Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 08. Dez. 2014 - AN 9 K 13.1998, AN 9 K 13.01999

bei uns veröffentlicht am08.12.2014

Tenor

1. Die Klagen werden abgewiesen.

2. Die Kläger haben die Kosten der Verfahren zu tragen.

3. Die Entscheidung ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Vollstreckungsschuldner können die Vollstreckung i. H. v. 110 vom Hundert des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Vollstreckungsgläubigerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Kläger begehren mit ihren Klagen die Aufhebung der Teilbeseitigungsanordnungen der Beklagten vom 17. Oktober 2013 bezüglich der von den Klägern an der westlichen Grundstücksgrenze errichteten Grenzbebauung.

Die Kläger sind je zur Hälfte Miteigentümer des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks Fl.Nr. ... der Gemarkung ... (...). Nach Erwerb des Grundstücks im Jahr 2012 errichteten die Kläger entlang der westlichen Grundstücksgrenze zum Nachbaranwesen Fl.Nr. ... der Gemarkung ... (...) einen 1,80 m hohen Holzzaun. Das auf dem klägerischen Grundstück an dieser gemeinsamen Grundstücksgrenze befindliche, von den Voreigentümern errichtete Garten- bzw. Gerätehaus, wurde von den Klägern entfernt. An etwas versetzter Stelle errichteten sie unmittelbar an der Grundstücksgrenze ein neues Gartenhaus (2,50 m x 2,50 m) mit angeschlossenem überdachten Freisitzbereich (3,0 m x 3,0 m).

Im November 2012 baten die Kläger das Dienstleistungszentrum Bau der Beklagten um Auskunft, ob für die Errichtung eines Carports an der Grundstücksgrenze zum Nachbaranwesen „...“ eine Genehmigung erforderlich sei. Mit E-Mail eines Mitarbeiters der Beklagten vom 28. November 2012 wurde den Klägern unter anderem Folgendes mitgeteilt:

„(...) Grundsätzlich können Sie davon ausgehen, dass das geplante Carport gemäß Art. 6 Abs. 9 BayBO an der Grundstücksgrenze zulässig ist, wenn es nicht länger als 9 m und im Mittel nicht höher als 3 m ausgeführt wird. Zudem sind Garagen und Carports gemäß Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 BayBO verfahrensfrei, d. h. Sie müssen hierfür keinen Bauantrag einreichen. Dessen ungeachtet sind aber natürlich die öffentlich-rechtlichen Anforderungen einzuhalten, z. B. Abstand von der öffentlichen Verkehrsfläche mindestens 3 m gemäß Garagenordnung. Ob der geplante Standort auch den planungsrechtlichen Vorschriften entspricht, oder ob evtl. eine Befreiung erforderlich ist, können Sie beim Stadtplanungsamt in Erfahrung bringen, Tel. ... oder -... Sie können aber auch während der allgemeinen Öffnungszeiten zu einer kostenlosen, unverbindlichen Beratung im ... vorbeikommen. (...)

Abschließend muss ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass diese Beantwortung Ihrer Anfrage die baurechtliche Beurteilung im jetzigen Zeitpunkt ohne volle Kenntnis aller Umstände wiedergibt und dass es sich hierbei nicht um eine verbindliche Zusicherung im Sinne des Art. 38 Bayer. Verwaltungsverfahrensgesetz handelt.

Diese Auskunft ersetzt nicht ein nötiges bauordnungs- oder denkmalrechtliches Verfahren. Bitte holen Sie vor Baubeginn alle nötigen Genehmigungen ein.“

Die Kläger errichteten daraufhin ohne Einreichung eines Bauantrags an der Grundstücksgrenze zum Anwesen „...“ einen Carport mit einer Länge von 7,55 m, einer Breite von 2,8 m und einer Höhe von 2,2 m.

Aufgrund von Nachbarbeschwerden führte der Außendienst der Bauordnungsbehörde der Beklagten am 23. Juli 2013 eine Ortseinsicht am Anwesen „...“ durch. Mit Schreiben der Bauaufsichtsbehörde vom 6. August 2013 wurden die Kläger aufgefordert, die ohne Baugenehmigung errichtete Kfz-Stellplatzüberdachung (Carport) bis zum 3. September 2013 zu beseitigen oder alternativ eine Abstandsflächenübernahme des betroffenen Nachbarn einzuholen. Der Bevollmächtigte der Kläger teilte mit Schreiben vom 2. September 2013 der Bauordnungsbehörde der Beklagten mit, die Kfz-Stellplatzüberdachung sei aufgrund ihrer Ausmaße genehmigungsfrei sowie abstandsflächenrechtlich nicht relevant. Am 3. September 2013 wurde dem Vertreter der Kläger die Thematik von einem Mitarbeiter der Beklagten fernmündlich nochmals ausführlich erläutert sowie die Frist zur Beseitigung bis zum 30. September 2013 verlängert. Bei einer erneuten Kontrolle durch den Außendienst der Bauordnungsbehörde der Beklagten am 7. Oktober 2013 wurde festgestellt, dass die Kfz-Stellplatzüberdachung weiterhin vorhanden war, aber weder ein Bauantrag noch eine Abstandsflächenübernahme eingereicht worden waren.

Mit Bescheiden vom 17. Oktober 2013 (Az.: ...), zugestellt am 23.10.2013, wurden die Kläger zu 1) und zu 2) verpflichtet, die westliche Grenzbebauung bestehend aus einer Kfz-Stellplatzüberdachung und einem Gartenhaus insoweit zu beseitigen, als diese die zulässige Gesamtlänge von 9,00 m an der westlichen Grundstücksgrenze überschreiten. Den Klägern wurde jeweils eine Vollzugsfrist von einem Monat ab Unanfechtbarkeit des Bescheids eingeräumt. Für den Fall der Nichteinhaltung dieser Frist wurde jeweils unter Nr. 2 der Bescheide ein Zwangsgeld von insgesamt 1.000,00 Euro angedroht, wobei klargestellt wurde, dass auf den Kläger zu 1) und die Klägerin zu 2) jeweils ein Betrag von 500,00 Euro entfällt.

Zur Begründung heißt es, das Gartenhaus sei nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 a BayBO verfahrensfrei errichtet worden. Jedoch sei die Kfz-Stellplatzüberdachung nach Art. 55 Abs. 1 i. V. m. mit Art. 57 BayBO genehmigungspflichtig. Eine Verfahrensfreiheit nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 a BayBO sei hier nicht gegeben, da die Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 BayBO nicht vorlägen. Die beiden Nebengebäude erreichten an der westlichen Grundstücksgrenze zusammen eine Länge von ca. 13,05 m (5,50 m + 7,55 m), so dass die 9-m-Grenze deutlich überschritten werde. Das Vorhaben sei deshalb baugenehmigungspflichtig. Eine Genehmigung liege jedoch nicht vor und könne auch nachträglich nicht erteilt werden, da das Vorhaben öffentlich-rechtlichen Vorschriften (insbesondere Art. 6 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. Art. 6 Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 BayBO) widerspreche. Aufgrund der Länge der beiden Nebengebäude (Gartenhaus und Kfz-Stellplatzüberdachung) von insgesamt mehr als 9,00 m an der Grundstücksgrenze erfülle das Vorhaben nicht mehr die Kriterien des Art. 6 Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 BayBO. Das Gartenhaus habe durch die Errichtung der Kfz-Stellplatzüberdachung die Privilegierung verloren, das Vorhaben sei damit insgesamt abstandsflächenpflichtig. Die Grenzbebauung halte die erforderlichen Abstandsflächen zum Nachbargrundstück „...“ nicht ein. Die Abstandsflächen kämen komplett auf dem Nachbargrundstück zum Liegen, so dass ein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayBO gegeben sei.

Da eine nachträgliche Genehmigung für die Kfz-Stellplatzüberdachung nicht erteilt werden und auch in anderer Weise kein den öffentlich-rechtlichen Vorschriften entsprechender rechtmäßiger Zustand geschaffen werden könne, sei die Anordnung der Beseitigung der über die 9,00 m hinausgehenden Grenzbebauung auch unter Berücksichtigung der Belange des Bauherrn in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens geboten.

Mit Schriftsatz vom 21. November 2013 haben die Kläger durch ihren Prozessvertreter Klage gegen die beiden Beseitigungsanordnungen vom 17. Oktober 2013 erheben lassen. Zur Begründung wird ausgeführt, die streitgegenständliche Kfz-Stellplatzüberdachung sei verfahrensfrei gemäß Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 b BayBO. Der Carport halte bei isolierter Betrachtung unstreitig die in Art. 6 Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 BayBO definierten Höchstmaße ein. Der Carport sei jedenfalls nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 a BayBO verfahrensfrei, da er einen Bruttorauminhalt von lediglich 46,2 m³ habe. Bei dem Carport handele es sich zweifellos um ein Gebäude im Sinne von Art. 2 Abs. 2 BayBO, da er eine selbstständige benutzbare überdeckte bauliche Anlage sei, die von Menschen betreten werden könne. Es komme nicht darauf an, dass die bauliche Anlage räumlich vollkommen umschlossen sei. Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs komme es auch nicht darauf an, ob der Carport freistehe oder an das Hauptgebäude angebaut sei (vgl. BayVGH, Urteil vom 30.8.1984 - 2 B 83 A 1265). Der Carport stehe auf drei Stützen und verfüge dem zufolge über eine ausreichende Statik, selbst wenn man sich das Hauptgebäude hinwegdenken würde. Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 a BayBO verweise nicht auf die abstandsflächenrechtliche Vorschrift des Art. 6 Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 BayBO.

Die Überschreitung der 9,00 m-Grenze durch den Carport und das Gartenhaus mit angeschlossenem überdachten Freisitz, die an der gemeinsamen Grenze zum Nachbargrundstück zusammen eine Länge von ca. 13 m erreichen, sei bei der gebotenen Einzelfallbetrachtung hinnehmbar, da es für die Beeinträchtigung des Nachbargrundstücks ohne Belang sei, ob die Gesamtlänge des Flachdaches eine Länge von 13 m oder nur 9 m habe. Selbst bei einem Rückbau des Flachdachs, um die abstandsflächenrelevante Gebäudeeigenschaft zu verlieren, hätte dies keine Einwirkungen auf die Besonnung, Belichtung und Belüftung des Nachbargrundstücks. Es würde demzufolge pflichtgemäßem Ermessen entsprechen, den Klägern eine isolierte Abweichung gemäß Art. 63 Abs. 1 BayBO zu erteilen, da die Abweichung unter Berücksichtigung des mit dem Abstandsflächenrecht verfolgten Zwecks und unter Würdigung der öffentlich-rechtlichen geschützten nachbarlichen Belange mit den öffentlichen Belangen ohne Weiteres vereinbar sei.

Die Kläger weisen darauf hin, dass sich auf dem Nachbaranwesen „...“ an der östlichen Grundstücksgrenze ebenfalls ein Gartenhaus befinde, das „Wand an Wand“ mit dem Gartenhaus der Kläger stehe. Beide Gartenhäuser seien daher wechselseitig ohne abstandsflächenrechtliche Relevanz. Auch fänden sich in der unmittelbaren Umgebung des klägerischen Anwesens eine Vielzahl von Grenzsituationen, in denen die „9,0 m-Regel“ überschritten sei. Im Normalfall würden derartige „Verstöße“ von den Behörden auch geduldet, da diese aus städtebaulicher Sicht völlig unbedeutend seien. Sofern die Nachbarn der Kläger durch die Grenzbebauung in ihrem Eigentum beeinträchtigt sein sollten, stünde ihnen der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten offen. Vor diesem Hintergrund erweise sich das bauaufsichtliche Einschreiten der Beklagten - nicht zuletzt im Hinblick auf die zahlreichen geduldeten Vergleichsfälle im gesamten Stadtgebiet - als unverhältnismäßig.

Schließlich sei das Interesse der Kläger an der Beibehaltung des vorhandenen Zustands auch deshalb schutzwürdig, da die Kläger sich vor Errichtung des Carports beim Dienstleistungszentrum Bau der Beklagten ausdrücklich nach der Zulässigkeit der geplanten Baumaßnahme erkundigt hätten. Die von dem Mitarbeiter der Beklagten am 28. November 2012 erteilte Auskunft per E-Mail enthalte keinen Hinweis auf die einzuhaltende Gesamtlänge aller Nebengebäude. Die Längenangabe von 9,0 m habe sich erkennbar allein auf den Carport bezogen. Die Beklagte habe deshalb hier einen Vertrauenstatbestand geschaffen, weshalb zumindest eine (ggf. widerrufliche) Duldung der Grenzbebauung gegenüber der angeordneten Baubeseitigung das mildere bauaufsichtliche Mittel wäre. Insoweit erwiesen sich die angefochtenen Beseitigungsanordnungen auch als unverhältnismäßig.

Die Kläger beantragen,

die Anordnungsbescheide der Beklagten vom 17. Oktober 2013 (... und ...) aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

Klageabweisung.

Entgegen der Ansicht der Kläger sei der Carport von Anfang an nicht gemäß Art. 57 Abs. 1 Nr. 1a i. V. m. Art. 55 Halbs. 2 BayBO verfahrensfrei gewesen, da es sich nicht um ein „Gebäude“ im Sinne der Vorschrift handele. Bei dem Carport handele es sich aufgrund der baulichen Verbindung mit dem Wohnhaus nicht um eine eigenständige bauliche Anlage. Für eine statische Selbstständigkeit fehlten dem Carport entlang der Hauswand eigene Stützen. Die einzelne Stütze am südlichen Ende in der Mitte des Carports genüge hierfür nicht.

Die Errichtung des Carports sei auch nicht nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 b BayBO verfahrensfrei. Zwar stelle der Carport für sich betrachtet einen überdachten Stellplatz im Sinne der Vorschrift dar, jedoch sei diese isolierte Betrachtung im Hinblick auf Art. 6 Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 BayBO, auf den Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 b BayBO verweise, nicht möglich. Es handele sich dabei um einen Rechtsgrundverweis, so dass auch Art. 6 Abs. 9 Satz 2 anzuwenden sei. Sämtliche Voraussetzungen des Absatz 9 müssten kumulativ vorliegen (Lechner/Busse, in: Simon/Busse, BayBO, Kommentar Rdn. 66, 70 zu Art. 57 BayBO). Im Gegensatz zu Abs. 9 Satz 2 begrenze Abs. 9 Satz 1 die Gesamtlänge der Grenzbebauung hinsichtlich derselben Grundstücksgrenze auf grundsätzlich 9,00 m.

Die Teil-Beseitigung des Carports und des Gartenhauses habe gemäß Art. 76 Satz 1 BayBO angeordnet werden können, da eine nachträgliche Genehmigung für den Carport nicht erteilt werden und auch in anderer Weise kein den öffentlich-rechtlichen Vorschriften entsprechender Zustand geschaffen werden könne. Ein justiziabler Ermessensfehler gemäß § 114 VwGO sei nicht ersichtlich. Insbesondere komme die Zulassung einer Abweichung nach Art. 63 Abs. 1 BayBO (von den Anforderungen des Art. 6 Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 BayBO) als milderes Mittel nicht in Betracht. Dies erfordere Gründe, durch die sich das Vorhaben vom Regelfall unterscheide und die etwa bewirkte Einbußen an geschützten Nachbarrechtspositionen vertretbar erscheinen ließen (VG Würzburg, U. v. 17.4.2012 - W 4 K 11.48 - juris Rdn. 29 unter Bezugnahme auf BayVGH, U. v. 22.12.2011 - 2 B 11.2231). Eine atypische Fallgestaltung liege hier nicht vor. Es sei nicht erkennbar, warum das Interesse der Kläger an einer größtmöglichen Ausnutzung des Grundstücks derart gewichtig sei, um in diesem Ausmaß den Nachbarn eine Verschlechterung der Belichtung und Belüftung ihrer Anwesen zuzumuten.

Würde die Behörde ihr Ermessen dennoch in dieser Art und Weise ausüben, läge ein Miss- bzw. Fehlgebrauch des Ermessens vor, da sie sich von Erwägungen leiten lassen würde, die mit der Ermächtigungsgrundlage unvereinbar wären. Zu beachten sei hier insbesondere der Gleichbehandlungsgrundsatz gemäß Art. 3 Abs. 1 GG. Auch eine Duldung des rechtswidrigen Zustands wäre ermessensfehlerhaft, da auch hier der Gleichbehandlungsgrundsatz nach Art. 3 Abs. 1 GG verletzt wäre bzw. in gleichgelagerten Fällen Abweichungen zukünftig geduldet werden müssten, was dem Zweck der Ermächtigungsgrundlage aus Art. 76 Satz 1 BayBO i. V. m. mit Art. 6 BayBO zuwiderlaufen würde. Das öffentliche Interesse an der Einhaltung der Abstandsflächenvorschrift des Art. 6 Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 BayBO überwiege gegenüber dem persönlichen Interesse der Kläger an der verlängerten Grenzbebauung.

Die Kläger hätten durch die Auskunft des Mitarbeiters der Beklagten mit E-Mail vom 28. November 2012 keinen Vertrauensschutz erworben. Die Auskunft habe sich nur auf den geplanten Carport bezogen, während auf ein bereits bestehendes Gartenhaus an derselben Grundstücksgrenze von Seiten der Kläger nicht hingewiesen worden sei. Zudem sei von Seiten des Mitarbeiters der Beklagten ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass die Beantwortung der Anfrage „die baurechtliche Beurteilung im jetzigen Zeitpunkt ohne volle Kenntnis aller Umstände widergibt und dass es sich hierbei nicht um eine verbindliche Zusicherung im Sinne des Art. 38 BayVwVfG“ handele.

Auch wenn das Gartenhaus der Kläger und das der Nachbarn „Wand an Wand“ stehen sollten, ändere dies nichts daran, dass dies hinsichtlich des Carports gerade nicht der Fall sei. Dieser sei damit abstandsflächenrechtlich von Relevanz.

Die Auffassung der Kläger, ein Rückbau des Flachdachs führe zu keinerlei Verbesserungen in Bezug auf Besonnung, Belichtung und Belüftung des Nachbaranwesens, könne nicht nachvollzogen werden. Jedes an der Grundstücksgrenze errichtete Gebäude führe zu einer Beeinträchtigung der nachbarlichen Belange. Um einen gerechten Ausgleich der Interessen des Bauherrn an einer Ausnutzung seines Grundstücks und der nachbarlichen Interessen an einer ausreichenden Belichtung, Besonnung und Belüftung zu schaffen, habe der Gesetzgeber „feste und durch Messung überprüfbare Maße“ für die Grenzbebauung bestimmt.

Sei, wie vorliegend, offenkundig, dass das Einverständnis des von der Rechtsverletzung betroffenen Grundstücksnachbarn fehle, könne im Regelfall ohne Ermessensfehler weder eine Abweichung von den Abstandsflächenvorschriften erteilt, noch der illegal errichtete Carport „geduldet“ werden. Da vorliegend die Grenzbebauung das gesetzlich zulässige Maß um immerhin 4 m überschreite, wäre selbst bei einer nachträglichen Zustimmung der Nachbarn zur Vermeidung von Präzedenzfällen eine Rückbauforderung ermessensfehlerfrei möglich.

Die Sichtung der Bauakten zu möglichen Vergleichsfällen habe ergeben, dass die Beklagte aus Gründen der Gleichbehandlung nicht gehindert sei, von den Klägern den teilweisen Rückbau der Grenzbebauung zu verlangen. Im näheren Umfeld gebe es nur einen einzigen Fall, in welchem von der Vollstreckung einer bereits bestandskräftigen Beseitigungsanordnung abgesehen werde. Es handele sich hierbei um den Carport auf dem Anwesen ..., im vorderen, straßenseitigen Grundstücksteil. Weitere Fälle einer Duldung einer formell oder materiell illegalen Grenzbebauung seien nicht bekannt. Soweit die Grenzen des Art. 6 Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 BayBO (bzw. Art. 7 Abs. 4 BayBO a. F.) überschreitende Grenzgebäude im Wege der Abweichung von Abstandsflächenvorschriften genehmigt worden seien, sei dies mit Zustimmung der jeweiligen Nachbarn geschehen.

In der mündlichen Verhandlung am 7. Mai 2014, in der die Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden wurden, kamen die Beteiligten überein, ein Mediationsverfahren unter Beteiligung des Eigentümers des Nachbargrundstücks, Fl.Nr. ..., Gemarkung ..., durchzuführen. Für den Fall, dass ein Mediationsverfahren (mangels Nachbarbeteiligung) nicht zustande käme, sicherte die Beklagte zu, den Klägern eine Vollzugsfrist bis 30. November 2014 einzuräumen. Die Kläger erklärten, dass sie in diesem Fall eine verfahrensbeendende Erklärung abgeben würden. Unabhängig davon regte das Gericht an, die Beklagte solle vorsorglich aufklären, ob die von den Klägern behauptete Grenzbebauung ... und ... baurechtswidrig sei oder nicht.

Nachdem ein Mediationsverfahren wegen fehlender Bereitschaft des Nachbarn nicht zustande kam, räumte die Beklagte den Klägern - wie zugesagt - mit Schreiben vom 1. Juli 2014 eine Vollzugsfrist bis 30. November 2014 ein. Die Kläger ließen im weiteren Verfahren durch ihren Bevollmächtigten mitteilen, sie sähen sich zur Abgabe einer verfahrensbeendenden Erklärung außerstande, da die Beklagte bisher keine schriftsätzliche Stellungnahme zu den Bezugsfällen ... und ... vorgelegt habe. Solange keine vollständige Bestandsaufnahme der formell und materiell rechtswidrigen Anlagen in der näheren Umgebung erfolgt sei, fehle es an einem dem Gleichheitssatz genügenden bauaufsichtlichen Konzept. Eine (Teil-)Beseitigung des streitgegenständlichen Carports bzw. des Gartenhauses mit Freisitz, wie von der Beklagten im Bescheid vom 17. Oktober 2013 angeordnet, ist bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht erfolgt.

Wegen der weiteren Einzelheiten und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakte sowie auf die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen. Hinsichtlich des Verlaufs der mündlichen Verhandlungen wird auf die Niederschriften verwiesen.

Gründe

Die zulässigen Klagen sind unbegründet.

Die streitgegenständlichen Bescheide vom 17. Oktober 2013 sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1. Rechtsgrundlage für die gegenüber den Klägern angeordnete Verpflichtung zur Teil-Beseitigung der ohne Genehmigung errichteten Grenzbebauung in Form einer Kfz-Stellplatzüberdachung (Carport) und eines Gartenhauses ist Art. 76 Satz 1 BayBO.

Die Teil-Beseitigungsanordnungen sind rechtmäßig, da die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 76 Satz 1 BayBO vorliegen (dazu 1.1) und die Beklagte das ihr zustehende Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt hat (dazu 1.2).

1.1 Nach Art. 76 Satz 1 BayBO kann die Bauaufsichtsbehörde die teilweise oder vollständige Beseitigung solcher Anlagen anordnen, die im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet oder geändert worden sind, wenn nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können. Die Beseitigung genehmigungspflichtiger Anlagen setzt deren formelle und materielle Baurechtswidrigkeit voraus, die Beseitigung genehmigungsfreier baulicher Anlagen deren materielle Baurechtswidrigkeit.

Der streitgegenständliche Carport, eine bauliche Anlage im Sinne von Art. 76 Satz 1 i. V. m. Art. 2 Abs. 1 Satz 1 BayBO, steht im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften, da es sich zwar um ein verfahrensfreies Vorhaben handelt, dieses aber materiell baurechtswidrig ist.

1.1.1 Die Errichtung des grenzständigen Carports ist nicht nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 b BayBO verfahrensfrei.

Nach dieser Vorschrift sind Garagen einschließlich überdachter Stellplätze im Sinne des Art. 6 Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 BayBO, außer im Außenbereich an der Grundstücksgrenze verfahrensfrei. Zwar handelt es sich bei dem Carport um einen überdachten Stellplatz im Sinne des Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 b BayBO (vgl. dazu auch § 1 Abs. 1 Satz 3 GaStellV -, wonach überdachte Stellplätze als offene Garagen gelten). Allerdings erfüllt der Carport hier nicht die Anforderungen des Art. 6 Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 BayBO hinsichtlich der höchstzulässigen Gesamtlänge der Grenzbebauung von 9 m je Grundstücksgrenze. Der Carport kann nicht isoliert, sondern nur im Zusammenhang mit dem bestehenden, ebenfalls grenzständigen Gartenhaus betrachtet werden (vgl. z. B. BayVGH v. 30.6.2009, 1 ZB 07.3058 - juris). Dieses Gartenhaus mit überdachtem Freisitz weist eine Länge von 6 m (2,5 m + 3,5 m) auf und war deshalb für sich betrachtet nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 a) BayBO verfahrensfrei. Durch Hinzutreten des 7,5 m langen Carports erreicht die gesamte Grenzbebauung an der westlichen Grundstücksgrenze allerdings eine Länge von 13,05 m und überschreitet damit die zulässige Gesamtlänge von 9 m je Grundstücksgrenze (Art. 6 Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 BayBO) um 4,05 m. Eine Verfahrensfreiheit des Carports nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 b BayBO besteht deshalb nicht.

Allerdings ist die Errichtung des Carports nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 a BayBO verfahrensfrei. Diese Vorschrift erfasst Gebäude mit einem Brutto-Rauminhalt bis zu 75 m³, außer im Außenbereich. Auch Garagen und überdachte Stellplätze (sog. Carports, vgl. § 1 Abs. 1 Satz 3 GaStellV) sind darunter zu subsumieren, da diese ebenfalls als Gebäude im Sinne des Art. 2 Abs. 2 BayBO anzusehen sind, sofern es sich um selbstständig benutzbare, überdeckte bauliche Anlagen handelt, die von Menschen betreten werden können. An der Selbstständigkeit ändert im vorliegenden Fall auch nichts die bauliche Verbindung mit dem Wohnhaus (ohne Stützen entlang der Hauswand). Entgegen der Auffassung der Beklagten wird der Carport durch den Anbau an das Wohnhaus der Kläger nicht zum Bestandteil des Wohngebäudes (vgl. Lechner/Busse in: Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, 114. EL 2013, Art. 57 Rn. 49).

Der Verfahrensfreiheit nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 a BayBO steht nicht entgegen, dass der überdachte grenzständige Carport nicht nach Satz 1 Nr. 1 b verfahrensfrei ist, da die in Art. 57 normierten Ausnahmen grundsätzlich selbstständig nebeneinander bestehen (vgl. Lechner/Busse, a. a. O., Art. 57 Rn. 26 f.).

1.1.2 Letztlich kommt es im vorliegenden Fall auf die Frage der Verfahrensfreiheit nicht entscheidungserheblich an, da der streitgegenständliche Carport jedenfalls materiell rechtswidrig ist. Wie sich aus Art. 55 Abs. 2 BayBO ergibt, muss auch eine nach Art. 57 Abs. 1 BayBO verfahrensfreie bauliche Anlage in Einklang mit den materiell-rechtlichen Anforderungen stehen.

Der streitgegenständliche Carport an der westlichen Grenze des klägerischen Grundstücks erweist sich in bauordnungsrechtlicher Hinsicht wegen Verstoßes gegen die Vorschriften des Abstandsflächenrechts (Art. 6 Abs. 1 Satz 1 BayBO) als materiell rechtswidrig. Nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 BayBO sind vor den Außenwänden von Gebäuden Abstandsflächen von oberirdischen Gebäuden freizuhalten. Der grenzständige Carport hält die nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 BayBO erforderlichen Abstandsflächen zum Nachbargrundstück,..., Gemarkung ..., nicht ein. Da eine Abstandsflächenübernahme durch den Nachbarn hier nicht vorliegt (Art. 6 Abs. 2 Satz 3 BayBO), müssen die Abstandsflächen auf dem Grundstück selbst liegen (Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayBO). Dies ist vorliegend nicht der Fall.

Auch eine Privilegierung nach Art. 6 Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 BayBO ist nicht gegeben, da der streitgegenständliche Carport zusammen mit dem dahinter liegenden Gartenhaus mit Freisitz das zulässige Maß an Grenzbebauung je Grundstücksgrenze von 9 m um 4,05 m überschreitet (dazu oben 1.1.1).

1.2 Die Ermessensausübung durch die Beklagte im Rahmen der streitgegenständlichen Beseitigungsanordnungen ist in den Grenzen des § 114 VwGO nicht zu beanstanden. Entsprechend § 114 Satz 1 VwGO ist die Ermessensentscheidung der Behörde gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar. In den Bescheiden vom 17. Oktober 2013 sind die notwendigen tragenden Ermessensgesichtspunkte gemäß Art. 39 Abs. 1 Satz 3 BayVwVfG enthalten.

Die Beklagte hat bei der Ausübung des ihr im Rahmen des Art. 76 Satz 1 BayBO eingeräumten Ermessens insbesondere dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung getragen.

Die Teil-Beseitigungsanordnungen stellen das mildeste Mittel dar, da der gewünschte Erfolg - die Herstellung rechtmäßiger Zustände - nicht auf andere Weise erreicht werden kann. Angesichts der erheblichen Überschreitung der zulässigen Gesamtlänge je Grundstücksgrenze (13,05 m statt 9 m) kommen weniger belastende Anordnungen als milderes Mittel hier nicht in Betracht.

Insbesondere scheidet die Erteilung einer Abweichung nach Art. 63 BayBO von den Anforderungen des Art. 6 Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 BayBO aus, da diese eine atypische Fallgestaltung voraussetzt. Die Zulassung einer Abweichung erfordert Gründe, durch die sich das Vorhaben vom Regelfall unterscheidet und die etwa bewirkten Einbußen an geschützten Nachbarrechtspositionen vertretbar erscheinen lässt (vgl. BayVGH, B. v. 22.12.2011 - 2 B 11.2231 - juris Rn. 16; B. v. 5.12.2011 - 2 CS 11.1902 - juris). Solche Gründe sind hier nicht ersichtlich. Zu berücksichtigen ist zudem, dass Art. 6 Abs. 9 BayBO bereits eine Ausnahme von dem Grundsatz des Art. 6 Abs. 1 Satz 1 BayBO darstellt; eine nochmalige Ausnahme ist im vorliegenden Fall nicht veranlasst. Hinzu kommt, dass bei der nach Art. 63 Abs. 1 BayBO vorzunehmenden Abwägung auch die öffentlich-rechtlichen geschützten nachbarlichen Belange zu würdigen sind und der Nachbar im vorliegenden Fall gegenüber der Beklagten unmissverständlich zum Ausdruck gebracht hat, dass er nicht bereit ist, die Überschreitung der Abstandsflächen zu dulden. Nach alledem überwiegt im vorliegenden Fall das öffentliche Interesse an der Einhaltung der Abstandsflächenvorschriften gegenüber dem persönlichen Interesse der Kläger an einer verlängerten Grenzbebauung.

Entgegen der Auffassung des Klägervertreters können sich die Kläger auch nicht erfolgreich darauf berufen, eine Duldung der Grenzbebauung wäre hier das mildere Mittel, da die Beklagte mit der per E-Mail erteilten Auskunft vom 28. November 2012 ihnen gegenüber einen Vertrauenstatbestand geschaffen habe. Zwar enthielt diese E-Mail keinen Hinweis auf die zulässige Gesamtlänge aller Nebengebäude. Allerdings wurden seitens der Kläger die Voraussetzungen für die Errichtung eines grenzständigen Carports per E-Mail nur ganz allgemein, ohne Einreichung eines schriftlichen Bauantrags und vor allem ohne Erwähnung des bereits vorhandenen, ebenfalls grenzständigen Gartenhauses mit überdachtem Freisitz, erfragt. Der Mitarbeiter der Beklagten hatte bei der Verfassung der E-Mail vom 28. November 2012 also keine Kenntnis aller baurechtlich erheblichen Umstände, worauf er in seiner E-Mail auch ausdrücklich hingewiesen hat. Zudem hat der Mitarbeiter der Beklagten in dieser E-Mail auch darauf hingewiesen, dass es sich bei der Auskunft gerade nicht um eine verbindliche Zusicherung im Sinne des Art. 38 BayVwVfG handelt und die Auskunft nicht ein nötiges bauordnungs- oder denkmalrechtliches Verfahren ersetzt. Ein schutzwürdiges Vertrauen der Kläger wurde durch die E-Mail mithin nicht erzeugt.

Die Beklagte hat auch insoweit entsprechend dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gehandelt, als sie nicht die vollständige Beseitigung des Carports angeordnet hat, sondern nur den Rückbau der Grenzbebauung bestehend aus einer Kfz-Stellplatzüberdachung und einem Gartenhaus insoweit, als diese eine Gesamtlänge von 9,00 m an der westlichen Grundstücksgrenze zum Nachbaranwesen, ..., hin überschreitet. Es steht damit den Klägern frei, die von ihnen bevorzugte Lösung für den erforderlichen Rückbau der Grenzbebauung auszuwählen.

Schließlich erscheint auch die den Klägern in den Bescheiden vom 17. Oktober 2013 eingeräumte Vollzugsfrist von einem Monat ab Unanfechtbarkeit des Bescheids als angemessen und damit verhältnismäßig.

Ein Ermessensfehler ergibt sich vorliegend auch nicht aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 GG, Art. 118 BV) als gesetzlicher Grenze des Ermessens. Nach höchstgerichtlicher Rechtsprechung kann eine bauordnungsrechtliche Beseitigungsanordnung vom Adressaten nicht alleine mit dem Argument abgewehrt werden, die Behörde schreite gegen Baurechtsverstöße in vergleichbaren anderen Fällen nicht ein; denn Art. 3 Abs. 1 GG gewährt keinen Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht (BVerwG, B. v. 22.4.1995 - 4 B 55/95 - juris Rn. 4 m. w. N.; BayVGH, B. v. 30.09.2014 - 9 ZB 11.1119 - juris). Dennoch hat die Bauaufsichtsbehörde ihre bauordnungsrechtliche Tätigkeit maßgeblich am Gleichheitssatz auszurichten. Dieser verpflichtet die Bauaufsichtsbehörde grundsätzlich nicht, rechtswidrige Zustände flächendeckend aufzugreifen (vgl. BVerwG, B. v. 19.2.1992 - 7 B 106/91 - NVwZ-RR 1992, 360; BayVGH, B. v. 23.2.2010 - 15 ZB 08.1479 - juris Rn. 12; BayVGH, B. v. 30.09.2014 - 9 ZB 11.1119 - juris). Die Behörde darf sich auf ein Vorgehen gegen einzelne Störer beschränken, sofern sie hierfür sachliche Gründe hat (BVerwG, B. v. 23.11.1998 - 4 B 99/98; BayVGH, B. v. 21.01.2003 - 14 ZB 02.1303 - juris; B. v. 6.11.2007 - 14 B 06.1933 -, juris; BayVGH, B. v. 30.09.2014 - 9 ZB 11.1119 - juris). Im vorliegenden Fall können sich die Kläger nicht erfolgreich darauf berufen, die Beklagte sei bei Erlass der streitgegenständlichen Baubeseitigungsanordnungen planlos oder systemwidrig und damit willkürlich vorgegangen (vgl. BVerwG, B. v. 23.11.1998 - 4 B 99/98 - juris). Die Vertreter der Beklagten haben in den mündlichen Verhandlungen nachvollziehbar dargelegt, dass die Bauaufsichtsbehörde im vorliegenden Fall anlassbezogen, nämlich als Reaktion auf eine konkrete Nachbarbeschwerde, vorgegangen ist. Anlass zum Einschreiten hat nach dem Vortrag der Beklagten auch die Tatsache geboten, dass die rechtswidrige Grenzbebauung der Kläger zu den in der Umgebung vorhandenen grenzständigen Anlagen erst im Jahr 2012 hinzugekommen ist. Selbst wenn sich in der Umgebung des klägerischen Grundstücks weitere Schwarzbauten befinden würden, handelt es sich dabei nach den Ausführungen der Beklagten und nach Aktenlage um bauliche Anlagen, die bereits seit vielen Jahren (mindestens seit 10 bis 15 Jahren) bestanden und von den Nachbarn über einen längeren Zeitraum hinweg geduldet worden waren. Die Entstehung neuerer formell und materiell rechtswidriger baulicher Anlagen - wie die der Kläger - bedeutet jedenfalls eine Verschlechterung des vorhandenen Zustands und darf von der Behörde deshalb grundsätzlich vorrangig aufgegriffen werden. Bei Neuanlagen ist die Gefahr von Bezugsfällen grundsätzlich größer als bei den vor vielen Jahren errichteten Altbauten (vgl. BayVGH, B. v. 21.01.2003 - 14 ZB 02.1303 - juris).

Die Beklagte hat zwar in der mündlichen Verhandlung am 7. Mai 2014 darauf hingewiesen, dass ihr einige der von den Klägern benannten Bezugsfälle bisher noch nicht bekannt waren. Insoweit genügt es, dass die Bauaufsichtsbehörde nach Bekanntwerden dieser Vergleichsfälle ankündigt, auch diese Fälle aufzugreifen und einer bauaufsichtlichen Prüfung zu unterziehen (BayVGH, B. v. 21.01.2003 - 14 ZB 02.1303 - juris). Dies ist hier geschehen, da der Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung am 8. Dezember 2014 erklärt hat, es würden alle in der näheren Umgebung des klägerischen Vorhabens bekannt gewordenen Fälle, die nicht der Bayerischen Bauordnung entsprächen, aufgegriffen und überprüft. Die Beklagte habe auch bereits die von den Klägern benannten Bezugsfälle vor Ort besichtigt und eine Überprüfung veranlasst, ob sie unter Anlegung der Maßstäbe der Bayerischen Bauordnung aufgegriffen werden oder nicht. Für die Kammer besteht kein Anlass, an der Richtigkeit dieser Aussage zu zweifeln.

Nach alledem erscheint das Handeln der Beklagte im vorliegenden Fall nicht als willkürlich, so dass auch insoweit kein Ermessensfehler gegeben ist.

2. Auch die in den Bescheiden der Beklagten vom 17. Oktober 2013 jeweils enthaltene Zwangsgeldandrohung ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten.

Rechtsgrundlage für die Zwangsgeldandrohung sind Art. 29 Abs. 2 Nr. 1, Art. 31, Art. 36 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 BayVwZVG. Die Zwangsgeldandrohung entspricht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Art. 29 Abs. 3 Satz 1 BayVwZVG). Auch die Höhe des Zwangsgelds (Art. 31 Abs. 2 Satz 1, Art. 36 Abs. 5 BayVwZVG) begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Insbesondere steht die Höhe des Zwangsgelds nicht im Missverhältnis zur wirtschaftlichen Bedeutung des Carports für den Kläger (Art. 31 Abs. 2 Satz 2 BayVwZVG).

Die Zwangsgeldandrohung ist auch inhaltlich bestimmt (Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG), da sich der auf den Kläger zu 1 und die Klägerin zu 2 entfallende Teil des angedrohten Zwangsgeldes eindeutig aus dem Bescheidstenor und der dazu ergangenen Begründung ergibt.

3. Damit bleiben die Klagen ohne Erfolg. Die Entscheidung über die Kosten folgt aus §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 2 VwGO. Als im Verfahren Unterlegene haben die Kläger die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner zu tragen.

Die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 08. Dez. 2014 - AN 9 K 13.1998, AN 9 K 13.01999

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 08. Dez. 2014 - AN 9 K 13.1998, AN 9 K 13.01999

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl
Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 08. Dez. 2014 - AN 9 K 13.1998, AN 9 K 13.01999 zitiert 7 §§.

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Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 3


(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 114


Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens übersch

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Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 08. Dez. 2014 - AN 9 K 13.1998, AN 9 K 13.01999 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 30. Sept. 2014 - 9 ZB 11.1119

bei uns veröffentlicht am 30.09.2014

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt. Gr

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Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger wendet sich gegen den Bescheid des Landratsamts Main-Spessart vom 9. März 2010, mit dem er verpflichtet wurde, eine bestehende Gerätehalle (Größe ca. 6,80 m x 5,00 m, Höhe ca. 3,20 bis 3,50 m) sowie den daran errichteten Anbau (Größe ca. 2,60 m x 5,20 m, Höhe ca. 2,60 m bis 2,75 m) auf dem Grundstück FlNr. 6113 Gemarkung Rodenbach (Stadt Lohr) zu beseitigen.

Das Verwaltungsgericht wies die Klage mit Urteil vom 28. März 2011 ab. Hiergegen richtet sich der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

1. Der Kläger beruft sich auf ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Ob solche Zweifel bestehen, ist im Wesentlichen anhand dessen zu beurteilen, was der Kläger innerhalb offener Frist hat darlegen lassen (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO). Daraus ergeben sich solche Zweifel nicht.

a) Entgegen dem Zulassungsvorbringen des Klägers kann nicht davon ausgegangen werden, dass sein Bauvorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB privilegiert ist. Wie sich aus dem Beschluss des Senats vom 29. September 2014, Az. 9 ZB 11.1122 ergibt, auf den Bezug genommen wird, erfüllt der Kläger mit seinem Obstbau nicht die Voraussetzungen für einen privilegierten Nebenerwerbslandwirtschaftsbetrieb. Aus dem Beschluss kann zudem entnommen werden, dass die Gerätehalle auch nicht als sonstiges Vorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB genehmigungsfähig ist, weil sie die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigt (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB).

b) Nicht ernstlich zweifelhaft ist auch, dass das Verwaltungsgericht hinsichtlich der Beseitigung keinen Ermessensfehler gesehen hat, weil ein das Gleichbehandlungsgebot wahrendes bauaufsichtliches Vorgehen durch das Beseitigungskonzept des Landratsamts sichergestellt ist. Es ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts anerkannt, dass eine bauordnungsrechtliche Beseitigungsanordnung vom Adressaten nicht alleine mit dem Argument abgewehrt werden kann, die Behörde schreite gegen Baurechtsverstöße in vergleichbaren anderen Fällen nicht ein; denn Art. 3 Abs. 1 GG gewährt keinen Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht (BVerwG, B.v. 22.4.1995 - 4 B 55/95 - juris Rn. 4 m. w. N.). Dieser Grundsatz entbindet die Bauaufsichtsbehörde indes nicht, ihre bauordnungsrechtliche Tätigkeit maßgeblich am Gleichheitssatz auszurichten. Dass hier das Landratsamt gegen die insoweit vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Maßstäbe verstoßen hat (vgl. BVerwG, B.v. 22.4.1995 a. a. O.), lässt sich dem Zulassungsantrag nicht entnehmen.

Das Verwaltungsgericht hat festgestellt, dass das Landratsamt gegen baurechtswidrige Anlagen im Außenbereich der Gemarkung Rodenbach nach einem bestimmten Konzept vorgeht, nämlich nur gegen solche Anlagen einzuschreiten, die nach dem Jahr 2002 errichtet oder wesentlich geändert wurden. Das entspricht der Rechtsprechung, wonach die Bauaufsichtsbehörde wegen des Gleichheitssatzes nicht verpflichtet ist, rechtswidrige Zustände flächendeckend aufzugreifen, sofern sie hierfür sachliche Gründe hat (vgl. BVerwG, B.v. 19.2.1992 - 7 B 106/91 - NVwZ-RR 1992, 360; BayVGH, B.v. 23.2.2010 - 15 ZB 08.1479 - juris Rn. 12). Das ist, wie das Konzept zeigt, hier der Fall. Insoweit kommt es nicht darauf an, ob der ursprüngliche Hüttenteil (ohne den nachträglich durch den Kläger erfolgten Anbau) bereits ca. 1995 errichtet wurde, wie der Kläger im Zulassungsantrag vorträgt. Denn jedenfalls ist der Anbau, mit dem eine wesentliche Änderung der Hütte durch eine Vergrößerung um ca. 13,5 m² erfolgt ist, nach den Feststellungen des Landratsamts, denen der Kläger nicht entgegengetreten ist, zwischen den Jahren 2005 und 2008/2009 - und damit nach dem Jahr 2002 - errichtet worden. Ebenso wie das Landratsamt anlassbezogen vorgehen darf, ist es mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar, wenn die Behörde zunächst nur Fälle aufgreift, in denen - wie hier durch den Anbau - eine wesentliche Verschlechterung des bestehenden Zustands erfolgt ist. In einem solchen Fall braucht sie sich nicht mit der Abwehr der Verschlechterung zu begnügen, sondern darf, da sie ohnehin mit der Angelegenheit befasst ist, weitergehend darauf hinwirken, dass der festgestellte Missstand insgesamt beseitigt wird (BVerwG, B.v. 19.2.1992 - 7 B 106/91 - NVwZ-RR 1992, 360). Eine Teilbeseitigung lediglich des Anbaus scheidet im Übrigen auch deswegen aus, weil die Gerätehalle samt Anbau sowohl in ihrer Gesamtheit als auch in Teilbereichen öffentliche Belange beeinträchtigt.

Soweit das Landratsamt erklärt hat, den vom Kläger vorgetragenen Bezugsfällen ebenfalls nachzugehen, ergeben sich aus dem Zulassungsvorbringen keine Gründe, an der Ernsthaftigkeit dieser Erklärung zu zweifeln. Die für ein Beseitigungskonzept erforderliche Bestandsaufnahme muss nicht durch periodische flächendeckende Nachkontrollen ständig aktuell gehalten werden. Vielmehr genügt es, wenn die Bauaufsichtsbehörde bei sich anderweitig ergebenden neuen einschlägigen Erkenntnissen oder auf entsprechende Hinweise hin die Bestandsaufnahme ergänzt und die neuen Fälle - wie hier - in die Beseitigungskonzeption einbezieht (vgl. Jäde in Jäde/Dirnberger/Bauer/Weiß, Die neue Bayerische Bauordnung, Stand Mai 2014, Art. 76 Rn. 174).

Soweit der Kläger schließlich das fehlende Benehmen analog § 36 BauGB mit der Stadt Lohr am Main rügt, gibt es eine förmliche Sicherung der Planungshoheit - wie dies § 36 BauGB für das Baugenehmigungsvorhaben vorsieht - im Verfahren der Beseitigung bestehender baulicher Anlagen nicht (vgl. BayVGH, B.v. 7.3.2012 - 9 ZB 09.209 - juris Rn. 8). Zwar mag dem planerischen Konzept einer Gemeinde für die Außenbereichsnutzung im Rahmen eines Beseitigungskonzepts Bedeutung zukommen können (vgl. Jäde, a. a. O., Rn. 181). Anhaltspunkte für ein solches Konzept der Stadt Lohr am Main lassen sich dem Zulassungsvorbringen aber nicht entnehmen. Unmaßgeblich ist dagegen ein bloßer Duldungswille der nicht bauordnungsrechtlich zuständigen Gemeinde (vgl. Jäde, a. a. O., Rn. 181). Wie sich im Übrigen dem Beschluss des Hauptausschusses der Stadt Lohr am Main vom 13. April 2010 entnehmen lässt, wurde das Einvernehmen zum Bauvorhaben des Klägers nur unter der Voraussetzung der Privilegierung des Vorhabens erteilt, an der es hier gerade fehlt (vgl. Bl. 24 d. Verwaltungsakten B-2010-165).

2. Die Rechtssache weist keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Die im Zulassungsantrag aufgeworfenen Fragen lassen sich nach den obigen Ausführungen ohne weiteres und mit zweifelsfreien Ergebnissen im Zulassungsverfahren klären.

Kosten: § 154 Abs. 2 VwGO.

Streitwert: § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG.

Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.