Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 24. Sept. 2014 - 9 K 14.00657

bei uns veröffentlicht am24.09.2014

Gericht

Verwaltungsgericht Ansbach

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Kostenschuldner können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v. H. des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweiliger Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Kläger sind Eigentümer des Grundstücks Fl. Nr. ... der Gemarkung ..., auf welchem ein Möbelhaus betrieben wird.

Südöstlich grenzt das Grundstück der mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 28. April 2014 zum Verfahren Beigeladenen, Fl. Nr. ..., auf welchem sich eine Fabrikationshalle für Aluminiumteile befindet.

Beide Grundstücke liegen im Bereich des Bebauungsplanes Nr. ... der Beklagten, welcher u. a. ein Gewerbegebiet und ein beide Grundstücke und die westlich gelegenen Grundstücke Fl. Nr. ..., ..., ... umfassendes Baufenster festsetzt.

§ 3 Abs. 2 des Bebauungsplans lautet u. a. wie folgt:

„2. Bauweise

Im Planungsgebiet gilt die offene Bauweise gemäß § 22 Abs. 2 der Baunutzungsverordnung (BauNVO) mit folgenden Abweichungen:

a) …

b) Innerhalb der überbaubaren Grundstücksfläche im Gewerbegebiet sind Gebäude mit einer Länge bis zu 200 m zulässig“.

In der Begründung des Bebauungsplans ist u. a. ausgeführt:

„Ein Großteil der Flächen des Plangebietes ist für eine gewerbliche Nutzung vorgesehen. Die Baugrenzen werden im Hinblick auf diese Nutzung großräumig gebildet, so dass die Stellung der Gebäude nach den jeweiligen betrieblichen Erfordernissen erfolgen kann.“

Am 14. Mai 2013 beantragte die Beigeladene die Erteilung einer Baugenehmigung zur Errichtung einer offenen Kaltüberdachung, welche angebaut an die Nordwestseite der auf dem Beigeladenengrundstück vorhandenen Halle entlang der gemeinsamen Grundstücksgrenze zum Grundstück der Kläger hin ohne Einhaltung eines Grenzabstandes auf einer Länge von 59 m mit einer Traufhöhe von 6,35 m und einer an der gemeinsamen Grundstücksgrenze geplanten Brandwand mit einer Höhe von 6,70 m errichtet werden soll.

Mit Bescheid der Beklagten vom 26. März 2014 wurde die beantragte Baugenehmigung erteilt unter einer Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. ... wegen Überschreitung der Baugrenzen nach Nordwesten und der Zulassung einer Abweichung von Art. 6 Abs. 2 BayBO wegen Nichteinhaltung der nach Art. 6 Abs. 5 bzw. Abs. 6 BayBO erforderlichen Abstandsflächen nach Nordwesten zum Klägergrundstück Fl. Nr. ... im nicht angebauten Bereich.

Zur Begründung wurde insoweit ausgeführt, dass die Voraussetzungen zur Erteilung der Befreiung gemäß § 31 Abs. 2 BauGB und der Abweichung gemäß Art. 63 Abs. 1 BayBO vorlägen, „da keine Grundzüge der Planung sowie unzumutbare Nachteile bezüglich Belichtung und Belüftung bestünden und der Brandschutz gewährleistet sei“.

Mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 25. April 2014 ließen die Kläger Klage erheben und Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung stellen.

Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, die Beigeladene habe den Klägern gegenüber im Juni 2012 eine Skizze der vorläufigen Bauplanung überreicht, aus welcher erkennbar gewesen sei, dass die Überdachung im Nordwesten bis zur Grundstücksgrenze zur Klägerin hin und im Südwesten bis zur Außenwand der vorhandenen Lagerhalle errichtet werden solle. Hinsichtlich der Höhe des geplanten Anbaus sei zu erkennen gewesen, dass er z. B. nicht die Höhe des bestehenden Lagergebäudes erreiche. Entgegen dieser vorläufigen Planung sei mit dem streitgegenständlichen Bescheid nun eine Überdachung genehmigt worden, die im Nordwesten bis zur Grundstücksgrenze des Klägergrundstücks hin gehe, im Südwesten die Außenmauer der Lagerhalle um einige Meter überschreite und dieselbe Höhe wie die Lagerhalle habe. Die Überdachung sei nur nach vorne, für den Lkw-Verkehr offen, nach hinten zu dem Klägergrundstück hin sei die Errichtung einer Mauer auf der Grenze vorgesehen.

Die Baugenehmigung sei rechtswidrig, da weder die Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB noch des Art. 63 BayBO vorlägen.

Die streitgegenständliche Baugenehmigung enthalte keinerlei Gründe dafür, dass die Voraussetzungen einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB wegen Überschreitung der Baugrenzen nach Nordwesten gegeben seien. Z. B. lege die Beklagte nicht dar, warum die Befreiung aufgrund des Wohls der Allgemeinheit erforderlich bzw. die Abweichung städtebaulich vertretbar sei.

Hinsichtlich der erteilten Abweichung nach Art. 63 Abs. 1 BayBO sei stets zu prüfen, ob diese unter Berücksichtigung des Zwecks der jeweiligen Anforderung mit den entsprechenden Vorschriften vereinbar sei. Vorliegend enthalte die Begründung im Bescheid diesbezüglich lediglich die Feststellung, dass unzumutbare Nachteile bezüglich Belichtung und Belüftung nicht bestünden und der Brandschutz gewährleistet sei. Eine weitergehende Begründung sei auch hier nicht erfolgt. Insbesondere habe die Beklagte keine Gesamtschau der öffentlichen Belange vorgenommen und keine Gewichtung angestellt. Auch sei nicht nachvollziehbar, warum vorliegend keine unzumutbaren Nachteile bezüglich Belichtung und Belüftung bestünden und der Brandschutz gewährleistet sei, obwohl eine Reduzierung der Abstandsfläche regelmäßig diese Belange verschlechtere und im konkreten Fall zumal die geplante Überdachung im direkten Anschluss an die zur Grenze stehende Überdachung auf dem Klägergrundstück angrenze und damit in jedem Fall eine Verschlechterung der Belichtung, Belüftung und des Brandschutzes zu befürchten sei.

Nach der Begründung im Baugenehmigungsbescheid seien weder die Belange der Kläger, die durch die Abweichung berührt würden, ermittelt, noch entsprechend ihrem Gewicht in die Abwägung eingestellt worden. Mit den Klägern habe niemand gesprochen. Als Belange der Kläger hätten zum einen die Vorschriften über die Abstandsflächen nach Art. 6 BayBO berücksichtigt werden müssen, zum anderen die erdrückende Wirkung des Baukörpers des streitgegenständlichen Bauvorhabens. Aufgrund des Breiten- und Höhenunterschiedes der genehmigten Überdachung wirke dieses Vorhaben auf das Grundstück der Kläger derart ein, dass es geradezu eingemauert werde.

Bei der Abwägung hätten auch die wirtschaftlichen Folgen des Anbaus berücksichtigt werden müssen. Durch die genehmigte Überdachung sei das Möbelhaus der Kläger als auch das auf dem Möbelhaus befindliche große Namensschild von der einzigen Zufahrtsstraße, der ...-straße aus, nicht mehr sichtbar. Da das Möbelhaus der Kläger jedoch nur über diese Zufahrt vorbei am Beigeladenengrundstück erreichbar sei und daher in erheblichem Maße auf die werbewirksame Namenstafel angewiesen sei, würden die Kläger erhebliche Einsatzeinbußen dadurch erleiden, dass diese werbewirksame Maßnahme nun wegfalle.

Es wird beantragt:

Der Baugenehmigungsbescheid der Beklagten vom 26. März 2014 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 7. Juli 2014 wird aufgehoben.

Die Beklagte und die Beigeladene beantragen

Klageabweisung.

Zur Begründung wird u. a. ausgeführt, dass die Beigeladene zur Begründung der von ihr beantragten Abweichung angegeben habe, dass aufgrund der offenen Bauweise, aber auch aufgrund der ins Dach integrierten Lichtfelder des Bauvorhabens ein hoher Tageslichtanteil gewährleistet sei. Durch die offene Bauweise könne eine tiefe Durchsonnung stattfinden, es komme zu keinem merklich erhöhten Schattenwurf. Die Überdachung diene zur Kommissions-, Ablade- und Lagermöglichkeit von Betriebsmitteln, insbesondere der Lagerung von 350 Gitterboxen. Ohne die Überdachung sei ein effizienter Betriebsablauf empfindlich gestört.

Entgegen dem Vorbringen der Kläger ende nach den eingereichten Bauvorlagen die Kaltüberdachung nicht an der Grundstücksgrenze, sondern sie reiche über die Flucht der südwestlichen Außenwand etwa 3 m hinaus.

Auf dem Klägergrundstück befinde sich unmittelbar an der gemeinsamen Grundstücksgrenze zum Beigeladenengrundstück ein 23,65 m langer und ca. 4,5 m hoher Anbau und unmittelbar an diesen nach Südwesten hin anschließend eine ca. 19,5 m lange und ca. 4,25 m hohe überdachte Rampenzufahrt.

Für eine nachbarschützende Funktion der rückwärtigen Baugrenze entlang der nordöstlichen Grundstücksgrenze gebe der Bebauungsplan nichts her. Die erteilte Befreiung, die sich entgegen dem Wortlaut der Nr. 2 des Bescheids tatsächlich auf die nordöstliche Baugrenze beziehe, verletze die Kläger somit nicht in ihren Rechten.

Die erteilte Abweichung von Art. 6 Abs. 2 BayBO sei unter Berücksichtigung der Anforderung des Abstandsflächenrechtes und bei Würdigung der nachbarlichen Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar. Eine Abwägung mit den nachbarlichen Belangen sei im Rahmen der zugelassenen Abweichung erfolgt; sie finde sich auch in der Bescheidsbegründung wieder.

Wie sich aus den vorgelegten Schrägluftbildansichten und den Katasterplänen deutlich ergebe, existierten in erheblichem Umfang, nämlich auf einer Länge von ca. 46 m, auch auf dem Grundstück der Kläger, grenzständig errichtete Bauten. Die Inanspruchnahme von Abstandsflächen sei somit wechselseitig.

Die Gebäude auf dem Grundstück der Kläger wiesen zum Baugrundstück hin keine Fensteröffnungen auf. Schützenswerte Aufenthaltsräume seien in den Grenzbauten auf dem Klägergrundstück nicht vorhanden. Die Abstandsfläche H/4 im Gewerbegebiet (6,70 m x 0,4 = 2,68 m), mindestens aber 3 m, falle überwiegend auf Dachflächen und im nicht angebauten Bereich auf Verkehrsflächen.

Für einen Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot zulasten der Kläger gäbe es keine Anhaltspunkte. Angesichts der konkreten örtlichen Verhältnisse könne von einem Einmauerungseffekt oder einer Riegelwirkung keine Rede sein.

Der klägerseits gemachte Einwand, das Namensschild des Möbelhauses sei von der ...-straße aus nicht mehr sichtbar, weil die Sicht darauf durch die Kaltüberdachung auf dem Baugrundstück verdeckt werde, führe nicht zur Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung.

Zu berücksichtigen sei, dass es sich bei der öffentlichen Verkehrsfläche vor dem Baugrundstück und vor dem Möbelhaus um eine Sackgasse handele. Die Stichstraße diene ausschließlich der Zufahrt zum Möbelhaus und zum Gewerbebetrieb der Beigeladenen. Bereits derzeit sei das Möbelhaus am Ende der Sackgasse von der ...-straße aus, d. h. von der Einmündung in den Stich, kaum zu erkennen. Deshalb befinde sich an der Zufahrt zur Stichstraße ein ca. 6 m hoher Werbepylon, der auf den Standort des Möbelhauses hinweise.

Mit Änderungsbescheid der Beklagten vom 7. Juli 2014 wurde eine Befreiung von der Nichteinhaltung der offenen Bauweise erteilt.

Mit Beschluss der Kammer vom 26. Juni 2014 wurde der Eilantrag abgelehnt (AN 9 S 14.00658).

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Akten wegen der mündlichen Verhandlung auf deren Niederschrift Bezug genommen.

Gründe

Streitgegenstand vorliegender Klage ist die der Beigeladenen durch die Beklagte mit Bescheid vom 26. März 2014 erteilte Baugenehmigung zur Errichtung einer offenen Kaltüberdachung auf dem Grundstück Fl. Nr. ... der Gemarkung ... i. d. F. des Änderungsbescheids vom 7. Juli 2014.

Die zulässige Klage ist unbegründet. Die angefochtene Baugenehmigung verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Einen Rechtsanspruch auf Aufhebung einer Baugenehmigung haben Nachbarn nicht schon dann, wenn die Baugenehmigung objektiv rechtswidrig ist. Vielmehr setzt die Aufhebung der Baugenehmigung weiter voraus, dass der Nachbar durch sie zugleich in seinen Rechten verletzt ist, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Dies ist nur dann der Fall, wenn die zur Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung führende Norm zumindest auch dem Schutze der Nachbarn dient, also drittschützende Wirkung hat (vgl. z. B. BVerwG, U. v. 6.10.1989, 4 C 40.87).

Eine solche Verletzung drittgeschützter Rechte der Kläger ist vorliegend nicht gegeben.

1. Die streitgegenständliche Baugenehmigung erweist sich nicht etwa im Hinblick darauf als unbestimmt und dadurch die Kläger in ihren Nachbarrechten verletzend, dass die in ihr ausgesprochene Befreiung von der Nichteinhaltung der nordwestlichen Baugrenze insoweit unzutreffend ist, als es sich richtigerweise um die Nichteinhaltung der nordöstlichen Baugrenze handelt,.

Eine Genehmigung, deren Inhalt und Reichweite wie bei der Baugenehmigung von der zuständigen Behörde festgelegt wird, ist hinreichend bestimmt, wenn sich der Umfang des genehmigten Vorhabens „aus dem im Genehmigungsbescheid zum Ausdruck kommenden objektiven Willen der Genehmigungsbehörde unter Heranziehung der Genehmigungsunterlagen erkennen lässt“ (so z. B. BayVGH, B. v. 5.3.2012, 2 CS 11.1997 - juris zur Frage der hinreichenden Bestimmtheit einer Abgrabungsgenehmigung).

Vorliegend ist unter Zugrundelegung der oben dargestellten Anforderungen an die Bestimmtheit einer Baugenehmigung im Hinblick auf die sich aus den Genehmigungsunterlagen eindeutig ergebende Baugrenzenüberschreitung im Nordosten und unter Berücksichtigung des Umstandes, dass es - infolge des sowohl in Nord-Süd- als auch in West-Ost-Richtung mehrere Grundstücke umfassenden Baufensters - eine nordwestliche Baugrenze auf dem Vorhabensgrundstück gar nicht gibt, klar erkennbar, dass es sich insoweit im Bescheidstenor um einen offensichtlichen Schreibfehler handelt, der die Baugenehmigung nicht in einer nachbarrechtsverletzenden Weise unbestimmt macht.

2. Die Kläger werden durch das streitgegenständliche Vorhaben weder im planungsrechtlich hier allein als Nachbarschutz vermittelnd in Betracht kommenden Gebot der Rücksichtnahme verletzt (siehe unten a)), noch können sie erfolgreich die Verletzung einer Drittschutz gewährenden bauordnungsrechtlichen Vorschrift, hier Art. 6 BayBO, (siehe dazu unten b)) rügen.

a) Das Gebot der Rücksichtnahme hat hinsichtlich der für das Beigeladenenvorhaben erteilten Befreiung von der im Bebauungsplan Nr. ... enthaltenen Baugrenzenfestsetzung in § 31 Abs. 2 BauGB seinen Niederschlag gefunden im Begriff der Würdigung nachbarlicher Interessen.

aa) Grundsätzlich ist im Hinblick auf den im Rahmen des § 31 Abs. 2 BauGB vermittelten Nachbarschutz zu unterscheiden, ob von einer drittschützenden oder einer nicht drittschützenden Bebauungsplanfestsetzung befreit wurde.

Handelt es sich um eine Befreiung von einer drittschützenden Festsetzung, so hat der Dritte einen Rechtsanspruch auf Einhaltung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB, bei Erteilung einer Befreiung von einer nicht drittschützenden Festsetzung hat der Nachbar nur ein subjektiv-öffentliches Recht auf Würdigung seiner Interessen unter Zugrundelegung der für das Rücksichtnahmegebot entwickelten Maßstäbe.

Vorliegend hat die Beklagte von einer Festsetzung hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung befreit.

Die Planbetroffenen werden durch Maßfestsetzungen des Bebauungsplans nicht in gleicher Weise zu einer „Schicksalsgemeinschaft“ verbunden, wie dies das Bundesverwaltungsgericht für die die Art der baulichen Nutzung betreffenden Festsetzungen angenommen hat (vgl. dazu: BVerwG, U. v. 23.6.1995, 4 B 52.95 - juris).

Nachbarschutz kommt einer derartigen Festsetzung nur dann zu, wenn dies dem Willen der planaufstellenden Gemeinde entspricht. Die Frage, ob eine Festsetzung auch dem Schutz eines bestimmbaren und von der Allgemeinheit abgrenzbaren Personenkreis zu dienen bestimmt ist, ist anhand des Bebauungsplans selbst oder der ihm zugehörigen Begründung zu beantworten (vgl. z. B. BayVGH, B. v. 17.1.2014, 2 ZB 12.1787 - juris).

Die das Maß der baulichen Nutzung betreffenden Festsetzungen lassen in aller Regel den Gebietscharakter unberührt. Zum Schutze des Nachbarn ist daher das drittschützende Rücksichtnahmegebot ausreichend.

Für einen nach dem Willen des Plangebers beabsichtigten Drittschutz der im Bebauungsplan Nr. ... getroffenen Baugrenzenfestsetzung ergibt sich vorliegend kein Anhaltspunkt.

Vielmehr spricht sowohl die diesbezügliche Bebauungsplanbegründung als auch die Größe des Baufensters über mehrere Grundstücke des festgesetzten Gewerbegebietes hinweg nach Auffassung der Kammer deutlich für eine rein städtebaulichen Zielen dienende Festsetzung. Die getroffene Baugrenzenfestsetzung soll aller Voraussicht nach der Knappheit und damit zusammenhängend der Hochpreisigkeit gewerblicher Bauflächen im großstädtischen Innenbereich entgegenwirken durch Schaffung weiträumiger, nahezu die gesamte Grundstücksfläche umfassender Bauräume. Für die Annahme einer nachbarschutzvermittelnden Funktion ist nichts zu erkennen.

Somit können sich die Kläger allein auf das Gebot gegenseitiger Rücksichtnahme berufen.

Eine Verletzung dieses drittschützenden Rücksichtnahmegebotes liegt nicht vor.

Den durch das streitgegenständliche Bauvorhaben verwirklichten Größen- und Lageverhältnissen ist nach Auffassung des Gerichts nichts für die Annahme einer Rücksichtslosigkeit des Beigeladenenvorhabens gegenüber dem Klägergrundstück zu entnehmen.

Eine solche wäre gegebenenfalls dann zu bejahen, wenn vom Bauvorhaben der Beigeladenen für die Kläger eine unzumutbare Beeinträchtigung ausginge, welche insbesondere dann anzunehmen wäre, wenn nach den Umständen des konkreten Einzelfalles das geplante Bauvorhaben das Grundstück der Kläger „einmauern“ würde, wenn dem streitgegenständlichen Vorhaben „abriegelnde“ oder „erdrückende“ Wirkung zukäme, was vorliegend jedoch, so die Auffassung der Kammer unter Zugrundelegung der genehmigten Baupläne, nicht der Fall ist.

Eine solche Wirkung eines Bauvorhabens kann nur dann vorliegen, wenn ein durch seine Ausmaße und Gestaltung als außerordentlich zu qualifizierender Baukörper den Bewohnern des Nachbargrundstücks den Eindruck des „Eingemauertseins“ vermittelt (vgl. z. B. BVerwG, U. v. 13.3.1981, 4 C 1.78 - juris; BayVGH, B. v. 17.7.2013, 14 ZB 12.1153 - juris). So hat das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 13. März 1981, a. a. O., eine erdrückende Wirkung bejaht in einem Fall, in dem neben einem zweieinhalbgeschossigen Gebäude in ca. 15 m Entfernung ein 12-geschossiges Wohnhaus genehmigt worden war. Mit Urteil vom 23. Mai 1986, 4 C 34.85 - juris, hat das Bundesverwaltungsgericht eine erdrückende Wirkung gegenüber einem Wohngrundstück angenommen, bei welchem in einem Grenzabstand von 3 m drei auf Stahlstützen stehende Rundbehälter für Düngekalk in einer Höhe von 11,50 m über eine Länge von 13,31 m errichtet worden sind.

Unter Zugrundelegung der genehmigten Pläne spricht nichts für eine derartige Rücksichtslosigkeit des Beigeladenvorhabens gegenüber dem gewerblich genutzten Klägergrundstück, bei welchem - anders als dies klägerseits vorgebracht wird - die Anforderung eines im Rahmen des Rücksichtnahmegebots zu berücksichtigenden „Eingemauertseins“ jedenfalls wohl höher sind als nach der oben zitierten zu Wohnnutzung ergangenen Rechtsprechung.

bb) Auch das Vorbringen der Kläger, das streitgegenständliche Bauvorhaben nehme von der Zufahrtsstraße (...-straße) aus die Sicht auf die sich auf dem Klägergebäude befindliche Werbeanlage für das Möbelhaus der Kläger und führe damit zu nicht hinnehmbaren Umsatzeinbußen, vermag keine zu einer Rechtsverletzung der Kläger führende Rücksichtslosigkeit darzutun.

Aus dem Gebot der Rücksichtnahme folgt nicht das Recht des Nachbarn, von jedweder Beeinträchtigung, so von jeglicher Verschlechterung der Sichtachse von seinem Grundstück aus (und zu seinem Grundstück hin) verschont zu bleiben. Eine Rechtsverletzung kommt vielmehr erst dann in Betracht, wenn von dem Vorhaben unzumutbare Beeinträchtigungen ausgehen. Ob dies der Fall ist, ist im Wege einer Gesamtschau, die den konkreten Einzelfall im Blick hat, vorzunehmen.

Dabei ist im vorliegenden Fall u. a. zu berücksichtigen, dass nach Planlage und anhand eines diesbezüglich seitens der Beklagte vorgelegten Fotos sowie einer in der mündlichen Verhandlung vorgeführten, von Klägerseite gefertigten Videoaufnahme zur Zufahrtssituation auf das klägerische Grundstück von der ...-straße aus, davon auszugehen ist, dass die Sicht auf die am Klägergebäude angebrachte Eigenwerbung durch das streitgegenständliche Bauvorhaben allenfalls auf einer kurzen Strecke nach dem durch eine Werbeanlage ausgeschilderten Abzweig von der ...-straße (und damit bereits im Bereich der „inneren Erschließung“) beeinträchtigt wird.

In dieser möglichen Sichtbehinderung ist jedoch keine zur Verletzung des Rücksichtnahmegebots führende unzumutbare Beeinträchtigung zu sehen, denn im für den Kundenverkehr entscheidenden Bereich der Abzweigung von der ...-straße ist keine durch das Beigeladenenvorhaben verursachte rücksichtslose Sichtbehinderung gegeben.

In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass Wertminderungen infolge der Ausnutzung einer erteilten Baugenehmigung auf dem Nachbargrundstück für sich genommen nicht den Maßstab dafür bilden, ob mögliche Beeinträchtigungen im Sinne des Rücksichtnahmegebots zumutbar sind. Entscheidend ist vielmehr, wie schutzwürdig die baurechtliche Stellung des Betroffenen ist (vgl. z. B. BVerwG, U. v. 6.12.1996, 4 B 215.96 - juris).

Ein Abwehranspruch des Nachbarn unter dem Gesichtspunkt der Wertminderung kommt nur dann in Betracht, wenn diese die Folge einer unzumutbaren Beeinträchtigung der Nutzungsmöglichkeiten seines Grundstückes ist (vgl. BVerwG, U. v. 13.11.1997, 4 B 195.97; U. v. 24.4.1992, 4 B 60.92 - juris).

Eine derart erhebliche Beeinträchtigung wird vorliegend weder durch die Kläger substantiiert vorgetragen noch sind ausreichende Anhaltspunkte für die Annahme einer solch schwerwiegenden, zur unzumutbaren Beeinträchtigung der Nutzungsmöglichkeiten des Klägergrundstücks führenden Situation erkennbar.

cc) Soweit klägerseits vorgetragen wird, eine Rechtsverletzung ergebe sich bereits im Hinblick auf die unzureichende Begründung der erteilten Befreiung, ist darauf hinzuweisen, dass der Nachbar bei der Befreiung von nicht nachbarschützenden Bebauungsplanfestsetzungen keinen umfassenden subjektiven Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung hat. Selbst wenn eine an sich erforderliche Befreiung unterbleibt und damit überhaupt keine für die Befreiung notwendige Ermessensentscheidung getroffen wird, kann sich der Nachbar nur auf eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots berufen (vgl. z. B. BayVGH, B. v. 20.2.2013, 1 ZB 11.2893 - juris; AN 9 K 12.92335, U. v. 13.11.2013 - juris); eine solche liegt hier, wie oben erörtert, nicht vor.

dd) Auch die im Laufe des gerichtlichen Verfahrens nachgeschobene Befreiung von der in § 3 Abs. 2 des Bebauungsplans Nr.... festgesetzten Bauweise verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten. Auch bei dieser Festsetzung handelt es sich nach Auffassung der Kammer um eine nicht dem Nachbarschutz, sondern nur dem öffentlichen Interesse (städtebaulichen Zielen) dienende Festsetzung. Auch sie soll u. a. - in Verbindung mit der weiträumigen Baugrenzenfestsetzung - ermöglichen, die raren und teuren innerstädtischen Gewerbebauflächen vom Bauraum her gesehen bestmöglich nutzen zu können.

Um Nachbarschutz anzunehmen, wäre es angesichts der Vielgestaltigkeit möglicher Abweichungen von offener und geschlossener Bauweise auch hier erforderlich, dass bei der Festsetzung ein derartiger Wille des Plangebers deutlich zum Ausdruck gebracht würde (vgl. dazu Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, RdNr. 42 zu § 22 BauNVO), was vorliegend jedoch nicht der Fall ist.

Demnach kommt auch hier lediglich eine Verletzung des Gebotes der Rücksichtnahme in Betracht, eine solche ist jedoch nicht anzunehmen, weil angesichts der konkreten baulichen Situation auf dem Klägergrundstück keine Unzumutbarkeit infolge der geplanten 6,70 m hohen Brandwand zu erkennen ist.

ee) Soweit sich die Kläger auf eine Rechtsverletzung berufen wegen der Nichteinhaltung der 1978 anlässlich ihres damals genehmigten Grenzbaus mit der Beigeladenen abgeschlossene, durch Grunddienstbarkeit gesicherte Vereinbarung, so vermag dies - unabhängig von möglichen Auslegungsvarianten - schon im Hinblick darauf, dass private Rechte Dritter bei der Erteilung einer Baugenehmigung nicht zu berücksichtigen sind, Art. 68 Abs. 4 BayBO, der Klage nicht zum Erfolg zu verhelfen.

b) Die Kläger können sich nach auch nicht erfolgreich auf eine Verletzung von Art. 6 BayBO berufen.

aa) Gemäß Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO kann die Bauaufsichtsbehörde Abweichungen von den Anforderungen der Bayerischen Bauordnung zulassen, wenn sie unter Berücksichtigung des Zweckes der jeweiligen Anforderung und unter Würdigung der öffentlich-rechtlich geschützten nachbarlichen Belange mit den öffentlichen Belangen, insbesondere den Anforderungen des Art. 3 Abs. 1 BayBO, vereinbar sind.

Im Beschluss vom 29. Juli 2010, Az. 15 ZB 09.2856, Kommunalpraxis BY 2010, 400 - juris - hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof zur Frage einer Abweichung von den Abstandsflächen u. a. ausgeführt:

„Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO setzt bei Abweichungen von den Abstandsflächenvorschriften voraus, dass eine atypische, von der gesetzlichen Regel nicht zureichend erfasste oder bedachte Fallgestaltung vorliegt. Der Zweck des Abstandsflächenrechts, der in erster Linie darin besteht, eine ausreichende Belichtung und Belüftung der Gebäude zu gewährleisten und die für Nebenanlagen erforderlichen Freiflächen zu sichern, wird regelmäßig nur dann erreicht, wenn die Abstandsflächen in dem gesetzlich festgelegten Umfang eingehalten werden. Eine Abweichung wird daher (nur) zugelassen werden, wenn die für sie sprechenden Gründe so viel Gewicht haben, dass die Anforderungen des Abstandsflächenrechts auch dann ausnahmsweise noch als angemessen berücksichtigt angesehen werden können, wenn sie nur eingeschränkt zum Zuge kommen (BayVGH, U. v. 15.12.2008, Az. 22 B 07.143 ; U. v. 8.5.2008, Az. 14 B 06.2813 ). Eine atypische Fallgestaltung kann sich etwa aus einem besonderen Grundstückszuschnitt, einer aus dem Rahmen fallenden Bebauung auf dem Bau- oder auf dem Nachbargrundstück, einer besonderen städtebaulichen Situation oder topografischen Besonderheiten des Geländeverlaufs ergeben (BayVGH, B. v. 18.7.2007, Az. 1 CS 07.1340, NVwZ-RR 2008, 84).“

Neben dieser „Atypik“ ist weitere Voraussetzung der Rechtmäßigkeit einer Abweichung die Vereinbarkeit mit den öffentlichen Belangen unter Würdigung der nachbarlichen Interessen. Damit verlangt das Gesetz - vergleichbar den Anforderungen beim bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebot - eine Abwägung der für das Vorhaben sprechenden Gründe mit den nachbarlichen Belangen.

Eine die Abweichung rechtfertigende Atypik ist im hier zu entscheidenden Fall in der besonderen städtebaulichen Situation dicht bebauter Gewerbegrundstücke im innerstädtischen Bereich zu sehen. Bedeutsam ist insoweit, ob eine sinnvolle Ausnutzung des Baugrundstücks auch unter Beachtung der Anforderungen des Art. 6 Abs. 5 BayBO möglich und zumutbar ist (vgl. BayVGH, B. v. 30.8.2011, 15 CS 11.1640 - juris), was vorliegend zu verneinen ist infolge der sich auf dem Baugrundstück befindlichen bestandsgeschützten Bebauung, welche eine auch nur geringfügige, dem veränderten Betriebsablauf geschuldete bauliche Erweiterung unter Einhaltung der Abstandsflächen nicht nur schwer, sondern weitgehend unmöglich machen würde.

In dicht bebauten Bereichen, wie dies für das Baugrundstück und das Klägergrundstück gleichermaßen gilt, ist die im Rahmen des Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO erforderliche Atypik dann anzunehmen, wenn - wie dies vorliegend der Fall ist - jedwede bauliche Veränderung des Bestandes geeignet ist, eine Abstandsflächenüberschreitung auszulösen (vgl. BayVGH, B. v. 4.8.2011, 2 CS 11.997 - juris).

Auch die seitens der Beklagten vorgenommene Abwägung bei der Entscheidung über die Abweichungserteilung, ergänzt durch schriftsätzliche Stellungnahme im gerichtlichen Verfahren, sowie - im Hinblick auf die klägerseits erstmals in der mündlichen Verhandlung vorgetragene Vereinbarung zwischen den Klägern und der Beigeladenen aus dem Jahr 1978 - die in der mündlichen Verhandlung diesbezüglich gemäß § 114 Satz 2 VwGO zulässigerweise getätigten Erwägungen der Beklagten sind nach Auffassung der Kammer nicht zu beanstanden.

So sind keine Interessen der Kläger erkennbar, die im Rahmen der Abwägung die Erteilung einer Abweichung von vorneherein ausschließen würden.

In Höhe des von der Abweichung umfassten Teiles des Bauvorhabens befindet sich auf dem Klägergrundstück die straßenmäßige Zufahrt zur grenzständig errichteten überdachten Rampe, welche zu weiteren grenzständigen Gebäuden auf dem Klägergrundstück führt. Eine Beeinträchtigung der vom Abstandsflächenrecht geschützten Belange Besonnung, Belichtung und Belüftung scheidet daher aus.

Demgegenüber steht das erkennbare Bauherreninteresse, die dem weiteren Fortbestand seines Betriebs geschuldete bauliche Erweiterung an der auf einer Länge von ca. 43 m mit grenzständig errichteten Gebäuden der Kläger bebauten gemeinsamen Grundstücksgrenze auszuführen auf der dafür angesichts der vorhandenen bestandsgeschützten Bebauung auf dem Beigeladenengrundstück allein in Betracht kommenden Fläche. Angesichts der konkreten Umstände des gegebenen Einzelfalles ist dieses Interesse der Beigeladenen höher zu bewerten als das Klägerinteresse an der Einhaltung der Abstandsfläche in dem Bereich der gemeinsamen Grundstücksgrenze, in welchem sich auf dem Klägergrundstück die Zufahrt zur im Grenzbereich errichteten überdachten Rampe befindet.

Wollte man mit den Klägern davon ausgehen, dass die als Tatbestandsvoraussetzung der Abweichung nach Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO vorzunehmende Abwägung der Würdigung nachbarlicher Belange seitens der Beklagte nicht in ausreichendem Maße erfolgt sei, so wäre doch mit den im Schriftsatz der Beklagte vom 13. Mai 2014 gemachten Ausführungen ein etwaiger Mangel nachgeholt (vgl. Art. 45 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 BayVwVfG).

So zeigt sich nach diesen schriftsätzlichen Ausführungen, dass nicht nur die Auswirkungen der Abstandsflächenunterschreitung auf das Klägergrundstück in die Entscheidung nach Art. 63 Abs. 1 BayBO eingestellt wurden, sondern insbesondere auch der Umstand, dass sich vorliegend auf dem Klägergrundstück auf einer Länge von über 40 m grenzständige Bauten befinden. Auch weist die Beklagte in jener Stellungnahme im gerichtlichen Verfahren ausdrücklich auf die bereits in der Baubeschreibung, welche Gegenstand der Baugenehmigung ist, erwähnten Gesichtspunkte, nach welchen die Abweichung für das Bauvorhaben erforderlich sei, hin, so dass insoweit hinreichend erwogen wurde, warum der Beigeladenen eine sinnvolle Grundstücksausnutzung unter Beachtung des Abstandsflächenrechts nicht zumutbar ist.

bb) An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass angesichts des ca. 43 m langen Grenzbaues der Kläger eine erfolgreiche Berufung der Kläger auf einen möglichen Abstandsflächenverstoß des Beigeladenenvorhabens in diesem Bereich schon aus dem Grundsatz von Treu und Glauben, § 242 BGB, ausscheidet.

Aus diesem Grund kann dahinstehen, ob auch für jenen „angebauten“ Bereich des streitgegenständlichen Bauvorhabens eine Abweichung hätte erteilt werden müssen.

Nach alldem war die Klage abzuweisen.

Kosten: §§ 154 Abs. 1 VwGO, 162 Abs. 3 VwGO.

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 114


Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens übersch

Baugesetzbuch - BBauG | § 31 Ausnahmen und Befreiungen


(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind. (2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüg

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 22 Bauweise


(1) Im Bebauungsplan kann die Bauweise als offene oder geschlossene Bauweise festgesetzt werden. (2) In der offenen Bauweise werden die Gebäude mit seitlichem Grenzabstand als Einzelhäuser, Doppelhäuser oder Hausgruppen errichtet. Die Länge der i

Referenzen - Urteile

Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 24. Sept. 2014 - 9 K 14.00657 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 24. Sept. 2014 - 9 K 14.00657 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 07. Jan. 2014 - 2 ZB 12.1787

bei uns veröffentlicht am 07.01.2014

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst. III. Der Wert des Streitgegenst

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(1) Im Bebauungsplan kann die Bauweise als offene oder geschlossene Bauweise festgesetzt werden.

(2) In der offenen Bauweise werden die Gebäude mit seitlichem Grenzabstand als Einzelhäuser, Doppelhäuser oder Hausgruppen errichtet. Die Länge der in Satz 1 bezeichneten Hausformen darf höchstens 50 m betragen. Im Bebauungsplan können Flächen festgesetzt werden, auf denen nur Einzelhäuser, nur Doppelhäuser, nur Hausgruppen oder nur zwei dieser Hausformen zulässig sind.

(3) In der geschlossenen Bauweise werden die Gebäude ohne seitlichen Grenzabstand errichtet, es sei denn, dass die vorhandene Bebauung eine Abweichung erfordert.

(4) Im Bebauungsplan kann eine von Absatz 1 abweichende Bauweise festgesetzt werden. Dabei kann auch festgesetzt werden, inwieweit an die vorderen, rückwärtigen und seitlichen Grundstücksgrenzen herangebaut werden darf oder muss.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Der Wert des Streitgegenstands wird auf 7.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung nach §§ 124, 124a Abs. 4 VwGO hat keinen Erfolg, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht vorliegen (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).

1. Das Urteil des Verwaltungsgerichts begegnet im Rahmen der dargelegten Zulassungsgründe keinen ernstlichen Zweifeln an seiner Richtigkeit (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Der Verwaltungsgerichtshof teilt die Auffassung des Erstgerichts, dass die streitgegenständliche Baugenehmigung vom 14. Juli 2011 in der Fassung der Tekturgenehmigung vom 12. September 2011 keine drittschützenden Vorschriften verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Kläger kann als Nachbar eine Baugenehmigung mit dem Ziel ihrer Aufhebung nur dann erfolgreich angreifen, wenn öffentlich-rechtliche Vorschriften verletzt sind, die zumindest auch seinem Schutz dienen. Dies ist hier jedoch nicht der Fall.

a) Das Urteil des Erstgerichts begegnet nicht bereits deswegen ernstlichen Zweifeln an seiner Richtigkeit, weil das Verwaltungsgericht von der Wirksamkeit des Bebauungsplans „R.“ ausgeht. Eventuelle Abwägungsfehler wären auch im Rahmen einer Inzidentkontrolle aufgrund des Fristablaufs der Jahresfrist des § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB unbeachtlich (vgl. SächsOVG, B. v. 11.6.2010 - 1 A 737/08 - juris; OVG Berlin-Bbg, U. v. 16.5.2003 - 2 B 23.98 - juris; Stock in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Stand 1.6.2013, § 215 Rn. 47; Battis in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 12. Aufl. 2014, § 215 Rn. 7). Im Übrigen kann auch der Senat keinen Abwägungsfehler erkennen. Die Gemeinde hat insbesondere aufgrund der Stellungnahme des Wasserwirtschaftsamts im Rahmen der frühzeitigen Beteiligung der Träger öffentlicher Belange das von Klägerseite im Verfahren vorgelegte Gutachten zur Baugrunduntersuchung erstellen lassen. Diese Baugrunduntersuchung bezieht sich auf den gesamten Planbereich und stellt darin die grundsätzliche Standsicherheit im Hinblick auf die geplante Bebauung fest. Für die jeweils geplanten Hochbauten müssten erst im Rahmen eines Baugenehmigungsverfahrens ergänzende Baugrunduntersuchungen im Hinblick auf die konkret vorgesehene Bebauung vorgenommen werden. Da im Zeitpunkt der Bauleitplanung die konkrete Bebauung noch nicht feststeht, kann in einer Baugrunduntersuchung lediglich die grundsätzliche Eignung des Geländes als solches festgestellt werden. Im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens zählt die Standsicherheit eines Gebäudes im vereinfachten Genehmigungsverfahren aber nicht zum gesetzlichen Prüfprogramm des Art. 59 Satz 1 BayBO i. V. m. Art. 68 Abs. 1 Satz 1 BayBO, sondern muss vom Bauherrn eigenverantwortlich geprüft werden. Dem sind die beigeladenen Bauherrn nachgekommen und haben ein Baugrundgutachten erstellen sowie beim Aushub der Baugrube eine „Berliner Wand“ zum Schutz auch gegen Hangrutsch errichten lassen (vgl. Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 12. Juli 2012, Bl. 133 der erstinstanzlichen Gerichtsakte). Entsprechend kann sich ein Nachbar insoweit nicht auf die Verletzung nachbarschützender Rechte berufen, da sich die Feststellungswirkung der Baugenehmigung hierauf nicht erstreckt. Zum anderen lässt der klägerische Vortrag offen, welche Folgen die Unwirksamkeit des Bebauungsplans im Hinblick auf seine nachbarrechtliche Position haben soll. Wäre der Bebauungsplan unwirksam, müsste wohl davon ausgegangen werden, dass sich das Bauvorhaben im planerischen Außenbereich gemäß § 35 BauGB befindet. In dessen Rahmen könnte sich der Kläger jedoch nur auf das Gebot der Rücksichtnahme im Rahmen des Nachbarschutzes berufen.

b) Das Ersturteil geht zu Recht davon aus, dass keine Verletzung nachbarschützender Festsetzungen des Bebauungsplans vorliegt.

Die Festsetzung des Bebauungsplans zur Geschoßzahl (III = U+E+D, Ziffer B. 1.1) ist als Festsetzung zum Maß der baulichen Nutzung grundsätzlich nicht nachbarschützend. Eine nachbarschützende Funktion kommt einer Festsetzung zum Maß der baulichen Nutzung nur dann zu, wenn dies dem Willen der Gemeinde entspricht und sich dieser Wille aus dem Plan entnehmen lässt (vgl. BVerwG, B.v. 19.10.1995 - 4 B 215/95 - NVwZ 1996, 888). Ob eine Festsetzung auch dem Schutz eines bestimmbaren und von der Allgemeinheit abgrenzbaren Personenkreises zu dienen bestimmt ist oder nicht, kann sich aus dem Bebauungsplan selbst oder auch erst aus der Begründung des Bebauungsplanes ergeben. Entgegen der Auffassung des Klägers lässt sich ein solcher Wille der Gemeinde jedoch weder aus dem Bebauungsplan noch aus dessen Begründung entnehmen. Die Ziffer 8. der Begründung trägt den Titel „Baugestaltung“ und enthält keinerlei Aussagen zur Höhenentwicklung der Gebäude. Im Übrigen sind keine Baufenster pro Baugrundstück festgesetzt, sondern großzügige, sich über mehrere Grundstücke erstreckende Bauräume, welche dem Bauherrn eine große Flexibilität für die konkrete Lage seines Gebäudes erlauben. Die eingezeichneten Baukörper sind lediglich unverbindliche Vorschläge. Zudem ist die Festsetzung des Bebauungsplans zur Geschoßzahl eingehalten. Festgesetzt werden maximal drei Vollgeschoße als Untergeschoß, Erdgeschoß und Dachgeschoß. Aus den von Seiten des Beklagten vorgelegten Berechnungen, die von Klägerseite nicht bestritten wurden, ergibt sich, dass das Untergeschoß nicht als oberirdisches Geschoß im Sinn von Art. 2 Abs. 7 Satz 1 BayBO anzusehen ist und gleichzeitig aber ein Vollgeschoß darstellt. Auch das Dachgeschoß ist ein Vollgeschoß.

Ebenfalls lediglich eine Festsetzung zum Maß der baulichen Nutzung stellt die Festsetzung der zulässigen Wandhöhe von 6,00 m dar (Ziffer B. 2.3). Auch hier lässt sich kein Wille der Gemeinde erkennen, dass diese Festsetzung Nachbarschutz entfalten sollte. Das Erstgericht stellt richtig fest, dass ein Pultdach lediglich an einer Seite eine Traufe besitzt. Dies ist die dem klägerischen Grundstück zugewandte nordwestliche Seite. Die Traufhöhe ist hier eingehalten. Auf der nordwestlichen Seite des Gebäudes an der Traufe ist keine Attika vorhanden. Die von Klägerseite angesprochene Attika befindet sich an den jeweiligen „Giebelseiten“ des Gebäudes (also an den südwestlichen und nordöstlichen Gebäudeseiten).

Die Festsetzung zur Firstrichtung (hier in ost-westlicher Richtung) ist ebenfalls eingehalten. Eine Festsetzung zur Neigungsrichtung eines Pultdachs enthält der Bebauungsplan hingegen nicht. Ein dahingehender Wille lässt sich auch nicht aus Ziffer 8. der Begründung entnehmen. Zwar spricht dieser davon, dass die Gebäude so angeordnet seien, dass Dächer und Fassaden überwiegend nach Süden bis Westen ausgerichtet seien. Daraus ergibt sich jedoch keine zwingende Festsetzung der Neigungsrichtung für Pultdächer. Dagegen spricht bereits die Verwendung des Wortes „überwiegend“. Im Übrigen ist auch insoweit kein Wille der Gemeinde für eine nachbarschützende Festsetzung erkennbar. Vielmehr handelt es sich um eine rein baugestalterische Festsetzung, die eine möglichst optimale Ausnutzung der Sonnenenergie gewährleisten soll.

Die genannten Festsetzungen entfalten also bereits für sich gesehen keinen Nachbarschutz. Des Weiteren kann aber auch aus der Ziffer 8. der Begründung nichts entnommen werden für einen Willen der Gemeinde dahingehend, dass mehrere Festsetzungen zusammen eine nachbarschützende Wirkung entfalten sollten. Die Begründung spricht allein die Baugestaltung an, nicht aber den Nachbarschutz. Es kann daher dahinstehen, ob sich der Kläger, dessen Grundstück sich außerhalb des Plangebiets befindet, hier überhaupt auf eventuell nachbarschützende Festsetzungen des Bebauungsplans berufen kann.

c) Der Senat geht mit dem Erstgericht davon aus, dass im vorliegenden Fall das Gebot der Rücksichtnahme zulasten des Klägers nicht verletzt ist. Weder kann bei den Dimensionen des Gebäudes von einer erdrückenden Wirkung ausgegangen werden. Noch werden Belichtung, Belüftung und Besonnung des klägerischen Grundstücks in rücksichtsloser Weise eingeschränkt, zumal davon auszugehen ist, dass die bauordnungsrechtlichen Abstandsflächen hier eingehalten sind. Die vom Kläger genannte Attika befindet sich auf den jeweiligen „Giebelseiten“ des Gebäudes, die dem klägerischen Gebäude nicht zugewandt sind. Die Attika tritt auf der dem klägerischen Gebäude zugewandten Seite lediglich als 40 cm breite Aufmauerung an beiden Seiten in Erscheinung. Zudem liegt das Grundstück des Klägers oberhalb des Baugrundstücks. Vom Grundstück des Klägers aus gesehen, stellt sich das Gebäude als zweigeschossiges Gebäude dar. Hinsichtlich der Standsicherheit ist nochmals darauf zu verweisen, dass die Baugrunduntersuchung generell die Standsicherheit des Bauplangebiets bestätigt hat. Der generell gegebenen Notwendigkeit, beim Aushub einer Baugrube bzw. bei Verwirklichung eines unterkellerten grenznahen Vorhabens dafür zu sorgen, dass der Baugrund für nahestehende Bauwerke der Nachbarn stabil gehalten wird, hat der Bauherr - auch ohne besondere Auflagen - im Rahmen der von ihm zu beachtenden allgemein anerkannten Regeln der Baukunst und der Technik Rechnung zu tragen (vgl. BayVGH, B. v. 14.10.2008 - 2 CS 08.2582 - juris). Die Standsicherheit des konkreten Gebäudes ist zudem nicht mehr Teil des gesetzlichen Prüfprogramms im Rahmen des vereinfachten Genehmigungsverfahrens. Zudem haben die beigeladenen Bauherrn vor Aushub der Baugrube ein entsprechendes Baugrundgutachten erstellen und zum Schutz der Arbeiter und gegen Hangrutsch eine sogenannte „Berliner Wand“ errichten lassen (vgl. Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 12. Juli 2012, Bl. 133 der erstinstanzlichen Gerichtsakte).

2. Die Rechtssache weist auch keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO), denn sie verursacht in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht keine größeren, d. h. überdurchschnittlichen, das normale Maß nicht unerheblich übersteigenden Schwierigkeiten und es handelt sich auch nicht um einen besonders unübersichtlichen oder kontroversen Sachverhalt, bei dem noch nicht abzusehen ist, zu welchem Ergebnis ein künftiges Berufungsverfahren führen wird (vgl. BayVGH, B.v. 12.4.2000 - 23 ZB 00.643 - juris). Vielmehr ist der Rechtsstreit im tatsächlichen Bereich überschaubar und die entscheidungserheblichen Fragen sind durch die Rechtsprechung hinreichend geklärt. Im Übrigen wird auf die Ausführungen unter Ziffer 1. verwiesen. Die Frage einer Inzidentüberprüfung eines Bebauungsplans begründet nicht automatisch das Vorliegen besonderer rechtlicher Schwierigkeiten.

3. Die Berufung ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen. Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass die um Zulassungsantrag dargelegte Rechts- und Tatsachenfrage für die Entscheidung der Vorinstanz von Bedeutung war, auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich wäre, höchstrichterlich oder - bei tatsächlichen Fragen oder nicht revisiblen Rechtsfragen - durch die Rechtsprechung des Berufungsgerichts nicht geklärt, aber klärungsbedürftig und über den zu entscheidenden Fall hinaus bedeutsam ist (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 124 Rn. 36).

Der formulierten Frage,

„ob aus den vorliegenden Festsetzungen des Bebauungsplans zur Geschosszahl, Höhe und Bestimmung der Firstrichtung sowie folgender Vorgabe des Bebauungsplans ´Die Gebäude sind so angeordnet, dass trotz der dichten Bebauung die gegenseitige Verschattung gering gehalten wird, Dächer und Fassaden überwiegend nach Süden bis Westen ausgerichtet sind und somit die Sonneneinstrahlung optimal genutzt werden kann…´ als nicht nachbarschützende Festsetzung des Bebauungsplans einzuordnen ist, die ausschließlich im Hinblick auf die optimale Nutzung der Sonneneinstrahlung Eingang in den Bebauungsplan gefunden hat“,

kommt bereits keine grundsätzliche Bedeutung vor, sofern hier überhaupt von der Formulierung einer Rechts- oder Tatsachenfrage ausgegangen wird. Vielmehr handelt es sich um eine Auslegung des konkreten Bebauungsplans und damit um eine Einzelfallfrage, deren Klärung nicht über den zu entscheidenden Fall hinaus bedeutsam ist.

Des Weiteren ist der Kläger der Auffassung, dass eine Bebauungsplangebiet übergreifende Wirkung der Festsetzungen bestehe. Insoweit wird bereits keine eindeutige Rechts- oder Tatsachenfrage formuliert. Der Kläger greift vielmehr inhaltlich die Subsumtion des Erstgerichts an. Der Kläger stellt richtig fest, dass auch die privaten Belange von Grundstückseigentümern außerhalb des Plangebiets in die Abwägung nach § 1 Abs. 7 BauGB grundsätzlich einzubeziehen sind (vgl. BVerwG, B. v. 4.6.2008 - 4 BN 13/08 - BauR 2008, 2031). Insoweit wäre auch eine entsprechende Festsetzung zum Schutz dieser privaten Belange eines Plannachbarn wohl als nachbarschützend anzusehen. Aber zum einen stellt das die vom Kläger selbst zitierte Entscheidung bereits fest, so dass es an einer grundsätzlichen Bedeutung fehlt, weil eine obergerichtliche Klärung dieser Rechtsfrage bereits vorliegt. Zum anderen kommt es dem Kläger primär darauf an, festzustellen, dass im vorliegenden Fall die Festsetzungen des konkreten Bebauungsplans auch zum Schutz des Plannachbarn ergangen sind. Insoweit fehlt es jedoch an einer grundsätzlichen Bedeutung, da es sich erneut um eine Einzelfallfrage handelt, deren Klärung nicht über den zu entscheidenden Fall hinaus bedeutsam ist. Im Übrigen hat das Erstgericht bereits allgemein die nachbarschützende Wirkung der Festsetzungen nicht anerkannt und nicht nur speziell im Hinblick auf den außerhalb des Plangebiets befindlichen Kläger. Auf die weitere Frage, ob ein eventueller Nachbarschutz auch zugunsten außerhalb des Plangebiets befindlicher Grundstücke bestehen könnte, kam es nicht entscheidungserheblich an. Die Frage ist auch für das Berufungsgericht nicht entscheidungserheblich (vgl. Ziffer 1.).

4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst (§ 162 Abs. 3 VwGO).

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1 GKG.

(1) Im Bebauungsplan kann die Bauweise als offene oder geschlossene Bauweise festgesetzt werden.

(2) In der offenen Bauweise werden die Gebäude mit seitlichem Grenzabstand als Einzelhäuser, Doppelhäuser oder Hausgruppen errichtet. Die Länge der in Satz 1 bezeichneten Hausformen darf höchstens 50 m betragen. Im Bebauungsplan können Flächen festgesetzt werden, auf denen nur Einzelhäuser, nur Doppelhäuser, nur Hausgruppen oder nur zwei dieser Hausformen zulässig sind.

(3) In der geschlossenen Bauweise werden die Gebäude ohne seitlichen Grenzabstand errichtet, es sei denn, dass die vorhandene Bebauung eine Abweichung erfordert.

(4) Im Bebauungsplan kann eine von Absatz 1 abweichende Bauweise festgesetzt werden. Dabei kann auch festgesetzt werden, inwieweit an die vorderen, rückwärtigen und seitlichen Grundstücksgrenzen herangebaut werden darf oder muss.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.