Verwaltungsgericht Augsburg Beschluss, 04. Aug. 2016 - Au 1 S 16.1112

published on 04/08/2016 00:00
Verwaltungsgericht Augsburg Beschluss, 04. Aug. 2016 - Au 1 S 16.1112
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Gericht

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Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Die Kosten des Verfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.

III.

Der Streitwert wird auf 2.500,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin, eine ..., wendet sich gegen eine sofort vollziehbare versammlungsrechtliche Entscheidung (Änderung des angezeigten Kundgebungsortes).

Die Antragstellerin, vertreten durch ihren Vorsitzenden, hat am 13. August 2015 bei der Antragsgegnerin eine Versammlung für den 8. August 2016 unter dem Thema „Die Lüge vom Frieden“ angezeigt. Die Versammlung sollte in der Zeit von 11.00 Uhr bis 12.30 Uhr in ... auf dem ... stattfinden. Mit Schreiben vom 5. Juli 2016 wurde die Antragstellerin über die vorhandenen Platzbelegungen informiert und aufgefordert, Alternativplätze vorzuschlagen. Von Seiten der Antragsgegnerin wurden als geeignete Plätze der ..., der ... oder der ... vorgeschlagen. Gleichzeitig wurde dem Veranstalter angekündigt, dass ansonsten ein anderer Platz von Amts wegen festgelegt werde. Die Antragstellerin äußerte sich mit Schreiben vom 10. Juli 2016 dahingehend, dass nur der ... in Betracht käme. Mit Schreiben vom 18. Juli 2016 änderte die Antragstellerin ihre Versammlungsanzeige dahingehend, dass die geplante Kundgebung nunmehr auf dem ... ggf. ... (nach Rücksprache) von 15.00 Uhr bis 16.30 Uhr stattfinden solle. Am 27. Juli 2016 fand zwischen den Beteiligten ein „Kooperationsgespräch“ statt. Im Rahmen dieses Gesprächs wurde dem Vertreter der Antragstellerin mitgeteilt, dass es aufgrund der beschränkten Platzsituation sowie der durch die Polizei erstellten Gefahrenprognose unmöglich sei, die geplante Kundgebung auf dem ... zu bestätigen. Ihm wurden weiterhin Alternativplätze wie der ..., der ... und der ... offeriert. Die Antragstellerin lehnte diese Alternativen ab. Als alternativer Standort käme einzig der ... in Betracht.

Mit Bescheid vom 2. August 2016 wurde der Eingang der Anzeige vom 18. Juli 2016 für eine öffentliche Versammlung mit Kundgebung der Antragstellerin am 8. August 2016 bestätigt (Ziffer 1). Unter Ziffer 2 wurden Beschränkungen und Abweichungen der Versammlungsanzeige angeordnet. Unter anderem wurde abweichend von der Anzeige vom 18. Juli 2016 für die Kundgebung der ... in ..., Parkplatzbucht südlich (siehe Plan) für einen Zeitraum von 15.00 Uhr bis 16.30 Uhr festgesetzt (Ziffer 2.1.1). Zur Begründung ist ausgeführt, die Versammlung könne nicht am ... und auch nicht am ... stattfinden, da am selben Tag das ... „...“ stattfinde. Am 8. August 2016 finde auf dem ... ... ab 11.30 Uhr die „...“ statt. Durch diese Veranstaltung würden sämtliche Freiflächen des ... und des nahegelegenen ... ganztags benötigt, zuzüglich der Zeiten für den Auf- und Abbau der Einrichtungen. Von den Veranstaltern des ... sei der Antragsgegnerin mit Schreiben vom 13. Juli 2016 mitgeteilt worden, dass die Veranstaltung nunmehr doch bis ca. 18.00 Uhr dauern werde und danach weitere zwei Stunden Abbauzeit notwendig seien. Für diesen sich alljährlich wiederholenden und feststehenden Termin seien der ... und ... durch die Antragsgegnerin auf Dauer reserviert und würden von anderen Veranstaltungen freigehalten, d. h. dass diese Plätze an diesem Termin regelmäßig anderen Veranstaltern nicht mehr zur Verfügung stünden. Durch die erteilten Sondernutzungserlaubnisse seien der ... (vom 8.8.2016 bis 11.8.2016) sowie der ... (vom 7.8.2016 bis 8.8.2016), wie jedes Jahr, durchgängig dem Gemeingebrauch entzogen und dem Veranstalter des ... überlassen. Ausweislich der Gefährdungsanalyse der Polizei vom 14. Juli 2016 sei bei Veranstaltungen des Vertreters der Antragstellerin generell mit gegnerischen Aktionen zu rechnen. Dies habe sich zuletzt im Jahr 2015, als die Antragstellerin ebenfalls am Tag des ... eine gleichlaute Demonstration auf dem ... durchgeführt und die Zahl der Gegendemonstranten sich auf 750 Personen belaufen habe, gezeigt. Unter Berücksichtigung der zentralen Lage des ... und einer damit verbundenen Erhöhung der Personenzahl durch interessierte Passanten, müsse für diesen Kundgebungsort von einer noch höheren Zahl ausgegangen werden. Die sichere Durchführung der Versammlung der Antragstellerin auf dem ... und einer Gegenveranstaltung dieses Ausmaßes wäre nur unter der Voraussetzung zu gewährleisten, dass der gesamte Platz ohne Bestuhlung zur Verfügung stünde. Durch den zusätzlichen Aufbau von 100 Biertischgarnituren im Rahmen des ..., der Bewirtung von mehr als 1.000 Teilnehmern der „...“ und der unkontrollierten Mitnahme von persönlichen Gegenständen (Schirme, Rucksäcke u.ä.) seien insbesondere Körperverletzungsdelikte zum Nachteil der Kundgebungsteilnehmer der Antragstellerin nicht zu verhindern. Zudem sei eine Unterbindung der Gefahren durch Zugriff und Festnahme erkannter Störer durch die hohe Zahl an Personen und der Bestuhlung auf dem Platz äußerst schwierig. Somit könne eine ordnungsgemäße Durchführung der Kundgebung der Antragstellerin auf dem ... mit zeitgleicher Veranstaltung der „...“, bzw. auch während des im Anschluss stattfindenden Abbaus, nicht gewährleistet werden. Die Antragsgegnerin führte weiter aus, dass auch zu berücksichtigen sei, dass durch die auf dem ... aufgestellten Tische, Stühle und weiteren Gegenständen des ... und der Bewirtungsbetriebe die Gefahr bestehe, dass diese bei Auseinandersetzungen zwischen Versammlungsteilnehmern und Gegendemonstranten als Wurfgeschosse missbraucht werden könnten und somit eine erhebliche Gefahr darstellen würden. Das Problem des belegten ... könne auch nicht durch eine zeitliche Verlegung der Kundgebung gelöst werden. Die Veranstalter hätten mitgeteilt, dass die Veranstaltung entgegen der ursprünglich im Programmheft angekündigten Zeit auf 18.00 Uhr ausgedehnt werde und mit einer Abbauzeit von mindestens zwei Stunden zu rechnen sei. Der von der Antragstellerin alternativ angegebene ... sei von der Festivalzentrale ... in Rahmen des ... mehrtägig im Zeitraum vom 8. Juli 2016 bis 8. August 2016 belegt. Nachdem weder der ... noch der ... für die geplante Kundgebung zur Verfügung stünden, sei es zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung erforderlich gewesen, als Kundgebungsort der Versammlung den ... festzulegen. Dieser Platz erscheine sowohl der Antragsgegnerin, als auch der Polizei hinsichtlich einer eventuell anstehenden Gefahrensituation durch Gegendemonstranten als bestens geeignet, mögliche Störungen zu vermeiden und gegebenenfalls zu unterbinden. Dieser Platz habe sich bereits in der Vergangenheit für Versammlungen der Antragstellerin als geeignet gezeigt. Die angeordneten Beschränkungen, insbesondere die Platzverlegung, sowie die übrigen Anordnungen seien geeignet, den Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, insbesondere für unbeteiligte Personen, zu gewährleisten und Gewalttaten und Straftaten zu verhindern. Die Anordnungen seien auch erforderlich, um eine nach menschlichem Ermessen reibungslose Durchführung der Veranstaltung zu gewährleisten. Die Anordnungen und Beschränkungen stünden mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und dem Grundsatz der Gleichbehandlung in Einklang. Dem Veranstalter sei bekannt, dass am 8. August jeden Jahres auf dem ... die Feiern und Veranstaltungen des ... stattfänden. Dieser sei deshalb für seine Kundgebung nicht frei. Die Veranstaltung würde durch die Auswirkungen seiner Kundgebung so gestört und beeinträchtigt, dass sie unmöglich werde. Es sei ihm auch bekannt, dass der Platzbedarf für seine Kundgebung aufgrund der begleitenden Umstände wesentlich höher sei, als von ihm angegeben.

Am 2. August 2016 ließ die Antragstellerin hiergegen Klage erheben (Au 1 K 16.1111). Hierüber ist noch nicht entschieden. Vorliegend begehrt die Antragstellerin einstweiligen Rechtsschutz. Sie meint, die Verlegung der Versammlung auf den ... sei nicht rechtmäßig. Der ... sei von zentraler Bedeutung. Dort fänden regelmäßig wichtige Versammlungen statt. Der Kontext der Versammlung der Antragstellerin „Die Lüge vom Frieden“ habe einen eindeutigen Bezug zum .... Das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit schließe die Möglichkeit einer adäquaten Öffentlichkeitsdarstellung ein. Eine zwangsweise Verlegung auf den ... schränke die Außenwirkung der Versammlung übermäßig ein. Alle städtischen Versammlungen zum ... fänden auf zentralen Innenstadtplätzen statt, keine einzige jemals auf dem .... Die Parkplatzbucht des ... sei ein mit Hecken umgebener Parkplatz, der keinerlei Außenwirkung entfalte und kein Publikum erreiche. Aus Gründen der Gleichbehandlung müsse der ... für opponierende Meinungsbekundungen zur Verfügung stehen. Durch die frühzeitige Anmeldung der Versammlung am 11. August 2015 habe die Antragstellerin erwarten können, dass eine neutral handelnde Verwaltung seine Anmeldung in der Planung berücksichtige. Die Antragstellerin habe Entgegenkommen signalisiert, in dem sie den Beginn ihrer Veranstaltung auf 15.00 Uhr verschoben habe, d. h. 30 Minuten nach dem Ende der „...“. Dass diese nun länger dauern solle oder dass auf dem ... weitere Veranstaltungen stattfänden, seien offensichtliche Schutzbehauptungen. Im Zuge der Interessenabwägung sei die Verlegung der Versammlung der Antragstellerin am 8. August 2016 auf den ... aufzuheben und dafür der ursprünglich angemeldete ..., ersatzweise der ... in der Zeit von 15.00 Uhr bis 16.30 Uhr einzusetzen. Bei der Interessenabwägung sei zu beachten, dass in das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit und in das Prinzip der Gleichbehandlung eingegriffen werde.

Die Antragstellerin beantragt:

Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin vom 2. August 2016 gegen die durch Bescheid vom 2. August 2016 ausgesprochene Untersagung der Versammlung der Antragstellerin (Ziffer 2.1.1) auf dem ... und die aufgegebene Verlegung auf den ... wird, zumindest mit der Maßgabe, dass die Versammlung auf dem ... (ersatzweise auf dem ...) stattfinden kann, angeordnet.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Eilantrag abzulehnen.

Sie meint, es handle sich um keine Untersagung der Versammlung, es sei neben den Auflagen aus Sicherheitsgründen auch eine örtliche Beschränkung verfügt worden. Dem Kläger sei es möglich, auf dem ... zu demonstrieren. Werden mehrere Versammlungen zur gleichen Zeit für denselben Ort angemeldet, so sei eine Gesamtschau vorzunehmen mit dem Ziel, die Gewährleistung des Art. 8 GG in möglichst großem Ausmaß zu verwirklichen. Die Entscheidung, der Antragstellerin den ... anstelle des ... zuzuweisen, berücksichtige, dass eine Versammlung von bestimmten Auflagen abhängig gemacht werden dürfe, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit und Ordnung bei Durchführung der Versammlung unmittelbar gefährdet sei. Die Gefährdungsanalyse der Polizei habe ergeben, dass eine Versammlung auf dem ..., nicht zuletzt wegen der Bestuhlung (1000 Plätze) ein zu großes Sicherheitsrisiko, sowohl für die Versammlung der Antragstellerin selbst, als auch der Besucher der „...“ darstelle.

Mit Schreiben vom 3. August 2016 erwiderte die Antragstellerin, dass die Angaben über den Umfang der Gegendemonstration stark übertrieben seien. Im Jahr 2015 habe die Anzahl der Gegendemonstranten höchstens 200 Personen betragen. Die Lage auf dem wesentlich kleineren ... habe bewiesen, dass die Polizei beide Lager problemlos trennen könne. Auch die Anzahl der Teilnehmer der „...“ sei mit 1000 Personen übertrieben und in den letzten Jahren rückläufig. Nach 14 Uhr seien in den letzten Jahren nur noch wenige Teilnehmer anzutreffen gewesen. Zudem sei es kaum vorstellbar, wie von Gästen der „...“ Körperverletzungsdelikten ausgehen sollten. Es sei gegebenenfalls Aufgabe der Polizei, diese zur Ordnung zu rufen. Die permanente Bestuhlung des ... im Sommer habe selbst bei der Demonstration von Türken am 17. Juli 2016 nicht zu einer Gefährdung von Passanten geführt. Der ... sei weitläufig. Zur ... hin ließe sich der Platz absperren, die Fläche vor dem ...-Haus sei für die Kundgebung von 10-20 Personen ausreichend. Auch die Stände und Zelte am ... seien offensichtlich nicht mehr in Betrieb, der Platz sei schon am 3. August 2016 um 16.30 Uhr ungenutzt gewesen, wie ein Lichtbild dokumentiere. Offenbar würden die verschlossenen Stände dort stehen gelassen, um eine Belegung vorzutäuschen. Für den 8. August 2016 gebe es ausweislich des ...-programmes der Antragsgegnerin keine Veranstaltung. Auch der ... sei weitläufig. Etwa 80 Meter weiter östlich - vor dem ... - sei ausreichend Platz für die Kundgebung der Antragstellerin. Am 8. August 2016 seien die Geschäfte geschlossen. Auf dem Platz vor dem ... seien bereits mehrfach Veranstaltungen und Infostände nationaler Gruppen durchgeführt worden.

Ergänzend wird auf den Inhalt der beigezogenen Behördenakten sowie der Gerichtsakte Bezug genommen.

II.

Der zulässige Antrag hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Gegenstand des Antrags ist allein die von der Antragsgegnerin ausgesprochene Anordnung zum Kundgebungsablauf (Ziffer 2.1.1), die kraft Gesetzes sofort vollziehbar ist (Art. 25 BayVersG). Die Kammer geht nach dem eindeutigen Wortlaut des Klageantrags und des Antrags im Eilverfahren davon aus, dass mit Klage und Eilantrag jeweils nur die Anordnung eines anderen als des beantragten sowie des hilfsweise beantragten Kundgebungsortes (Ziffer 2.1.1) angegriffen wird, nicht jedoch die übrigen Auflagen.

2. Bei der hier nach § 80 Abs. 5 VwGO zu treffenden Entscheidung waren die Interessen der Antragstellerin und der Antragsgegnerin gegeneinander abzuwägen. Besondere Bedeutung kommt dabei den Erfolgsaussichten in der Hauptsache zu, soweit sie im Rahmen der hier nur möglichen und gebotenen summarischen Prüfung bereits beurteilt werden können. Auch die Bedeutung des verfassungsrechtlichen Schutzes der Versammlungsfreiheit durch Art. 8 Grundgesetz (GG) ist in diesem Rahmen zu berücksichtigen (vgl. zusammenfassend: Kopp/Schenke VwGO, Rd.Nr. 152 ff zu § 80).

3. Für den Eingriff in den Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 GG ist eine gesetzliche Grundlage erforderlich (Art. 8 Abs. 2 GG). Einschlägig ist vorliegend Art. 15 Abs. 1 des Bayerischen Versammlungsgesetzes (BayVersG). Nach dieser Vorschrift kann die zuständige Behörde eine Versammlung beschränken oder verbieten, wenn nach den zum Zeitpunkt des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung unmittelbar gefährdet ist. Diese Gefährdung bedarf im Hinblick auf die verfassungsrechtliche Gewährleistung der Versammlungsfreiheit in Art. 8 GG der Konkretisierung insoweit, als zum einen der Begriff der öffentlichen Sicherheit den Schutz zentraler Rechtsgüter zum Inhalt hat, die in ihrer Bedeutung dem Grundrecht zumindest gleichwertig sind, und zum anderen eine Verletzung dieser Güter aufgrund des Begriffs der „Unmittelbarkeit“ bei der Durchführung der verbotenen Versammlung hinreichend wahrscheinlich ist (grundlegend dazu vgl. BVerfG, B.v. 14.5.1985 - 1 BvR 233/81 u. a. - BVerfGE 69, S. 315 ff <352 f.> - Brokdorf II).

4. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.

a) Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gebietet es, mit Beschränkungen einer Versammlung nicht stärker in die Versammlungsfreiheit einzugreifen, als dies zur Abwehr der unmittelbaren Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung erforderlich ist (BayVGH, U.v. 25.5.2010 - 10 BV 09.1480 - juris Rn. 20). Dies bedeutet, dass jegliche Beschränkung dort ihre Grenze findet, wo sie das Recht des Veranstalters auf Durchführung der Versammlung unzumutbar beeinträchtigt. Sie bedarf im Einzelfall einer nachvollziehbar begründeten Rechtfertigung.

b) Die vom Gesetzgeber geforderten tatbestandlichen Voraussetzungen für diese Beschränkungsmöglichkeit liegen nach Auffassung der Kammer hinsichtlich der Nutzung des ... sowie des ... vor.

Es gehört zu dem von Art. 8 Abs. 1 GG geschützten Selbstbestimmungsrecht des Veranstalters einer Versammlung, im Einzelnen festzulegen, zu welcher Zeit und an welchem Ort er seine Demonstration durchführen will. Nur soweit eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung vorliegt, kann von dem Veranstalter nach Art 15 Abs. 1 BayVersG verlangt werden, dass er den geplanten Verlauf seiner Demonstration in zeitlicher oder räumlicher Hinsicht ändert (BayVGH, B.v. 25.2.2008 - 10 CS 08.466). Wenn somit von Art. 8 Abs. 1 GG auch die Wahl des Zeitpunktes der Versammlung umfasst ist, so wiegt ein Eingriff hierin jedoch nicht so schwer wie ein Versammlungsverbot (vgl. BVerfG, B.v. 14.5.1985 - 1 BvR 233/81 u. a. - BVerfGE 69, S. 315 ff. <343>; st. Rspr. vgl. BVerfG vom 27.1.2012 - 1 BvQ 4/12 - juris Rn. 10).

Die Antragsgegnerin hat daher zu prüfen, inwieweit durch Auflagen und Beschränkungen der Antragstellerin die Durchführung der von ihr angemeldeten Versammlung ermöglicht werden kann. Dabei ist, sollte eine Durchführung an anderer Stelle oder zu einer anderen Zeit möglich sein, die Versammlungsbehörde gehalten, einen Ersatzort festzusetzen, wenn so einerseits die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit möglich ist und andererseits die Antragstellerin von ihrem Grundrecht ausreichend Gebrauch machen kann. Auch wenn Art. 8 Abs. 1 GG grundsätzlich dem Veranstalter das Recht einräumt, den Zeitpunkt und den Ort der Versammlung selbst zu bestimmen, so ist es zur Gewährleistung des geringstmöglichen Eingriffes möglich, dass gegenüber der Antragstellerin zwar die Versammlung auf dem... untersagt, jedoch ein alternativer Standort zugelassen wird.

c) Ausgehend hiervon konnte die Antragstellerin hinsichtlich des ... und auch des alternativ benannten ... den Kundgebungsort ändern. Denn insoweit ergeben sich Sicherheitsbedenken, die nach Art. 15 Abs. 1 BayVersG zu einer Verlegung ermächtigen.

Am 8. August feiert die Stadt ... das .... Neben vielen weiteren Veranstaltungen in der Stadt findet jedes Jahr traditionell am 8. August ab 11.30 Uhr auf dem ... die sog. „...“ statt. Auf dem gesamten Platz sind ca. 100 Biertischgarnituren aufgestellt. Ca. 1000 Teilnehmer verzehren dort mitgebrachte Speisen und Getränke. Vor dem ... ist eine große Bühne aufgebaut, auf der Reden und sonstige Darbietungen abgehalten werden. Für diese Veranstaltung werden sämtliche freie Flächen des ... und des angrenzenden ... ganztags benötigt, zuzüglich der Zeiten des Auf- und Abbaus der Einrichtungen.

Gleichzeitig besteht im Sommerhalbjahr eine Vielzahl von genehmigten Freischankflächen, die einen weiteren, nicht unerheblichen Teil der Flächen beanspruchen. Hinzu kommt, dass zur Nachmittagszeit, in der die Antragstellerin ihre Kundgebung durchführen will, eine erhebliche Anzahl von Passanten den ... am städtischen Feiertag insbesondere bei schönem Wetter zum Flanieren und für eine Kaffeepause nutzt, so dass auch insoweit erhebliche Einschränkungen sowohl für die Kundgebung als auch für diejenigen, die den ... als Unbeteiligte betreten, zu erwarten sind.

Unter Berücksichtigung dieser tatsächlichen Situation ist die polizeiliche Gefahrenprognose vom 14. Juli 2016, die zusammenfassend zum Ergebnis gelangt, dass der ... als räumlich ungeeignet für die angemeldete Veranstaltung der Antragstellerin eingeschätzt wird, absolut nachvollziehbar.

Die Polizei hat ausgeführt, dass bei Kundgebungen des Vertreters der Antragstellerin generell mit gegnerischen Aktionen gerechnet werden müsse. Dies habe sich zuletzt im Jahr 2015, als die Antragstellerin ebenfalls am Tag des ... eine gleichlautende Demonstration auf dem ... durchgeführt habe, gezeigt, als sich die Anzahl der Gegendemonstranten auf 750 Personen belaufen habe. Unter Berücksichtigung der zentralen Lage des ... und einer damit verbundenen Erhöhung der Personenzahl durch interessierte Passanten, müsse für diesen Kundgebungsort von einer noch höheren Zahl ausgegangen werden. Die sichere Durchführung der Versammlung der Antragstellerin auf dem ... und einer Gegenveranstaltung dieses Ausmaßes wäre nur unter den Voraussetzungen zu gewährleisten, dass der gesamte Platz ohne Bestuhlung zur Verfügung stünde. Durch den zusätzlichen Aufbau von 100 Biertischgarnituren im Rahmen des ..., die Bewirtung von mehr als 1000 Teilnehmern der „...“ und die unkontrollierte Mitnahme von persönlichen Gegenständen (Schirme, Rucksäcke u.ä.) seien insbesondere Körperverletzungsdelikte zum Nachteil der Kundgebungsteilnehmer der Antragstellerin nicht zu verhindern. Zudem sei eine Unterbindung der Gefahren durch Zugriff und Festnahmen erkannter Störer durch die hohe Zahl an Personen und der Bestuhlung auf dem Platz äußerst schwierig. Eine ordnungsgemäße Durchführung der Kundgebung auf dem ... mit zeitgleicher Anwesenheit der Teilnehmer der „...“, bzw. auch während des im Anschluss stattfindenden Abbaus, könne nicht gewährleistet werden.

Hierbei kommt es nach Auffassung der Kammer nicht entscheidungserheblich darauf an, dass die Veranstaltung laut Programm um 14.30 Uhr enden wird. Zum einen haben die Veranstalter der Ordnungsbehörde mitgeteilt, dass die Veranstaltung nunmehr doch bis 18 Uhr dauern wird. Zum anderen ist das Programm lediglich eine zeitliche Richtschnur, es enthält aber keine starre zeitliche Vorgabe, die exakt eingehalten wird. Dies ist auch schon aus praktischen Erwägungen gar nicht möglich. Die „...“ ist von ihrer Veranstaltungsart her ein offenes „Beisammensein“ von Bürgern und Gästen und daher als eine Veranstaltung mit offenem Ende ausgelegt. Die von der Polizei erläuterte Gefahr für die Sicherheit und Ordnung besteht nicht nur während der Dauer der „...“, sondern auch für die Stunden des Auf- und Abbaus. Es ist gerichtsbekannt, dass es eine gewisse Zeit dauert, bis die Teilnehmer der „...“ aufstehen, den Platz verlassen und nach Hause gehen. Sonnenschirme, Biertischgarnituren und insbesondere die große Bühne müssen abgebaut und verladen werden, was sicherlich einige Stunden in Anspruch nehmen wird. Der Abbau kann im Übrigen auch erst erfolgen, wenn die Anzahl der auf dem Platz befindlichen Personen überschaubar ist, weil für den Abtransport große Fahrzeuge benötigt werden, die Passanten gefährden könnten. Es ist plausibel, dass Gefahren für Teilnehmer und Unbeteiligte durch die Biertischgarnituren und auch durch das zum Abbau benötigte Werkzeug bestehen. Der Platz ist voll von Gegenständen (Tische, Bänke, Sonnenschirme, Flaschen, Geschirr), die eine potenzielle Gefährdung darstellen können. So können gewaltbereite Demonstranten oder Gegendemonstranten die Gegenstände als Waffen einsetzen. Die Biertischgarnituren stellen im Falle einer potenziellen Paniksituation Hindernisse dar, welche die Ausweichmöglichkeiten erheblich einschränken und Gefahren für Leib und Leben von Personen erhöhen können.

Auch für den alternativ von der Antragstellerin angegebenen ... ergibt sich nichts anderes. Der ... ist von der Festivalzentrale ... im Rahmen des ... mehrtägig im Zeitraum vom 8. Juli 2016 bis zum 8. August 2016 bis 23 Uhr für Veranstaltungen belegt. Dies ergibt sich entgegen der Auffassung der Antragstellerin aus dem Programmheft des ... auf den Seiten 11 und 26 (vgl. Blatt 74 und 78 der Gerichtsakte). Die Ausführungen der Polizei in der durch das Gericht eingeholten Stellungnahme vom 3. August 2016 decken sich mit den eigenen Erkenntnissen der Kammer (vgl. Lichtbilder vom 3. August 2016, Blatt 47 bis 57 der Gerichtsakte). Auf dem Platz befinden sich eine mittig stehende Bühne, mehrere Zelte und verschiedene Gastronomiestände. Weiter wurden für die Besucher Mobiltoiletten, Tische, Stühle und Paletten als Sitzgelegenheiten bereitgestellt. Es ist für die Kammer nachvollziehbar, dass eine sichere Durchführung der Versammlung auf dem ... unter Berücksichtigung der genannten Belegung und der bereits angekündigten Gegendemonstration nicht gewährleistet ist. Der nun erstmals mit Schreiben vom 3. August 2016 benannte Platz vor dem ... in der ...Straße, der zwar in unmittelbarer Nähe des ... liegt aber nicht zu diesem gehört und damit nicht Inhalt der Versammlungsanzeige ist, ist unter Berücksichtigung der örtlichen Begebenheiten ebenso nicht geeignet, die Sicherheit für Versammlungsteilnehmer, Gegendemonstranten und Unbeteiligte zu gewährleisten. Denn in unmittelbarer Nähe befindet sich eine Straßenbahnhaltestelle, die von zwei Straßenbahnlinien und einer Buslinie aufgrund der zentralen Lage stark frequentiert wird und räumlich beengt ist. Im Übrigen hätte der Vertreter der Antragstellerin diesen Platz auch im „Kooperationsgespräch“ vorschlagen und mit den Beteiligten erörtern können, was er unterlassen hat.

d) Ist damit aber eine ordnungsgemäße Durchführung der Kundgebung der Antragstellerin nicht zu gewährleisten und besteht deshalb die konkrete Gefahr der Störung der öffentlichen Sicherheit bei Durchführung dieser Kundgebung, ist es nicht ermessensfehlerhaft, wenn die Antragsgegnerin diese Veranstaltung in Ziffer 2.1.1 des Bescheides vom 2. August 2016 auf den ... in ... verlegt hat.

Zwar mag es sein, dass die Außenwirkung der Kundgebung der Antragstellerin auf dem ... möglicherweise schwächer ist, als auf dem ...- oder .... Die Antragstellerin hat aber nichts vorgebracht, was für die Annahme spricht, dass als Kundgebungsort nur der ...- oder ... für die von Art. 8 GG geschützte Meinungsäußerung in Betracht kommt. Es ist auch gerichtsbekannt, dass am ... immer wieder Veranstaltungen - auch der Antragstellerin - stattgefunden haben.

Der Antragsgegnerin kann auch nicht vorgeworfen werden, sich unkooperativ verhalten zu haben oder gar - wie die Antragstellerin meint - es bewusst unterlassen zu haben, sie in ihren Planungen zu berücksichtigen. Zwar hat die Antragstellerin ihren Antrag bereits im August 2015 gestellt. Zu diesem Zeitpunkt konnte über den Antrag aber noch nicht entschieden werden, weil noch nicht alle für eine tragfähige Sicherheitsprognose erforderlichen Erkenntnisse vorlagen (vgl. Schreiben vom 2.9.2015, Blatt 9 der Behördenakte). Das ... ist eine seit Jahrzehnten immer zur gleichen Zeit stattfindende traditionelle Veranstaltung, in deren Rahmen die „...“ immer am 8. August auf dem ... stattfindet. Dass die Antragstellerin nach einer Lösung für die parallele Veranstaltung der Antragstellerin gesucht hat, lässt sich daran erkennen, dass die Antragstellerin mit Schreiben vom 5. Juli 2016 über die Platzbelegung informiert und aufgefordert wurde, Alternativplätze vorzuschlagen. Die Antragsgegnerin hat den ..., den ... und den ... - allesamt Plätze in der Innenstadt - vorgeschlagen. Mit Schreiben vom 10. Juli 2016 beharrte die Antragstellerin indes auf der Durchführung der Kundgebung auf dem .... Auch im Laufe des „Kooperationsgesprächs“ am 27. Juli 2016 wurden der Antragstellerin erneut Alternativplätze in der Innenstadt u. a. auch der ganz zentral gelegene ... angeboten. Diese hat die Antragstellerin aber sämtlich abgelehnt. Vor dem Hintergrund, dass die Antragstellerin auch den ..., welcher den wichtigsten und zentralsten Verkehrsknotenpunkt in der Stadt ... darstellt und täglich von zahlreichen Passanten stark frequentiert wird, kategorisch abgelehnt hat, ist es nach Überzeugung der Kammer nicht ermessensfehlerhaft, als alternativen Veranstaltungsort den ... festzulegen, der aus polizeilichen und sicherheitsrechtlichen Erwägungen geeignet erscheint.

Die Klage wird insoweit voraussichtlich erfolglos bleiben, die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes war deshalb abzulehnen.

5. Die Kostenentscheidung für das vorliegende Verfahren ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Als unterlegener Teil hat die Antragstellerin die Kosten des Verfahrens zu tragen.

6. Der Streitwert war nach §§ 52 Abs. 2, 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG zu bestimmen. Das Gericht orientiert sich dabei an den Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (dort 45.3 und 1.5).

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
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Annotations

(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.

(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.

(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.