Verwaltungsgericht Arnsberg Urteil, 16. Sept. 2016 - 7 K 2918/15.A
Gericht
Tenor
Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 26. August 2015 wird aufgehoben.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.Die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden, tragen der Kläger und die Beklagte jeweils zur Hälfte.
1
Tatbestand:
2Der Kläger wurde am 07. Dezember 1972 in Hobigonj/Bangladesch geboren. Eigenen Angaben zufolge reiste er am 28. Mai 2015 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 15. Juni 2015 einen Asylantrag.
3Bei der persönlichen Anhörung des Klägers zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats am 15. Juni 2015 trug dieser vor: Er habe Bangladesch am 15. März 2015 verlassen und sei über die Vereinigten Arabischen Emirate, die Türkei, Bulgarien, Serbien, Ungarn und Österreich nach Deutschland eingereist.
4Am 19. Juni 2015 erhielt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) jeweils einen auf Ungarn verweisenden EURODAC-Treffer der Kategorie 1 und der Kategorie 2. Auf das Wiederaufnahmegesuch vom 23. Juni 2015 reagierten die ungarischen Behörden nicht.
5Mit Bescheid vom 26. August 2015 lehnte das Bundesamt den Asylantrag des Klägers als unzulässig ab und ordnete seine Abschiebung nach Ungarn an. Das Bundesamt befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) auf 0 Monate ab dem Tag der Abschiebung.
6Daraufhin hat der Kläger am 10. September 2015 Klage erhoben und zugleich beantragt, die aufschiebende Wirkung seiner Klage anzuordnen. Mit Beschluss der Kammer vom 19. November 2015 (7 L 1307/15.A) ist die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die in Ziffer 2 des angefochtenen Bescheides enthaltene Abschiebungsanordnung angeordnet worden. Zur Begründung seiner Klage bezieht der Kläger sich auf sein Vorbringen gegenüber dem Bundesamt und trägt ergänzend vor, dass Ungarn nicht bereit sei, Flüchtlinge zu einem rechtsstaatlichen Asylverfahren zuzulassen und die Dublin Verordnung außer Kraft gesetzt sei.
7Der Kläger beantragt – schriftsätzlich – sinngemäß,
8den Bescheid des Bundesamtes vom 26. August 2015 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihn, den Kläger, als Asylberechtigten anzuerkennen und ihm die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen,
9hilfsweise festzustellen, dass er subsidiär Schutzberechtigter ist,
10weiter hilfsweise festzustellen, dass ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes vorliegt.
11Die Beklagte beantragt – schriftsätzlich – unter Bezugnahme auf den angefochtenen Bescheid,
12die Klage abzuweisen.
13Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Bundesamtes Bezug genommen.
14Entscheidungsgründe:
15Die Klage, über die der Berichterstatter als Einzelrichter und mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (vgl. § 101 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO –) entscheidet, hat teilweise Erfolg.
16Soweit der Kläger die Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes vom 26. August 2015 begehrt, ist seine Klage als isolierte Anfechtungsklage zulässig,
17vgl. beispielhaft Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteile vom 26. Mai 2016 - 1 C 15.15 -, www.bverwg.de, vom 16. November 2015 - 1 C 4.15 - und vom 27. Oktober 2015 - 1 C 32.14 -, jeweils juris;
18Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Urteile vom 21. Juni 2016 - 13 A 569/16.A - und vom 19. Mai 2016 - 13 A 516/14.A -, jeweils juris,
19und auch begründet. Der angefochtene Bescheid ist in dem nach § 77 Abs. 1 Satz 1 des Asylgesetzes (AsylG) maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
20Die Ablehnung des Asylantrages als unzulässig in Ziff. 1 des angefochtenen Bescheides kann hier nicht auf den seit dem 06. August 2016 geltenden und nunmehr im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts maßgeblichen § 29 Abs. 1 AsylG als Rechtsgrundlage gestützt werden. Nach § 29 Abs. 1 AsylG ist ein Asylantrag u.a. dann unzulässig, wenn ein anderer Staat a) nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz (ABl. L 180 vom 29.6.2013, S. 31; im Folgenden: Dublin III-VO) oder b) auf Grund von anderen Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist.
21Die Bestimmung des zuständigen Staates richtet sich vorliegend nach der Dublin III-VO. Nach Art. 3 Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO wäre grundsätzlich Ungarn für die Durchführung des Asylverfahrens des Klägers zuständig, da sich anhand der Kriterien des Kapitels III der Dublin III-VO der ursprünglich zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen lässt und der Kläger ausweislich des EURODAC-Treffers der Kategorie 1 erstmals in Ungarn einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat. Auf das am 23. Juni 2015 von der Beklagten gestellte Wiederaufnahmegesuch haben die ungarischen Behörden nicht geantwortet, so dass es nach Art. 25 Abs. 2 Dublin III-VO als akzeptiert gilt.
22Allerdings ist vorliegend die Zuständigkeit für die Durchführung des Asylverfahrens des Klägers nach Art. 3 Abs. 2 Satz 3 Dublin III-VO auf die Bundesrepublik Deutschland übergegangen. Nach dieser Vorschrift wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat selbst zuständiger Mitgliedstaat, wenn keine Überstellung gemäß diesem Absatz an einen aufgrund der Kriterien des Kapitels III bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, vorgenommen werden kann.
23Das Gemeinsame Europäische Asylsystem gründet sich auf das Prinzip gegenseitigen Vertrauens, dass alle daran beteiligten Staaten die Grundrechte sowie die Rechte beachten, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention und dem Protokoll von 1967 sowie in der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) finden. Gleichwohl kann sich im Ausnahmefall die Überstellung nach Art. 3 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-VO als unmöglich erweisen, wenn es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen.
24Vgl. Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH), Urteile vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 und C-493/10 -, NVwZ 2012, 417, vom 14. November 2013 – C-4/11 -, NVwZ 2014, 129 und vom 10. Dezember 2013 – C-394/12 -, juris.
25Maßgeblich ist, ob in dem nach der Dublin III-Verordnung zuständigen Mitgliedstaat die Mindeststandards bei der Behandlung von Asylbewerbern im Allgemeinen eingehalten werden. Fehlleistungen im Einzelfall stehen einer Überstellung in diesen Staat nicht entgegen. Erst wenn das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in dem zuständigen Mitgliedsstaat grundlegende, systembedingte Mängel aufweisen, die gleichsam zwangsläufig eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der in diesen Mitgliedsstaat überstellten Asylbewerber befürchten lassen, ist ein Abweichen von den Zuständigkeitsbestimmungen der Dublin III-Verordnung geboten.
26Vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. März 2014 ‑ 10 B 6.14 -; OVG NRW, Urteil vom 07. März 2014 ‑ 1 A 21/12.A -, alle juris.
27Davon ausgehend ist das erkennende Gericht unter Berücksichtigung der verfügbaren Erkenntnismittel zu der Überzeugung gelangt, dass das Asylverfahren in Ungarn und die dortigen Aufnahmebedingungen zum aktuellen Zeitpunkt derartige systemische Mängel aufweisen.
28Ausschlaggebend für diese Einschätzung sind die am 01. August 2015 in Kraft getretenen Verschärfungen des ungarischen Asylrechts. So sind mit der Regierungsverordnung 191/2015 alle EU-Beitrittskandidaten und damit unter anderem auch Serbien auf die nationale Liste der sicheren Drittstaaten gesetzt worden. Auch nach der zwischenzeitlich erfolgten Änderung dieser Verordnung durch die Regierungsverordnung 63/2016 – die Liste ist insofern lediglich um die Türkei erweitert worden – gilt Serbien weiterhin als sicherer Drittstaat. Dies hat zur Folge, dass Asylanträge von Personen, die über Serbien nach Ungarn eingereist sind, als unzulässig abgelehnt und die Betroffenen nach Serbien abgeschoben werden können.
29Vgl. European Council of Refugees and Exiles (ECRE), Asylum Information Database (aida): „Crossing Boundaries, The new asylum procedure at the borderand restrictions to accessing protection in Hungary”, Oktober 2015, S. 32 f., verfügbar auf: http://www.ecre.org/wp-content/uploads/ 2016/07/ECRE-AIDA-Crossing-Boundaries-The-New-Asylum-Procedure-at-the-Border-and-Restrictions-to-Accessing-Protecting-in-Hungary_-Oct-2015.pdf (zuletzt abgerufen am 12. September 2016);
30Hungarian Helsinki Committee (HHC), Information notes vom 7. August 2015 „Building a legal fence” und vom 18. September 2015 „No country for refugees“; Amnesty International, Oktober 2015, „Fenced out”; UN High Commissioner for Refugees (UNHCR) vom 3. Juli 2015 “UNHCR urges Hungary not to amend asylum system in haste”; alle verfügbar auf www.ecoi.net.
31Zu diesem Personenkreis zählen etwa 99% aller Asylsuchenden in Ungarn,
32vgl. amnesty international (a.i.): „Flüchtlinge: Ungarn verschärft Asylrecht“, 30. Juli 2015, verfügbar auf: https://www.amnesty.de/2015/7/30/ Fluechtlinge-ungarn-verschaerft-asylrecht;
33bordermonitoring.eu / pro Asyl: „Ungarn: GÄNZLICH UNERWÜNSCHT, Entrechtung, Kriminalisierung und Inhaftierung von Flüchtlingen in Ungarn“, Juli 2016, verfügbar auf: http://bordermonitoring.eu/wp-content/ uploads/2016/07/ Web_Ungarn_Bericht-2016.pdf (jeweils zuletzt abgerufen am 12. September 2016).
34und insbesondere auch der Kläger, der eigenen Angaben zufolge von Serbien aus kommend die ungarische Grenze überquert hat.
35In einem Gespräch mit Mitarbeitern des ECRE am 28. September 2015 erklärte der Direktor für Flüchtlingsangelegenheiten des ungarischen Amtes für Einwanderung und Staatsbürgerschaft, die Regelungen über sichere Drittstaaten würden gegenwärtig auch auf Personen angewandt, die nach den Dublin-Vorschriften nach Ungarn zurückkehren, auch wenn sie vor dem 1. August 2015 nach Ungarn eingereist sind,
36vgl. ECRE: „Crossing Boundaries“, a.a.O.,
37sodass auch der Kläger bei einer Rückkehr nach Ungarn von der geänderten Rechtslage im ungarischen Asylrecht unmittelbar betroffen wäre.
38Das Konzept des sicheren Drittstaats ist zwar europarechtlich – vgl. Art. 33 Abs. 2 lit. c) i.V.m. Art. 38 der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (im Folgenden: Verfahrensrichtlinie) – und im nationalen Recht – vgl. § 26a AsylG – im Grundsatz anerkannt. Hingegen unterliegt die Anwendung des Konzepts Einschränkungen, insbesondere ist das strikte Refoulement-Verbot zu beachten, vgl. Art. 38 Abs. 1 lit. c) der Verfahrensrichtlinie und Art. 33 Abs. 1 der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK).
39Es bestehen erhebliche Zweifel daran, ob Asylsuchenden in Serbien die hinreichende Möglichkeit geboten wird, ihre Ansprüche in einem fairen und wirksamen Verfahren geltend zu machen, und ob insbesondere das Refoulement-Verbot beachtet wird. Dementsprechend hat der UNHCR im August 2012 die Staaten dringend gebeten, Serbien nicht als sicheren Drittstaat anzusehen.
40Vgl. UNHCR: „Serbia, As a Country of Asylum, Observations on the Situation of Asylum-Seekers and Beneficiaries of International Protection in Serbia”, August 2012, verfügbar auf: http://www.ecoi.net/file_upload/ 1226_134694264 2_50471f7e2-serbia.pdf (zuletzt abgerufen am 12. September 2016).
41An seiner Einschätzung hält der UNHCR weiterhin fest und empfiehlt auch aktuell, Asylsuchende nicht nach Serbien zu überstellen.
42Vgl. UNHCR: „Ungarn als Asylland, Bericht zu restriktiven gesetzlichen Maßnahmen und deren praktischer Umsetzung zwischen Juli 2015 und März 2016”, Mai 2016, verfügbar auf: http://www.ecoi.net/file_upload/ 1930_1470727589_opendocpdf.pdf (zuletzt abgerufen am 12. September 2016).
43Ebenso hat der Europäische Kommissar für Menschenrechte Bedenken geäußert, ob das Asylverfahren in Serbien europäischen Mindeststandards genügt.
44Vgl. Europäischer Kommissar für Menschenrechte, Schreiben an den serbischen Premierminister und Minister des Innern vom 27. November 2013, CommHR/AW/jp 043-2013, verfügbar auf: https://wcd.coe.int/com .instranet.InstraServlet?command=com.instranet.CmdBlobGet&InstranetImgahe=2444713&SecMode=1&DocId=2108062&Usage=2 (zuletzt abgerufen am 12. September 2016).
45Ungeachtet dessen finden nach den dem Gericht vorliegenden Erkenntnismitteln weiterhin Abschiebungen nach Serbien statt, sodass auch im Falle des Klägers eine beachtliche Wahrscheinlichkeit einer Kettenabschiebung nach Serbien besteht. Alleine im Zeitraum Januar bis Mai 2016 sind 99 Asylsuchende nach negativer Entscheidung im Inlandsverfahren von Ungarn nach Serbien überstellt worden.
46Vgl. HHC: „Hungary: Key Asylum Figures as of 1 July 2016”, 01. Juli 2016, verfügbar auf: http://www.helsinki.hu/wp-content/uploads/HHC-Hungary-asylum-figures-1-July-2016.pdf (zuletzt abgerufen am 12. September 2016).
47Hinzu kommen die hierbei statistisch unberücksichtigt gebliebenen Asylsuchenden im Grenzverfahren, die nach Antragstellung in den Transitzonen an der ungarisch-serbischen Grenze bei einer ablehnenden Entscheidung diese Transitzonen wieder in Richtung Serbien verlassen müssen, sowie die im Grenzgebiet aufgegriffenen Asylsuchenden, die im Rahmen sog. Pushbacks ohne Registrierung und Verfahren unmittelbar nach Serbien zurückgewiesen werden.
48Vgl. UNHCR: „Ungarn als Asylland, Bericht zu restriktiven gesetzlichen Maßnahmen und deren praktischer Umsetzung zwischen Juli 2015 und März 2016”, a.a.O.; Human Rights Watch (HRW): “Hungary: Migrants Abused at the Border”, 13. Juli 2016, verfügbar auf:http://www.ecoi.net/local_link/328813/469669_de.html (zuletzt abgerufen am 12. September 2016).
49Hinsichtlich der Asylsuchenden, deren Anträge aufgrund des sicheren Drittstaat-Konzepts im Inlandsverfahren für unzulässig befunden worden sind und deren Rückführung nach Serbien (noch) nicht erfolgt – bzw. von Serbien abgelehnt worden – ist, steht zudem aktuell zu befürchten, dass diese in die Situation eines sog. „refugee in orbit“ geraten, in der sich kein Staat für die sachliche Prüfung des Asylantrags als zuständig ansieht. Denn obgleich der zum 01. August 2015 in Kraft getretene Abschnitt 51/A des ungarischen Asylgesetzes vorsieht, dass die ungarische Flüchtlingsbehörde ihre Entscheidung zurückziehen und das Verfahren fortsetzen soll, wenn der sichere Drittstaat den Asylsuchenden nicht zurück- bzw. übernimmt, ist unklar, wie lange Antragsteller warten müssen, bis eine solche inhaltliche Prüfung ihres Asylgesuches in Ungarn erfolgt.
50Vgl. UNHCR: „ Ungarn als Asylland, Bericht zu restriktiven gesetzlichen Maßnahmen und deren praktischer Umsetzung zwischen Juli 2015 und März 2016”, a.a.O.; ECRE: „Crossing Boundaries“, S. 18, a.a.O.
51Auch unter Berücksichtigung einer aktuellen Auskunft des ungarischen Büros für Immigration und Nationalität (BAH) vom 09. Juni 2016 kann nach Auffassung des erkennenden Gerichts nicht davon ausgegangen werden, dass in derartigen Fällen regelmäßig eine unmittelbare inhaltliche Prüfung des Asylgesuchs erfolgt. In diesem Zusammenhang wurde seitens des BAH lediglich mitgeteilt, dass ohne Verzögerung ein inhaltliches Verfahren zu beginnen sei, wenn ein sicherer Drittstaat einen Antragsteller faktisch nicht übernimmt, ohne in der Folge aber den praktischen Ablauf dessen zu konkretisieren oder Zahlen zur Untermauerung zur Verfügung zu stellen.
52Vgl. Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich: „Kurzinformation der Staatendokumentation, UNGARN, Ergänzende Fragen zum LIB“, 26. August 2016.
53Ein weiterer Anhaltspunkt dafür, dass in Ungarn kein Asylverfahren garantiert ist, das europarechtlichen Mindeststandards, insbesondere Art. 46 der Verfahrensrichtlinie entspricht, ergibt sich daraus, dass durch die neue Asylgesetzgebung die Rechtsschutzmöglichkeiten gegen ablehnende Asylentscheidungen eingeschränkt werden. Die Entscheidung über die Unzulässigkeit eines Antrages oder die Ablehnung eines Asylantrags im beschleunigten Verfahren kann nur innerhalb einer Frist von sieben Kalendertagen angefochten werden und muss sodann innerhalb von acht Tagen durch das zuständige Gericht überprüft werden. Dabei finden neu vorgetragene Fakten im gerichtlichen Verfahren keine Berücksichtigung. Zudem ist eine persönliche Anhörung nicht zwingend vorgesehen und findet regelmäßig – selbst wenn darum ersucht wird – nicht statt. Schließlich kann das Gericht die Asylbehörde lediglich zur erneuten Prüfung anweisen, die Entscheidung aber nicht eigenständig abändern.
54Vgl. bordermonitoring.eu / pro Asyl: „Ungarn: GÄNZLICH UNERWÜNSCHT, Entrechtung, Kriminalisierung und Inhaftierung von Flüchtlingen in Ungarn“, a.a.O.
55Angesichts der konkreten Ausgestaltung des Rechtsmittels hat das erkennende Gericht durchgreifende Zweifel daran, ob Asylsuchenden in Ungarn ein wirksamer Rechtsbehelf gegen eine versagende Entscheidung zur Verfügung steht. Insbesondere im Hinblick auf die sehr kurze Entscheidungsfrist ist es fraglich, ob einerseits eine effektive Interessenwahrnehmung durch einen Rechtsbeistand gewährleistet ist und ob sich andererseits das zur Entscheidung berufene Gericht umfassend mit dem einem Verfahren zugrundeliegenden Sachverhalt auseinandersetzen kann.
56Bedenklich ist insofern auch, dass bei der gerichtlichen Überprüfung im Grenzverfahren der Richter durch einen Gerichtssekretär – diese haben zwar eine Rechtsanwaltsprüfung abgelegt, sind aber selbst (noch) keine Richter – ersetzt werden kann.
57Vgl. UNHCR: „Ungarn als Asylland, Bericht zu restriktiven gesetzlichen Maßnahmen und deren praktischer Umsetzung zwischen Juli 2015 und März 2016”, a.a.O., S. 10.
58Zudem verstößt das ungarische Asylrecht auch gegen Art. 18 Abs. 2 Satz 2 Dublin-III VO. Nach dieser Norm hat der nach der Dublin-III VO zuständige Mitgliedstaat, der einen sich ohne Aufenthaltstitel im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats aufhaltenden Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen wiederaufzunehmen hat, u.a. sicherzustellen, dass der Antragsteller berechtigt ist, zu beantragen, dass die Prüfung seines Antrags abgeschlossen wird, oder einen neuen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen, der nicht als Folgeantrag im Sinne der Verfahrensrichtlinie behandelt wird. Nach ungarischem Asylrecht gilt ein Asylantrag als zurückgezogen, wenn der Asylbewerber das Verfahren vor einer endgültigen Entscheidung nicht betrieben hat, etwa weil er Ungarn verlassen hat. Bereits wenn der Antragsteller seine Unterkunft ohne Erlaubnis mehr als 48 Stunden mit unbekanntem Aufenthalt verlassen hat, erfolgt eine Einstellung des Verfahrens.
59Vgl. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Lagebericht zum Mitgliedstaat Ungarn, 13. Januar 2016.
60Wird das Verfahren danach innerhalb von neun Monaten wieder aufgenommen, wird es – in Übereinstimmung mit Art. 28 Abs. 2 der Verfahrensrichtlinie – als Asylerstverfahren behandelt, ansonsten als Asylfolgeverfahren. Auch bei einer Rückführung im Rahmen des Dublin-Verfahrens werden diese Grundsätze zur Anwendung gebracht, sodass einem Dublin-Rückkehrer in der o.g. Situation ebenfalls – unter Verstoß gegen Art. 18 Abs. 2 Satz 2 Dublin-III VO – lediglich die Möglichkeit offensteht, ein Asylfolgeverfahren zu betreiben.
61Vgl. ECRE: „Crossing Boundaries“, S. 34 f., a.a.O.
62Schließlich hat auch die Europäische Kommission gegen Ungarn nunmehr ein Vertragsverletzungsverfahren wegen seiner Asylrechtsvorschriften eingeleitet, nachdem die den ungarischen Behörden im Juli und September 2015 mitgeteilten Bedenken nicht ausgeräumt werden konnten.
63Vgl. hierzu die Pressemitteilung der Europäischen Kommission vom 10. Dezember 2015, verfügbar auf: http://europa.eu/rapid/press-release_IP- 15-6228_de.htm, (zuletzt abgerufen am 12. September 2016).
64Nach alledem besteht auch für den Kläger bei einer Überstellung nach Ungarn die ernsthafte Gefahr, dass er keinen Zugang zu einem den europäischen Mindestanforderungen entsprechenden Asylverfahren erhält.
65Auch die auf § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG gestützte Abschiebungsanordnung nach Ungarn in Ziff. 2 des angefochtenen Bescheides ist rechtswidrig. Nach dieser Vorschrift ordnet das Bundesamt die Abschiebung in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG) an, wenn der Ausländer in diesen Staat abgeschoben werden soll und feststeht, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann. Vorliegend ist Ungarn – wie zuvor dargestellt – jedoch nicht für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig, sodass eine Abschiebung dorthin nicht in Betracht kommt. Danach kann auch die auf § 11 Abs. 2 und 3 AufenthG beruhende Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots in Ziff. 3 des angefochtenen Bescheides keinen Bestand haben.
66Soweit der Kläger neben der Aufhebung des Bescheides auch die Anerkennung als Asylberechtigter und die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, sowie hilfsweise den subsidiären Schutzstatus und die Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG – mithin also eine inhaltliche Entscheidung über den gestellten Asylantrag – begehrt, ist die Klage unzulässig. Denn allein die isolierte Anfechtungsklage ist die statthafte Klageart, wenn ein Asylbewerber die Aufhebung einer Entscheidung über die Unzuständigkeit Deutschlands für die Prüfung seines Asylantrags nach den unionsrechtlichen Regelungen der Dublin-Verordnung begehrt. Eine materielle Prüfung des Asylbegehrens erfolgt danach zunächst durch das Bundesamt.
67Vgl. beispielhaft BVerwG, Urteil vom 27. Oktober 2015 - 1 C 32.14 -, juris;
68OVG NRW, Urteile vom 21. Juni 2016 - 13 A 990/13.A - und vom 19. Mai 2016 - 13 A 516/14.A -, jeweils juris.
69Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwGO. Die Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aus § 83 b AsylG.
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Annotations
(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.
(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.
(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.
(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.
(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.
(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.
(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.
(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.
(7) Gegen einen Ausländer,
- 1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder - 2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.
(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.
(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.
(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.
(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.
(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Ein Asylantrag ist unzulässig, wenn
- 1.
ein anderer Staat - a)
nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 oder - b)
auf Grund von anderen Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages
- 2.
ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union dem Ausländer bereits internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 gewährt hat, - 3.
ein Staat, der bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als für den Ausländer sicherer Drittstaat gemäß § 26a betrachtet wird, - 4.
ein Staat, der kein Mitgliedstaat der Europäischen Union und bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als sonstiger Drittstaat gemäß § 27 betrachtet wird oder - 5.
im Falle eines Folgeantrags nach § 71 oder eines Zweitantrags nach § 71a ein weiteres Asylverfahren nicht durchzuführen ist.
(2) Das Bundesamt hört den Ausländer zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis Nummer 4 persönlich an, bevor es über die Zulässigkeit eines Asylantrags entscheidet. Zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 5 gibt es dem Ausländer Gelegenheit zur Stellungnahme nach § 71 Absatz 3.
(3) Erscheint der Ausländer nicht zur Anhörung über die Zulässigkeit, entscheidet das Bundesamt nach Aktenlage. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unverzüglich nachweist, dass das in Satz 1 genannte Versäumnis auf Umstände zurückzuführen war, auf die er keinen Einfluss hatte. Führt der Ausländer diesen Nachweis, ist das Verfahren fortzuführen.
(4) Die Anhörung zur Zulässigkeit des Asylantrags kann gemäß § 24 Absatz 1a dafür geschulten Bediensteten anderer Behörden übertragen werden.
(1) Ein Ausländer, der aus einem Drittstaat im Sinne des Artikels 16a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes (sicherer Drittstaat) eingereist ist, kann sich nicht auf Artikel 16a Abs. 1 des Grundgesetzes berufen. Er wird nicht als Asylberechtigter anerkannt. Satz 1 gilt nicht, wenn
- 1.
der Ausländer im Zeitpunkt seiner Einreise in den sicheren Drittstaat im Besitz eines Aufenthaltstitels für die Bundesrepublik Deutschland war, - 2.
die Bundesrepublik Deutschland auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages mit dem sicheren Drittstaat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist oder - 3.
der Ausländer auf Grund einer Anordnung nach § 18 Abs. 4 Nr. 2 nicht zurückgewiesen oder zurückgeschoben worden ist.
(2) Sichere Drittstaaten sind außer den Mitgliedstaaten der Europäischen Union die in Anlage I bezeichneten Staaten.
(3) Die Bundesregierung bestimmt durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates, dass ein in Anlage I bezeichneter Staat nicht mehr als sicherer Drittstaat gilt, wenn Veränderungen in den rechtlichen oder politischen Verhältnissen dieses Staates die Annahme begründen, dass die in Artikel 16a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes bezeichneten Voraussetzungen entfallen sind. Die Verordnung tritt spätestens sechs Monate nach ihrem Inkrafttreten außer Kraft.
(1) Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Absatz 1 Nummer 1) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor der Entscheidung des Bundesamtes zurückgenommen hat. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht. Kann eine Abschiebungsanordnung nach Satz 1 oder 2 nicht ergehen, droht das Bundesamt die Abschiebung in den jeweiligen Staat an.
(2) Anträge nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsanordnung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung bleibt hiervon unberührt.
(1) Ein Asylantrag ist unzulässig, wenn
- 1.
ein anderer Staat - a)
nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 oder - b)
auf Grund von anderen Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages
- 2.
ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union dem Ausländer bereits internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 gewährt hat, - 3.
ein Staat, der bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als für den Ausländer sicherer Drittstaat gemäß § 26a betrachtet wird, - 4.
ein Staat, der kein Mitgliedstaat der Europäischen Union und bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als sonstiger Drittstaat gemäß § 27 betrachtet wird oder - 5.
im Falle eines Folgeantrags nach § 71 oder eines Zweitantrags nach § 71a ein weiteres Asylverfahren nicht durchzuführen ist.
(2) Das Bundesamt hört den Ausländer zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis Nummer 4 persönlich an, bevor es über die Zulässigkeit eines Asylantrags entscheidet. Zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 5 gibt es dem Ausländer Gelegenheit zur Stellungnahme nach § 71 Absatz 3.
(3) Erscheint der Ausländer nicht zur Anhörung über die Zulässigkeit, entscheidet das Bundesamt nach Aktenlage. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unverzüglich nachweist, dass das in Satz 1 genannte Versäumnis auf Umstände zurückzuführen war, auf die er keinen Einfluss hatte. Führt der Ausländer diesen Nachweis, ist das Verfahren fortzuführen.
(4) Die Anhörung zur Zulässigkeit des Asylantrags kann gemäß § 24 Absatz 1a dafür geschulten Bediensteten anderer Behörden übertragen werden.
(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.
(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.
(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.
(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.
(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.
(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.
(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.
(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.
(7) Gegen einen Ausländer,
- 1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder - 2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.
(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.
(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.
(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.
(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.