Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 14. Sept. 2017 - AN 2 K 16.30525

published on 14/09/2017 00:00
Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 14. Sept. 2017 - AN 2 K 16.30525
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Gericht

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Tenor

1. Die Klagen werden abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Tatbestand

Die 1981 und 1984 geborenen Kläger zu 1) und zu 2) und deren Kinder, die Kläger zu 3) bis 5), sind irakische Staatsangehörige, muslimisch-sunnitischen Glaubens. Sie reisten am 27. Juli 2015 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellten am 6. Oktober 2015 Asylanträge. Bei einer vorbereitenden Anhörung bei der Asylantragstellung gaben sie an, aus Baashiqa, Mossul zu stammen. Sie hätten ihr Heimatland am 22. Dezember 2014 verlassen und seien am 27. Juli 2015 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist.

Bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) am 12. April 2016 gab der Kläger zu 1) an, während seiner Kindheit mit seinen Eltern in der Stadt Mossul gelebt zu haben und 2009 nach Baashiqa gezogen zu sein. Am 6. August 2014 sei der Ort Baashiqa von ISIS eingenommen worden und viele Einwohner seien geflohen. Sie seien zu Freunden in die Provinz Dohuk.

Sie hätten die Stadt Baashiqa verlassen, weil ISIS die Stadt erobert habe. Sie seien wie alle anderen auch geflüchtet. Bevor ISIS gekommen sei, sei seine Familie 2009 bedroht worden. Dies sei der Grund gewesen, weshalb sie nach Baashiqa gegangen seien. Sein Vater hätte eine Firma gehabt, sein Onkel sei ermordet worden und sein Bruder habe sich zur Wahl in der Provinz Ninive aufstellen lassen. Sie seien deshalb in Mossul von militanten Gruppen bedroht worden. Deshalb habe er den Irak verlassen. Er sei auch persönlich bedroht worden: er habe in der Firma seines Vaters geholfen Stromanlagen zu bauen. Er sei deswegen von militanten Gruppen bedroht worden. Sein Onkel sei deswegen getötet worden. Es habe eine Explosion neben ihrem damaligen Haus gegeben. Dort habe seine gesamte Familie, also seine Eltern, seine Kinder und seine Frau gelebt. Dies sei 2008 gewesen. Bei der Explosion sei sein Sohn verletzt worden. 2009 sei er dann nach Baashiqa gezogen. Zu den Bedrohungen sei es deshalb gekommen, weil sein Vater ein wichtiger Mann, ein Stammesführer gewesen sei. Außerdem sei der Vater mit seiner Mutter, die Schiitin sei, verheiratet gewesen und schließlich sei er auch wegen des Geldes bedroht worden. Die Bedrohung sei von „AlKaida im Irak“ ausgegangen. In Baashiqa sei er seit 2009 nicht mehr bedroht worden. Persönliche Probleme habe er dort nicht gehabt. Er sei im Irak nicht politisch aktiv gewesen. Sie seien dadurch geflüchtet, da sie den Peschmerga und dem irakischen Militär gefolgt seien, als diese Mossul verlassen hätten. In einem anderen Ort im Irak könne er nicht leben. In Kurdistan könne er sich als Araber nicht lange aufhalten. Man brauche Geld und einen Bürgen. Bei einer Rückkehr fürchte er, von ISIS oder bewaffneten Gruppen getötet zu werden.

Die Klägerin zu 2) gab bei ihrer Befragung an, dass ihre Eltern und ihre 3 Brüder und 7 Schwestern aus Mossul vertrieben worden seien und jetzt zumeist in Kirkuk lebten. Zu ihren Asylgründen gab die Klägerin an, dass ihr Mann bedroht worden sei. Sie habe außerdem mit ansehen müssen, dass ihr Kind durch eine Explosion verletzt worden sei. Zuletzt sei ISIS gekommen und sie haben ausreisen müssen. Die ganze Familie ihres Mannes sei bedroht worden, weil der Vater ihres Mannes eine Firma gehabt habe. Der Sohn sei durch einen Sprengkörper in der Nähe des damaligen Hauses verletzt worden, nachdem ihr Onkel umgebracht worden sei. Die Explosion habe in Mossul, im Stadtviertel … stattgefunden. Jetzt gehe es ihrem Sohn wieder gut. Von einer weiteren Bedrohung ihres Mannes, nachdem sie nach Baashiqa gegangen seien, habe sie nichts mitbekommen.

Mit Bescheid vom 27. April 2016 wurden den Klägern der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt (Ziffer 1) und die Asylanträge im Übrigen abgelehnt (Ziffer 2).

Die Kläger seien keine Flüchtlinge im Sinne des AsylG. Der Anschlag auf das Wohnhaus im Jahr 2008 in Mossul habe dem Vater des Klägers zu 1) gegolten. Nach dem Umzug der Familie im Jahr 2009 habe es keine derartigen Bedrohungen mehr gegeben.

Nach einem Aktenvermerk vom 15. April 2016 ist den Klägern der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt worden, weil sie aus einer Region kommen, in der ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt stattfinde.

Mit Schriftsatz vom 12. Mai 2016 erhoben die Kläger durch ihre Prozessbevollmächtigten Klage und beantragten,

den Bescheid der Beklagten vom 27. April 2016 hinsichtlich Ziffer 2 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten festzustellen, dass die Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG für die Kläger vorliegt.

Mit Schriftsatz vom 20. Mai 2016 beantragte die Beklagte,

die Klagen abzuweisen.

Mit Schriftsatz vom 3. Juni 2016 wurde die Klage dahingehend begründet, dass die Kläger vom IS ausgehende Verfolgung befürchten müssten. Beim IS handelt es sich um einen nicht staatlichen Akteur, dessen Handeln weder durch den irakischen Staat noch durch andere Parteien oder Organisationen unterbunden werde.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogene Behördenakte und die Gerichtsakte Bezug genommen. Für den Verlauf der mündlichen Verhandlung wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Gründe

Die allein auf die Anerkennung als Flüchtlinge gemäß § 3 Abs. 1 AsylG gerichtete Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der angefochtene Bescheid des BAMF vom 27. April 2016 ist, soweit den Klägern die Flüchtlingseigenschaft versagt wird, rechtmäßig und verletzt sie nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 und Abs. 5 VwGO).

Die Kläger haben keine Umstände dargelegt, die – über den Status des subsidiären Schutzes hinaus – zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft führen würde. Eine allgemeine Verfolgungsgefahr i.S.v. § 3 AsylG ergibt sich aktuell bei einer Rückkehr der Kläger nach Mossul oder in den nahe Mossul gelegenen Ort Baashiqa nicht mehr. Zugunsten der Kläger kann, wie sie vortragen, zugrunde gelegt werden, dass sie 2009 aus berechtigter Furcht vor Repressalien islamistischer Terroristen (Al-Kaida bzw. ISIS) aus Mossul geflüchtet sind und auch Baashiqa Mitte 2014 wegen des Einmarsches des IS dort verlassen haben. Selbst wenn die ihnen wie auch anderen gemäßigten Sunniten, Schiiten und Nichtmuslimen drohende Gefahr in den IS-Gebieten als Verfolgung im Sinne von § 3 AsylG qualifiziert werden müsste oder wenn die Kläger aus individuellen Gründen speziellen Bedrohungen durch den IS ausgesetzt gewesen wären, steht dies einer Rückkehr aktuell nicht mehr entgegen, da sich die Lage im Gebiet um Mossul insoweit grundlegend geändert hat und eine Bedrohung im Sinne einer Verfolgung durch den IS dort nicht mehr besteht. Seit Anfang Juli 2017 ist der IS aus dem Gebiet um Mossul durch die irakische Armee und ihre Verbündeten soweit zurückgedrängt worden, dass er dort keine quasistaatliche Macht i.S.v. § 3c Nr. 2 AsylG mehr ausübt, so dass vom IS dort keine Verfolgung im asylrechtlichen Sinne mehr ausgehen kann. Seit der Rückeroberung der Gebiete durch die Regierungstruppen ist auch nicht mehr mit der im Asylrecht erforderlichen Wahrscheinlichkeit zu befürchten, dass Rückkehrern in die dortigen Gebiete kein staatlicher Schutz gegen eventuelle vereinzelte Übergriffe des IS aus dem Hinterhalt gewährt wird. Eine Bedrohung im Sinne einer Verfolgung, die für die Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft erforderlich ist, besteht nicht mehr.

Nach der ständigen Rechtsprechung der Kammer besteht im Irak und in der Region Mossul auch keine generelle Verfolgungssituation für Sunniten von staatlicher Seite. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 21.4.2009, 10 C 11/08 - juris) liegt eine asylrechtlich erhebliche Verfolgungsgefahr für Mitglieder einer Gruppe dann vor, wenn Verfolgungshandlungen im Verfolgungszeitraum und Verfolgungsgebiet auf alle sich dort aufhaltenden Gruppenmitglieder zielen und sich in quantitativer und qualitativer Hinsicht so ausweiten, wiederholen und um sich greifen, dass daraus für jeden Gruppenangehörigen nicht nur die Möglichkeit, sondern auch ohne Weiteres die aktuelle Gefahr eigener Betroffenheit besteht. Dies gilt nach den vom Gericht beigezogenen Erkenntnisquellen für Sunniten nicht allgemein. Zwar existieren im Irak der Auskunftslage nach mehrere schiitische Milizen, die zum Teil gewaltsam gegen Sunniten vorgehen. Dabei handelt es sich aber – auch in den befreiten Gebieten – um einzelne Übergriffe, die kein solches Ausmaß erreichen, dass ohne Weiteres von einer aktuellen Gefahr eigener Betroffenheit auszugehen ist.

Die allgemeinen, im Einzelnen noch zum Teil sehr schweren Lebensverhältnisse in den kürzlich vom IS befreiten Gebieten durch die Zerstörungen und mangelhafte Versorgungslage mögen einer Rückkehr im Konkreten durchaus entgegenstehen, können aber nicht die Flüchtlingseigenschaft begründen, sondern sind durch die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus nach § 4 AsylG in jedem Fall ausreichend abgedeckt. Ohne das Bestehen einer Verfolgung im Rechtssinn ist die Flüchtlingseigenschaft auch dann nicht zu gewähren bzw. aufrecht zu erhalten, wenn die neue Gefahr an die Stelle der Verfolgung getreten ist (vgl. insoweit EuGH,U.v. 2.3.2010, C-175/08 u.a. – juris).

Die Kostenentscheidung der damit abzuweisenden Klage resultiert aus § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83 b AsylG nicht erhoben.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt: 1. die Verhängung oder Vollstreckung der To
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt: 1. die Verhängung oder Vollstreckung der To
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published on 29/10/2018 00:00

Tenor Die Klage wird abgewiesen. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens trägt der Kläger. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch..
published on 13/03/2018 00:00

Tenor Die Klage wird abgewiesen. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens trägt der Kläger. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Siche
published on 20/02/2018 00:00

Tenor Die Klage wird abgewiesen. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens trägt der Kläger. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch..
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Annotations

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

Die Verfolgung kann ausgehen von

1.
dem Staat,
2.
Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder
3.
nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.