Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 05. Juni 2014 - 1 K 14.30275


Gericht
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Tatbestand
Die Klägerin ist iranische Staatsangehörige mit aserbeidschanischer Volkszugehörigkeit.
Sie reiste am ...auf dem Luftweg von Teheran nach Rom und von dort auf dem Landweg in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ein, wo sie am ... 2013 Asyl beantragte.
Die Klägerin war bei der Einreise nach Italien im Besitz eines Schengen-Visums, ausgestellt von der italienischen Botschaft in Teheran, gültig vom 14. Juni 2013 bis 26. Juni 2013. Dies ergab eine EURODAC-Abfrage des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt). Daraufhin stellte das Bundesamt am 15. Oktober 2013 einen Aufnahmeantrag an die Italienische Republik. Diese erklärte am 23. Oktober 2013, für die Durchführung des Asylverfahrens der Klägerin nach Art. 9 Abs. 4 der Verordnung (EG) 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 (Dublin II-VO) zuständig zu sein.
Mit Bescheid vom 12. Februar 2014, der Klägerin zugestellt am 14. Februar 2014, wies das Bundesamt den Asylantrag der Klägerin als unzulässig ab und ordnete ihre Abschiebung nach Italien an.Italien erfülle die Mindestanforderungen, die an die Durchführung eines Asylverfahrens zu stellen seien. Es sei davon auszugehen, dass dort die Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) und der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) sichergestellt sei, auch wenn die Situation der Flüchtlinge in Italien von den Verwaltungsgerichten unterschiedlich beurteilt werde.
Gegen diesen Bescheid ließ die Klägerin mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 20. Februar 2014 Klage erheben.
Entgegen den in Italien geltenden gesetzlichen Bestimmungen werde den Asylsuchenden in der Praxis erst ab dem Zeitpunkt der Begründung des Asylantrags („Verbalizzazione“) Zugang zu Unterbringung gewährt. Außerdem seien in Italien aufgrund der hohen Flüchtlingszahlen nicht ausreichend Aufnahmekapazitäten für Flüchtlinge vorhanden. In Italien weise das Asylverfahren systemische Mängel auf.
Die Klägerin sei nachweislich eines ärztlichen Attestes des Dr. ... vom 19. Februar 2014 wegen einer schweren Depression mit Unruhe, Panikattacken und Angstzuständen voraussichtlich für sechs Monate nicht reisefähig.
Gleichzeitig beantragte sie, die aufschiebende Wirkung ihrer Klage gegen die Abschiebungsanordnung anzuordnen. Diesen Antrag nahm die Klägerin mit Schriftsatz vom 3. März 2014 zurück, da sie sich seit 28. Februar im Kirchenasyl des evangelisch-lutherischen Predigerseminars in ... befinde.
Sie beantragt,
den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlingevom 12. Februar 2014 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten,das Asylverfahren durchzuführen.
Die Beklagte beantragt mit Schriftsatz vom 27. Februar 2014,
die Klage abzuweisen.
Die Klägerin lässt vortragen, die Beklagte sei gemäß Art. 6 Abs. 2, hilfsweise gemäß Art. 3 Abs. 2 der Dublin II-VO für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig. Die Klägerin habe in Italien keinen Asylantrag gestellt.
Mit Schreiben vom 23. Mai 2014 und 27. Mai 2014 verzichteten sowohl die Beklagte als auch die Bevollmächtigte der Klägerin auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, weil sich die Klägerin immer noch im Kirchenasyl befindet.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der beigezogenen Behörden- und Gerichtsakten Bezug genommen.
Gründe
Die fristgerecht erhobene Klage ist unbegründet. Der Bescheid des Bundesamtes vom 12. Februar 2014 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).
Das Bundesamt hat den Asylantrag der Klägerin zurecht als unzulässig abgelehnt und die Abschiebung nach Italien angeordnet, weil Italien für die Durchführung des Asylverfahrens der Klägerin zuständig ist (§§ 27 a, 34 a Abs. 1 AsylVfG).
1. Soweit die Klägerin die Verpflichtung der Beklagten gemäß § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO zur Durchführung des Asylverfahrens in der Bundesrepublik Deutschland begehrt, ist die Klage bereits wegen des fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Denn die Beklagte hat nicht zu erkennen gegeben, dass sie nach Aufhebung der angefochtenen Verfügung untätig bleiben würde. Darüberhinaus muss die Beklagte nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. U. v. 21.12.2011 - C-411/10
Das Bundesverwaltungsgericht hat außerdem in den Urteilen vom 07.03.1995 (9 C 264/94 - NVwZ 1996, 80) und vom 05.09.2013 (10 C 1.13 - NVwZ 2014, 158) entschieden, dass in Bezug auf eine Einstellungsentscheidung nach einer Antragsrücknahme (§ 32 AsylVfG) bzw. nach einem Nichtbetreiben des Verfahrens (vgl. § 33 Abs. 1 AsylVfG) nur das Anfechtungsbegehren statthaft und die Sachentscheidung zunächst dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge vorbehalten ist. Damit ist insbesondere ein Durchentscheiden, wie es das Bundesverwaltungsgericht im Folgeantragsverfahren noch für richtig gehalten hat, ausgeschlossen (vgl. Urteil vom 10.02.1998 - 9 C 28.97 - NVwZ 1998, 861; vgl. hierzu GK-AsylVfG § 71 Rn. 295 ff.). Dieses muss aber gleichermaßen in der hier gegebenen Fallkonstellation gelten, in der das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ebenfalls noch keine Sachentscheidung getroffen hat (a.A. noch VGH Bad.-Württ., Urteil vom 19.06.2012 - A 2 S 1355/11 - AuAS 2012, 213, aber durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesverwaltungsgerichts überholt). Ungeachtet dessen scheidet ein spezifischer Verpflichtungsausspruch deshalb aus, weil die Durchführung eines auf den Erlass eines Verwaltungsakts gerichteten Verfahrens selbst keinen Verwaltungsakt darstellt bzw. dessen Erlass voraussetzt. Wenn überhaupt, wäre nur eine allgemeine Leistungsklage statthaft (vgl. VGH Baden-Württemberg, U. v. 16.4.2014 - A 11 S 1721/13 -, juris).
2. Im Übrigen ist die Klage unbegründet.
a. Maßgebend ist die Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 (Dublin II-VO). Diese ist zwar durch Art. 48 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom 26. Juni 2013 (Dublin III-VO) aufgehoben worden. Jedoch gelten gemäß Art. 49 Dublin III-VO die Bestimmungen der Dublin II-VO für alle Verfahren, in denen sowohl der Antrag auf Gewährung von internationalem Schutz als auch das Wiederaufnahmeersuchen vor dem 1. Januar 2014 gestellt wurde. Dies ist hier der Fall.
b. Nach Art. 9 Abs. 4 i. V. m. Abs. 2 Dublin II-VO ist Italien für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig.
Die Klägerin reiste mit einem gültigen Schengen-Visum der italienischen Botschaft Teheran am ... 2013 nach Italien ein.
Die italienischen Behörden erklärten mit Schreiben vom 23. Oktober 2013, für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig zu sein.
c. Ein subjektives Recht der Klägerin auf Ausübung des Selbsteintrittsrechts durch die Bundesrepublik Deutschland besteht nicht. Die Dublin-Verordnungen sehen ein nach objektiven Kriterien ausgerichtetes Verfahren der Zuständigkeitsverteilung zwischen den Mitgliedstaaten vor. Sie sind im Grundsatz nicht darauf ausgerichtet, Ansprüche eines Asylbewerbers gegen einen Mitgliedstaat auf Durchführung des Asylverfahrens zu begründen. Die Unmöglichkeit der Überstellung eines Asylbewerbers an einen bestimmten Staat hindert daher nur die Überstellung dorthin. Sie begründet kein subjektives Recht des Asylbewerbers auf Ausübung des Selbsteintrittsrechts gegenüber der Beklagten (vgl. EuGH, U. v. 14.11.2013 - C 4 /11-, juris; VG Düsseldorf, U. v. 31.3.2014 - 13 L 119/14.A-, juris).
d.Die Bundesrepublik Deutschland ist aber auch nicht gehalten, trotz der von Italien erklärten Übernahme der Klägerin deren Asylantrag nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO selbst inhaltlich zu prüfen.
Die Auslegung der Dublin-II-Verordnung, die „einen der Bausteine des von der Europäischen Union errichteten Gemeinsamen Europäischen Asylsystems bildet“, und die sich daraus ergebenden Rechte der Asylbewerber sind durch neuere Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs geklärt (EuGH, U. v. 21.12.2011 - C-411/10 und C-493/10 - Slg. 2011, I-13905; EuGH, U. v. 14.11.2013 - Puid, C-4/11; EuGH, U. v. 10.12.2013, C-394/12).
Das in dieser Verordnung und in weiteren Rechtsakten geregelte Gemeinsame Europäische Asylsystem (GEAS) stützt sich - ähnlich wie das deutsche Konzept der „normativen Vergewis-serung“ hinsichtlich der Sicherheit von Drittstaaten (BVerfG, U. v. 14.5.1996 - 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93
Die Rechtsprechung lässt in eng begrenzten Ausnahmefällen Abweichungen von diesem Kon-zept zu. Das Konzept der normativen Vergewisserung wird danach durchbrochen, wenn ernsthaft zu befürchten ist, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im Zielstaat der Abschiebung systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung des Asylbewerbers i. S. von Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Grundrechts-Charta) implizieren (vgl. EuGH, U.v. 21.12.2011 - C 411/10, C 393/10
Zu prüfen ist demnach, ob die Mindeststandards bei der Behandlung von Asylbewerbern im All-gemeinen eingehalten werden. Fehlleistungen im Einzelfall stellen das Konzept der normativen Vergewisserung nicht in Frage. Erst wenn das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im nach der Dublin II - Verordnung für die Prüfung des Asylantrags zuständigen Mitgliedstaat grundlegende, systembedingte Mängel aufweisen, die gleichsam zwangsläufig eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der in diesen Mitgliedstaat überstellten Asylbewerber befürchten lassen, ist ein Abweichen von den Bestimmungen der Dublin II - Verordnung mit der Folge geboten, dass die Bundesrepublik Deutschland von ihrem Selbsteintrittsrecht nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO Gebrauch machen muss.
In Bezug auf Italien folgt die Einzelrichterin der in der Rechtsprechung vorherrschend vertretenen Auffassung, dass in Italien zur Zeit derartige systemische Mängel nicht bestehen (BayVGH, U. v. 28.2.2014 - 13a B 13.30295; VGH Baden-Württemberg, U. v. 16.4.2014 - A 11 S 1721/13 - juris; OVG Münster, U. v. 7.3.2014 - 1 A 21/12.A -, juris; VG Augsburg, B. v. 7.4. 2014 - Au 7 S 14.30185 - juris;VG Aachen, B. v. 3.4.2014 - 7 L 165/14.A -, juris; VG Würzburg, B. v. 7.3.2014 - W 6 S 14.30255 -, juris).
Nach den aktuell vorliegenden Erkenntnisquellen ist nicht davon auszugehen, dass in Italien systemische Mängel im dargestellten Umfang bestehen. Nicht schon jeder Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention oder jede Verletzung eines Grundrechts führt zur Bejahung systemischer Mängel. Auch der Umstand, dass in Italien die wirtschaftliche Situation, die medizinische Versorgung oder die Unterbringungssituation für Asylsuchende schlechter sein mögen als in der Bundesrepublik Deutschland, führt nicht zu systemischen Mängeln des Asylverfahrens oder zu der Annahme einer allgemein bestehenden unmenschlichen Behandlung (OVG Rheinland-Pfalz, U. v. 21.2.2014 - 10 A 10656/13 -, juris; OVG Niedersachsen, B. v. 30.1.2014 - 4 LA 167/13 -, juris).
Aus einer Auskunft des Auswärtigen Amtes an das OVG Nordrhein-Westfalen vom 11. September 2013 ergibt sich, dass für Flüchtlinge in Italien landesweit ausreichende staatliche bzw. öffentliche und karitative Unterkunftsmöglichkeiten - bei teilweiser lokaler Überbelegung - zur Verfügung stehen und insbesondere, dass alle Personen, die im Rahmen der Dublin II-VO nach Italien zurückkehren, in eine Unterkunft verteilt werden. Sie werden bei ihrer Ankunft am Flughafen empfangen, erkennungsdienstlich behandelt, einer Questura zugeteilt, von einer zuständigen Hilfsorganisation betreut und über den weiteren Verfahrensablauf unterrichtet. Im Übrigen macht sich die Einzelrichterin die Einschätzung und Ausführungen des OVG NRW (U. v. 7.3.2014 - 1 A 21/12.A -, juris Rn. 160 ff.) zu eigen, wonach sich Italien trotz festzustellender Mängel und Defizite und unbeschadet, auch durch den UNHCR, zu recht angebrachter Kritik im wesentlichen (noch) so verhalten habe, dass weder die Funktionsfähigkeit des Systems als solches in Frage gestellt ist, noch die aktuell vorhandenen Mängel ein Ausmaß und Gewicht erreichen, von dem ausgehend - insbesondere im Blick auf „Dublin-Rückkehrer“, die, wie die Klägerin, noch keinen Asylanatrag in Italien gestellt haben - die Prognose einer realen Gefahr einer Verletzung von Art. 4 der Europäischen Grundrechte-Charta gerechtfertigt erscheint.
Unter Berücksichtigung des Inhalts der im Urteil des OVG NRW wiedergegebenen aktuellen Auskünfte (SFH, Italien: Aufnahmebedingungen, Oktober 2013; aida-Report, November 2013, UNHCR, „UNHCR-Empfehlungen zu wichtigen Aspekten des Flüchtlingsschutzes in Italien“, Juli 2013; UNHCR, Auskunft vom Dezember 2013 zum Beweisbeschluss vom 24.04.2012 an VG Freiburg; UNHCR an OVG NRW, Ergänzende Information vom 07.03.14; Bundesamt, Stellungnahme Liaisonbeamtin vom 21.11.13 an OVG NRW zur Unterbringungsproblematik; luise-amtsberg.de, Bericht der flüchtlingspolitischen Reise nach Italien, 16.01.2014) lässt sich für „Dublin-Rückkehrer“ auch bezüglich der Unterkunftssituation und den Möglichkeiten einer medizinischen Versorgung kein Systemversagen feststellen (vgl. hierzu: OVG NRW, Urteil vom 07.03.2014 - 1 A 21/12.A -, juris (für Asylbewerber, der zuvor in Italien keinen Asylantrag gestellt hatte); so auch: OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 21.02.2014 - 10 A 10656/13.OVG -, juris (für in Italien Schutzberechtigte mit Bleiberecht); OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 14.11.2013 - 4 L 44/13 -, juris (für einen Asylbewerber, des Asylverfahren in Italien negativ abgeschlossen war und der Möglichkeit dort einen Folgeantrag zu stellen, S. 7 des Beschlusses); OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 02.10.2013 - 3 L 643/12 -, juris; OVG Lüneburg, Beschluss vom 18.03.2014 - 13 LA 75/13 -, juris; OVG Lüneburg, Beschluss vom 30.01.2014 - 4 L A 167/13 -, juris; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 24.06.2013 - 7 S 58.13 -, juris).
Diese Einschätzung steht im Übrigen in Einklang mit mehreren Entscheidungen des EGMR (vgl. EGMR, Beschluss vom 18.06.2013 - 73874/11 - (Abubeker), wo systemische Mängel verneint wurden; dies gelte auch im Falle einer psychischen Erkrankung;EGMR Beschluss vom 02.04.2013 - 27725/10 - (Mrs. ...), einer 26-jährige Mutter mit zwei Kleinkindern im Alter von 2 und 4 Jahren;weitere Beschlüsse des EGMR: vom 18.06.2013 - 53852/11 - (...), ZAR 2013, 338 f und vom 10.09.2013 - 2314/10 - (...);
Aktuell steht eine Entscheidung der Großen Kammer des EGMR im Anschluss an die mündliche Verhandlung vom 12.02.2014 (betreffend eine afghanische Flüchtlingsfamilie) noch aus: vgl. PRO-Asyl „Sind Abschiebungen nach Italien rechtswidrig?“, 12.02.2014 sowie OVG NRW, Urteil vom 07.03.2014 - 1 A 21/12.A -, juris, Rn. 190.
Soweit etwa der Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom Oktober 2013 oder der UNHCR in einer Stellungnahme an das VG Freiburg vom Dezember 2013 erhebliche Missstände in Italien beschreiben, rechtfertigt dies nicht das Vorliegen systemischer Mängel. Weder dem Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe noch der Stellungnahme des UNHCR noch anderen Berichten ist in ausreichendem Maß zu entnehmen, in Italien systemische Mängel des Asylverfahrens bestehen, die ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass die Klägerin tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Handlung ausgesetzt zu werden. Der UNHCR hat keine generelle Empfehlung ausgesprochen, Asylsuchende nicht nach Italien zu überstellen. Den vom Amt des UNHCR herausgegebenen Dokumenten kommt, da sie bei der Auslegung des unionsrechtlichen Asylverfahrens zu beachten sind (EUGH, U. v. 30.5.2013 - C 528/11 - ABl EU 2013 Nr. C 225 S. 12) besondere Relevanz zu.
Soweit in Italien Missstände und Notstände aufgrund der stark gestiegenen Asylbewerberzahl festgestellt worden sind, sind sie dieser geschuldet und stellen für sich keine systemischen Mängel dar.
Diese Einschätzung deckt sich mit der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 2. April 2013 (27725/10
Der Gerichtshof führt insoweit aus:
„68. Die Beurteilung, ob es stichhaltige Gründe für die Annahme gibt, der Beschwerdeführer laufe tatsächlich Gefahr, einer gegen Artikel 3 verstoßenden Behandlung ausgesetzt zu sein, muss unbedingt nach strengen Maßstäben erfolgen und erfordert zwangsläufig, dass der Gerichtshof die Bedingungen im Aufnahmeland gegenüber den Normen dieser Bestimmungen der Konvention beurteilt. Diese Normen bedeuten, dass die Misshandlung, der die Beschwerdeführerin behauptet, nach ihrer Rückführung ausgesetzt zu sein, ein Mindestmaß an Schwere erreichen muss, um in den Anwendungsbereich von Artikel 3 zu fallen. Die Beurteilung dessen ist relativ, da sie von allen Umständen des Falles abhängt, wie beispielsweise von Dauer, Art und Kontext der Behandlung, von ihren körperlichen und seelischen Auswirkungen und in einigen Fällen vom Geschlecht, vom Alter und Gesundheitszustand des Opfers. Der Gerichtshof wiederholt, dass es grundsätzlich beim Beschwerdeführer liegt, Beweise zu erbringen, mit denen nachgewiesen werden kann, dass es stichhaltige Gründe für die Annahme gibt, dass er, sollte die beanstandete Maßnahme durchgeführt werden, tatsächlich Gefahr liefe, einer gegen Artikel 3 verstoßenden Behandlung ausgesetzt zu sein …
69. … Die Beurteilung des Gerichtshofs muss sich auf die voraussichtlichen Folgen der Abschiebung der Beschwerdeführerin nach Italien konzentrieren. Dies muss wiederum im Lichte der allgemeinen Lage sowie der persönlichen Umstände der Beschwerdeführerin betrachtet werden.
70. Der Gerichtshof wiederholt zudem, dass die bloße Rückführung in ein Land, in dem die wirtschaftliche Stellung der Person schlechter als im ausweisenden Land ist, nicht ausreicht, um das in Artikel 3 untersagte Mindestmaß an Misshandlung zu erreichen, dass Artikel 3 nicht als Verpflichtung der Hohen Vertragsparteien ausgelegt werden kann, jede Person innerhalb ihres Hoheitsgebiets eine Unterkunft zur Verfügung zu stellen, und dass diese Bestimmung keine allgemeine Verpflichtung beinhaltet, Flüchtlingen finanzielle Hilfe zu bieten, um es ihnen zu ermöglichen, einen gewissen Lebensstandard aufrecht zu erhalten.
71. …Liegen keine außergewöhnlich schwerwiegenden humanitäre Gründe gegen die Abschiebung vor, reicht die Tatsache, dass sich die materiellen und sozialen Lebensbedingungen des Beschwerdeführers beträchtlich verschlechtern würden, wenn sie von der Vertragspartei abgeschoben würde, als solche nicht aus, um zu einen Verstoß gegen Artikel 3 zu führen.
78. Unter Berücksichtigung der Berichte von staatlichen und nichtstaatlichen Einrichtungen und Organisationen zum Aufnahmesystem für Asylbewerber in Italien ist der Gerichtshof der Auffassung, dass zwar die allgemeine Situation und die Lebensbedingungen für Asylbewerber, anerkannte Flüchtlinge und Ausländer, die einen Aufenthaltstitel zum Zwecke des internationalen Schutzes oder aus humanitären Gründen erhalten haben, in Italien einige Mängel aufweisen, jedoch nicht nachgewiesen wurde, dass es systemische Mängel bei der Unterstützung oder bei Einrichtungen zur Versorgung von Asylbewerbern als Mitgliedern einer besonderen schutzbedürftigen Gruppen von Menschen gibt, wie dies in M. S. S/Belgien und Griechenland der Fall war. In den Berichten des UNHCR und des Menschenrechtskommissars wird auf jüngste Verbesserungen hingewiesen, mit denen einige der Mängel behoben werden sollen. Alle Berichte beschreiben übereinstimmend eine detaillierte Struktur der Einrichtungen und Versorgung, mit denen den Bedürfnissen von Asylbewerbern Rechnung getragen wird. Der Gerichtshof nimmt auch die Art und Weise zur Kenntnis, in der die Beschwerdeführerin bei ihrer Ankunft in Italien im August 2008 behandelt wurde, insbesondere, dass ihr Antrag auf Schutz innerhalb weniger Monate bearbeitet wurde und der Beschwerdeführerin Unterkunft einschließlich Zugang zu Gesundheitsversorgung und anderen Einrichtungen zur Verfügung gestellt wurde. Vor diesem Hintergrund vertritt der Gerichtshof die Auffassung, dass die Beschwerdeführerin nicht nachgewiesen hat, dass sie im Falle einer Rückführung nach Italien einer ernsthaften und unmittelbar drohenden Gefahr ausgesetzt wäre, in materieller, physischer oder psychischer Hinsicht in eine Notlage zu geraten, die ausreichend gravierend ist, um in den Anwendungsbereich von Artikel 3 zu fallen. Es besteht keine Grundlage für die Annahme, dass die Beschwerdeführerin nicht in der Lage sein wird, die vorhandenen Ressourcen in Italien zu nutzen, oder dass die italienischen Behörden, sollte sie Schwierigkeiten haben, nicht in geeigneter Form auf alle Ersuchen um weitere Unterstützung nachkommen.“
Die Einzelrichterin folgt den überzeugenden Ausführungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, dessen Rechtsprechung über den jeweils entschiedenen Fall hinaus eine Orientierungs- und Leitfunktion hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.2.2013 - 2 C 3.12, ZBR 2013, 257; BVerfG, Beschluss vom 18.8.2013 - 2 BvR 1380/08).
Die divergierende Rechtsauffassung der 5. Sektion des EGMR und die nunmehrige Befassung der Großen Kammer des EGMR (Antragsnummer 29217/12
Der entgegenstehenden Auffassung in der Rechtsprechung, wonach für Italien von einem Bestehen systemischer Mängel des Asylverfahrens auszugehen sei, schließt sich die Einzelrichterin aus vorstehenden Gründen nicht an (vgl. VG Gelsenkirchen, B. v. 13.2.2014 - 7a L 153/14.A -, juris; VG Gießen, U. v. 25.11.2013 - 1 K 844/11 -, juris; VG Frankfurt a.M., U. v. 9.7.2013 - 7 K 560/11 -, juris).
e. Auch liegt entgegen der Auffassung der Klägerbevollmächtigten kein Fall des Art. 6 Abs. 2 Dublin II-VO, wonach bei Abwesenheit eines Familienangehörigen der Mitgliedstaat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig sei, in dem der Minderjährige den Asylantrag gestellt habe (also vorliegend die Bundesrepublik Deutschland). Die 1966 geborene Klägerin war zum Zeitpunkt der Stellung ihres Asylantrags (Art. 5 Abs. 2 Dublin II-VO) nicht minderjährig.
f. Unabhängig von der allgemeinen Situation in Italien bestehen in der Person der Klägerin keine beachtlichen Gründe, die es gebieten, von der Überstellung nach Italien abzusehen.
Die Beklagte hat zwar bei der hier ausgesprochenen Abschiebungsanordnung auch inlandsbezogene Vollstreckungshindernisse zu prüfen, etwa die fehlende Reisefähigkeit oder eine erhebliche Verschlechterung des Gesundheitszustands im Falle einer Abschiebung. Gemäß § 34 a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ordnet das Bundesamt in den Fällen des § 27 a AsylVfG die Abschiebung in den zuständigen Mitgliedstaat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Da die Abschiebungsanordnung feststellend regelt, dass alle Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Abschiebung erfüllt sind und die Abschiebung nunmehr durchgeführt werden kann und auch werden darf, ist der Erlass der Abschiebungsanordnung unzulässig, wenn die Abschiebung aus subjektiven, in der Person des Ausländers liegenden Gründen - auch nur vorübergehend - rechtlich oder tatsächlich unmöglich ist, also ein inlandsbezogenes Abschiebungshindernis vorliegt (Funke-Kaiser, GK-AsylVfG, Stand November 2013, Rn. 21 zu § 34 a AsylVfG). Daraus ergibt sich eine Prüfungskompetenz und - pflicht der Beklagten für Duldungsgründe im Sinne des § 60 a Abs. 2 Satz 1 AufenthG (BayVGH, B. v. 28.10.2013 - 10 CE 13.2257 - juris; und B. v. 12.3.2014 - 10 CE 14.427 -, juris; VG Trier, B. v. 5.3.2013 - 5 L 279/13 TR - juris). Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn der Abschiebungsgrund erst nach dem Erlass der Abschiebungsanordnung entstanden ist (Funke-Kaiser, a. a. O., Rn. 24).
Solche Gründe sind nach Überzeugung der Einzelrichterin nicht gegeben.
Das von der Klägerin vorgelegte ärztliche Attest desDr. ... vom 19. Februar 2014 wegen einer schweren Depression mit Unruhe, Panikattacken und Angstzuständen ist nicht zur Glaubhaftmachung eines tatsächlich bestehenden Abschiebungshindernisses geeignet (vgl. BayVGH, B. v. 28.10.2013 - 10 CE 13.2257 -, juris).
In dem vorgelegten Attest wird ohne Angabe der notwendigen Medikation die Reiseunfähigkeit der Klägerin für einen Zeitraum von sechs Monaten bescheinigt. Auch äußert sich der behandelnde Arzt nicht dazu, ob sich der Gesundheitszustand der Klägerin durch eine Abschiebung oder als unmittelbare Folge davon wesentlich verschlechtern wird. Ein Attest, das die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, nicht nachvollziehbar darlegt, ist zur Glaubhaftmachung eines Abschiebungshindernisses jedoch nicht geeignet (vgl. BayVGH, B.v. 8.2.2013 - 10 CE 12.2396 -, juris Rn. 13; OVG LSA, B.v. 8.2.2012 - 2 M 29/12 -, juris Rn. 11).
Die Klägerin kann im Falle ihrer Überstellung nach Italien ihren Asylantrag weiterverfolgen und als Asylbewerberin den Anspruch auf Unterbringung sowie freie medizinische Versorgung geltend machen. Für sie greifen die Schutzmechanismen des italienischen Rechts. Eine kostenfreie medizinische Versorgung steht zudem auch Personen zu, die nicht in einer staatlichen Unterkunft untergebracht sind (OVG Berlin-Brandenburg, B. v. 17.6.2013 - OVG 7 S 33.13 -, juris; VG Augsburg, B. v. 7.4.2014 - Au 7 S 14.30185 -, juris). Wenn sich die Klägerin dem italienischen Asylsystem unterwirft, kann ihr auch soziale und medizinische Hilfe gewährt werden.
Ist eine Rückführung der Klägerin nach Italien demnach möglich, durfte das Bundesamt auf der Grundlage des § 34 a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG die Abschiebung der Klägerin nach Italien anordnen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 VwGO.
Die Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aus § 83 b AsylVfG.

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Annotations
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluß über die Kosten zu entscheiden.
(2) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 4 nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens durch Beschluß; der bisherige Sach- und Streitstand ist zu berücksichtigen. Der Rechtsstreit ist auch in der Hauptsache erledigt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Erledigungserklärung enthaltenden Schriftsatzes widerspricht und er vom Gericht auf diese Folge hingewiesen worden ist.
(3) In den Fällen des § 75 fallen die Kosten stets dem Beklagten zur Last, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte.