Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 10. Mai 2019 - Au 2 K 19.30587

published on 10/05/2019 00:00
Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 10. Mai 2019 - Au 2 K 19.30587
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Tenor

I. Die Beklagte wird unter entsprechender Aufhebung des Bescheids des Bundesamtes für ... vom 15. Februar 2017, Geschäftszeichen, verpflichtet, die Klägerin zu 1. als Flüchtling anzuerkennen.

Weiter wird die Beklagte unter entsprechender Aufhebung von Nr. 6 des Bescheids des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 15. Februar 2017, Geschäftszeichen, verpflichtet, hinsichtlich des Klägers zu 2. unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts über die Befristung des gesetzlichen Widereinreise undAufenthaltsverbots erneut zu entscheiden.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die Gerichtskosten haben die Beklagte zu fünf Achtel und der Kläger zu 2. zu drei Achtel zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 1. hat die Beklagte zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 2. hat die Beklagte zu einem Viertel zu tragen. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.

III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Kläger begehren mit ihrer Klage die Anerkennung als Flüchtling, hilfsweise die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus und die Feststellung eines Abschiebungsverbotes.

Sie sind ist russische Staatsangehörige und Zeugen J. Die Klägerin zu 1. und der Kläger im Verfahren Au 2 K 17.34450 sind (mittlerweile geschiedene) Eheleute, der Kläger zu 2. ihr im Jahre 2011 geborener Sohn. Sie reisten am 7. Dezember 2013 auf dem Luftweg gemeinsam mit einem weiteren im Jahre 1998 geborenen Kind/Bruder in das Bundesgebiet ein und stellten am 13. Dezember 2013 Asylanträge. Ihre Anhörung nach § 25 AsylG fand am 28. Januar 2014 statt.

Der Kläger im Verfahren Au 2 K 17.33450 gab ihm Rahmen seiner Anhörung an, er habe mit seiner Familie zuletzt in ... gelebt. Er sei am 23. März 1996 mit seiner Taufe zu den Zeugen J. übergetreten, nachdem er sich am 1993 aufgrund der Lektüre eines Buches dem Glauben zugewandt habe. Er sei beim Missionieren immer wieder von den angesprochenen Personen beleidigt und bedroht worden. Im Berufsleben habe er seine Religionszugehörigkeit verschwiegen und (deshalb) sehr gute Beziehungen zu den Sicherheitskräften unterhalten. Einer seiner Kunden sei sogar ein Ermittler bei der Kriminalpolizei gewesen. Im Rahmen seiner Missionstätigkeit sei er allerdings von Polizisten bedroht worden, die ihm unterstellt hätten, er wolle sich Zugang zu den Wohnungen verschaffen, um die Besitzer zu bestehlen oder ihnen gar die Wohnung wegzunehmen. Er sei aufgefordert worden, seine Missionstätigkeit einzustellen. Ungefähr eine Woche vor der Ausreise sei die Familie von einer Privatperson massiv bedroht worden. Er habe diese Person dann angezeigt, die Polizei habe aber zunächst nicht helfen wollen. Nach einem langen Gespräch mit dem Kunden, der Kriminalbeamter gewesen sei, sei die Person dann ins Gefängnis gekommen. Zu diesem Zeitpunkt habe die Familie Russland aber schon verlassen gehabt.

Die Klägerin zu 1. schilderte bei ihrer Anhörung, dass sie die Situation der Zeugen J. in Russland als lebensbedrohlich empfunden habe. Immer wieder sei es zu Drohungen oder Beschimpfungen durch Privatpersonen gekommen. Besonders heftig sei eine Drohung gegenüber dem älteren Sohn Ende Herbst 2012 gewesen. Dieser sei auch Anfeindungen und Tätlichkeiten in der Schule ausgesetzt gewesen. Sie selbst sei von Nachbarn beschimpft und mehrfach in die Duschkabine (des Gemeinschaftshauses) eingesperrt worden. Sie gehöre der Gemeinschaft der Zeugen J. seit 1995 an. Sie habe gebetet, jeden Tag in der Bibel gelesen und missioniert, wenn die Kinder in der Schule gewesen seien. Jede Woche habe sie mindestens eine Versammlung besucht. Bis 2010 habe sie insofern keine Probleme gehabt, dann und im Jahre 2011 seien die Bedrohungen durch die Nachbarn losgegangen. In Deutschland besuche sie sowohl die deutsch- als auch die russischsprachigen Versammlungen und missioniere für die Gemeinschaft.

Mit Schriftsatz vom 22. Januar 2016 bestellte sich der damalige Bevollmächtigte gegenüber dem Bundesamt und machte geltend, die Zeugen J. würden seit 2009 mit verschiedenen Überprüfungsverfahren nach dem Anti-Terrorismus-Gesetz konfrontiert. Darüber hinaus sei Russland wegen der im Jahr 2004 erfolgten Auflösung der Rechtskörperschaft der Zeugen J. in Russland vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) verurteilt worden. Russland habe jedoch erklärt, sich nur noch in Ausnahmefällen an die Urteile des EGMR halten zu wollen.

Mit Bescheid vom 15. Februar 2016 lehnte das Bundesamt den Antrag auf Asylanerkennung, auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und auf subsidiären Schutz ab (Nr. 1 bis 3), stellte fest, dass Abschiebungsverbote nicht vorliegen (Nr. 4), drohte die Abschiebung nach Russland an (Nr. 5) und befristete das Einreise- und Aufenthaltsverbot auf 30 Monate (Nr. 6). Die Kläger seien unverfolgt aus Russland ausgereist. Die Zeugen J. unterlägen in Russland keiner Gruppenverfolgung. Die Kläger hätten lediglich von Beschimpfungen und Bedrohungen durch Privatpersonen berichtet. Insofern hätten sie sich diesen durch einen Umzug entziehen können. Anhaltspunkte für Gefahren im Sinne von § 4 AsylG lägen nicht vor. Gleiches gelte für Abschiebungsverbote.

Hiergegen ließen die Kläger am 24. Februar 2016 durch ihren damaligen Prozessbevollmächtigten Klage erheben und sinngemäß beantragen,

Die Beklagte wird unter entsprechender Aufhebung des Bescheids des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 15. Februar 2017, Geschäftszeichen, verpflichtet, die Kläger als Flüchtlinge anzuerkennen, hilfsweise ihnen den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen und weiter hilfsweise festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.

Zu Begründung wurde zunächst das Vorbringen aus dem Schriftsatz vom 22. Januar 2016 an das Bundesamt wiederholt. Mit Schriftsatz vom 15. März 2016 wurde insbesondere auf eine Verurteilung von 16 Zeugen J. im November 2015 hingewiesen. Weiter wurde auf ein Verfahren verwiesen, in dem das Bundesamt Zeugen J. die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt hatte.

Das Bundesamt hat zunächst lediglich die elektronischen Verwaltungsakten vorgelegt. In der mündlichen Verhandlung hat es dann beantragt,

die Klage abzuweisen.

Mit Beschluss vom 4. April 2016 hat die Kammer das Verfahren zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.

Am 14. November 2016 fand mündliche Verhandlung statt, in deren Verlauf das Gericht einen Beweisbeschluss erließ. Auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung wird Bezug genommen. In der Folge holte das Gericht eine Auskunft des Auswärtigen Amtes ein. Auf die entsprechende Auskunft vom 27. Dezember 2017 wird Bezug genommen..

Nachdem der ältere Sohn bzw. Bruder der Kläger ab dem 5. Mai 2017 nach unbekannt abgemeldet worden war und auch auf die Betreibensaufforderung des Gerichts keine neue Anschrift mitgeteilt wurde, wurde der betreffende Teil der Klage mit Beschluss vom 19. Juni 2017 unter dem Aktenzeichen Au 2 K 18.33612 abgetrennt und das Verfahren insoweit eingestellt.

Der Kläger im Verfahren Au 2 K 17.34550 und die Klägerin zu 1. wurden mit Beschluss des Amtsgerichts (Familiengericht) ... vom 30. November 2017, rechtkräftig seit dem 23. Januar 2018, geschieden.

Nach dem Tod ihres damaligen Bevollmächtigten bestellten sich für den Kläger im Verfahren Au 2 K 17.34550 und die Kläger im vorliegenden Verfahren jeweils neue Bevollmächtigte.

Der Bevollmächtigte des Klägers im Verfahren Au 2 K 17.34550 machte ergänzend geltend, dass nunmehr auch die Süddeutsche Zeitung über die Verfolgung der Zeugen J. berichte.

Der Bevollmächtigte der Kläger im vorliegenden Verfahren führte mit Schriftsatz vom 4. Dezember 2018 weitergehend aus, die Religion sei für die Kläger identitätsprägend. Im Falle einer Rückkehr sei eine Verhaftung angesichts dessen nur noch eine Frage der Zeit. Die Zeugen J. unterlägen in Russland der Gruppenverfolgung. Die strafrechtliche Verfolgung ihrer Anhänger habe systematischen Charakter. Mittlerweile seien 64 Mitglieder der Gemeinschaft inhaftiert. Die Möglichkeit des Zivildienstes sei für Zeugen J. aufgehoben worden. Nach einem Schreiben des Ministeriums für Bildung vom 23. November 2017 unterlägen Jugendliche, „die den zerstörerischen psychologischen Auswirkungen seitens Anhängern religiöser extremistischer und terroristischer Ideologie ausgesetzt“ seien, der zwangsweisen Resozialisierung. Es sei damit zu rechnen, dass Zeugen J. denunziert würden, wenn sie private Gottesdienste abhielten. Mit weiterem Schriftsatz vom 5. Februar 2019 wurde vorgetragen, mittlerweile seien 72 Mitglieder der Gemeinschaft inhaftiert. Im Jahr 2018 hätten die russischen Sicherheitsbehörden 269 Durchsuchungen in Wohnungen der Zeugen J. durchgeführt. Am 20. Januar 2019 habe der russische Inlandsgeheimdienst 11 Wohnungen durchsucht.

Auf Aufforderung des Gerichtes nahm die Beklagte mit Schreiben vom 14. März 2019 wie folgt Stellung: Von einer Gruppenverfolgung der Zeugen J. in der russischen Föderation könne nicht ausgegangen werden. Eine Gruppenverfolgung setze voraus, dass für jeden Gruppenangehörigen die aktuelle Gefahr der Betroffenheit bestehe. Die Anzahl der festgestellten Verfolgungshandlungen sei dabei in ein Verhältnis zur Gruppe zu setzen. Die Verfolgungsschläge müssten so dicht und eng gestreut sein, dass bei objektiver Betrachtung für jedes Gruppenmitglied die Furcht begründet sei, selbst Opfer von Verfolgungsmaßnahmen zu werden. Die Zeugen J. hätten in Russland rund 175.000 Mitglieder. 2018 sei es nach offiziellen Erkenntnissen zur Einleitung von 66 Strafverfahren gekommen, die Zeugen J. selbst sprächen von 70 Verfahren. Von diesen 70 Personen befänden sich 25 in Untersuchungshaft, zahlreiche weitere unter Hausarrest. Angesichts dieser Zahlen ergebe sich eine rechnerische Verfolgungsdichte von 0,04%. Es gebe keine Berichte, dass die Glaubensausübung der Einzelnen, insbesondere das sogenannte „Predigen“, d.h. das Missionieren von Außenstehenden oder die Zusammenkunft von Gläubigen in Königreichsälen nicht mehr möglich sei, wobei allerdings die offiziellen Königreichsäle geschlossen worden seien. Es sei zwischen der Religionsausübung als solcher und der körperschaftlichen Organisation der Gemeinschaft zu unterscheiden. Nach den von den Zeugen J. selbst veröffentlichten Informationen richteten sich die Verfahren nicht gegen die Ausübung des Glaubens, sondern gegen die Organisation und Finanzierung einer extremistischen Vereinigung. Dies sei auch vor dem Hintergrund zu sehen, dass Russland ein multikonfessioneller Staat sei, in dem die Glaubens- und Gewissensfreiheit garantiert sei. Die mitgeteilten Fälle beträfen hauptsächlich Wohnungsdurchsuchungen zur Auffindung von verbotenen Schriften und damit gerade nicht die unmittelbare Religionsausübung. Berichte über Festnahmen während religiöser Versammlungen oder des Missionsdienstes seien nicht bekannt. Darüber hinaus läge dem Bundesamt keine Information über regionale Unterschiede bei der Umsetzung des Entscheidung des Obersten Gerichts Russlands vom 20. April 2017 vor. Gleiches gelte für die Frage, ob die russischen Behörden nach der Stellung der Betroffenen innerhalb der Gemeinschaft differenzierten.

Hierzu ließen die Kläger im vorliegenden Verfahren unter dem 28. März 2019 vortragen, nach russischem Recht sei auch die „Verleitung, Anwerbung oder sonstige Beteiligung“ einer Person an den Aktivitäten einer extremistischen Organisation strafbar. Gleiches gelte für die bloße „Teilnahme“ an einer solchen Organisation. Den Strafverfahrensakten betreffend ... und ... lasse sich entnehmen, dass auch einfache Verkünder deswegen belangt würden. Allein die Tatsache, dass auch Frauen, die weder an der Organisation noch an der Finanzierung der Organisation beteiligt seien, strafrechtlich verfolgt würden, spreche dafür, dass bereits die bloße Religionsausübung verfolgt werde. Aktuell befänden sich 14 Frauen in Haft. Im Übrigen wurde auf insgesamt elf Vorfälle im Zeitraum von Februar bis März 2019 verwiesen, in denen es zu Wohnungsdurchsuchungen bei bzw. Verhaftungen oder Verurteilungen von Zeugen J. gekommen war. Mit Schriftsatz vom 3. Mai 2019 wurde auf weitere zehn Vorfälle im Zeitraum von April bis Mai 2019 verwiesen.

Mit Beschluss vom 2. Mai 2019 hat der Einzelrichter die Verfahren des Klägers im Verfahren Au 2 K 17.34450 und der Kläger im vorliegenden Verfahren förmlich getrennt.

Mit Urteil vom heutigen Tag hat das Gericht die Klage des Klägers im Verfahren Au 2 K 17.34450 im Hinblick auf den Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und des subsidiären Schutzstatus sowie auf die Feststellung eines Abschiebungsverbots abgewiesen und lediglich die Beklagte unter Aufhebung der Befristungsentscheidung verpflichtet, erneut über die Dauer der Wiedereinreise- und Aufenthaltssperre zu entscheiden..

Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Verfahrensakten und der Gerichtsakten sowie auf das Protokoll über die mündliche Verhandlung am 6. Mai 2019.

Gründe

I.

Die Klage der Klägerin zu 1. ist zulässig und begründet. Ihr steht bereits der mit dem Hauptantrag verfolgte Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft zu (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

1. Die Voraussetzungen der Zuerkennung der Eigenschaft eines Flüchtlings i.S.v. § 3 AsylG liegen bei der Klägerin zu 1 vor.

a) Nach § 3 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe, außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

Als Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG, des Art. 1 A GFK und der Qualifikationsrichtlinie (QRL) gelten Handlungen, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen gemäß Art. 15 Abs. 2 EMRK keine Abweichung zulässig ist (§ 3a Abs. 1 Nr. 1 AsylG; Art. 9 Abs. 1 lit. a QRL), oder in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in § 3a Abs. 1 Nr. 1 AsylG beschriebenen Weise betroffen ist (§ 3a Abs. 1 Nr. 2 AsylG; Art. 9 Abs. 1 lit. b QRL).

Zwischen den Verfolgungsgründen (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG i.V.m. § 3b AsylG) und den in den § 3a Abs. 1 und 2 AsylG als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen muss für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft eine Verknüpfung bestehen (§ 3a Abs. 3 AsylG; Art. 9 Abs. 3 QRL).

Nach Art. 10 Abs. 1 lit. b QRL umfasst der Begriff der Religion insbesondere theistische, nichttheistische und atheistische Glaubensüberzeugungen, die Teilnahme bzw. Nichtteilnahme an religiösen Riten im privaten oder öffentlichen Bereich, allein oder in Gemeinschaft mit anderen, sonstige religiöse Betätigungen oder Meinungsäußerungen und Verhaltensweisen Einzelner oder der Gemeinschaft, die sich auf eine religiöse Überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind. Dabei ist nicht jeder Eingriff in das Recht auf Religionsfreiheit, der gegen Art. 10 Abs. 1 der Grundrechtscharta (GR-Charta) verstößt, bereits eine Verfolgungshandlung i.S.d. Qualifikationsrichtlinie. Bei der Beurteilung der Frage, ob ein Eingriff in das Recht auf Religionsfreiheit vorliegt, der Art. 10 Abs. 1 GR-Charta verletzt und als Verfolgungshandlung zu qualifizieren ist, sind eine Reihe objektiver wie auch subjektiver Gesichtspunkte zu berücksichtigen (EuGH, U.v. 5.9.2012 - Rs. C-71/11, C-99/11 - NVwZ 2012, 1612/1614; BVerwG, U.v. 20.2.2013 - 10 C 23/12 - NVwZ 2013, 936/939 - juris Rn. 28).

Objektive Gesichtspunkte sind dabei insbesondere die Schwere der dem Ausländer bei Ausübung seiner Religion drohenden Verletzung anderer Rechtsgüter, wie Leib und Leben. Subjektiv ist zu berücksichtigen, ob die religiöse Handlung, die die Verfolgung auslöst, für den Einzelnen zur Wahrung seiner religiösen Identität besonders wichtig ist. Maßgeblich ist, wie der einzelne Gläubige seinen Glauben lebt und ob die verfolgungsträchtige Glaubensbetätigung für ihn persönlich nach seinem Glaubensverständnis unverzichtbar ist (BVerwG, U.v. 20.2.2013 - 10 C 23/12 - NVwZ 2013, 936/939 - juris Rn. 29).

Eine flüchtlingsrechtlich relevante Verfolgungshandlung kann dabei nicht nur in der schwerwiegenden Verletzung der Freiheit, seine Religion im privaten Rahmen zu praktizieren (forum internum) liegen, sondern auch in der Verletzung der Freiheit, den Glauben öffentlich zu leben (forum externum), so dass schon das Verbot bestimmter Formen der Religionsausübung eine beachtliche Verfolgungshandlung i.S.v. Art. 9 Abs. 1 QualfRL darstellen kann. Dies gilt unabhängig davon, ob sich der davon betroffene Glaubensangehörige tatsächlich religiös betätigen wird oder auf die Ausübung aus Furcht vor Verfolgung verzichtet (BVerwG, U.v. 20.2.2013 - 10 C 23/12 - juris Leitsätze 2 bis 4). Das Verbot weist jedoch nur dann die darüber hinaus erforderliche subjektive Schwere auf, wenn die Befolgung der verbotenen religiösen Praxis für den Einzelnen zur Wahrung seiner religiösen Identität besonders wichtig und in diesem Sinne für ihn unverzichtbar ist (BVerwG, U.v. 20.2.2013 - 10 C 23/12 - juris Leitsatz 6). Maßgeblich ist demnach, wie der Einzelne seinen Glauben lebt und ob die verfolgungsträchtige Glaubensbetätigung für ihn persönlich nach seinem Glaubensverständnis ein zentrales Element seiner religiösen Identität bildet und in diesem Sinne für ihn unverzichtbar ist (BVerwG, U.v. 20.2.2013 - 10 C 23/12 - juris Leitsätze 2 bis 4 Rn. 28 ff. im Anschluss an EuGH, U.v. 5.9.2012 - C-71/11 und C-99/11 - NVwZ 2012, 1612).

Bei der Bewertung der Frage, ob die Furcht eines Ausländers vor Verfolgung begründet ist, ist es unerheblich, ob er tatsächlich die Merkmale der Rasse oder die religiösen, nationalen, sozialen oder politischen Merkmale aufweist, die zur Verfolgung führen, sofern ihm diese Merkmale von seinem Verfolger zugeschrieben werden (§ 3b Abs. 2 AsylG; Art. 10 Abs. 2 QRL).

Für die Beurteilung der Frage, ob die Furcht des Betroffenen vor Verfolgung begründet i.S.v. § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG ist, gilt einheitlich der Prognosemaßstab der tatsächlichen Gefahr („real risk“). Dieser gilt für Anerkennung und Erlöschen der Flüchtlingseigenschaft gleichermaßen und entspricht demjenigen der beachtlichen Wahrscheinlichkeit (vgl. zum Ganzen: BVerwG, U.v. 1.6.2011 - 10 C 25/10 - juris Rn. 20/23).

Der Wahrscheinlichkeitsmaßstab setzt voraus, dass bei einer zusammenfassenden Würdigung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Dabei ist eine „qualifizierende“ Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung anzulegen. Es kommt darauf an, ob in Anbetracht dieser Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Betroffenen Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann (vgl. hierzu und zum Folgenden: BVerwG, U.v. 20.2.2013 - 10 C 23/12 - juris Rn. 32 ff.).

Die Beweiserleichterung des Art. 4 Abs. 4 QRL in Form einer widerlegbaren Vermutung ist im Asylerstverfahren zu beachten, wenn der Antragsteller frühere Verfolgungshandlungen oder Bedrohungen mit Verfolgung als Anhaltspunkt für die Begründetheit seiner Furcht geltend macht, dass sich die Verfolgung im Falle der Rückkehr in das Heimatland wiederholen werde. Die solchen früheren Handlungen oder Bedrohungen nach Art. 4 Abs. 4 QRL zukommende Beweiskraft ist von den zuständigen Behörden unter der sich aus Art. 9 Abs. 3 QRL ergebenden Voraussetzung zu berücksichtigen, dass diese Handlungen oder Bedrohungen eine Verknüpfung mit dem Verfolgungsgrund aufweisen, den der Betreffende für seinen Antrag auf Schutz geltend macht (vgl. zum Ganzen: BVerwG, B.v. 6.7.2012 - 10 B 18/12 - juris Rn. 5 unter Bezugnahme auf EuGH, U.v. 2.3.2010 - Rs. C-175/08 u.a. - juris Rn. 93; BVerwG, U.v. 5.5.2009 - 10 C 21/08 - juris Rn. 25).

Dem Ausländer wird die Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3e Abs. 1 AsylG i.V.m. Art. 8 QRL nicht zuerkannt, wenn er (Nr. 1) in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d AsylG hat und (Nr. 2) sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt.

b) Gemessen daran sind im Falle der Klägerin zu 1. die Voraussetzungen der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft i.S.v. § 3 Abs. 1 AsylG gegeben.

aa) Der Klägerin hat Russland zwar letztlich unverfolgt verlassen. Die von ihr geschilderten verbalen Drohungen von Privatpersonen sowie das Einsperren in der Duschkabine erreichen auch in ihrer Gesamtheit nicht das für die Annahme einer Verfolgung erforderliche Gewicht. Gleichwohl ist davon auszugehen, dass sie bei Rückkehr eine Verfolgung zu erwarten hat.

(1) Die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen Angehörige der Zeugen J. in der russischen Föderation der Verfolgung unterliegen, ist bislang nicht obergerichtlich geklärt. Die Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte ist uneinheitlich. Das Verwaltungsgericht Hamburg (VG Hamburg, U.v. 27.6.2018 - 17 A 2777/18 - juris Rn. 24 - rechtskräftig) und im Anschluss daran das Verwaltungsgericht Sigmaringen (U.v. 17.1.2019 - A 4 K 6178/16 - juris Rn. 30 ff. - nicht rechtskräftig) gehen davon aus, dass Zeugen J., die ihren Glauben aktiv ausüben, in Russland strafrechtlicher Verfolgung unterliegen (vgl. im Ergebnis auch VG Stuttgart, U.v. 15.3.2019 - A 14 K 16637/17 - unveröffentlicht, nicht rechtskräftig und zuvor schon VG Göttingen, U.v. 5.10.2017 - 2 A 197/14 - unveröffentlicht). Das Verwaltungsgericht Trier (U.v. 13.11.2018 - 1 K 318/18.TR - juris Rn. 26 ff.) verneint eine Verfolgung allein aufgrund der Zugehörigkeit zu den Zeugen J., kommt im entschiedenen Einzelfall insbesondere aufgrund der Stellung des dortigen Klägers als Ältester aber gleichwohl zur beachtlichen Wahrscheinlich eine Verfolgung. Schließlich hat das Verwaltungsgericht Münster eine Verfolgung angenommen, - soweit ersichtlich - ohne eine Prüfung der Umstände des Einzelfalls vorzunehmen (Gerichtsbescheid vom 22. Februar 2018 - 2 K 1079/17.A - juris).

(2) Nach Auswertung der in das Verfahren eingeführten Erkenntnismittel kommt das Gericht zu der Überzeugung, dass Zeugen J. in der Russischen Föderation mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung droht, wenn sie eine herausgehobene Stellung innerhalb der Gemeinschaft haben oder ihren Glauben öffentlich oder in Gemeinschaft mit anderen ausüben. Dagegen gibt es keine Hinweise dafür, dass Angehörige der Religionsgemeinschaft, die weder eine herausgehobene Stellung haben noch ihren Glauben in der dargestellten Form ausüben, mit Verfolgung zu rechnen haben.

(a) Zunächst lassen die Erkenntnismittel den Schluss zu, dass die Angehörigen der Zeugen J., die sich auch nur niederschwellig an den Aktivitäten ihrer Glaubensgemeinschaft beteiligen, strafrechtlich belangt werden können.

So führt das Auswärtige Amt im aktuellen Lagebericht vom 13. Februar 2019 (S. 7) aus: „Am 20. April 2017 billigte das Oberste Gericht Russlands einen Antrag des Justizministeriums, in dem die russische Zentrale der Zeugen J. als extremistische Gruppe eingestuft wurde, die die Bürgerrechte sowie die öffentliche Ordnung und Sicherheit bedrohe. Von dem Verbot sind alle 395 Regionalverbände des Landes betroffen. Ihr Besitz wurde beschlagnahmt. Die Zeugen J. können somit für die Ausübung ihres Glaubens strafrechtlich verfolgt werden.“ Rechtsgrundlage für eine strafrechtliche Verurteilung ist dabei Art. 282.2 des russischen Strafgesetzbuches, dessen Wortlaut (auszugsweise) wie folgt lautet (zitiert nach BFA, Anfragebeantwortung der Staatendokumentation, Russische Föderation, Zeugen J. vom 2.3.2018, S. 2 f.):

Art. 282.2 Organisation der Tätigkeit einer extremistischen Organisation

Z.1 Die Organisation der Tätigkeit … einer religiösen Vereinigung, in Bezug auf die es eine rechtskräftige Gerichtsentscheidung über die Liquidierung oder ein Tätigkeitsverbot im Zusammenhang mit der Verwirklichung extremistischer Tätigkeit gibt - mit Ausnahme von Organisationen, die gemäß der russischen Gesetzgebung als terroristisch erkannt wurden -, wird mit einer Geldstrafe in Höhe von 400.000 bis 800.000 Rubel bestraft oder in der Höhe des Arbeits- oder eines anderen Einkommens des Verurteilten für einen Zeitraum von 2 bis 4 Jahren oder mit Freiheitsstrafe von 6 bis 10 Jahren mit dem Entzug des Rechts, bestimmte Positionen einzunehmen oder bestimmte Tätigkeiten auszuüben mit einer Frist bis zu 10 Jahren und mit Beschränkungen der Freiheit mit einer Frist von 1 bis 2 Jahren.

Z. 1.1. Die Zuführung, Anwerbung oder Einbeziehung einer Person zur Tätigkeit einer extremistischen Organisation mit einer Geldstrafe in Höhe von 300.000 bis 700.000 Rubel bestraft oder in der Höhe des Arbeits- oder eines anderen Einkommens des Verurteilten für einen Zeitraum von 2 bis 4 Jahren oder mit Zwangsarbeit für einen Zeitraum von 2 bis 5 Jahren mit dem Entzug des Rechts, bestimmte Positionen einzunehmen oder bestimmte Tätigkeiten auszuüben mit einer Frist bis zu 5 Jahren oder ohne einen solchen und mit Beschränkungen der Freiheit mit einer Frist von 1 bis 2 Jahren oder mit Freiheitsstrafe von 4 bis 8 Jahren mit Beschränkungen der Freiheit von 1 bis 2 Jahren.

Z. 2. Die Teilnahme an der Tätigkeit einer … religiösen Gesellschaft …, in Bezug auf die es eine rechtskräftige Gerichtsentscheidung über die Liquidierung oder ein Tätigkeitsverbot im Zusammenhang mit der Verwirklichung extremistischer Tätigkeit gibt - mit Ausnahme von Organisationen, die gemäß der russischen Gesetzgebung als terroristisch erkannt wurden -, wird mit einer Geldstrafe in Höhe von 300.000 bis 600.000 Rubel bestraft oder in der Höhe des Arbeits- oder eines anderen Einkommens des Verurteilten für einen Zeitraum von 2 bis 3 Jahren oder mit Zwangsarbeit für einen Zeitraum von 1 bis 4 Jahren mit dem Entzug des Rechts, bestimmte Positionen einzunehmen oder bestimmte Tätigkeiten auszuüben mit einer Frist bis zu 3 Jahren oder ohne einen solchen und mit Beschränkungen der Freiheit mit einer Frist bis zu 1 Jahr oder mit Freiheitsstrafe von 2 bis 6 Jahren mit Beschränkungen der Freiheit von 1 bis 2 Jahren mit dem Entzug des Rechts, bestimmte Positionen einzunehmen oder bestimmte Tätigkeiten auszuüben mit einer Frist bis zu 5 Jahren und mit Beschränkungen der Freiheit mit einer Frist bis zu 1 Jahr.

Eine Person, die erstmals ein Verbrechen gemäß dieses Art. begangen und freiwillig die Teilnahme an der Tätigkeit dieser religiösen Gesellschaft, in Bezug auf die es eine rechtskräftige Gerichtsentscheidung über die Liquidierung oder ein Tätigkeitsverbot im Zusammenhang mit der Verwirklichung extremistischer Tätigkeit gibt, beendet hat, wird von der strafrechtlichen Verantwortung frei, wenn in seinen Handlungen kein anderer Straftatbestand enthalten ist.“

Unter die „Teilnahme an der Tätigkeit einer religiösen Gesellschaft“ lässt sich auch eine bloße gemeinschaftliche Religionsausübung ohne weiteres subsumieren. Gleiches gilt für eine werbende, missionarische Tätigkeit im Hinblick auf das Tatbestandsmerkmal des „Anwerbens“. Ausgehend von den zahlreichen Berichten über die Ermittlungsverfahren gegen Zeugen J. wegen des Verdachts eines Verstoßes gegen Art. 282.2 Strafgesetzbuch und einer Verurteilungen auf dessen Grundlage (dazu sogleich) ist davon auszugehen, dass die russischen Behörden die Norm auch tatsächlich umsetzen (vgl. zur Maßgeblichkeit der Rechtspraxis im Herkunftsstaat etwa BVerwG, U.v. 15.12.1992 - 9 C 61/91 - Rn. 11, juris). Besondere Beachtung fand insofern die Verurteilung eines dänischen Staatsangehörigen zu sechs Jahren Lagerhaft im Februar 2019 (vgl. UN News, UN rights chief ‘deeply concerned’ over Jehovah’s Witness sentencing in Russia, abrufbar unter https://news.un.org/en/story/2019/02/

1032151).

(b) Im Hinblick auf die Anzahl der Zeugen J., die in Russland strafrechtlicher Verfolgung auf der Grundlage u.a. von Art. 282.2 Strafgesetzbuch ausgesetzt sind, geht das Gericht davon aus, dass einiges mehr als 100 Ermittlungsverfahren eingeleitet wurden und ca. 100 der davon Betroffenen sich in Untersuchungshaft befinden, unter Hausarrest stehen oder sonstigen Freiheitsbeschränkungen (etwa in Form von Ausreiseoder Aufenthaltsbeschränkungen) unterliegen. Das Auswärtige Amt (Lagebericht vom 13. Februar 2019, S. 4, 7) geht von 85 Ermittlungsverfahren aus. 27 Zeugen J. säßen in Untersuchungshaft, 17 befänden sich im Hausarrest und 31 weitere dürften ihren Wohnort nicht verlassen. Die Vereinten Nationen sprachen Anfang Februar 2019 von mehr als 100 Ermittlungsverfahren (vgl. UN News, UN rights chief deeply concerned over Jehovah’s Witness sentencing in Russia, abrufbar unter https://news. un.org/en/story/2019/02/1032151). Die United States Commission on International Religious Freedom (USCIRF) geht für Ende 2018 von 121 Ermittlungsverfahren, 23 Inhaftierungen, 27 Hausarresten und 41 Aufenthaltsbeschränkungen aus (United States Commission on International Religious Freedom (USCIRF), Annual Report 2019, April 2019, S. 83). Diese Zahlen dürften sich angesichts weiterer Verhaftungen und Wohnungsdurchsuchungen in den letzten Wochen vor der mündlichen Verhandlung weiter erhöht haben. So wurden am 15. Februar 2019 in der Stadt Surgut 40 Mitglieder der Zeugen J. verhaftet (Amnesty International, Russian Federation: Effectively investigate allegations of torture against and persecution of Jehovah´s Witneesses vom 25. Februar 2019), gegen 19 Mitglieder der Zeugen J. wurde Anklage wegen der Organisation einer extremistischen Vereinigung erhoben (BAMF, Biefing Notes vom 25. Februar 2019, S 6.). Die Zeugen J. selbst (https://jw-russia.org/en/prisoners.html#arrested=) gehen davon aus, dass bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlungen am 6. Mai 2019 gegen (mindestens) 153 Zeugen J. ermittelt wird und sich 90 davon in Haft befanden oder noch befinden.

(c) Über die Hintergründe der Ermittlungsverfahren und die jeweiligen Tatvorwürfe ist den Erkenntnismitteln vergleichsweise wenig zu entnehmen. Dies gilt insbesondere für die Frage, ob sich die Verfolgung - wie die Beklagte andeutet - lediglich gegen solche Personen richtet, die bei der Organisation der Religionsgemeinschaft eine herausgehobene Rolle spielen oder ob auch die „einfache“ Religionsausübung verfolgt wird.

Der Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 13. Februar 2019 (S. 4) formuliert insoweit (freilich ohne jede Begründung oder Erläuterung), die russischen Behörden gingen gezielt gegen Einzelpersonen und deren Religionsausübung vor, sofern diese öffentlich erfolge. Die Beklagte konnte auf ausdrückliche schriftliche Frage des Gerichts keine Erkenntnisse hinsichtlich einer Differenzierung der Strafverfolgungsbehörden aufgrund der Stellung innerhalb der Gemeinschaft nennen.

Allerdings enthalten die Erkenntnismittel zahlreiche Indizien, die darauf hindeuten, dass auch die einfache Religionsausübung in Russland tatsächlich strafrechtlich verfolgt wird. Ausgangspunkt ist dabei die Aussage des Obersten Gerichts der Russischen Föderation im Verbotsverfahren, das „alle Angehörigen der Religionsgemeinschaft potentielle Täter“ seien, weil ihre Aktivitäten die Stabilität des Schutzes vor Menschenrechtsverletzungen gefährdeten (BFA, Anfragebeantwortung der Staatendokumentation, Russische Föderation, Verbot und Strafverfolgung von Zeugen J. vom 26.9.2017). In diese Richtung deutet auch die im Parallelverfahren vorgelegte (und der Beklagten von dort bekannten) amtlich beglaubigte Übersetzung eines Schreibens der Staatsanwaltschaft ... an den Zeugen ... vom 2. Juli 2018 vor, wonach „die Organisation und Teilnahme einer an der Tätigkeit“ einer durch Gerichtsbeschluss liquidierten Vereinigung oder die „Durchführung einer extremistischen Tätigkeit“ nach § 282.2 des Strafgesetzbuches der russischen Föderation strafbar sei und die Zeugen J. kein Recht hätten, ihren Glauben auszuüben, ihre Literatur zu benutzen und zu verbreiten und den minderjährigen Kindern die „Ansichten dieser Organisation“ beizubringen. Soweit den Zeugen J. mittlerweile auch die Verweigerung des Militärdienstes aus Gewissensgründen unmöglich gemacht (Auswärtiges Amt, Auskunft an das Verwaltungsgericht Augsburg vom 27.12.2017 im vorliegenden Verfahren; United States Commission on International Religious Freedom (USCIRF), Annual Report 2019, April 2019, S. 83) und mit einer Entscheidung des Plenums des Obersten Gerichts vom November 2017 jedenfalls der juristisch-theoretische Unterbau geschaffen wurde, um Zeugen J. die elterliche Sorge zu entziehen, wenn sie ihre Kinder mit der Organisation der Zeugen J. in Kontakt bringen (Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 13. Februar 2019, S. 7), spricht auch dies dafür, dass es den Organen der Russischen Föderation nicht nur um die Zerschlagung der Organisation der Zeugen J. als solcher, sondern auch um die Sanktionierung von individuellen glaubensgeleiteten Verhaltensweisen geht.

Dass die strafrechtliche Verfolgung auch auf rein private religiöse Aktivität zielt, legen zudem einige der in den Erkenntnismitteln genannten Einzelfälle nahe. So wurde den fünf im Oktober 2018 im Oblast Kirows verhafteten Zeugen J. der Versuch vorgeworfen, die Tätigkeit einer religiösen Organisation, die die Glaubenslehre der Zeugen J. weiterverbreitet, wieder aufzunehmen (BAF, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Russische Föderation vom 31.8.2018, S. 7 f.). Trotz der Verbotsentscheidung des Obersten Gerichts vom 20. April 2017 hätten die Festgenommenen laut Untersuchungskomitee - in voller Kenntnis der Gerichtsentscheidung beschlossen, die religiöse Tätigkeit wieder aufzunehmen. Unter Beachtung konspirativen Maßnahmen hätten sie jedes Mal in neuen Wohnungen Treffen von Jüngern und Teilnehmern der religiösen Vereinigung organisiert. Dort hätten sie biblische Lieder gesungen, die Fertigkeiten bei der Durchführung der missionarischen Tätigkeit vervollkommnet und in der Extremismus-Liste aufgeführte verbotene Literatur studiert (New World Translation of the Holy Scriptures, Nr. 4488 der Liste). Außerdem hätten sie eine verbotene religiöse Organisation finanziert, indem sie ca. 500.000 RUB von den Glaubensanhängern gesammelt hätten. Dieses Geld sei zwischen den Führern der Organisation für die Miete der Räumlichkeiten, für den Erwerb und die Wartung von Computern aufgewendet worden. Der Rest der Summe sei dem Leitungszentrum überwiesen worden. Das BFA (a.a.O.) folgert daraus, Teilnahmen an gemeinschaftlichen Zusammenkünften bzw. Missionierungen oder öffentlichen Handlungen (der Zeugen J.) würden von den russischen Behörden „weiterhin“ verfolgt.

Auch, dass bei der bereits beschriebenen Aktion der Sicherheitsbehörden in Surgut auch Frauen und Minderjährige verhaftet wurden (Amnesty International, Russian Federation: Effectively investigate allegations of torture against and persecution of Jehovah´s Witneesses vom 25. Februar 2019) und der Umstand, dass sich unter den 153 von den Zeugen J. selbst als Verdächtigte gelisteten Personen auch 23 Frauen befinden, die nach dem Selbstverständnis der Zeugen J. keine leitenden Funktionen wahrnehmen (vgl. https://www.jw.org/de/jehovas-zeugen/haeufig-gestellte-fragen/frauen-predigerinnen/), sprechen dafür, dass sich die Ermittlungsverfahren keineswegs nur auf solche Personen beschränken, die innerhalb der Organisation eine herausgehobene (Leitungs-) Funktion innehaben.

Auch der Umstand, dass bereits im Jahr 2015 in der Stadt Taganrog 16 Angehörige der Zeugen J., darunter auch eine Frau wegen „Teilnahme an Veranstaltungen einer“ (damals noch nur regional) verbotenen „extremistischen Organisation“ zu Bewährungs- oder hohen Geldstrafen verurteilt wurden (Auswärtiges Amt, Auskunft an das Verwaltungsgericht Regensburg vom 21. Dezember 2016; Amnesty International, Urgent Action - Zeugen J. verurteilt vom 9. Dezember 2015), spricht für die Verfolgung der bloßen Religionsausübung.

Darauf, dass ein nicht unerheblicher Verfolgungsdruck hinsichtlich zentraler Elemente der (einfachen) Glaubensausübung wie das Missionieren („Predigen“) oder dem Besuch von Versammlungen besteht, deutet auch das vom Zeugen ... in einem Parallelverfahren glaubhaft geschilderte und in den Erkenntnismitteln ebenfalls erwähnte geänderte Verhalten der Angehörigen der Religionsgemeinschaft hin. So schilderte der Zeuge, religiöse Treffen fänden häufig nur noch getarnt als private (Essens-)Einladungen statt, bei denen auf das sonst bei Versammlungen übliche Tragen von feierlicher Kleidung verzichtet werde. Auch versuchten die „Prediger“ mittlerweile, das Risiko einer Verhaftung beim Missionieren dadurch zu minimieren, dass man nur noch im Bekannten-, Verwandten- und Kollegenkreis, also nicht mehr bei Unbekannten tätig werde. Auch sei es nun üblich, unmittelbar nach einem Missionierungsversuch eine größere räumliche Distanz zur Wohnung des Angesprochenen herzustellen, falls dieser sich an die Polizei wende. Dies deckt sich mit der Einschätzung, dass sich Gläubige bei der Ausübung ihrer Religion nunmehr in die Verborgenheit zurückziehen (BFA, Länderinformation der Staatendokumentation, Russische Föderation vom 31. August 2018).

(d) Die Beurteilung der Verfolgungswahrscheinlichkeit entzieht sich dabei einer rein quantitativen Ermittlung.

Die Beklagte errechnet ausgehend von einer Mitgliederzahl von rund 175.000 und 70 Ermittlungsverfahren eine Verfolgungswahrscheinlichkeit von 0,04% (oder 1:2.500). Dies ist in der vorliegenden Konstellation nicht sachgerecht, jedenfalls nicht ausreichend.

Zum einen ist davon auszugehen, dass eine für die quantitative Bestimmung einer Verfolgungswahrscheinlichkeit nicht unerhebliche Zahl von Zeugen J. mittlerweile die Russische Föderation verlassen hat (Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 21.5.2018, S. 8). Ein Kläger in einem Parallelverfahren hat hierzu angegeben, nach Angaben der Zentralverwaltung der Zeugen J. in der russischen Föderation liege die Zahl der Ausgereisten bei etwa 5.000. Angesichts der Angabe der Vertreterin des Beklagten in der mündlichen Verhandlung im dortigen Verfahren, allein in den Jahren 2018 und 2019 hätten in Deutschland 1.180 Zeugen J. aus der Russischen Föderation Asyl beantragt, erscheint diese Einschätzung nicht zu hoch.

Zudem ließe eine rein quantitative Ermittlung der Verfolgungsgefahr anhand der eingeleiteten Ermittlungsverfahren diejenigen zu Unrecht außer Betracht, die aus Furcht vor Verfolgung auf eine verfolgungsträchtige Religionsausübung verzichten. Diese Dunkelziffer lässt sich dabei sinnvoll nicht ermitteln, angesichts der dargestellten Lage der Zeugen J., erscheint es allerdings geradezu naheliegend, dass eine nicht unerhebliche Zahl der Angehörigen der Religionsgemeinschaft bestimmte Formen der Religionsausübung, namentlich öffentliche und gemeinschaftliche Formen, (nur) aus Furcht vor Verfolgung unterlässt.

Eine rechnerische Ermittlung des Verfolgungsrisikos könnte schließlich nur dann sinnvoll erfolgen, wenn sich die Zahl der Zeugen J., die ihre Religion vom Staat geduldet oder toleriert öffentlich oder gemeinschaftlich ausüben, bestimmen ließe. Nur die Relation der Anzahl strafrechtlicher Sanktionen einerseits und vom russischen Staat tolerierten formell strafbaren Verhaltensweisen andererseits könnte Aufschluss über die Verfolgungswahrscheinlichkeit geben. Der Vergleich der Anzahl der Sanktionen (Ermittlungsverfahren, Verhaftungen, Verurteilungen etc.) und Mitgliedern der Zeugen J. stellt insofern einen nur begrenzt tauglichen Maßstab dar.

Dies vorangestellt scheidet eine rein quantitative Ermittlung der Verfolgungswahrscheinlichkeit schon deswegen aus, weil sich den Erkenntnismitteln keine verlässlichen Hinweise darauf entnehmen lassen, dass die russischen Strafverfolgungsbehörden eine an sich von Art. 282.2 Strafgesetzbuch erfasste Religionsausübung geduldet hätten. Auch der Beklagte war auf ausdrückliche Anfrage des Gerichts nicht in der Lage, entsprechende Fälle zu benennen.

Angesichts dessen kann die Gefahr der Strafverfolgung von Zeugen J. in der Russischen Föderation nur anhand der von der Rechtsprechung entwickelten „qualifizierenden“ Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung. Es kommt - wie dargestellt - darauf an, ob in Anbetracht dieser Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Betroffenen Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann (vgl. zum Ganzen: BVerwG, U.v. 20.2.2013 - 10 C 23/12 - juris Rn. 32).

(e) Unter Anlegung dieses qualifizierenden Maßstabes ist unter Beachtung des aktuellen Ausweichverhaltens der Zeugen J. in Russland und der großen Zahl ausgereister Zeugen J. sowie mit Rücksicht auf die gesetzlichen Rahmenbedingungen, die systematischen Verbotsverfahren und die dargestellten Ermittlungsverfahren bzw. Verurteilungen Einzelner eine strafrechtliche Verfolgung von Zeugen J., die eine herausgehobene Stellung innerhalb der Gemeinschaft einnehmen oder ihren Glauben öffentlich oder in Gemeinschaft mit anderen ausüben, beachtlich wahrscheinlich.

Das Gericht hat allerdings in den Erkenntnismitteln keinen Hinweis darauf gefunden, dass auch Zeugen J., die nicht an gemeinschaftlichen Zusammenkünften bzw. Missionierungen oder öffentlichen Handlungen teilnehmen, von legalen Repressionen betroffen wären (so ausdrücklich auch BAF, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Russische Föderation vom 31.8.2018, S. 8). Soweit dies den Erkenntnismitteln zu entnehmen ist, knüpften strafrechtliche Ermittlungen und Verurteilung - wenn nicht an eine organisatorische Tätigkeit - immer an den Vorwurf einer öffentlichen oder gemeinschaftlichen Religionsausübung im Weitesten Sinne an. Die bloße Zugehörigkeit zu den Zeugen J. begründet demnach - ungeachtet der Frage, wie sich eine solche bei einem weitgehenden Verzicht auf die religiöse Betätigung und der Auflösung der Organisationsstrukturen den Zeugen J. bestimmen ließe - keine beachtliche Verfolgungsgefahr.

(f) Der beachtlichen Wahrscheinlichkeit einer Verfolgung können sich betroffene Zeugen J. nicht durch ein Ausweichen in bestimmte Regionen der Russischen Föderation entziehen. Eine inländische Fluchtalternative im Sinne von § 3e AsylG steht ihnen nicht zur Verfügung. Alle 395 Regionalverbände der Zeugen J. wurden verboten (Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 13. Februar 2019, S. 7). Die strafrechtlichen Bestimmungen gelten landesweit. Verfolgungsmaßnahmen fanden in den letzten beiden Jahren - wie dargestellt - vom westrussischen Belgorod bis ins zentralsibirische Surgut statt. Auch die Beklagte konnte auf ausdrückliche Anfrage des Gerichts keine regionalen Unterschiede aufzeigen.

(g) Das Gericht ist schließlich der Überzeugung, dass es sich bei den dargestellten Verfolgungsmaßnahmen um Verfolgung aus Gründen der Religion und nicht etwa bloße Strafverfolgung zum Schutze allgemeiner individueller oder kollektiver Rechtsgüter handelt.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts steht für die Abgrenzung des kriminellen vom politischen Charakter einer Bestrafung stets der Zweck der Strafe im Vordergrund. Steht hinter staatlichen Maßnahmen das Ziel, den Verfolgten allein oder doch jedenfalls auch aus politischen (religiösen) Gründen zu treffen, so ist eine politische Verfolgung auch dann gegeben, wenn sie der äußeren Form nach in das Gewand einer polizeilichen oder strafrechtlichen Maßnahme gekleidet ist (BVerwG, U.v. 17.5.1983 - 9 C 874/82 -, BVerwGE 67, 195 Rn. 21). Dabei sind die Formulierung der Tatbestände für sich genommen ebenso wenig ausschlaggebend wie ihre Interpretation nach den für unsere Rechtsordnung hergebrachten Auslegungsmethoden. Bedeutsam ist vielmehr eine Analyse der allgemeinen politischen Verhältnisse. Grobe Verletzungen des Prinzips der tatbestandlichen Bestimmtheit von Strafnormen sind allerdings ebenso wie eine evident fehlende Tat- und Schuldangemessenheit der angedrohten oder praktizierten Strafe Indizien für Verfolgungstendenzen.

Gemessen daran ist die dargestellte Verfolgung auf der Grundlage von Art. 282.2 StGB Verfolgung aus Gründen der Religion. Dafür spricht bereits, dass die Norm schon im Tatbestand die Organisation einer religiösen Vereinigung bzw. die Tätigkeit im Rahmen einer solchen Vereinigung nennt. Vor diesem Hintergrund kann auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Norm selbst an die Verbotsentscheidung eines Gerichtes anknüpft, die speziell und ausschließlich die Gemeinschaft der Zeugen J. betraf. Hinzukommen die enorme Weite des Tatbestands („Teilnahme an der Tätigkeit … einer verbotenen religiösen Gesellschaft“) und das sehr hohe Strafmaß. Hinsichtlich der allgemeinen politischen Verhältnisse sei lediglich darauf hingewiesen, dass am Anfang der Bemühungen um ein Verbot der Zeugen J. Mitte der 1990er Jahre ein Antrag einer Vereinigung stand, die mit der Russischen Orthodoxen Kirche assoziiert ist (vgl. dazu und zu weiteren Versuchen eines Verbotes EGMR, U.v. 22.11.2010 - 302/02), die wiederum für den russischen Staat eine zentrale Rolle spielt und die der Staat auch bevorzugt behandelt, etwa indem er verstärkt Kritik an ihr ahndet (vgl. etwa Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 13. Februar 2019, S. 6 und 7).

Dass die Besonderheiten der Religionsgemeinschaft der Zeugen J., die ihr im Verbotsverfahren von Seiten der Behörden vorgehaltenen wurden (näher dazu EGMR, U.v. 22.11.2010 - 302/02), insbesondere ihr Richtigkeitsanspruch oder die Verweigerung von Bluttransfusionen, eine Einstufung als extremistische Organisation tragen könnten, deren Zerschlagung aus legitimen Gründen des Staats- oder Individualrechtsgutschutzes erforderlich wäre, liegt schon deshalb fern, weil die Zeugen J. z.B. in der Bundesrepublik Deutschland als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannt sind.

(h) Nach alledem haben Zeugen J. aus der Russischen Föderation einen Anspruch auf die Anerkennung als Flüchtling, wenn ihre individuelle religiöse Prägung erwarten lässt, dass sie im Falle einer unterstellten Rückkehr in die Russische Föderation (wieder) eine herausgehobene Stellung innerhalb der Gemeinschaft einnehmen oder ihren Glauben öffentlich oder in Gemeinschaft mit anderen ausüben werden oder dass eine solche Betätigung allein aufgrund von Furcht vor Verfolgung unterbleiben würde. Ein solcher Anspruch besteht dagegen nicht, wenn angesichts der individuellen religiösen Prägung ein Verzicht auf verfolgungsträchtige Formen der Religionsausübung zumutbar erscheint.

(3) In Anwendung dieser Grundätze geht das Gericht davon aus, dass die Klägerin zu 1. als Angehörige der Zeugen J. in einer Weise religiös geprägt ist, die erwarten lässt, dass sie in Russland ihren Glauben in verfolgungsträchtiger Weise ausüben oder hierauf nur aus Furcht vor Verfolgung verzichten würde.

(a) Bei der Feststellung der religiösen Identität als innerer Tatsache kann nur im Wege des Rückschlusses von äußeren Anhaltspunkten auf die innere Einstellung des Betroffenen geschlossen werden. Allein der Umstand, dass der Betroffene seinen Glauben in seinem Herkunftsland nicht in einer in die Öffentlichkeit wirkenden Weise praktiziert hat, ist nicht entscheidend, soweit es hierfür nachvollziehbare Gründe gibt. Ergibt jedoch die Prüfung, dass der Betroffene seinen Glauben auch in Deutschland nicht in einer Weise praktiziert, die ihn in seinem Herkunftsland der Gefahr der Verfolgung aussetzen würde, spricht dies regelmäßig dagegen, dass eine solche Glaubensbetätigung für seine religiöse Identität prägend ist (BVerwG, U.v. 20.2.2013 - 10 C 22/12 - NVwZ 2013, 936/939, Rn. 26; siehe zum Ganzen VG Augsburg, U.v. 27.1.2014 - Au 6 K 13.30418 - juris Rn. 17). Erforderlich ist letztlich eine Gesamtwürdigung der religiösen Persönlichkeit des Betroffenen anhand aller vorliegenden Gesichtspunkte.

(b) Hiervon ausgehend ist das Gericht zu der Überzeugung gelangt, dass die Praktizierung ihres Glaubens in der Öffentlichkeit und in Gemeinschaft mit anderen ein zentrales Element der religiösen Identität der Klägerin zu 1. und für sie unverzichtbar ist.

Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung jeweils spontan, detailliert und anschaulich über ihre Glaubensausübung und die jeweiligen religiösen Hintergründe berichtet. Sie hat nachvollziehbar ihre eigenen Handlungen, Gedanken und Gefühle im Hinblick auf die eigene Scheidung dargelegt sowie sehr plastisch anhand eines konkreten Beispiels die glaubensgeleitete Lösung einer Erziehungsfrage geschildert und damit beim Gericht die Überzeugung hervorgerufen, dass die Klägerin ernsthaft versucht, ihr Leben von der Bewältigung von Alltagsproblemen bis hin zu tiefgreifenden persönlichen Entscheidungen an ihren religiösen Überzeugungen auszurichten. Besonders deutlich wird dies bei der Schilderung des faktischen Abbruchs des Kontaktes zu ihrem älteren Sohn nachdem dieser die Zeugen J. verlassen hatte. Ohne dieses Verhalten bewerten zu wollen, zeigt es doch, dass religiöse Überzeugungen einen außerordentlichen Einfluss auf das Verhalten der Klägerin zu 1. haben. Wenn die Klägerin vor diesem Hintergrund schildert, die Teilnahme an Versammlungen und der Missionsdienst gehörten seien integraler Bestandteil ihres Lebensstils und sie könne sich auch im Falle einer Rückkehr nach Russland nicht vorstellen, diese Tätigkeiten aufzugeben, hat das Gericht keinen Zweifel daran, dass dies tatsächlich der Fall ist.

2. Nachdem den Klägern die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist, war der gegenständliche Bescheid des Bundesamts aufzuheben, soweit er dem entgegensteht. Diese Aufhebung umfasst insbesondere die in Ziffer 5. des Bescheids gemäß §§ 34, 38 AsylVfG erlassene Abschiebungsandrohung, deren Grundlage entfallen ist.

II.

Die Klage des Klägers zu 2. ist dagegen zulässig aber (derzeit) überwiegend unbegründet. Ihm stehen die geltend gemachten Ansprüche (noch) nicht zu (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Allerdings ist die Befristungsentscheidung im angegriffenen Bescheid rechtswidrig und verletzt den Kläger zu 2. in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1. Der Kläger zu 2. hat zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung keinen Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft.

a) Der Kläger zu 2. kann die Anerkennung als Flüchtling nicht aufgrund einer ihm selbst drohenden Verfolgung beanspruchen

Der Anspruch auf Anerkennung als Flüchtling setzt - wie der Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter - die Gefahr politischer Verfolgung in der Person des betroffenen Asylsuchenden voraus. Diese Gefahr kann daher nicht aus der politischen Verfolgung eines Familienmitgliedes ohne weiteres abgeleitet werden. Stets ist aber in Betracht zu ziehen, dass Familienangehörige politisch Verfolgter der Gefahr ausgesetzt sein können, selbst verfolgt zu werden. Unter dem Gesichtspunkt sog. Drittbetroffenheit steht ein Schutzanspruch diesen nur zu, wenn die politische Verfolgung einzelner Familienmitglieder auf einem Verfolgungsgrund oder einer Verfolgungsabsicht beruht, die auch andere Familienmitglieder mit einbeziehen. Dies setzt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts voraus, dass die mittelbaren Wirkungen einer gegen einen anderen gerichteten Verfolgungsmaßnahme auch unmittelbar gegen den Drittbetroffenen wirken sollen. Davon ist auszugehen, wenn sich der Verfolgungswille von Anfang an oder später auch gegen den Drittbetroffenen richtet (vgl. zum ganzen zusammenfassend etwa OVG Saarland vom 22.2.1989 - 3 R 434/85 - juris Rn. 39 f. unter Verweis auf BVerfG, B.v. vom 19.12.1984 - 2 BvR 1517/84 -, NVwZ 85, 260 und BVerwG, U.v. 27.04.1982 - BVerwG 9 C 239.80 - BVerwGE 65, 244).

Die in der Rechtsprechung entwickelte Regelvermutung (dazu und zum Folgenden OVG Saarland vom 22.2.1989 - 3 R 434/85 - juris Rn. 39 f. m.w.N.), dass solche Verfolgungshandlungen gegen das Kind zu erwarten sind, setzt dabei voraus, dass Fälle festgestellt worden sind, in denen in dem betreffenden Verfolgerstaat minderjährige Kinder politisch verfolgter Eltern (bzw. eines Elternteils) asylrechtlich relevanten Verfolgungsmaßnahmen unterworfen wurden, aus denen gefolgert werden kann, dass dem Kind, über dessen Schutzantrag zu entscheiden ist, mit hinreichender Wahrscheinlichkeit das gleiche Schicksal droht. Sind konkrete Bezugsfälle nicht namhaft zu machen oder nicht eindeutig festzustellen, kann die Vermutung auch dann eingreifen, wenn auf dem Hintergrund der Erfahrungen mit dem menschenverachtenden Charakter eines Verfolgerstaates aus sicheren Erkenntnisquellen hervorgeht, dass er vor Menschenrechtsverletzungen im oben dargestellten Sinn gegenüber nahen Angehörigen - wie Kindern und Ehegatten - politisch Verfolgter nicht haltmacht. Dazu ist erforderlich, dass ein individueller Nachweis von Bezugsfällen allein deshalb nicht möglich ist, weil die Lage in einem Staat für die dort tätigen Bediensteten der deutschen Auslandsvertretung und andere Beobachter nur schwer durchschaubar ist und Erkenntnisse nur eingeschränkt zu erhalten und - im Sinne einer Namhaftmachung - zu erhärten sind.

Gemessen daran kann das Gericht nicht erkennen, dass der Kläger zu 2. in der Russischen Föderation selbst Verfolgungsmaßnahmen ausgesetzt wäre.

Abgesehen von einem Bericht, dass unter den Festgenommenen in Surgut auch Minderjährige gewesen sein sollen, lassen sich den Erkenntnismitteln keine Hinweise darauf entnehmen, dass jüngere Kinder von Zeugen J. mit einer Verhaftung oder gar Strafverfolgung zu rechnen hätten. Eine strafrechtliche Verfolgung würde dem siebenjährigen Kläger zu 2. auch schon deswegen nicht drohen, weil er offensichtlich auch nach russischem Recht nicht strafmündig ist. Unabhängig davon kann das Gericht bei ihm schon aufgrund des Alters und auch unter Berücksichtigung der Angaben der Klägerin zu 1. zu ihrem Bemühen, ihn im Glauben zu erziehen eine besondere religiöse Prägung (zu diesem Erfordernis auch bei Kindern vgl. BVerwG, U.v. 17.8.1993 - 9 C 8/93 - juris Rn. 13), die ihn in absehbarer Zeit veranlassen könnte, in verfolgungsträchtiger Weise tätig zu werden, nicht feststellen.

Soweit den Erkenntnismitteln zu entnehmen ist, dass mit einer Entscheidung des Plenums des Obersten Gerichts vom November 2017 jedenfalls der juristisch-theoretische Unterbau geschaffen wurde, um Zeugen J. die elterliche Sorge zu entziehen, wenn sie ihre Kinder mit der Organisation der Zeugen J. in Kontakt bringen (Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 13. Februar 2019, S. 7), würde sich eine tatsächliche Entziehung insofern auch als eine gegen das jeweilige Kind gerichtete Verfolgungsmaßnahme darstellen. Allerdings betont das Auswärtige Amt (a.a.O.), dass es insofern bislang zu keinen Fall der Trennung der Eltern von ihren Kindern gekommen sei. Auch sonst lassen sich den Erkenntnismitteln und dem klägerischen Vortrag keine Hinweise dafür entnehmen, dass die russischen Behörden derzeit von dieser Möglichkeit Gebrauch machen. Dass ein individueller Nachweis von Bezugsfällen allein deshalb nicht möglich ist, weil die Lage in der Russischen Föderation für die dort tätigen Bediensteten der deutschen Auslandsvertretung und andere Beobachter nur schwer durchschaubar und Erkenntnisse nur eingeschränkt zu erhalten wären, ist angesichts der Fülle der Informationen und nicht zuletzt der systematischen Dokumentation von Verfolgungshandlungen durch die Gemeinschaft der Zeugen J. selbst nicht anzunehmen.

b) Der Kläger zu 2. hat auch keinen Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 26 Abs. 2, Abs. 5 AsylG, weil der Klägerin zu 1. in Ermangelung der Rechtskraft dieser Entscheidung die Flüchtlingseigenschaft nicht unanfechtbar zuerkannt ist. Ihm kann von der Beklagten die Flüchtlingseigenschaft als Familienangehöriger gemäß § 26 AsylG in einem Folgeverfahren (vgl. BVerwG, U.v. 17.12.2002 - 1 C 10.02 - juris Rn. 6 ff.) erst zuerkannt werden, sobald die Flüchtlingsanerkennung der Klägerin zu 1. unanfechtbar ist.

Eine Verpflichtung der Beklagten, Familienangehörige schon vorher - aufschiebend bedingt durch die Unanfechtbarkeit der Anerkennung des Stammberechtigten (§ 36 Abs. 1 Alt. 2, Abs. 2 Nr. 2 VwVfG) - als Flüchtlinge gemäß § 26 AsylG anzuerkennen, kommt nicht in Betracht (vgl. hierzu und zum Folgenden OVG Bautzen U.v. 7.2.2018 - 6 A 696/16 - BeckRS 2018, 2127, beck-online m.w.N.). Abgesehen davon, dass die Beklagte über eine solche Bedingung nach pflichtgemäßem Ermessen entscheidet, könnte sie die Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen der Flüchtlingsanerkennung nach § 26 AsylG nicht sicherstellen. Denn erst bei Unanfechtbarkeit der Flüchtlingsanerkennung des Stammberechtigten ist zu prüfen, ob dann die übrigen Voraussetzungen des § 26 AsylG bei den Familienangehörigen (noch) vorliegen, etwa keine Ausschlussgründe nach § 26 Abs. 4 Satz 1 AsylG. Deshalb scheidet auch eine durch die Unanfechtbarkeit der Anerkennung des Stammberechtigten bedingte - gerichtliche - Verpflichtung der Beklagten zur Flüchtlingsanerkennung nach § 26 AsylG aus.

In diesem Zusammenhang weist das Gericht darauf hin, dass es von der Möglichkeit der Aussetzung des Verfahrens nach § 94 VwGO bis zur Unanfechtbarkeit der Entscheidung über die Flüchtlingseigenschaft der Klägerin zu 1. auch deswegen keinen Gebrauch gemacht hat, um dem Kläger zu 2. die Möglichkeit zu geben, seinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft auf Grundlage einer eigenen drohenden Verfolgung zeitnah im Berufungszulassungsverfahren weiter zu verfolgen. Als (für den Kläger zu 2. möglicherweise bedeutsamen) Reflex einer originären Flüchtlingsanerkennung, könnte seinem personensorgeberechtigter Vater in diesem Fall ein Anspruch nach § 26 Abs. 3, Abs. 5 AsylG zustehen. Die (zugegebenermaßen sehr ungewisse) Perspektive bestünde weder im Falle einer Aussetzung des vorliegenden Verfahrens noch im Falle der (künftigen) Zuerkennung von bloßem Familienflüchtlingsschutz für den Kläger zu 2. In letzterem Falle könnte dem Vater des Klägers zu 2. die Flüchtlingseigenschaft nicht nach § 26 AsylG zuerkannt werden, weil dem der Ausschlussgrund des § 26 Abs. 4 Satz 2 AsylG entgegenstünde. § 26 Abs. 4 Satz 2 AsylG ist trotz seines engeren Wortlauts weit dahingehend auszulegen, dass eine Gewährung von abgeleitetem Schutz nach § 26 AsylG von einem Familienangehörigen, der selbst diesen Schutzstatus über § 26 AsylG erhalten hat, nicht möglich ist (ausführlich dazu BayVGH, U.v. 26.4.2018 - 20 B 18.30332 - juris Rn. 27 ff.).

2. Der Kläger zu 2. hat auch keinen Anspruch auf die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus nach § 4 AsylG oder auf die Feststellung eines Zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 AsylG. Solche Ansprüche kämen allenfalls unter dem Gesichtspunkt in Frage, dass der Kläger aufgrund der (aus der heutigen Perspektive absehbaren) Flüchtlingsanerkennung seiner Mutter ohne diese nach Russland zurückkehren müsste (zur Rückkehrprognose, wenn ein Familienmitglied in Deutschland einen Schutzstatus innehat BayVGH, U.v. 8.11.2018 - 13a B 17.31960 - juris) und damit die Sicherung seiner Existenzgrundlage fraglich wäre. Im Falle des Klägers zu 2. wäre insofern jedoch zu berücksichtigen, dass die Klage seines Vaters mit Urteil vom heutigen Tage abgewiesen wurde und insofern - wenn überhaupt - von einer Rückkehr des Klägers zu 2. zusammen mit seinem Vater auszugehen wäre. Andernfalls käme eine Abschiebung ohnehin nur in Betracht, wenn sich die Ausländerbehörde nach § 58 Abs. 1a AufenthG zuvor vergewissert hat, dass er einer personensorgeberechtigten Person oder einer geeigneten Aufnahmeeinrichtung übergeben wird. Insofern wird in jedem Fall gesichert sein, dass der Kläger zu 2. nicht in eine menschenrechtswidrige Gefahrenlage im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG oder § 60 Abs. 5 kommen würde.

Ungeachtet der Beschränkung des Prüfungsstoffs im Asylverfahren auf zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote weist das Gericht zudem darauf hin, dass eine Abschiebung des Klägers zu 2. ohne die Klägerin zu 1. vor dem Hintergrund der von der Ausländerbehörde zu prüfenden Schutzwirkung von Ehe und Familie (Art. 6 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK) offensichtlich ausgeschlossen sein dürfte, solange sich die Klägerin zu 1. als sorgeberechtigte und die Personensorge wahrnehmende Mutter im Bundesgebiet aufhält.

3. Die Befristungsentscheidung der Beklagten ist im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 AsylG) allerdings rechtswidrig und verletzt den Kläger zu 2. in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Nach § 11 Abs. 1 AufenthG darf ein Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, weder erneut in das Bundesgebiet einreisen, noch sich darin aufhalten, noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach dem Aufenthaltsgesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden (Einreise- und Aufenthaltsverbot). Nach § 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG wird über die Länge der Frist nach Ermessen entschieden. Nach § 11 Abs. 3 Satz 2 AufenthG darf die Frist fünf Jahre nur überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Gemäß § 75 Nr. 12 AufenthG entscheidet das Bundesamt (unter anderem) im Falle einer Abschiebungsandrohung nach den §§ 34, 35 AsylG über die Befristung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots.

Bei der Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots handelt es sich um eine Einzelfallentscheidung, bei der die persönlichen Belange des Betreffenden an einer Wiedereinreise und einem erneutem Aufenthalt im Bundesgebiet sowie die öffentlichen Interessen an der Fernhaltung des Ausländers vom Bundesgebiet zu berücksichtigen sind (vgl. dazu und zum folgenden BayVGH, B.v. 6.4.2017 - 11 ZB 17.30317 - juris Rn. 12). Der Behörde steht dabei ein Ermessensspielraum zu. Fallübergreifende, verallgemeinerungsfähige Kriterien können hierzu nicht festgelegt werden.

Nach § 40 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) ist das Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und sind die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot des § 11 Abs. 1 AufenthG dient dazu, einen Ausländer der entweder ausgewiesen wurde, versucht hat, unerlaubt einzureisen oder nicht fristgerecht ausgereist ist und deshalb abgeschoben wurde, wegen dieser Gesetzesverstöße eine angemessene Zeit vom Bundesgebiet fernzuhalten (dazu und zum Folgenden BayVGH, B.v. 6.4.2017 - 11 ZB 17.30317 - juris Rn. 13). Dabei sind nach dem Zweck der Vorschrift die persönlichen Belange des Ausländers zu berücksichtigen, die nach der Ausweisung, der Zurückschiebung oder der Abschiebung eine baldige Wiedereinreise erforderlich machen. Orientiert an diesem Zweck können keine Aspekte berücksichtigt werden, die alleine gegen die zwangsweise Beendigung des Aufenthalts sprechen (z.B. eine Ausbildung nach § 60a Abs. 2 Satz 3 und 4 AufenthG), sondern es sind die Belange einzustellen, die die Beendigung des Aufenthalts überdauern und Bedeutung für eine möglichst baldige Wiedereinreise haben. Dazu gehören z.B. verwandtschaftliche Bindungen an Personen im Bundesgebiet, durch einen langen rechtmäßigen Voraufenthalt anderweitig verfestigte Bindung an das Bundesgebiet und Umstände in der Person des Ausländers, wie z.B. hohes Alter oder Krankheit, die ggf. eine spätere Wiedereinreise unmöglich machen (BayVGH a.a.O.).

Gemessen daran kann die Befristungsentscheidung der Beklagten im Hinblick auf den Kläger zu 2. keinen Bestand haben. Sie hat die Bindung des Klägers zu 2. zur Klägerin zu 1., die aufgrund des vorliegenden Urteils die Bundesrepublik Deutschland auf absehbare Zeit nicht verlassen wird, - naturgemäß - nicht berücksichtigt, da das Bundesamt bei Erlass des angegriffenen Bescheides noch von der gemeinsamen Rückkehr der gesamten Familie ausgegangen ist.

III.

Die Beteiligten tragen die Kosten des Verfahrens entsprechend ihrem jeweiligen Obsiegen bzw. Unterliegen (§§ 154 Abs. 1, 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 Zivilprozessordnung - ZPO). Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG). Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl
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published on 26/04/2018 00:00

Tenor I. Das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 15. November 2017 wird, soweit es der Klage stattgegeben hat, geändert. Die Klage wird abgewiesen. II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen. Geri
published on 08/11/2018 00:00

Tenor I. Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 7. Juli 2017 wird Nr. 6 des Bescheids des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 21. Juli 2016 aufgehoben. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
published on 06/04/2017 00:00

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Gründe I. Die Klägerin ist
published on 17/01/2019 00:00

Tenor Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 09.12.2016 wird hinsichtlich der Ziffern 1, 3, 4, 5 und 6 aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet, den Klägern die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen.Die Beklagte trägt die Kost
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Annotations

(1) Der Ausländer muss selbst die Tatsachen vortragen, die seine Furcht vor Verfolgung oder die Gefahr eines ihm drohenden ernsthaften Schadens begründen, und die erforderlichen Angaben machen. Zu den erforderlichen Angaben gehören auch solche über Wohnsitze, Reisewege, Aufenthalte in anderen Staaten und darüber, ob bereits in anderen Staaten oder im Bundesgebiet ein Verfahren mit dem Ziel der Anerkennung als ausländischer Flüchtling, auf Zuerkennung internationalen Schutzes im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 oder ein Asylverfahren eingeleitet oder durchgeführt ist.

(2) Der Ausländer hat alle sonstigen Tatsachen und Umstände anzugeben, die einer Abschiebung oder einer Abschiebung in einen bestimmten Staat entgegenstehen.

(3) Ein späteres Vorbringen des Ausländers kann unberücksichtigt bleiben, wenn andernfalls die Entscheidung des Bundesamtes verzögert würde. Der Ausländer ist hierauf und auf § 36 Absatz 4 Satz 3 hinzuweisen.

(4) Bei einem Ausländer, der verpflichtet ist, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, soll die Anhörung in zeitlichem Zusammenhang mit der Asylantragstellung erfolgen. Einer besonderen Ladung des Ausländers und seines Bevollmächtigten bedarf es nicht. Entsprechendes gilt, wenn dem Ausländer bei oder innerhalb einer Woche nach der Antragstellung der Termin für die Anhörung mitgeteilt wird. Kann die Anhörung nicht an demselben Tag stattfinden, sind der Ausländer und sein Bevollmächtigter von dem Anhörungstermin unverzüglich zu verständigen.

(5) Bei einem Ausländer, der nicht verpflichtet ist, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, kann von der persönlichen Anhörung abgesehen werden, wenn der Ausländer einer Ladung zur Anhörung ohne genügende Entschuldigung nicht folgt. In diesem Falle ist dem Ausländer Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme innerhalb eines Monats zu geben.

(6) Die Anhörung ist nicht öffentlich. An ihr können Personen, die sich als Vertreter des Bundes, eines Landes oder des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen ausweisen, teilnehmen. Der Ausländer kann sich bei der Anhörung von einem Bevollmächtigten oder Beistand im Sinne des § 14 des Verwaltungsverfahrensgesetzes begleiten lassen. Das Bundesamt kann die Anhörung auch dann durchführen, wenn der Bevollmächtigte oder Beistand trotz einer mit angemessener Frist erfolgten Ladung nicht an ihr teilnimmt. Satz 4 gilt nicht, wenn der Bevollmächtigte oder Beistand seine Nichtteilnahme vor Beginn der Anhörung genügend entschuldigt. Anderen Personen kann der Leiter des Bundesamtes oder die von ihm beauftragte Person die Anwesenheit gestatten.

(7) Die Anhörung kann in geeigneten Fällen ausnahmsweise im Wege der Bild- und Tonübertragung erfolgen.

(8) Über die Anhörung ist eine Niederschrift aufzunehmen, die die wesentlichen Angaben des Ausländers enthält. Dem Ausländer ist eine Kopie der Niederschrift auszuhändigen oder mit der Entscheidung des Bundesamtes zuzustellen.

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) Als Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 gelten Handlungen, die

1.
auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Artikel 15 Absatz 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist, oder
2.
in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist.

(2) Als Verfolgung im Sinne des Absatzes 1 können unter anderem die folgenden Handlungen gelten:

1.
die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt,
2.
gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden,
3.
unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung,
4.
Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung,
5.
Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des § 3 Absatz 2 fallen,
6.
Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.

(3) Zwischen den in § 3 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit den in § 3b genannten Verfolgungsgründen und den in den Absätzen 1 und 2 als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen muss eine Verknüpfung bestehen.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) Bei der Prüfung der Verfolgungsgründe nach § 3 Absatz 1 Nummer 1 ist Folgendes zu berücksichtigen:

1.
der Begriff der Rasse umfasst insbesondere die Aspekte Hautfarbe, Herkunft und Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe;
2.
der Begriff der Religion umfasst insbesondere theistische, nichttheistische und atheistische Glaubensüberzeugungen, die Teilnahme oder Nichtteilnahme an religiösen Riten im privaten oder öffentlichen Bereich, allein oder in Gemeinschaft mit anderen, sonstige religiöse Betätigungen oder Meinungsäußerungen und Verhaltensweisen Einzelner oder einer Gemeinschaft, die sich auf eine religiöse Überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind;
3.
der Begriff der Nationalität beschränkt sich nicht auf die Staatsangehörigkeit oder das Fehlen einer solchen, sondern bezeichnet insbesondere auch die Zugehörigkeit zu einer Gruppe, die durch ihre kulturelle, ethnische oder sprachliche Identität, gemeinsame geografische oder politische Herkunft oder ihre Verwandtschaft mit der Bevölkerung eines anderen Staates bestimmt wird;
4.
eine Gruppe gilt insbesondere als eine bestimmte soziale Gruppe, wenn
a)
die Mitglieder dieser Gruppe angeborene Merkmale oder einen gemeinsamen Hintergrund, der nicht verändert werden kann, gemein haben oder Merkmale oder eine Glaubensüberzeugung teilen, die so bedeutsam für die Identität oder das Gewissen sind, dass der Betreffende nicht gezwungen werden sollte, auf sie zu verzichten, und
b)
die Gruppe in dem betreffenden Land eine deutlich abgegrenzte Identität hat, da sie von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird;
als eine bestimmte soziale Gruppe kann auch eine Gruppe gelten, die sich auf das gemeinsame Merkmal der sexuellen Orientierung gründet; Handlungen, die nach deutschem Recht als strafbar gelten, fallen nicht darunter; eine Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe kann auch vorliegen, wenn sie allein an das Geschlecht oder die geschlechtliche Identität anknüpft;
5.
unter dem Begriff der politischen Überzeugung ist insbesondere zu verstehen, dass der Ausländer in einer Angelegenheit, die die in § 3c genannten potenziellen Verfolger sowie deren Politiken oder Verfahren betrifft, eine Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung vertritt, wobei es unerheblich ist, ob er auf Grund dieser Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung tätig geworden ist.

(2) Bei der Bewertung der Frage, ob die Furcht eines Ausländers vor Verfolgung begründet ist, ist es unerheblich, ob er tatsächlich die Merkmale der Rasse oder die religiösen, nationalen, sozialen oder politischen Merkmale aufweist, die zur Verfolgung führen, sofern ihm diese Merkmale von seinem Verfolger zugeschrieben werden.

(1) Als Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 gelten Handlungen, die

1.
auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Artikel 15 Absatz 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist, oder
2.
in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist.

(2) Als Verfolgung im Sinne des Absatzes 1 können unter anderem die folgenden Handlungen gelten:

1.
die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt,
2.
gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden,
3.
unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung,
4.
Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung,
5.
Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des § 3 Absatz 2 fallen,
6.
Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.

(3) Zwischen den in § 3 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit den in § 3b genannten Verfolgungsgründen und den in den Absätzen 1 und 2 als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen muss eine Verknüpfung bestehen.

(1) Bei der Prüfung der Verfolgungsgründe nach § 3 Absatz 1 Nummer 1 ist Folgendes zu berücksichtigen:

1.
der Begriff der Rasse umfasst insbesondere die Aspekte Hautfarbe, Herkunft und Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe;
2.
der Begriff der Religion umfasst insbesondere theistische, nichttheistische und atheistische Glaubensüberzeugungen, die Teilnahme oder Nichtteilnahme an religiösen Riten im privaten oder öffentlichen Bereich, allein oder in Gemeinschaft mit anderen, sonstige religiöse Betätigungen oder Meinungsäußerungen und Verhaltensweisen Einzelner oder einer Gemeinschaft, die sich auf eine religiöse Überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind;
3.
der Begriff der Nationalität beschränkt sich nicht auf die Staatsangehörigkeit oder das Fehlen einer solchen, sondern bezeichnet insbesondere auch die Zugehörigkeit zu einer Gruppe, die durch ihre kulturelle, ethnische oder sprachliche Identität, gemeinsame geografische oder politische Herkunft oder ihre Verwandtschaft mit der Bevölkerung eines anderen Staates bestimmt wird;
4.
eine Gruppe gilt insbesondere als eine bestimmte soziale Gruppe, wenn
a)
die Mitglieder dieser Gruppe angeborene Merkmale oder einen gemeinsamen Hintergrund, der nicht verändert werden kann, gemein haben oder Merkmale oder eine Glaubensüberzeugung teilen, die so bedeutsam für die Identität oder das Gewissen sind, dass der Betreffende nicht gezwungen werden sollte, auf sie zu verzichten, und
b)
die Gruppe in dem betreffenden Land eine deutlich abgegrenzte Identität hat, da sie von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird;
als eine bestimmte soziale Gruppe kann auch eine Gruppe gelten, die sich auf das gemeinsame Merkmal der sexuellen Orientierung gründet; Handlungen, die nach deutschem Recht als strafbar gelten, fallen nicht darunter; eine Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe kann auch vorliegen, wenn sie allein an das Geschlecht oder die geschlechtliche Identität anknüpft;
5.
unter dem Begriff der politischen Überzeugung ist insbesondere zu verstehen, dass der Ausländer in einer Angelegenheit, die die in § 3c genannten potenziellen Verfolger sowie deren Politiken oder Verfahren betrifft, eine Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung vertritt, wobei es unerheblich ist, ob er auf Grund dieser Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung tätig geworden ist.

(2) Bei der Bewertung der Frage, ob die Furcht eines Ausländers vor Verfolgung begründet ist, ist es unerheblich, ob er tatsächlich die Merkmale der Rasse oder die religiösen, nationalen, sozialen oder politischen Merkmale aufweist, die zur Verfolgung führen, sofern ihm diese Merkmale von seinem Verfolger zugeschrieben werden.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) Dem Ausländer wird die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er

1.
in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d hat und
2.
sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt.

(2) Bei der Prüfung der Frage, ob ein Teil des Herkunftslandes die Voraussetzungen nach Absatz 1 erfüllt, sind die dortigen allgemeinen Gegebenheiten und die persönlichen Umstände des Ausländers gemäß Artikel 4 der Richtlinie 2011/95/EU zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag zu berücksichtigen. Zu diesem Zweck sind genaue und aktuelle Informationen aus relevanten Quellen, wie etwa Informationen des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge oder des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen, einzuholen.

(1) Schutz vor Verfolgung kann nur geboten werden

1.
vom Staat oder
2.
von Parteien oder Organisationen einschließlich internationaler Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen,
sofern sie willens und in der Lage sind, Schutz gemäß Absatz 2 zu bieten.

(2) Der Schutz vor Verfolgung muss wirksam und darf nicht nur vorübergehender Art sein. Generell ist ein solcher Schutz gewährleistet, wenn die in Absatz 1 genannten Akteure geeignete Schritte einleiten, um die Verfolgung zu verhindern, beispielsweise durch wirksame Rechtsvorschriften zur Ermittlung, Strafverfolgung und Ahndung von Handlungen, die eine Verfolgung darstellen, und wenn der Ausländer Zugang zu diesem Schutz hat.

(3) Bei der Beurteilung der Frage, ob eine internationale Organisation einen Staat oder einen wesentlichen Teil seines Staatsgebiets beherrscht und den in Absatz 2 genannten Schutz bietet, sind etwaige in einschlägigen Rechtsakten der Europäischen Union aufgestellte Leitlinien heranzuziehen.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) Dem Ausländer wird die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er

1.
in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d hat und
2.
sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt.

(2) Bei der Prüfung der Frage, ob ein Teil des Herkunftslandes die Voraussetzungen nach Absatz 1 erfüllt, sind die dortigen allgemeinen Gegebenheiten und die persönlichen Umstände des Ausländers gemäß Artikel 4 der Richtlinie 2011/95/EU zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag zu berücksichtigen. Zu diesem Zweck sind genaue und aktuelle Informationen aus relevanten Quellen, wie etwa Informationen des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge oder des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen, einzuholen.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Der Ehegatte oder der Lebenspartner eines Asylberechtigten wird auf Antrag als Asylberechtigter anerkannt, wenn

1.
die Anerkennung des Asylberechtigten unanfechtbar ist,
2.
die Ehe oder Lebenspartnerschaft mit dem Asylberechtigten schon in dem Staat bestanden hat, in dem der Asylberechtigte politisch verfolgt wird,
3.
der Ehegatte oder der Lebenspartner vor der Anerkennung des Ausländers als Asylberechtigter eingereist ist oder er den Asylantrag unverzüglich nach der Einreise gestellt hat und
4.
die Anerkennung des Asylberechtigten nicht zu widerrufen oder zurückzunehmen ist.
Für die Anerkennung als Asylberechtigter nach Satz 1 ist es unbeachtlich, wenn die Ehe nach deutschem Recht wegen Minderjährigkeit im Zeitpunkt der Eheschließung unwirksam oder aufgehoben worden ist; dies gilt nicht zugunsten des im Zeitpunkt der Eheschließung volljährigen Ehegatten.

(2) Ein zum Zeitpunkt seiner Asylantragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylberechtigten wird auf Antrag als asylberechtigt anerkannt, wenn die Anerkennung des Ausländers als Asylberechtigter unanfechtbar ist und diese Anerkennung nicht zu widerrufen oder zurückzunehmen ist.

(3) Die Eltern eines minderjährigen ledigen Asylberechtigten oder ein anderer Erwachsener im Sinne des Artikels 2 Buchstabe j der Richtlinie 2011/95/EU werden auf Antrag als Asylberechtigte anerkannt, wenn

1.
die Anerkennung des Asylberechtigten unanfechtbar ist,
2.
die Familie im Sinne des Artikels 2 Buchstabe j der Richtlinie 2011/95/EU schon in dem Staat bestanden hat, in dem der Asylberechtigte politisch verfolgt wird,
3.
sie vor der Anerkennung des Asylberechtigten eingereist sind oder sie den Asylantrag unverzüglich nach der Einreise gestellt haben,
4.
die Anerkennung des Asylberechtigten nicht zu widerrufen oder zurückzunehmen ist und
5.
sie die Personensorge für den Asylberechtigten innehaben.
Für zum Zeitpunkt ihrer Antragstellung minderjährige ledige Geschwister des minderjährigen Asylberechtigten gilt Satz 1 Nummer 1 bis 4 entsprechend.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten nicht für Familienangehörige im Sinne dieser Absätze, die die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder des § 3 Absatz 2 erfüllen oder bei denen das Bundesamt nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen hat. Die Absätze 2 und 3 gelten nicht für Kinder eines Ausländers, der selbst nach Absatz 2 oder Absatz 3 als Asylberechtigter anerkannt worden ist.

(5) Auf Familienangehörige im Sinne der Absätze 1 bis 3 von international Schutzberechtigten sind die Absätze 1 bis 4 entsprechend anzuwenden. An die Stelle der Asylberechtigung tritt die Flüchtlingseigenschaft oder der subsidiäre Schutz. Der subsidiäre Schutz als Familienangehöriger wird nicht gewährt, wenn ein Ausschlussgrund nach § 4 Absatz 2 vorliegt.

(6) Die Absätze 1 bis 5 sind nicht anzuwenden, wenn dem Ausländer durch den Familienangehörigen im Sinne dieser Absätze eine Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 oder ein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Absatz 1 droht oder er bereits einer solchen Verfolgung ausgesetzt war oder einen solchen ernsthaften Schaden erlitten hat.

Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen sei.

(1) Der Ehegatte oder der Lebenspartner eines Asylberechtigten wird auf Antrag als Asylberechtigter anerkannt, wenn

1.
die Anerkennung des Asylberechtigten unanfechtbar ist,
2.
die Ehe oder Lebenspartnerschaft mit dem Asylberechtigten schon in dem Staat bestanden hat, in dem der Asylberechtigte politisch verfolgt wird,
3.
der Ehegatte oder der Lebenspartner vor der Anerkennung des Ausländers als Asylberechtigter eingereist ist oder er den Asylantrag unverzüglich nach der Einreise gestellt hat und
4.
die Anerkennung des Asylberechtigten nicht zu widerrufen oder zurückzunehmen ist.
Für die Anerkennung als Asylberechtigter nach Satz 1 ist es unbeachtlich, wenn die Ehe nach deutschem Recht wegen Minderjährigkeit im Zeitpunkt der Eheschließung unwirksam oder aufgehoben worden ist; dies gilt nicht zugunsten des im Zeitpunkt der Eheschließung volljährigen Ehegatten.

(2) Ein zum Zeitpunkt seiner Asylantragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylberechtigten wird auf Antrag als asylberechtigt anerkannt, wenn die Anerkennung des Ausländers als Asylberechtigter unanfechtbar ist und diese Anerkennung nicht zu widerrufen oder zurückzunehmen ist.

(3) Die Eltern eines minderjährigen ledigen Asylberechtigten oder ein anderer Erwachsener im Sinne des Artikels 2 Buchstabe j der Richtlinie 2011/95/EU werden auf Antrag als Asylberechtigte anerkannt, wenn

1.
die Anerkennung des Asylberechtigten unanfechtbar ist,
2.
die Familie im Sinne des Artikels 2 Buchstabe j der Richtlinie 2011/95/EU schon in dem Staat bestanden hat, in dem der Asylberechtigte politisch verfolgt wird,
3.
sie vor der Anerkennung des Asylberechtigten eingereist sind oder sie den Asylantrag unverzüglich nach der Einreise gestellt haben,
4.
die Anerkennung des Asylberechtigten nicht zu widerrufen oder zurückzunehmen ist und
5.
sie die Personensorge für den Asylberechtigten innehaben.
Für zum Zeitpunkt ihrer Antragstellung minderjährige ledige Geschwister des minderjährigen Asylberechtigten gilt Satz 1 Nummer 1 bis 4 entsprechend.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten nicht für Familienangehörige im Sinne dieser Absätze, die die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder des § 3 Absatz 2 erfüllen oder bei denen das Bundesamt nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen hat. Die Absätze 2 und 3 gelten nicht für Kinder eines Ausländers, der selbst nach Absatz 2 oder Absatz 3 als Asylberechtigter anerkannt worden ist.

(5) Auf Familienangehörige im Sinne der Absätze 1 bis 3 von international Schutzberechtigten sind die Absätze 1 bis 4 entsprechend anzuwenden. An die Stelle der Asylberechtigung tritt die Flüchtlingseigenschaft oder der subsidiäre Schutz. Der subsidiäre Schutz als Familienangehöriger wird nicht gewährt, wenn ein Ausschlussgrund nach § 4 Absatz 2 vorliegt.

(6) Die Absätze 1 bis 5 sind nicht anzuwenden, wenn dem Ausländer durch den Familienangehörigen im Sinne dieser Absätze eine Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 oder ein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Absatz 1 droht oder er bereits einer solchen Verfolgung ausgesetzt war oder einen solchen ernsthaften Schaden erlitten hat.

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

(1) Ein Ausländer, der nicht oder nicht mehr verpflichtet ist, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, und dessen Lebensunterhalt nicht gesichert ist (§ 2 Absatz 3 des Aufenthaltsgesetzes), wird verpflichtet, an dem in der Verteilentscheidung nach § 50 Absatz 4 genannten Ort seinen gewöhnlichen Aufenthalt zu nehmen (Wohnsitzauflage). Findet eine länderübergreifende Verteilung gemäß § 51 statt, dann ergeht die Wohnsitzauflage im Hinblick auf den sich danach ergebenden Aufenthaltsort. Der Ausländer kann den in der Wohnsitzauflage genannten Ort ohne Erlaubnis vorübergehend verlassen.

(2) Ein Ausländer, der nicht oder nicht mehr verpflichtet ist, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, und dessen Lebensunterhalt nicht gesichert ist (§ 2 Absatz 3 des Aufenthaltsgesetzes), kann verpflichtet werden,

1.
in einer bestimmten Gemeinde, in einer bestimmten Wohnung oder Unterkunft zu wohnen,
2.
in eine bestimmte Gemeinde, Wohnung oder Unterkunft umzuziehen oder
3.
in dem Bezirk einer anderen Ausländerbehörde desselben Landes seinen gewöhnlichen Aufenthalt und Wohnung oder Unterkunft zu nehmen.
Eine Anhörung des Ausländers ist erforderlich in den Fällen des Satzes 1 Nummer 2, wenn er sich länger als sechs Monate in der Gemeinde, Wohnung oder Unterkunft aufgehalten hat. Die Anhörung gilt als erfolgt, wenn der Ausländer oder sein anwaltlicher Vertreter Gelegenheit hatte, sich innerhalb von zwei Wochen zu der vorgesehenen Unterbringung zu äußern. Eine Anhörung unterbleibt, wenn ihr ein zwingendes öffentliches Interesse entgegensteht.

(3) Zuständig für Maßnahmen nach Absatz 1 Satz 1 ist die nach § 50 zuständige Landesbehörde. Die Wohnsitzauflage soll mit der Zuweisungsentscheidung nach § 50 verbunden werden. Zuständig für Maßnahmen nach Absatz 1 Satz 2 ist die nach § 51 Absatz 2 Satz 2 zuständige Landesbehörde. Die Wohnsitzauflage soll mit der Verteilungsentscheidung nach § 51 Absatz 2 Satz 2 verbunden werden. Zuständig für Maßnahmen nach Absatz 2 ist die Ausländerbehörde, in deren Bezirk die Gemeinde oder die zu beziehende Wohnung oder Unterkunft liegt.

(1) Der Ausländer ist abzuschieben, wenn die Ausreisepflicht vollziehbar ist, eine Ausreisefrist nicht gewährt wurde oder diese abgelaufen ist, und die freiwillige Erfüllung der Ausreisepflicht nicht gesichert ist oder aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung eine Überwachung der Ausreise erforderlich erscheint. Bei Eintritt einer der in § 59 Absatz 1 Satz 2 genannten Voraussetzungen innerhalb der Ausreisefrist soll der Ausländer vor deren Ablauf abgeschoben werden.

(1a) Vor der Abschiebung eines unbegleiteten minderjährigen Ausländers hat sich die Behörde zu vergewissern, dass dieser im Rückkehrstaat einem Mitglied seiner Familie, einer zur Personensorge berechtigten Person oder einer geeigneten Aufnahmeeinrichtung übergeben wird.

(1b) Ein Ausländer, der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt oder eine entsprechende Rechtsstellung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union innehat und in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union international Schutzberechtigter ist, darf außer in den Fällen des § 60 Absatz 8 Satz 1 nur in den schutzgewährenden Mitgliedstaat abgeschoben werden. § 60 Absatz 2, 3, 5 und 7 bleibt unberührt.

(2) Die Ausreisepflicht ist vollziehbar, wenn der Ausländer

1.
unerlaubt eingereist ist,
2.
noch nicht die erstmalige Erteilung des erforderlichen Aufenthaltstitels oder noch nicht die Verlängerung beantragt hat oder trotz erfolgter Antragstellung der Aufenthalt nicht nach § 81 Abs. 3 als erlaubt oder der Aufenthaltstitel nach § 81 Abs. 4 nicht als fortbestehend gilt oder
3.
auf Grund einer Rückführungsentscheidung eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union gemäß Artikel 3 der Richtlinie 2001/40/EG des Rates vom 28. Mai 2001 über die gegenseitige Anerkennung von Entscheidungen über die Rückführung von Drittstaatsangehörigen (ABl. EG Nr. L 149 S. 34) ausreisepflichtig wird, sofern diese von der zuständigen Behörde anerkannt wird.
Im Übrigen ist die Ausreisepflicht erst vollziehbar, wenn die Versagung des Aufenthaltstitels oder der sonstige Verwaltungsakt, durch den der Ausländer nach § 50 Abs. 1 ausreisepflichtig wird, vollziehbar ist.

(3) Die Überwachung der Ausreise ist insbesondere erforderlich, wenn der Ausländer

1.
sich auf richterliche Anordnung in Haft oder in sonstigem öffentlichen Gewahrsam befindet,
2.
innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nicht ausgereist ist,
3.
auf Grund eines besonders schwerwiegenden Ausweisungsinteresses nach § 54 Absatz 1 in Verbindung mit § 53 ausgewiesen worden ist,
4.
mittellos ist,
5.
keinen Pass oder Passersatz besitzt,
6.
gegenüber der Ausländerbehörde zum Zweck der Täuschung unrichtige Angaben gemacht oder die Angaben verweigert hat oder
7.
zu erkennen gegeben hat, dass er seiner Ausreisepflicht nicht nachkommen wird.

(4) Die die Abschiebung durchführende Behörde ist befugt, zum Zweck der Abschiebung den Ausländer zum Flughafen oder Grenzübergang zu verbringen und ihn zu diesem Zweck kurzzeitig festzuhalten. Das Festhalten ist auf das zur Durchführung der Abschiebung unvermeidliche Maß zu beschränken.

(5) Soweit der Zweck der Durchführung der Abschiebung es erfordert, kann die die Abschiebung durchführende Behörde die Wohnung des abzuschiebenden Ausländers zu dem Zweck seiner Ergreifung betreten, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass sich der Ausländer dort befindet. Die Wohnung umfasst die Wohn- und Nebenräume, Arbeits-, Betriebs- und Geschäftsräume sowie anderes befriedetes Besitztum.

(6) Soweit der Zweck der Durchführung der Abschiebung es erfordert, kann die die Abschiebung durchführende Behörde eine Durchsuchung der Wohnung des abzuschiebenden Ausländers zu dem Zweck seiner Ergreifung vornehmen. Bei anderen Personen sind Durchsuchungen nur zur Ergreifung des abzuschiebenden Ausländers zulässig, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass der Ausländer sich in den zu durchsuchenden Räumen befindet. Absatz 5 Satz 2 gilt entsprechend.

(7) Zur Nachtzeit darf die Wohnung nur betreten oder durchsucht werden, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass die Ergreifung des Ausländers zum Zweck seiner Abschiebung andernfalls vereitelt wird. Die Organisation der Abschiebung ist keine Tatsache im Sinne von Satz 1.

(8) Durchsuchungen nach Absatz 6 dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzug auch durch die die Abschiebung durchführende Behörde angeordnet werden. Die Annahme von Gefahr im Verzug kann nach Betreten der Wohnung nach Absatz 5 nicht darauf gestützt werden, dass der Ausländer nicht angetroffen wurde.

(9) Der Inhaber der zu durchsuchenden Räume darf der Durchsuchung beiwohnen. Ist er abwesend, so ist, wenn möglich, sein Vertreter oder ein erwachsener Angehöriger, Hausgenosse oder Nachbar hinzuzuziehen. Dem Inhaber oder der in dessen Abwesenheit hinzugezogenen Person ist in den Fällen des Absatzes 6 Satz 2 der Zweck der Durchsuchung vor deren Beginn bekannt zu machen. Über die Durchsuchung ist eine Niederschrift zu fertigen. Sie muss die verantwortliche Dienststelle, Grund, Zeit und Ort der Durchsuchung und, falls keine gerichtliche Anordnung ergangen ist, auch Tatsachen, welche die Annahme einer Gefahr im Verzug begründet haben, enthalten. Dem Wohnungsinhaber oder seinem Vertreter ist auf Verlangen eine Abschrift der Niederschrift auszuhändigen. Ist die Anfertigung der Niederschrift oder die Aushändigung einer Abschrift nach den besonderen Umständen des Falles nicht möglich oder würde sie den Zweck der Durchsuchung gefährden, so sind dem Wohnungsinhaber oder der hinzugezogenen Person lediglich die Durchsuchung unter Angabe der verantwortlichen Dienststelle sowie Zeit und Ort der Durchsuchung schriftlich zu bestätigen.

(10) Weitergehende Regelungen der Länder, die den Regelungsgehalt der Absätze 5 bis 9 betreffen, bleiben unberührt.

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

(1) Ein Ausländer, der nicht oder nicht mehr verpflichtet ist, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, und dessen Lebensunterhalt nicht gesichert ist (§ 2 Absatz 3 des Aufenthaltsgesetzes), wird verpflichtet, an dem in der Verteilentscheidung nach § 50 Absatz 4 genannten Ort seinen gewöhnlichen Aufenthalt zu nehmen (Wohnsitzauflage). Findet eine länderübergreifende Verteilung gemäß § 51 statt, dann ergeht die Wohnsitzauflage im Hinblick auf den sich danach ergebenden Aufenthaltsort. Der Ausländer kann den in der Wohnsitzauflage genannten Ort ohne Erlaubnis vorübergehend verlassen.

(2) Ein Ausländer, der nicht oder nicht mehr verpflichtet ist, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, und dessen Lebensunterhalt nicht gesichert ist (§ 2 Absatz 3 des Aufenthaltsgesetzes), kann verpflichtet werden,

1.
in einer bestimmten Gemeinde, in einer bestimmten Wohnung oder Unterkunft zu wohnen,
2.
in eine bestimmte Gemeinde, Wohnung oder Unterkunft umzuziehen oder
3.
in dem Bezirk einer anderen Ausländerbehörde desselben Landes seinen gewöhnlichen Aufenthalt und Wohnung oder Unterkunft zu nehmen.
Eine Anhörung des Ausländers ist erforderlich in den Fällen des Satzes 1 Nummer 2, wenn er sich länger als sechs Monate in der Gemeinde, Wohnung oder Unterkunft aufgehalten hat. Die Anhörung gilt als erfolgt, wenn der Ausländer oder sein anwaltlicher Vertreter Gelegenheit hatte, sich innerhalb von zwei Wochen zu der vorgesehenen Unterbringung zu äußern. Eine Anhörung unterbleibt, wenn ihr ein zwingendes öffentliches Interesse entgegensteht.

(3) Zuständig für Maßnahmen nach Absatz 1 Satz 1 ist die nach § 50 zuständige Landesbehörde. Die Wohnsitzauflage soll mit der Zuweisungsentscheidung nach § 50 verbunden werden. Zuständig für Maßnahmen nach Absatz 1 Satz 2 ist die nach § 51 Absatz 2 Satz 2 zuständige Landesbehörde. Die Wohnsitzauflage soll mit der Verteilungsentscheidung nach § 51 Absatz 2 Satz 2 verbunden werden. Zuständig für Maßnahmen nach Absatz 2 ist die Ausländerbehörde, in deren Bezirk die Gemeinde oder die zu beziehende Wohnung oder Unterkunft liegt.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat unbeschadet der Aufgaben nach anderen Gesetzen folgende Aufgaben:

1.
Koordinierung der Informationen über den Aufenthalt zum Zweck der Erwerbstätigkeit zwischen den Ausländerbehörden, der Bundesagentur für Arbeit und der für Pass- und Visaangelegenheiten vom Auswärtigen Amt ermächtigten deutschen Auslandsvertretungen;
2.
a)
Entwicklung von Grundstruktur und Lerninhalten des Integrationskurses nach § 43 Abs. 3 und der berufsbezogenen Deutschsprachförderung nach § 45a,
b)
deren Durchführung und
c)
Maßnahmen nach § 9 Abs. 5 des Bundesvertriebenengesetzes;
3.
fachliche Zuarbeit für die Bundesregierung auf dem Gebiet der Integrationsförderung und der Erstellung von Informationsmaterial über Integrationsangebote von Bund, Ländern und Kommunen für Ausländer und Spätaussiedler;
4.
Betreiben wissenschaftlicher Forschungen über Migrationsfragen (Begleitforschung) zur Gewinnung analytischer Aussagen für die Steuerung der Zuwanderung;
4a.
Betreiben wissenschaftlicher Forschungen über Integrationsfragen;
5.
Zusammenarbeit mit den Verwaltungsbehörden der Mitgliedstaaten der Europäischen Union als Nationale Kontaktstelle und zuständige Behörde nach Artikel 27 der Richtlinie 2001/55/EG, Artikel 25 der Richtlinie 2003/109/EG, Artikel 22 Absatz 1 der Richtlinie 2009/50/EG, Artikel 26 der Richtlinie 2014/66/EU und Artikel 37 der Richtlinie (EU) 2016/801 sowie für Mitteilungen nach § 51 Absatz 8a;
5a.
Prüfung der Mitteilungen nach § 16c Absatz 1, § 18e Absatz 1 und § 19a Absatz 1 sowie Ausstellung der Bescheinigungen nach § 16c Absatz 4, § 18e Absatz 5 und § 19a Absatz 4 oder Ablehnung der Einreise und des Aufenthalts;
6.
Führung des Registers nach § 91a;
7.
Koordinierung der Programme und Mitwirkung an Projekten zur Förderung der freiwilligen Rückkehr sowie Auszahlung hierfür bewilligter Mittel;
8.
die Durchführung des Aufnahmeverfahrens nach § 23 Abs. 2 und 4 und die Verteilung der nach § 23 sowie der nach § 22 Satz 2 aufgenommenen Ausländer auf die Länder;
9.
Durchführung einer migrationsspezifischen Beratung nach § 45 Satz 1, soweit sie nicht durch andere Stellen wahrgenommen wird; hierzu kann es sich privater oder öffentlicher Träger bedienen;
10.
Anerkennung von Forschungseinrichtungen zum Abschluss von Aufnahmevereinbarungen nach § 18d; hierbei wird das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge durch einen Beirat für Forschungsmigration unterstützt;
11.
Koordinierung der Informationsübermittlung und Auswertung von Erkenntnissen der Bundesbehörden, insbesondere des Bundeskriminalamtes und des Bundesamtes für Verfassungsschutz, zu Ausländern, bei denen wegen Gefährdung der öffentlichen Sicherheit ausländer-, asyl- oder staatsangehörigkeitsrechtliche Maßnahmen in Betracht kommen;
12.
Anordnung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Absatz 1 im Fall einer Abschiebungsandrohung nach den §§ 34, 35 des Asylgesetzes oder einer Abschiebungsanordnung nach § 34a des Asylgesetzes sowie die Anordnung und Befristung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Absatz 7;
13.
unbeschadet des § 71 Absatz 3 Nummer 7 die Beschaffung von Heimreisedokumenten für Ausländer im Wege der Amtshilfe.

(1) Das Bundesamt erlässt nach den §§ 59 und 60 Absatz 10 des Aufenthaltsgesetzes eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn

1.
der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird,
2.
dem Ausländer nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wird,
2a.
dem Ausländer kein subsidiärer Schutz gewährt wird,
3.
die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen oder die Abschiebung ungeachtet des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes ausnahmsweise zulässig ist und
4.
der Ausländer keinen Aufenthaltstitel besitzt.
Eine Anhörung des Ausländers vor Erlass der Abschiebungsandrohung ist nicht erforderlich. Im Übrigen bleibt die Ausländerbehörde für Entscheidungen nach § 59 Absatz 1 Satz 4 und Absatz 6 des Aufenthaltsgesetzes zuständig.

(2) Die Abschiebungsandrohung soll mit der Entscheidung über den Asylantrag verbunden werden. Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, sind die Entscheidungsformel der Abschiebungsandrohung und die Rechtsbehelfsbelehrung dem Ausländer in eine Sprache zu übersetzen, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann.

In den Fällen des § 29 Absatz 1 Nummer 2 und 4 droht das Bundesamt dem Ausländer die Abschiebung in den Staat an, in dem er vor Verfolgung sicher war.

Ist die Behörde ermächtigt, nach ihrem Ermessen zu handeln, hat sie ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten.

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.

(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.

(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.

(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.

(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.

(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.

(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.

(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nummer 2 insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Satz 1 Nummer 3 gilt bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern nicht für die Rücknahme des Asylantrags oder den Verzicht auf die Antragstellung, wenn die Rücknahme oder der Verzicht auf das Stellen eines Asylantrags im Interesse des Kindeswohls erfolgte. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist einem Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, die Erwerbstätigkeit erlaubt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Besteht der unterliegende Teil aus mehreren Personen, so haften sie für die Kostenerstattung nach Kopfteilen.

(2) Bei einer erheblichen Verschiedenheit der Beteiligung am Rechtsstreit kann nach dem Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(3) Hat ein Streitgenosse ein besonderes Angriffs- oder Verteidigungsmittel geltend gemacht, so haften die übrigen Streitgenossen nicht für die dadurch veranlassten Kosten.

(4) Werden mehrere Beklagte als Gesamtschuldner verurteilt, so haften sie auch für die Kostenerstattung, unbeschadet der Vorschrift des Absatzes 3, als Gesamtschuldner. Die Vorschriften des bürgerlichen Rechts, nach denen sich diese Haftung auf die im Absatz 3 bezeichneten Kosten erstreckt, bleiben unberührt.

Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.