Der am …1959 geborene Kläger stand als Beamter (Justizsicherheitssekretär am Amtsgericht …) im Dienste des Beklagten. Am 1. März 2017 wurde er in den Ruhestand versetzt.
Am 16. Januar 2014 räumte der Kläger im Rahmen seiner Wachtmeisteraufgaben zusammen mit einem Kollegen ein Zimmer im Amtsgericht … aus. Beim Hochheben eines Aktenschranks auf einen Transportwagen verspürte er einen stechenden Schmerz in der Lendenwirbelsäule.
Der den Kläger am 20. Januar 2014 untersuchende Arzt Dr. med. …, diagnostizierte in seinem Befundbericht vom 24. Januar 2014 ein LWS-Syndrom nach Verhebetrauma und wiederholter Überlastung; bereits vorbestehende Beschwerden seien durch schweres Heben aktiviert worden. Der Arzt erklärte den Kläger für die Zeit vom 20. Januar 2014 bis 28. Februar 2014 für dienstunfähig.
Ein Magnetresonanztomogramm der Wirbelsäule des Klägers von Brustwirbelkörper 11 bis Sakralwirbelkörper 2 und ein Myelogramm, jeweils vom 21. Januar 2014, beurteilte die Radiologin Dr. med. …, Fachärztin für diagnostische Radiologie im Kompetenznetz Franken für Radiologie, Nuklarmedizin und Strahlenthereapie, …, mit Schreiben vom 21. Januar 2014 wie folgt:
„Breitbasige Extrusion in Höhe L 2/3 mit leicht linksseitiger Betonung und Einengung der Neuroforamina beidseits; verstärkt durch Facettengelenksarthrosen mit Wassereinlagerung der Facettengelenke, ausgedehnte Facettengelenksarthrosen auch in Höhe L 4/5 mit Hypertrophie der Ligamente flava beidseits, rechts stärker links und dadurch bedingt dorsaler Einengung des Spinalkanals, weniger stark ausgeprägt in Höhe L 5/S1. Die mitdargestellte Myelografie zeige sich unauffällig.“
Mit Bescheid vom 19. März 2014 lehnte das Landesamt für Finanzen - Dienststelle … - Bezügestelle Dienstunfall - die Anerkennung des Ereignisses vom 16. Januar 2014 als Dienstunfall sowie die Gewährung beamtenrechtlicher Unfallfürsorgeleistungen ab.
Mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 31. März 2014 legte der Kläger Widerspruch ein.
Mit Widerspruchsbescheid vom 13. Mai 2014 wies das Landesamt für Finanzen - Dienststelle … - Bezügestelle Dienstunfall - den Widerspruch zurück.
Hierauf erhob der Kläger mit einem am 5. Juni 2014 beim Verwaltungsgericht eingegangenen Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 3. Juni 2014 Klage (AN 1 K 14.00952).
In der mündlichen Verhandlung vom 1. Dezember 2015 zu diesem Klageverfahren wies der Vorsitzende darauf hin, dass im Hinblick auf den Vortrag in der Klagebegründung, der reklamierte Körperschaden sei durch langjähriges Heben schwerer Lasten entstanden, vorrangig die Möglichkeit der Anerkennung einer Berufskrankheit als Dienstunfall im Raume stehen könnte. Insoweit habe der Beklagte jedoch noch kein Verwaltungsverfahren durchgeführt.
Am 1. Dezember 2015 beantragte der Kläger die Anerkennung der im Schreiben der Radiologin Dr. med. …, vom 21. Januar 2014 diagnostizierten Schäden als Berufserkrankung i.S.d. Art. 46 Abs. 3 BayBeamtVG.
Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 23. Mai 2016 ließ der Kläger gegenüber dem Landesamt für Finanzen - Dienststelle … - Bezügestelle Dienstunfall - im Einzelnen vortragen, bei welchen Tätigkeiten er neben seiner normalen Beschäftigung (Justizwachtmeister) als Hausmeister bei den Amtsgerichten … und … eingesetzt gewesen sei.
Mit Schreiben vom 14. März 2017 teilte die Direktorin des Amtsgerichts … hierzu dem Landesamt für Finanzen - Dienststelle … - Bezügestelle Dienstunfall - mit, dass nach dem 30. November 2000 vom Kläger Hausmeistertätigkeiten grundsätzlich nur in Vertretung des neuen nebenamtlichen Hausmeisters zusammen mit den übrigen Bediensteten der Wachtmeisterei ausgeführt worden seien. Schätzungsweise habe der zeitliche Aufwand des Einzelnen dabei weniger als 5% der Gesamtarbeitszeit betragen. Im Jahr 2007 habe der Kläger wegen einer Langzeiterkrankung des Hausmeisters mehrere Monate gegen besondere Bezahlung die Hausmeistertätigkeit alleine übernommen. Aus der Zeit seiner Nebentätigkeit als Hausmeister seien weder gesundheitliche Beeinträchtigungen bekannt noch solche aus der Personalakte ersichtlich.
Mit Bescheid des Landesamts für Finanzen - Dienststelle … - Bezügestelle Dienstunfall - vom 22. März 2017, versandt am 24. März 2017, lehnte der Beklagte den Antrag des Klägers auf Anerkennung der durch die Radiologin Dr. med. … … mit Schreiben vom 21. Januar 2014 diagnostizierten Schäden als Berufserkrankung i.S.d. Art. 46 Abs. 3 BayBeamtVG ab.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen folgendes ausgeführt:
Abweichend von Art. 46 Abs. 1 BayBeamtVG würden gemäß Art. 46 Abs. 3 BeamtVG die in der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung vom 31. Oktober 1997 (BGBl. 1997 S. 2623) enthaltenen Krankheiten einem Dienstunfall gleichgestellt. Nach Art. 46 Abs. 3 BayBeamtVG gelte als Dienstunfall auch, wenn ein Beamter, der nach der Art seiner dienstlichen Verrichtung der Gefahr einer Erkrankung an bestimmten Krankheiten besonders ausgesetzt sei, eine derartige Krankheit (Berufskrankheit) erleide, es sei denn, dass er sich die Krankheit außerhalb des Dienstes zugezogen habe. Hierbei sei es erforderlich, dass der Beamte nach der Art seiner dienstlichen Verrichtung der Erkrankungsgefahr besonders ausgesetzt sein müsse. Der Beamte sei der Gefahr der Erkrankung an einer bestimmten Krankheit besonders ausgesetzt, wenn er eine Tätigkeit ausübe, die erfahrungsgemäß eine hohe Wahrscheinlichkeit für eine Erkrankung infolge des Dienstes in sich berge (besondere Gefährdung). Die besondere Gefährdung müsse in einem für die dienstliche Verrichtung typischen und erheblich höheren Maß als bei der übrigen Bevölkerung vorhanden sein. Entscheidend sei die für die dienstliche Verrichtung typisch erhöhte Gefährdung und nicht die individuelle Gefährdung des Beamten aufgrund seiner Veranlagung. Es sei auf die Art der dienstlichen Tätigkeit abzustellen; eine Gefahr, die alleine durch den Ort bedingt sei, an dem die dienstliche Tätigkeit ausgeübt werde, reiche nicht aus (vgl. BayVGH, U.v 17.5. 1995 – 3 B 94. 3181 - ZB)
Der Kläger sei Wachtmeister beim Amtsgericht … Eine besondere Gefährdung an einer breitbasigen Extrusion in Höhe L 2/3 mit leicht linksseitiger Betonung und Einengung der Neuroforamina beidseits; verstärkt durch Facettengelenksarthrosen mit Wassereinlagerung der Facettengelenke, ausgedehnte Facettengelenksarthrosen auch in Höhe L 4/5 mit Hypertrophie der Ligamente flava beidseits, rechts stärker links und dadurch bedingt dorsaler Einengung des Spinalkanals, weniger stark ausgeprägt in Höhe L 5/S1 zu erkranken, sei im Gegensatz zur übrigen Bevölkerung nicht erkennbar. Vor allem nicht, da die angeschuldigten Tätigkeiten nur geringfügig (5%) zur Gesamttätigkeit anfielen. Die besondere Gefährdung sei damit weder für die dienstliche Verrichtung typisch noch in erheblich höherem Maße als bei der übrigen Bevölkerung vorhanden.
Hierauf erhob der Kläger mit einem am 27. April 2017 beim Verwaltungsgericht eingegangenen Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 26. April 2017 Klage mit dem Antrag,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids des Landesamts für Finanzen - Dienststelle … - Bezügestelle Dienstunfall - 22. März 2017 zu verpflichten, dem Antrag des Klägers vom 1. Dezember 2015 auf Anerkennung der diagnostizierten Schäden (breitbasige Extrusion in Höhe L 2/3 mit leicht linksseitiger Betonung und Einengung der Neuroforamina beidseits; verstärkt durch Facettengelenksarthrosen mit Wassereinlagerung der Facettengelenke, ausgedehnte Facettengelenksarthrosen auch in Höhe L 4/5 mit Hypertrophie der Ligamente flava beidseits, rechts stärker links und dadurch bedingt dorsaler Einengung des Spinalkanals, weniger stark ausgeprägt in Höhe L 5/S1) als Berufserkrankung im Sinne des Art. 46 Abs. 3 ByBeamtVG stattzugeben.
Zur Begründung der Klage ließ der Kläger mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 31. Juli 2017 zusammengefasst folgendes vortragen:
Der Kläger habe neben seiner normalen dienstlichen Tätigkeit als Justizsicherheitssekretär für den Beklagten erhebliche Hausmeister-, Winterdienst-, Umbau-, Möbelträgertätigkeiten und weitere schwere körperliche Arbeiten ausgeführt. Darüber hinaus habe der Kläger als Folge seiner gesundheitlichen dienstbedingten Angegriffenheit auch am 16. Januar 2014 einen Dienstunfall erlitten. Aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit sei der Kläger tatsächlich gemäß der geltend gemachten Diagnose krank geworden, so dass hier eine Berufserkrankung im Sinne des Art. 46 Abs. 3 BayBeamtVG vorliege. Insoweit sei der Bescheid von 22. März 2017 rechtswidrig und verletze den Kläger in seinen Rechten.
Als Folge dieser Berufserkrankung habe der Kläger auch den Dienstunfall (auch vorschadensbedingt) erlitten, der Gegenstand des Verfahrens AN 1 K 14.00952 sei.
Bezüglich der Nachweise der besonderen körperlichen Beanspruchung des Klägers werde auf den Vortrag im Verfahren AN 1 K 14.00952 und auf den Vortrag im hiesigen Verfahren verwiesen. Soweit der Beklagte zu den dienstlichen Belastungen Stellung nehmen wolle, werde an die besonderen Verpflichtungen des Beklagten als Dienstherr erinnert. Nach Auskunft der derzeitigen Direktorin des Amtsgericht … könne diese nur deshalb zu den zurückliegenden Vorgängen keine Angaben machen, da sie noch nicht ausreichend lange Direktorin am Amtsgericht und vorher bei anderen Gerichten tätig gewesen sei und beim Amtsgericht angeblich keine aussagekräftigen Unterlagen aufzufinden seien. Der Beklagte habe damit bislang seine diesbezüglichen Fürsorge-, Dokumentations- und Nachforschungspflichten nicht erfüllt.
Die körperlichen dienstlichen Belastungen seien so, wie von Klägerseite dargestellt und die Ursache der streitgegenständlichen körperlichen Schäden. Die streitgegenständlichen Verletzungen/körperlichen Schäden seien Folge der erheblichen körperlichen Belastung aufgrund der dienstlichen Tätigkeit Aufgrund dieser berufsbedingten Schädigung habe der Kläger auch den zusätzlichen Dienstunfall erlitten, der Gegenstand im Verfahren AN 1 K 14.00952 sei.
Der Beklagte beantragte mit Schreiben des Landesamts für Finanzen - Dienststelle … - Rechtsabteilung - vom 11. September 2017,
die Klage abzuweisen.
Wie bereits im Ausgangsbescheid dargelegt, müsse die konkrete dienstliche Tätigkeit ihrer Art nach eine hohe Wahrscheinlichkeit gerade der konkreten Erkrankung in sich bergen und diese Wahrscheinlichkeit müsse zum andern deutlich höher sein als bei der übrigen Bevölkerung.
Zunächst sei aber Voraussetzung, dass der Beamte eine Erkrankung geltend mache, die in der Anlage 1 der Berufskrankheiten-Verordnung aufgenommen sei. Der Katalog sei abschließend. Andere als die dort genannten Krankheiten seien nicht berücksichtigungsfähig. Es sei Sache des Klägers eine entsprechende Berufskrankheit aus der Anlage 1 zu benennen. Dies sei bisher nicht geschehen. Nachdem sich die im Klageantrag genannte Erkrankung in diesem Umfang in keiner Nummer der Anlage 1 finde, sei die Klage bereits aus diesem Grund unbegründet. Aber auch soweit mit der Klage die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 2108, welche hier als einzige Ziffer überhaupt in Betracht komme, verfolgt werden sollte, sei die Klage unbegründet.
Nach Nr. 2108 zählten zu den Berufskrankheiten bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen habe, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich gewesen seien oder sein könnten.
Erste Voraussetzung sei somit, dass eine Erkrankung vorliege, die unter diese Ziffer subsumiert werden könne. Dies sei bei den im Klageantrag genannten Beschwerden/Schäden fraglich.
Allein die breitbasige Extrusion in Höhe L2/3 könne als bandscheibenbedingte Erkrankung von Nr. 2108 erfasst sein. Letztlich brauche diese Frage aber nicht abschließend geklärt werden, da die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 2108 auch im Übrigen unbegründet sei. Der Kläger erfülle nicht die arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Anerkennung seiner Schäden als Berufskrankheit. Weder ein - wie in der Nr. 2108 gefordertes - langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten noch eine langjährige Tätigkeit in extremer Rumpfbeugehaltung könnten festgestellt bzw. nachgewiesen werden. Die dargelegten Tätigkeiten reichten insbesondere im Hinblick auf den zeitlichen Umfang der Einwirkung nicht aus, um das Merkmal „langjähriges Heben und Tragen schwerer Lasten“ zu erfüllen. Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung würden ohnehin nicht geltend gemacht. Lege man der Bewertung sodann nur den durch den Dienstvorgesetzten bestätigen Umfang der Einwirkung zu Grunde, ergebe sich sogar eine deutlich geringere Belastung als die vom Kläger behauptete.
Soweit der Kläger vortrage, der Beklagte wäre bisher seinen Fürsorge-, Dokumentations- und Nachforschungspflichten nicht hinreichend nachgekommen, sei dem entgegenzuhalten, dass die jetzige Direktorin des Amtsgerichts … nur einen Umfang von unter 5% der Gesamtarbeitszeit bestätigen könne. Der Kläger habe nicht dargelegt, welche Dokumentations- und Nachforschungspflichten den Dienstherrn treffen könnten. Es bestehe keine Verpflichtung des Dienstherrn, jede Tätigkeit seiner Beamten im Hinblick auf den zeitlichen Umfang, die Intensität der Tätigkeit bzw. die Einwirkung auf den Körper des Beamten zu protokollieren. Mangels entsprechender Aufzeichnungen lasse sich der vom Kläger behauptete Umfang seiner Tätigkeit nicht mehr nachprüfen. Diese fehlende Beweisbarkeit gehe zu Lasten des Klägers. Derjenige, der aus einer Norm eine ihm günstige Rechtsfolge ableite, trage die materielle Beweislast. D.h. der Kläger trage die Beweislast für das Vorliegen einer besonderen Erkrankungsgefahr.
Abschließend sei anzumerken, dass beim Kläger nicht nur der als Berufserkrankung geltend gemachte degenerative Lendenwirbelsäulenschaden vorliege, sondern offensichtlich auch die Halswirbelsäule und die Schultern degenerative Veränderungen aufwiesen. Solche weitreichenden Degenerationen sprächen im Allgemeinen gegen eine berufsbedingte Schädigung, sondern für ein schicksalhaftes Geschehen (vgl. Schönberger, Mehrtens, Valentin, Arbeitsunfall und Berufserkrankung, 9. Auflage, Ziff. 8.3.5.6.5.1.4).
Die Erkrankung könne, wie dargelegt, nicht als Berufserkrankung i.S.d. Art.46 Abs. 3 BayBeamtVG anerkannt werden. Es wäre sodann aber unzulässig, die Erkrankung/den Körperschaden insoweit als wesentlich unfallbedingt zu beurteilen, weil diesem eine dienstlichen Belastung vorausgegangen sei, die aber ihrerseits nicht ausgereicht habe, den Körperschaden als Berufskrankheit anzuerkennen bzw. die sonstigen Voraussetzungen für die Anerkennung einer Berufserkrankung nicht vorlägen. Die Vorschäden seien in einem solchen Fall ungeachtet möglicher dienstlicher Mitursachen allein als unfallfremd zu werten, da man ansonsten zu einer vom Gesetzgeber nicht gewünschten Vermischung zwischen Berufserkrankung nach Art. 46 Abs. 3 und Dienstunfall nach Art. 46 Abs. 1 BayBeamtVG gelangen würde.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Dienstunfallakte des Landesamts für Finanzen - Dienststelle … - sowie hinsichtlich des Verlaufs der mündlichen Verhandlung auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der angefochtene Bescheid des Landesamts für Finanzen -Dienststelle … - Bezügestelle Dienstunfall - vom 22. März 2017 ist nicht rechtswidrig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO).
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung der im Schreiben der Radiologin Dr. med. …, vom 21. Januar 2014 diagnostizierten Schäden (breitbasige Extrusion in Höhe L 2/3 mit leicht linksseitiger Betonung und Einengung der Neuroforamina beidseits; verstärkt durch Facettengelenksarthrosen mit Wassereinlagerung der Facettengelenke, ausgedehnte Facettengelenksarthrosen auch in Höhe L 4/5 mit Hypertrophie der Ligamente flava beidseits, rechts stärker links und dadurch bedingt dorsaler Einengung des Spinalkanals, weniger stark ausgeprägt in Höhe L 5/S1) als Berufserkrankung im Sinne des Art. 46 Abs. 3 BayBeamtVG.
Nach Art. 46 Abs. 3 Satz 1 BeamtVG gilt als Dienstunfall auch die Erkrankung an einer in der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKVO) vom 31. Oktober 1997 (BGBl I S. 2623) in der jeweils geltenden Fassung genannten Krankheit, wenn der Beamte nach der Art seiner dienstlichen Verrichtung der Gefahr der Erkrankung an bestimmten Krankheiten besonders ausgesetzt war, es sei denn, dass der Beamte sich diese Krankheit außerhalb des Dienstes zugezogen hat. Der Gefahr der Erkrankung ist ein Beamter besonders ausgesetzt, dessen konkrete dienstliche Tätigkeit ihrer Art nach erfahrungsgemäß eine hohe Wahrscheinlichkeit gerade dieser Erkrankung in sich birgt. Art. 46 Abs. 3 Satz 1 BeamtVG setzt nicht voraus, dass die durch die Art der dienstlichen Verrichtung hervorgerufene Gefährdung generell den Dienstobliegenheiten anhaftet. Es genügt vielmehr, wenn die eintretende Gefährdung der konkreten dienstlichen Verrichtung ihrer Art nach eigentümlich ist, allerdings nur dann, wenn sich die Erkrankung als typische Folge des Dienstes darstellt. Maßgebend kommt es dabei darauf an, ob die von dem Beamten zum Zeitpunkt der Erkrankung ausgeübte dienstliche Tätigkeit erfahrungsgemäß eine hohe Wahrscheinlichkeit der Erkrankung gerade dieser Krankheit in sich birgt (st. Rspr. vgl. BVerwG, B v. 15.5.1996 - 2 B 106/95 - m.w.N.). Die besondere Gefährdung muss für die dienstliche Verrichtung typisch und in erheblich höherem Maße als bei der übrigen Bevölkerung vorhanden sein (OVG Münster, U.v. 24.5.2002 – 1 A 6168/96 –; OVG Koblenz, U.v. 16.2.1996 - 2 A 11573/95 -, NVwZ-RR 1997 S. 45; Schütz/Maiwald, Beamtenrecht des Bundes und der Länder, Kommentar, Stand Dezember 2004, § 31 BeamtVG Rn. 169).
Die Vorschrift des Art. 46 Abs. 3 BayBeamtVG entspricht der bis zum Inkrafttreten des Neuen Dienstrechts in Bayern (am 1.1.2011) anzuwendenden Regelung des § 31 Abs. 3 Satz 1 BeamtVG, so dass die zu dieser Rechtsnorm ergangene Rechtsprechung herangezogen werden kann (vgl. LTDrs. 16/3200, S. 482).
Nach der im Falle des Klägers allenfalls in Betracht kommenden Regelung in Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKVO zählen zu den Berufskrankheiten bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule durch langjähriges Heben und Tragen schwerer Lasten in extremer Rumpfbeugehaltung, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können. Danach ist Voraussetzung, dass ein langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung (sog. arbeitstechnische Voraussetzungen) zu einer bandscheibenbedingten Erkrankung der Lendenwirbelsäule (Gesundheitsschaden) geführt haben, und ein Kausalzusammenhang zwischen der Tätigkeit und der Erkrankung besteht, sowie ein Zwang zur Unterlassung aller Tätigkeiten, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können. Während die arbeitstechnischen Voraussetzungen und der Gesundheitsschaden voll bewiesen sein müssen, reicht zur Bejahung des Kausalzusammenhangs zwischen der schädigenden Einwirkung und dem Gesundheitsschaden die hinreichende Wahrscheinlichkeit aus (vgl. Schütz/Maiwald, Beamtenrecht des Bundes und der Länder, Kommentar, Stand Dezember 2004, § 31 BeamtVG Rdn. 161).
Wann die Voraussetzungen eines „langjährigen Hebens oder Tragens schwerer Lasten“ gemäß Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKVO jeweils vorliegen, ist dem Wortlaut der Vorschrift nicht zu entnehmen. Der Verordnungsgeber hat mit den von ihm verwandten Begriffen auslegungsbedürftige unbestimmte Rechtsbegriffe gewählt, um die schädigende Exposition zu kennzeichnen. Ein Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot ergibt sich daraus nicht. Gerade bei schwierigen, insbesondere wissenschaftlich-technischen Zusammenhängen muss wegen der Komplexität der Materie unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten keine bis ins Detail gehende Regelung im Gesetz oder in der Verordnung erfolgen (BVerfG, B v. 9.11.1988, - 1 BvR 243/86 -, BVerfGE 79 S. 106, 120; B.v. 8.1.1981 - 2 BvL 3/77, 2 BvL 9/77 - BVerfGE 56 S. 1, 12). Bei der notwendigen Konkretisierung der unbestimmten Rechtsbegriffe ist unter Zuhilfenahme medizinischer Sachkunde zu prüfen, welche Einwirkungen nach den neuesten gesicherten medizinischen Erkenntnissen geeignet sind, bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule herbeizuführen.
Die Kammer orientiert sich bei der Beurteilung der Frage, ob die genannten Voraussetzungen der in Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKVO bezeichneten Berufskrankheit beim Kläger vorliegen, an der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Hamburg (U.v. 7.7.2005 - 1 Bf 82/02) und nachfolgend am Urteil des Verwaltungsgerichts Magdeburg vom 14. Juli 2016 - 5 A 109/13. Nach den dort näher dargelegten Anforderungen des sogenannten Mainz-Dortmunder-Dosismodells (MDD), dessen Anwendung aufgrund des gegenwärtigen Standes der Wissenschaft schon jetzt eine hinreichend bestimmte, wissenschaftlich gesicherte Grundlage für die Auslegung der Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKVO bietet, erfüllt der Kläger zur Überzeugung der Kammer bereits nicht die arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Anerkennung seiner Krankheit als Berufskrankheit, da in seinem Fall nicht von einem langjährigen Heben oder Tragen schwerer Lasten i.S.d. Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKVO auszugehen ist.
Das MDD berücksichtigt, dass es einer bestimmten Mindestbelastung bedarf, um eine körperliche Belastung als schädigend für die Bandscheiben der Wirbelsäule einzustufen. Zur Beurteilung der arbeitstechnischen Voraussetzungen wird ein zweistufiges Verfahren durchgeführt, nach dem in einem ersten Schritt die Vorprüfung und in einem zweiten Schritt die Hauptprüfung erfolgt. Die Vorprüfung umfasst als Mindestanforderungen, dass die Lastgewichte bei Männern 15 kg erreichen oder überschreiten müssen, pro Arbeitsschicht mindestens 50 Lastenmanipulationen von maximal 5 m oder 30 Lastenmanipulationen mit Trageentfernungen von deutlich über 5 m vorgelegen haben oder in extremer Rumpfbeugehaltung durchgeführt worden sein müssen. Des Weiteren muss die belastende Tätigkeit an mindestens 60 Arbeitsschichten pro Jahr zu verrichten gewesen sein und die gesamte berufliche Belastungsdauer mindestens 7 Jahre betragen haben (vgl. OVG Hamburg U.v. 7.7.2005 - a.a.O. - juris Rn. 39).
Auch das Bundessozialgericht hat mit Urteil vom 30. Oktober 2007 (B 2 U4/06) das MDD als Maßstab zur Ermittlung der kritischen Belastungsdosis beim Heben und Tragen schwerer Lasten sowie beim Arbeiten in extremer Rumpfbeugehaltung i.S.d. Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKVO bestätigt, da derzeit kein den Vorgaben dieser Vorschrift gerecht werdendes Alternativmodell zur Verfügung steht. Die Rechtsprechung, dass bei Beurteilung der haftungsbegründenden Kausalität im Falle der Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKVO das MDD als aktueller Stand der medizinischen Wissenschaft anzusehen ist, hat das Bundessozialgericht mit weiterem Urteil vom 23. April 2015 (B 2 U 10/14 R) fortgesetzt und auf die sich aus dem MDD rechnerisch bei maximaler Exposition ergebende Mindestdauer von sieben Jahren verwiesen. (vgl. auch VG Magdeburg, U. v. 14.7.2016 - a.a.O - unter Hinweis auf BayLSG, U.v. 25.11.2015 - L 2 U 120/13 - juris Rn.44).
Hiervon ausgehend erreicht die berufliche Tätigkeit des Klägers als Justizsicherheitsbeamter selbst unter Berücksichtigung der von ihm geschilderten zusätzlichen „Hausmeisteraufgaben“ bei weitem nicht die nach dem MDD erforderliche Mindestbelastungsdauer von sieben Jahren.
Zwar lässt der Kläger zur Klagebegründung vortragen, er habe neben seiner normalen dienstlichen Tätigkeit als Justizsicherheitssekretär für den Beklagten erhebliche Hausmeister-, Winterdienst-, Umbau- und Möbelträgertätigkeiten sowie weitere schwere körperlichen Arbeiten ausgeführt. Nach dem Schreiben der Direktorin des Amtsgerichts … vom 14. März 2017 hat der Kläger jedoch nach dem 30. November 2000 Hausmeistertätigkeiten grundsätzlich nur in Vertretung des neuen nebenamtlichen Hausmeisters zusammen mit den übrigen Bediensteten der Wachtmeisterei ausgeführt, wobei der zeitliche Aufwand des Einzelnen dabei weniger als 5% der Gesamtarbeitszeit betragen habe. Lediglich im Jahre 2007 habe der Kläger wegen einer Langzeiterkrankung des Hausmeisters mehrere Monate gegen besondere Bezahlung die Hausmeistertätigkeit allein übernommen. Für die Kammer besteht keinerlei Veranlassung an diesen Angaben zu zweifeln, da die Direktorin des Amtsgerichts … auch für vor ihrer Amtszeit liegende Zeiträume auf die Angaben weiterer Bediensteter des Amtsgerichts zurückgreifen konnte.
Somit kann nicht die Rede davon sein, dass die Tätigkeit des Klägers im Justizdienst mit der z.B. im Urteil des Verwaltungsgerichts Magdeburg vom 14. Juli 2016 (a.a.O. - Rn. 38, juris) geschilderten beruflichen Betätigung eines Maurers, der pro Tag und in 220 Schichten im Jahr ca. 4 m³ großformatige Steine verarbeitet, oder mit den in der einschlägigen Kommentarliteratur (vgl. Mehrtens-Valentin-Schönberger, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. völlig neu bearbeitete Auflage 2010, S. 491/492) genannten Tätigkeiten mit Wirbelsäulenbelastung i.S.d. Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKVO (z.B. Möbelträger im Umzugsgewerbe, Kohlen- und andere Lastenträgerträger) auch unter Berücksichtigung der vom Kläger geschilderten zusätzlichen Nebenaufgaben vergleichbar ist. Es ist davon auszugehen, dass der Kläger bei weitem nicht die bei den oben genannten hauptberuflichen Tätigkeiten vorliegende schädigende Exposition erreicht hat, da er weder die belastende Tätigkeit an mindestens 60 Arbeitsschichten pro Jahr zu verrichten hatte noch die gesamte berufliche Belastungsdauer bei maximaler Exposition mindestens 7 Jahre betrug (vgl. OVG Hamburg U.v. 7.7.2005 - a.a.O.).
Nach alledem war die Klage daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 VwGO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Gründe, die Berufung nach § 124 a Abs. 1 VwGO zuzulassen, liegen nicht vor.