Verwaltungsgericht Arnsberg Urteil, 11. Feb. 2016 - 5 K 637/15
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Erhebung von Grundsteuer B nach der mit Wirkung zum 1. Januar 2015 erfolgten Erhöhung des Grundsteuerhebesatzes von 500 v.H. auf 766 v.H.
3Die Beklagte nimmt seit dem Jahr 2011 gemäß § 3 des Gesetzes zur Unterstützung der kommunalen Haushaltskonsolidierung im Rahmen des Stärkungspakts Stadtfinanzen (Stärkungspaktgesetz - StPG) als pflichtig teilnehmende Gemeinde an der Konsolidierungshilfe teil. Der von der Beklagten im Jahr 2012 (erstmals) vorgelegte Haushaltssanierungsplan wurde von der zuständigen Bezirksregierung im Oktober desselben Jahres genehmigt. Nachdem die Haushaltssanierungspläne der Beklagten für die Jahre 2013 und 2014 von der Bezirksregierung jeweils nicht genehmigt wurden, bestellte das Ministerium für Inneres und Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen (MIK NRW) mit Bescheid vom 25. März 2014 gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2 StPG i.V.m. § 124 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (GO NRW) für die Beklagte einen Beauftragten für die Aufgaben des Rates. Dessen Aufgabenbereich war wie folgt festgelegt:
4„2. Der Beauftragte nimmt folgende Aufgaben des Rates der Stadt B. an dessen Stelle wahr:
5a) Beschlussfassung über einen genehmigungsfähigen Haushaltssanierungsplan 2014 gemäß § 6 Stärkungspaktgesetz
6b) Um diesen Beschluss treffen zu können, sind dem Beauftragten an Stelle des Rates alle in der Stadt B. zu treffenden Entscheidungen gemäß § 41 Absatz 1 Buchstabe h) GO NRW übertragen, insbesondere auch ein Beschluss über die Anpassung der Haushaltssatzung 2014 mit ihren Anlagen an den Haushaltssanierungsplan
73. Die sofortige Vollziehung dieses Bescheides wird gemäß § 80 Abs. 2
8Satz 1 Nr. 4 VwGO im öffentlichen Interesse angeordnet.
9Ich behalte mir vor, weitere Anordnungen zu treffen, und dem Beauftrag-
10ten erforderlichenfalls auch die Entscheidungen über die Festsetzung der
11Hebesätze der Gewerbesteuer und der Grundsteuern A und B zu übertra-
12gen.“
13Die von der Beklagten gegen diesen Bescheid erhobenen Rechtsmittel hatten keinen Erfolg.
14In der ersten Sitzung des Beauftragten am 28. Mai 2014 erging unter Tagesordnungspunkt 1 folgender Beschluss:
15„1. Die Konsolidierungsmaßnahmen 28 und 29 des Haushaltssanierungs-
16plans 2014 - Anhebung der Grundsteuer B sowie der Gewerbesteuer - werden zur Erreichung des gesetzlich vorgeschriebenen Haushaltsausgleichs im Jahr 2016 wie folgt geändert:
17Für das Haushaltsjahr 2015:
18Grundsteuer B 766 v.H.
19Gewerbesteuer 445 v.H.
20Ab dem Haushaltsjahr 2016
21Grundsteuer B 910 v.H.
22Gewerbesteuer 480 v.H.
232. Die Verwaltung wird beauftragt, den Haushaltssanierungsplan 2014, die Projektion bis 2021, die HSP-Maßnahmeübersicht 2014 mit den dazugehörigen Maßnahmeblättern, die mittelfristige Finanzplanung 2015 - 2017 im Haushaltsplan 2014, sowie etwaige weitere betroffene Unterlagen anzupassen. Dabei sind zu berücksichtigen:
24a) die Mehrerträge, die sich aus den o.g. Hebesatzänderungen ergeben, und
25b) der Anteil der Stadt B. an der vorläufigen Entlastung durch den Bund im Hinblick auf die Kosten der Eingliederungshilfe (sog. Zwischenmilliarde) für die Jahre 2015 und 2016 in Höhe von jeweils 122.500 €.
263. Die Verwaltung wird des weiteren beauftragt, den durch diesen Beschluss abgeänderten Haushaltssanierungsplan 2014 unverzüglich der Bezirksregierung B1. zur Genehmigung vorzulegen.“
27Mit Bescheid vom 11. Juli 2014 genehmigte die Bezirksregierung B1. die in der Sitzung des Beauftragten am 28. Mai 2014 beschlossene Fortschreibung 2014 des Haushaltssanierungsplans.
28Mit Beratungsvorlage Nr. (44/16) der Verwaltung vom 12. November 2014 an den Hauptausschuss sowie den Rat wurden folgende Beschlüsse vorgeschlagen:
29„1. ‚Der Hauptausschuss empfiehlt dem Rat der Stadt B. (Westf.) die Satzung über die Festsetzung der Steuersätze für die Grund- und Gewerbesteuer (Hebesatzsatzung) ab dem Jahr 2015 in der vorgelegten Fassung zu beschließen.‘
302. ‚Der Rat der Stadt B. (Westf.) beschließt die Satzung über die Festsetzung der Steuersätze für die Grund- und Gewerbesteuer (Hebesatzsatzung) ab dem Jahr 2015 in der vorgelegten Fassung. Die in der Haushaltssatzung genannten Hebesätze haben nur deklaratorische Bedeutung.‘“
31Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt:
32„Gegen den erklärten Willen des Rates hat der Beauftragte des Landes NRW für die Stadt B. (Westf.) in seiner Sitzung vom 28.05.2014 eine Änderung des Haushaltssanierungsplans beschlossen und eine Erhöhung der Grundsteuer B (Maßnahme 28) und eine Erhöhung der Gewerbesteuer (Maßnahme 29) vorgesehen.
33Mit Bescheid der Bezirksregierung B1. vom 11.07.2014 zur Genehmigung des Haushalts 2014 wurde unter anderem verfügt, dass der Rat im Zusammenhang mit der Fortschreibung des Haushaltssanierungsplans 2015 die entsprechenden Beschlüsse vornehmen muss.“
34In der Ratssitzung vom 1. Dezember 2014 beschloss der Rat mehrheitlich - bei drei Gegenstimmen und Enthaltung der CDU-Fraktion und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - die Satzung über die Festsetzung der Steuersätze für die Grund- und Gewerbesteuer (Hebesatzsatzung) ab dem Jahr 2015 in der vorgelegten Fassung, durch deren § 1 u.a. der Hebesatz für Grundstücke (Grundsteuer B) für das Jahr 2015 auf 766 v.H. festgesetzt wurde. Die Hebesatzsatzung wurde aufgrund der Bekanntmachungsanordnung des Bürgermeisters vom 3. Dezember 2014 am 10. Dezember 2014 im Bekanntmachungsblatt des Märkischen Kreises bekannt gemacht und trat gemäß deren § 2 am 1. Januar 2015 in Kraft.
35Mit Bescheid vom 19. Januar 2015 setzte der Bürgermeister der Beklagten unter Zugrundelegung des Hebesatzes von 766 % gegenüber den Klägern u.a. Grundsteuer B in Höhe von 1.173,36 EUR fest.
36Am 23. Februar 2015 haben die Kläger Klage erhoben. Zur Begründung machen sie im Wesentlichen geltend: Die Erhöhung der Grundsteuer um 266 Prozentpunkte führe zu einer jährlichen Mehrbelastung von 407,46 EUR. Für das Jahr 2016 habe die Beklagte bereits beschlossen, den Hebesatz der Grundsteuer B auf 910 v.H. zu erhöhen. Dies bedeute eine weitere jährliche Belastung von 220,58 EUR. Die Hebesatzsatzung sei bereits deshalb unwirksam, weil sich aus der Beratungsvorlage Nr. (44/16) vom 12. November 2014 ergebe, dass die Erhöhung des Grundsteuerhebesatzes gegen den erklärten Willen des Rates erfolgt sei. Nicht der Rat, sondern der vom Land Nordrhein-Westfalen bestellte Beauftragte habe am 28. Mai 2014 die Änderung des Haushaltssanierungsplans und damit einhergehend die Erhöhung des Hebesatzes beschlossen. Zudem habe der Rat der Beklagten ausweislich des Bescheides der Bezirksregierung B1. vom 11. Juli 2014 die Erhöhung vornehmen müssen. Damit beruhe die Hebesatzsatzung nicht auf der politischen Willensbildung des Rates, so dass ein Verstoß gegen die §§ 40 ff. GO NRW vorliege. In diesem Zusammenhang stelle sich auch die Frage, ob die Bestellung des Beauftragten und die damit einhergehende Erhöhung des Hebesatzes für die Grundsteuer B erforderlich bzw. rechtmäßig gewesen wäre, wenn die Beklagte ihre grundgesetzlich garantierte finanzielle Mindestausstattung vom Land Nordrhein-Westfalen erhalten hätte. Zu diesen grundgesetzlichen Vorgaben für die Finanzausstattung der Städte, Gemeinden und Kreise sei am 6. Januar 2016 in Düsseldorf ein von Herrn Prof. Dr. M. erstattetes Rechtsgutachten vorgestellt worden. Darüber hinaus sei die Beschlussvorlage nicht hinreichend begründet worden. In materieller Hinsicht verstoße die Hebesatzerhöhung gegen den Grundsatz der sozialen Gerechtigkeit und das Gebot einer sozialen Steuerpolitik nach Maßgabe des in Art. 20 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) verankerten Sozialstaatsprinzips. Es sei auch zu berücksichtigen, dass die grundstücksbezogenen Gebühren - u.a. für Schmutz- und Niederschlagswasser - in den letzten Jahren erheblich gestiegen seien und das auch für die Preise für den Bezug von Frischwasser gelte. Zudem habe es zum 1. Januar 2016 einen Systemwechsel bei den „Wasserpreisen“ gegeben. Insgesamt müssten sie, die Kläger, somit fast 2.000,00 EUR/Jahr für Abwassergebühren, Grundsteuer und die Versorgung mit Frischwasser aufbringen. Ferner stehe der erhöhte Grundsteuerhebesatz nicht im Einklang mit Art. 14 Abs. 1 GG, da er erdrosselnd wirke. Dies gelte umso mehr, als sich die Beklagte mit einem Hebesatz von 766 v.H. im Vergleich mit anderen Kommunen „an vorderster Front“ befinde. Unter Berücksichtigung der für das Jahr 2016 bereits beschlossenen weiteren Erhöhung auf 910 v.H. sei die Beklagte sogar „absoluter und unangefochtener Spitzenreiter“. Selbst dann, wenn die erdrosselnde Wirkung verneint werde, sei die Hebesatzsatzung wegen eines Verstoßes gegen den das Prinzip der eigentumschonenden Besteuerung konkretisierenden Halbteilungsgrundsatz ermessensfehlerhaft ergangen und damit rechtswidrig. Insofern sei in Form einer typisierenden Betrachtung die Gesamtbelastung der Grundeigentümer auch unter Berücksichtigung der Verbrauchsteuern in den Blick zu nehmen. Aufgrund der starken Erhöhung des Grundsteuerhebesatzes verbleibe typischerweise für den jeweiligen Grundeigentümer kein privater Ertragsnutzen mehr. Im Übrigen werde gegen das Gleichbehandlungsgebot verstoßen, da die Hebesätze der Gewerbesteuer nur geringfügig bzw. der Grundsteuer A überhaupt nicht erhöht worden seien. Schließlich gereiche die Erhöhung des Grundsteuerhebesatzes auch der Beklagten selbst zum Nachteil, da diese zu einer Bevölkerungsabwanderung führe und den seit mehreren Jahren anhaltenden Bevölkerungsrückgang noch verstärken werde.
37Die Kläger beantragen,
38den Grundbesitzabgabenbescheid des Bürgermeisters der Beklagten vom 19. Januar 2015 aufzuheben, soweit darin Grundsteuer B von mehr als 765,90 EUR festgesetzt ist.
39Die Beklagte beantragt,
40die Klage abzuweisen.
41Zur Begründung macht sie u.a. geltend: Den Kommunen werde durch das Hebesatzrecht die Möglichkeit eröffnet, ihre Steuereinnahmen dem konkreten Finanzbedarf anzupassen. Dieses Recht genieße im Rahmen der kommunalen Finanzhoheit besonderen Schutz. In Einzelfällen könne der Eindruck entstehen, der Festlegung eines Hebesatzes von 766 v.H. komme erdrosselnde Wirkung zu. Dass jedoch gegen das Übermaßverbot verstoßen werde, lasse sich nicht feststellen, insbesondere werde in anderen Kommunen bereits jetzt über deutlich höhere Hebesätze diskutiert. Zuzustimmen sei den Klägern darin, dass die Erhöhung des Hebesatzes gegen den erklärten Willen des Rates erfolgt sei. Insofern habe jedoch der Vorgabe des Beauftragten des Landes Nordrhein-Westfalen Folge geleistet werden müssen. Da weitere Möglichkeiten zur Kompensation des notleidenden Haushalts nicht ersichtlich gewesen seien, habe der Rat in seiner Sitzung vom 1. Dezember 2014 die Hebesatzsatzung beschlossen. Eine stärkere Erhöhung der Gewerbesteuer sei nicht in Betracht gekommen, da sie - die Beklagte - sich insofern im Wettbewerb mit benachbarten Gemeinden befinde.
42Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
43Entscheidungsgründe:
44Die als Teilanfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zulässige Klage ist unbegründet. Die Grundsteuerfestsetzung in dem Grundbesitzabgabenbescheid vom 19. Januar 2015 ist auch in dem angefochtenen Umfang rechtmäßig und verletzt die Kläger daher nicht in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
45Rechtsgrundlage für die Grundsteuerfestsetzung sind die §§ 1 Abs. 1, 2 Nr. 2 Satz 1, 10 Abs. 1, 13 ff., 25 Abs. 1 bis 3, 4 Satz 1 und 27 Abs. 1 Satz 1 des Grundsteuergesetzes (GrStG) in Verbindung mit § 1 der Satzung vom 3. Dezember 2014 über die Festsetzung der Steuersätze für die Grund- und Gewerbesteuer der Stadt B. (Westf.) (Hebesatzsatzung) - im Folgenden: HS -. Danach sind die Kläger in Höhe von 1.173,36 EUR für das Jahr 2015 grundsteuerpflichtig.
46Die Kläger unterliegen der Grundsteuerpflicht. Nach § 2 Nr. 2 GrStG unterfällt ihr Grundstück als Steuergegenstand der Grundsteuer (vgl. §§ 68, 70 des Bewertungsgesetzes - BewG). Gegen die Berechnungsgrundlage, die auf dem Grundsteuermessverfahren beruht, durch das zugleich gegenüber der die Grundsteuer festsetzenden Behörde über die sachliche Steuerpflicht entschieden worden ist (vgl. §§ 184 Abs. 1, 182 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung - AO), haben die Kläger keine Einwände erhoben.
47Die Festsetzung der Grundsteuer B durch den Bescheid vom 19. Januar 2015 findet in der Hebesatzsatzung vom 3. Dezember 2014 eine wirksame Grundlage. Die Satzung ist formell (1) und materiell (2) wirksam.
48(1) Die Hebesatzsatzung ist vom Rat der Stadt B. als dem allein zuständigen Gemeindeorgan - vgl. § 41 Abs. 1 Satz 2 lit. i GO NRW i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 des Kommunalabgabengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (KAG NRW) - in seiner Sitzung vom 1. Dezember 2014 formwirksam beschlossen worden.
49Soweit gerügt wird, die Beschlussvorlage Nr. (44/16) sei nicht hinreichend begründet worden, steht dies der formellen Wirksamkeit der Hebesatzsatzung nicht entgegen. Denn die Gemeindeordnung statuiert keine derartige besondere Begründungspflicht. Vielmehr genügt es, dass der beschlussfähige Rat mit Stimmenmehrheit entscheidet (§§ 49 Abs. 1, 50 Abs. 1 Satz 1 GO NRW). Ob die Ratsmitglieder im Vorhinein durch eine mit Begründung versehene Beschlussvorlage hinreichend informiert worden sind, ist rechtlich ohne Belang.
50Ob darüber hinaus (möglicherweise) gegen Bestimmungen der Geschäftsordnungen des Rates oder des Hauptausschusses verstoßen worden ist, hat ebenfalls keinen Einfluss auf die formelle Rechtmäßigkeit der Hebesatzsatzung. Die Geschäftsordnung eines Rates bzw. eines Ausschusses gestaltet grundsätzlich nur Binnenrechtsbeziehungen innerhalb des Vertretungsorgans durch von ihm selbst aufgestellte Regeln, stellt aber kein Außenrecht dar.
51Vgl. für die Geschäftsordnung des Rates: Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Urteil vom 27. August 1996
52- 15 A 32/93 -, Nordrhein-Westfälische Verwaltungsblätter (NWVBl.) 1997, 69 mit zahlreichen weiteren Nachweisen.
53Schließlich wurde die Hebesatzsatzung aufgrund der Anordnung des Bürgermeisters vom 3. Dezember 2014 rechtsfehlerfrei im Amtsblatt des Märkischen Kreises vom 10. Dezember 2014 bekanntgemacht.
54(2) Auch in materieller Hinsicht erweist sich die Festsetzung des Hebesatzes für die Grundsteuer B auf 766 v.H. als wirksam.
55In der höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung
56vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteile vom 17. April 2002 - 9 CN 1.01 -, Kommunale Steuerzeitschrift (KStZ) 2002, 213 und vom 10. Dezember 2009 - 9 C 13.08 - (juris); OVG NRW, Urteil vom 23. Juni 2010 ‑ 14 A 597/09 ‑ (www.nrwe.de und juris)
57wie auch in derjenigen des erkennenden Gerichts
58vgl. Verwaltungsgericht (VG) Arnsberg, Urteile vom 14. September 2013 ‑ 5 K 2417/12 ‑, Deutsches Verwaltungsblatt (DVBl.) 2014, 59 und vom 6. Januar 2016 - 5 K 520/15 - (www.nrwe.de und juris)
59ist geklärt, dass sich mit Blick auf das kommunale Selbstverwaltungsrecht aus Art. 28 Abs. 2 GG bei der Prüfung satzungsrechtlicher Abgabenregelungen die gerichtliche Kontrolle auf die Prüfung der Vereinbarkeit der Festsetzungen mit höherrangigem Recht beschränkt und nicht die Überprüfung nach Art ermessensgeleiteter Verwaltungsakte umfasst. Daraus folgt zugleich, dass die Wirksamkeit gemeindlicher satzungsrechtlicher Abgabenregelungen, soweit es an entsprechenden gesetzlichen Anordnungen fehlt, weder von einer im Rahmen des Satzungserlasses vorgenommenen Zusammenstellung von Abwägungsmaterial noch von der Fehlerfreiheit des Abwägungsvorganges abhängt. Steuersätze müssen sich hinsichtlich ihrer Höhe nicht daran messen lassen, wie die kommunale Willensbildung erfolgt ist. Auf die Erwägungen und Beweggründe, also die Motivation des Satzungsgebers, kommt es bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit nicht an.
60Vgl. ferner: Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg, Urteil vom 13. Dezember 2012 - 2 S 1010/12 -, KStZ 2013, 116; OVG NRW, Beschlüsse vom 16. Juli 2013 - 14 A 464/13 und 14 A 2761/12 - (jeweils www.nrwe.de und juris); Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht (OVG Lüneburg), Beschluss vom 8. November 2010 - 9 LA 199/09 -(juris).
61Gemeinden haben bei der Festsetzung der Hebesätze wegen ihrer verfassungsrechtlich garantierten Steuerhoheit als Bestandteil der Finanzhoheit, die eine eigenverantwortliche Einnahmen- und Ausgabenwirtschaft gewährleistet, einen weiten Entschließungsspielraum, der seine Grenzen lediglich in den allgemeinen Grundsätzen des Haushalts- und Steuerrechts findet. Im Rahmen dieses Entschließungsspielraums, der auch erfasst, auf welche Weise die Gemeinden ihre kommunale Aufgabenerfüllung finanzieren, kommt es der Gemeinde - durch ihren Rat - zu, die Hebesätze autonom nach den jeweiligen finanziellen Bedürfnissen festzusetzen.
62Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 22. Juli 2009 - 15 A 2324/07 -, KStZ 2009, 190; VG Münster, Urteil vom 1. Dezember 2010 - 9 K 1493/10 -, Der Gemeindehaushalt (GemHH) 2011, 47; VG Arnsberg, Urteile vom 14. September 2013 - 5 K 2417/12 - a.a.O. und vom 6. Januar 2016 ‑ 5 K 520/15 ‑ (www.nrwe.de und juris).
63Nach Maßgabe dessen steht die streitgegenständliche Hebesatzanhebung im Einklang mit höherrangigem Recht.
64Zunächst hat der Rat der Beklagten - entgegen dem Vortrag der Kläger - eigenverantwortlich über die Hebesatzsatzung entschieden. Dem steht nicht entgegen, dass der Beauftragte für die Aufgaben des Rates in seiner ersten Sitzung anstelle des Rates am 28. Mai 2014 u.a. beschlossen hat, die Konsolidierungsmaßnahme 28 des Haushaltssanierungsplans 2014 dahingehend abzuändern, nunmehr für das Jahr 2015 eine Erhöhung der Grundsteuer B auf 766 v.H. vorzusehen. Diese Änderung (nur) des Haushaltssanierungsplans führt nicht dazu, dass die Hebesatzsatzung nicht auch auf der Willensbildung des Rates beruht. Denn trotz der Änderung des Haushaltssanierungsplans bedurfte es eines eigenständigen, die kommunale Willensbildung abbildenden Ratsbeschlusses hinsichtlich des Erlasses der Hebesatzsatzung.
65Nichts anderes folgt aus dem Bescheid des MIK NRW vom 25. März 2014. Nach dessen Ziffer 2 wurde der Beauftragte (lediglich) dazu ermächtigt, einen Beschluss über einen genehmigungsfähigen Haushaltssanierungsplan für das Jahr 2014 zu fassen. Zu diesem Zweck wurde ihm an Stelle des Rates die Befugnis übertragen, alle Entscheidungen gemäß § 41 Abs. 1 Satz 2 lit. h GO NRW zu treffen. Von dieser Befugnis werden jedoch Beschlüsse zur Aufstellung bzw. Änderung einer Hebesatzsatzung - vgl. § 41 Abs. 1 Satz 2 lit. i GO NRW - gerade nicht erfasst. Vielmehr stellte der vorbenannte Bescheid klar, dass sich das MIK NRW eine solche weitere Übertragung von Befugnissen auf den Beauftragten ausdrücklich nur vorbehalten hatte. Dieser Vorbehalt impliziert, dass (zunächst) der Rat der Beklagten in eigener Verantwortung über die Hebesatzerhöhung zu befinden hat. Erst im Falle eines ablehnenden Ratsbeschlusses hätte der Beauftragte - nach vorheriger Aufgabenübertragung durch das MIK NRW - an Stelle des Rates selbst eine neue Hebesatzsatzung beschließen können.
66Auch der weitere Bescheid der Bezirksregierung B1. vom 11. Juli 2014, mit dem die vom Beauftragten beschlossene Fortschreibung 2014 des Haushaltssanierungsplans genehmigt wurde, stellt die Erforderlichkeit eines eigenständigen Ratsbeschlusses nicht in Frage. Dies folgt schon aus dem Umstand, dass die Genehmigung einer Maßnahme nicht zur Erweiterung des Rechte- bzw. Pflichtenkreises des die Genehmigung Beantragenden führen kann. Ferner verdeutlichen auch die dem Bescheid beigefügten Hinweise die Erforderlichkeit eines die Hebesatzanhebung anordnenden Ratsbeschlusses. Denn danach waren die Maßnahmen des Haushaltssanierungsplans umzusetzen und nur für den Fall, dass die Umsetzung scheitern sollte, wäre eine Kompensationsmaßnahme zu treffen gewesen. Ergänzend hierzu ist in der weiterführenden Begründung der Verfügung ausgeführt, der Rat der Stadt B. sei nun gehalten, mit der Fortschreibung 2015 sowie 2016 des Haushaltssanierungsplans die notwendigen Beschlüsse zu fassen. Im Übrigen waren sich die einzelnen Ratsmitglieder der ihnen zukommenden eigenständigen Entscheidungsbefugnis durchaus bewusst. Dies beweist das Abstimmungsverhalten in der Ratssitzung vom 1. Dezember 2014, in der sich zwei Fraktionen geschlossen enthielten und drei Ratsmitglieder gegen die Hebesatzsatzung votierten.
67Ungeachtet dessen wäre selbst dann, wenn die beiden vorbenannten Bescheide dem Rat der Beklagten im Sinne zwingenden Rechts allein die Möglichkeit gelassen hätten, die Hebesatzerhöhung zu beschließen, eine Überprüfung unter kommunalverfassungsrechtlichen Gesichtspunkten mit der möglichen Folge eines „Durchschlagens“ auf die Wirksamkeit der Hebesatzsatzung nicht in Betracht gekommen, da beide Verfügungen rechtsverbindlich sind.
68Vgl. zur eingeschränkten Überprüfbarkeit einer rechtsverbindlichen kommunalaufsichtsrechtlichen Maßnahme im Klageverfahren gegen einenGebührenbescheid: OVG NRW, Urteil vom 10. Januar 1991 ‑ 2 A 2058/89 ‑ Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht-Rechtsprechungs-report (NVwZ-RR) 1992, 104.
69Dies folgt für den Bescheid vom 25. März 2014 schon ohne Weiteres daraus, dass die von der Beklagten dagegen erhobenen Rechtsmittel erfolglos geblieben sind.
70Vgl. zur letztinstanzlichen Entscheidung: OVG NRW, Beschluss vom 4. Juli 2014 - 15 B 571/14 - NWVBl. 2014, 437.
71Die Verfügung der Bezirksregierung B1. vom 11. Juli 2014 ist bestandskräftig, da sie nicht angefochten wurde.
72Die nach Ansicht der Kläger wenig aussagekräftige Begründung der Beschlussvorlage Nr. (44/16) führt - auch in materiell-rechtlicher Hinsicht - nicht zur Unwirksamkeit der Hebesatzsatzung. Die Erwägungen und Beweggründe des Satzungsgebers sind - wie ausgeführt - für die Wirksamkeit der Hebesatzsatzung ohne rechtliche Bedeutung. Daher kommt es nicht darauf an, in welcher Detailtiefe die dem Ratsbeschluss vorgehende Beschlussvorlage die zu berücksichtigenden Belange aufführt. Aus den gleichen Gründen verhilft die von den Klägern gerügte fehlerhafte Ermessensausübung dem Klagebegehren nicht zum Erfolg.
73Aus den gleichen Gründen ist ebenfalls unerheblich, ob der Rat der Beklagten die Hebesatzsatzung auch dann beschlossen hätte, wenn der Beklagten schon im Jahr 2015 ein Anspruch gegen das Land Nordrhein-Westfalen auf „eine grundgesetzlich garantierte finanzielle Mindestausstattung“ zugestanden hätte. Die Beantwortung dieser rein spekulativen Frage beeinflusst im Übrigen den Umstand, dass der Satzungsgeber die Hebesatzsatzung - zudem in Unkenntnis der vorbenannten Problematik - beschlossen hat, nicht ansatzweise.
74Die durch die Hebesatzsatzung ausgelöste Steuerbelastung ist ferner weder in ihrer Gesamtheit noch mit ihrem Erhöhungsfaktor von 53,2 % (= 266 Prozentpunkte) verfassungsrechtlich unangemessen. Ihr kommt auch keine Erdrosselungswirkung zu. Allein diese Steuerbelastung ist in den Blick zu nehmen. Soweit die Kläger darauf verweisen, ab dem 1. Januar 2016 steige der Hebesatz auf dann 910 v.H., ist dies ohne Belang, da dieser Hebesatz dem angegriffenen Bescheid nicht zugrundeliegt.
75Mit der Anhebung des Hebesatzes auf 766 v.H. steht die Beklagte im Jahr 2015 im interkommunalen Vergleich entgegen den Ausführungen der Kläger nicht „an vorderster Front“: Im selben Jahr hatten bereits 14 weitere Kommunen in Nordrhein-Westfalen höhere Grundsteuerhebesätze als 766 v.H., darunter neun Kommunen mit Hebesätzen von mindestens 800 v.H. Hierzu gehörten im Regierungsbezirk B1. die Gemeinden Werl und Selm.
76Vgl. die Quelle im Internet:
77http://www.ihk-koeln.de/2796_Realsteuer_Hebesaetze_
78in_Nordrhein_Westfa.AxCMS (zuletzt abgerufen am 8. Januar 2016).
79Die Hebesatzerhöhung führt auch nicht zu einer verfassungsrechtlich unangemessenen Steuerbelastung. Hierzu hat das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in seinem Beschluss vom 16. Juli 2013 - 14 A 464/13 -, KStZ 2014, 31 ausgeführt:
80„Richtig ist, dass die Gestaltungsfreiheit des Normgebers auch bei der Schrankenbestimmung durch Auferlegung von Steuerlasten, die an vermögenswerte Rechtspositionen anknüpfen, durch die allgemeinen Grundsätze der Verhältnismäßigkeit begrenzt ist und dass dann, wenn im Einzelfall keine vermögenswerte Rechtsposition betroffen ist, der gleiche Maßstab zur Rechtfertigung einer Beeinträchtigung des Art. 2 Abs. 1 GG gilt. Die Steuerbelastung darf aus rechtsstaatlichen Gründen nicht übermäßig sein.
81Vgl. BVerfG, Beschluss vom 18. Januar 2006 - 2 BvR 2194/99 -, BVerfGE 115, 97 (114 ff.); Beschluss vom 5. Februar 2002
82- 2 BvR 305, 348/93 -, BVerfGE 105, 17 (32).“
83Das ist hier nicht der Fall. Nach Angaben der Kläger führt die Erhöhung des Hebesatzes zu einer jährlichen Steuermehrbelastung von 407,46 EUR. Dies entspricht einer monatlichen Mehrbelastung von lediglich 33,96 EUR. Eine solche Mehrbelastung erscheint nicht als unverhältnismäßig.
84Es ist im Übrigen weder dargelegt noch sonst ersichtlich, dass unter Berücksichtigung verschiedener Nutzungsarten - Einfamilienhaus, Zweifamilienhaus, Eigentumswohnung, Geschäftsgrundstück (ganz oder überwiegend gewerblich genutzt) - die durchschnittliche monatliche Mehrbelastung der Grundsteuerpflichtigen im Gemeindegebiet der Beklagten - im Gegensatz zur punktuell betrachteten Mehrbelastung der Kläger - unverhältnismäßig sein könnte.
85Vor diesem Hintergrund erweist sich die Grundsteuer auch nicht als erdrosselnd. Es ist nicht ersichtlich, dass durch die Erhöhung des Hebesatzes ein Ausmaß erreicht wird, durch das die Privatnützigkeit des Eigentums gefährdet oder gar aufgehoben würde. Vielmehr kann auch nach der deutlichen Erhöhung des Hebesatzes sowohl bei ausschließlich selbst genutzten Objekten als auch bei vermieteten Liegenschaften die Grundsteuer aus den Grundstückserträgen erwirtschaftet werden, ohne dass es zu einer Vernichtung der Steuerquelle selbst käme.
86Vgl. hierzu: Finanzgericht (FG) Berlin, Urteil vom 6. Oktober 2004 ‑ 2 K 2386/02 ‑, Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2005, 390 und VG Arnsberg (zu einem Hebesatz für die Grundsteuer B von 800 v.H.), Urteil vom 17. Februar 2014 - 5 K 1205/13 - (www.nrwe.de und juris).
87Die in den letzten Jahren erhöhten Gebühren für Schmutz- und Niederschlagswasser sowie die gestiegenen Preise für die Beschaffung von Frischwasser sind mit Bezug auf die Frage, ob die Belastung durch die Grundsteuer unverhältnismäßig hoch ist bzw. ob der Grundsteuer eine Erdrosselungswirkung zukommt, ohne rechtliche Bedeutung. Allein die (Mehr-)Belastung durch die Grundsteuer ist insofern in den Blick zu nehmen. Wegen des Charakters der Grundsteuer als Objektsteuer muss sich die aus ihr ergebende Steuerlast nicht an den Prinzipien der finanziellen Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen ausrichten. Es kommt nicht auf dessen allgemeine finanzielle Leistungsfähigkeit an. Vielmehr zielt die Grundsteuer wirtschaftlich betrachtet allein auf die durch den Grundbesitz vermittelte Leistungskraft.
88Vgl. dazu: Bundesfinanzhof (BFH), Vorlagebeschluss vom 22. Oktober 2014 - II R 37/14 - (juris) unter Verweis auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts.
89Danach ist bereits eine Gesamtsaldierung aller den jeweiligen Grundstückseigentümer treffenden steuerlichen Belastungen unzulässig. Erst recht gilt dies für nichtsteuerliche Abgaben wie Gebühren und privatrechtliche Entgelte, wie z.B. für die Versorgung mit Frischwasser.
90Soweit die Kläger geltend machen, die Hebesatzsatzung verstoße gegen das in Art. 14 GG verankerte Prinzip der eigentumschonenden Besteuerung, gegen den sogenannten Halbteilungsgrundsatz und gegen das Sozialstaatsprinzip aus Art. 20 GG, greifen diese Bedenken nicht durch. Unabhängig von der Frage, ob und wann Steuerlasten überhaupt in den Schutzbereich von Art. 14 GG fallen,
91vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschlüsse vom 18. Januar 2006
92- 2 BvR 2194/99 -, Neue Juristische Wochenschrift (NJW) 2006, 1191, vom 8. April 1997 - 1 BvR 48/94 -, NJW 1997, 1974 und vom 22. Juni 1995 - 2 BvL 37/91 -, NJW 1995, 2615,
93wäre ein solcher Eingriff jedenfalls gerechtfertigt. Die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers wird auch bei der Schrankenbestimmung, die an vermögenswerte Rechtspositionen anknüpft, durch die allgemeinen Grundsätze der Verhältnismäßigkeit begrenzt.
94Vgl. zur verfassungsrechtlichen Rechtfertigung: BVerfG, Beschluss vom 18. Januar 2006 - 2 BvR 2194/99 - a.a.O.
95Diese Grundsätze sind hier nach den vorstehenden Ausführungen beachtet.
96Der vom Bundesverfassungsgericht aus Art. 14 Abs. 2 GG abgeleitete „Halbteilungsgrundsatz“
97vgl. BVerfG, Beschluss vom 22. Juni 1995 - 2 BvL 37/91 - a.a.O
98kann bereits deshalb die Höhe des satzungsrechtlich bestimmten Hebesatzes nicht beeinflussen, da dieser auf die Grundsteuer keine Anwendung findet. Das Bundesverfassungsgericht hat klargestellt, dass der Halbteilungsgrundsatz allein aus der vermögensteuerspezifischen Belastungssituation entwickelt wurde und sich daher nur auf solche Belastungen bezieht, die mitursächlich auf eine Vermögensteuer-belastung zurückzuführen sind. Hingegen stellt der „Halbteilungsgrundsatz“ gerade keine Belastungsobergrenze dar, die unabhängig von der jeweiligen Steuerart Geltung beansprucht. Er kann mithin auf andere Steuerarten - wie beispielsweise die Grundsteuer als Objektsteuer - nicht übertragen werden.
99Vgl. BVerfG, Beschluss vom 18. Januar 2006 - 2 BvR 2194/99 - a.a.O.; hierzu auch: OVG NRW, Beschluss vom 22. August 2012 - 14 A 2132/10 - (www.nrwe.de und juris).
100Ebenso begrenzt das Sozialstaatsprinzip nicht die Höhe der Steuerbelastung. Denn das Sozialstaatsprinzip im Steuerrecht beschränkt sich allein auf die Befugnis und gegebenenfalls das Gebot zur Berücksichtigung sozialer Belange sowie auf das Gebot, Einkommen steuerfrei zu belassen, soweit es zur Schaffung der Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein benötigt wird. Darüber hinausgehende Wirkungen entfaltet das Sozialstaatsprinzip im Steuerrecht hingegen nicht.
101Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 16. Juli 2013 - 14 A 2761/12 - NWVBl. 2014, 30.
102Die Anhebung des Hebesatzes für die Grundsteuer B ist schließlich auch mit dem aus Art. 3 Abs. 1 GG abgeleiteten Grundsatz der Steuergerechtigkeit vereinbar. Hierzu hat das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen in seinem Urteil vom 25. Oktober 2012 - 5 K 1137/12 -, Zeitschrift für Kommunalfinanzen (ZKF) 2012, 288 ausgeführt:
103„Im Hinblick auf den Vergleich der Hebesätze für die Grundsteuer A und B bzw. die Gewerbesteuer bildet die in § 26 GrStG vorgesehene Möglichkeit der Koppelung - von der der Landesgesetzgeber keinen Gebrauch gemacht hat - die einzige Möglichkeit einer gesetzlichen Vorgabe zu Relationen zwischen diesen Steuertypen. Dies zeigt zugleich, dass grundsätzlich anerkannt ist, dass die Steuern wesensverschieden sind und damit ein sachlicher Grund im Sinne des Art. 3 GG für eine differenzierte Festlegung der Steuersätze vorliegt. So wird auch in der Gesetzesbegründung zu § 25 Abs. 4 GrStG explizit festgestellt, dass die Grundsteuer A einen wesentlich anderen Charakter habe, als die Grundsteuer B und damit für Betriebe der Land- und Forstwirtschaft einerseits und Grundstücke andererseits jeweils ein eigener Hebesatz festgelegt werden könne.
104Vgl. Begründung der Regierungsvorlage, zit. nach Troll/Eisele, GrStG, 10. Aufl. 2010, § 25 Rn. 1; vgl. auch Stöckel/Volquardsen, Grundsteuerrecht, Kommentar, 2. Aufl. 2012,§ 25 Rn. 7.“
105Nach diesen Maßstäben, denen das erkennende Gericht bereits in seinem rechtskräftigen Urteil vom 14. September 2013 - 5 K 2417/12 - (a.a.O.) gefolgt ist und weiterhin folgt, ist hier ein Gleichheitsverstoß nicht festzustellen. Weder die Höhe der Grundsteuer A oder B bzw. der Gewerbesteuer noch das Verfahren zur Festsetzung der jeweiligen Hebesätze lassen Verstöße gegen den allgemeinen Gleichheitssatz hervortreten.
106Ist nach alledem die Hebesatzänderung für die Grundsteuer B nicht zu beanstanden, weist die angefochtene Grundsteuerfestsetzung im Bescheid vom 19. Januar 2015 auch im Übrigen keine Rechtsfehler zu Lasten der Kläger auf.
107Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 1 VwGO.
108Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit den §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).
Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Arnsberg Urteil, 11. Feb. 2016 - 5 K 637/15
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Verwaltungsgericht Arnsberg Urteil, 11. Feb. 2016 - 5 K 637/15 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).
(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.
(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.
(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.
(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.
(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
Steuergegenstand ist der inländische Grundbesitz im Sinne des Bewertungsgesetzes:
- 1.
die Betriebe der Land- und Forstwirtschaft (§§ 232 bis 234, 240 des Bewertungsgesetzes); diesen stehen die in § 218 Satz 2 des Bewertungsgesetzes bezeichneten Betriebsgrundstücke gleich; - 2.
die Grundstücke (§§ 243, 244 des Bewertungsgesetzes); diesen stehen die in § 218 Satz 3 des Bewertungsgesetzes bezeichneten Betriebsgrundstücke gleich.
(1) Zum Grundvermögen gehören
- 1.
der Grund und Boden, die Gebäude, die sonstigen Bestandteile und das Zubehör, - 2.
das Erbbaurecht, - 3.
das Wohnungseigentum, Teileigentum, Wohnungserbbaurecht und Teilerbbaurecht nach dem Wohnungseigentumsgesetz,
(2) In das Grundvermögen sind nicht einzubeziehen
Einzubeziehen sind jedoch die Verstärkungen von Decken und die nicht ausschließlich zu einer Betriebsanlage gehörenden Stützen und sonstigen Bauteile wie Mauervorlagen und Verstrebungen.(1) Jede wirtschaftliche Einheit des Grundvermögens bildet ein Grundstück im Sinne dieses Gesetzes.
(2) Ein Anteil des Eigentümers eines Grundstücks an anderem Grundvermögen (z. B. an gemeinschaftlichen Hofflächen oder Garagen) ist in das Grundstück einzubeziehen, wenn alle Anteile an dem gemeinschaftlichen Grundvermögen Eigentümern von Grundstücken gehören, die ihren Anteil jeweils zusammen mit ihrem Grundstück nutzen. Das gilt nicht, wenn das gemeinschaftliche Grundvermögen nach den Anschauungen des Verkehrs als selbständige wirtschaftliche Einheit anzusehen ist (§ 2 Abs. 1 Satz 3 und 4).
(3) Als Grundstück im Sinne dieses Gesetzes gilt auch ein Gebäude, das auf fremdem Grund und Boden errichtet oder in sonstigen Fällen einem anderen als dem Eigentümer des Grund und Bodens zuzurechnen ist, selbst wenn es wesentlicher Bestandteil des Grund und Bodens geworden ist.
(1) Steuermessbeträge, die nach den Steuergesetzen zu ermitteln sind, werden durch Steuermessbescheid festgesetzt. Mit der Festsetzung der Steuermessbeträge wird auch über die persönliche und sachliche Steuerpflicht entschieden. Die Vorschriften über die Durchführung der Besteuerung sind sinngemäß anzuwenden. Ferner sind § 182 Abs. 1 und für Grundsteuermessbescheide auch Abs. 2 und § 183 sinngemäß anzuwenden.
(2) Die Befugnis, Realsteuermessbeträge festzusetzen, schließt auch die Befugnis zu Maßnahmen nach § 163 Absatz 1 Satz 1 ein, soweit für solche Maßnahmen in einer allgemeinen Verwaltungsvorschrift der Bundesregierung, der obersten Bundesfinanzbehörde oder einer obersten Landesfinanzbehörde Richtlinien aufgestellt worden sind. Eine Maßnahme nach § 163 Absatz 1 Satz 2 wirkt, soweit sie die gewerblichen Einkünfte als Grundlage für die Festsetzung der Steuer vom Einkommen beeinflusst, auch für den Gewerbeertrag als Grundlage für die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags.
(3) Die Finanzbehörden teilen den Inhalt des Steuermessbescheids sowie die nach Absatz 2 getroffenen Maßnahmen den Gemeinden mit, denen die Steuerfestsetzung (der Erlass des Realsteuerbescheids) obliegt. Die Mitteilungen an die Gemeinden erfolgen durch Bereitstellung zum Abruf; § 87a Absatz 8 und § 87b Absatz 1 gelten dabei entsprechend.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
T a t b e s t a n d :
2Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Erhebung von Grundsteuer B nach der mit Wirkung zum 1. Januar 2015 erfolgten Erhöhung des Grundsteuerhebesatzes von 500 v.H. auf 600 v.H.
3Die Beklagte stellt seit mehr als 15 Jahren ihren Haushalt im Rahmen der Haushaltskonsolidierung auf. Seit dem Jahr 2011 nimmt sie gemäß § 3 des Gesetzes zur Unterstützung der kommunalen Haushaltskonsolidierung im Rahmen des Stärkungspakts Stadtfinanzen (Stärkungspaktgesetz - StPG) als pflichtig teilnehmende Gemeinde an der Konsolidierungshilfe teil. Im Jahr 2014 wurden im Rahmen der Haushaltskonsolidierung 223 Maßnahmen mit einem Konsolidierungsvolumen von 34,9 Mio. EUR beschrieben und umgesetzt.
4Mit Beschlussvorlage 0274/14 der Verwaltung vom 26. November 2014 an den Haupt- und Finanzausschuss sowie den Rat wurde die „Anhebung der Grundsteuer B zur Aktivierung für zusätzliche Investitionen“ vorgeschlagen. Zur Begründung war u.a. ausgeführt:
5„Die Bezirksregierung Arnsberg hat vorgegeben, dass die Investitionen im Haushalt der Stadt Hamm auf 50 % der ordentlichen Tilgung begrenzt sind. Da die Stadt Hamm in den vergangenen Jahren kontinuierlich ihre Investitionsverbindlichkeiten abgebaut hat, führt das dazu, dass die Tilgung sukzessive sinkt und somit auch die 50 % von einer sich immer weiter reduzierenden Basis berechnen. Die Auswirkungen sind auch im Haushalt entsprechend dargestellt.
6…
7Parallel dazu ergibt sich aber die Notwendigkeit zusätzliche investive Maßnahmen in der Stadt durchzuführen, die neben der Investition in die Substanz auch neue Projekte zulassen.
8Diese finanziellen Mittel sind aufgrund der Beschränkungen des Stärkungspaktes und dem Erfordernis des strukturellen Haushaltsausgleiches ab dem Jahr 2016 nicht aus dem Haushalt selbst zu generieren.
9Im Rahmen von verschiedenen Gesprächen mit der Bezirksregierung Arnsberg wurde auch thematisiert, wie das städtische Investitionsvolumen freiwillig erhöht werden kann. Dies ist nach übereinstimmender Meinung von Verwaltung und Kommunalaufsicht nachhaltig nur über eine Steigerung der Erträge im städtischen Haushalt zu realisieren.
10Die derzeitigen Hebesätze der Realsteuern als wesentliche eigene Ertragsquellen betragen:
11- Grundsteuer A = 225 v.H.(seit 2010 unverändert, davor 210 v.H. seit 1992)
12- Grundsteuer B = 500 v.H.(seit 2010 unverändert, davor 465 v.H. seit 1995)
13- Gewerbesteuer = 465 v.H.(seit 2010, davor 450 v.H. seit 1997)
14Insgesamt befindet sich Hamm damit deutlich unter dem Schnitt vergleichbarer Städte. Dies trifft in besonderem Maße auf die Städte des Stärkungspaktes der Stufen 1 und 2 zu.
15Die Verwaltung schlägt dem Rat daher eine Erhöhung des Hebesatzes für die Grundsteuer B vor. Die weiteren Hebesätze sollen unverändert bleiben. Damit soll beispielsweise eine doppelte Belastung von Unternehmen ‑ durch eine höhere Grund- und Gewerbesteuer ‑ vermieden werden.
16Es wird folgender Hebesatz vorgeschlagen:
17Grundsteuer B (für die Grundstücke) von 500 v.H. auf 600 v.H.
18Aus der Erhöhung wären ca. 5,2 Mio. € Mehrerträge pro Jahr für den Haushalt zu generieren. Die Stadt Hamm wird sich auch nach dieser Anhebung noch unterhalb des Durchschnittswertes der Stärkungs-paktkommunen befinden. Weitere vergleichende Informationen sind der Mitteilungsvorlage Nr. 0027/14 zu entnehmen.
19Diese Mehrerträge sind nach Auffassung der Bezirksregierung dann in vollem Umfang für aktivierbare Investitionen zu verwenden, um echte Vermögenswerte zu schaffen.“
20Mit weiterer Beschlussvorlage 0272/14 vom 26. November 2014 an den Haupt- und Finanzausschuss sowie den Rat schlug die Verwaltung die „Gründung der Stadtentwicklungsgesellschaft Hamm mbH“ zum 1. Januar 2015 als 100 %ige Tochter der Stadt Hamm mit einem Stammkapital von 25.000,00 EUR vor. In der Beschlussvorlage wurde zur Begründung u.a. Folgendes ausgeführt:
21„Aufgabe der Gesellschaft
22Gegenstand des Unternehmens ist die städtebauliche Entwicklung auf dem Gebiet der Stadt Hamm in den Bereichen mit besonderem Interventionsbedarf. Dieser wird durch Maßnahmen der Grundstücksentwicklung umgesetzt. Dazu gehört die Durchführung von Projektentwicklungs- und Steuerungsaufgaben, die Vermögensverwaltung- und Bewirtschaftung sowie der Erwerb, die Sanierung und die Vermietung und Veräußerung von Grundstücken und Gebäuden.
23Die Gesellschaft wird dort tätig, wo es zu städtebaulichen Fehlentwicklungen bzw. Sanierungsbedarf gekommen ist, der durch die am Markt agierenden Eigentümer, privaten Investoren und Unternehmen nicht in einem angemessenen Zeitraum aufgegriffen und beseitigt wird. Die Gesellschaft soll durch ihr Engagement Anreize dafür schaffen, dass sich auch private Investoren in den Hammer Gebieten mit eigenen Projekten engagieren. Mögliche Einsätze stellen der Grunderwerb und die Baureifmachung von Grundstücken dar; aber auch die Übernahme von Hochbau-Investitionen bis hin zur Vermarktung der Immobilien sind Aufgaben. Die Gesellschaft soll jedoch nicht langfristig Eigentümerin von Grundstücken und Immobilien sein, sondern diese an private oder öffentliche Akteure nach erfolgreicher Projektentwicklung veräußern.
24…
25Ausstattung der Gesellschaft
26Die Gesellschaft wird kein eigenes Personal vorhalten. Die erforderlichen Dienstleistungen werden durch die vorhandenen Ressourcen der Stadtverwaltung bereitgestellt. Zur Erledigung der Aufgaben der Stadtentwicklungsgesellschaft wird es darüber hinaus erforderlich sein, externe Dienstleister, Bauunternehmen, Büros oder Gutachter zu beauftragen.
27…
28Finanzierung
29Die Finanzierung der Gesellschaft erfolgt durch entsprechende Kapitalzuführungen der Stadt Hamm. Diese wird im Haushaltsjahr 2015 in Höhe von 25.000 € für das Stammkapital und in Höhe von 4.975.000 € für die Kapitalrücklage der Gesellschaft investiv zur Verfügung gestellt. Für die Jahre 2016 bis 2021 soll die Gesellschaft jeweils 5.000.000 € jährlich an Kapitalzuführung durch die Stadt Hamm erhalten. Insgesamt werden der Gesellschaft bis zum Jahr 2021 35.000.000 € an Kapital zur Verfügung gestellt. Im Jahr 2021 soll eine Evaluation dieses Investitions‑ und Finanzierungsmodells erfolgen (vgl. Vorlage Nr. 0274/14).
30Die Mittel werden in der Finanzstelle 240_0902013010 SEG Gesellschaft investiv zur Verfügung gestellt.
31Zur Finanzierung der Kapitalzuführung wird die Grundsteuer B um 100 % ‑ Punkte auf 600 erhöht. Aus dieser Erhöhung werden jährlich Einzahlungen in Höhe der Kapitalzuführung erwartet. Die Erhöhung der Grundsteuer wird durch separate Änderung der Hebesatzsatzung beschlossen.
32Organe
33Die Organe der Gesellschaft sind die Geschäftsführung sowie die Gesellschafterversammlung. Die Gesellschafterversammlung setzt sich aus 15 Mitgliedern zusammen. Gemäß § 113 ist der Oberbürgermeister oder ein von ihm benannter Vertreter geborenes Mitglied.
34Als Geschäftsführer wird Herr A. bestellt.“
35In der Ratssitzung vom 9. Dezember 2014 wurden die beiden Vorlagen beraten. Zunächst beschloss der Rat die Gründung der Stadtentwicklungsgesellschaft mbH (im Folgenden: SEG) und die Entsendung von Ratsmitgliedern in die Gesellschafterversammlung. Nachfolgend beschloss der Rat die Satzung über die Festsetzung der Hebesätze für die Realsteuern der Stadt Hamm (Hebesatzsatzung), durch deren § 2 Satz 1 Nr. 1.2 der Hebesatz für die Grundstücke (Grundsteuer B) auf 600 v.H. festgesetzt wurde. Die Hebesatzsatzung wurde aufgrund der Bekanntmachungsanordnung des Oberbürgermeisters vom 11. Dezember 2014 am 17. Dezember 2014 im Westfälischen Anzeiger bekannt gemacht und trat nach deren § 3 am 1. Januar 2015 in Kraft.
36Durch Grundbesitzabgabenbescheid vom 22. Januar 2015 setzte der Oberbürgermeister der Beklagten gegenüber der Klägerin für das Veranlagungsobjekt Einfamilienhaus I.-hof u.a. Grundsteuer B von xxx EUR fest. Der Steuerberechnung für das Kalenderjahr 2015 waren ein Messbetrag von xx EUR und der Hebesatz von 600 % zugrunde gelegt. Dem Bescheid war ein Rundschreiben des Oberbürgermeisters der Beklagten beigefügt, mit dem dieser darauf hinwies, dass der Rat am 9. Dezember 2014 die Anhebung der Grundsteuer B um 100 Punkte beschlossen habe und diese zusätzliche Einnahme für die finanzielle Ausstattung einer Stadtentwicklungsgesellschaft genutzt werden solle, welche in den kommenden Jahren zusätzliche Investitionen in der Stadt vornehmen werde.
37Am 18. Februar 2015 hat die Klägerin Klage erhoben. Zu deren Begründung macht sie u.a. geltend: Die Hebesatzsatzung verstoße in mehrfacher Hinsicht gegen Recht und sei deshalb unwirksam. Zunächst liege ein Verstoß gegen den haushaltsrechtlichen Grundsatz der Gesamtdeckung vor, weil die Zweckbindung der Mittel aus der Hebesatzerhöhung für die Kapitalausstattung der SEG unzulässig sei. Dabei sei unerheblich, dass die Zweckbindungsabsicht nicht unmittelbar in dem Beschluss über die Hebesatzsatzung Niederschlag finde, denn die Diskussion der Beschlussgegenstände sei in der Ratssitzung formal verbunden worden. Hinzu komme die rechtswidrige Ausgliederung von Vermögensbildung und Investitionstätigkeit auf die SEG als zivilrechtliche Tochtergesellschaft. Die Tochtergesellschaft entziehe sich sowohl hinsichtlich der Mittelverwendung als auch mit Bezug auf das Vermögensergebnis den strengen Vorgaben des gemeindlichen Haushaltsrechts. Außerdem würden durch das von der Beklagten gewählte Konstrukt die Bindungen aus dem Stärkungspaktgesetz umgangen. Um zu verhindern, dass eine überschuldete und pflichtig am Stärkungspakt teilnehmende Gemeinde sich auf Kosten der Konsolidierungshilfen gesunder Gemeinden bereichere, sei ausdrücklich eine Beschränkung der Investitionsmöglichkeiten vorgesehen. Ferner bewirke die zusätzliche Zahlung von Entschädigungen an die in die Gesellschafterversammlung entsandten Ratsmitglieder einen Verstoß gegen die haushaltsrechtlichen Grundsätze der effizienten und sparsamen Wirtschaftsführung. Schließlich werde auch gegen Grundsätze des Haushaltsausgleichs verstoßen, weil die Grundsteuern vorrangig zur Eigenkapitalausstattung und Ausgleichsrücklage verwendet werden müssten.
38Die Klägerin beantragt,
39den Grundbesitzabgabenbescheid des Oberbürgermeisters der Beklagten vom 22. Januar 2015 aufzuheben, soweit darin Grundsteuer B in Höhe von xxx EUR festgesetzt ist.
40Die Beklagte beantragt,
41die Klage abzuweisen.
42Zur Begründung macht sie u.a. geltend: Bei der Festsetzung von Hebesätzen bestehe ein weiter Entschließungsspielraum, der seine Grenzen lediglich in höherrangigem Recht finde. Dieser umfasse das Recht, die Hebesätze autonom nach den jeweiligen finanziellen Bedürfnissen festzusetzen. Steuersätze ließen sich nicht daran messen, auf welchen Gründen die kommunale Willensbildung beruhe. Deshalb komme es auf die Erwägungen und Beweggründe des Satzungsgebers nicht an. Hinzu komme, dass eine rechtliche Zweckbindung für die Erhöhung des Hebesatzes nicht gegeben sei. Die Erhöhung des Investitionsvolumens sei wie jede zusätzliche Ausgabe zu finanzieren. Die Finanzierung zusätzlicher Aufgaben sei allein durch Erhöhung der Erträge aus Steuereinnahmen möglich. Die Mehreinzahlungen würden investiv verwendet. Eine automatische Weiterleitung der Steuer zu einem bestimmten Zweck erfolge nicht. Im Übrigen stelle sich eine Zweckbindung der Steuer als grundsätzlich unbedenklich dar. Unabhängig davon sei die Gründung von Kapitalgesellschaften zulässig. Auch erfolge eine Abbildung der Gesellschaften im Haushalt. Die SEG sei als hundertprozentige Tochtergesellschaft der Stadt uneingeschränkt durch den Rat kontrollierbar. Auch würden die Regelungen des Stärkungspaktgeset-zes befolgt; dies zeige die Genehmigung der Bezirksregierung Arnsberg in Bezug auf die Haushaltssatzung 2015 mit der dortigen Fortschreibung des Haushaltssanierungsplans.
43Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Verfahrensakte und der zur Kammersammlung überreichten Satzungsunterlagen der Beklagten Bezug genommen.
44E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
45Die als Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zulässige Klage ist nicht begründet. Die angefochtene Grundsteuerfestsetzung in dem Grundbesitzabgabenbescheid vom 22. Januar 2015 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin daher nicht in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
46Rechtsgrundlage für die Grundsteuerfestsetzung sind die §§ 1 Abs. 1, 2 Nr. 2 Satz 1, 10 Abs. 1, 13 ff., 25 Abs. 1 bis 3, 4 Satz 1 und 27 Abs. 1 Satz 1 des Grundsteuergesetzes (GrStG) in Verbindung mit § 2 Satz 1 Nr. 1.2 der Satzung vom 11. Dezember 2014 über die Festsetzung der Hebesätze für die Realsteuern der Stadt Hamm (Hebesatzsatzung) - im Folgenden: HS -. Danach ist die Klägerin in Höhe von xxx EUR für das Jahr 2015 grundsteuerpflichtig.
47Die Klägerin unterliegt der Grundsteuerpflicht. Nach § 2 Nr. 2 GrStG unterfällt ihr Grundbesitz als Steuergegenstand der Grundsteuer (vgl. §§ 68, 70 des Bewertungsgesetzes - BewG). Gegen die Berechnungsgrundlage, die auf dem Grundsteuermessverfahren beruht, durch das zugleich gegenüber der die Grundsteuer festsetzenden Behörde über die sachliche Steuerpflicht entschieden worden ist (vgl. §§ 184 Abs. 1, 182 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung - AO), hat die Klägerin keine Einwände erhoben.
48Die Festsetzung der Grundsteuer B findet ihre Rechtsgrundlage in der Hebesatzsatzung vom 11. Dezember 2014. Diese Satzung ist wirksam.
49Das gilt zunächst in formeller Hinsicht. Die Satzung wurde am 9. Dezember 2014 vom Rat der Stadt Hamm beschlossen und aufgrund der Bekanntmachungsanordnung des Oberbürgermeisters vom 11. Dezember 2014 im Westfälischen Anzeiger vom 17. Dezember 2014 ortsüblich bekannt gemacht.
50Auch in materiell-rechtlicher Hinsicht erweist sich die Festsetzung des Hebesatzes für die Grundsteuer B auf 600 v.H. als wirksam. Durch die Erhöhung des Hebesatzes wurde keine unzulässige Änderung der Abgabenart bewirkt und keine als Steuer getarnte Sonderabgabe mit Finanzierungsfunktion eingeführt (1). Die allgemeine Zweckbestimmung der Hebesatzsatzung führt auch unter Berücksichtigung des weiteren Zwecks der Finanzierung der SEG nicht zur Unwirksamkeit der Satzung (2). Ferner liegt kein rechtlich beachtlicher Verstoß gegen sonstige haushaltsrechtliche Bestimmungen vor (3). Die Steuerbelastung ist schließlich weder in ihrer Gesamthöhe noch mit dem Erhöhungsfaktor von 20 % (= 100 Prozentpunkten) verfassungsrechtlich unangemessen und ihr kommt auch keine Erdrosselungswirkung zu (4).
51(1) Durch die Erhöhung des Hebesatzes wurde weder eine unzulässige Änderung der Abgabenart bewirkt (a) noch eine als Steuer getarnte Sonderabgabe mit Finanzierungsfunktion eingeführt (b).
52(a) Durch die Erhöhung des Hebesatzes für die Grundsteuer B wurde die Abgabenart (Steuer) nicht in unzulässiger Weise geändert. Steuern sind nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG)
53vgl. dazu etwa BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 1983- 2 BvR 1275/79 -, Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE) 65, 325
54in Anlehnung an den Steuerbegriff der Abgabenordnung (vgl. § 3 Abs. 1 AO) einmalige oder laufende Geldleistungen, die nicht eine Gegenleistung für eine besondere Leistung darstellen und von einem öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen zur Erzielung von Einkünften allen auferlegt werden, bei denen der Tatbestand zutrifft, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft. Hierzu gehört kraft ausdrücklicher gesetzlicher Bestimmung gemäß § 3 Abs. 2 AO u.a. die Grundsteuer als Realsteuer, also auch die hier streitige Grundsteuer B. Sie wird nach Maßgabe des Grundsteuergesetzes und der Hebesatzsatzung ohne eine städtische Gegenleistung von allen Grundstückseigentümern im Satzungsgebiet erhoben.
55(b) Daran ändert auch die der Beschlussfassung des Rates beigegebene Begründung für die Erhöhung des Hebesatzes nichts. Zwar verweist die Beschlussvorlage vom 26. November 2014 zur Zweckbestimmung für die erhöhte Grundsteuer B auf die „Aktivierung für zusätzliche Investitionen“. Hierdurch wird die Grundsteuer indes nicht zu einer als Steuer getarnten Sonderabgabe mit Finanzierungsfunktion. Eine Sonderabgabe in diesem Sinne zeichnet sich dadurch aus, dass sie vom Normgeber unter Inanspruchnahme von Kompetenzen außerhalb der Finanzverfassung geschaffen wird und einen Sachzweck verfolgt, der über die bloße Mittelbeschaffung hinausgeht.
56Vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 2009 - 2 BvR 743/01 -, BVerfGE 123, 132 (141 f.) zu einer Abgabe zur Finanzierung der Holzabsatzförderung.
57An beidem fehlt es hier: Die streitige Abgabe beruht auf dem Grundsteuergesetz und damit auf finanzverfassungsrechtlicher Kompetenzgrundlage (Art. 105 Abs. 2, 106 Abs. 6 des Grundgesetzes - GG). Sie dient - auch mit dem „Erhöhungsanteil“ von 100 Prozentpunkten - der Beschaffung allgemeiner Finanzmittel, wie sich aus der Beschlussbegründung zweifelsfrei ergibt, und zwar zur „Aktivierung für zusätzliche Investitionen“. Dabei ist es auch ohne Belang, dass die Grundsteuer nicht speziell der Gruppe der Grundbesitzer zugutekommt. Im Gegenteil belegt gerade auch dieser Umstand, dass es sich um eine Steuer und nicht um eine Sonderabgabe handelt.
58Vgl. hierzu Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 16. Juli 2013 - 14 A 464/14 -, Kommunale Steuerzeitschrift (KStZ) 2014, 31.
59Der Charakterisierung der streitigen Grundbesitzabgabe als Steuer steht auch nicht entgegen, dass keine Abgabepflicht der Allgemeinheit begründet wird, sondern ausschließlich Grundeigentümer abgabepflichtig sind. Einen Rechtssatz etwa des Inhalts, dass nur die Abgabe Steuer ist, die alle Einwohner zu entrichten haben, gibt es nicht. Die Erhebung der Steuer knüpft an die Erfüllung eines Steuertatbestandes, wie hier nach § 2 GrStG an den Grundbesitz, an. Damit wird die Entrichtung der Steuer nur einem bestimmten Personenkreis auferlegt, und zwar demjenigen, der den Steuertatbestand erfüllt.
60Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 16. Juli 2013 - 14 A 464/13 - a.a.O.
61Die der Hebesatzerhöhung um 100 Prozentpunkte beigegebene weitere Zweckbestimmung, nach der die Mehrerträge von ca. 5,2 Mio. EUR „nach Auffassung der Bezirksregierung dann in vollem Umfang für aktivierbare Investitionen zu verwenden“ seien, „um echte Vermögenswerte zu schaffen“, ist mit Bezug auf die Bestimmung der Abgabenart als Steuer ebenfalls ohne rechtliche Bedeutung. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist eine Zweckbestimmung im Hinblick auf den Begriff Steuer schon grundsätzlich unbedenklich.
62Vgl. etwa zur sogenannten Ökosteuer: BVerfG, Urteil vom 20. April 2004- 1 BvR 905/00 -, BVerfGE 110, 274 (294 f.).
63Das gilt auch hier.
64Hinzu kommt, dass die Einnahmen aus der Hebesatzerhöhung trotz der vorgenannten Begründung nicht zweckgebunden (zu verwenden) sind.
65Ebenso mit gleichem Ergebnis zu einer „Übernachtungssteuer“: OVG Thüringen, Beschluss vom 23. August 2011 - 3 EN 77/11 - , Zeitschrift für Kommunalfinanzen (ZKF) 2011, 236; zu einer „Kulturförderabgabe“ für Übernachtungen: OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 17. Mai 2011 ‑ 6 C 11337/10 ‑, ZKF 2011, 165.
66Denn einerseits enthält die Hebesatzsatzung selbst keine solche Zweckbindung, andererseits dient der vorgenannte Teil der Beschlussvorlage lediglich der Begründung für die Erhöhung, ohne zugleich eine rechtsverbindliche Verwendungsentscheidung zu treffen. Damit fehlt es insgesamt an einer rechtlich verbindlichen Zweckbindung für das Steueraufkommen aus der (erhöhten) Grundsteuer B.
67(2) Die der Hebesatzerhöhung allgemein beigegebene Zweckbestimmung führt auch unter Berücksichtigung des weiteren Zwecks der Finanzierung der SEG nicht zur Unwirksamkeit der Satzung.
68In der höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung
69vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteile vom 17. April 2002- 9 CN 1.01 -, KStZ 2002, 213 und vom 10. Dezember 2009 - 9 C 13.08 - (juris); OVG NRW, Urteil vom 23. Juni 2010 - 14 A 597/09 - (www.nrwe.de und juris)
70wie auch in derjenigen des erkennenden Gerichts
71vgl. Verwaltungsgericht (VG) Arnsberg, Urteile vom 24. September 2013- 5 K 2417/12 -, Deutsches Verwaltungsblatt (DVBl.) 2014, 59 = Nordrhein-Westfälische Verwaltungsblätter (NWVBl.) 2014, 79 und vom 17. Februar 2014 - 5 K 1205/13 -, Städte- und Gemeinderat (StGR) 2014, 33
72ist geklärt, dass sich mit Blick auf das kommunale Selbstverwaltungsrecht aus Art. 28 Abs. 2 GG bei der Prüfung satzungsrechtlicher Abgabenregelungen die gerichtliche Kontrolle auf die Prüfung der Vereinbarkeit der Festsetzungen mit höherrangigem Recht beschränkt und nicht die Überprüfung nach Art ermessensgeleiteter Verwaltungsakte umfasst. Daraus folgt zugleich, dass die Wirksamkeit gemeindlicher satzungsrechtlicher Abgabenregelungen, soweit es an entsprechenden gesetzlichen Anordnungen fehlt, weder von einer im Rahmen des Satzungserlasses vorgenommenen Zusammenstellung von Abwägungsmaterial noch von der Fehlerfreiheit des Abwägungsvorganges abhängt. Steuersätze müssen sich hinsichtlich ihrer Höhe nicht daran messen lassen, wie die kommunale Willensbildung erfolgt ist. Auf die Erwägungen und Beweggründe, also die Motivation des Satzungsgebers, kommt es bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit nicht an.
73Vgl. Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg, Urteil vom 13. Dezember 2012 - 2 S 1010/12 -, KStZ 2013, 116; OVG NRW, Urteil vom 23. Juni 2010 - 14 A 597/09 - a.a.O. und Beschlüsse vom 16. Juli 2013 - 14 A 464/13 und 14 A 2761/12 - (jeweils www.nrwe.de und juris); OVG Lüneburg, Beschluss vom 8. November 2010 - 9 LA 199/09 - (juris).
74Gemeinden haben bei der Festsetzung der Hebesätze wegen ihrer verfassungsrechtlich garantierten Steuerhoheit als Bestandteil der Finanzhoheit, die eine eigenverantwortliche Einnahmen- und Ausgabenwirtschaft gewährleistet, einen weiten Entschließungsspielraum, der seine Grenzen lediglich in den allgemeinen Grundsätzen des Haushalts- und Steuerrechts findet. Im Rahmen dieses Entschließungsspielraums, der auch umfasst, auf welche Weise die Gemeinden ihre kommunale Aufgabenerfüllung finanzieren, kommt es der Gemeinde ‑ durch ihren Rat ‑ zu, die Hebesätze autonom nach den jeweiligen finanziellen Bedürfnissen festzusetzen.
75Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 22. Juli 2009 - 15 A 2324/07 -, KStZ 2009, 190; VG Münster, Urteil vom 1. Dezember 2010 - 9 K 1493/10 -, Der Gemeindehaushalt (GemHH) 2011, 47; VG Arnsberg, Urteile vom 24. September 2013 ‑ 5 K 2417/12 - a.a.O. und vom 17. Februar 2014- 5 K 1205/13 - a.a.O.
76Nach Maßgabe dessen ergibt sich für die streitgegenständliche Hebesatzerhöhung auf 600 v.H. Folgendes:
77Bereits aus den vorstehenden Ausführungen (unter 1) folgt, dass zwar die Einnahmen aus der Hebesatzerhöhung trotz der Begründung aus der Beschlussvorlage nicht zweckgebunden (zu verwenden) sind, weil einerseits die Hebesatzsatzung selbst keine solche Zweckbindung enthält und andererseits die Beschlussvorlage lediglich der Begründung für die Erhöhung dient, ohne zugleich eine rechtsverbindliche Verwendungsentscheidung zu treffen.
78Nichts Weitergehendes ergibt sich aus der Beschlussfassung des Rates über die Gründung der SEG und deren Finanzierung - aus dem erhöhten Grundsteueraufkommen. Dies folgt schon daraus, dass beide Beschlüsse nicht in einem - hier allerdings geltend gemachten - unauflösbaren rechtlichen Zusammenhang stehen. Ein solcher Zusammenhang mag zwar sowohl politisch und als auch aus haushaltsrechtlichen Erwägungen gegeben gewesen sein, in rechtlicher Hinsicht besteht er indes nicht. Das ergibt sich - rein formal - schon daraus, dass die Beschlussfassungen des Rates auf der Grundlage von zwei verschiedenen Beschlussvorlagen der Verwaltung zeitlich nacheinander erfolgten und nicht „uno actu“. Einer einheitlichen Beschlussfassung stand unabhängig davon außerdem entgegen, dass unterschiedliche gesetzliche Handlungsformen einzuhalten waren: Während die Erhöhung des Hebesatzes für die Grundsteuer B ausschließlich in der Rechtsform einer Satzung erfolgen konnte und erfolgt ist, bedurfte es für die Gründung der SEG einer Beschlussfassung über die Rechtsform (hier: GmbH), deren Organisation und schließlich den Gesellschaftsvertrag.
79Unabhängig davon kommt hinzu, dass selbst im Fall der Unwirksamkeit eines der Ratsbeschlüsse sich dieser Mangel nicht zwingend auf den anderen Beschluss auswirkte. Wird etwa angenommen, dass die Hebesatzsatzung unwirksam war, so hätte dies keine unmittelbaren rechtlichen Auswirkungen auf die „wirksam gegründete“ SEG sondern allenfalls auf deren (Ersatz-)Finanzierung und ggfs. den Umfang des Geschäftsvolumens. Umgekehrt wirkte sich die Fehlerhaftigkeit der Gründung der SEG nicht unmittelbar auf die Hebesatzsatzung und den dadurch erhöhten Hebesatz aus sondern allenfalls auf die haushaltsrechtliche Verwendung der daraus erzielten Mehrerträge etwa zur Finanzierung anderer Investitionsvorhaben oder zur Schuldentilgung.
80(3) Es liegt auch kein rechtlich beachtlicher Verstoß gegen sonstige haushaltsrechtliche Bestimmungen vor.
81Es ist zunächst kein Verstoß gegen § 77 Abs. 2 der Gemeindeordnung Nordrhein-Westfalen (GO NRW) oder § 3 Abs. 2 Satz 1 des Kommunalabgabengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (KAG NRW) feststellbar. § 77 Abs. 2 GO NRW bestimmt, dass die Gemeinde die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Finanzmittel soweit vertretbar und geboten aus speziellen Entgelten für die von ihr erbrachten Leistungen und nur im Übrigen aus Steuern zu beschaffen hat, soweit die sonstigen Finanzmittel nicht ausreichen. Nach § 3 Abs. 2 Satz 1 KAG NRW sollen die Gemeinden Steuern nur erheben, soweit die Deckung der Ausgaben durch andere Einnahmen, insbesondere durch Gebühren und Beiträge, nicht in Betracht kommt.
82Das in diesen Vorschriften normierte Gebot der Subsidiarität der Steuern gegenüber den speziellen Entgelten kann nicht dazu führen, dass die Bemessung der Hebesätze an die Ausschöpfung des Gebührenrahmens für besondere Leistungen gebunden wird. Eine derartige Auslegung wäre mit der Kompetenzordnung des Grundgesetzes unvereinbar, denn das grundgesetzlich garantierte bundesrechtliche Hebesatzrecht der Gemeinden für die Grundsteuer nach Art. 106 Abs. 6 GG J. .V.m. § 25 Abs. 1 GrStG gewährt dem Landesgesetzgeber keine Kompetenz für eine entsprechende Einschränkung. Auch § 26 GrStG bildet keine Ermächtigung für eine materielle Beschränkung des örtlichen Hebesatzes im Verhältnis zu den sonstigen Einnahmen der Gemeinde.
83Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Juni 1993 - 8 C 32.90 -, KStZ 1993, 193 (zur Gewerbesteuer).
84Folglich binden die vorgenannten, dem Haushaltsrecht zuzuordnenden Vorschriften die Gemeinden zwar insofern, als auf Steuerquellen nur zurückgegriffen werden darf, soweit die sonstigen Einnahmen nicht zur Deckung des Haushalts ausreichen. Im Übrigen steht es aber im Ermessen der Gemeinden, in welchem Ausmaß sie zur Deckung ihres Finanzbedarfs Steuerquellen heranziehen wollen.
85Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Juni 1993 - 8 C 32.90 - a.a.O.; VG Arnsberg, Urteil vom 14. September 2013 ‑ 5 K 2417/12 - a.a.O.
86Letzteres ist hier der Fall. Aus dem Vorbringen der Beklagten zur Haushaltssanierung ergibt sich, dass die sonstigen Finanzmittel schon zur Deckung des Haushalts ‑ bei weitem ‑ nicht ausreichten und somit erst recht keine zusätzlichen Investitionsausgaben zuließen. Unter Berücksichtigung dessen stand es im Entschließungsspielraum der Beklagten, zur Ermöglichung von ‑ mittelbar über die SEG zu erbringenden ‑ Investitionen Mehrerträge aus der Anhebung der Grundsteuer B zu generieren.
87Auch ein Verstoß gegen § 75 Abs. 1 Satz 2 GO NRW liegt nicht vor. Nach dieser Vorschrift hat die Gemeinde den Haushalt wirtschaftlich, effizient und sparsam zu führen. Die sich daraus ergebende Grenze für gemeindliche Ausgaben ist erst dann überschritten, wenn ein Verbrauch von öffentlichen Mitteln festzustellen ist, der wirtschaftlich in keinem Fall mehr vertretbar ist und deshalb auch nicht mehr im Rahmen einer ordnungsgemäßen Verwaltung liegt.
88Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 16. Juli 2013 - 14 A 1466/13 und 14 A 366/13 - (n.v.).
89Derartiges ist hier mit Bezug auf die Hebesatzerhöhung für die Grundsteuer B weder substantiiert vorgetragen noch - auch nur ansatzweise - ersichtlich. Nach der der Hebesatzerhöhung beigegebenen Begründung sollen die Mehreinnahmen zur Aufwandsdeckung für zusätzliche Investitionen dienen. Hierbei handelt es sich offensichtlich um ein zumindest vertretbares Ausgabeverhalten. Dieses wurde zudem mit der Bezirksregierung Arnsberg als der für die Kommunalaufsicht zuständigen Behörde im Einzelnen abgestimmt.
90Unabhängig davon wäre die Hebesatzfestsetzung selbst dann nicht rechtsfehlerhaft, wenn einzelne Ausgabenansätze ‑ wie insbesondere derjenige zur Finanzierung der SEG ‑ haushaltsrechtlich zu beanstanden wären. Denn die Beklagte wäre auch in einem solchen Fall aufgrund ihres weiten Entschließungsspielraums nicht verpflichtet, die durch entsprechende Kürzungen gewonnenen Einsparungen gerade auf das Grundsteueraufkommen anzurechnen. Insofern fehlt es bei den allgemein zur Erzielung von Einnahmen erhobenen Steuern - im Unterschied etwa zur Gebührenerhebung - bereits an einer im Abgabentatbestand vorgegebenen Verknüpfung zwischen den Steuersätzen und den Ausgabeansätzen.
91So auch VG Gelsenkirchen, Urteil vom 25. Oktober 2012 ‑ 5 K 1137/12 ‑, ZKF 2012, 288 unter Hinweis auf OVG Lüneburg, Urteil vom 19. September 1990 - 13 C 4/87 -, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht (NVwZ) 1991, 907; Bayerischer VGH (BayVGH), Beschluss vom 20. Oktober 2011 - 4 ZB 11.1187 - (juris); ebenso VG Arnsberg, Urteil vom 14. September 2013 ‑ 5 K 2417/12 - a.a.O.
92Im Übrigen verstößt die Anhebung des Hebesatzes für die Grundsteuer B auch nicht gegen den Grundsatz der Abgabengerechtigkeit bzw. den allgemeinen Gleichheitssatz. Weder die Höhe der Grundsteuer A bzw. der Gewerbesteuer noch das Verfahren zur Festsetzung der jeweiligen Hebesätze oder die Situation in anderen Gemeinden lassen einen Verstoß gegen den Grundsatz der Abgabengerechtigkeit oder den allgemeinen Gleichheitssatz hervortreten.
93Vgl. dazu auch OVG NRW, Beschlüsse vom 16. Juli 2013
94- 14 A 1466/13 und 14 A 366/13 - (n.v.).
95Die im Übrigen geltend gemachten haushaltsrechtlichen Verstöße beziehen sich sämtlich auf die Gründung und den Gesellschaftszweck der SEG sowie deren Finanzierung aus dem Grundsteueraufkommen. Als solche mögen sie geeignet sein, die politische Entscheidung für die Gründung der SEG in Frage zu stellen. Sie sind hingegen ‑ wie bereits ausgeführt ‑ nicht geeignet, die Wirksamkeit der Hebesatzsatzung zu erschüttern.
96(4) Die durch die Hebesatzsatzung ausgelöste Steuerbelastung ist weder in ihrer Gesamtheit noch mit dem Erhöhungsfaktor von 20 % (= 100 Prozentpunkten) verfassungsrechtlich unangemessen und ihr kommt auch keine Erdrosselungswirkung zu.
97Mit der Anhebung des Hebesatzes für die Grundsteuer B auf 600 v. H. wird kein „Spitzensteuersatz“ erreicht: Bereits im Jahr 2013 galten in sechs Kommunen in Nordrhein-Westfalen deutlich höhere Grundsteuerhebesätze von mehr als 700 v.H., darunter in der Stadt Unna mit einem Hebesatz von 769 v.H. und in der Nachbarstadt Werl von 800 v.H. In weiteren 14 Kommunen betrugen die Hebesätze für die Grundsteuer B 600 v.H. bis 699 v.H.
98Vgl. VG Arnsberg, Urteil vom 17. Februar 2014 ‑ 5 K 1205/13 ‑ a.a.O. mit weiteren Nachweisen.
99Die Hebesatzerhöhung führt auch im Übrigen nicht zu einer verfassungsrechtlich unangemessenen Steuerbelastung (vgl. u.a. Art. 20 Abs. 1 GG). Hierzu hat das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in seinem Beschluss vom 16. Juli 2013 - 14 A 464/13 - (a.a.O.) ausgeführt:
100„Richtig ist, dass die Gestaltungsfreiheit des Normgebers auch bei der Schrankenbestimmung durch Auferlegung von Steuerlasten, die an vermögenswerte Rechtspositionen anknüpfen, durch die allgemeinen Grundsätze der Verhältnismäßigkeit begrenzt ist und dass dann, wenn im Einzelfall keine vermögenswerte Rechtsposition betroffen ist, der gleiche Maßstab zur Rechtfertigung einer Beeinträchtigung des Art. 2 Abs. 1 GG gilt. Die Steuerbelastung darf aus rechtsstaatlichen Gründen nicht übermäßig sein.
101Vgl. BVerfG, Beschluss vom 18. Januar 2006 - 2 BvR 2194/99 -, BVerfGE 115, 97 (114 ff.); Beschluss vom 5. Februar 2002 ‑ 2 BvR 305, 348/93 ‑, BVerfGE 105, 17 (32).“
102Das ist hier nicht der Fall. Ausgehend von der Beschlussvorlage für die Hebesatzfestsetzung und der ihr beigefügten Anlage 2 ergeben sich auf Basis der durchschnittlichen Steuerbeträge und unter Berücksichtigung der Nutzungsart die folgenden Auswirkungen:
103Durchschnitt Jahressteuer € bei |
Mehrbetrag je |
||
Nutzart |
500 % |
600 % |
Monat |
Einfamilienhaus |
283,05 € |
339,66 € |
4,72 € |
Zweifamilienhaus |
407,55 € |
489,06 € |
6,79 € |
Eigentumswohnung |
219,70 € |
263,64 € |
3,66 € |
Geschäftsgrund-stücke (ganz o. überwiegend ge-werblich) |
3.241,16 € |
3.889,39 € |
54,02 € |
Danach errechnen sich für den einzelnen Grundeigentümer unter Berücksichtigung der jeweiligen Nutzungsart außerhalb gewerblicher Nutzung eine durchschnittliche monatliche Mehrbelastung zwischen 3,66 EUR und 6,79 EUR sowie eine durchschnittliche monatliche Gesamtbelastung zwischen (263,64 EUR : 12 =) 21,95 EUR und (489,06 EUR : 12 =) 40,76 EUR. Eine solche durchschnittliche Belastung er-scheint nicht als unverhältnismäßig.
105Vor diesem Hintergrund erweist sich die Belastung mit der Grundsteuer B auch nicht als erdrosselnd. Es ist nicht ersichtlich, dass durch die Erhöhung des Hebesatzes ein Ausmaß erreicht wird, durch das die Privatnützigkeit des Eigentums gefährdet oder gar aufgehoben würde. Vielmehr kann auch nach der Erhöhung des Hebesatzes sowohl bei ausschließlich selbst genutzten Objekten als auch bei vermieteten Liegenschaften die Grundsteuer aus den Grundstückserträgen erwirtschaftet werden, ohne dass es zu einer Vernichtung der Steuerquelle selbst käme.
106Vgl. hierzu: Finanzgericht (FG) Berlin, Urteil vom 6. Oktober 2004- 2 K 2386/02 -, Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2005, 390 und VG Arnsberg, Urteile vom 24. September 2013 ‑ 5 K 2417/12 ‑ a.a.O. (zu einem Hebesatz für die Grundsteuer B von 720 v.H) und vom 17. Februar 2014 - 5 K 1205/13 - a.a.O. (zu einem Hebesatz für die Grundsteuer B von 800 v.H.).
107Ist nach alledem die Hebesatzänderung für die Grundsteuer B nicht zu beanstanden, weist die angefochtene Grundsteuerfestsetzung im Bescheid vom 22. Januar 2015 auch im Übrigen keine Rechtsfehler zu Lasten der Klägerin auf.
108Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
109Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).
110(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.
(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.
(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen die Versagung vorläufigen Rechtsschutzes durch den Beschluss des Verwaltungsgerichts Arnsberg vom 5. Mai 2014 wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 7.500 Euro festgesetzt.
1
Gründe
2Die Beschwerde der Antragstellerin ist unbegründet.
3Die Antragstellerin wendet sich in der Hauptsache gegen die Bestellung eines Beauftragten nach § 8 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes zur Unterstützung der kommunalen Haushaltskonsolidierung im Rahmen des Stärkungspakts Stadtfinanzen (Stärkungspaktgesetz) vom 9. Dezember 2011 (GV. NRW. S. 662), zuletzt geändert durch Art. 1 des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Stärkungspaktgesetzes vom 3. Dezember 2013 (GV. NRW. S. 726) - nachfolgend StärkPaktG genannt. Das Verwaltungsgericht hat die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen den diesbezüglichen Bescheid des Ministeriums für Inneres und Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen vom 25. März 2014 abgelehnt. Zur Begründung hat es im Kern ausgeführt, die gemäß § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung falle zu Lasten der Antragstellerin aus. Der angefochtene Bescheid, mit dem der Antragsgegner einen Beauftragten für die Beschlussfassung über einen genehmigungsfähigen Haushaltssanierungsplan 2014 bestellt habe, erweise sich mit ganz überwiegender Wahrscheinlichkeit als rechtmäßig. Zudem liege ein besonderes öffentliches Vollzugsinteresse vor.
4Die Richtigkeit der diese Bewertung tragenden Erwägungen wird durch das für die Überprüfung durch das Oberverwaltungsgericht maßgebliche Beschwerdevorbringen (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) nicht erfolgreich in Frage gestellt. Im Einzelnen:
5Mit dem Stärkungspaktgesetz hat der Landesgesetzgeber Ende 2011 auf die zu diesem Zeitpunkt bereits eingetretene oder jedenfalls mittelfristig bis zum Jahr 2016 drohende Überschuldung einer Reihe von nordrhein-westfälischen Kommunen reagiert.
6Vgl. dazu sowie zur Systematik des Gesetzes eingehend Klieve, Das nordrhein-westfälische Stärkungspaktgesetz, GemHH 2012, 52 ff.
7Ziel des Gesetzes ist es, den Gemeinden, die sich in einer besonders schwierigen Haushaltslage befinden, durch die Zurverfügungstellung von Konsolidierungshilfen einen nachhaltigen Haushaltsausgleich zu ermöglichen (vgl. § 1 StärkPaktG), wobei abhängig vom Zeitpunkt der drohenden Überschuldung zwischen pflichtig teilnehmenden Gemeinden und solchen unterschieden wird, die an der Konsolidierungshilfe lediglich auf Antrag teilnehmen (vgl. §§ 3 und 4 StärkPaktG). Als Gegenleistung für die zusätzlich gewährten finanziellen Mittel ist die Teilnahme am Stärkungspakt für alle vom Gesetz betroffenen Kommunen mit der Übernahme von Pflichten verbunden. Kernstück des Gesetzes ist insoweit der Haushaltssanierungsplan nach § 6 StärkPaktG. Die pflichtig teilnehmenden Gemeinden ‑ darunter die Antragstellerin ‑ mussten danach erstmals zum 30. Juni 2012 einen vom Rat beschlossenen Haushaltssanierungsplan vorlegen, der seitdem jährlich fortzuschreiben ist und jeweils der Genehmigung der örtlich zuständigen Bezirksregierung bedarf; von den auf Antrag teilnehmenden Gemeinden war erstmals zum 30. September 2012 ein Haushaltssanierungsplan vorzulegen (§ 6 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 StärkPaktG). Die Genehmigung kann nur erteilt werden, wenn im Haushaltssanierungsplan u. a. der Haushaltsausgleich gemäß § 75 Absatz 2 Satz 1 und 2 GO NRW unter Einbeziehung der Konsolidierungshilfe zum nächstmöglichen Zeitpunkt und von diesem Zeitpunkt an jährlich, bei pflichtig teilnehmenden Gemeinden in der Regel spätestens ab dem Jahr 2016 und bei freiwillig teilnehmenden Gemeinden spätestens ab dem Jahr 2018 erreicht wird (§ 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 StärkPaktG). Ohne Konsolidierungshilfe muss der Haushaltsausgleich nach dem Haushaltssanierungsplan von den pflichtig wie von den freiwillig teilnehmenden Gemeinden spätestens im Jahr 2021 erreicht werden (§ 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 StärkPaktG). Pflichtverstöße der Gemeinden im Zusammenhang mit der Vorlage des Haushaltssanierungsplans lösen Sanktionen aus. Zum einen ist Zahlungsvoraussetzung für die Konsolidierungshilfe die Einhaltung des Haushaltssanierungsplans (§ 5 Abs. 3 Satz 2 StärkPaktG) Zum anderen gilt: Kommt die Gemeinde ihrer Pflicht zur Vorlage des Haushaltssanierungsplans nicht nach, weicht sie vom Haushaltssanierungsplan ab oder werden dessen Ziele aus anderen Gründen nicht erreicht, setzt die örtlich zuständige Bezirksregierung der Gemeinde eine angemessene Frist, in deren Lauf die Maßnahmen zu treffen sind, die notwendig sind, um die Vorgaben dieses Gesetzes und die Ziele des Haushaltssanierungsplans einzuhalten (§ 8 Abs. 1 Satz 1 StärkPaktG). Sofern die Gemeinde diese Maßnahmen innerhalb der gesetzten Frist nicht ergreift, ist durch das für Kommunales zuständige Ministerium ein Beauftragter gemäß § 124 GO NRW zu bestellen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 StärkPaktG).
8Die von der Antragstellerin im Hinblick auf diese Regelungen geltend gemachten verfassungsrechtlichen Bedenken greifen nicht durch. Die Antragstellerin stellt weder die Ziele oder die zu deren Erreichung normierten Vorgaben des Stärkungspaktgesetzes an sich in Frage noch wendet sie sich dagegen, dass für bestimmte Gemeinden wie sie die Teilnahme an der Konsolidierungshilfe verpflichtend ist. Auch bestreitet sie nicht die grundsätzliche Befugnis des Antragsgegners, auf Pflichtverstöße der teilnehmenden Gemeinden mit den Mitteln der Kommunalaufsicht zu reagieren. Allerdings meint sie, der Sanktionsautomatismus des § 8 Abs. 1 StärkPaktG, der bei Nichterfüllung der dort umschriebenen Pflichten zwingend zur Bestellung eines Beauftragten führe, verstoße gegen das bundes- und landesverfassungsrechtlich garantierte kommunale Selbstverwaltungsrecht (Art. 28 Abs. 2 GG, Art. 78 Abs. 1 LV NRW). Dem ist nicht zu folgen. Die Beschwerde zeigt nicht auf, dass der Landesgesetzgeber damit in unzulässiger Weise in das Recht der kommunalen Selbstverwaltung eingreift.
9Die hier in erster Linie betroffene kommunale Finanzhoheit als Teil der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie beinhaltet die Befugnis der Gemeinden zu einer eigenverantwortlichen Einnahmen- und Ausgabenwirtschaft im Rahmen eines gesetzlich geordneten Haushaltswesens.
10Vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. Juni 1969 ‑ 2 BvR 446/64 ‑, juris, Rdnr. 62 (= BVerfGE 26, 228), und Urteil vom 15. Oktober 1985 ‑ 2 BvR 1808/82 u. a. ‑, juris, Rdnr. 37 (= BVerfGE 71, 25); BVerwG, Beschluss vom 26. September 1997 ‑ 1 B 139.97 ‑, juris, Rdnr. 12 (= NVwZ 1998, 184), und Urteil vom 15. November 2006 ‑ 8 C 18.05 ‑, juris, Rdnr. 21 (= BVerwGE 127, 155); OVG NRW, Urteil vom 12. Oktober 2004 ‑ 15 A 4597/02 ‑, juris, Rdnr. 41 (= NVwZ-RR 2005, 563).
11Das kommunale Selbstverwaltungsrecht kann aber durch den Gesetzgeber beschränkt werden. Im Hinblick auf das den Gemeinden in Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG gewährleistete Recht zur Aufgabenerledigung "in eigener Verantwortung" ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetzeswortlaut, dass dieses nur "im Rahmen der Gesetze" besteht. Ein entsprechender Gesetzesvorbehalt ist aus Art. 78 Abs. 2 LV NRW herauszulesen.
12Vgl. VerfGH NRW, Urteile vom 11. Juli 1980 ‑ VerfGH 8/79 ‑, DÖV 1980, 691, 692, und vom 9. Juni 1997 ‑ VerfGH 20/95 u. a. ‑, juris, Rdnr. 66 (= NWVBl. 1997, 333).
13Die die kommunale Selbstverwaltung begrenzenden Gesetze finden ihrerseits eine verfassungsrechtliche Schranke im Kernbereich des Selbstverwaltungsrechts sowie im Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
14Vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. Mai 2001 ‑ 2 BvK 1/00 ‑, juris, Rdnr. 123 f. (= BVerfGE 103, 332); BVerwG, Urteil vom 27. Oktober 2010 ‑ 8 C 43.09 ‑, juris, Rdnr. 20 f. (= BVerwGE 138, 89), VerfGH NRW, Urteil vom 9. Juni 1997, a. a. O. Rdnr. 67; OVG NRW, Beschluss vom 22. Juli 2009 ‑ 15 A 2324/07 ‑, juris, Rdnr. 40 f. (= NWVBl. 2010, 34).
15Dies zugrunde gelegt ist ausgehend vom Beschwerdevorbringen nicht erkennbar, dass die aus § 8 Abs. 1 Satz 2 StärkPaktG folgende Beschränkung des kommunalen Selbstverwaltungsrechts und der Finanzhoheit der Gemeinden verfassungswidrig wäre.
16Dass die in § 8 Abs. 1 Satz 2 getroffene Regelung den Kernbereich der Selbstverwaltungsgarantie antastet, wird von der Antragstellerin selbst nicht vorgetragen und ist auch sonst nicht feststellbar. Im Übrigen schränkt sie das Selbstverwaltungsrecht der Kommunen aller Voraussicht nach nicht unverhältnismäßig ein.
17Mit der verbindlichen Vorgabe zur Bestellung eines Beauftragten nach § 124 GO NRW verfolgt der Gesetzgeber ein legitimes Ziel. Mit ihr soll sichergestellt werden, dass der vom Stärkungspaktgesetz bezweckte ‑ und von der Antragstellerin als solcher nicht in Zweifel gezogene ‑ Haushaltsausgleich innerhalb des gesetzlichen Konsolidierungszeitraums auch dann erreicht werden kann, wenn eine der am Stärkungspakt teilnehmenden Gemeinden ihren dazu bestehenden Pflichten nicht von sich aus nachkommt. Die Bestellung eines Beauftragten ist zur Erreichung dieses Ziels geeignet. Der Beauftragte tritt nach § 124 Satz 2 GO NRW hinsichtlich der unterbliebenen Maßnahmen an die Stelle des betreffenden Organs der Gemeinde und ist so in der Lage, diese vorzunehmen. Der Einsatz eines Beauftragten ist zur Erreichung des verfolgten Regelungsziels auch erforderlich. Neben der Auflösung des Rates nach § 125 GO NRW ist die Bestellung eines Beauftragten das schärfste Mittel zur Verwirklichung der Kommunalaufsicht. Die Notwendigkeit, einen Beauftragten zu bestellen, ist ‑ nur ‑ dann gegeben, wenn rechtmäßige Zustände durch den Einsatz aller anderen minderschweren Aufsichtsmittel nicht erreicht werden können. Dies ist hier der Fall. Die Pflicht zur Vorlage eines Haushaltssanierungsplans nach § 6 StärkPaktG legt die am Stärkungspakt teilnehmenden Gemeinden zwar auf einen Haushaltsausgleich innerhalb bestimmter Fristen fest, überlässt ihnen aber weiterhin die Entscheidung, wie der Haushaltsausgleich durch das Ergreifen bestimmter Maßnahmen auf der Ausgaben- wie auf der Einnahmenseite zweckmäßigerweise herbeigeführt werden soll. Die Staatsaufsicht in Angelegenheiten des eigenen Wirkungskreises der Kommunen ist aber auf die Kontrolle der Gesetzmäßigkeit, also auf eine Rechtsaufsicht beschränkt (Art. 78 Abs. 4 Satz 1 LV NRW), sodass der Kommunalaufsichtsbehörde das Einbringen eigener Zweckmäßigkeitserwägungen verwehrt ist. Die Kommunalaufsichtsbehörde wäre deshalb gehindert, einer Gemeinde etwa im Wege der Anordnung und Ersatzvornahme einen bestimmten Haushaltssanierungsplan vorzugeben. Anders verhält es sich mit der Bestellung eines Beauftragten, dessen Einsetzung zwar ebenfalls ein Mittel der Rechtsaufsicht ist, der nach seiner Einsetzung als Gemeindeorgan jedoch nicht der Beschränkung auf rechtsaufsichtliche Mittel unterliegt, sondern auch Zweckmäßigkeitserwägungen treffen kann.
18Vgl. dazu Oebbecke, Rechtliche Vorgaben für den Haushaltsausgleich und ihre Durchsetzung, GemHH 2009, 241, 243 f.; siehe auch die Gesetzesbegründung nach der Beschlussempfehlung und dem Bericht des Ausschusses für Kommunalpolitik vom 6. Dezember 2011, LT-Drucks. 15/3418, S. 44 f., wonach die Beauftragtenbestellung gemäß § 124 GO NRW das gebotene Mittel sei, da nur durch einen Beauftragten die erforderlichen Ermessensentscheidungen rechtssicher getroffen werden könnten.
19Ferner erscheint die ‑ zwingend vorgegebene ‑ Bestellung eines Beauftragten im Falle einer Nichterfüllung der in § 8 Abs. 1 Satz 1 StärkPaktG normierten Pflichten auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Mit dem Verwaltungsgericht ist davon auszugehen, dass der Beauftragtenbestellung ein Regelungssystem zugrunde liegt, dass den Handlungsspielraum der Gemeinden bei der rechtlich gebotenen Haushaltskonsolidierung nicht unangemessen einschränkt. Dabei ist zum Beleg zunächst § 6 StärkPaktG in den Blick zu nehmen. Wie bereits vorstehend ausgeführt, schreibt die Vorschrift den betroffenen Gemeinden nicht vor, was im Einzelnen zu tun ist und welche Maßnahmen konkret zu ergreifen sind, um den gesetzlich vorgegebenen Haushaltsausgleich herzustellen. Vielmehr liegt es ‑ jenseits rein faktischer Zwänge ‑ nach wie vor innerhalb des Gestaltungsspielraums der jeweiligen Gemeinde, durch ihre demokratisch gewählten Organe zu entscheiden, wo zu diesem Zweck Ausgaben reduziert und zusätzliche Einnahmen erzielt werden sollen. Erst wenn eine Gemeinde diesen Gestaltungsspielraum nicht oder jedenfalls nicht in einer Weise nutzt, dass die vom Gesetz angestrebte Haushaltskonsolidierung in dem vorgesehenen Zeitraum erreicht werden kann, ist ‑ nach einer zusätzlichen Nachfristsetzung seitens der zuständigen Bezirksregierung (§ 8 Abs. 1 Satz 1 StärkPaktG) ‑ durch die oberste Kommunalaufsichtsbehörde ein Beauftragter zu bestellen. Hinzu kommt, dass die in § 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 StärkPaktG genannten Fristen zum Haushaltsausgleich nicht ausnahmslos gelten. Die Pflicht zum Haushaltsausgleich nach Maßgabe des Stärkungspaktgesetzes ist im Ansatz auf das Zumutbare begrenzt, indem § 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 StärkPaktG von den teilnehmenden Gemeinden den Haushaltsausgleich unter Einbeziehung der Konsolidierungshilfe zum "nächstmöglichen" Zeitpunkt verlangt. Mit diesem Zeitpunkt ist nicht der rein technische Zeitpunkt gemeint, der unter Ausnutzung aller denkbaren Einsparungen und Einnahmeerhöhungen erreichbar wäre, sondern der zumutbarerweise nächstmögliche Zeitpunkt des Haushaltsausgleichs.
20Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 22. Juli 2009, a. a. O. Rdnr. 20 f. zu der insoweit vergleichbaren Regelung des § 75 Abs. 4 Satz 2 GO NRW a. F.
21Soweit das Gesetz daran anknüpfend annimmt, dass der Haushaltsausgleich mit Konsolidierungshilfe von allen pflichtig teilnehmenden Gemeinden spätestens ab dem Jahr 2016 und von den auf Auftrag teilnehmenden Gemeinden spätestens ab dem Jahr 2018 ‑ zumutbarerweise ‑ erreicht werden kann, gilt dies nur "in der Regel". Eine Pflicht, den Haushaltsausgleich innerhalb dieser Fristen zu erreichen, besteht daher dann nicht, wenn im Einzelfall bei objektiver Betrachtung besondere Umstände vorliegen, aufgrund derer einer Gemeinde die ‑ vom Gesetzgeber bei der gebotenen Anspannung aller Kräfte grundsätzlich als gegeben unterstellte ‑ zumutbare fristgerechte Zielerreichung unmöglich ist.
22Vgl. dazu erneut LT-Drucks. 15/3418, S. 44.
23Damit bietet das Gesetz selbst Raum, eine etwaige Sondersituation der betroffenen Gemeinde im Zusammenhang mit der Genehmigung des vorgelegten Haushaltssanierungsplans angemessen zu berücksichtigen. Dieser Feststellung steht der Einwand der Beschwerde nicht entgegen, die Möglichkeit, von der Regel des § 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 StärkPaktG abzuweichen, sei letztlich bloß theoretischer Natur. Das trifft nicht zu. Allerdings hat das Verwaltungsgericht in Auslegung der Vorschrift zu Recht angenommen, dass für die Haushaltsnotlage der jeweils betroffenen Gemeinde grundlegende Umstände struktureller Art oder sonstige die Finanzkraft der Kommunen regelhaft beeinflussende Faktoren zur Begründung eines Ausnahmefalls allein nicht herangezogen werden dürften. Das berechtigte Anliegen des Gesetzes, den (zumindest) mittelfristig drohenden finanziellen Kollaps der am Stärkungspakt teilnehmenden Kommunen abzuwenden, würde ersichtlich verfehlt, wenn für sich betrachtet gerade solche Gründe, die ihrerseits wesentlich zu der das Eingreifen des Gesetzgebers erzwingenden Haushaltsnotlage beigetragen haben, und etwaige hierdurch bedingte Erschwernisse, einen fristgerechten Haushaltsausgleich darzustellen, ein zeitliches Aufschieben der notwendigen Konsolidierungsbemühungen rechtfertigen könnten. Dies schließt es jedoch ‑ anders als die Beschwerde offenbar meint ‑ nicht aus, im Einzelfall etwa auch auf besondere, ihre prekäre Haushaltslage prägende strukturelle Probleme einer Gemeinde Rücksicht zu nehmen, wenn diese im Ergebnis nämlich dazu führen, dass der Gemeinde schlechthin keine zumutbaren Mittel (mehr) zur Verfügung stehen, einen termingerechten Haushaltsausgleich zu erreichen. Die Frage, ob ein das Abweichen von der Regel rechtfertigender atypischer Sachverhalt vorliegt, setzt nach der Logik des Gesetzes nicht daran an, welche Gründe für die (drohende) Überschuldung der betroffenen Gemeinde maßgeblich sind, sondern daran, was die Gemeinde tun muss, um den erstmaligen Haushaltsausgleich in den gesetzlichen Fristen darstellen zu können. Ob hieran gemessen eine Ausnahmesituation vorliegt, ist eine Sache der konkreten Umstände des Falles und damit des verfassungskonformen Gesetzesvollzugs. Davon ist im Übrigen auch das Verwaltungsgericht ausgegangen, das die Zumutbarkeit von Steuererhöhungen ausdrücklich auch im Hinblick auf die von der Antragstellerin geltend gemachte Gefahr einer weiteren Verschärfung des ohnehin schon erheblichen Bevölkerungsrückgangs geprüft hat (Beschlussabdruck Seite 11 f.; dazu unten).
24Trägt § 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 StärkPaktG den gemeindlichen Interessen bei der Frage, ob der Haushaltssanierungsplan zu genehmigen ist, in einer dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz genügenden Weise Rechnung, ergibt sich Entsprechendes aus § 8 Abs. 2 StärkPaktG im Hinblick auf einen bereits genehmigten Haushaltssanierungsplan. Danach kann von der zuständigen Bezirksregierung eine ausnahmsweise Anpassung des Haushaltssanierungsplans einer Gemeinde in den Fällen genehmigt werden, in denen sich die finanzielle Situation der Gemeinde aufgrund von nicht absehbaren und von ihr nicht zu beeinflussenden Gründen erheblich verändert hat und daher ein weiteres Festhalten am Haushaltssanierungsplan ausgeschlossen erscheint.
25Siehe dazu die Begründung des Gesetzentwurfsder Landesregierung vom 20. September 2011,LT-Drucks. 15/2859, S. 13.
26Als unverhältnismäßig stellt sich die Beauftragtenbestellung vor diesem Hintergrund entgegen der Auffassung der Beschwerde schließlich auch nicht deshalb dar, weil sie die zwingende Folge eines Verstoßes gegen die in § 8 Abs. 1 Satz 1 StärkPaktG aufgeführten Pflichten ist. Die dem Legalitätsprinzip folgende Ausgestaltung der Beauftragtenbestellung als gebundene Entscheidung stellt sicher, dass die zu der vom Gesetz angestrebten nachhaltigen Haushaltssanierung notwendigen ‑ zumutbaren ‑ Maßnahmen auf jeden Fall durchgesetzt werden. Ein unangemessenes Verhältnis von Ziel und eingesetztem Mittel ist darin nicht zu erkennen. Die Kritik der Beschwerde hieran und ihre Forderung nach einer flexiblere Handhabungen ermöglichenden Soll- oder Ermessensregelung übersieht, dass ein Fortbestehen der gegenwärtigen Schuldensituation die finanzielle Handlungsfähigkeit der Kommunen und damit eine kommunale Selbstverwaltung, die diesen Namen verdient, auf Dauer sehr viel stärker einschränkt als eine Rechtspflicht der Kommunalaufsicht zum vorübergehenden verbindlichen Eingreifen dies tut.
27Der Beschwerde ist im Weiteren nicht in der Einschätzung zu folgen, die Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 Satz 2 StärkPaktG für die Bestellung eines Beauftragten seien entgegen der Sicht des Verwaltungsgerichts nicht erfüllt.
28Der Umstand, dass die Antragstellerin für das Haushaltsjahr 2014 (wie auch schon für das Haushaltsjahr 2013) einen fortgeschriebenen Haushaltssanierungsplan vorgelegt hat, ist für sich betrachtet rechtlich unerheblich. Wenn das Gesetz als eine von mehreren möglichen Bedingungen für die Bestellung eines Beauftragten fordert, dass die Gemeinde ihrer Pflicht zur Vorlage des Haushaltssanierungsplans nicht nachkommt, kann damit nach der ratio legis nur die Nichtvorlage eines nach Maßgabe von § 6 StärkPaktG genehmigungsfähigen Haushaltssanierungsplans gemeint sein. Anderenfalls könnte die Gemeinde die kommunalaufsichtliche Durchsetzung der Vorgaben dieser Vorschrift schon allein dadurch verhindern, dass sie der zuständigen Bezirksregierung überhaupt einen inhaltlich wie auch immer gearteten Haushaltssanierungsplan vorlegt. Dass ein solches Verständnis des § 8 Abs. 1 Satz 1 StärkPaktG dem Sinn und Zweck des Gesetzes widerspräche, drängt sich auf.
29Das zugrunde gelegt ist die angegriffene Beauftragtenbestellung auch nicht angesichts dessen rechtswidrig, dass die Bezirksregierung Arnsberg dem von der Antragstellerin vorgelegten fortgeschriebenen Haushaltssanierungsplan für 2014 die Genehmigung nicht förmlich versagt bzw. den Antrag der Antragstellerin auf ein ausnahmsweises zeitliches Hinausschieben des Haushaltsausgleichs nicht förmlich abgelehnt hat.
30Soweit die Antragstellerin meint, ein Beauftragter dürfe erst dann bestellt werden, wenn der die Bestellung rechtfertigende Pflichtverstoß in rechtsmittelfähiger Weise festgestellt sei, findet diese Sichtweise weder im Gesetz noch sonst eine Stütze. Das Stärkungspaktgesetz schreibt eine solche Handhabung nicht vor. Auch ansonsten muss bei einem Einschreiten der allgemeinen Kommunalaufsicht nicht bereits (verbindlich) festgestellt sein, dass tatsächlich eine Rechtsverletzung stattgefunden hat. Vielmehr ist insoweit, worauf das Verwaltungsgericht zu Recht hingewiesen hat, eine Inzidentkontrolle der Regelfall. Anderes hätte auch vorliegend nur dann zu gelten, wenn ohne die von der Beschwerde angemahnte vorherige förmliche Entscheidung über die Genehmigungsfähigkeit des vorgelegten Haushaltssanierungsplans effektiver Rechtsschutz nach Art. 19 Abs. 4 GG und die Möglichkeit einer wirksamen Gewährleistung der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie nicht gegeben wären. Davon kann aber keine Rede sein. Ob der von einer Gemeinde vorgelegte Haushaltssanierungsplan genehmigungsfähig ist oder nicht, kann ohne Weiteres im Rahmen eines gegen die Beauftragtenbestellung geführten (Eil-)Rechtsstreits überprüft werden. Eine bedenkliche Rechtsschutzverkürzung ist damit ‑ wie nicht zuletzt das vorliegende Verfahren exemplarisch belegt ‑ nicht verbunden. Soweit das Bundesverfassungsgericht in der von der Antragstellerin in Bezug genommenen Garzweiler-Entscheidung (Urteil vom 17. Dezember 2013 ‑ 1 BvR 3139/08, 1 BvR 31 BvR 3386/08 ‑, juris, Rdnr. 194 [= NVwZ 2014, 211]) festgestellt hat, dass der Garantie effektiven Rechtsschutzes gegen Verletzungen der Eigentumsgarantie nicht genügt wird, wenn Rechtsschutz gegen einen Eigentumsentzug erst zu einem Zeitpunkt eröffnet wird, zu dem im Hinblick auf Vorfestlegungen oder den weitgehenden tatsächlichen Vollzug des zugrunde liegenden Vorhabens eine grundsätzlich ergebnisoffene Überprüfung aller Enteignungsvoraussetzungen nicht mehr erwartet werden kann, liegt eine damit vergleichbare Konstellation hier nicht vor. Weder geht mit der nicht förmlich getroffenen und von daher nicht isoliert angreifbaren Entscheidung der Bezirksregierung, einen Haushaltssanierungsplan bzw. eine Ausnahme hiervon nicht zu genehmigen, eine die ergebnisoffene Überprüfung der Beauftragtenbestellung hindernde Vorfestlegung aus, noch sind zum Zeitpunkt der gerichtlichen Rechtsschutz eröffnenden Beauftragtenbestellung bereits tatsächliche Vollzugsmaßnahmen getroffen.
31Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass die kommunalaufsichtliche Durchsetzung eines fristgerechten Haushaltsausgleichs gegebenenfalls praktisch unmöglich wäre, müsste die betroffene Kommune ‑ wie die Beschwerde wohl meint ‑ erst die Gelegenheit erhalten, in einem eigenständigen und mitunter mehrjährigen gerichtlichen Verfahren verbindlich klären zu lassen, ob sie ihre Rechtspflicht aus § 6 Abs. 2 StärkPaktG erfüllt hat. Warum schließlich die Kommunalaufsicht ‑ wie von der Antragstellerin geltend gemacht ‑ ohne diese Klärungsmöglichkeit in der Lage sein sollte, die fragliche Gemeinde zu gängeln und in ihrer Haushaltswirtschaft unzulässig zu lenken, erhellt sich dem Senat nicht.
32Dass die Fortschreibung des Haushaltssanierungsplans der Antragstellerin für das Jahr 2014 selbst in der Fassung des Ratsbeschlusses vom 10. Februar 2014 die Regelanforderung des § 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 StärkPaktG an die Dauer des Sanierungszeitraums verfehlt, weil danach ein Haushaltsausgleich unter Einbeziehung der Konsolidierungshilfe nicht bereits 2016, sondern erst 2018 erreicht werden soll, ist unstreitig. Soweit die Antragstellerin meint, diese Abweichung sei aufgrund einer Sondersituation ausnahmsweise gerechtfertigt, wird die gegenteilige Bewertung des Verwaltungsgerichts durch das Vorbringen im Beschwerdeverfahren nicht erschüttert.
33Wenn die Antragstellerin einen Sonderfall zunächst mit einem für sie nicht vorhersehbaren Wegbrechen der Schlüsselzuweisungen ab dem Jahr 2013 begründen will, überzeugt ihr Vortrag hierzu nicht. Ob Einnahmerückgänge im Einzelfall vorhersehbar waren, ist für die Frage der Genehmigung der Fortschreibung eines Haushaltssanierungsplans rechtlich unerheblich. Entscheidend ist vielmehr, inwieweit die betroffene Gemeinde in zumutbarer Weise in der Lage ist, die entstandenen Lücken durch verstärkte eigene Konsolidierungsbemühungen zu schließen. Aus § 8 Abs. 2 StärkPaktG ergibt sich nichts anderes. Wie schon oben ausgeführt, ermöglicht die Vorschrift nach dem Willen des Gesetzgebers eine Anpassung des bereits genehmigten Haushaltssanierungsplans an eine nicht absehbare wesentliche Veränderung der finanziellen Verhältnisse einer Gemeinde (nur) dann, wenn deswegen ein weiteres Festhalten am Haushaltssanierungsplan ausgeschlossen erscheint. Vorrangig ist mithin auch insoweit das Ausschöpfen ‑ zumutbarer ‑ eigener Konsolidierungsanstrengungen, um unvorhersehbare Einnahmeeinbußen oder nicht absehbare Mehrausgaben aus eigener Kraft zu kompensieren. Unabhängig davon fehlt es vorliegend am Umstand der Nichtvorhersehbarkeit. Dass die ungefähre Halbierung der Schlüsselzuweisung 2013 im Vergleich zu den Jahren 2011 und 2012 ‑ anders als von der Antragstellerin zunächst und auch mit der Beschwerdebegründung noch geltend gemacht ‑ nicht im Wesentlichen durch das Gemeindefinanzierungsgesetz (GFG) 2013 verursacht wurde, ist inzwischen unstrittig (vgl. Schriftsatz der Antragstellerin vom 18. Juni 2014, Seite 6). Maßgeblich hierfür war vielmehr, wie der Antragsgegner dies in seiner Beschwerdeerwiderung vom 6. Juni 2014 (dort: Anlage 1) schlüssig dargelegt hat, der negative Zusammenhang zwischen normierter Steuerkraft einerseits und Schlüsselzuweisungen andererseits. Während rückläufige Steuereinnahmen regelmäßig steigende Schlüsselzuweisungen nach sich ziehen, führt ein Anstieg der gemeindlichen Steuerkraft zu dem umgekehrten Effekt. In den GFG-Jahren 2011 und 2012 lag die normierte Steuerkraft der Antragstellerin auf einem sehr niedrigen Niveau, was außergewöhnlich hohe Schlüsselzuweisungen zur Folge hatte. Die Erwartung annähernd vergleichbar hoher Schlüsselzuweisungen auch in 2013 wäre daher dann gerechtfertigt gewesen, wenn die Antragstellerin ohne Weiteres von einem Verharren ihrer Steuerkraft auf dem Stand der Vorjahre hätte ausgehen dürfen. Dass dies der Fall war, ist indes weder dargelegt noch angesichts dessen, dass die geringe Steuerkraft der Jahre 2011 und 2012 im längerfristige Vergleich eher die Ausnahme darstellt, sonst ersichtlich.
34Was den von der Antragstellerin ferner angeführten erheblichen und im Vergleich zu allen anderen nordrhein-westfälischen Kommunen ‑ unbestritten ‑ besonders hohen Bevölkerungsrückgang betrifft, kann dieser gemäß den obigen Erwägungen einen Ausnahmefall isoliert betrachtet nicht begründen, sondern erlangt Bedeutung (lediglich) im Zusammenhang mit der Frage, ob die Antragstellerin einen Haushaltsausgleich bis zum Jahr 2016 durch ihr zumutbare Konsolidierungsleistungen erreichen kann. Davon wiederum ist im Einklang mit dem angefochtenen Beschluss auszugehen.
35Die angesichts des ‑ von den Beteiligten übereinstimmend angenommenen ‑ Fehlens weiterer relevanter Einsparpotentiale einen fristgerechten Haushaltsausgleich allein ermöglichenden Steuererhöhungen treffen die Antragstellerin und ihre Bürger zwar erheblich, überschreiten die Grenze zur Unzumutbarkeit jedoch weder für sich genommen noch unter Berücksichtigung der besonderen demographischen Situation der Antragstellerin. Legt man den Inhalt des Beschlusses zugrunde, den der vom Antragsgegner bestellte Beauftragte zwischenzeitlich am 28. Mai 2014 getroffen hat, entspricht die darin ab dem Haushaltsjahr 2016 vorgesehene Festsetzung des Hebesatzes für die Gewerbesteuer auf 480 v. H. (2015: 445 v. H.) nach den unwidersprochen gebliebenen Darlegungen des Antragsgegners nahezu exakt dem gewogenen Durchschnitt (479,4 v. H.) der von den am Stärkungspakt obligatorisch teilnehmenden kreisangehörigen Gemeinden für diesen Zeitpunkt geplanten Gewerbesteuerhebesätze. Anderes gilt im Ausgangspunkt für die Grundsteuer B. Mit der nunmehr geplanten Erhöhung der Grundsteuer B ab dem Haushaltsjahr 2016 auf 910 v. H. (2015: 766 v. H.) befindet sich die Antragstellerin klar auf einem überdurchschnittlich hohen Niveau. Allerdings bewegt sie sich auch insoweit nicht außerhalb des Planungsbereichs anderer Stärkungspaktkommunen. Nach den Angaben des Antragsgegners peilen immerhin 13 Stärkungspaktkommunen Grundsteuerhebesätze zwischen 800 und 959 v. H. an. Dass namentlich die aus einer Erhöhung des Grundsteuerhebesatzes auf 910 v. H. resultierende Steuerbelastung unverhältnismäßig und damit rechtswidrig wäre, macht die Antragstellerin ‑ zu Recht ‑ selbst nicht geltend. Allein aus der vorgesehenen Höhe der Hebesätze für die Grund- und Gewerbesteuer lässt sich mithin für eine Unzumutbarkeit des gesetzlich geforderten Haushaltsausgleichs innerhalb der Regelfrist des § 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 StärkPaktG nichts hinreichend Tragfähiges herleiten. Im Übrigen mag es zutreffen, dass die Einwohner der Antragstellerin durch die erforderlichen Konsolidierungsmaßnahmen nicht zuletzt im Zusammenwirken mit sonstigen im Zuge der angestrebten Haushaltssanierung erfolgten Abgabenerhöhungen insgesamt (erheblich) stärker belastet werden als die Einwohner anderer am Stärkungspakt teilnehmender Gemeinden. Darauf kommt es aber nicht an, solange die stärkungspaktbedingte Mehrbelastung als solche ‑ wie hier ‑ hinnehmbar erscheint. Die Teilnahme am Stärkungspakt verlangt von jeder Kommune, die in ihrer jeweiligen konkreten Situation gebotenen Konsolidierungsanstrengungen zu unternehmen, um den Haushaltsausgleich spätestens in 2016 darstellen zu können. Die im Fall der Antragstellerin mit der Erreichung dieses Ziel einhergehende zusätzliche Belastung beläuft sich ausgehend von ihren eigenen Angaben (vgl. Beschwerdebegründung vom 27. Mai 2014, Anlage 3) für eine vierköpfige Familie auf deutlich weniger als 100 Euro im Monat. Angesichts eines solchen Betrags ist auch für den Senat nicht ersichtlich, dass die Einwohner der Antragstellerin durch weitere Steuererhöhungen in einer nicht mehr zumutbaren Weise in Anspruch genommen würden. Begründete Anhaltspunkte, dass die Gesamtabgabenbelastung der Einwohner der Antragstellerin bereits heute einen Stand erreicht hat, der jede weitere Belastung verbietet, sind den von der Antragstellerin vorgelegten Berechnungen nicht zu entnehmen. Dies folgt schon daraus, dass die Antragstellerin sich auf die vergleichende Darstellung bestimmter, zum Zwecke der Haushaltskonsolidierung erhöhter Abgaben beschränkt. Verlässliche Rückschlüsse auf die finanzielle Gesamtbelastung eines Musterhaushalts im Gemeindegebiet der Antragstellerin lassen sich auf dieser Grundlage nicht ziehen, zumal ‑ worauf der Antragsgegner zutreffend hinweist ‑ eine aussagekräftige Bewertung auch andere (möglicherweise entlastende) Faktoren wie etwa das verfügbare Haushaltseinkommen und die durchschnittlichen Grundstücksbeschaffungs- oder Mietkosten berücksichtigen müsste.
36Vor diesem Hintergrund vermag der Senat schließlich nicht die Befürchtung der Antragstellerin zu teilen, die kurzfriste Erhöhung der Realsteuerhebesätze bedinge die realistische Gefahr einer (erneuten) Verstärkung der ohnehin schon gegebenen erheblichen Bevölkerungsabwanderung, wodurch ihre angespannte finanzielle Lage letztlich noch verschärft und das gesetzgeberische Ziel einer nachhaltigen Haushaltssanierung im Ergebnis konterkariert werde. Bevölkerungsverluste können auf einer Vielzahl unterschiedlicher Gründe beruhen. Allerdings wird die Höhe der Realsteuerhebesätze in aller Regel keinen ausschlaggebenden Einfluss auf die Entscheidung haben, in eine bestimmte Gemeinde zu ziehen bzw. diese wieder zu verlassen. Das dürfte auch für die Antragstellerin gelten, deren Bevölkerungsentwicklung augenscheinlich unabhängig von einem bestimmten Abgabenniveau bereits seit Jahrzehnten negativ verläuft. Hinzu kommt, dass der Rat der Antragstellerin am 10. Februar 2014 selbst "auflösend bedingt" beschlossen hat, den Hebesatz für die Grundsteuer B im Jahr 2017 auf 766 v. H. zu erhöhen, er mithin offenbar die sich daraus ergebende Mehrbelastung auch mit Blick auf die demographische Situation der Antragstellerin noch für zumutbar gehalten hat. Der jetzt von dem Beauftragten beschlossene Hebesatz liegt zwar 144 Punkte über diesem Wert, was ausgehend von dem auch den Berechnungen der Antragstellerin zugrunde liegenden exemplarischen Messbetrag von 75 Euro aber nur eine tatsächliche Mehrbelastung von 108 Euro jährlich oder umgerechnet 9 Euro im Monat ergibt. Warum dieser im Hinblick auf die effektive Höhe der Grundsteuer geringfügige Unterschied Entscheidendes für die weitere Bevölkerungsentwicklung der Antragstellerin bedeuten sollte, leuchtet dem Senat nicht ein.
37Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz wird mit der Beschwerde nicht aufgezeigt. Die Beschwerde will einen Anspruch darauf, bei der Anwendung des § 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 StärktPaktG mit den Städten P. und X. gleichbehandelt zu werden, denen jeweils ein Aufschub für die erstmalige Darstellung des Haushaltsausgleichs bis zum Jahr 2017 gewährt worden ist, daraus herleiten, dass in allen drei Fällen eine erhebliche Reduzierung von Finanzzuweisungen ‑ hier Schlüsselzuweisungen und dort Konsolidierungshilfen ‑ eingetreten sei. Auf diesen Aspekt kommt es jedoch bei der Beantwortung der Frage nach dem Vorliegen vergleichbarer Sachverhalte nicht an. Wie oben ausgeführt, ist maßgeblich, inwieweit die jeweilige Kommune über ‑ zumutbare ‑ Möglichkeiten verfügt, auf den Einnahmenausfall mit verstärkten eigenen Konsolidierungsbemühungen zu reagieren. Dass insoweit vergleichbare Fallgestaltungen gegeben sind, ist mit der Beschwerde nicht dargetan.
38Schließlich besteht ‑ wie auch vom Verwaltungsgericht angenommen ‑ ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung der angegriffenen Beauftragtenbestellung. Die Antragstellerin ist gesetzlich zu einer Haushaltssanierungsplanung verpflichtet, die auf die Erreichung des Haushaltsausgleichs (spätestens) 2016 ausgerichtet ist. Diese Vorgabe würde, da die Antragstellerin den Haushaltsausgleich (frühestens) für 2018 anstrebt, aller Voraussicht nach verfehlt, könnte der Beauftragte während der Dauer des Hauptsacheverfahrens nicht tätig werden. Die infolgedessen gegebene Eilbedürftigkeit wird dadurch, dass die in dem inzwischen getroffenen Beschluss des Beauftragten vorgesehenen Steuererhöhungen die Haushaltsjahre 2015 und 2016 betreffen, nicht berührt.
39Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf den §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.
40Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
T a t b e s t a n d :
2Die Beteiligten streiten über die Erhebung von Grundsteuer B nach Anhebung des Grundsteuerhebesatzes von 421 v.H. auf 800 v.H.
3Seit dem Haushaltsjahr 1994 war die Beklagte aufgrund ihrer schwierigen finanziellen Situation verpflichtet, ein Haushaltssicherungskonzept aufzustellen. Ab dem Jahr 2004 wurde das Haushaltssicherungskonzept von der Aufsichtsbehörde nicht mehr genehmigt. Für das Haushaltsjahr 2013 musste die Beklagte einen Kassenkredit von ca. 75 Mio. EUR aufnehmen, der sich zusammen mit anderen Verbindlichkeiten auf einen Fehlbetrag von 103,5 Mio. EUR summierte. Bereits mit Bescheid vom 21. Dezember 2011 hatte die Bezirksregierung B°°° gemäß § 3 des Gesetzes zur Unterstützung der kommunalen Haushaltskonsolidierung im Rahmen des Stärkungspakts Stadtfinanzen (Stärkungspaktgesetz - StPG) festgestellt, dass die Beklagte als pflichtig teilnehmende Gemeinde an der Konsolidierungshilfe zu beteiligen ist. Zur Umsetzung der zur Haushaltskonsolidierung erforderlichen Maßnahmen erfolgten u.a. eine Beratung und Unterstützung durch die Gemeindeprüfungsanstalt und die Erstellung eines Haushaltssanierungsplans. Im Rahmen dieses Plans wurde eine Vielzahl von Maßnahmen festgelegt, die bis zum Jahr 2021 Einsparungen von mehr als 55 Mio. EUR bewirken sollen. In der Ratssitzung vom 28. Juni 2012 beschloss der Rat der Beklagten den Haushaltssanierungsplan und die Satzung über die Festsetzung der Realsteuerhebesätze 2013, durch die mit Wirkung zum 1. Januar 2013 u.a. der Hebesatz für die Grundsteuer B auf 800 v.H. angehoben wurde. Aufgrund Bekanntmachungsanordnung des Bürgermeisters vom 29. Juni 2012 wurde im Amtsblatt der Stadt X°°° - amtliches Veröffentlichungsorgan der Stadt X1°°° - vom 5. Juli 2012 die Satzung über die Festsetzung der Hebesätze der Grundsteuer und der Gewerbesteuer (Hebesatz-Satzung der Stadt X2°°° vom 29. Juni 2012 - HS 2013) bekanntgemacht. Mit Bescheid vom 11. September 2012 genehmigte die Bezirksregierung B1°°° den Haushaltssanierungsplan der Stadt X3°°° für das Haushaltsjahr 2012.
4Die Klägerin ist Eigentümerin mehrerer Grundstücke im Stadtgebiet X4°°°. Mit Grundbesitzabgabenbescheiden vom 8. Februar 2013 setzte der Bürgermeister der Beklagten u.a. Grundsteuer B für das Jahr 2013 für das Grundstück L°°°40 in Höhe von 716,40 EUR und für das Grundstück C°°° Straße 16 von 1.120,96 EUR, insgesamt 1.837,36 EUR fest.
5Am 5. März 2013 hat die Klägerin Klage erhoben. Zu deren Begründung trägt sie u.a. vor: Die Hebesatzsatzung sei schon deshalb unwirksam, weil zu der Ratssitzung am 28. Juni 2012 nicht ordnungsgemäß eingeladen und die Tagesordnung nicht formfehlerfrei übersandt worden sei. Eine Vorberatung im Haupt- und Finanzausschuss sei nicht erfolgt. Überdies sei es unzulässig, den Hebesatz in einer isolierten Satzung festzulegen. Die Anhebung der Grundsteuer B verstoße außerdem gegen das verfassungsrechtliche Übermaßverbot, Art. 14 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG), und das Gebot der sozialen Steuerpolitik, Art. 20 Abs. 1 GG. Die Beklagte habe keine Überlegungen angestellt, die Lücke im Etat durch andere gemeindliche Einnahmequellen zu schließen. Deshalb sei ein Abwägungsdefizit festzustellen. Im Übrigen entfalte die Steuer erdrosselnde Wirkung. Wegen der Steuerhöhe sei zu berücksichtigen, dass weder eine Umlage auf die Miete noch ein Aufbringen aus eigenen Vermögenswerten zumutbar sei.
6Die Klägerin beantragt,
7die Grundbesitzabgabenbescheide des Bürgermeisters der Beklagten vom 8. Februar 2013 aufzuheben, soweit darin Grundsteuer B für das Grundstück L1°°° 40 in Höhe von 716,40 EUR und für das Grundstück C1°°° Straße 16 von 1.120,96 EUR, insgesamt 1.837,36 EUR, festgesetzt ist.
8Die Beklagte beantragt,
9die Klage abzuweisen.
10Zur Begründung macht sie geltend: Der Beschluss des Rates sei formal nicht zu beanstanden. Die Einladung zur Ratssitzung sei ordnungsgemäß erfolgt. Es habe keiner Vorberatung in Ausschüssen bedurft. Die Satzung sei ordnungsgemäß bekanntgemacht und die isolierte Beschlussfassung in einer gesonderten Hebesatzsatzung sei zulässig. Materiell-rechtlich bestünden gegen das Satzungsrecht keine Bedenken. Das Gebot der sozialen Steuerpolitik sei nicht verletzt. Auch eine Erdrosselungswirkung sei nicht feststellbar. Für die überwiegende Zahl der Steuerpflichtigen betrage die jährliche Mehrbelastung weniger als 500 EUR. In Härtefällen stehe die Möglichkeit eines Erlassverfahrens zur Verfügung. Bei der Entscheidung sei das Ermessen des Satzungsgebers durch die Vorgaben des Stärkungspaktgesetzes eingeschränkt gewesen. Im Rahmen der Haushaltssanierung habe sich die Steueranpassung als unabweisbar dargestellt. Es seien auch keine Verstöße gegen § 77 Abs. 2 der Gemeindeordnung (GO NRW) oder § 75 Abs. 1 Satz 2 GO NRW festzustellen. Zudem entspreche die Anhebung des Hebesatzes dem allgemeinen Gleichheitssatz bzw. dem Grundsatz der Abgabengerechtigkeit.
11Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Verfahrensakte sowie der in dem Verfahren 5 K 1087/13 beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
12E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
13Die als Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zulässige Klage ist nicht begründet. Die angefochtene Grundsteuerfestsetzung in den Grundbesitzabgabenbescheiden vom 8. Februar 2013 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin daher nicht in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
14Grundlage für die Grundsteuerfestsetzung sind die §§ 1 Abs. 1, 2 Nr. 2 Satz 1, 10 Abs. 1, 13 ff., 25 Abs. 1 bis 3, 4 Satz 1 und 27 Abs. 1 Satz 1 des Grundsteuergesetzes (GrStG) in Verbindung mit § 1 Nr. 2 HS 2013. Danach sind die Voraussetzungen für die Heranziehung der Klägerin zur Grundsteuer für das Jahr 2013 für das Grundstück L2°°°40 in Höhe von 716,40 EUR und für das Grundstück C2°°° Straße 16 von 1.120,96 EUR, insgesamt 1.837,36 EUR, gegeben.
15Die Klägerin ist grundsteuerpflichtig. Nach § 2 Nr. 2 GrStG unterfällt ihr Grundstück als Steuergegenstand der Grundsteuer (vgl. §§ 68, 70 des Bewertungsgesetzes ‑ BewG). Gegen die Berechnungsgrundlage, die auf dem Grundsteuermessverfahren beruht, durch das zugleich gegenüber der die Grundsteuer festsetzenden Behörde über die sachliche Steuerpflicht entschieden worden ist (vgl. §§ 184 Abs. 1, 182 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung ‑ AO), hat die Klägerin keine Einwände erhoben.
16Die Festsetzung der Grundsteuer B durch die Bescheide vom 8. Februar 2013 findet in der Hebesatzsatzung vom 29. Juni 2012 eine wirksame Grundlage. Die Satzung ist formell und materiell wirksam.
17Die Hebesatzsatzung ist vom Rat der Stadt X5°°°in seiner Sitzung vom 28. Juni 2012 formwirksam beschlossen worden.
18Der formwirksamen Beschlussfassung steht zunächst nicht entgegen, dass die Einladungen der Ratsmitglieder und die Tagesordnungen nicht jeweils vom Bürgermeister handschriftlich unterzeichnet waren. Nach dem unbestrittenen Vorbringen der Beklagten wird nur die Ladungsverfügung für die Ratsmitglieder vom Bürgermeister eigenhändig unterzeichnet. Den Ratsmitgliedern werden sodann Schriftstücke mit der Einladung und der Tagesordnung übermittelt, die als solche nicht handschriftlich vom Bürgermeister unterzeichnet sind.
19Dieses Verfahren steht im Einklang mit der zur Zeit der Einladung zu der Ratssitzung geltenden Geschäftsordnung für den Rat und die Ausschüsse der Stadt X6°°° vom 11. November 1999 einschließlich der Änderungen vom 23. Februar 2010 und 25. März 2010 (GeschO). Nach deren § 1 Abs. 2 und 3 erfolgt die Einberufung (der Ratssitzung) durch Übersendung einer schriftlichen Einladung an alle Ratsmitglieder sowie an den allgemeinen Vertreter / die allgemeine Vertreterin. In der Einladung sind Zeit, Ort und Tagesordnung anzugeben.
20Das Schriftformerfordernis, wie es § 1 Abs. 2 GeschO normiert, ist nicht in der Weise zu verstehen, dass jede einzelne Einladung an ein Ratsmitglied vom Bürgermeister persönlich zu unterzeichnen wäre. Sinn und Zweck der Einladung ist eine ordnungsgemäße Unterrichtung der Ratsmitglieder über Zeitpunkt, Ort und Inhalt der Ratssitzung. Hierdurch soll ihrem Mitwirkungs- und Teilnahmerecht Rechnung getragen werden. Demgemäß genügt es, dass der Bürgermeister die Urschrift der Ladung unterzeichnet und den Adressaten lediglich Abschriften bzw. Ablichtungen zugeleitet werden.
21Vgl. Rehn/Cronauge/von Lennep/Knirsch, Gemeineordnung für das Land Nordrhein-Westfalen, Kommentar, Loseblattsammlung, Stand der Bearbeitung: Juli 2013, § 47 GO, Anm. II 3.
22Abgesehen davon führte ein etwaiger ‑ hier nur unterstellter ‑ Verstoß gegen das Schriftformerfordernis nach § 1 Abs. 2 und 3 GeschO jedenfalls aus den nachfolgenden Gründen nicht zur Unwirksamkeit des Ratsbeschlusses:
23Die Geschäftsordnung eines Rates gestaltet die Binnenrechtsbeziehungen innerhalb des Vertretungsorgans Rat durch von ihm selbst aufgestellte Regeln und stellt daher grundsätzlich kein Außenrecht dar. Nur soweit die Geschäftsordnung zwingende gesetzliche, d.h. in formellen Gesetzen und Rechtsverordnungen enthaltene Vorschriften wörtlich oder der Sache nach wiedergibt, kann etwas anderes gelten und bei Nichteinhaltung der Geschäftsordnungsregelung ein Verstoß gegen Außenrecht eintreten.
24Vgl. dazu grundsätzlich: Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Urteil vom 27. August 1996 - 15 A 32/93 -, Nordrhein-Westfälische Verwaltungsblätter (NWVBl.) 1997, 69 m.w.N.
25Letzteres scheidet hier aus. Das Schriftformerfordernis, wie es aus § 1 Abs. 2 GeschO folgt, beruht nicht auf der Wiedergabe einer entsprechenden gesetzlichen Vorschrift, insbesondere nicht des § 47 Abs. 1 Satz 1 GO NRW. Dort ist zwar die Einberufung des Rates durch den Bürgermeister geregelt, ein Schriftformerfordernis ist dieser Gesetzesnorm hingegen nicht zu entnehmen. Auch aus Sinn und Zweck des § 47 Abs. 1 Satz 1 GO NRW ergibt sich nichts anderes. Zweck der Einberufung ist (nur), den Ratsmitgliedern Kenntnis von der bevorstehenden Ratssitzung und damit die Möglichkeit zur Teilnahme zu geben.
26Vgl. dazu auch: Schneider, Der verfahrensfehlerhafte Ratsbeschluß - Zur Dogmatik der Verfahrensfehlerfolgen, NWVBl. 1996, 89, 93; siehe ferner Held/Winkel, Gemeindeordnung Nordrhein-Westfalen, Kommentar, § 47 Anm. 4.
27Auch danach bedurfte es hier keiner besonderen Legitimation jeder einzelnen Einladung zu der Ratssitzung vom 28. Juni 2012 durch eine jeweils dort vollzogene eigenhändige Unterschrift des Bürgermeisters.
28Andere Verfahrensfehler liegen ebenfalls nicht vor: Es bedurfte vor dem Satzungsbeschluss durch den Rat keiner Vorberatung im Hauptausschuss; auch ist die Hebesatzerhöhung durch eine isolierte Hebesatzsatzung nicht verfahrensfehlerhaft erfolgt. Hierzu hat das Verwaltungsgericht (VG) Gelsenkirchen in seinem Urteil vom 25. Oktober 2012 - 5 K 1137/12 - (Zeitschrift für Kommunalfinanzen - ZKF - 2012, 288) Folgendes ausgeführt:
29„Soweit demgegenüber gerügt wird, dass keine ordnungsgemäße Vorberatung im Haupt- und Finanzausschuss erfolgt sei, steht dies der Wirksamkeit der Hebesatzung nicht entgegen. Denn auch wenn in §§ 3 Abs. 1, 4 Abs. 3 der Zuständigkeitsordnung und Vergaberichtlinien in der Fassung des Ratsbeschlusses vom 17. Dezember 2009 der Stadt T1. eine Vorberatung durch den Haupt- und Finanzausschuss vorgesehen ist, handelt es sich dabei um auf Grundlage von §§ 57 Abs. 4, 58 Abs. 1 GO NRW ergangenes reines Innenrecht der Verwaltung. Im Rahmen der aus dem Selbstverwaltungsrecht folgenden Organisationshoheit erlaubt § 57 Abs. 1 GO NRW dem Rat, Ausschüsse zu bilden und ihnen Aufgaben zuzuweisen. Für das Verfahren gelten die Geschäftsordnung des Rates oder spezielle allgemeine Verfahrensregeln, die der Rat nach § 57 Abs. 4 GO NRW erlässt. Diese Vorschriften sind zwar rechtlich verbindlich, zeitigen aber keine Rechtsfolgen für außerhalb der Verwaltung Stehende, die sich nicht auf die entsprechenden Vorschriften berufen können. Verstöße gegen die entsprechenden Innenrechtssätze führen grundsätzlich nicht zur Unwirksamkeit des davon betroffenen Ratsbeschlusses, auch wenn dieser einen Rechtssetzungsakt zum Gegenstand hat.
30Vgl. für die Geschäftsordnung des Rates OVG Münster, Urt. v. 27. August 1996 - 15 A 32/93 -, zit. nach juris; Holtbrügge, in: Driehaus (Hrsg.), Kommunalabgabenrecht, Kommentar, Bd. I, Loseblatt, § 2 KAG Rn. 12; Held/Becker/Decker/Kirchhof/Krämer/ Wansleben, Kommunalverfassungsrecht NRW, Loseblatt, Erl. 6.2 zu § 47 GO NRW m.w.N.; Rehn/Cronauge/von Lennep/Knirsch, GO NRW, Loseblatt, Erl. II. 3. f) zu § 41 GO NRW; Dietlein/Burgi/ Hellermann, Öffentliches Recht in Nordrhein-Westfalen, 2. Aufl. 2007, § 2 Rn. 203.
31Auch gegen die Festlegung des Hebesatzes in einer isolierten Hebesatzung bestehen keine Bedenken. Es steht der Gemeinde frei, den Hebesatz in der jährlichen Haushaltssatzung oder (mehrjährig) in einer besonderen Abgabensatzung festzulegen.
32Vgl. OVG Münster, Urt. v. 6. August 1990 - 22 A 57/89 - , NVwZ 1991, 1208 f.; Troll/Eisele, GrStG, 10. Aufl. 2010, § 25 Rn. 3, 7; Stöckel/ Volquardsen, Grundsteuerrecht, Kommentar, 2. Aufl. 2012, § 25 Rn. 3; Rehn/Cronauge/ von Lennep/Knirsch, GO NRW, Band 2, Loseblatt, § 78 Anm. III. 3.; Holtbrügge, in: Driehaus (Hrsg.), Kommunalabgabenrecht, Kommentar, Bd. I, Loseblatt, § 2 KAG Rn. 4; vgl. auch OVG Lüneburg, Urt. v. 19. September 1990 ‑ 13 C 4/87 ‑ , NVwZ 1991, 907, 908; BayVGH, Beschl. v. 21. Februar 2006 - 4 ZB 05.1169 -; VG Karlsruhe, Urt. v. 18. Februar 2004 - 7 K 4720/02 -, jeweils zit. nach juris.“
33Dem schließt sich das erkennende Gericht an.
34Bekanntmachungsmängel liegen ebenfalls nicht vor. Die Hebesatzsatzung wurde aufgrund der Anordnung des Bürgermeisters vom 29. Juni 2012 rechtsfehlerfrei im Amtsblatt der Stadt X7°°° vom 5. Juli 2012 bekanntgemacht.
35Die Satzung ist auch materiell wirksam.
36In der höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung
37vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteile vom 17. April 2002- 9 CN 1.01 -, Kommunale Steuerzeitschrift (KStZ) 2002, 213 und vom 10. Dezember 2009 - 9 C 13.08 - (juris); OVG NRW, Urteil vom 23. Juni 2010 - 14 A 597/09 - (www.nrwe.de und juris)
38wie auch in derjenigen des erkennenden Gerichts
39vgl. VG Arnsberg, Urteil vom 14. September 2013 ‑ 5 K 2417/12 ‑,Deutsches Verwaltungsblatt (DVBl.) 2014, 59 = NWVBl. 2014, 79
40ist geklärt, dass sich mit Blick auf das kommunale Selbstverwaltungsrecht aus Art. 28 Abs. 2 GG bei der Prüfung satzungsrechtlicher Abgaberegelungen die gerichtliche Kontrolle auf die Prüfung der Vereinbarkeit der Festsetzungen mit höherrangigem Recht beschränkt und nicht die Überprüfung nach Art ermessensgeleiteter Verwaltungsakte umfasst. Daraus folgt zugleich, dass die Wirksamkeit gemeindlicher satzungsrechtlicher Abgabenregelungen, soweit es an entsprechenden gesetzlichen Anordnungen fehlt, weder von einer im Rahmen des Satzungserlasses vorgenommenen Zusammenstellung von Abwägungsmaterial noch von der Fehlerfreiheit des Abwägungsvorganges abhängt. Steuersätze müssen sich hinsichtlich ihrer Höhe nicht daran messen lassen, wie die kommunale Willensbildung erfolgt ist. Auf die Erwägungen und Beweggründe, also die Motivation des Satzungsgebers, kommt es bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit nicht an.
41Vgl. Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg, Urteil vom 13. Dezember 2012 - 2 S 1010/12 -, KStZ 2013, 116; OVG NRW, Urteil vom 23. Juni 2010 - 14 A 597/09 -, a.a.O. und Beschlüsse vom 16. Juli 2013 - 14 A 464/13 und 14 A 2761/12 - (jeweils www.nrwe.de und juris); OVG Lüneburg, Beschluss vom 8. November 2010 ‑ 9 LA 199/09 ‑ (juris).
42Gemeinden haben bei der Festsetzung der Hebesätze wegen ihrer verfassungsrechtlich garantierten Steuerhoheit als Bestandteil der Finanzhoheit, die eine eigenverantwortliche Einnahmen- und Ausgabenwirtschaft gewährleistet, einen weiten Entschließungsspielraum, der seine Grenzen lediglich in den allgemeinen Grundsätzen des Haushalts- und Steuerrechts findet. Im Rahmen dieses Entschließungsspielraums, der auch erfasst, auf welche Weise die Gemeinden ihre kommunale Aufgabenerfüllung finanzieren, kommt es der Gemeinde ‑ durch ihren Rat ‑ zu, die Hebesätze autonom nach den jeweiligen finanziellen Bedürfnissen festzusetzen.
43Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 22. Juli 2009 - 15 A 2324/07 -, KStZ 2009, 190; VG Münster, Urteil vom 1. Dezember 2010 - 9 K 1493/10 -, Der Gemeindehaushalt (GemHH) 2011, 47; VG Arnsberg, Urteil vom 14. September 2013 ‑ 5 K 2417/12 ‑ a.a.O.
44Nach Maßgabe dieses Prüfungsrahmens steht die streitgegenständliche Hebesatzanhebung im Einklang mit höherrangigem Recht.
45Es ist zunächst kein Verstoß gegen § 77 Abs. 2 GO NRW oder § 3 Abs. 2 Satz 1 des Kommunalabgabengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (KAG NRW) erkennbar. § 77 Abs. 2 GO NRW bestimmt, dass die Gemeinde die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Finanzmittel soweit vertretbar und geboten aus speziellen Entgelten für die von ihr erbrachten Leistungen und nur im übrigen aus Steuern zu beschaffen hat, soweit die sonstigen Finanzmittel nicht ausreichen. Nach § 3 Abs. 2 Satz 1 KAG NRW sollen die Gemeinden Steuern nur erheben, soweit die Deckung der Ausgaben durch andere Einnahmen, insbesondere durch Gebühren und Beiträge, nicht in Betracht kommt.
46Das in diesen Vorschriften normierte Gebot der Subsidiarität der Steuern gegenüber den speziellen Entgelten kann nicht dazu führen, dass die Bemessung der Hebesätze an die Ausschöpfung des Gebührenrahmens für besondere Leistungen gebunden wird. Eine derartige Auslegung wäre mit der Kompetenzordnung des Grundgesetzes unvereinbar, denn das grundgesetzlich garantierte bundesrechtliche Hebesatzrecht der Gemeinden für die Grundsteuer nach Art. 106 Abs. 6 GG i.V.m. § 25 Abs. 1 GrStG gewährt dem Landesgesetzgeber keine Kompetenz für eine entsprechende Einschränkung. Auch § 26 GrStG bildet keine entsprechende Ermächtigung für eine materielle Beschränkung des örtlichen Hebesatzes im Verhältnis zu den sonstigen Einnahmen der Gemeinde.
47Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Juni 1993 - 8 C 32.90 -, KStZ 1993, 193 (zur Gewerbesteuer).
48Folglich binden die vorgenannten, dem Haushaltsrecht zuzuordnenden Vorschriften die Gemeinden zwar insofern, als auf Steuerquellen nur zurückgegriffen werden darf, soweit die sonstigen Einnahmen nicht zur Deckung des Haushalts ausreichen. Im Übrigen steht es aber im Ermessen der Gemeinden, in welchem Ausmaß sie zur Deckung ihres Finanzbedarfs Steuerquellen heranziehen wollen.
49Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Juni 1993 - 8 C 32.90 - a.a.O.; VG Arnsberg, Urteil vom 14. September 2013 ‑ 5 K 2417/12 - a.a.O.
50Nach Maßgabe dessen gilt hier Folgendes:
51Aus den Verwaltungsvorgängen der Beklagten zur Haushaltssanierung ergibt sich, dass die sonstigen Finanzmittel zur Deckung des Haushalts nicht ausreichten. Dies entspricht auch dem Inhalt des Bescheides der Bezirksregierung B2°°° vom 21. Dezember 2011, mit dem schon für das Jahr 2011 eine strukturelle Lücke zuzüglich Zinslast aus Liquiditätskrediten von 3.063.221,00 EUR festgestellt worden war. Danach steht fest, dass die sonstigen Einnahmen - bei Weitem - nicht zur Deckung des Haushalts ausreich(t)en.
52Die Beklagte hat mit Blick darauf einen umfangreichen Abwägungs- und Entschließungsprozess zur Konsolidierung der Gemeindefinanzen eingeleitet und durchgeführt, zu dem sie auch aufgrund des bestandskräftigen Bescheides der Bezirksregierung B3°°°vom 21. Dezember 2011 auf der Grundlage des Stärkungspaktge-setzes verpflichtet war. Hierzu wurden - wie dem Haushaltssanierungsplan vom 28. Juni 2012 zu entnehmen ist - in allen Bereichen der kommunalen Ausgabenwirtschaft Konsolidierungsbeiträge vorgeschlagen und (zum Teil) beschlossen, die zu einer Sanierung der Gemeindefinanzen führen sollen. Der detaillierte Haushaltssanierungsplan 2012 umfasst eine Vielzahl von Einzelmaßnahmen, die zur gemeindlichen Haushaltskonsolidierung beitragen.
53Auch ein Verstoß gegen § 75 Abs. 1 Satz 2 GO NRW ist nicht festzustellen. Nach dieser Vorschrift hat die Gemeinde den Haushalt wirtschaftlich, effizient und sparsam zu führen. Die sich daraus ergebende Grenze für gemeindliche Ausgaben ist erst dann überschritten, wenn ein Verbrauch von öffentlichen Mitteln festzustellen ist, der wirtschaftlich in keinem Fall mehr vertretbar ist und deshalb auch nicht mehr im Rahmen einer ordnungsgemäßen Verwaltung liegt.
54Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 16. Juli 2013 - 14 A 1466/13 und 14 A 366/13 - (n.v.).
55Derartiges ist hier nicht - ansatzweise - ersichtlich. Dem Haushaltssanierungsplan, wie er vom Rat der Beklagten am 28. Juni 2012 beschlossen wurde, ist zu entnehmen, dass weitere Einsparungen im Haushaltsbereich kaum noch möglich sind. Das entspricht auch dem Inhalt des Genehmigungsbescheides der BezirksregierungB4°°° vom 11. September 2012.
56Unabhängig davon wäre die Hebesatzfestsetzung selbst dann nicht rechtsfehlerhaft, wenn einzelne Ausgabenansätze haushaltsrechtlich zu beanstanden wären. Denn die Beklagte wäre auch dann aufgrund ihres weiten Entschließungsspielraums nicht verpflichtet, die durch entsprechende Kürzungen gewonnenen Einsparungen gerade auf das Grundsteueraufkommen anzurechnen. Insofern fehlt es bei den allgemein zur Erzielung von Einnahmen erhobenen Steuern - im Unterschied etwa zur Gebührenerhebung - bereits an einer im Abgabentatbestand vorgegebenen Verknüpfung zwischen den Steuersätzen und den Ausgabeansätzen.
57So auch VG Gelsenkirchen, Urteil vom 25. Oktober 2012 - 5 K 1137/12 - a.a.O. unter Hinweis auf OVG Lüneburg, Urteil vom 19. September 1990 - 13 C 4/87 -, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht (NVwZ) 1991, 907; Bayerischer VGH (BayVGH), Beschluss vom 20. Oktober 2011 - 4 ZB 11.1187 - (juris); ebenso VG Arnsberg, Urteil vom 14. September 2013 ‑ 5 K 2417/12 - a.a.O.
58Im Übrigen verstößt die Anhebung des Hebesatzes für die Grundsteuer B auch nicht gegen den Grundsatz der Abgabengerechtigkeit bzw. den allgemeinen Gleichheitssatz. Hierzu hat das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen in seinem Urteil vom 25. Oktober 2012 - 5 K 1137/12 - (a.a.O.) ausgeführt:
59„Soweit vorgetragen wird, der Hebesatz sei schon deshalb rechtswidrig, weil er über dem Bundesdurchschnitt von 440 v. H. bzw. dem derzeitigen Höchst-wert von 810 v. H. in Berlin liege, ergibt sich aus dieser Relation zu anderen Hebesätzen kein Kriterium für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des festgesetzten Hebesatzes.
60Vielmehr wurde die Festsetzung der Hebesätze schon durch Art. 106 Abs. 6 GG in die Hand der Kommunen gegeben. Mit dieser auf Verfassungsebene getroffenen Zuordnung ist es systemimmanent, dass Schwankungen bestehen und sich ein Vergleich mit anderen Gemeinden verbietet. Vielmehr können die Hebesätze - von Kommune zu Kommune unterschiedlich - nach dem jeweiligen finanziellen Bedürfnis festgelegt werden.
61Vgl. VG Arnsberg, Urt. v. 25. April 2003 - 3 K 2121/02 -; VG Münster, Urt. v. 1. Dezember 2010 - 9 K 1493/10 -; FG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 16. Februar 2011 - 3 K 3096/07 -, jeweils zit. nach juris; Troll/Eisele, GrStG, 10. Aufl. 2010, § 25 Rn. 4; Stöckel/ Volquardsen, Grundsteuerrecht, Kommentar, 2. Aufl. 2012, § 25 Rn. 4; vgl. auch Siekmann, in: Sachs, GG, 5. Aufl. 2009, Art. 106 Rn. 44.
62Art. 3 GG gewährt vor diesem Hintergrund keinen Anspruch auf Gleichbehandlung durch unterschiedliche Gemeinden. Anderenfalls würde diesen eine Orientierung an den Hebesätzen anderer Gemeinden vorgeschrieben. Dies widerspräche der durch Art. 28 GG gewährten Selbstverwaltungsgarantie und dem Schutz der föderativen Struktur.
63Vgl. BVerfG, Entsch. v. 21. Dezember 1966 - 1 BvR 33/64 - (zur Lohnsummensteuer); VG Karlsruhe, Urteil v. 18. Februar 2004 ‑ 7 K 4720/02 ‑; VG Frankfurt (Oder), GB v. 04. März 2004 ‑ 4 K 1072/99 ‑; VG Augsburg, Urt. v. 25. Oktober 2006 ‑ Au 6 K 04.1703 ‑; VG Ansbach, Urt. v.16. März 2005 ‑ AN 11 K 04.03698 ‑; jeweils zit. nach juris.
64Im Hinblick auf den Vergleich der Hebesätze für die Grundsteuer A und B bzw. die Gewerbesteuer bildet die in § 26 GrStG vorgesehene Möglichkeit der Koppelung - von der der Landesgesetzgeber keinen Gebrauch gemacht hat - die einzige Möglichkeit einer gesetzlichen Vorgabe zu Relationen zwischen diesen Steuertypen. Dies zeigt zugleich, dass grundsätzlich anerkannt ist, dass die Steuern wesensverschieden sind und damit ein sachlicher Grund im Sinne des Art. 3 GG für eine differenzierte Festlegung der Steuersätze vorliegt. So wird auch in der Gesetzesbegründung zu § 25 Abs. 4 GrStG explizit festgestellt, dass die Grundsteuer A einen wesentlich anderen Charakter habe, als die Grundsteuer B und damit für Betriebe der Land- und Forstwirtschaft einerseits und Grundstücke andererseits jeweils ein eigener Hebesatz festgelegt werden könne.
65Vgl. Begründung der Regierungsvorlage, zit. nach Troll/Eisele, GrStG, 10. Aufl. 2010, § 25 Rn. 1; vgl. auch Stöckel/Volquardsen, Grundsteuerrecht, Kommentar, 2. Aufl. 2012, § 25 Rn. 7.“
66Nach diesen Maßstäben, denen das erkennende Gericht bereits in seinem rechtskräftigen Urteil vom 14. September 2013 - 5 K 2417/12 - (a.a.O.) gefolgt ist und weiterhin folgt, ist hier ein Gleichheitsverstoß nicht festzustellen. Weder die Höhe der Grundsteuer A bzw. der Gewerbesteuer oder das Verfahren zur Festsetzung der jeweiligen Hebesätze noch die Situation in anderen Gemeinden lassen einen Verstoß gegen den Grundsatz der Abgabengerechtigkeit oder den allgemeinen Gleichheitssatz hervortreten.
67So auch OVG NRW, Beschlüsse vom 16. Juli 2013 - 14 A 1466/13 und 14 A 366/13 - (n.v.).
68Davon abgesehen ist in diesem Zusammenhang Folgendes anzumerken: Der Hebesatz für Grundsteuer A ist von der Beklagten ebenfalls angepasst worden - durch die Hebesatzsatzung vom 29. Juni 2012 wurde der Hebesatz für land- und forstwirtschaftliche Betriebe (Grundsteuer A) von zuvor 239 v.H. für das Haushaltsjahr 2013 auf 478 v.H. erhöht und somit (glatt) verdoppelt. Unabhängig davon haben die Hebesätze für Grundsteuer A und Gewerbesteuer keinen Einfluss auf die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Hebesatzes für die Grundsteuer B. Wie zuvor bereits ausgeführt besteht auch kein Anlass, von einer willkürlichen oder ohne jeden vernünftigen Sachgrund durchgeführten Hebesatzerhöhung auszugehen.
69Ungeachtet dessen wird mit der Anhebung des Hebesatzes auf 800 v.H. kein landes- oder bundesweiter „Spitzensteuersatz“ erreicht. Der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 25. Oktober 2012 - 5 K 1137/12 - (a.a.O.) lag beispielsweise ein Grundsteuerhebesatz von 825 v.H. zugrunde. Auch die Entwicklung in der Folgezeit bestätigt den schon zum maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung absehbaren Trend zur Erhöhung des Hebesatzes für Grundsteuer B: Im Jahr 2013 hatten bereits sechs Kommunen in Nordrhein-Westfalen Grundsteuerhebesätze von über 700 v.H. ‑ darunter die Nachbarstadt V°°° mit einem vergleichbar hohen Hebesatz von 769 v.H. ‑ und weitere 14 Kommunen von 600 v.H. bis 699 v.H. festgelegt.
70Vgl. die Quelle im Internet: http://www.ihk-koeln.de/2796_Realsteuer_Hebesaetze_in_Nordrhein_Westfa.AxCMS?ActiveID=3159 (Abruf am 24. September 2013).
71Die Hebesatzerhöhung führt auch nicht zu einer verfassungsrechtlich unangemessenen Steuerbelastung (vgl. u.a. Art. 20 Abs. 1 GG). Hierzu hat das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in seinem Beschluss vom 16. Juli 2013- 14 A 464/13 - (a.a.O.) ausgeführt:
72„Richtig ist, dass die Gestaltungsfreiheit des Normgebers auch bei der Schrankenbestimmung durch Auferlegung von Steuerlasten, die an vermögenswerte Rechtspositionen anknüpfen, durch die allgemeinen Grundsätze der Verhältnismäßigkeit begrenzt ist und dass dann, wenn im Einzelfall keine vermögenswerte Rechtsposition betroffen ist, der gleiche Maßstab zur Rechtfertigung einer Beeinträchtigung des Art. 2 Abs. 1 GG gilt. Die Steuerbelastung darf aus rechtsstaatlichen Gründen nicht übermäßig sein.
73Vgl. BVerfG, Beschluss vom 18. Januar 2006 - 2 BvR 2194/99 -, BVerfGE 115, 97 (114 ff.); Beschluss vom 5. Februar 2002 ‑ 2 BvR 305, 348/93 ‑, BVerfGE 105, 17 (32).“
74Das ist hier nicht der Fall. Ausgehend von dem unbestrittenen Vorbringen der Beklagten in deren Klageerwiderung betrug die durch die Hebesatzerhöhung für die Grundsteuer B haushaltsmäßig angesetzte Mehreinnahme für das Haushaltsjahr 2013 3.884.750,00 EUR. Wird diese Mehreinnahme aus der erhöhten Grundsteuer B unter Berücksichtigung der in der Klageerwiderung angeführten „Gesamtfallzahl“ von 10.137 auf den einzelnen Steuerfall heruntergebrochen, errechnet sich für den einzelnen Grundeigentümer eine durchschnittliche jährliche Mehrbelastung von (3.884.750,00 EUR : 10.137 =) 383,22 EUR. Die durchschnittliche monatliche Mehrbelastung beträgt somit ca. (383,22 EUR : 12 Monate =) 32,00 EUR und die durchschnittliche monatliche Gesamtbelastung als Folge der Erhöhung des Hebesatzes von 421 v.H. auf 800 v.H., d. h. um ca. 90 v.H., etwa 67,50 EUR. Eine solche durchschnittliche Belastung erscheint (noch) nicht als unverhältnismäßig.
75Vor diesem Hintergrund erweist sich die Grundsteuer auch nicht als erdrosselnd. Es ist nicht ersichtlich, dass durch die Erhöhung des Hebesatzes ein Ausmaß erreicht wird, durch das die Privatnützigkeit des Eigentums gefährdet oder gar aufgehoben würde. Vielmehr kann auch nach der deutlichen Erhöhung des Hebesatzes sowohl bei ausschließlich selbst genutzten Objekten als auch bei vermieteten Liegenschaften die Grundsteuer aus den Grundstückserträgen erwirtschaftet werden, ohne dass es zu einer Vernichtung der Steuerquelle selbst käme.
76Vgl. hierzu: Finanzgericht (FG) Berlin, Urteil vom 6. Oktober 2004- 2 K 2386/02 -, Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2005, 390 und VG Arnsberg, Urteil vom 14. September 2013 ‑ 5 K 2417/12 ‑, a.a.O. (zu einem Hebesatz für die Grundsteuer B von 720 v.H).
77Ist nach alledem die Hebesatzänderung für die Grundsteuer B nicht zu beanstanden, weist die angefochtene Grundsteuerfestsetzung in den Bescheiden vom 8. Februar 2013 auch im Übrigen keine Rechtsfehler zu Lasten der Klägerin auf.
78Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
79Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit den §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).
80Die von Klägerseite angeregte Zulassung der Berufung scheidet aus, weil die Voraussetzungen des § 124a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO nicht erfüllt sind. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, denn die im Zusammenhang mit der satzungsrechtlichen Festsetzung des Grundsteuerhebesatzes stehenden Rechtsfragen sind rechtsgrundsätzlich geklärt. Das Urteil des erkennenden Gerichts weicht auch nicht von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts ab.
(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.
(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.
(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.
(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.
(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.
(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.
(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.
(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.
(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.
(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
In welchem Verhältnis die Hebesätze für die Grundsteuer der Betriebe der Land- und Forstwirtschaft, für die Grundsteuer der Grundstücke und für die Gewerbesteuer zueinander stehen müssen, welche Höchstsätze nicht überschritten werden dürfen und inwieweit mit Genehmigung der Gemeindeaufsichtsbehörde Ausnahmen zugelassen werden können, bleibt einer landesrechtlichen Regelung vorbehalten.
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
(1) Die Gemeinde bestimmt, mit welchem Hundertsatz des Steuermeßbetrags oder des Zerlegungsanteils die Grundsteuer zu erheben ist (Hebesatz).
(2) Der Hebesatz ist für ein oder mehrere Kalenderjahre, höchstens jedoch für den Hauptveranlagungszeitraum der Steuermeßbeträge festzusetzen.
(3) Der Beschluß über die Festsetzung oder Änderung des Hebesatzes ist bis zum 30. Juni eines Kalenderjahres mit Wirkung vom Beginn dieses Kalenderjahres zu fassen. Nach diesem Zeitpunkt kann der Beschluß über die Festsetzung des Hebesatzes gefaßt werden, wenn der Hebesatz die Höhe der letzten Festsetzung nicht überschreitet.
(4) Der Hebesatz muß jeweils einheitlich sein
Wird das Gebiet von Gemeinden geändert, so kann die Landesregierung oder die von ihr bestimmte Stelle für die von der Änderung betroffenen Gebietsteile auf eine bestimmte Zeit verschiedene Hebesätze zulassen.(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.