Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 05. Nov. 2014 - AN 3 K 13.31131

published on 05/11/2014 00:00
Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 05. Nov. 2014 - AN 3 K 13.31131
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Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Tatbestand

Der Kläger ist ohne Nachweis von Herkunft und Identität. Nach eigenen Angaben ist er äthiopischer Staatsangehöriger mit amharischer Volkszugehörigkeit und orthodoxer Christ. Der Kläger beantragte am 30. November 2011 politisches Asyl. Im Rahmen seiner Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) trug der Kläger am 13. Dezember 2011 vor, er habe bis zu seiner Ausreise am 13. November 2011 in Addis Abeba in Äthiopien gelebt. Er sei mit Hilfe eines Schleusers, den er am Tag vor seiner Ausreise kennengelernt hätte, mit einem gefälschten äthiopischen Reisepass von Addis Abeba aus nach Frankfurt/Main in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland eingereist. Der Schleuser habe ihm kurz vor der Landung den gefälschten äthiopischen Reisepass ausgehändigt und nach der Passkontrolle am Flughafen wieder an sich genommen. Ebenso sei es mit den Flugunterlagen gewesen. Er sei mit einem Zug von Frankfurt nach München gefahren und habe sich bei der Aufnahmeeinrichtung in München als Asylsuchender gemeldet.

Zu seinem Reiseweg machte er in der Anhörung am 13. Dezember 2011 und in der Reisewegbefragung am 30. November 2011 unterschiedliche Angaben.

Er habe in Äthiopien das Abitur gemacht, die zwölfte Klasse abgeschlossen und die Schule ... Secondary School besucht. Danach habe er auf der Universität Management studiert. Er habe das Studium mit dem Bachelor of Science abgeschlossen. Dies sei 2007 gewesen. Danach habe er die elterliche Farm gemanagt, die zur Zeit stillgelegt sei.

Zu seinem Verfolgungsschicksal gab der Kläger an, er sei in Äthiopien unterdrückt worden, ihm drohe dort die Haft. Die Polizei denke, dass er ein Terrorist sei. Er habe eine Ladung von der Polizei erhalten und befürchte, dass er lebenslänglich inhaftiert werde oder sogar sterben werde. Sein Vater sei verfolgt worden und er sei verschwunden. Nun hätten sie den Kläger im Visier. Die Regierung habe ihn und seinen Vater unterdrückt, weil sie nicht zur richtigen Volksgruppe gehört hätten. Sein Vater sei ein guter Geschäftsmann gewesen und habe viele verschiedene Geschäfte betrieben. Er und sein Vater hätten Parteien, die die Einheit Äthiopiens wollten, wie die Partei Adenet unterstützt. Der Kläger sei seit dem Jahr 2009 Mitglied von Adenet. Sein Vater sei beschuldigt worden, dass er terroristische Organisationen mit Geld unterstütze. Dies sei vor drei Monaten (also im September 2011) gewesen. Seinem Vater sei vorgeworfen worden, er habe entweder Terroristen oder die Leute von Ginbot 7 unterstützt. Sein Vater habe aber lediglich Adenet unterstützt. Seine Familie sei wegen der amharischen Volkszugehörigkeit bei Ausschreibungen nicht zum Zuge gekommen. Sein Vater sei stark unter Druck gesetzt worden, weil es hieß, er würde die Terroristen, Ginbot 7, unterstützen. Es habe Durchsuchungen des Büros seines Vaters gegeben. Sie hätten ihn auch, wenn er unterwegs gewesen sei, in seinem Auto gestoppt. Die Durchsuchungen hätten plötzlich stattgefunden. Letztenendes sei eine Ladung vom Gericht gekommen, und sie hätten geglaubt, dass sie einen Fall inszeniert hätten, um seinen Vater zu verhaften, der sich daraufhin versteckt habe. Wo sein Vater derzeit sei, wisse er nicht.

Nachdem sein Vater verschwunden gewesen sei, seien sie zu ihnen nach Hause gekommen und hätten nach dem Vater gefragt. Sie hätten herausgefunden, dass der Kläger Mitglied der Adenet sei und hätten ihn dazu befragt. Er sei außerdem angewiesen worden, die Farm aufzugeben. Er sei bedroht worden und ihm sei vorgehalten worden, dass er dasselbe wie sein Vater machen würde. Bei einer Hausdurchsuchung hätten sie Unterlagen gefunden, u. a. Flugblätter von Ginbot 7 und Adenet. Diese seien als Beweismittel beschlagnahmt worden und der Kläger sei für drei Tage verhaftet, jedoch durch Bestechung wieder freigelassen worden. Ein Freund des Klägers habe dann die Ausreise organisiert, es sei derselbe Freund, mit dem er auch die Ginbot 7-Flugblätter verteilt habe. Ihnen sei unterstellt worden, dass sie mit den Erträgen aus der Farm terroristische Organisationen unterstützten und dies hätte unterbunden werden sollen. Deshalb sei ihm und seinem Vater der Gewerbeschein entzogen worden. Dies sei anlässlich der Durchsuchung des Hauses geschehen.

Befragt zu seinen Unterstützungsaktionen zu Ginbot 7 erklärte der Kläger, er hätte Flugblätter verteilt und nachts aufgehängt. Er sei Mitglied von Adenet und habe bei Wahlen geholfen. Er unterstütze Adenet finanziell, zum einen durch einen Mitgliedsbeitrag, den jedes normale Mitglied zu zahlen habe und zum anderen durch Spenden. Er habe die Studenten an der Uni als neue Mitglieder rekrutiert und Schriften, die im Ausland gedruckt worden seien, an der Uni verteilt. Manchmal hätten sie auch Hallen aus eigener Tasche angemietet und dort Versammlungen durchgeführt. Zu den Wahlen habe er Plakate für die Partei aufgeklebt und er fahre mit dem Auto und mache Agitation für die Partei. Er habe zwar bei großen Versammlungen keine Reden gehalten, da hätten die Großen gesprochen. Er habe aber bei Versammlungen für die Studenten gesprochen, die rekrutiert wurden.

Befragt nach dem Personenkreis der Unterstützer von Adenet erklärte der Kläger, Adenet habe das Ziel, die Gebildeten in die Partei einzubeziehen. Ziel sei aber auch, das alle Menschen die Partei unterstützten, weil Demokratie und Einheit die Ziele der Partei für das Land seien.

Das Bundesamt lehnte mit Bescheid vom 19. November 2013 den Antrag des Klägers auf Anerkennung als Asylberechtigter ab. Es wurde festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG nicht vorliegen. Der Kläger wurde zur Ausreise aufgefordert und die Abschiebung nach Äthiopien oder in jeden anderen zur Aufnahme verpflichteten oder zur Aufnahme bereiten Staat angedroht.

Der Bescheid wurde dem Kläger am 22. November 2013 zugestellt.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, es werde davon ausgegangen, dass der Kläger auf andere Weise als auf dem Luftweg und damit über einen sicheren Drittstaat nach Deutschland eingereist sei. Der Sachvortrag des Klägers enthalte auch keinerlei Hinweise, die auf eine begründete Furcht vor politischer Verfolgung schließen ließen. Bei Rückkehr nach Äthiopien habe er weder mit staatlichen noch mit nichtstaatlichen Verfolgungsmaßnahmen zu rechnen, denn eine Verfolgung habe nicht glaubhaft gemacht werden können. Die Zugehörigkeit und die Bestätigung zu bzw. für ... führe für sich genommen noch zu keinen politischen Verfolgungsmaßnahmen. Zwar werde von Repressionen gegen führende Mitglieder des Parteibündnisses Medrek berichtet, in dem die UDJ die größte Partei stelle. Es werde daher teilweise die Auffassung vertreten, dass Regierungskritiker mit massiven Repressionen rechnen müssten, von denen auch einfache Mitglieder der Opposition bzw. deren Sympathisanten betroffen seien. Gegen eine allgemeine Verfolgungsgefährdung auch einfacher Mitglieder der UDJ spreche jedoch der Umstand, dass die UDJ als legale Partei zugelassen sei und sich bei Kommunal-, Bezirks- und Bundeswahlen dem Votum der Bevölkerung stellen könne. Sie verfüge in Äthiopien über rund 60 Parteibüros und zähle ca. 40.000 Mitglieder. Es sei nach der derzeitigen Auskunftslage davon auszugehen, dass es nur im Ausnahmefall zu staatlicher Verfolgung von Mitgliedern der UDJ komme. Dem Kläger drohten als einfachem Mitglied der UDJ bislang keine staatlichen Verfolgungsmaßnahmen von asylrechtlicher Relevanz. Außerdem wertete das Bundesamt das Vorbringen des Klägers zu seiner Unterstützerarbeit für Adenet als unglaubhaft. Ähnliches gelte für die behauptete Betätigung für Ginbot 7. Auch hier seien die Einlassungen des Klägers als unglaubhaft zu werten. Nach der Auskunftslage verfüge Ginbot 7 nach der Verhaftungswelle im Frühjahr 2009 aktuell über keine nennenswerte Basis mehr in Äthiopien. Auch sei der Vortrag des Klägers zu seiner Ausreise widersprüchlich und fragwürdig, was insgesamt das Vorbringen des Klägers zu seinem Verfolgungsschicksal als unglaubhaft erscheinen lasse. Auch habe er persönliche Ausweisdokumente trotz entsprechender Ankündigung nicht vorgelegt. Anhaltspunkte für das Bestehen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2, 3 bis 7 AufenthG lägen nicht vor.

Der Kläger ließ mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten, der am 6. Dezember 2013 beim Verwaltungsgericht Ansbach einging, Klage erheben, die er nicht begründete.

Er beantragt,

den Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 19. November 2013, Az. ..., aufzuheben,

die Beklagte zu verpflichten, den Kläger als Asylberechtigten anzuerkennen,

die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylVfG zuzuerkennen,

hilfsweise,

die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger subsidiären Schutz nach § 4 Abs. 1 AsylVfG zuzuerkennen,

und festzustellen, dass für den Kläger ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG besteht.

Die Beklagte beantragte mit Schriftsatz vom 12. Dezember 2013,

die Klage abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte, insbesondere auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der streitgegenständliche Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) vom 19. November 2013 ist im Umfange des Klagebegehrens, bei welchem die der Umsetzung der sog. Qualifikationsrichtlinie dienende Fassung des Asylverfahrensgesetzes zugrunde gelegt wurde (vgl. Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU vom 28.8.20132013, BGBl. I S. 3474) rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Ihm steht weder ein Anspruch auf die Anerkennung als Asylberechtigter nach Art. 16 a Abs. 1 GG, ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylVfG (Hauptanträge), noch ein Anspruch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus nach § 4 Abs. 1 AsylVfG oder auf Feststellung des Vorliegens von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5, 7 Satz 1 AufenthG (Hilfsanträge) zu.

1. Einen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter hat der Kläger schon deshalb nicht, weil davon auszugehen ist, dass er entweder auf dem Landweg ins Bundesgebiet und damit zwangsläufig aus einem sicheren Drittstatt (Art. 16a GG, § 26a AsylVfG) oder mit gültigen Reisedokumenten, die er im Verfahren nicht vorlegt, und damit unverfolgt aus seinem Heimatland aus- und in die BRD eingereist ist.

Beruft sich ein Asylbewerber auf eine Einreise auf dem Luftweg, bleibt es zwar grundsätzlich Aufgabe des Gerichts, von sich aus den maßgeblichen Sachverhalt zu ermitteln, dazu von Amts wegen die erforderlichen Sachverhaltsaufklärungen zu betreiben und sich seine eigene Überzeugung zu bilden, § 86 Abs. 1 Satz 1; § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Mitwirkungspflichten der Beteiligten entbinden das Gericht grundsätzlich nicht von seiner eigenen Aufklärungspflicht. Eine Verletzung der Mitwirkungspflichten durch die Beteiligten kann allerdings die Anforderungen an die Ermittlungspflicht des Gerichts herabsetzen. Ein Anlass zu weiterer Aufklärung des Sachverhalts ist beispielsweise dann zu verneinen, wenn der Asylbewerber keine nachprüfbaren Angaben zu seiner Einreise gemacht hat und es damit an einem Ansatzpunkt für weitere Ermittlungen fehlt. Macht der Asylbewerber Angaben, so hat das Gericht diese zu berücksichtigen. Es kann in diesem Zusammenhang insbesondere frei würdigen, dass und aus welchen Gründen der Asylbewerber mit falschen Papieren eingereist ist, dass und warum er Reiseunterlagen, die für die Feststellung seines Reisewegs bedeutsam sind, nach seiner Ankunft in Deutschland aus der Hand gegeben hat und schließlich, dass und weshalb er den Asylantrag nicht vor seiner Einreise am Flughafen, sondern Tage oder Wochen später an einem anderen Ort gestellt hat. Gerade in den Fällen, in denen der Asylbewerber die Weggabe wichtiger Beweismittel behauptet, also in den Fällen einer selbst geschaffenen Beweisnot, hat das Gericht das Vorbringen besonders kritisch und sorgfältig zu prüfen. Den Asylsuchenden trifft zwar insoweit keine Beweisführungspflicht. Das Gericht kann aber bei der Feststellung des Reisewegs die behauptete Weggabe von Beweismitteln, wie bei einer Beweisvereitelung, zulasten des Asylbewerbers würdigen (BVerwG vom 29.6.1999, InfAuslR 1999, 526). Bleibt der Einreiseweg unaufklärbar, trägt der Asylbewerber die materielle Beweislast für seine Behauptung, ohne Berührung eines sicheren Drittstaates i. S. v. Art. 16 a Abs. 2 GG; § 26 a AsylVfG auf dem Luftweg nach Deutschland eingereist zu sein (BVerwG a. a. O.).

Der Kläger behauptet, er sei unter Vorlage von ihm nur an den und für die Passkontrollen an den Flughäfen ausgehändigten gefälschten Reisedokumenten in die Bundesrepublik Deutschland eingereist. Flugunterlagen legte der Kläger im Verfahren nicht vor. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze kann das Gericht keine Anhaltspunkte dafür feststellen, dass der Kläger tatsächlich auf dem Luftweg eingereist ist. Er trug vor, am 13. November 2011 mit einem Direktflug von Addis Abeba nach Frankfurt am Main geflogen und von dort aus mit dem Zug nach München gefahren zu sein. Es ist kein nachvollziehbarer Grund dafür ersichtlich, warum sich der Kläger nicht unmittelbar nach der Ankunft am Flughafen am 13. November 2011 Hilfe suchend an die zuständigen Stellen gewandt und Asyl beantragt hat. Er hat sich erst am 30. November 2011 als Asylsuchender gemeldet. Auch ergibt sich aus der Auskunft der Bundespolizeidirektion vom 18. September 2014 gegenüber dem Verwaltungsgericht Ansbach, die zum Gegenstand des Verfahrens gemacht wurde, dass die allgemeine Behauptung äthiopischer Staatsangehöriger, die für die Einreise in den Schengen-Raum visumspflichtig sind, problemlos mit gefälschten Reisedokumenten über den Flughafen Frankfurt/Main in die BRD eingereist zu sein, jeglicher Grundlage entbehre. Die bei der grenzpolizeilichen Einreisekontrolle vorgelegten Ausweisdokumente würden eingehend auf Fälschungs- und/oder Verfälschungsmerkmale überprüft werden.Das Vorbringen des Klägers, der in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich bei der Schilderung der Einreise auf dem Luftweg mit Hilfe eines Schleusers und gefälschter Papiere blieb, ist nach Auffassung der Einzelrichterin unglaubhaft.

2. Auch ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 und 4 AsylVfG steht dem Kläger nicht zu.

Unter Würdigung des klägerischen Vortags in der mündlichen Verhandlung und der verfahrensgegenständlichen Erkenntnisquellen steht zur Überzeugung des Gerichts nicht fest, dass dem Kläger im Falle seiner Rückkehr nach Äthiopien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit dem Schutzbereich des § 3 Abs. 1 AsylVfG unterfallende Gefährdungen drohen.

Für den Erfolg des Antrags muss das Gericht die volle Überzeugung von der Wahrheit des vom Asylsuchenden behaupteten individuellen Schicksals erlangen. Angesichts des typischen Beweisnotstands, in dem sich Asylsuchende insbesondere hinsichtlich asylbegründender Vorgänge im Herkunftsland befinden, kommt dabei dem persönlichen Vorbringen des Asylsuchenden und dessen Würdigung für die Überzeugungsbildung eine gesteigerte Bedeutung zu. Demgemäß setzt ein Anspruch auf der Grundlage des § 3 Abs. 4, 1 AsylVfG voraus, dass der Asylsuchende den Sachverhalt, der seine Verfolgungsfurcht begründen soll, schlüssig darlegt. Dabei ist es seine Sache, unter genauer Angabe von Einzelheiten und gegebenenfalls unter Ausräumung von Widersprüchen und Unstimmigkeiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern, der geeignet ist, das Asylbegehren lückenlos zu tragen (BVerwG, U. v. 8.5.1984 - 9 C 141.83 - Buchholz § 108 VwGO Nr. 147).

An der Glaubhaftmachung fehlt es in der Regel, wenn der Asylsuchende im Lauf des Verfahrens unterschiedliche Angaben macht und sein Vorbringen nicht auflösbare Widersprüche enthält, wenn seine Darstellung nach der Lebenserfahrung oder aufgrund der Kenntnisse entsprechender vergleichbarer Geschehensabläufe unglaubhaft erscheint, sowie auch dann, wenn er sein Asylvorbringen im Laufe des Asylverfahrens steigert, insbesondere wenn er Tatsachen, die er für sein Asylbegehren als maßgeblich bezeichnet, ohne vernünftige Erklärung erst sehr spät in das Verfahren einführt (vgl. BVerfG, B. vom 29.11.1990 - 2 BvR 1095/90 - infAuslR1991, 94, 95; BVerwG, U. vom 30.10.1990 - 9 C 72.89 -Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 135).

Der Kläger hat schon nicht schlüssig vorgetragen, dass er vor seiner Ausreise relevanter staatlicher Verfolgung im Sinn des § 3 Abs. 1 AsylVfG ausgesetzt war.

Auf die Frage, ob der Kläger zum Zeitpunkt seiner Ausreise einfaches Parteimitglied der Unity for Democracy and Justice Party (UDJ) gewesen ist, kommt es für die Entscheidung nicht an. Denn der Auskunftslage (auch zum Zeitpunkt der Ausreise des Klägers aus Äthiopien) lässt sich nicht entnehmen, dass einfache Mitglieder im vom Kläger dargestellten Umfang Repressionen der äthiopischen Sicherheitsbehörden ausgesetzt sind.

Die UDJ gehört zur legalen politischen Opposition in Äthiopien. Zwar werden auch legale Oppositionsparteien in ihrer Arbeit behindert, Parteimitglieder teilweise in ihrer Reisefreiheit eingeschränkt. Ihre Anhänger und Kandidaten werden von Mitgliedern der Sicherheitskräfte eingeschüchtert. Es gibt gelegentliche Verhaftungen, insbesondere im Zusammenhang mit Demonstrationen (so auch Schweizerische Flüchtlingshilfe Äthiopien, Update: Aktuelle Entwicklungen bis Juni 2014, S. 3) und von Personen in herausgehobener Stellung sowie wirtschaftliche Benachteiligungen. Auch haben Mitglieder der UDJ außerhalb von Addis Abeba mit Verhaftung zu rechnen (vgl. OVG NRW, Urteil vom 17. August 2010 - 8 A 4063/06.A -, S. 22 f. des Umdrucks; D-A-CH Fact-Finding Mission, Bericht vom Mai 2010, S. 44, 49; Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage (Stand: März 2011) vom 16. Mai 2011, S. 5, 7; Schröder, Auskunft vom 4. Juni 2010 an das VG Kassel).

Dagegen lässt die Regierung in Addis Abeba die legale Opposition, soweit sie erfolglos ist und die Macht der Regierungspartei EPRDF nicht gefährdet, gewähren. Die Position der Regierung gegenüber der legalen Opposition wird dort nach Einschätzung der Fact-Finding Mission als „systematische Nichtbeachtung“ beschrieben (D-A-CH Fact-Finding Mission, Bericht vom Mai 2010, S. 44, 49).Nach eigenem Vorbringen des Klägers war er nicht in einer exponierten Stellung für die UDJ tätig, sondern organisierte neben der finanziellen Unterstützung der Partei gelegentlich Veranstaltungen für Studenten, um neue Mitglieder zu werben und verteilte Flugblätter bzw. klebte diese an Fassaden an.

Eine Teilnahme an Demonstrationen hat der Kläger nicht vorgetragen. Vielmehr gab er an, die Partei nur finanziell und durch untergeordnete Hilfsdienste (Organisation von Hallen, Verteilen von Flugblättern) unterstützt zu haben.

Das Vorbringen des Klägers zu den Umständen seiner Festnahme blieb sowohl im Verfahren vor dem Bundesamt als auch in der mündlichen Verhandlung oberflächlich. Er konnte die Einzelrichterin nicht überzeugen, dass er aufgrund seines (nicht substantiiert beschriebenen) politischen Engagements für UDJ und Ginbot 7 die geschilderten Schwierigkeiten mit den äthiopischen Sicherheitskräften bekommen hat.

Die Einlassung, wonach er gleichzeitig auch die als terroristische Vereinigung verbotene Gruppe Ginbot 7 unterstützt haben will, ist nicht glaubhaft.

Gegen militante Gruppierungen, insbesondere diejenigen, die vom Parlament als Terrororganisation gelistet wurden und/oder sich für Waffengewalt und Terrorismus aussprechen, wird hart vorgegangen. Wer in führender oder verantwortlicher Stellung in einer solchen Organisation tätig war bzw. ist oder dessen verdächtigt wird, muss mit Strafverfolgung wegen terroristischer Aktivitäten rechnen. Dies betraf nach dem zum Zeitpunkt der Ausreise des Klägers maßgeblichen Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 16. Mai 2011 S. 10 auch die Vereinigung Ginbot 7.

Der Kläger betonte auf Nachfrage in der mündlichen Verhandlung, er habe offiziell die nicht verbotene - friedliche - UDJ unterstützt, inoffiziell aber die verbotene - gewaltbereite - Gruppe Ginbot 7. Einen Konflikt mit eigenen Werten sieht der Kläger hierin nicht.

Insbesondere sind aber für die Einzelrichterin die Umstände, die zu der Verhaftung des Klägers nach der Hausdurchsuchung und Beschlagnahme von Flugblättern von Ginbot 7 und UDJ sowie von Blanko-Mitgliedsausweisen der UDJ geführt haben sollen, nicht nachvollziehbar. Dass der Kläger verbotenes Material unter seinem Bett im Schlafzimmer versteckt haben will, ist vor dem Hintergrund seiner Schilderung, dass sich sein Vater zu diesem Zeitpunkt wegen seines (finanziellen) Engagements für UDJ schon vor den äthiopischen Sicherheitskräften versteckt halten musste, nicht realistisch und daher unglaubhaft. Die Familie musste jederzeit mit einer Hausdurchsuchung wegen der Suche nach dem Vater rechnen. In einer solchen Gefahrenlage wird belastendes Material nicht im Haus aufbewahrt. Auch das Vorbringen des Klägers, nach seiner Verhaftung durch Bestechungsgelder des Vaters wieder freigekommen, dann aber wieder während des Aufenthalts bei einem Freund vorgeladen worden zu sein, ohne dass ein neuer Vorfall stattgefunden hätte, lässt eher vermuten, dass hier ein Sachverhalt konstruiert werden sollte, der geeignet ist, einen Grund im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylVfG zu bilden. Der Vortrag des Klägers (politische Aktivität, deswegen Verhaftung, Freilassung durch Zahlung von Bestechungsgeldern, Ausreise mit gefälschten Reisedokumenten auf direktem Weg von Äthiopien nach Deutschland ohne Nachweis der Flugverbindung mit Hilfe eines Schleppers) entspricht dem Vorbringen einer Vielzahl äthiopischer Staatsangehöriger in einem Asylverfahren.

Nimmt man die oben dargelegte unglaubhafte Schilderung des Reisewegs, deren Richtigkeit der Kläger in der mündlichen Verhandlung nochmals ausdrücklich bestätigte, und die Tatsache hinzu, dass sich der Kläger seit seiner Ankunft in Deutschland völlig unpolitisch verhält (er erklärte, er müsse so viel arbeiten und habe keine Zeit für „solche Unternehmungen“, er wolle hier studieren und sich mit seiner deutschen Freundin eine Existenz aufbauen), erweist sich sein Vorbringen weder für die Darlegung von Vorfluchtgründen und erst recht nicht für die Darlegung von Nachfluchtgründen mit der beachtlichen Wahrscheinlichkeit einer Gefährdung nach § 3 Abs. 1 AsylVfG bei einer jetzigen Rückkehr nach Äthiopien als schlüssig.

Auch kannte er als politisch engagierter Mensch nicht das Gründungsjahr von UDJ und Ginbot 7 und erklärte, er sei wegen seiner amharischen Volkszugehörigkeit benachteiligt worden, was nicht der Auskunftslage entspricht, nach der die Amharer eine der größten Volksgruppen im ethnisch sehr reichen Äthiopien sind. Allerdings fühlen sich die Amharer politisch unterrepräsentiert (vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 8. April 2014 S. 8).

Im Übrigen wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf den zutreffenden Bescheid des Bundesamtes verwiesen (§ 77 Abs. 2 AsylVfG).

Anhaltspunkte für das Vorliegen von Gründen nach § 4 Abs. 1 AsylVfG oder für die Feststellung von nationalen Abschiebungshindernissen nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AsylVfG sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

Die Klage war demnach mit der Kostenfolge der §§ 154 Abs. 1, 161 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Die Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aus § 83 b AsylVfG.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Annotations

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.

(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.

(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.

(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.

(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.