt wurden. Auf eine gerichtliche Nachfrage, die auf eine außergerichtliche Vereinbarung der Parteien vom 21. November 2005 Bezug nahm, erklärte Herr Rechtsanwalt P …, der kurz zuvor die anwaltliche Vertretung der Klägerin und ihrer Tochter angezeigt hatte, den Rechtsstreit mit Schriftsatz vom 26. November 2007 für erledigt. Der Beklagte schloss sich mit Schriftsatz vom 13. Dezember 2007 der Erledigungserklärung an. Mit Beschluss vom 17. Dezember 2007 stellte das Verwaltungsgericht das Verfahren RN 6 K 07.1884 ein. Auf Anforderung ihrer Tochter übersandte das Verwaltungsgericht mit Schreiben vom 22. Februar 2012 der Klägerin (persönlich) diverse Unterlagen des gerichtlichen Verfahrens, u.a. auch den Beschluss vom 17. Dezember 2007.

Mit am 21. Oktober 2013 beim Verwaltungsgericht eingegangenen Schriftsatz vom 17. Oktober 2013 beantragte die Klägerin erstmals (sinngemäß) die Fortsetzung des eingestellten gerichtlichen Verfahrens.

Ein auf Strafanzeige der Klägerin initiiertes Strafverfahren gegen Herrn Rechtsanwalt P … (5 Ds 103 Js 7430/12) wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Cham vom 18. Oktober 2013 gem. § 153a Abs. 2 StPO gegen Zahlung einer Geldauflage vorläufig und mit Beschluss vom 27. Juni 2014 endgültig eingestellt.

Mit Urteil vom 17. November 2015 stellte das Verwaltungsgericht fest, dass das Verwaltungsstreitverfahren RN 6 K 07.1884 in der Hauptsache erledigt sei. In den Entscheidungsgründen wird ausgeführt, das gerichtliche Verfahren sei durch die übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Hauptbeteiligten vom 16. November 2007 und 17. Dezember 2007 beendet worden. Eine Nichtigkeits- oder Restitutionsklage nach § 153 VwGO i.V. mit §§ 579, 580 ZPO sei unstatthaft. Ein Widerruf der Erledigungserklärung als Prozesshandlung komme zwar in Betracht, wenn ein Wiederaufnahmegrund (§ 153 VwGO i.V. mit §§ 579, 580 ZPO) vorliege oder wenn es mit dem Grundsatz von Treu und Glauben unvereinbar wäre, einen Beteiligten an der Erklärung festzuhalten. Der Antrag auf Fortführung des Klageverfahrens sei aber zu spät gestellt worden. Bei einer spätestens nach Erhalt des gerichtlichen Schreibens vom 22. Februar 2012 erfolgten Kenntniserlangung hinsichtlich der Einstellung des gerichtlichen Verfahrens RN 6 K 07.1884 sei nach Ablauf von mehr als einem Jahr im Zeitpunkt der Antragstellung (21. Oktober 2013) das Fortsetzungsbegehren in Orientierung an der Jahresfrist des § 60 Abs. 3 VwGO verwirkt gewesen. Bei einer für die Klägerin günstigeren entsprechenden Anwendung des § 586 ZPO wäre der Antrag ebenfalls verspätet gestellt, weil er dann im Hinblick auf den in § 586 Abs. 2 Satz 2 ZPO enthaltenen Rechtsgedanken (aller-) spätestens vor dem Ablauf der Fünfjahresfrist, also vor dem 17. Dezember 2012 zu erheben gewesen wäre. Die Klägerin sei bei Abgabe der Erledigungserklärung durch ihren damaligen Rechtsanwalt auch wirksam vertreten worden.

Mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Rechtsschutzbegehren weiter.

II.

Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe - ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), besondere tatsächlich und rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) sowie ein Verfahrensmangel, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) - liegen entweder nicht vor oder wurden nicht ausreichend am Maßstab von § 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO dargelegt.

1. Die Berufung ist nicht gem. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts vom 17. November 2015 sind nicht ersichtlich. Das insoweit maßgebliche, in offener Frist bei Gericht eingegangene Vorbringen der Klägerin im Zulassungsantrag (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO) rechtfertigt keine andere Beurteilung.

a) Die Klägerin wendet sich mit ihrer Zulassungsbegründung nicht substanziiert gegen die grundsätzliche Rechtsansicht des Verwaltungsgerichts, dass ein Antrag auf Fortführung des Verfahrens (vgl. hierzu BVerwG, B.v. 23.8.1984 - 9 CB 48.84 - NVwZ 1985, 280 = juris Rn. 4; B.v. 12.11.1993 - 2 B 151.93 - NVwZ-RR 1994, 362 = juris Rn. 2; B.v. 7.8.1998 - 4 B 75.98 - NVwZ-RR 1999, 497 = juris Rn. 2) verspätet gestellt sein kann, wenn er in Orientierung an der Jahresfrist des § 60 Abs. 3 bzw. § 58 Abs. 2 VwGO verwirkt wird (ebenso NdsOVG, B.v. 23.1.2012 - 11 ME 420/11 - NVwZ-RR 2012, 533 = juris Rn. 10; OVG NRW, B.v. 27.10.2005 - 13 A 3802/05.A - InfAuslR 2006, 99 = juris Rn. 4, 6; B.v. 15.3.2012 - 1 A 1885/10 - juris Rn. 7 ff.; Clausing in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: Juni 2016, § 92 Rn. 77; krit. zur Jahresfrist Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 94 Rn. 26) oder wenn Fristen analog § 568 Abs. 1 ZPO abgelaufen sind. Der Senat hat wegen der im Zulassungsverfahren vorgesehenen Begrenzung der Prüfung auf die geltend gemachten Gründe (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO) keinen Anlass, diese rechtlichen Prämissen des Verwaltungsgerichts in Frage zu stellen.

b) Soweit die Klägerin einwendet, der Klageantrag auf Fortführung des Verfahrens sei entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts nicht verspätet gestellt worden, vermag dies keine ernstlichen Zweifel i.S. von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO begründen.

In der noch rechtzeitig vorgelegten Zulassungsbegründung vom 13. April 2016 ist die Richtigkeit der Annahme des Verwaltungsgerichts hinsichtlich des damaligen Bestehens einer Prozessvollmacht der Klägerin zugunsten Herrn Rechtsanwalt P* … nicht mit substanziierten Gegenargumenten in Frage gestellt worden; der weitere Vortrag im Schriftsatz vom 13. Juli 2016 erfolgte nach Ablauf der zweimonatigen Zulassungsbegründungsfrist (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) und dürfte mithin unbeachtlich sein. Es ist vor diesem Hintergrund bereits fraglich, ob es wegen der Zurechnung des Verhaltens des damals agierenden Rechtsanwalts P … (§ 173 VwGO i.V. mit § 85 ZPO) und damit auch hinsichtlich des Unterlassens eines zeitnahen Fortsetzungsantrags auf die Kenntnis bzw. das Verhalten der Klägerin persönlich überhaupt ankommt (vgl. z.B. NdsOVG, B.v. 23.1.2012 - 11 ME 420/11 - NVwZ-RR 2012, 533 = juris Rn. 11; OVG NRW, B.v. 27.10.2005 - 13 A 3802/05.A - Inf-AuslR 2006, 99 = juris Rn. 20). Unabhängig hiervon kann der erhobene Einwand der Klägerin, sie habe erst aufgrund der Kenntnisse aus dem Strafverfahren gegen Herrn Rechtsanwalt P* … resp. nach Erhalt des vorläufigen Einstellungsbescheids vom 18. Oktober 2013 eine hinreichende Kenntnisgrundlage gehabt, sodass der nur drei Tage später am 21. Oktober 2013 gestellte Fortsetzungsantrag nicht als zu spät gestellt angesehen werden könne, keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung des Verwaltungsgericht begründen.

In der Zulassungsbegründung wird eingeräumt, dass die Klägerin (erstmals) über das gerichtliche Schreiben vom 22. Februar 2012 (Übersendung des Beschlusses vom 17. Dezember 2007) von der Beendigung des gerichtlichen Verfahrens erfahren habe. Gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts wird aber vorgebracht, es sei ihr erst in den Folgemonaten bewusst geworden, dass gegen ihren Willen Prozesserklärungen durch ihren damaligen Bevollmächtigten abgegeben worden seien. Erst mit der Bestätigung des schuldhaften Verhaltens ihres damaligen Bevollmächtigten aufgrund des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens gegen diesen, das am 18. Oktober 2013 gem. § 153a Abs. 2 StPO vorläufig und erst mit Beschluss vom 27. Juni 2014 endgültig eingestellt worden sei, sei für sie eine Grundlage gegeben gewesen, die Fortführung des Verfahrens zu beantragen. Erst dann habe sie positive Kenntnis davon gehabt, dass ihr Anwalt eigenmächtig und strafrechtlich vorwerfbar gehandelt habe. Der Antrag auf Fortsetzung des Verfahrens vom 21. Oktober 2013 sei unverzüglich drei Tage nach dem vorläufigen Einstellungsbeschluss gestellt worden.

aa) Stellt man mit dem Verwaltungsgericht primär auf den Verwirkungsgedanken unter Orientierung an der Jahresfrist des § 60 Abs. 3 VwGO ab, ist zu berücksichtigen, dass die Verwirkung eine besondere Ausprägung des auch im öffentlichen Recht geltenden Grundsatzes von Treu und Glauben darstellt. Danach darf ein (prozessuales oder materielles) Recht nicht mehr ausgeübt werden, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung längere Zeit verstrichen ist (Zeitmoment) und besondere Umstände hinzutreten, welche die verspätete Geltendmachung als treuwidrig erscheinen lassen (Umstandsmoment). Erforderlich für die Erfüllung des Umstandsmoments ist, dass der Rechtsinhaber innerhalb eines längeren Zeitraums unter Verhältnissen untätig geblieben ist, unter denen vernünftigerweise etwas zur Wahrung des Rechts unternommen zu werden pflegt. Erst dadurch wird eine Situation geschaffen, auf die der jeweilige Gegner vertrauen, sich einstellen und einrichten darf (vgl. BVerwG, B.v. 23.12.2015 - 2 B 40/14 - juris Rn. 21; OVG NRW, U.v. 27.4.2016 - 1 A 2309/14 - juris Rn. 72). Soweit sich also die Frage der rechtzeitigen Stellung des Fortführungsantrags an den Maßstäben der Verwirkung unter Orientierung an einer Jahresfrist bemisst (worauf das Verwaltungsgericht als rechtlichem Ausgangspunkt abgestellt hat, der als solcher - s.o. - von der Klägerin nicht substanziiert in Frage gestellt wurde), ist es konsequent, für den Beginn eines für die Verwirkung relevanten Zeitraums unter Berücksichtigung des Umstandsmoments auf den Zeitpunkt abzustellen, ab dem der Rechtsverkehr vom Betroffenen ein Handeln erwarten kann. Insofern lässt es die Rechtsprechung hinsichtlich der subjektiven Zurechenbarkeit eines treuwidrigen Verhaltens genügen, wenn der Berechtigte entweder ab einem gewissen Zeitpunkt Kenntnis von den rechtsbegründenden Tatsachen und der Möglichkeit der Ausübung seines Rechts hatte oder zumindest diese hätte haben müssen (vgl. BVerwG, U.v. 25.1.1974 - IV C 2.72 - BVerwGE 44, 294 = juris Rn. 25, B.v. 18.1.1988 - 4 B 257.87 - NVwZ 1988, 532 = juris Rn. 4, B.v. 28.8.1987 - 4 N 3.86 - BVerwGE 78, 85 = juris, Rn. 13; OVG NRW, U.v. 27.4.2016 - 1 A 2310/14 - NVwZ-RR 2017, 157 = juris Rn. 65). Vor diesem Hintergrund ist der vom Verwaltungsgericht angesetzte Zeitpunkt der Erlangung der Kenntnis vom gerichtlichen Beschluss vom 17. Dezember 2007 noch im Februar 2012 (Erhalt des gerichtlichen Schreibens vom 22. Februar 2012) jedenfalls offensichtlich der späteste Moment, ab dem die Klägerin - als ggf. relevanten Anknüpfungspunkt für einen Widerruf der Erlegungserklärung und den Antrag auf Fortsetzung des gerichtlichen Verfahrens - hätte erkennen müssen, dass der die Erledigungserklärung vormals abgebende Rechtsanwalt (laut ihrer Behauptung) eigenmächtig und gegen ihren Willen gehandelt hatte. Denn aus dem Beschluss vom 17. Dezember 2007 geht eindeutig und wörtlich hervor, dass die Einstellung darauf beruhte, dass die „Hauptbeteiligten“ - also unter Einschluss der Klägerseite - durch die am 28. November 2007 und 17. Dezember 2007 bei Gericht eingegangenen Erklärungen in der Erledigung der Hauptsache übereinstimmten. Soweit die Klägerin die Hintergründe des Beschlusses nicht verstanden haben sollte, wäre es ihre Sache gewesen, sich hierüber zeitnah Klarheit zu verschaffen. Es bedarf daher keiner weiteren Überprüfung mehr, inwiefern der Zulassungsbegründungsvortrag in sich unschlüssig bzw. widersprüchlich ist. Der Senat weist insoweit ergänzend darauf hin, dass der am 21. Oktober 2013 beim Verwaltungsgericht eingegangene Schriftsatz mit dem Antrag auf Verfahrensfortsetzung auf den 17. Oktober 2013 datiert, sodass er zu einem Zeitpunkt verfasst worden sein dürfte, bevor die Klägerin einen Abdruck des im Strafverfahren gegen Herrn Rechtsanwalt P … ergangenen Einstellungsbeschlusses des Amtsgerichts Cham vom 18. Oktober 2013 erhielt. Zudem geht aus der in den Akten der Staatsanwaltschaft Regensburg enthaltenen Strafanzeige der Klägerin und ihrer Tochter gegen Herrn Rechtsanwalt P … vom 14. April 2012 sowie aus dem in der VG-Akte RN 6 K 07.1884 befindlichen Schreiben der Klägerin und ihrer Tochter an das Verwaltungsgericht vom 17. Juni 2012 (vgl. dort Seiten 4 ff., Eingangsstempel des Verwaltungsgerichts vom 20. Dezember 2012) hervor, dass die Klägerin offensichtlich bereits zu früheren Zeitpunkten Herrn Rechtsanwalt P … vorwarf, im Jahr 2007 eine strafrechtlich relevante Erledigungserklärung abgegeben zu haben, die nicht mit ihr abgesprochen gewesen sei.

bb) Soweit das Verwaltungsgericht ergänzend darauf abstellt, dass im Falle der (alternativen) entsprechenden Anwendung der Klagefristen des § 586 ZPO jedenfalls die Fünfjahresfrist analog § 586 Abs. 2 Satz 2 ZPO abgelaufen sei, geht der Vortrag der Klägerin zur Kenntniserlangung ins Leere, weil diese (absolute) Fristenregelung kenntnisunabhängig ist (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 75. Aufl. 2017, § 586 Rn. 8).

c) Es ist aufgrund der Erwägungen zu a) und b) (keine begründete Darlegung ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der Annahme des Verwaltungsgerichts, bei spätestens erfolgter Kenntniserlangung im Februar 2012 sei der Antrag auf Fortführung des Verfahrens RN 6 K 07.1884 zu spät erhoben worden) nicht mehr entscheidungserheblich (vgl. BayVGH, B.v. 23.6.2015 - 1 ZB 13.92 - juris Rn. 3; B.v. 6.2.2017 - 15 ZB 16.398 - juris Rn. 14 m.w.N.), ob sich die Klägerin unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben die Erledigungserklärung von Herrn Rechtsanwalt P* … aufgrund eines strafrechtlich vorwerfbaren Handelns nicht zurechnen lassen musste. Dasselbe gilt hinsichtlich ihres Vorbringens, sie habe jedenfalls vor dem 22. Februar 2012 mangels erhaltener Informationen keine Kenntnis von der Einstellung des gerichtlichen Verfahrens und der vorher abgegebenen Erledigungserklärungen gehabt. Unabhängig davon, dass der Schriftsatz der Klägerin vom 13. Juli 2016 jenseits der Zweimonatsfrist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO beim Verwaltungsgerichtshof eingegangen ist, kommt es auch auf die dort thematisierten Rechtsfragen zur Bedeutung und Umsetzung einer außergerichtlichen Vereinbarung aus dem Jahr 2005 (vgl. auch den Schriftsatz des Beigeladenen vom 20. Mai 2016) nicht entscheidungserheblich an.

2. Hinsichtlich der behaupteten besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) erfüllt die Zulassungsbegründung schon nicht die formalen Anforderungen einer substanziierten Darlegung eines Zulassungsgrundes gem. § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO. Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten weist eine Rechtssache auf, wenn die Beantwortung der für die Entscheidung erheblichen Fragen in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht voraussichtlich das durchschnittliche Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten bereitet, sich also wegen der Komplexität und abstrakten Fehleranfälligkeit aus der Mehrzahl der verwaltungsgerichtlichen Verfahren heraushebt. Es bedarf hinsichtlich der Darlegung einer substanziellen Auseinandersetzung mit dem verwaltungsgerichtlichen Urteil und einer konkreten Bezeichnung der Tatsachen- und Rechtsfragen, hinsichtlich derer sich solche Schwierigkeiten stellen, sowie des Aufzeigens, worin diese Schwierigkeit besteht (vgl. BayVGH, B.v. 20.4.2016 - 15 ZB 14.2686 u.a. - juris Rn. 64 m.w.N.). Die Zulassungsbegründung der Klägerin enthält in dieser Hinsicht keine nähere Begründung. Für die Darlegung des Vorliegens besonderer tatsächlicher und rechtlicher Schwierigkeiten genügt insbesondere nicht das allgemeine Vorbringen der Klägerin, das vorliegende Verfahren sei Teil eines langwierigen Streits gegen die dem Beigeladenen erteilten und zum Teil rechtswidrigen Baugenehmigungen. Ebenso wenig erfüllt die schlichte Behauptung, das Verfahren weise eine Vielzahl von tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten auf, sodass eine erneute Überprüfung durch das Berufungsgericht erforderlich sei, die Darlegungsanforderungen. Soweit sich die besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten auf die Ausführungen zur Frage der „Kenntniserlangung“ und den hierauf bezogenen Einwand gegen die vom Verwaltungsgericht angenommene zu späte Antragstellung beziehen sollten, ergibt sich schon aus den voranstehenden Ausführungen zu 1 b), dass die Sach- und Rechtssache insofern - d.h. soweit dies in der Zulassungsbegründung tatsächlich thematisiert wurde - keine besonderen Schwierigkeiten aufweist, zu deren Klärung ein Berufungsverfahren durchgeführt werden müsste. Soweit der Vortrag in Bezug auf § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO den Einwand zur mangelnden Zurechnung der Erledigungserklärung sowie zu den mit Schriftsatz vom 13. Juli 2016 (s.o.: ohnehin zu spät) erhobenen materiellen Einwänden umfassen sollte, fehlt es unabhängig von der Frage der hinreichenden Darlegung an der Entscheidungserheblichkeit, s.o. zu 1. c) (vgl. auch Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 29).

3. Schließlich hat die Klägerin mit ihrer Zulassungsbegründung lediglich einen Verfahrensmangel (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO), auf dem die erstinstanzliche Entscheidung beruhen soll, behauptet. Sie hat hierzu aber nichts zur Begründung ausgeführt. Auch dies erfüllt die Darlegungsanforderungen gem. § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO nicht.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, dass der Beigeladene trotz seines erfolgreichen Gegenantrags seine außergerichtlichen Kosten selbst trägt (vgl. § 162 Abs. 3 VwGO). Denn ein Beigeladener setzt sich im Berufungszulassungsverfahren unabhängig von einer Antragstellung grundsätzlich keinem eigenen Kostenrisiko aus (vgl. BayVGH, B.v. 11.10.2001 - 8 ZB 01.1789 - BayVBl 2002, 378 = juris Rn. 10 ff.; B.v. 18.7.2016 - 15 ZB 15.12 - juris Rn. 23; B.v. 19.12.2016 - 8 ZB 15.230 - juris Rn. 16 m.w.N.). Ein Grund, der es gebieten würde, die außergerichtlichen Kosten aus Billigkeitsgründen ausnahmsweise als erstattungsfähig anzusehen (vgl. etwa BayVGH, B.v. 6.2.2017 - 15 ZB 16.398 - juris Rn. 76), ist nicht ersichtlich. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47, § 52 Abs. 1 GKG. Sie orientiert sich an Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ-Beilage 2013, 57) und folgt in der Höhe der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwände erhoben wurden.

5. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Tenor

I.

Auf die Berufung des Beigeladenen wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 8. Juli 2010 geändert:

Nr. 1 des Bescheids der Beklagten vom 24. August 2009 (Az.: 63.1/01134/2009-01) wird insoweit aufgehoben, als die Beklagte den Antrag des Klägers auf bauaufsichtliches Einschreiten gegen die an der Nordseite der Dachterrasse errichtete Profilholzverkleidung abgelehnt hat; die Kostenentscheidung in Nr. 3 des Bescheids der Beklagten vom 24. August 2009 wird aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet, insoweit über den Antrag des Klägers vom 3. August 2009 auf bauaufsichtliches Einschreiten unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu entscheiden. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

III.

Der Kläger trägt die Hälfte der Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen. Die Beklagte und der Beigeladene tragen jeweils ein Viertel der Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

IV.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostengläubiger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostenschuldner vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

V.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über den vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten zum bauaufsichtlichen Einschreiten gegen die vom Beigeladenen auf seiner Dachterrasse errichteten Anlagen und Ausstattungsgegenstände sowie auf Untersagung der Terrassennutzung.

Die mehrgeschossigen Wohn- und Geschäftshäuser des Klägers und des Beigeladenen stehen im Zentrum der Altstadt von Regensburg westlich des Doms. Sie sind, wie die Gebäude in der näheren Umgebung, ohne seitlichen und rückwärtigen Grenzabstand aneinandergebaut.

Mit Bescheid vom 15. Februar 1999 genehmigte die Beklagte dem Beigeladenen u. a. die Errichtung einer zur Wohnung Nr. 7 gehörenden Dachterrasse über dem 3. Obergeschoss seines Gebäudes. Nach den Planvorlagen wird die Terrasse bis unmittelbar an die südliche Außenwand des klägerischen Gebäudes geführt, in die im Bereich der Terrasse seit etwa 1966 ein Fenster eingebaut ist, das der Belichtung und Belüftung eines dahinterliegenden Aufenthaltsraums dient. In den Baugenehmigungsbescheid vom 15. Februar 1999 wurde die Nebenbestimmung 002 aufgenommen, wonach die Dachterrasse so zu begrenzen sei, dass sie allseitig einen Abstand von mindestens 1 m zum Fenster des Klägers einhalte (vgl. hierzu auch die Rotrevision auf dem Eingabeplan „Grundriss Dachgeschoss“ vom 16.12.1998). Nach Durchführung von Widerspruchsverfahren (des Klägers und des Beigeladenen) hob das Verwaltungsgericht Regensburg die Baugenehmigung in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 21. März 2000 mit Urteil vom 15. November 2000 insoweit auf, als darin eine Dachterrasse für die Wohnung Nr. 7 genehmigt wurde (Az. RO 14 K 00.880). Der Verwaltungsgerichtshof ließ die Berufung auf Antrag des Beigeladenen zu (Az. 20 B 00.3588).

Auf Antrag des Klägers ließ die Beklagte mit Bescheid vom 18. März 2002 eine von Art. 31 Abs. 10 BayBO (i. d. F. d. Bek. v. 4.8.1997, GVBl S. 433) abweichende brandschutztechnische Ausführung für das im 4. Obergeschoss des klägerischen Anwesens in der Südfassade (Brandwand) befindliche Fenster unter den Bedingungen zu, dass es auf ein lichtes Maß der Maueröffnung von 1 m² zurückzubauen, der Fensterrahmen in Hartholz auszuführen und mindestens mit einer F-30-Verglasung zu versehen sei. Außerdem sei eine selbstständige rauch- und wärmeansprechende Schließeinrichtung einzubauen. Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren wies das Verwaltungsgericht Regensburg die Klage des Beigeladenen gegen die Abweichungsentscheidung mit Urteil vom 25. November 2002 ab (Az. RO 2 K 02.1244). Der Verwaltungsgerichtshof ließ die Berufung auf Antrag des Beigeladenen zu (Az. 20 B 03.49).

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Verfahren 20 B 00.3588 und 20 B 03.49 zur gemeinsamen Verhandlung verbunden. In der mündlichen Verhandlung vom 18. November 2003 schlossen die Verfahrensbeteiligten einen Prozessvergleich. Danach hat es u. a. hinsichtlich der Terrasse des Beigeladenen mit dem Baugenehmigungsbescheid (vom 15.2.1999) mit der Maßgabe sein Bewenden, dass die Terrasse entgegen der Rotrevision und der Auflage 002 bis an die Wand des Nachbaranwesens (des Klägers) herangebaut werden darf. Die Verfahrensbeteiligten erklärten im Übrigen ihr Einverständnis mit der von der Beklagten erteilten Abweichung für das Fenster in der Grenzwand des klägerischen Anwesens. Hinsichtlich der weiteren wechselseitigen Duldungspflichten und sonstigen Vergleichsregelungen wird auf den Inhalt des Prozessvergleichs vom 18. November 2003 verwiesen.

Nachdem der Kläger bereits zuvor die Errichtung von Anlagen beanstandet hatte, beantragte er bei der Beklagten am 3. August 2009 den Erlass bauaufsichtlicher Maßnahmen wegen baulicher Veränderungen der Terrasse, namentlich die Beseitigung der in seinem Schreiben vom 15. Juni 2009 genannten baulichen Anlagen, hilfsweise die Untersagung der Nutzung der Dachterrasse. Der Beigeladene hatte entlang der Nord- und Ostseite seiner Terrasse ein Aluminiumgerüst errichtet und dieses mit Holzlatten verkleidet, wobei die Glasfläche des Fensters im Anwesen des Klägers ausgespart wurde. Hinter der Holzverkleidung wurden elektrische Leitungen verlegt und eine bestehende Wasserleitung verlängert. Weiterhin wurden eine Lichtleiste, ein Duschkopf, ein Heizstrahler, ein Pflanzsteg sowie eine Markise angebracht und Terrassenmöbel aufgestellt. Die Beklagte lehnte den Antrag des Klägers mit Bescheid vom 24. August 2009 ab. Weder die Beleuchtungselemente noch der Brausekopf oder die elektrischen Leitungen seien bauliche Anlagen im Sinne der Bayerischen Bauordnung. Die Holzverkleidung und die Markise könnten entgegen der Ansicht des Klägers verfahrensfrei errichtet werden. Ungeachtet dessen stünden die Holzverkleidung und die Markise nicht im Widerspruch zu materiell-rechtlichen nachbarschützenden Vorschriften. Für den Erlass einer Nutzungsuntersagung werde keine ausreichende Rechtsgrundlage gesehen. Am 10. September 2009 ließ der Kläger Klage beim Verwaltungsgericht Regensburg erheben.

Das Verwaltungsgericht Regensburg hat den Bescheid der Beklagten vom 24. August 2009 mit Urteil vom 8. Juli 2010 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, über den Antrag des Klägers auf bauaufsichtliches Einschreiten erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen. Nach der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts unterlägen die über den Inhalt des Prozessvergleichs hinausgehenden, zusätzlichen baulichen Maßnahmen zur Erweiterung und Intensivierung der Dachterrassennutzung einer gesonderten baurechtlichen Beurteilung, für die der Vergleichsinhalt den Ausgangspunkt bilde. Die Änderung des baulichen Bestands sei genehmigungspflichtig. Die bauaufsichtliche Überprüfung werde für alle hinzukommenden baulichen Anlagen bzw. Teile von baulichen Anlagen auch die Würdigung der Belange des Denkmalschutzes zum Gegenstand haben. Für die Frage, ob die Stellung eines Bauantrags verlangt werde, werde mit Blick auf die Genehmigungsfähigkeit auch der Inhalt des Prozessvergleichs nicht unberücksichtigt bleiben können. Das primär gewollte Beseitigungsverlangen des Klägers könne unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit als ultima ratio bauaufsichtlichen Handelns nicht der Entscheidung der Beklagten vorgreifen.

Zur Begründung seiner durch Beschluss des Senats vom 22. Juni 2012 zugelassenen Berufung trägt der Beigeladene im Wesentlichen vor, eine (genehmigungspflichtige) Änderung der Dachterrasse in ihrem baulichen Bestand liege mangels bau- und bodenrechtlicher Relevanz nicht vor. Durch die Ausgestaltung sei keine Intensivierung der ausdrücklich erlaubten und im Vergleichswege auch seitens des Klägers zugestandenen Dachterrassennutzung gegeben. Eine messbare Beeinträchtigung des Lichteinfalls aufgrund der vom Beigeladenen errichteten Holzverkleidung liege nicht vor. Sofern überhaupt eine messbare Beeinträchtigung bestehen sollte, sei die genehmigungs- und vereinbarungswidrige Gestaltung des lichten Maßes der Mauerwerksöffnung ursächlich. Darüber hinaus wirkten sich die Stärke der Eternitwand und das ca. 6 cm vorkragende schmiedeeiserne Fenstergitter nachteilig auf die Belichtung aus. Auch befinde sich an der Oberkante ein etwa 4 cm tiefer Vorsprung, der einen etwaigen Effekt der Holzverkleidung egalisiere. Im Verhältnis seien die vom Kläger geschaffenen Einschränkungen des Lichteinfalls ungleich bedeutsamer als sie der Holzverkleidung zugeschrieben werden könnten. Die Feststellungen aus dem im selbstständigen Beweisverfahren beim Landgericht eingeholten Sachverständigengutachten (vom 5. Mai 2010) seien weder unstreitig geworden noch in der Sache zutreffend. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass das Fenster in der Brandwand im Zeitpunkt seines Einbaus illegal war und weiterhin ist. Es bestünden Bedenken gegen die Zulässigkeit der Klage, weil eine Rechtsbeeinträchtigung nachbarschützender Vorschriften nicht erkennbar sei, nachdem der Kläger im Prozessvergleich der Errichtung und Nutzung einer Dachterrasse zugestimmt habe.

Der Beigeladene beantragt,

die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 24. August 2009 unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 8. Juli 2010 insgesamt abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Situation habe sich gegenüber derjenigen im Jahr 2003 und nach Maßgabe des Vergleichs maßgeblich verändert, die Situation sei sogar brandgefährlich. Der vom Beigeladenen neu geschaffene Wohnraum bewirke eine Verschlechterung nicht nur durch die reduzierte Belichtung und Besonnung des klägerischen Wohnraums, sondern auch in Bezug auf den „Schmutzwinkel“, den die Baumaßnahmen des Beigeladenen bedingten. Dabei stelle sich das klägerische Anwesen als denkmalgeschütztes Gebäude dar, so dass sich der Kläger, der dieses erhalten müsse, auch auf den Denkmalschutz berufen könne.

Die Beklagte ist der Auffassung, die Klage sei, wie vom Beigeladenen beantragt, abzuweisen. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts sei die Profilholzverkleidung genehmigungsfrei. Die Voraussetzungen für eine Beseitigungsanordnung seien daher schon in Ermangelung einer formellen Rechtswidrigkeit nicht gegeben. Davon abgesehen fehle es auch an der materiellen Rechtswidrigkeit, mit der sich das Verwaltungsgericht nicht auseinander gesetzt habe.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Bauakten der Beklagten verwiesen.

Gründe

Über die Berufung wird im Einverständnis mit den Beteiligten ohne weitere mündliche Verhandlung entschieden (§ 101 Abs. 2 VwGO).

Die zulässige Berufung des Beigeladenen hat teilweise Erfolg.

1. Entgegen der Ansicht des Beigeladenen ist die Klage zulässig. Der Kläger hat sich zwar mit der Errichtung und Nutzung der Dachterrasse des Beigeladenen im Prozessvergleich vom 18. November 2003 einverstanden erklärt, er hat sich aber nicht dazu verpflichtet, jedwede nachträgliche Änderung der Dachterrasse durch den Beigeladenen zu dulden. Der Kläger kann daher geltend machen, durch die Ablehnung seines Antrags in seinen Rechten verletzt zu sein (§ 42 Abs. 2 VwGO); er hat sein Klagerecht auch nicht verwirkt.

2. Die Berufung hat Erfolg, soweit der Kläger mit seiner Klage einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Bescheidung seines Antrags auf bauaufsichtliches Einschreiten hinsichtlich aller vom Beigeladenen auf dessen Terrasse errichteten Anlagen und Ausstattungsgegenstände und hinsichtlich der Nutzung der Terrasse - mit Ausnahme der Profilholzverkleidung entlang der Nordseite der Terrasse (dazu unten Nr. 3) - geltend macht. Insoweit hätte das Verwaltungsgericht die Klage abweisen müssen.

Die im Bescheidungsurteil (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO) des Verwaltungsgerichts verbindlich zum Ausdruck gebrachte und für das verwaltungsgerichtliche Urteil maßgebliche Rechtsauffassung ergibt sich insoweit nicht aus der Urteilsformel, sondern aus den Entscheidungsgründen, die die nach dem Urteilstenor zu beachtende Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts im einzelnen darlegen (vgl. BVerwG, U. v. 27.1.1995 - 8 C 8/93 - BayVBl 1995, 605 = juris Rn. 13). Hiervon ausgehend bedarf das angefochtene Urteil auf die Berufung des Beigeladenen hin der Korrektur, weil die in den Entscheidungsgründen zum Ausdruck kommende Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts teilweise unzutreffend ist.

Macht ein Dritter - wie hier der Kläger - gegenüber der Bauaufsichtsbehörde geltend, durch eine Anlage i. S. d. Art. 76 BayBO (s. zum Begriff der Anlage Art. 2 Abs. 2 Satz 4 BayBO) in seinen Rechten verletzt zu sein, so hat er einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über ein bauaufsichtliches Einschreiten der Bauaufsichtsbehörde sowie auf Art und Weise des Einschreitens. Dabei gelten für die Ermessensausübung der Bauaufsichtsbehörde die allgemeinen Grundsätze (vgl. Decker in Simon/Busse, BayBO, Stand Januar 2014, Art. 76 Rn. 486 ff. m. w. N.; vgl. auch BayVGH, B. v. 8.3.2007 - 1 ZB 06.898 - juris Rn. 11, 14). Als bauaufsichtliche Maßnahmen kommen insoweit der Erlass einer Beseitigungsanordnung nach Art. 76 Satz 1 BayBO und/oder einer Nutzungsuntersagungsverfügung nach Art. 76 Satz 2 BayBO in Betracht. Anders als das Verwaltungsgericht angenommen hat, kann sich der Kläger aber nicht darauf berufen, für die betreffende Anlagen sei ein Bauantrag zu stellen (Art. 76 Satz 3 BayBO). Denn das nach Art. 76 Satz 3 BayBO im Ermessen der Bauaufsichtsbehörde stehende Verlangen, dass ein Bauantrag gestellt wird, vermittelt dem Nachbarn keinen Anspruch auf Durchführung eines Baugenehmigungsverfahrens (vgl. Decker, a. a. O., Art. 76 Rn. 501 m. w. N.).

Grundvoraussetzung für einen Anspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten ist vielmehr, dass der Nachbar durch die Anlage in seinen Rechten verletzt wird, was einen Verstoß der Anlage gegen nachbarschützende Vorschriften erfordert und infolgedessen die Bauaufsichtsbehörde zum Einschreiten gegen die Anlage berechtigt, weil der Tatbestand der Befugnisnorm und die Eingriffsschranken beachtet sind (vgl. Decker, a. a. O. Art. 76 Rn. 487 m. w. N.). Daran fehlt es, soweit der Kläger ein bauaufsichtliches Tätigwerden wegen der Errichtung einer Markise, von Beleuchtungselementen und einer Duschbrause beantragt hat, die Verlegung von elektrischen Leitungen beanstandet, sich auf denkmalpflegerische Belange, Abstandsflächenvorschriften, den Brandschutz sowie auf eine Intensivierung der Dachterrassennutzung beruft. Nichts anderes gilt hinsichtlich der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erörterten Wasserleitung (zum Duschkopf), der Terrassenmöblierung und des südlich der Terrasse angebrachten „Pflanzstegs“. Ebenso wenig besteht der geltend gemachte Anspruch auf Untersagung der Nutzung der Dachterrasse. Auch der verwaltungsgerichtliche Vergleich verschafft dem Kläger keinen öffentlich-rechtlichen Anspruch gegen die Bauaufsichtsbehörde auf bauaufsichtliches Tätigwerden.

a) Die Ausstattung der Terrasse des Beigeladenen mit einer Markise ist zwar geeignet, die Belichtung des Aufenthaltsraums des Klägers zu schmälern. Eine dadurch ausgelöste Rechtsverletzung des Klägers liegt deswegen aber noch nicht vor. Das Rücksichtnahmegebot hebt auf die gegenseitige Verflechtung der baulichen Situation benachbarter Grundstücke ab; es will einen angemessenen Ausgleich schaffen, der dem einen das ermöglicht, was für ihn unabweisbar ist, und den anderen vor unzumutbaren Belästigungen oder Benachteiligungen schützt (BVerwG, U. v. 13.3.1981 - 4 C 1/78 - BauR 1981, 354 = juris Rn. 38). Insoweit ist bei der Interessenabwägung nicht allein auf die Schutzwürdigkeit des Fensters in der Grenzwand, sondern gleichermaßen auf das Interesse des Beigeladenen an einer bestimmungsgemäßen Nutzung seiner Dachterrasse abzustellen. Die Möglichkeit, sich durch das Aufstellen eines Sonnenschirms oder das Anbringen einer Markise vor Sonneneinstrahlung zu schützen, ist von der bestimmungsgemäßen Nutzung einer Dachterrasse erfasst und hier nicht etwa aufgrund der einvernehmlichen Zulassung des klägerischen Grenzfensters ausgeschlossen. Denn der Nachbar, der sich seine Bauwünsche erfüllt, hat es nicht in der Hand hat, durch die Art und Weise seiner Bauausführung unmittelbaren Einfluss auf die Bebaubarkeit anderer Grundstücke zu nehmen (vgl. BVerwG, B. v. 6.12.1996 - 4 B 215/96 - NVwZ-RR 1997, 516 = juris Rn. 9 m. w. N.); für die bestimmungsgemäße Nutzung einer baulichen Anlage gilt im Grundsatz nichts anderes. Der Kläger hat in der vorgegebenen Situation somit keinen Anspruch darauf, jedwede grundsätzlich zulässige bauliche Maßnahme an oder Nutzung der Dachterrasse abzuwenden, weil sie die Belichtungsverhältnisse im Hinblick auf sein in die Grenzwand eingebautes Fenster nachteilig verändert.

b) Nichts anderes gilt - mit Ausnahme der Profilholzverkleidung entlang der Nordseite der Terrasse des Klägers (vgl. hierzu Nr. 3 der Entscheidungsgründe) - für die sonst installierten oder aufgestellten Ausstattungselemente, soweit ihnen überhaupt eine planungsrechtliche Bedeutung zukommen sollte. Die Beleuchtungselemente ermöglichen eine Terrassennutzung auch dann, wenn das Tageslicht keine ausreichende Sicht mehr zulässt, also insbesondere in den Abend- und Nachtstunden. Hiergegen ist in baurechtlicher Beziehung nichts zu erinnern, weil die Nutzung von Außenwohnflächen nicht auf die Tagzeit beschränkt ist und deshalb das Aufstellen oder Anbringen von künstlichen Lichtquellen ebenfalls der bestimmungsgemäßen Nutzung der Terrasse des Beigeladenen dient. Das Anbringen der Duschbrause und das Verlegen von elektrischen Leitungen (s. bereits Art. 1 Abs. 2 Nr. 3 BayBO) ist aus den vorgenannten Gründen ebenso wenig geeignet, das planungsrechtliche Rücksichtnahmegebot zu verletzen, wie das Aufstellen von Terrassenmöbeln und das Anbringen eines Pflanzstegs. Die entlang der Ostseite der Terrasse des Beigeladenen errichtete Profilholzverkleidung ist nicht geeignet, nachbarschützende Rechte des Klägers zu verletzen. Insbesondere entsteht aufgrund der Holzverkleidung kein Schmutzwinkel auf Flächen des Klägers. Soweit die Reinigung der hinter der Holzverkleidung liegenden kleineren Flächen erforderlich werden sollte, kann sie vom Beigeladenen durchgeführt werden, indem er die untersten an das Gerüst geschraubten Leisten der Verkleidung kurzzeitig entfernt.

c) Auch die vonseiten des Klägers beanstandete Nutzungsintensivierung der Dachterrasse, die durch die baulichen und sonstigen Veränderungen der Dachterrasse ermöglicht wird, lässt keine Rechtsverletzung erkennen, die einen Anspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten begründen könnte, weil es keine allgemeinen baurechtlichen Vorgaben für die Intensität einer (Außen-)Wohnnutzung gibt. Ein etwaiges individuelles Fehlverhalten ist städtebaulich nicht relevant; ihm ist mit den Mitteln des Polizei- und Ordnungsrechts zu begegnen (BVerwG, B. v. 6.12.2011 - 4 BN 20/11 - BauR 2012, 621 = juris Rn. 5).

d) Dass Belange des Denkmalschutzes hier dem Kläger einen Anspruch auf bauaufsichtliches Tätigwerden vermitteln könnten, ist auszuschließen. Dabei kann dahinstehen, ob der mit Eternitplatten verkleideten Außenwand im Bereich der Dachterrasse überhaupt ein denkmalpflegerischer Wert zukommt. Denn jedenfalls beeinträchtigt die durch den Beigeladenen vorgenommene Gestaltung seiner Dachterrasse das denkmalgeschützte Gebäude des Klägers nicht.

e) Auf Belange des Brandschutzes kann sich der Kläger vorliegend ebenfalls nicht mit Erfolg berufen. Die Bauordnung fordert keinen dritten Rettungsweg, weshalb es ohne Belang ist, ob das Gitter vor dem Grenzfenster des Klägers nach außen hin zur Terrasse des Beigeladenen geöffnet werden kann (vgl. Art. 31 BayBO). Die im Gutachten vom 5. Mai 2010 (zum selbstständigen Beweisverfahren vor dem Landgericht Regensburg) angenommene nicht unerhebliche Gefahr durch Brand- und Rauchentwicklung im Bereich des Fensters aufgrund der über die Fensterleibung gezogenen Profilholzverkleidung besteht nach Auffassung des Senats nicht. Das Grenzfenster des Klägers wurde auflagengemäß als Brandschutzfenster in Hartholz mit F-30-Verglasung ausgeführt sowie mit einem selbstschließenden Freilaufschieber und integriertem Rauchmelder ausgestattet (vgl. Bestätigung der Schreinerei Hegerl vom 5. Mai 2008; Beiakt Nr. 5). Tragfähige Anhaltspunkte für eine erhöhte Brandgefahr aufgrund der zwischen Holverkleidung und Brandwand verlegten Elektroleitungen bestehen ebenfalls nicht.

f) Die geltend gemachte Verletzung nachbarschützender Vorschriften des Abstandsflächenrechts liegt nicht vor. Nach Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO ist eine Abstandsfläche nicht erforderlich vor Außenwänden, die an der Grundstücksgrenze errichtet werden, wenn nach planungsrechtlichen Vorschriften an die Grenze gebaut werden muss oder gebaut werden darf. So liegt es hier, die Gebäude des Klägers und des Beigeladenen sind im System der geschlossenen bzw. abweichenden Bauweise ohne seitlichen und rückwärtigen Grenzabstand aneinandergebaut (vgl. § 22 Abs. 3 und 4 BauNVO); dies entspricht der Bauweise der näheren Umgebung i. S. d. § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB.

g) Der Erlass einer Nutzungsuntersagungsverfügung kommt nicht in Betracht, weil eine Rechtsbeeinträchtigung des Klägers bei bestimmungsgemäßer Nutzung der Dachterrasse nicht vorliegt.

h) Soweit sich der Kläger auf den Prozessvergleich vom 18. November 2003 beruft, ist dieser zwar im Rahmen des Rücksichtnahmegebots zur Ermittlung der wechselseitigen Duldungspflichten zu berücksichtigen. Die Bauaufsichtsbehörde ist aber weder für die Vollstreckung gerichtlicher Vergleiche zuständig, noch kann der Kläger eine etwaige Vollstreckung aus dem gerichtlichen Vergleich im gegenständlichen Verfahren geltend machen.

3. Soweit es die Schmälerung des Lichteinfalls durch die vom Beigeladenen errichtete Profilholzverkleidung entlang der Nordseite seiner Dachterrasse betrifft, bleibt die Berufung des Beigeladenen ohne Erfolg.

Insoweit ist das Verwaltungsgericht im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger einen Anspruch auf Neuverbescheidung seines Antrags vom 3. August 2009 hat, weil die Beklagte ausweislich der Begründung ihres Ablehnungsbescheids vom 24. August 2009 kein Ermessen ausgeübt hat, obwohl dafür Anlass bestand (§ 113 Abs. 5 Satz 2, § 114 VwGO, Art. 76 Satz 1 und 2 BayBO, Art. 40 BayVwVfG). Denn die Beklagte hat zu Unrecht angenommen, dass auch die Errichtung der Profilholzwand entlang der Nordseite der Dachterrasse vor dem Fenster des Klägers keine nachbarschützende Vorschriften verletze und der Kläger deshalb die zum Erlass einer Beseitigungsanordnung normierte behördliche Ermessensbetätigung nicht beanspruchen könne.

a) Ob die Profilholzverkleidung der bauaufsichtlichen Genehmigung bedarf, ist für den geltend gemachten Anspruch des Klägers auf bauaufsichtliches Einschreiten ohne Belang. Wie bereits ausgeführt wurde, kann der Kläger nicht verlangen, dass der Beigeladene einen Bauantrag stellt. Darum geht es dem Kläger auch nicht. Er will vielmehr die teilweise oder vollständige Beseitigung dieser Profilholzverkleidung erreichen, weil sie seiner Ansicht nach gegen materiell-rechtliche Vorschriften des Baurechts verstößt, die auch seinem Schutz zu dienen bestimmt sind. Die Befugnis der Bauaufsichtsbehörde zum Erlass einer Beseitigungsanordnung knüpft nicht an die Genehmigungspflichtigkeit einer Anlage an. Eine (genehmigungsbedürftige) Anlage ist zwar nur dann i. S. v. Art. 76 Satz 1 BayBO im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet oder geändert, wenn sie materiell rechtswidrig und nicht im Wege einer bauaufsichtlichen Zulassungsentscheidung formell (verfahrensrechtlich) rechtmäßig geworden oder sonst bestandsgeschützt ist. Fehlt es an einer formellen Legalisierung der Anlage (etwa bei verfahrensfreien Vorhaben) und genießt die Anlage auch sonst keinen Bestandsschutz - wie hier -, so ist aber nur darauf abzustellen, ob die Anlage dem materiellen Recht widerspricht (vgl. Schwarzer/König, BayBO, 4. Auflage 2012, Art. 76 Rn. 4 ff., 9; Decker, a. a. O., Art. 76 Rn. 79 ff. jeweils m. w. N.).

b) Die entlang der Nordseite der Dachterrasse des Beigeladenen errichtete Profilholzverkleidung verletzt, so wie sie errichtet wurde, das im Begriff des Einfügens i. S. d. § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB aufgehende Gebot der Rücksichtnahme zulasten des Klägers (vgl. BVerwG, U. v. 13.3.1981 - 4 C 1/78 - BauR 1981, 354 = juris Rn. 32). Nach ständiger Rechtsprechung setzt ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme einen Verstoß gegen das objektive Recht voraus. Er kann auch vorliegen, wenn ein Vorhaben - wie hier - zwar in jeder Hinsicht den aus seiner Umgebung hervorgehenden Rahmen wahrt, sich aber gleichwohl in seine Umgebung nicht einfügt, weil das Vorhaben es an der gebotenen Rücksicht auf die sonstige, also vor allem auf die in seiner unmittelbaren Nähe vorhandene Bebauung fehlen lässt. Drittschutz wird gewährt, wenn in qualifizierter und individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist. Es kommt darauf an, dass sich aus den individualisierenden Tatbestandsmerkmalen der Norm ein Personenkreis entnehmen lässt, der sich von der Allgemeinheit unterscheidet (vgl. BVerwG, U. v. 5.12.2013 - 4 C 5/12 - BVerwGE 148, 290 = juris Rn. 21 m. w. N.). So liegt es hier.

aa) Entgegen der Auffassung des Beigeladenen kommt der auf einem Aluminiumrahmen angebrachten Holzverkleidung planungsrechtliche Relevanz zu, weil sie eine bauliche Anlage im Sinne des § 29 Abs. 1 BauGB ist und im konkreten Fall die in § 1 Abs. 5 und 6 BauGB genannten Belange in einer Weise berührt, die geeignet ist, das Bedürfnis nach einer ihre Zulässigkeit regelnden verbindlichen Bauleitplanung hervorzurufen (vgl. zu diesem Maßstab BVerwG, U. v. 31.8.1973 - 4 C 33/71 - BVerwGE 44, 59 = juris Rn. 21). Aufgrund der durch die Holzverkleidung ausgelösten deutlichen Beschränkung des Lichteinfalls in den dahinterliegenden Aufenthaltsraum des Klägers wird u. a. der Belang der allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohnverhältnisse in Frage gestellt. Das Berührtsein planungsrechtlicher Belange ist hier auch geeignet, das Bedürfnis nach einer die Zulässigkeit der die Belichtung eines Aufenthaltsraums regelnden verbindlichen Bauleitplanung hervorzurufen (zur städtebaulichen Bedeutung der Belichtung für die Anforderungen an Wohnverhältnisse vgl. BVerwG, U. v. 16.5.1991 - 4 C 17/90 - BVerwGE 88, 191 = juris Rn. 24; BVerwG, U. v. 6.6.2002 - 4 CN 4/01 - BVerwGE 116, 296 = juris Rn. 29) und bewältigungsbedürftige Spannungen zu begründen oder zu erhöhen (BVerwG, U. v. 25.6.1978 - 4 C 9/77 - BVerwGE 55, 369 = juris Rn. 47).

bb) Vorliegend knüpft das planungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme an das nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB zu beachtende Einfügensmerkmal der Bauweise an. Mit Blick auf die maßstabsbildende Bebauung auf den Grundstücken des Klägers und des Beigeladenen sowie in der näheren Umgebung bleibt die im System der geschlossenen Bauweise entlang der Grenzwand zum Nachbargrundstück errichtete Holzverkleidung an der Nordseite der Terrasse des Beigeladenen zwar im Rahmen. Wegen der unmittelbaren Nachbarschaft der Terrasse des Beigeladenen zum Grenzfenster des Klägers liegt aber eine gegenseitige Verflechtung der baulichen Situation im Sinne einer für die drittschützende Wirkung zu fordernden Qualifizierung und Individualisierung vor, die es rechtfertigt, dem Beigeladenen unter Berücksichtigung der konkreten Verhältnisse des Falls ein gewisses Maß an Rücksichtnahme bei der baulichen Ausgestaltung seiner Terrasse abzuverlangen (vgl. BVerwG, U. v. 13.3.1981 - 4 C 1/78 - BauR 1981, 354 = juris Rn. 38; BVerwG, U. v. 5.12.2013 - 4 C 5/12 - BVerwGE 148, 290 = juris Rn. 22).

cc) Bei sachgerechter Abwägung und Gewichtung der gegenläufigen Interessen des Klägers an der Belichtung des hinter dem Fenster liegenden Aufenthaltsraums und des Beigeladenen an der optischen Aufwertung seiner Terrasse, um die freie Sicht auf die seiner Ansicht nach „hässlichen Eternitplatten“ an der Außenwand des klägerischen Anwesens abzuwenden, ist es dem Beigeladenen zuzumuten, die Holzverkleidung im Bereich des klägerischen Fensters so zu gestalten, dass eine (hier: konstruktionsbedingte) Schmälerung des Lichteinfalls weitestgehend vermieden wird. Denn aufgrund des von den Verfahrensbeteiligten geschlossenen Prozessvergleichs vom 18. November 2003 steht mit bindender Wirkung auch für den Beigeladenen fest, dass mit der für das Grenzfenster erteilten Abweichung Einverständnis besteht. Da aufgrund der Feststellungswirkung der Abweichung vom 18. März 2002 im Übrigen feststeht, dass sie unter Würdigung der nachbarlichen Interessen mit den öffentlichen Belangen erteilt wurde (vgl. Art. 70 Abs. 1 BayBO i. d. F. d. Bek. v. 4.8.1997, GVBl S 433), ist das Grenzfenster des Klägers auch sonst schutzwürdig. Soweit sich der Beigeladene darauf beruft, dass der Kläger die Bedingung aus dem Bescheid über die Abweichung vom 18. März 2002, die Fensteröffnung auf eine Größe von maximal 1 m² (lichtes Maß der Maueröffnung) zurückzubauen, nicht erfüllt habe, ändert die tatsächlich geringfügig größere Öffnung von ca. 1,17 m² nichts an der im Vergleich zum Ausdruck kommenden Bereitschaft, das Grenzfenster grundsätzlich zu dulden (ausweislich der Feststellungen des Verwaltungsgerichts beim Ortstermin vom 22.6.2010 ist die Fensteröffnung in Richtung der Terrasse des Beigeladenen von Mauerwerk zu Mauerwerk 0,997 m breit und vom Fensterblech bis zum Mauerwerk 1,173 m hoch; lediglich im Innern des klägerischen Anwesens ist die lichte Mauerwerksöffnung 1,16 m breit und 1,23 m hoch; das lichte Glasmaß beträgt b/h 90/91 cm, vgl. das vom Kläger im Verfahren beim Verwaltungsgericht mit Schriftsatz vom 25. Mai 2010 vorgelegte Gutachten vom 5. Mai 2010, auf das in der Niederschrift zum Ortstermin Bezug genommen wurde). Hiervon ausgehend erweist sich der lediglich 91 cm breite und 123 cm hohe Ausschnitt der in Abständen gegenüber der Außenwand von zwischen 8 cm und 33 cm vorgelagerten Profilholzverkleidung als unzureichend, weil der Lichteinfall in den Aufenthaltsraum des Klägers in erheblichem Maße beeinträchtigt ist (vgl. hierzu auch die Feststellungen des Gutachtens im selbstständigen Beweisverfahren vor dem Landgericht Regensburg vom 5. Mai 2010). Es mag zwar durchaus zutreffen, dass bestehende Gesimse/Vorsprünge, Gitter, Eternitverkleidungen u. s. w. den Lichteinfall bereits unter Außerachtlassung der Profilholzverkleidung des Beigeladenen im Bestand beschränken. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass die zwischen 8 cm und 33 cm vor die Außenwand gesetzte Profilholzverkleidung angesichts einer Aussparung von lediglich 91 cm Breite und (inzwischen) 1,23 m Höhe den Lichteinfall im Vergleich zu den Verhältnissen vor Errichtung der Holzverkleidung deutlich schmälert.

dd) Ginge man entgegen der Rechtsauffassung des Senats davon aus, dass die Profilholzverkleidung entlang der Nordseite der Terrasse aufgrund des geringfügigen Abstands zur Außenwand nicht in geschlossener Bauweise errichtet ist, gilt im Ergebnis nichts anderes. Soweit die Profilholzverkleidung im Bereich der fensterlosen Brandwand ausgeführt wird, ist sie nicht geeignet, nachbarlich geschützte Belange des Klägers zu beeinträchtigen. Im Bereich des klägerischen Fensters gilt das zum Rücksichtnahmegebot Ausgeführte entsprechend, weil jedenfalls die Belichtung und Belüftung des Aufenthaltsraums des Klägers beeinträchtigt werden.

c) Nachdem die Beklagte verkannt hat, dass der nördliche Teil der Holzverkleidung in materiell-rechtlicher Hinsicht das Rücksichtnahmegebot zulasten des Klägers verletzt und dementsprechend Ermessenserwägungen nicht angestellt hat, waren der Ablehnungsbescheid insoweit aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, über den Antrag des Klägers vom 3. August 2009 auf bauaufsichtliches Einschreiten unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu entscheiden. Die Beklagte hat festzustellen, auf welche Maße der Ausschnitt in der Profilholzverkleidung des Beigeladenen vor dem Fenster des Klägers zu vergrößern ist, damit die durch die Profilholzverkleidung ausgelöste tatsächliche Schmälerung des Lichteinfalls in den Aufenthaltsraum des Klägers abgewendet wird. Soweit nach den anzustellenden Berechnungen der Beklagten die vergleichswidrige Ausführung der Fensteröffnung von ca. 1,17 m² anstatt 1 m² von Relevanz ist (dies erscheint nicht zwingend, weil die Glasfläche nur ca. 0,82 m² groß ist), ist dieser Umstand schutzmindernd zu berücksichtigen.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1, § 154 Abs. 3, § 162 Abs. 3 VwGO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 Abs. 2 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 132 Abs. 2 VwGO).

Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.