Verwaltungsgericht Augsburg Beschluss, 11. Apr. 2014 - 7 S 14.50021

published on 11/04/2014 00:00
Verwaltungsgericht Augsburg Beschluss, 11. Apr. 2014 - 7 S 14.50021
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Gericht

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Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.

Die Antragstellerin wendet sich gegen die von der Antragsgegnerin angeordnete Rückführung nach Italien.

Die Antragstellerin (geboren am ...1987) ist nigerianische Staatsangehörige. Sie meldete sich am 21. Mai 2013 in ... als Asylsuchende und stellte am 10. Juni 2013 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (nachfolgend: Bundesamt) einen Asylantrag.

Am 12. Juni 2013 wurde die Antragstellerin vom Bundesamt gemäß § 25 AsylVfG angehört. Dabei gab sie u. a. an, sie habe Nigeria im Jahr 2008 verlassen und sei auf dem Landweg nach Libyen gereist. In ... /Libyen sei sie im November 2008 angekommen. Dort sei sie zur Ausübung der Prostitution gezwungen worden. 2011 sei sie mit dem Boot nach Italien gereist und habe einen Asylantrag gestellt. Sie habe von den italienischen Behörden einen Aufenthaltstitel aus humanitären Gründen erhalten, der bis November 2013 gültig sei. Die entsprechende Entscheidung habe sie am 2. Dezember 2012 bekommen. Den entsprechenden Ausweis (Plastikkarte) habe sie verloren. Als das Camp in Italien geschlossen worden sei, habe sie 300 Euro bekommen. Man habe ihr gesagt, dass keine weitere Verantwortung für sie übernommen werde. Da sie in Italien keine Arbeit gefunden habe, sei sie nach Deutschland weitergereist.

Ein Abgleich der Fingerabdrücke der Antragstellerin ergab am 12. Juni 2013 einen EURODAC-Treffer der Kategorie 1 für Italien (Bl. 42 der Bundesamtsakte).

Der Bevollmächtigte der Antragstellerin zeigte dem Bundesamt am 9. August 2013 deren Vertretung an.

Am 8. November 2013 wurde unter Berufung auf Art. 16 Abs. 1 Buchst. c) der Dublin II-Verordnung ein Wiederaufnahmegesuch an Italien gerichtet, das von den italienischen Behörden nicht beantwortet wurde. Das Bundesamt teilte ihnen daraufhin mit Schreiben vom 29. Januar 2014 mit, dass gemäß Art. 18 Abs. 7 und Art. 20 Abs. 1 Buchst. c) der Dublin II Verordnung davon ausgegangen werde, dass das Aufnahmegesuch akzeptiert werde.

Mit Bescheid vom 28. Februar 2014 lehnte die Antragsgegnerin den Asylantrag als unzulässig ab (Ziffer 1. des Bescheidtenors) und ordnete die Abschiebung nach Italien an (Ziffer 2. des Bescheidtenors). Am 11. März 2014 wurde der an die Antragstellerin adressierte Bescheid zur Post gegeben.

Am 20. Februar 2014 ließ die Antragstellerin beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg Klage erheben, u. a. mit dem Antrag, den Bescheid des Bundesamtes vom 28. Februar 2014, Gz.: 5638599-232, aufzuheben.

Die Klage wird bei Gericht unter dem Aktenzeichen Au 7 K 14.50020 geführt.

Gleichzeitig wurde im Rahmen eines Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO beantragt,

die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.

Zur Begründung des Antrags auf vorläufigen Rechtsschutz wurde mit Schriftsatz vom 3. April 2014 u. a. ausgeführt, dass die Antragsgegnerin das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats ohne ersichtlichen Grund unangemessen lange verzögert habe. Die Antragstellerin werde dadurch in ihren Rechten aus Art. 18 der Grundrechtscharta der Europäischen Union verletzt. Die 3-Monatsfrist des Art. 17 der Dublin II-VO sei auch im Wiederaufnahmeverfahren nach Art. 20 der Dublin II-VO als Vergleichsmaßstab bei der Beurteilung der Angemessenheit heranzuziehen, da damit die beschleunigte Durchführung des Asylverfahrens bezweckt werde. Diese Auffassung werde auch durch Art. 23 Abs. 2 und Art. 24 Abs. 2 Dublin III-VO bestätigt.

Die Überstellungsentscheidung verletze die Antragstellerin, die als alleinstehende Frau einem besonders schutzbedürftigen Personenkreis angehöre, in ihren Grund- bzw. Menschenrechten. Zur Begründung wird u. a. auf Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) vom 30. Januar 2014, 26. Februar 2014, 3. März 2014 und 10. März 2014 verwiesen, die in Bezug auf die Überstellung von Asylbewerbern in Dänemark nach Italien von der Möglichkeit der vorläufigen Aussetzung der Abschiebung Gebrauch gemacht haben.

Das OVG Nordrhein-Westfalen komme in seinem Urteil vom 7. März 2014 (Az.: 1 A 21/12.A) zwar zu dem Ergebnis, dass in Italien für erstmalige Antragsteller keine Gefahr der unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der Charta der Grundrechte drohe. Das OVG weise jedoch ausdrücklich darauf hin, dass dies nur auf den konkreten Fall bezogen gelte und insbesondere auch nicht für Personen, die bereits einen Schutzstatus in Italien erhalten hätten. Gerade dieser Personenkreis, zu dem die Antragstellerin zähle, sei am stärksten davon betroffen, obdachlos zu werden und ein Leben am Rande des Existenzminimums zu führen. Dies ergebe sich auch aus dem Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom Oktober 2013.

Die Antragsgegnerin legte am 20. März 2014 die Behördenakte vor.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachstandes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.

II.

Der zulässige, insbesondere auch fristgemäß (vgl. § 34 a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG) gestellte Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO hat in der Sache keinen Erfolg.

Der angefochtene Bescheid der Antragsgegnerin vom 28. Februar 2014 erweist sich nach derzeitiger Aktenlage als rechtmäßig. Das öffentliche Vollzugsinteresse an der sofort vollziehbaren Abschiebungsanordnung überwiegt damit das Interesse der Antragstellerin am vorläufigen Verbleib im Bundesgebiet.

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt steht nach Auffassung des Gerichts fest, dass die Abschiebung nach Italien im Sinne des § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG durchgeführt werden kann. § 34a AsylVfG macht insoweit den Erlass der Abschiebungsanordnung davon abhängig, dass die Abschiebung rechtlich zulässig und tatsächlich möglich ist.

[1]) Letzteres hängt in erster Linie von der Übernahmebereitschaft desjenigen Drittstaates ab, in den abgeschoben werden soll (OVG NRW, U.v. 30.9.1996 - 25 A 790/96.a - juris).

Die Frage, welcher Staat für das Asylverfahren der Antragstellerin zuständig ist, bestimmt sich vorliegend nach der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates (nachfolgend: Dublin II-VO). Diese ist zwar durch Art. 48 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom 26. Juni 2013 (Dublin III-VO) aufgehoben worden; gemäß Art. 49 der letztgenannten Verordnung gelten jedoch die Bestimmungen der Dublin II-VO für alle Verfahren, in denen sowohl der Antrag auf Gewährung von internationalem Schutz als auch das Wiederaufnahmeersuchen - wie im vorliegenden Fall - vor dem 1.Januar 2014 gestellt wurden.

a) Die Antragstellerin hat vor der Stellung ihres Asylantrags in der Bundessrepublik Deutschland, entsprechend ihren Angaben und ausweislich der Eurodac-Daten, bereits in Italien Asyl beantragt. Nach ihren eigenen Angaben wurde ihr in Folge ihrer Anerkennung als subsidiär Schutzberechtigte ein (bis 13. November 2013) gültiger Aufenthaltstitel erteilt. Damit ist Italien gemäß Art. 16 Abs. 2 Dublin II-VO zur Durchführung des Asylverfahrens der Antragstellerin zuständig.

Die italienischen Behörden haben auf das Wiederaufnahmegesuch der Bundesrepublik Deutschland vom 8. November 2013 (Bl. 59 bis 61 der Bundesamtsakte) zur Übernahme des Asylverfahrens weder fristgemäß (Art. 20 Abs. 1 Buchst c Dublin II-VO) noch überhaupt geantwortet. Dies hat gemäß Art. 20 Abs. 1 Buchst. c Dublin II-VO zur Folge, dass davon ausgegangen wird, dass Italien die Wiederaufnahme des Asylbewerbers akzeptiert hat.

b) Ohne Erfolg rügt die Antragstellerin, dass die Abschiebungsanordnung wegen „unangemessen langer“ Verfahrensdauer rechtswidrig sei; die in Art. 17 Abs. 1 der Dublin II-VO genannte 3-Monats-Frist sei als Vergleichsmaßstab auch für einen Fall der Wideraufnahme heranzuziehen.

Erklärte Absicht der Dublin II-VO bzw. der Dublin III-VO entsprechend den Schlussfolgerungen von Tampere ist es, eine klare und praktikable Formel für die Bestimmung des für die Prüfung eines Asylantrags zuständigen Mitgliedstaates zu bieten. Die Dublin II-VO zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates dient als innerstaatliche Organisationsvorschrift in erster Linie der klaren und praktikablen Bestimmung der Zuständigkeit innerhalb der Mitgliedstaaten (vgl. hierzu die Erwägungsgründe 3 und 16 der Verordnung). Die Dublin II-VO verleiht dem Asylbewerber nur insoweit subjektive Rechte, als dass Grundrechtsverletzungen geltend gemacht werden, die durch systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im (Wieder-) Aufnahmestaat eintreten. Daraus folgt, dass sich der Asylbewerber nicht auf einen möglichen Verstoß gegen die Fristenregelungen aus Art. 16 ff. der Dublin II-VO oder andere Verfahrensvorschriften der Dublin II-VO berufen kann (vgl. EuGH, U.v. 10.12.2013 - C-394/12 - juris; OVG Rheinland-Pfalz, U.v. 21.2.2014 - 10 A 10656/13 - juris, Rn. 32 bis 34).

Zudem gilt die in Art. 17 Abs. 1 Dublin II-VO enthaltene Fristenregelung für den vorliegenden Fall nicht und kann auch nicht analog bzw. als Vergleichsmaßstab Anwendung finden. Denn der in Art. 17 Abs. 1 Satz 2 Dublin II-VO geregelte Zuständigkeitsübergang betrifft nur Aufnahmeersuchen, nicht jedoch den hier vorliegenden Fall eines Wiederaufnahmeersuchens gemäß Art. 16 Abs. 2 Dublin II-VO.

Die Dublin II-VO unterscheidet nicht nur in der Überschrift des Kapitels V sowie in Art. 16 Abs. 1 Buchst. a), c), d) und e) zwischen der Überstellung des Asylsuchenden in einem Aufnahmeverfahren gemäß den Art. 17 bis 19 der Dublin II-VO und einer Überstellung des Asylsuchenden im Wiederaufnahmeverfahren gemäß Art. 20 Dublin II-VO. Durch Art. 16 Dublin II-VO wird der Anwendungsbereich der nachfolgenden Art. 17 bis 20 bestimmt. Art. 17 bis 19 Dublin II-VO betreffen schon dem Wortlaut nach nur das Aufnahmeverfahren, während Art. 20 Dublin II-VO das in der Überschrift zu Kapitel V an zweiter Stelle genannte Wiederaufnahmeverfahren behandelt. Zudem enthält Art. 20 Abs. 1 Buchst. a) Dublin II-VO eine Regelung, die der in Art. 17 Abs. 3 Dublin II-VO entspricht. Gleiches gilt für die Regelung in Art. 20 Abs. 1 Buchst. e) Dublin II-VO und Art. 19 Abs. 1 Dublin II-VO, Art. 20 Abs. 2 Dublin II-VO und Art. 19 Abs. 4 Dublin II-VO sowie Art. 20 Abs. 4 Dublin II-VO und Art. 19 Abs. 5 Dublin II-VO. Da der Verordnungsgeber also in jeweils eigenständigen Vorschriften für die Aufnahme und das Wiederaufnahmeverfahren jeweils inhaltliche eigene Regelungen erlassen hat, ist davon auszugehen, dass zwischen dem Aufnahme- und Wiederaufnahmeverfahren sorgfältig unterschieden wurde und die ihrem Wortlaut sich auf einen Aufnahme- bzw. einen Wiederaufnahmeantrag beziehenden Vorschriften jeweils abschließend sind. Insofern ist es schon aus systematischen Gründen ausgeschlossen, dass die in Art. 17 Abs. 1 Dublin II-VO enthaltene Fristenregelung für den Zuständigkeitsübergang über den ausdrücklichen Wortlaut der Vorschrift („Aufnahme“) hinaus auch für Wiederaufnahmegesuche - hier gemäß Art. 16 Abs. 1 Buchst. c) Dublin II-VO, für den lediglich Art. 20 Dublin II-VO Beachtung finden soll - gilt. Vor dem Hintergrund, dass für ein solches Wiederaufnahmeverfahren eine entsprechende Frist nicht vorgesehen ist, kommt ein Zuständigkeitsübergang aufgrund eines Fristablaufs vorliegend nicht in Betracht (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, U.v. 21.2.2014 - 10 A 10656/13 - juris, Rn. 32 bis 34; VG Osnabrück, B.v. 19.2.2014 - 5 B 12/14 - juris, Rn. 25; VG Düsseldorf, U.v. 23.4.2013 - 17 K 1506/12 - juris, Rn. 31 ff. m. w. N.; VG Augsburg, U.v. 9.5.2011 - Au 3 K 10.30468 - juris, Rn. 21).

[2]) Es sind nach der gegenwärtigen Auskunftslage keine Umstände für einen Ausnahmefall erkennbar, die es hier gebieten würden, einstweiligen Rechtsschutz gegen eine Überstellung der Antragstellerin nach Italien zu gewähren. Die Antragsgegnerin ist auch aus diesen Gründen nicht gemäß Art. 3 Abs. 2 Satz 1 Dublin II-VO zur Ausübung des eigenen Prüfrechts (sog. Selbsteintrittsrecht) verpflichtet.

Nach dem Art. 16 a Abs. 2 GG, §§ 26 a, 27 a, 34 a AsylVfG zugrunde liegenden Konzept der sog. normativen Vergewisserung ist davon auszugehen, dass u. a. in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (sog. sichere Drittstaaten) die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Genfer Flüchtlingskonvention - GFK) vom 28. Juli 1951 (BGBl 1953 II S. 560) und der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und der Grundfreiheiten (EMRK) vom 4. November 1950 (BGBl 1952 II S. 685, 953) sichergestellt ist und daher dort einem Asylsuchenden keine politische Verfolgung droht oder unzumutbare Bedingungen herrschen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (grundlegend Urteil vom 14.5.1996 - 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 - BVerfGE 94, 49 ff.) ergeben sich Hinderungsgründe für eine Abschiebung in einen derartigen Drittstaat ausnahmsweise dann, wenn der Asylsuchende individuelle konkrete Gefährdungstatbestände geltend machen kann, die ihrer Eigenart nach nicht vorweg im Rahmen des Konzepts der normativen Vergewisserung von Verfassungs und Gesetzes wegen berücksichtigt werden können und damit von vorneherein außerhalb der Grenzen liegen, die der Durchführung eines solchen Konzepts aus sich heraus gesetzt sind. Dies ist - bezogen auf die Verhältnisse im Abschiebezielstaat - etwa dann der Fall, wenn sich die für die Qualifizierung des Drittstaats als sicher maßgeblichen Verhältnissen schlagartig geändert haben und die gebotene Reaktion der Bundesregierung darauf noch aussteht oder wenn der Aufnahmestaat selbst gegen den Schutzsuchenden zu Maßnahmen politischer Verfolgung oder unmenschlicher Behandlung zu greifen droht und dadurch zum Verfolgerstaat wird. An die Darlegung eines solchen Sonderfalls sind nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts allerdings hohe Anforderungen zu stellen. Parallel dazu ist der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10 und C-493/10 - NVwZ 2012, 417) zu entnehmen, dass nicht jede Verletzung eines Grundrechts durch den zuständigen Mitgliedstaat das in der Dublin-II- bzw. Dublin-III-Verordnung niedergelegte Zuständigkeitssystem berührt. Der Europäische Gerichtshof macht in der genannten Entscheidung deutlich, dass nicht weniger als der Daseinsgrund der Union und die Verwirklichung des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, konkret des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems, auf dem Spiel steht (EuGH, Urteil vom 21.12.2011, a. a. O., Rn. 83). Das Zuständigkeitssystem ist nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs deshalb nur dann auszusetzen, wenn einem Mitgliedstaat aufgrund der ihm vorliegenden Informationen nicht unbekannt sein kann, dass systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in dem an sich zuständigen Mitgliedstaat ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass der Antragsteller dort Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der Grundrechtecharta ausgesetzt zu sein (vgl. zum Ganzen EuGH, U.v. 21.12.2011, a. a. O., Rn. 78 bis 106).

Derartige Verhältnisse bzw. systemische Mängel des italienischen Asylsystems liegen nach Auffassung des Gericht zum entscheidungserheblichen gegenwärtigen Zeitpunkt für Italien beim vorliegenden Sach- und Streitstand nicht vor. Dies gilt auch für Personen mit Schutzstatus wie die Antragstellerin.

Zunächst ist festzuhalten, dass Italien über ein planvolles und ausdifferenziertes Aufnahmesystem für Asylbewerber verfügt, das in zwei Phasen gegliedert ist. Nach Stellung des Asylantrags ist die Unterbringung in Aufnahmezentren für Asylsuchende, den sogenannten CARA (Centri di Accoglienza per Richiedenti Asilo) vorgesehen. Die maximale Aufenthaltsdauer dort soll grundsätzlich 35 Tage betragen. Daneben gibt es noch Aufnahmeeinrichtungen für Migranten, die keine Asylsuchenden sind, die so genannten CDA (Centri di Accoglienza). Diese werden in der Praxis ebenfalls für die Erstaufnahme von Asylsuchenden verwendet. In der zweiten Phase sollen die Antragsteller in einer Einrichtung des Aufnahmesystems SPRAR (Sistema di Protezione per Richiedenti Asilo e Rifugiati) untergebracht werden. Dabei handelt es sich um ein Netzwerk von Unterkünften, das auf einer Zusammenarbeit zwischen dem Innenministerium, den Gemeinden und verschiedenen NGOs basiert. Die SPRAR-Projekte umfassen nicht nur eine Wohnmöglichkeit, sondern ein individualisiertes Integrationsprojekt mit Sprachkursen, Berufsbildung und Unterstützung bei der Arbeitssuche. Die Aufenthaltsdauer im einem SPRAR beträgt normalerweise 6 Monate und kann bis zu einem Jahr verlängert werden (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe, Italien: Aufnahmebedingungen, Oktober 2013, S. 22 ff.).

Endet das Asylverfahren mit der Zuerkennung eines Schutzstatus, werden den Schutzsuchenden Aufenthaltsberechtigungen („permessi die soggiorno“) ausgestellt. Danach genießen sie in Italien formal dieselben Rechte wie italienische Staatsangehörige. Sie haben freien Zugang zum Arbeitsmarkt und kostenfreien Zugang zu allen öffentlichen medizinischen Leistungen (Auskunft des Auswärtigen Amtes an VG Freiburg vom 11.07.2012). In den Erstaufnahmeeinrichtungen werden sie nicht mehr aufgenommen. In Einrichtungen des SPRAR können sie Unterkunft finden, sofern sie die vorgesehene maximale Aufenthaltsdauer noch nicht ausgeschöpft haben und ein Platz frei ist (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Italien: Aufnahmebedingungen, Oktober 2013, S. 22 und S. 25; borderline-europe e.V., Gutachten zum Beweisbeschluss des VG Braunschweig vom 28.09.2012, S. 50).

Trotz der Schwierigkeiten in Italien im Hinblick auf die überlastete Aufnahmekapazität besteht kein Anlass zur Annahme, Italien sei kein sicherer Drittstaat mehr oder gewähre einem Antragsteller keinen Schutz nach Maßgabe des einschlägigen Gemeinschaftsrechtsrechts. Die entsprechende Rechtsprechung zum Drittstaat Griechenland ist auf Italien jedenfalls nicht pauschal übertragbar, weil die Ausgangssituation nicht vergleichbar ist (vgl. VG Ansbach, B.v. 26.1.2011 - AN 9 E 10.3522 - juris, Rn. 28; vgl. zur Lage in Italien auch die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 18. April 2013 - Mohammed Hussein gegen die Niederlande und Italien - Nr. 27725/10).

Das Gericht ist nach wie vor der Auffassung, dass die Mindeststandards des Europäischen Flüchtlingsschutzes in Italien eingehalten werden. Dies beruht maßgeblich darauf, dass Organisationen wie UNHCR und IOM die Lage in Italien beobachten und dort vor Ort sind. Auch die möglicherweise vorliegenden Defizite bei der Unterbringung und der gesundheitlichen Versorgung reichen nicht als Anhaltspunkte dafür aus, dass Italien generell nicht mehr als sicherer Drittstaat angesehen werden könnte, zumal diese sicherlich nicht zu verharmlosenden Probleme nicht unmittelbar den Zugang zum Asylsystem an sich betreffen. Auch ist zwischen der Situation von Flüchtlingen, die in Booten über das Mittelmeer nach Italien gelangen und solchen, die unter behördlicher Aufsicht nach Italien überstellt werden, zu differenzieren (so auch VG Düsseldorf, B.v. 7.1.2011 - 21 L 2285/10.A - juris Rn. 32).

Ergänzend ist anzumerken, dass auch nach den aktuell vorliegenden Erkenntnisquellen in Italien keine grundlegenden systemischen Mängel vorliegen. Dabei ist festzuhalten, dass nicht schon jeder Verstoß gegen die europäischen Menschenrechtskonvention oder jede Verletzung eines Grundrechts zur Bejahung systemischer Mängel führt. Auch der Umstand, dass in Italien die wirtschaftliche Situation oder die medizinische Versorgung für Asylsuchende schlechter sein mag als in der Bundesrepublik Deutschland, führt für sich nicht zur Annahme systemischen Mängel oder einer allgemeinen unmenschlichen Behandlung (vgl. VG Würzburg, B.v. 3.2.2014 - W 6 S 14.30087 - juris; VG Würzburg, B.v. 3.2.2014 - W 6 S 14. 30079 - juris; VG Oldenburg, B.v. 21.1.2014 - 3 B 6802/13 - juris mit Bezug auf OVG LSA, B.v. 14.11.2013 - 4 L 44/13).

Das Auswärtige Amt kommt etwa in seiner Stellungnahme vom 21. Januar 2013 an das OVG Sachsen-Anhalt zu der Einschätzung, dass für Flüchtlinge in Italien landesweit ausreichende staatliche bzw. öffentliche und karitative Unterkunftsmöglichkeiten - bei teilweiser lokaler Überbelegung - zur Verfügung stehen, und insbesondere, dass alle Personen, die im Rahmen der Dublin II-VO nach Italien zurückgeführt werden, in eine Unterkunft verteilt werden. Sie werden bei ihrer Ankunft am Flughafen empfangen, erkennungsdienstlich behandelt, einer Questura zugeteilt, von einer zuständigen Hilfsorganisation betreut und über den weiteren Verfahrensablauf unterrichtet (vgl. auch Auskunft des Auswärtigen Amtes an das OVG NRW vom 11.9.2013). So ist dem Bericht der Schweizerischen Beobachtungsstelle für Asyl- und Ausländerrecht (http://www.b...ch/b...pdf) zu entnehmen, dass „Dublin-II-Rückkehrer“ betreffend der Vergabe von Aufnahmeplätzen bevorzugt behandelt werden.

Soweit der Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom Oktober 2013 erhebliche Missstände in Italien beschreibt, ebenso der UNHCR in einer Stellungnahme an das VG Freiburg vom Dezember 2013 (der daneben auch positive Aspekte honoriert), rechtfertigt dies nicht das Vorliegen von systemischen Mängeln, die ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass der Asylbewerber tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu werden (vgl. allgemein EuGH, U.v. 10.12.2013 - C 394/12 - juris). Das Gericht verkennt nicht das Bestehen der in dem vorgenannten Bericht dargestellten Missstände, auf die auch die Antragstellerseite hingewiesen hat. Aber weder dem Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe noch sonstigen Unterlagen ist es zurzeit im ausreichenden Maß zu entnehmen, dass ein systemisches Versagen der Hilfs- und Unterstützungsmaßnahmen vorliegt bzw. dass das Asylverfahren und die Bedingungen für die Aufnahme von Asylbewerbern in Italien systemische Mängel aufweisen. Insbesondere ist zu berücksichtigen, dass der UNHCR weiterhin gerade keine generelle Empfehlung ausgesprochen hat, Asylsuchende nicht nach Italien zu überstellen. Dies ist deshalb von erheblicher Bedeutung, weil die vom Amt des UNHCR herausgegebenen Dokumente im Rahmen der Beurteilung der Funktionsfähigkeit des Asylsystems in dem Mitgliedstaat, der nach den Kriterien der Dublin II-VO als zuständiger Staat bestimmt wird, angesichts der Rolle, die dem Amt des UNHCR durch die Genfer Flüchtlingskonvention übertragen worden ist, die bei der Auslegung des unionsrechtlichen Asylverfahrens zu beachten ist, besonders relevant sind (vgl. EUGH, U.v. 30.5.2013 - C-528/11 - ABl EU 2013, Nr. C 225 S. 12 - juris). Soweit in Italien Missstände und Notstände aufgrund der stark gestiegenen Asylbewerberzahl festgestellt worden sind, sind sie dieser geschuldet und stellen als solche für sich keine systemischen Mängel dar.

Die vorliegende Einschätzung deckt sich mit der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 2. April 2013 (27725/10 - ZAR 2013, 336). Die divergierende Rechtsauffassung der 5. Sektion des EGMR und die nunmehrige Befassung der Großen Kammer des EGMR rechtfertigt zurzeit keine andere Beurteilung (s. Pro Asyl vom 12.2.2014, „News, Sind Abschiebungen nach Italien menschenrechtswidrig?“ - http://www.p...de/de/news). Die 3. Sektion des EGMR hat ihre Rechtsauffassung über die Einschätzung hinsichtlich der Situation von Asylsuchenden in Italien mit einer Entscheidung vom 10. September 2013 (2314/10) ausdrücklich bestätigt.

Zudem ist auch in dem Zusammenhang zu betonen, dass tatsächlich bestehende Defizite im italienischen Asylsystem auch mit der Folge, dass die wirtschaftliche, die medizinische und die soziale Versorgung in Italien schlechter als in der Bundesrepublik Deutschland ist, nicht die Annahme systemischer Mängel oder einen Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention rechtfertigen. Denn an einer Verletzung der Europäischen Menschenrechtskonvention sind strenge Maßstäbe anzulegen (vgl. auch Thym, ZAR 2013, 331). Zudem ist nicht allein auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte bzw. auf die Rechtsauffassung einer einzelnen Sektion abzustellen, sondern die gesamten Umstände des Einzelfalls sind zu würdigen.

Das Gericht schließt sich nach alledem dem Teil der Rechtsprechung an, der systemische Mängel in Italien verneint und nimmt darauf ergänzend Bezug (vgl. zuletzt OVG NW, U.v. 7.3.2014 - 1 A 21/12.A - juris; OVG RhPf, U.v. 21.2.2014 - 10 A 10656/13 - juris; VG Ansbach, B.v. 13.2.2014 - AN 1 S 14.30090 -juris; VG Würzburg, B.v. 3.2.2014 - W 6 S 14. 30087 - juris; VG Würzburg, B.v. 3.2.2014 - W 6 S 14.30079 - juris; VG Oldenburg, B.v. 21.1.2014 - 3 B 6802/13 - juris; VG Regensburg, B.v. 18.12.2013 - RN 6 S 13.30720 - juris; VG Saarland, B.v. 6.12.2013 - 3 L 1989/13 - juris; VG Ansbach, B.v. 26.11.2013 - AN 1 S 13.31045 - juris; VG Trier, B.v. 6.11.2013 - 5 L 1539/13.TR - juris; OVG Berlin-Bbg, B.v. 17.6.2013 - OVG 7 S 33.13 - juris; a. A. etwa VG Gießen, U.v. 25.11.2013 - 1 K 844/11.GI.A - AuAS 2014, 12, jeweils mit weiteren Nachweisen zur Rechtsprechung und den dort zitierten Erkenntnisquellen).

An diesem Ergebnis ändern auch die von Antragstellerseite angegebenen Entscheidungen des EGMR u. a. vom 30. Januar 2014 nichts.

Um eine Abschiebung oder andere staatliche Maßnahmen zu verhindern, steht als Eilmaßnahme des EGMR die sogenannte „Rule 39“ des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zur Verfügung. Vorläufige Maßnahmen nach „Rule 39“ sind Eilanordnungen, die nach der ständigen Praxis des Gerichtshofs nur dann ergehen, wenn eine unmittelbare Gefahr nicht wieder gutzumachenden Schadens droht (Große Kammer, Mamatkulov und Askarov/Türkei, U.v. 4.2.2005 - 46827/99 und 46951/99, ECHR 2005-I = EuGRZ 2005, 357, Rn. 86ff). In den Praxishinweisen des Gerichtshofs (Practice Direction: Request für Interim Measures - Rules 39 of the Court - Stand: 1.7.2011, abrufbar unter http://www.e...int/E...sic text) oder unter http://www.e...int/E...) wird jedoch darauf hingewiesen, dass der EGMR kein Instanzgericht für nationale Gerichtssysteme ist. Wo daher nach nationalem Recht Eilrechtsschutz gegen die Abschiebung oder Auslieferung erlangt werden könne, sei dieser vorrangig zu nutzen. Dies ist vorliegend in der nationalen Regelung des § 34 a AsylVfG gegeben, so dass die „Rule 39“ subsidiär zu nationalem Recht ist (vgl. Asylmagazin 1-2/2012, S. 3 ff., Beitrag: Dr. Nora Markard, Bremen).

Da die von Antragstellerseite angeführten Entscheidungen keine allgemein gültige Aussage dahingehend enthalten, dass Italien nicht als sicherer Drittstaat angesehen werden kann, verbleibt es bei der oben dargelegten Rechtsauffassung des Gerichts.

Lediglich ergänzend ist in diesem Zusammenhang hervorzuheben, dass bei der Prüfung der Frage, inwieweit ein Mitgliedstaat nach Art. 3 Abs. 2 der VO (EG) Nr. 343/2003 zum Selbsteintritt verpflichtet ist, auch zu berücksichtigen ist, dass der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte -EGMR - über den jeweils entschiedenen Fall hinaus eine Orientierungs- und Leitfunktion zukommt (vgl. BVerfG, B.v.18.8.2013 - 2 BvR 1380/08 -, juris; BVerwG, U.v. 28.2.2013 - BVerwG 2 C 3.12 - ZBR 2013, 257). Der EGMR hat seine Einschätzung hinsichtlich der Situation von Asylsuchenden in Italien im Jahr 2013 in etlichen Entscheidungen bestätigt (Entscheidungen vom 4. 6.2013 - Nr. 6198/12 - Daytbegova und Magomedova ./. Österreich, 18.6. 2013 - Nr. 53852/11 - Halimi ./. Österreich und Italien, ZAR 2013, 338 f, und Nr. 73874/11 - Abobeker ./. Österreich und Italien - und vom 10.9.2013 - Nr. 2314/10 -). Vor diesem Hintergrund sind die von der Antragstellerseite genannten Entscheidungen als Einzelfallregelungen im Rahmen der „Rule 39“ des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte anzusehen, die jedoch keine allgemein gültige Aussage dahingehend enthalten, dass Italien nicht als sicherer Drittstaat angesehen werden kann.

Mit Blick auf den hier vorliegenden Fall ist weiter festzuhalten, dass sich aus der Auskunftslage auch keine systemischen Mängel für Personen ergeben, denen bereits ein Schutzstatus zugesprochen wurde.

Das OVG Rheinland-Pfalz hat in seinem Urteil vom 21. Februar 2014 (Az.: 10 A 10656/13, juris, Rn. 49 bis 53) hierzu folgendes ausgeführt:

„Die mit der Anerkennung verbundene Erteilung eines Aufenthaltsrechts (permession di soggiorno) bedeutet in der Praxis, dass sich die Personen mit Schutzstatus grundsätzlich selbst um eine Unterkunft und eine Arbeit kümmern müssen. Sie können nicht mehr in CARA unterkommen, da diese nur Asylbewerbern offenstehen. Sie können sich aber für Plätze im SPRAR-System bewerben, sofern sie die maximale Verweildauer noch nicht überschritten haben. Tatsächlich wird eine große Zahl der Plätze im SPRAR-System von Personen mit Schutzstatus belegt. Allerdings bestehen zum Teil lange Wartezeiten (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Oktober 2013, S. 22). Hier dürfte die geplante Ausweitung der SPRAR-Plätze eine deutliche Entlastung bringen. Daneben bieten die Gemeinden Unterkünfte an. Jedenfalls in Rom betrug die durchschnittliche Wartezeit auf einen solchen Platz allerdings drei Monate und in Mailand einen bis drei Monate (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Oktober 2013, S. 27 und S. 30). Schließlich können sich Personen mit Schutzstatus, die keine Unterkunft finden, an kirchliche Organisationen und Nichtregierungsorganisationen wie die Caritas oder das Consiglio Italiano per i Rifugiati wenden (Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 21.01.2013 an das OVG des Landes Sachsen-Anhalt). Verlässliche Zahlen, wie viele Schutzberechtigte von keiner dieser Möglichkeiten Gebrauch machen können und letztlich obdachlos werden, fehlen. Nach Auskunft des Auswärtigen Amtes ist im Regelfall oder gar überwiegend aber nicht davon auszugehen, dass Flüchtlinge in Italien beziehungsweise Rückkehrer nach der Dublin-II-Verordnung dort unter Verhältnissen leben müssen, welche man gemeinhin als „Dahinvegetieren am Rande des Existenzminimums (Betteln, Leben auf der Straße etc.)“ bezeichnen könne. Hierbei handle es sich eher um Einzelfälle (Auswärtiges Amt an OVG Sachsen-Anhalt vom 21.01.2013).

In Italien gibt es auch für italienische Staatsangehörige kein national garantiertes Recht auf Fürsorgeleistungen zur Lebensunterhaltssicherung vor dem 65. Lebensjahr. Die Zuständigkeit für die Festsetzung von Sozialhilfeleistungen liegt grundsätzlich im Kompetenzbereich der Regionen. In bestimmten Regionen wird die Höhe des Sozialgeldes durch die Kommune festgesetzt. Öffentliche Fürsorgeleistungen weisen daher deutliche Unterschiede je nach regionaler und kommunaler Finanzkraft auf (Stellungnahme des Bundesministeriums des Innern im vorliegenden Fall; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Oktober 2013, S. 48).

Auch wenn sich die Situation damit deutlich schlechter und unsicherer darstellt als in der Bundesrepublik Deutschland, begründet dies für sich genommen keinen systemischen Mangel. Der europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat ausdrücklich festgehalten, dass Art. 3 EMRK die Vertragsparteien nicht verpflichte, jede Person innerhalb des eigenen Zuständigkeitsbereichs mit einem Obdach zu versorgen. Die Norm enthalte auch keine allgemeine Pflicht, Flüchtlingen finanzielle Unterstützung zu bieten, um ihnen einen bestimmen Lebensstandard zu bieten. Ausländer, die von einer Ausweisung betroffen seien, gewähre die Konvention grundsätzlich keinen Anspruch mit dem Ziel, im Hoheitsgebiet des Vertragsstaates zu verbleiben, um dort weiterhin von medizinischer, sozialer oder anderweitiger Unterstützung oder Leistung zu profitieren, die vom ausweisenden Staat zur Verfügung gestellt werde. Wenn keine außergewöhnlichen zwingenden humanitären Gründe vorlägen, die gegen eine Ausweisung sprächen, sei allein die Tatsache, dass die wirtschaftlichen und sozialen Lebensverhältnisse des Antragstellers bedeutend geschmälert würden, falls er oder sie ausgewiesen würde, nicht ausreichend, einen Verstoß gegen Art. 3 EMR zu begründen (Beschluss vom 02.04.2013, Mohammed Hussein u. a. gegen Niederlande und Italien, a. a. O. Rn. 70 f.).

Keine systematischen Mängel bestehen schließlich auch im Hinblick auf den Zugang zum Gesundheitssystem. Personen mit Schutzstatus sind in Fragen der Gesundheitsversorgung den italienischen Staatsbürgern gleichgestellt. Die Anmeldung beim Nationalen Gesundheitsdienst ermöglicht die Ausstellung eines Gesundheitsausweises, der zur Behandlung bei einem praktischen Arzt, Kinderarzt, in Ambulanzen und zur Aufnahme in ein Krankenhaus berechtigt. Hierzu benötigen Schutzberechtigte den Aufenthaltstitel, die Steuernummer sowie eine feste Adresse. Personen ohne festen Wohnsitz können sich zumindest in Rom unter Sammeladressen karitativer Einrichtungen melden, die von den Behörden akzeptiert werden. Eine aktuelle Vereinbarung zwischen der italienischen Zentralregierung und den Regionen garantiert die Not- und Grundversorgung auch von Personen, die sich illegal im Land aufhalten. Die Notambulanz ist für alle Personen in Italien kostenfrei (Auswärtiges Amt an OVG des Landes Sachsen-Anhalt vom 21.01.2013).

Die Einschätzung, dass das italienische Asylsystem nicht an systemischen Mängeln leidet, wird durch die jüngere Rechtsprechung des Gerichtshofs für Menschenrechte bestätigt. In seinem Beschluss vom 2. April 2013 hat er die Überstellung der dortigen Beschwerdeführerin, der - wie dem Kläger - in Italien bereits ein Schutzstatus zugesprochen worden war, mit Art. 3 EMRK für vereinbar gehalten. Dabei hat er - neben der konkreten Situation der Antragstellerin - eine Vielzahl von Stellungnahmen sowie Berichten von Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen über die generelle Situation in Italien ausgewertet. Er kommt nach ausführlicher Würdigung der festzustellenden Mängel - und keineswegs nur unter Bezug auf den ihm vorgelegten konkreten Sachverhalt - zu dem Schluss, dass die allgemeine Situation und die Lebensbedingungen in Italien für Asylbewerber, anerkannte Flüchtlinge und Ausländer, die aus Gründen des internationalen Schutzes oder zu humanitären Zwecken eine Aufenthaltserlaubnis erhalten haben, kein systemisches Versagen der Hilfs- und Unterstützungsmaßnahmen für Asylbewerber als Mitglieder einer besonders schutzbedürftigen Personengruppe aufzeigen (Beschluss vom 02.04.2013, Mohammed Hussein u. a. gegen Niederlande und Italien, Rn. 70 ff., in Teilen übersetzt von Wischrath, ZAR 2013, 336, besprochen von Thym in ZAR 2013, 331; siehe auch Hailbronner, AuslR, Dezember 2013, § 34a Rn. 29 f.; ebenso Beschluss vom 18.06.2013, Halimi gegen Österreich und Italien, Rn. 68, in Teilen übersetzt von Wischrath, ZAR 2013, 338). Diese Einschätzung hat er jüngst nochmals ausdrücklich bestätigt (Beschluss vom 10.09.2013 - Nr. 2314/10 -, Hussein Diirshi u. a. gegen Niederlande und Italien, zitiert nach HUDOC).“

Es liegen auch keine besonderen Umstände des Einzelfalles vor, die befürchten ließen, dass gerade der Antragstellerin in Italien eine mit Art. 4 der Grundrechtecharta nicht vereinbare Behandlung drohen würde. Sie leidet insbesondere nicht an außerordentlich schweren oder seltenen Krankheiten, deren Behandlung in Italien nicht möglich erschiene. Aus den Angaben der Antragstellerin bei ihrer Anhörung durch das Bundesamt am 12. Juni 2013 lässt sich außerdem schließen, dass sie noch keinen Platz im SPRAR-System beansprucht hat. Damit steht ihr nach ihrer Rückkehr die Möglichkeit offen, sich für einen solchen Platz zu bewerben.

Danach sind derzeit die Voraussetzungen für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung nicht gegeben.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylVfG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der
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published on 03/06/2014 00:00

Tenor Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 19. Dezember 2013 wird zurückgewiesen.
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published on 21/02/2014 00:00

Diese Entscheidung wird zitiert Diese Entscheidung zitiert Tenor Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Trier vom 22. Mai 2013 wird zurückgewiesen. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger. D
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Diese Entscheidung zitiert Tenor Der Antrag wird abgelehnt. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gründe 1 Der am 25. Oktober 2013 gestellte Antrag des Antragstellers, die aufschiebende Wirkung der in
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Annotations

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.