Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 21. Okt. 2014 - 1 K 14.00046

bei uns veröffentlicht am21.10.2014

Gericht

Verwaltungsgericht Ansbach

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen eine Sicherheitsleistung in Höhe von 2.500,00 EUR vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt im vorliegenden Verfahren die Aufhebung des vorläufigen Bescheides des Beklagten vom 29. Mai 2013, mit welchem die Klägerin zu einem Beitrag für die Herstellung der öffentlichen Wasserversorgungsanlage des Beklagten für eine Teilfläche von ca. 10.000 m² des Grundstücks FlNr. ... der Gemarkung ... herangezogen worden ist.

Das Grundstück FlNr. ... liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans „...“, der am 21. Dezember 2000 rechtsverbindlich geworden ist und ein allgemeines Wohngebiet festsetzt.

Das Grundstück FlNr. ... wurde in einem Flurbereinigungsverfahren gebildet und am 25. Januar 1994 erstmals als Buchgrundstück in das Grundbuch eingetragen. Das Grundstück stand damals im Eigentum von Frau ...

Ab 23. Dezember 2005 war die Bayerische Landessiedlung GmbH, ..., als Eigentümerin des Grundstücks in das Grundbuch eingetragen.

Seit dem 27. August 2009 ist die Klägerin im Grundbuch als Eigentümerin des genannten Grundstücks erfasst. Das Grundstück FlNr. ... hatte zu diesem Zeitpunkt noch eine Größe von 19.390 m².

Am 1. August 2012 wurde das Grundstück FlNr. ... nach Zerlegung mit einer Flächengröße von 14.404 m² in das Grundbuch eingetragen. Zeitgleich wurden die Grundstücke FlNr... bis ... neu gebildet.

Die in der ... verlegte öffentliche Wasserversorgungsleitung des Beklagten wurde im Jahr 2009 zunächst bis zum Grundstück FlNr. ... und im Herbst 2010 bis in das Grundstück FlNr. ... verlängert. Die Kanalleitung führt in einer Länge von ca. 39 m in das neu gebildete Grundstück Fl.Nr. ... Die Wasserleitung war nach Angaben des Beklagten im März 2011 betriebsbereit.

Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 29. Mai 2013 setzte der Beklagte gegenüber der Klägerin für das Grundstück FlNr. ... einen vorläufigen Beitrag für die Herstellung der öffentlichen Wasserversorgungsanlage des Beklagten in Höhe von 20.865,00 EUR fest. Veranlagt wurde eine vorläufige Grundstücksfläche von ca. 10.000 m² und eine (fiktive) Geschossfläche von 2.500 m².

Eine Begründung zur Beitragserhebung und zum Umfang und Grund der Vorläufigkeit ist in dem Bescheid nicht enthalten.

Die Klägerin legte mit einem durch den Mitarbeiter der Verwaltung der Klägerin, dem Geschäftsleiter Herrn ..., unterzeichneten Schreiben vom 25. Juni 2013, eingegangen bei dem Beklagten am 26. Juni 2013, gegen den genannten Bescheid Widerspruch ein.

Unter dem 28. Juni 2013 wandte sich die Klägerin an den Bayerischen Gemeindetag (Frau ...). Die Klägerin vertrete die Auffassung, dass für das Grundstück ... keine Beitragspflicht entstanden sei. Das Grundstück liege im Gebiet eines Bebauungsplans, der bereits am 21. Dezember 2000 rechtsverbindlich geworden sei. Dieser Bebauungsplan sei im südlichen Bereich geändert worden. Die erste Änderung des Bebauungsplans „...“ sei am 20. Januar 2012 in Kraft getreten. Sechs Bauplätze seien bebaut bzw. bebaubar und satzungsgemäß vom Beklagten zur Zahlung eines Beitrags herangezogen worden. Bei dem Grundstück FlNr. ... handele es sich um die übrige Fläche des Bebauungsplangebiets, das mit 10.000 m² Grundstücksfläche und mit 2.500 m² Geschossfläche an der Wasserversorgungseinrichtung partizipieren und deshalb einen Beitrag leisten solle. Tatsächlich sei diese Grundstücksfläche aber nicht erschlossen bzw. der ursprüngliche Bebauungsplan könne dort ohne eine vorherige Änderung erfahren zu haben, kein Baurecht und keine Bebaubarkeit vermitteln. Eine Änderung in diesem Bereich sei derzeit nicht absehbar bzw. aus erschließungstechnischen Gründen auch gar nicht gewollt. Wenn es eine weitere Erschließung von Bauplätzen im Bereich des Bebauungsplans ... gebe, so solle diese vom nördlichen Rand des Bebauungsplangebietes aus erfolgen.

Frau... vom Bayerischen Gemeindetag erwiderte unter dem 2. Juli 2013, der Sachverhalt werde dahingehend verstanden, dass durch den Änderungsbebauungsplan für den südlichen Bereich des rechtskräftigen Bebauungsplans „...“ Baureife dadurch eingetreten sei, dass die öffentliche Wasserleitung und auch die öffentliche Abwasserleitung bis in den Stich hinein verlängert worden sei. Dadurch seien jedenfalls die sechs in dieser Planung eingezeichneten Bauplätze erstmals erschlossen und beitragspflichtig. Beitragspflichtig geworden sein könnte auch eine östlich der Erschließungsstraße gelegene Baufläche, die jedoch noch nicht vermessen sei.

Da es sich insgesamt um ein ungeteiltes Grundstück handele, stelle sich natürlich die Frage, ob auch ohne die geplante Erschließungsstraße und ohne öffentliche Wasser- und Abwasserleitungen die Gesamtfläche erschlossen sein könnte. Hierzu werde im Kommentar Wuttig/Thimet, Gemeindliches Satzungsrecht und Unternehmensrecht Teil III Frage 4 Nr. 6.2 der Auffassung des OVG NRW vom 31. Mai 2005 gefolgt. Danach könne die Beitragspflicht über eine die obige Teilfläche hinausreichende Fläche nicht ausgelöst sein, wenn die erforderlichen Erschließungsanlagen für die künftige Bebauung noch fehlten.

Da der ursprüngliche Bebauungsplan im Jahr 2002 in Kraft getreten sei, sei diese Rechtsauffassung auch für den Beklagten hier günstig, da anderenfalls Verjährungsfragen inmitten stünden.

Mit Schreiben vom 6. September 2013 teilte das Landratsamt ...-... der Klägerin mit, der Beitragstatbestand nach § 2 BGS/WAS sei eingetreten. Durch den rechtskräftigen Bebauungsplan samt rechtskräftiger Änderung sei das Grundstück FlNr. ... dem Grunde nach bebaubar. Die tatsächliche Bebaubarkeit sei durch die Verlängerung der Wasserversorgungsleitung in die Stichstraße hinein im Herbst 2010 eingetreten. Da es sich damals um ein ungeteiltes Grundstück gehandelt habe, sei die Gesamtfläche erschlossen worden. Der Beitragsbescheid vom 29. Mai 2013 sei somit auch noch nicht verjährt. Das von Frau ... erwähnte Urteil des OVG NRW vom 31. Mai 2005 - 15 A 1712/03 sei im vorliegenden Fall nicht hilfreich. Dort gehe es um die Erschließung bzw. das Anschlussrecht für ein Hinterliegergrundstück, das in Eigentümeridentität mit dem Vorderliegergrundstück, über welches die Erschließung stattfinden solle, stehe. Im Falle der Klägerin gehe es aber um ein Grundstück, das zum Zeitpunkt der Erschließung ungeteilt im Eigentum der Klägerin gestanden habe.

Der Klägerin werde deshalb Gelegenheit gegeben, den Widerspruch bis zum 30. September 2013 zurückzunehmen.

Unter dem 26. September 2013 wandte sich die Klägerin erneut an Frau ..., mit der Bitte, zu dem Schreiben des Landratsamtes ...-... Stellung zu nehmen.

Frau ... erwiderte mit E-Mail vom 26. September 2013, eine Bebauung in einem Bebauungsplangebiet sei nur in dem festgesetzten Rahmen zulässig. Auch wenn es sich um einen einzigen Eigentümer handele (unabhängig davon, ob das die Gemeinde im fiskalischen Bereich, ein Landwirt oder ein sonstiger Grundstückseigentümer sei), könne Baurecht immer nur so weit verwirklicht werden, als für die zur bebauungsplankonformen Bebauung erforderlichen öffentlichen Erschließungsstraßen und öffentlichen Leitungen im Sinne der vorgesehenen Erschließung tatsächlich vorhanden seien. Solange letztere fehlten, handele es sich mangels Erschließung um keine bebaubaren Grundstücke. Für solche wirtschaftlichen Einheiten eines Grundstücks sei der Beitrag noch nicht entstanden. Es werde auf die Erläuterungen in Wuttig/Thimet, Gemeindliches Satzungsrecht, Teil III Frage 4 Nr. 6 verwiesen.

Der Gemeinderat der Klägerin beschloss am 15. Oktober 2013 in nicht öffentlicher Sitzung, der Argumentation der zuständigen Referentin des Bayerischen Gemeindetags und der entsprechenden Erläuterung der Verwaltung und ihres Rechtsbeistandes, Herrn Rechtsanwalt ..., zu folgen und den Widerspruch nicht zurückzunehmen.

Der Niederschrift über die nicht öffentliche Sitzung lässt sich entnehmen, dass in der Sitzung zunächst der Vorsitzende des Beklagten, Gemeinderatsmitglied ..., sowie die Gemeinderäte ... und ..., beide Verbandsräte des Beklagten anwesend waren. Die Sitzung wurde vom Bürgermeister der Klägerin, der ebenfalls Verbandsrat des Beklagten ist, geleitet. Die Gemeinderatsmitglieder ... und ... verließen während der Sitzung den Sitzungssaal. Eine Beschlussfassung nach Art. 49 Abs. 3 GO erfolgte nicht.

Mit Bescheid vom 11. Dezember 2013 wies das Landratsamt ...-... den Widerspruch zurück.

In der Begründung des Bescheides ist ausgeführt, der Widerspruch sei wirksam vom ersten Bürgermeister bzw. dessen Beauftragten mit Schreiben vom 25. Juni 2013 eingelegt worden. Die Klägerin sei dabei zwar fehlerhaft, aber im Ergebnis wirksam vertreten worden (Art. 79 Halbsatz 2 i. V. m. Art. 12 Abs. 1 Nr. 3 BayVwVfG und Art. 38 Abs. 1 GO). Die Einlegung des Widerspruchs sei wirksam, obwohl der entsprechende Gemeinderatsbeschluss ungültig gefasst worden sei (analog: Wachsmut in Praxis der Kommunalverwaltung, Kommentar zur GO, Erläuterung 2.4 zu Art. 38). Der Fehler sei lediglich im Innenverhältnis beachtlich, aber nicht im Außenverhältnis.

Zuständiges Organ für die Widerspruchseinlegung sei gemäß Art. 29 GO der Gemeinderat. Eine Zuständigkeit des 1. Bürgermeisters ergebe sich nicht aus Art. 37 Abs. 1 oder Abs. 3 GO, da die Voraussetzungen nach Aktenlage nicht erfüllt seien. Ferner ergebe sich insbesondere aus Art. 37 Abs. 2 Satz 1 Abs. 1 GO i. V. m. § 9 Abs. 2 Nr. 3 der Geschäftsordnung der Klägerin keine Zuständigkeit des 1. Bürgermeisters, da der Streitwert des Verfahrens deutlich über der Grenze von 7.500.- EUR liege. Die Widerspruchseinlegung habe daher auch nicht gemäß Art. 39 Abs. 2 GO vom 1. Bürgermeister auf Herrn ... übertragen werden können.

Der fehlende Gemeinderatsbeschluss sei zwar am 15. Oktober 2013 nachgeholt worden, jedoch sei dieser ungültig, weil er zu Unrecht in nicht öffentlicher Sitzung gefasst worden sei. Es seien keine Gründe im Sinne von Art. 52 Abs. 2 Satz 1 GO erkennbar, die den Ausschluss der Öffentlichkeit rechtfertigen würden. Derartige Gründe seien bisher auch nicht vorgetragen worden. Nach der Rechtsprechung sei inzwischen anerkannt, dass der Grundsatz der Öffentlichkeit von Gemeinderatssitzungen ein wesentliches Element in einem demokratischen Rechtsstaat sei und zu den tragenden Grundsätzen des Kommunalrechts gehöre (vgl. BayVGH, Urteil vom 26.1.2009, BayVBl. 2009 S. 344). Ein Verstoß gegen diesen Grundsatz führe in jedem Fall zur Ungültigkeit dieses Beschlusses (Wachsmut, a. a. O., Erläuterung 5.1 zu Art. 52 GO).

Für die weitere Vertretung der Klägerin im Widerspruchsverfahren liege eine wirksame Beauftragung der ... und ... mit Vollmacht vom 4. Dezember 2013 vor.

Der Widerspruch sei nicht begründet, weil der angefochtene Beitragsbescheid des Beklagten rechtmäßig sei und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletze. Der Bescheid beruhe auf einer gültigen Beitrags- und Gebührensatzung des Beklagten vom 25. November 2010.

Die sachliche Beitragspflicht der FlNr. ... ergebe sich aus § 2 Abs. 2 WGS/WAS i. V. m. § 4 Abs. 2 Satz 1 WAS vom 23. April 1989. Das Grundstück sei im Herbst 2010, d. h. seit der Verlängerung der Hauptleitung in das Baugebiet hinein, ungeteilt und damit in vollem Umfang tatsächlich an die Wasserversorgungseinrichtung angeschlossen.

Der Definition des Grundstücksbegriffs in § 2 Abs. 1 WAS folgend sei nicht erkennbar, weshalb beitragsrechtlich eine Aufteilung des Gesamtgrundstückes in mehrere wirtschaftliche Einheiten erfolgen sollte. Insofern gehe auch die Argumentation des Bayerischen Gemeindetages in der E-Mail vom 26. September 2013 fehl. Es komme nicht auf die im Einzelfall vorgenommene Nutzung an, sondern auf die durch den Bebauungsplan verbindliche planerische Vorstellung für die bauliche Nutzung und die daraus resultierenden Anschlussbedürfnisse (vgl. Wuttig/Thimet, Gemeindliches Satzungsrecht und Unternehmensrecht, Teil III, Frage 2 Nr. 2). Da ein Bebauungsplan keine Grundstücksgrenzen festsetzen könne, könne das Beitragsrecht umso weniger künftige Grundstücksgrenzen bei der Beitragsveranlagung vorsehen. Somit könnten wirtschaftliche Einheiten frühestens dann angenommen werden, wenn das Buchgrundstück bereits in Baugrundstücke aufgeteilt und entsprechend vermessen worden sei (Thimet a. a. O.).

Nachdem das Grundstück bereits tatsächlich angeschlossen sei, komme es im Übrigen nicht darauf an, ob es sich um ein bebaubares Grundstück im Sinne von § 30 BauGB handele. Folglich komme es auch auf die Frage der gesicherten Erschließung nicht an, da die Erschließung erst dann gesichert sein müsse, „wenn erwartet werden kann, dass zum Zeitpunkt der Benutzbarkeit der in den Baugrenzen zulässigen baulichen Anlagen die planungsrechtlich gebotene Erschließung tatsächlich vorhanden und benutzbar sein wird“ (Thimet, Kommunalabgaben und Ortsrecht in Bayern, Teil IV, Frage 7 zu Art. 5 Abschnitt A, Erl. 6).

Eine „Überplanung ohne anschließende Flächenumlegung“ (Thimet, a. a. O.) sei auch kein Hindernis für die Bebaubarkeit, da das Grundstück FlNr. ... keine rechtlichen Bebauungshindernisse, wie z. B. die klassischen Handtuch- oder Minigrundstücke, enthalte. Es sei ein großes, in seiner Gesamtheit bebaubares Grundstück. Eine Flächenumlegung zur Bodenordnung sei nicht erforderlich, da theoretisch die Gemeinde alle geplanten Parzellen selbst bebauen und dann verkaufen oder vermieten könnte. Es seien keine erschließungsverhindernden Fremdgrundstücke vorhanden.

Das vom Bayerischen Gemeindetag bemühte Urteil des OVG Nordrhein Westfalen vom 31. Mai 2005 betreffe lediglich die Erschließung bzw. das Anschlussrecht für ein Hinterliegergrundstück, das in Eigentümeridentität mit dem Vorderliegergrundstück stehe. Dieser Sachverhalt sei vorliegend nicht gegeben.

Dass nun, nach der Grundstücksteilung, die Erschließungssituation möglicherweise nicht mehr dieselbe sei, könne dahinstehen. Selbst unter der Annahme, dass für die jetzige FlNr. ... die nicht mehr ausreichende Sicherstellung der Wasserversorgung und die fehlende straßenmäßige Erschließung zum Wegfall der Bebaubarkeit führen würde, könne dies nicht zum Wegfall der Beitragspflicht führen. Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (Beschluss vom 15.5.1991 - 23 CS 91.923) habe der spätere Wegfall der Bebaubarkeit eines Grundstücks keine Auswirkung auf die bereits früher einmal entstandene Beitragspflicht.

Der Bescheid enthalte auch einen zulässigen Abgabemaßstab. Beitragsmaßstab sei gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 BGS/WAS die Grundstücksfläche. Zum Stand Herbst 2010 seien dies 19.390 m² gewesen. Die vorläufige Heranziehung von lediglich 10.000 m² zum Beitrag sei nicht zu beanstanden, da eine exakte Vermessung der bereits verkauften Grundstücksteile noch nicht erfolgt gewesen sei und die nicht beitragspflichtigen Flächen nach Aktenlage herausgerechnet worden seien. Die Heranziehung der Geschossfläche sei nach § 5 Abs. 4 BGS/WAS mit einem Viertel der angesetzten Grundstücksfläche erfolgt.

Die Klägerin ließ gegen den am 18. Dezember 2013 zugestellten Bescheid durch Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 9. Januar 2014, eingegangen beim Verwaltungsgericht ... am selben Tag, Klage erheben und beantragen,

den Bescheid des Beklagten vom 29. Mai 2013 in der Form des Widerspruchsbescheides des Landratsamtes ... vom 16. Dezember 2013 aufzuheben.

Zur Begründung der Klage wurde mit Schriftsatz vom 31. Januar 2014 vorgetragen, der Bebauungsplan „...“ sehe die Erschließung eines allgemeinen Wohngebiets vor. Er sehe insbesondere entsprechende Erschließungsstraßen sowie auch entsprechende Festsetzungen hinsichtlich der Versorgung des Gebiets mit Wasser sowie weiterer Erschließungseinrichtungen (Abwasser etc.) vor. Gleichzeitig habe der Bebauungsplan eine entsprechende Parzellierung vorgesehen, wenngleich die Umsetzung überwiegend, etwa durch eine Umlegung, noch nicht erfolgt sei. Aufgrund der begrenzten finanziellen Mittel der Klägerin im Hinblick auch auf die Vorleistungen für die Erschließung habe diese (plangemäße Erschließung) durch die Bayerische ... erfolgen sollen, weshalb zwischen der Klägerin und der Bayerischen ... durch Vertrag vom 5. April 2000 ein städtebaulicher Vertrag geschlossen worden sei, wonach sich diese verpflichtet habe, in Abstimmung mit der Klägerin die Erschließungsanlagen gemäß § 127 Abs. 2 BauGB sowie die Entwässerungsanlagen zu erstellen. Zum Vollzug sei weiterhin ein entsprechender Werkvertrag vom 5. April 2000 geschlossen worden.

Die weitere Erschließung, insbesondere die hier interessierende Erschließung, die plangemäße Erschließung der Parzellen an die öffentliche Wasserversorgung, habe in Abstimmung mit dem Beklagten erfolgen sollen. Nach dem städtebaulichen Vertrag sei u. a. vorgesehen gewesen, dass der von der Bayerischen ... herzustellende Graben (in den vorgesehenen Straßen) für die geplanten Entwässerungseinrichtungen und Wasserversorgungseinrichtungen zur Verfügung gestellt werde. Der Beklagte habe seine Bereitschaft erklärt, die Einsandung, Bedeckung und Verlegung der Rohre vorzunehmen. Darüber hinaus sei vereinbart worden, dass dem Beklagten keine Kosten entstünden.

In der Folgezeit (ab 2001) sei es allerdings nicht zu einer Vollerschließung durch die Bayerische ... gekommen, da es zum Einen keine Interessenten für die entsprechenden Bauplätze gegeben habe und zum Anderen die Bayerische ... nicht bereit gewesen sei, ihrer (vermeintlichen) Verpflichtung aus dem städtebaulichen Vertrag nachzukommen. Eine planmäßige Erschließung sei deshalb unstreitig nicht hergestellt worden.

Zwischen der Klägerin und der Bayerischen ... habe aufgrund Nichterfüllung des entsprechenden Erschließungsvertrags ein Rechtsstreit vor dem Verwaltungsgericht ... stattgefunden. Als Ergebnis des Rechtsstreits sei der städtebauliche Vertrag „aufgehoben“ worden und die Klägerin habe durch Kaufvertrag vom 12. Mai 2009 die hier veranlagte Fläche von der Bayerischen ... erworben.

Unter anderem sei auf Seite 7 des entsprechenden Notarvertrags der Hinweis erfolgt, dass bei dem Vertragsobjekt es sich um Flächen handele, für die Erschließungskosten oder sonstige Anliegerbeiträge und Abgaben „bisher“ nicht angefallen seien.

Weiter sei unter „Sonstiges“ vereinbart worden, dass aus dem städtebaulichen Vertrag und aus dem entsprechenden Werkvertrag keine gegenseitigen Ansprüche mehr bestünden. Gleichzeitig habe die Verpflichtung bestanden, die vor dem Verwaltungsgericht ... unter dem Aktenzeichen ... anhängige Klage zurückzunehmen.

Im Weiteren sei es zu keinen plangemäßen Erschließungsmaßnahmen aufgrund fehlenden Interesses gekommen. Lediglich ein kleiner Teilbereich der ursprünglichen Gesamtfläche sei parzelliert worden (insgesamt fünf Parzellen) und für diesen Bereich seien auch die entsprechenden Erschließungsanlagen, insbesondere Straßen sowie Entwässerungsanlagen bis auf die Grundstückshöhe hergestellt worden. Der von dem Beklagten erlassene Bescheid vom 29. Mai 2013 sei rechtswidrig und verletze die Klägerin in ihren Rechten.

Die Klage sei zulässig. Es entspreche gefestigter Rechtsprechung sowohl des Bundesgerichtshofs als auch des Bundesverwaltungsgerichts, dass für die Rechtsgültigkeit von Rechtsbehelfen und Prozesshandlungen (somit auch die Einlegung des Rechtsbehelfswiderspruch) über deren Einlegung gegebenenfalls an sich der Gemeinderat bzw. ein Ausschuss zu entscheiden hätte (was hier im Übrigen ebenfalls zweifelhaft sei), es gerade nicht darauf ankomme, inwieweit gegebenenfalls auch eine nachträgliche Zustimmung erteilt worden sei, da der 1. Bürgermeister als nach außen vertretungsberechtigtes Kommunalorgan nach Art. 38 BayGO unabhängig von einem zugrunde liegenden Gemeinderats- bzw. Ausschussbeschluss wirksam entsprechende Rechtsbehelfe und Prozesshandlungen vornehmen könne. Im Übrigen habe der Gemeinderat die entsprechende Widerspruchseinlegung jedenfalls nachträglich (wirksam) genehmigt.

Die insoweit teilweise bestehende andere Auffassung auch des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs könne jedenfalls für die hier maßgebliche Einlegung des Rechtsbehelfs „Widerspruch“ nach den Bestimmungen der bundesrechtlichen Verwaltungsgerichtsordnung keine Bedeutung haben. Die Frage, ob der Rechtsbehelf „Widerspruch“ wirksam eingelegt worden sei, richte sich nach Bundesrecht. Das Bundesverwaltungsgericht habe in einer Entscheidung vom 28. August 1989 - 7 B 192.88 die Wirksamkeit insoweit bundesrechtlich verbindlich entschieden.

Nach der Satzung des Beklagten werde der Beitrag nach § 2 Abs. 1 BGS/WAS erhoben für bebaute, bebaubare oder gewerblich genutzte oder gewerblich nutzbare Grundstücke, wenn sie nach § 4 WAS ein Recht zum Anschluss an die Wasserversorgungseinrichtung hätten. Nach Abs. 2 dieser Vorschrift werde ein Beitrag ebenfalls erhoben, wenn ein Grundstück tatsächlich an die Wasserversorgungseinrichtung angeschlossen sei.

Nach der (zweifelhaften) Auffassung des Landratsamtes sei die sachliche Beitragspflicht nach § 2 Abs. 2 BGS/WAS bereits im Herbst 2010 entstanden, da hier die Hauptleitung in das Baugebiet hinein verlängert worden sei, da zu diesem Zeitpunkt das Grundstück noch in seiner Gesamtgröße bestanden habe und die entsprechende Parzellierung noch nicht erfolgt gewesen sei. Zu diesem Zeitpunkt sei daher das Baugebiet, mithin die gesamte FlNr. ..., in vollem Umfang tatsächlich erschlossen gewesen.

Ob dies zutreffe, könne dahingestellt bleiben. Denn es fehle an einer weiteren Voraussetzung für die Beitragserhebung. Nach § 2 Abs. 1 BGS/WAS werde der Beitrag nämlich nur erhoben für Grundstücke, die entweder bebaut (vorliegend nicht erfüllt) oder bebaubar bzw. gewerblich nutzbar seien. Keiner dieser Tatbestände sei erfüllt. Die Auffassung des Landratsamtes, wonach es für die Frage der Beitragspflicht und der Bebaubarkeit im Sinne der Satzung nicht darauf ankomme, ob das Grundstück „erschlossen“ im Sinne von § 30 BauGB sei, sei unzutreffend. Kernfrage sei, unter welchen Voraussetzungen die (sachliche) Beitragspflicht für das hier beantragte Grundstück entstehe. Neben der Voraussetzung des Erschlossenseins durch die Anlage und des Bestehens einer wirksamen Beitragssatzung stelle sich die weitere Frage wann das Grundstück im beitragsrechtlichen Sinne durch die Anlage einen abschöpfbaren Vorteil erhalte. Zwar möge das Grundstück durch die Anlage zu irgendeinem relevanten Zeitpunkt erschlossen worden sein, jedoch fehle es an dem für die Erhebung des Beitrags erforderlichen Vorteil im Sinne der Bebaubarkeit des Grundstücks.

Nur bei den Grundstücken, die entweder schon bebaut bzw. gewerblich genutzt oder die rechtlich oder tatsächlich bebaubar bzw. gewerblich nutzbar seien, könne von einem beitragsrechtlich relevanten Vorteil ausgegangen werden, da nur für sie durch die Anschlussmöglichkeit der Gebrauchswert erhöht werde. Für das hier vorliegende Plangebiet, das weder bebaut noch gewerblich genutzt, noch gewerblich nutzbar sei, komme deshalb auch als einziger vorteilsbegründender Tatbestand in Betracht, dass es aufgrund des rechtsverbindlichen Bebauungsplans „bebaubar“ im Sinne von § 2 Abs. 1 BGS/WAS des Beklagten sein könnte.

Für den Begriff der Bebaubarkeit sei allerdings zwingende Voraussetzung die nach Bauplanungsrecht, also nach den bundesrechtlichen § 29 ff. BauGB erforderliche gesicherte Erschließung. Denn ob ein Grundstück bebaubar sei, beurteile sich in erster Linie nach den Bestimmungen des Baugesetzbuches (BVerwG, Urteil vom 26.6.1989, NJW 1981, S. 2770; BayVGH, Urteil vom 26.1.1993, GK 1993/222 sowie vom 10.2.1993, GK 1993/223).

Dies bedeute auch nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, dass sich die Frage der Bebaubarkeit nach den §§ 29 ff. BauGB abschließend beurteile (Urteil vom 14.10.1999, VwRR-BY 2000, 174; Urteil vom 8.11.1999 - 23 B 98.1717).

Nach dem klaren Wortlaut des § 30 BauGB sei ein Vorhaben im Geltungsbereich eines qualifizierten Bebauungsplans erst zulässig, wenn es den Festsetzungen des Bebauungsplans nicht widerspreche und die Erschließung gesichert sei. Zu dem Begriff der gesicherten Erschließung gehöre die verkehrsmäßige Anbindung des Grundstücks durch Straßen, Wege oder Plätze, die Versorgung mit Elektrizität und Wasser sowie die Abwasserbeseitigung (Ernst/Zinkahn/Bielen-berg, Rn. 42 zu § 30 BauGB). Nach ganz herrschender Meinung setze die gesicherte Erschließung maßgeblich voraus, dass sie gemäß den entsprechenden Festsetzungen des Bebauungsplanes erfolgt (plangemäße Erschließung; OVG Münster, NVWZ-RR 2007, 125; Spannowsky/Uechtritz, BauGB, Rn. 33 zu § 30 BauGB und Rn. 35 zu § 30 BauGB). Die erkennbar andere Auffassung des Landratsamtes finde weder im Gesetz eine Stütze, noch sei sie sonst nachvollziehbar (vgl. Wuttig/Thimet, Gemeindliches Satzungsrecht, Teil III, Frage 4, Nr. 6.1 und 6.2). Nach dem maßgeblichen Bebauungsplan bedürfe es zur plangemäßen Verwirklichung der Bebauung noch umfangreicher Erschließungsanlagen. Insbesondere bedürfe es der Umsetzung der straßenmäßigen Erschließung, des Weiteren der entsprechenden Verlegung der Wasserversorgungsleitungen sowie der entsprechenden Abwasserentsorgungsanlagen. Entsprechendes gelte für die Versorgungsleitungen für die Elektrizität. Keines dieser Anlagen sei plangemäß hergestellt. Von daher sei eine entsprechende Bebaubarkeit nicht gegeben.

Dieses Ergebnis werde auch gerade durch das Erschließungs- und Erschließungsbeitragsrecht im Sinne des Baugesetzbuches bestätigt. Nach § 123 Abs. 1 BauGB stehe die Erschließung (des Baugebiets) der Gemeinde zu. Die Ausführung stehe im Regelfall in ihrem pflichtgemäßen Ermessen. Nach § 123 Abs. 3 bestehe kein Rechtsanspruch auf Erschließung. Es liege also nach der gesetzgeberischen Konzeption in der pflichtgemäßen Hand der Klägerin, wann tatsächlich „erschlossen“ werde, mit der Folge, dass sie auch bestimme, wann die entsprechenden Beitragstatbestände verwirklicht würden, sei es nach dem Kommunalabgabengesetz, sei es nach den Bestimmungen des Baugesetzbuches. Entsprechend formuliere auch dann in der Konsequenz § 133 BauGB, dass eine Beitragspflicht nur dann für die Grundstücke entstehe, für die im Bebauungsplan eine bauliche oder gewerbliche Nutzung festgesetzt sei, wenn sie tatsächlich und rechtlich bebaut oder gewerblich genutzt werden dürften. Dies setze gerade das Erschlossensein im Sinne des § 30 BauGB voraus.

Selbst wenn man dieser Auffassung nicht folge, fehle es an maßgeblichen Kriterien der Erschließung im Sinne des § 30 BauGB. Insbesondere könne das (Rest-)Grundstück nicht ordnungsgemäß entwässert werden.

Nach den entsprechenden Verhältnissen, insbesondere auch in topografischer Hinsicht, sowie im Hinblick auf die bestehende Kapazität der bestehenden Entwässerungseinrichtung, könne eine abwassertechnische Erschließung des Gebiets über den ... bzw. an den ... in die südlich gelegene Entwässerungsanlage nicht erfolgen. Eine entsprechende Kapazität bestehe nicht.

Deshalb sei im Bebauungsplan auch vorgesehen, dass die abwassertechnische Erschließung des Baugebiets nördlich über eine neu zu errichtende Entwässerungsanlage erfolgen solle. Diese sei bis dato, wie auch die anderen Erschließungsanlagen, nicht hergestellt. Auch die künftige Herstellung sei nicht gesichert.

Der Beitragsbescheid sei auch deshalb rechtswidrig, da er unbestimmt sei. Insbesondere ergebe sich aus dem Bescheid nicht, weshalb eine „vorläufige Grundstücksfläche von 10.000 m²“ veranlagt werde. Es sei nicht erkennbar, auf welchen Bereich des Gesamtgrundstücks diese „vorläufige Grundstücksfläche“ zu liegen komme. Es sei insbesondere nicht durch entsprechende Karten oder sonstwie eindeutig bestimmbar, welche Fläche zu einem Beitrag herangezogen werde.

Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren sei für notwendig zu erklären. Die Klägerin habe selbst keinen Mitarbeiter, der rechtskundig im Sinne auch des Richtergesetzes sei. Es sei für die Klägerin notwendig gewesen, sich der Hilfe eines unabhängigen Organs der Rechtspflege zu bedienen.

Der Beklagte beantragte mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 28. Januar 2014

die Klage abzuweisen.

Mit weiterem Schriftsatz vom 10. April 2014 trugen die Bevollmächtigten des Beklagten vor, der Bebauungsplan „...“ vom 21. Dezember 2000 in der Fassung der ersten Änderungssatzung vom 15. Juni 2001 weise für das Grundstück FlNr. ..., das im Eigentum der Klägerin stehe, die bauliche Nutzung eines allgemeinen Wohngebiets aus. Das Baugebiet „...“ werde u. a. auf der Homepage der Klägerin unverändert beworben. Insbesondere würden dort freie Bauplätze angeboten. Ein Gemeinderatsbeschluss, dass die Erschließung des Baugebiets nicht fortgesetzt werden solle, sei nicht vorhanden.

Ursprünglich habe sich die Grundstücksfläche des Grundstücks FlNr. ... auf 19.390 m² belaufen. Es seien jedoch die Grundstücke FlNrn. ... und ... als öffentliche Verkehrsflächen sowie FlNrn. ... und ... als Baugrundstücke herausgemessen worden. Zudem seien die Grundstücke FlNr. ... und ...anderen Grundstücken zugeschlagen worden. Vermessung und Eintragung im Grundbuch seien im Jahr 2012 erfolgt.

In dem Baugebiet seien bislang die Grundstücke FlNrn. ... und ... bebaut worden. Für das Grundstück FlNr. ... liege ein Bauantrag vor. Das Grundstück FlNr. ... sei als „voll erschlossen“ im Sommer 2010 erworben worden.

Nachdem die Versorgungsleitungen zunächst lediglich bis zur Höhe des Grundstücks FlNr. ... verlegt worden seien, seien Erschließungsmaßnahmen in Abstimmung zwischen den Parteien durchgeführt worden. Die Planunterlagen, insbesondere für den Straßenbau, seien durch die Klägerin selbst in Auftrag gegeben worden.

So sei auf dem ungeteilten Grundstück FlNr... eine Straße hergestellt worden. Es sei ein Stichweg errichtet worden, in dem auch Kanal- und Wasserleitungen verlegt worden seien. Diese Stichstraße habe zwischenzeitlich die FlNr. ... erhalten und grenze unmittelbar an das Grundstück FlNr. ... an. Mit der Planung der Erschließungsmaßnahme sei im Herbst 2010 begonnen worden. Die Maßnahmen seien im Jahr 2011 abgeschlossen worden. Die Erschließung durch Wasser- und Kanalleitungen reiche bis zur Höhe des neu herausgemessenen Grundstücks FlNr.... Überdies seien die Grundstücke an das Nahwärmenetz angeschlossen und außerdem mit Strom versorgt.

Zwischen den Parteien sei vereinbart worden, dass die Beitragserhebung so lange zurückgestellt werden solle, bis die Grundstücke FlNr. ... bis FlNr. ... endgültig vermessen und aus dem Grundstück FlNr. ... herausgemessen würden. Nach Abschluss der Vermessung sowie Eintragung der neu gebildeten Grundstücke sei daher mit Bescheid vom 29. Mai 2013 der vorläufige Herstellungsbeitrag durch den Beklagten gegenüber der Klägerin festgesetzt worden. Die vorläufige Grundstücksfläche von 10.000 m² sei nach der Grundstücksgröße abzüglich des im Bebauungsplans vorgesehen Spielplatzes, der öffentlichen Verkehrsflächen sowie der herausgemessenen Grundstücke im Norden des Bebauungsplangebiets berechnet worden. Diese Berechnung sei zwischen den Beteiligten mehrfach besprochen worden, insbesondere zwischen der Geschäftsführerin des Beklagten, Frau ..., und dem Verwaltungsbeamten der Klägerin, Herrn ...

Weiter sei im Landratsamt ...-... zwischen der Geschäftsführerin der Beklagten sowie dem zuständigen Sachbearbeiter der Widerspruchsbehörde, Herrn ..., am 24. April 2014 die Angelegenheit besprochen worden. Das Gespräch sowie die Vorgehensweise sei mit Schreiben vom 25. April 2012 durch die Geschäftsführerin des Beklagten zusammengefasst und u. a. der Klägerin übersandt worden.

Der Bescheid sei rechtmäßig und verletze die Klägerin nicht in ihren Rechten.

Die Klage sei bereits unzulässig. Der Widerspruch sei mit Schreiben vom 25. Juni 2013 vom Verwaltungsbeamten der Klägerin unterzeichnet und beim Beklagten eingelegt worden. Gemäß Art. 29 GO sei zuständiges Organ für die Widerspruchseinlegung der Gemeinderat. Eine Widerspruchseinlegung durch den Gemeinderat liege jedoch nicht vor. Ein Gemeinderatsbeschluss existiere nicht. Die Widerspruchseinlegung sei auch nicht durch den 1. Bürgermeister erfolgt. Hätte der 1. Bürgermeister ohne entsprechenden Gemeinderatsbeschluss gehandelt, wäre dies lediglich im Innenverhältnis beachtlich, da im Hinblick auf den Vertrauensschutz die Vertretungsbefugnis eines Bürgermeisters angenommen werde.

Allerdings könne dieser Rechtsschein vorliegend nicht gelten. Eine etwa bestehende, nicht nachgewiesene, sonstige Vertretungsregelung des Verwaltungsbeamten einer Gemeinde reiche nicht so weit, dass eine nicht bestehende Vertretungsbefugnis des Bürgermeisters ersetzt werde. Damit fehle es an einer fristgerechten Widerspruchseinlegung. Die Klage sei unzulässig.

Im Übrigen sei der Beitrag auch zu Recht erhoben worden. Das Grundstück FlNr. ... sei an die Wasserversorgungseinrichtung des Beklagten angeschlossen und zudem bebaubar. Das ungeteilte Grundstück sei bereits mit Abschluss der Erschließungsmaßnahmen im Jahr 2011 durch die Wasserversorgungseinrichtung des Beklagten erschlossen worden. Bis zur Herausmessung der Grundstücke FlNrn. ... bis ... sei die Wasserversorgungseinrichtung im veranlagten Grundstück selbst verlegt gewesen. Der beitragsrechtliche Vorteil, der die Heranziehung zu Beitragsleistungen begründe und rechtfertige, sei damit entstanden. Hierdurch ergebe sich der beitragsrechtliche Vorteil in Gewährung der Baulandqualität der angeschlossenen und erschlossenen Grundstücke.

Der Vorteil der öffentlichen Einrichtung bestimme sich nicht durch das Maß der tatsächlichen Inanspruchnahme. Entscheidend sei allein, wie ein Grundstück bauordnungs- und bauplanungsrechtlich genutzt werden könne. Abzustellen sei ausschließlich auf die höchstzulässige Nutzung der Einrichtung (vgl. Thimet, Kommunalabgaben- und Ortsrecht in Bayern, Teil IV, Art. 5 Abschnitt A Frage 1).

Demgemäß sei es zunächst unerheblich, welche Grundstücksgröße vorliege oder inwieweit innerhalb des Grundstücks mehrere Bauplätze vorgesehen seien. Die spätere Bebauung führe allenfalls zu einer Änderung der Beitragspflicht und damit zu einer Nacherhebung.

Das veranlagte Grundstück sei auch bebaubar im Sinne des BauGB. Die planmäßige Verwirklichung der Bebauung sei zu einem Teil bereits umgesetzt. Ein Gemeinderatsbeschluss darüber, dass die Erschließung nicht wie vorgesehen umgesetzt werden solle, liege nicht vor. Im Gegenteil: Das Baugebiet werde unverändert von der Klägerin beworben. Einschränkungen im Hinblick auf die Lage der Grundstücke oder der Erschließung würden nicht gemacht.

Inwieweit oder zu welchem Zeitpunkt eine Umsetzung der weiteren vorgesehenen Bebauungsmöglichkeit erfolge, sei unerheblich. Fest stehe, dass das Grundstück FlNr. ... in seiner ursprünglichen und derzeitigen Größe durch die Wasserversorgungseinrichtung des Beklagten, die Entwässerungseinrichtung der Klägerin selbst sowie straßen- und strommäßig voll erschlossen gewesen sei und dies auch weiterhin sei.

Dass zwischenzeitlich Grundstücke herausgemessen worden seien, sei unerheblich. Ebenso sei unerheblich, in welchem Ausmaß das Baugebiet tatsächlich weiter bebaut werde.

Der angegriffene Bescheid sei auch hinreichend bestimmt. Zunächst handele es sich lediglich um einen vorläufigen Beitragsbescheid. Darüber hinaus sei die veranlagte Grundstücksfläche von 10.000 m² mit den Vertretern der Klägerin besprochen und abgestimmt worden. Dies sei schriftlich fixiert worden. Der zugrunde liegende Lageplan liege der Klägerin vor.

Der Bescheid sei daher vollständig, klar und unzweideutig. Insbesondere sei es für den Adressaten erkennbar, für welche konkrete Teilfläche er zur Vorteilsabgeltung herangezogen werde (BayVGH, Beschlüsse vom 19.5.2008 - 20 CS 08.861 und 6.4.2011 - 20 CS 11.498).

Rein vorsorglich wäre eine vermeidliche Unbestimmtheit im Rahmen des Klageverfahrens heilbar (VG Regensburg, Urteil vom 8.2.2010 - RO 8 K 09.1901; BVerwG, NVWZ-RR 2006, 589). Der Klägerin werde daher nochmals die Flurkarte vorgelegt, aus der sich die veranlagte Grundstücksfläche ergebe.

Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten zum Vorverfahren sei nicht notwendig gewesen. Rechtliche Ausführungen seien im Rahmen des Widerspruchsverfahrens offensichtlich nicht gemacht worden. Eine Widerspruchsbegründung sei nicht gefertigt worden. Insoweit fehle es an einer anwaltlichen Vertretung im Vorverfahren, jedenfalls sei diese offensichtlich nicht notwendig gewesen.

Mit gerichtlichem Schreiben vom 4. September 2014 wurden die Beteiligten u. a. darauf hingewiesen, dass es zweifelhaft erscheine, ob die Klägerin rechtswirksam Widerspruch gegen den Beitragsbescheid vom 29. Mai 2013 eingelegt habe. Das Widerspruchsschreiben sei zwar fristgerecht beim Beklagten eingegangen, jedoch von Herrn ..., einem Mitarbeiter der Gemeindeverwaltung der Klägerin, unterzeichnet worden.

Bei der Einlegung eines Widerspruchs gegen einen Beitragsbescheid über 20.865.- EUR handele es sich weder um ein laufendes Geschäft der Verwaltung der Klägerin im Sinne des Art. 37 Abs. 1 Nr. 1 BayGO, das gemäß Art. 39 Abs. 2 BayGO vom 1. Bürgermeister (ohne Zustimmung des Gemeinderates) auf einen Bediensteten übertragen werden könnte (vgl. § 9 Nr. 3 a und § 10 Abs. 2 der Geschäftsordnung für den Gemeinderat der Klägerin), noch um ein unaufschiebbares Geschäft im Sinne des Art. 37 Abs. 3 BayGO (BayVGH vom 23.2.1973, BayVBl. 1973, 296; Bauer/Böhle/Ecker, Bayerische Kommunalgesetze, Rn. 13 zu Art. 37 GO). Es sei ständige Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (zuletzt: Beschluss vom 20.11.2011 - 4 CS 11.2047, BayVBl. 2012, 341), dass die in Art. 38 Abs. 1 GO niedergelegte Außenvertretungskompetenz des 1. Bürgermeisters nicht dessen Vertretungsmacht zur Vornahme von Rechtsgeschäften beinhalte; diese richte sich nach Art. 37 GO. Rechtsbehelfe, die ohne Vertretungsmacht eingelegt worden seien, seien schwebend unwirksam (vgl. BayVGH, Beschluss vom 20.11.2011, a. a. O.).

Eine rechtswirksame nachträgliche Genehmigung der Einlegung des Rechtsbehelfs dürfte nicht vorliegen, da der entsprechende Beschluss des Gemeinderats vom 15. Oktober 2013 in nicht öffentlicher Sitzung gefasst worden sei, ohne dass die Voraussetzungen des Art. 52 Abs. 2 Satz 1 BayGO vorgelegen haben dürften (vgl. BayVGH, Urteil vom 26.1.2009 - 2 N 08.124, juris Rn. 8; Bauer/Böhle/Hecker, a. a. O., Rn. 9 zu Art. 52 GO).

Zudem wurden die Beteiligten um Vorlage weiterer Unterlagen gebeten, um überprüfen zu können, ob für das Grundstück FlNr. ... bereits mit Inkrafttreten des Bebauungsplans „...“ am 21. Dezember 2000 eine Beitragspflicht entstanden sein könnte.

Mit Schriftsatz vom 7. Oktober 2014 trugen die Bevollmächtigten des Beklagten vor, die Beitragspflicht sei nicht bereits am 21. Dezember 2000 entstanden. Wie dem beigefügten Plan, Stand 21. Dezember 2000, zu entnehmen sei, habe die Hauptleitung Ende des Jahres 2000 lediglich bis zur Höhe des Grundstücks Fl.Nr. ... bzw. ... gereicht. Die im öffentlichen Straßengrund Fl.Nr. ... verlegte Hauptleitung sei seit 1. März 2011 betriebsbereit an das Grundstück Fl.Nr. ... herangeführt worden. Damit sei die Beitragspflicht erst im Jahr 2011 entstanden.

Mit Schriftsatz vom 15. Oktober 2014 legten die Bevollmächtigten der Klägerin u. a. einen Auszug aus dem Beschlussbuch des Gemeinderats der Klägerin über die öffentliche Sitzung vom 14. Oktober 2014 vor, in welcher die Einlegung des Widerspruchs gegen den vorläufigen Beitragsbescheid vom 29. Mai 2013 nachträglich genehmigt wurde.

Weiter wurde vorgetragen, eine Übertragung der Befugnis gemäß Art. 38 Abs. 2 Satz 3 BayGO (auf den Geschäftsleiter der Klägerin) könne nicht vorgelegt werden.

Eventuelle Fehler im Widerspruchsverfahren seien durch die gleichwohl ergangene Sachentscheidung geheilt worden. Im Übrigen komme es für die Rechtswirksamkeit der Widerspruchseinlegung nicht darauf an, ob das richtige Organ gehandelt habe. Für die Wirksamkeit des Widerspruchs sei auch unerheblich, ob ein entsprechender Gemeinderatsbeschluss gefasst worden sei.

Zur Frage der (fehlenden) Bebaubarkeit des Grundstücks Fl.Nr. ... werde auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. Februar 1986 - 4 C 10/83 verwiesen.

Die Bevollmächtigten des Beklagten replizierten hierauf mit Schriftsatz vom 17. Oktober 2014.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist unzulässig.

Es fehlt an der Sachurteilsvoraussetzung des ordnungsgemäß durchgeführten Vorverfahrens (§§ 68 ff. VwGO).

Nach herrschender Auffassung ist die vorliegend statthafte Anfechtungsklage nicht bereits zulässig, wenn - wie hier - überhaupt erfolglos ein Widerspruchsverfahren durchgeführt worden ist. Vielmehr muss das Vorverfahren ordnungsgemäß, d. h. unter Einhaltung der in §§ 68 ff. VwGO festgelegten Erfordernisse erfolgt sein (Kopp/Schenke, VwGO, Rn. 7 zu Vorb. § 68 m. w. N.).

Ausnahmen hiervon lässt die Rechtsprechung nur dann zu, falls der Widerspruch (lediglich) verfristet, also nicht innerhalb der Frist des § 70 Abs. 1 VwGO eingelegt worden ist. In diesem Fall ist die Widerspruchsbehörde bei einseitig belastenden Verwaltungsakten nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts berechtigt, auch auf einen verspäteten Widerspruch in der Sache zu entscheiden und so die Klagemöglichkeit wiederzueröffnen (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.6.1988 - 6 C 24/87, NVwZ-RR 1989, 85 m. w. N.; Kopp/Schenke, a. a. O., Rn. 9 zu § 70; Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Rn. 37 zu § 70).

Darüber hinausgehende Ausnahmen sind nicht anzuerkennen. Sie folgen insbesondere nicht aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 6. Februar 1986 - 5 C 23/85, NVwZ 1987, 320. In dieser Entscheidung hat das Bundesverwaltungsgericht ausgeführt, § 68 VwGO besage nicht, dass der Widerspruchsbescheid als gebotene Prozessvoraussetzung frei von Rechtsfehlern sein müsse. Im konkreten Fall hat es das Bundesverwaltungsgericht als unschädlich angesehen, dass eine sachlich unzuständige Behörde über den Widerspruch entschieden hatte. Hierbei handelt es sich jedoch um eine besondere Fallkonstellation, in der Streit über die Zuständigkeit verschiedener Behörden bestand und es nicht zum Nachteil des Widerspruchsführers gereichen konnte, dass letztlich die falsche Behörde über den Widerspruch entschied. Im Übrigen verwies das Bundesverwaltungsgericht zur Begründung seiner Rechtsauffassung auf einen Beschluss vom 3. Januar 1964 - 1 B 135.63, DVBl. 1964, 357, der wiederum nur die Problematik der Sachentscheidung über einen verspäteten „Einspruch“ thematisiert.

Vorliegend hat die Klägerin nicht rechtswirksam Widerspruch gegen den Bescheid vom 29. Mai 2013 eingelegt. Die Widerspruchseinlegung erfolgte zwar fristgerecht, jedoch durch den (insoweit) nicht vertretungsberechtigten Geschäftsleiter der Klägerin, Herrn ...

Soweit das Widerspruchsverfahren in §§ 68 ff. VwGO nicht abschließend geregelt ist, finden gemäß Art. 79 BayVwVfG die Bestimmungen des BayVwVfG Anwendung, darunter Art. 12 BayVwVfG über die Verfahrenshandlungsfähigkeit (Kopp/Schenke, a. a. O., Rn. 18 zu Vorb.

§ 68). Gemäß Art. 12 Abs. 1 Nr. 3 BayVwVfG nehmen juristische Personen wie die Klägerin Verfahrenshandlungen durch ihre gesetzlichen Vertreter oder durch besonders Bevollmächtigte wahr.

Die Klägerin wird gemäß Art. 38 Abs. 1 GO durch den ersten Bürgermeister nach außen vertreten. Es sind somit alle rechtsverbindlichen Erklärungen öffentlich-rechtlicher und privatrechtlicher Natur einschließlich aller materiell-rechtlichen und prozessualen Erklärungen durch den ersten Bürgermeister abzugeben (vgl. Wachsmuth in: Praxis der Kommunalverwaltung, Rn. 1 zu Art 38 GO).

Gemäß Art. 39 Abs. 2 GO kann der erste Bürgermeister im Rahmen der Geschäftsverteilung (Art. 40 GO) einzelne seine Befugnisse den weiteren Bürgermeistern, nach deren Anhörung auch einem Gemeinderatsmitglied und in den Angelegenheiten der laufenden Verwaltung einem Gemeindebediensteten übertragen; eine darüber hinausgehende Übertragung auf einen Bediensteten bedarf zusätzlich der Zustimmung des Gemeinderats.

Der Begriff der „Angelegenheiten der laufenden Verwaltung“ im Sinne des Art. 39 Abs. 2 GO ist nicht identisch mit den „laufenden Angelegenheiten“ gemäß Art. 37 Abs. 1 Nr. 1 BayGO, sondern umfassender zu verstehen. Die Übertragungsbefugnis des ersten Bürgermeisters erfasst über Art. 37 Abs. 1 Nr. 1 BayGO hinaus ihm sondergesetzlich zugewiesene Aufgaben, wie z. B. den Vollzug von Gemeinderatsbeschlüssen, die Führung der Dienstaufsicht und die Vertretung der Gemeinde nach Art. 38 Abs. 1 BayGO (Bauer/Böhle/Ecker, Bayerische Kommunalgesetze, Rn. 10 zu Art. 39 BayGO).

Erfolgt auf der Grundlage des Art. 39 Abs. 2 GO die Übertragung von Befugnissen, so begründet diese auch die Wahrnehmungskompetenz nach außen, d. h. die Stellvertretung des Bürgermeisters nach außen (vgl. Knemeyer, Die Zuordnung von Aufgaben, Befugnissen und Geschäften nach der Bayerischen Gemeindeordnung, BayVBl. 1990, 589).

Vorliegend war der Geschäftsleiter der Klägerin nicht befugt, für die Klägerin gegen den Bescheid des Beklagten vom 29. Mai 2013 Widerspruch einzulegen, womit es beim (ausschließlichen) originären Vertretungsrecht des ersten Bürgermeisters verblieb und der vom Geschäftleiter unterzeichnete Widerspruch unwirksam ist.

Denn es bestand im Rahmen des Geschäftsverteilungsplans der Klägerin auf der Grundlage des Art. 39 Abs. 2 GO keine rechtswirksame Übertragung der Befugnis zur Widerspruchseinlegung durch den ersten Bürgermeister der Klägerin auf deren Geschäftsleiter, welche nach dem oben Gesagten den Geschäftsleiter auch zur Vertretung nach außen ermächtigt hätte.

Bei der Einlegung des Widerspruchs handelte es sich nicht um ein Geschäft der laufenden Verwaltung. Gemäß Art. 37 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayGO erledigt der erste Bürgermeister in eigener Zuständigkeit die laufenden Angelegenheiten, die für die Gemeinde keine grundsätzliche Bedeutung haben und keine erheblichen Verpflichtungen erwarten lassen.

Der Begriff der laufenden Angelegenheit richtet sich nach der Natur der Sache und nach der jeweiligen Gemeinde, z. B. deren Größe, Leistungskraft und Verwaltungsstruktur, nicht nach dem Adressaten (Empfänger) der Entscheidung. Es handelt sich dabei um alltägliche Geschäfte, die bei der Verwaltung der Gemeinde in mehr oder weniger regelmäßiger Wiederkehr anfallen bzw. mit gewisser Häufigkeit wiederkehren und die zur ungestörten und ununterbrochenen Fortführung der Verwaltung notwendig sind, also um die tägliche Routinearbeit, unabhängig davon, ob die Angelegenheit zivilrechtlicher oder öffentlich-rechtlicher Natur ist. Selten vorkommende, einmalige und außergewöhnliche Geschäfte fallen damit nicht unter die laufende Verwaltung (Prandl/Zimmermann/Büchner/Pahlke, Kommunalrecht in Bayern, Rn. 3.1 zu Art. 37 GO). Die Einlegung von Rechtsbehelfen durch die Gemeinde ist grundsätzlich keine laufende Angelegenheit (vgl. Prandl/Zimmermann/Büchner/Pahlke, a. a. O.).

Gemäß Art. 37 Abs. 2 Satz 1 GO kann der Gemeinderat dem ersten Bürgermeister durch die Geschäftsordnung allerdings weitere Angelegenheiten zur selbstständigen Erledigung übertragen.

§ 9 Abs. 2 Nr. 3 a) der Geschäftsordnung für den Gemeinderat der Klägerin bestimmt, dass zu den Aufgaben des ersten Bürgermeisters in allgemeinen Rechts- und Verwaltungsangelegenheiten die Behandlung von Rechtsbehelfen einschließlich Abhilfeverfahren, die Abgabe von Erklärungen einschließlich Klageerhebung, Einlegung von Rechtsmitteln und Abschluss von Vergleichen sowie die Erteilung des Mandats an einen Prozessbevollmächtigten gehören, wenn die finanzielle Auswirkung auf die Gemeinde bzw., falls diese nicht bestimmbar, der Streitwert voraussichtlich 7.500.- EUR nicht übersteigt und die Angelegenheit keine grundsätzliche Bedeutung hat.

Die Einlegung eines Widerspruchs gegen einen Beitragsbescheid des Beklagten, in welchem die Klägerin Verbandsmitglied ist, mit einer festgesetzten Beitragshöhe von 20.865.- EUR fällt demnach nicht als laufendes Geschäft in den Zuständigkeitsbereich des Ersten Bürgermeisters der Klägerin, so dass eine Übertragung der Befugnis zur Widerspruchseinlegung im Rahmen der Geschäftsverteilung der vorherigen Zustimmung des Gemeinderats bedurft hätte. Eine solche lag unstrittig zum Zeitpunkt der Widerspruchseinlegung nicht vor.

Die Einlegung des Widerspruchs kann auch nicht als dringliche Angelegenheit im Sinne des Art. 37 Abs. 3 BayGO angesehen werden. Denn nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (Beschluss vom 23.2.1973 - Nr. 93 IV 72, BayVBl. 1973, 296) handelt es sich bei der Einlegung eines Widerspruchs durch eine Gemeinde grundsätzlich nicht um ein solches unaufschiebbares Geschäft. Es kann deshalb offen bleiben, ob Herr ... als Geschäftsleiter der Klägerin überhaupt befugt gewesen wäre, anstelle des ersten Bürgermeisters unaufschiebbare Geschäfte vorzunehmen (vgl. hierzu: Prandl/Zimmermann/Büchner/Pahlke, a. a. O., Rn. 9 zu Art. 37 GO).

Dem Geschäftsleiter der Klägerin konnte das (fehlende) Recht zur Vertretung der Klägerin auch nicht nachträglich durch die Beschlüsse des Gemeinderates der Klägerin vom 15. Oktober 2013 und 14. Oktober 2014 übertragen werden.

Selbst wenn man mit der Klägerin davon ausgehen wollte, dass eine im Rahmen der Geschäftsverteilung (Art. 46 GO) zu erfolgende Übertragung von Befugnissen des ersten Bürgermeister auf einen Bediensteten einer Gemeinde auf der Grundlage des Art. 39 Abs. 2 GO mit Zustimmung der Gemeinde auch noch rückwirkend erfolgen könnte, und so dem Bediensteten auch rückwirkend das Vertretungsrecht für die Gemeinde eingeräumt werden könnte, ändert dies nichts an dem gefundenen Ergebnis.

Zwar ist in dem noch während des laufenden Widerspruchsverfahrens gefassten Beschluss des Gemeinderates vom 15. Oktober 2013 eine - zumindest konkludente - Genehmigung der Widerspruchseinlegung durch den Geschäftsleiter zu sehen, womit der Gemeinderat auch zum Ausdruck gebracht hat, dass der Geschäftsleiter die Befugnis zur Widerspruchseinlegung erhalten sollte.

Der Beschluss wurde allerdings in nichtöffentlicher Sitzung gefasst und ist deshalb unwirksam.

Nach Art. 52 Abs. 2 BayGO sind die Sitzungen des Gemeinderats öffentlich, soweit nicht Rücksichten auf das Wohl der Allgemeinheit oder auf berechtigte Ansprüche einzelner entgegenstehen.

Unter Wohl der Allgemeinheit sind gemeindliche oder staatliche Interessen zu verstehen (z. B. an der Wahrung von Sicherheit und Ordnung, der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung, Belange der Landesverteidigung). Diese stehen einer öffentlichen Behandlung entgegen, wenn schon die Möglichkeit ihrer Beeinträchtigung besteht. Die Erwartung, dass bei Zulassung der Öffentlichkeit eine ruhige und sachliche Diskussion erschwert wird, genügt nicht für den Ausschluss der Öffentlichkeit. Ein Ermessensspielraum bei der Auslegung des Begriffs „Wohl der Allgemeinheit“ besteht nicht.

Bei der Prüfung ob die genannten Voraussetzungen für einen Ausschluss der Öffentlichkeit vorliegen, ist zu beachten, dass der Grundsatz der Öffentlichkeit dem Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit dient und die Transparenz der gemeindlichen Verwaltungstätigkeit gewährleisten soll. Er trägt dem Demokratie- und dem Rechtsstaatsprinzip Rechnung, weil er die Kontrolle der Verwaltung durch die Bürger ermöglicht.

Hiervon ausgehend sind keine Gesichtspunkte erkennbar, dass das Wohl der Allgemeinheit der Anwesenheit der Öffentlichkeit bei einer Entscheidung des Gemeinderats darüber, ob die Klägerin ein Widerspruchsverfahren gegen einen Herstellungsbeitragsbescheid des Beklagten durchführen soll, entgegenstünde. Entgegenstehende Interessen einzelner sind ebenso wenig ersichtlich.

Wird die Öffentlichkeit zu Unrecht von der Sitzung ausgeschlossen, stellt dies nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs „einen gravierenden Verstoß gegen tragende Verfahrensprinzipien der Kommunalverfassung dar“ und führt zur Unwirksamkeit des betreffenden Beschlusses (vgl. BayVGH, Urteil vom 26.1.2009 - 2 N 08.124, juris Rn. 8; Bauer/Böhle/Hecker, a. a. O., Rn. 9 zu Art. 52 GO; Prandl/Zimmermann/Büchner/Pahlke, a.a.O, Rn. 10 zu Art. 52 GO).

Auf den in einer öffentlichen Sitzung gefassten Gemeinderatsbeschluss vom 14. Oktober 2014 kann es schon deshalb nicht mehr ankommen, weil dieser erst nach Abschluss des Widerspruchsverfahrens gefasst wurde.

Ist ein Widerspruch (im Ergebnis) zu Recht zurückgewiesen worden, und ergibt die gerichtliche Prüfung, dass die Zurückweisung wegen fehlender Zulässigkeit des Widerspruchs hätte erfolgen müssen, so kann dieses Ergebnis nicht mehr durch einen nach Ergehen des Widerspruchsbescheides gefassten Gemeinderatsbeschluss korrigiert werden. Es fehlt dann an der Sachurteilsvoraussetzung eines ordnungsgemäß durchgeführten Vorverfahrens.

Im Übrigen geht auch das Bundesverwaltungsgericht in der von der Klägerin zitierten Entscheidung vom 28. August 1989 - 7 B 192.88 davon aus, dass es für die Rechtswirksamkeit (prozessualer) Erklärungen auf das Vorliegen einer entsprechenden Beschlussfassung des Gemeinderats nur dann nicht ankommen soll, wenn das nach außen vertretungsberechtigte Kommunalorgan - wenn auch ohne Vertretungsmacht - gehandelt hat (a. A. die ständige Rechtsprechung des BayVGH, vgl. zuletzt Beschluss vom 20.11.2011 - 4 CS 11.2047, BayVBl. 2012, 341).

Vorliegend ist der Widerspruch aber gerade nicht durch den gemäß Art. 38 Abs. 1 GO ausschließlich vertretungsberechtigten ersten Bürgermeister eingelegt worden, so dass der Rechtsbehelf nicht wirksam erhoben worden ist.

Entgegen der von dem Bevollmächtigten der Klägerin erstmals in der mündlichen Verhandlung geäußerten Rechtsauffassung ist der streitgegenständliche Beitragsbescheid auch nicht (wegen inhaltlicher Unbestimmtheit) gemäß Art. 44 Abs. 1 BayVwVfG nichtig, so dass eine Umdeutung der Anfechtungsklage in eine Klage auf Feststellung der Nichtigkeit des Beitragsbescheides, die auch ohne Durchführung eines Vorverfahrens zulässig wäre, nicht in Betracht kommt (vgl. Kopp/Schenke, a. a. O., Rn. 7 zu § 43).

Nach der genannten Bestimmung ist ein Verwaltungsakt nichtig, wenn er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist.

Es ist der Klägerin zwar zuzugeben, dass der Beitragsbescheid nicht die den Anforderungen des Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 b), Nr. 4 b) KAG i. V. m. § 119 Abs. 1 und § 157 Abs. 1 Satz 2 AO genügt. Danach muss ein Abgabebescheid hinreichend bestimmt sein. Die Konkretisierung dieser Anforderung ist in verständiger Würdigung vom Sinn und Zweck der Vorschrift jeweils unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles vorzunehmen, wobei maßgeblich der objektive Erklärungswert aus der Sicht des Abgabeschuldners ist (BayVGH, Beschluss vom 6.4.2011 - 20 CS 11.498 und vom 5.3.1999 - 23 CS 99.93 m. w. N.). Es kommt somit nicht darauf an, wie ein außenstehender Dritter, sondern allein wie der Betroffene selbst nach den ihm bekannten Umständen den Verwaltungsakt unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen musste (BVerwG, Urteil vom 27.6.2012 - 9 C 7/11, BVerwGE 143, 222).

Das Bestimmtheitsgebot dient der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit und verlangt, dass ein rechtsstaatlicher Mindeststandard eingehalten wird (Kopp/Ramsauer, VwVfG, Rn. 12 zu § 37). Der Adressat muss in der Lage sein zu erkennen, was von ihm gefordert wird; zudem muss der Verwaltungsakt geeignete Grundlage für Maßnahmen zu seiner zwangsweisen Durchsetzung sein können. Im Einzelnen richten sich die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit eines Verwaltungsakts nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden und mit dem Verwaltungsakt umzusetzenden materiellen Rechts (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.6.2012, a. a. O., Urteil vom 18.4.1997 - 8 C 43.95, BVerwGE 104, 301 = Buchholz 401.0 § 191 AO Nr. 7).

Nach Auffassung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs bezieht sich das Bestimmtheitserfordernis aber nicht nur auf das konkrete Leistungsgebot, sondern auch darauf, welcher Sachverhalt geregelt wird, worauf also sich das Leistungsgebot bezieht (Beschlüsse vom 19.5.2008 - 20 CS 08.861 und vom 6.4.2011 - 20 CS 11.498; Giehl, Verwaltungsverfahrensrecht in Bayern, Anm. 1 zu Art. 37 BayVwVfG). Wird beispielsweise lediglich eine Teilfläche eines (teilweise) im Außenbereich befindlichen Grundstücks in Anwendung der sog. „Umgriffsregelung“ (vgl. BayVGH, Urteil vom 24.11.2011 - 20 B 11.772) zu einem Beitrag veranlagt, muss es nach Auffassung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs für den Adressaten erkennbar sein, für welche konkrete Teilfläche er zur Vorteilsabgeltung herangezogen wird (vgl. BayVGH, Beschlüsse vom 19.5.2008 und vom 6.4.2011, a. a. O.).

Nichts anderes hat zu gelten, wenn im Rahmen eines vorläufigen Beitragsbescheids lediglich eine Teilfläche eines Grundstücks veranlagt wird. Auch hier muss für den Adressaten des Bescheides eindeutig erkennbar sein, welche Flächenanteile des Grundstücks durch den Bescheid veranlagt werden. Denn anderenfalls wäre eine Nacherhebung nach einer Parzellierung mit nachfolgender Bildung neuer Buchgrundstücke im Falle der Bebauung nicht möglich. Denn in diesem Fall muss feststellbar sein, ob und in welchem Umfang das neu gebildete, nach zu veranlagende Buchgrundstück bereits zu einem Grundflächenbeitrag und zu einem fiktiven Geschossflächenbeitrag herangezogen worden ist. Dies ist jedoch nur möglich, wenn durch einen beigefügten Lageplan exakt feststellbar ist, welche Teilflächen des ursprünglichen Grundstücks (hier: Fl.Nr. ...) bereits zu einem Grundstücksflächen- und fiktiven Geschossflächenbeitrag herangezogen worden sind.

Das muss erst recht gelten, wenn der Abgabengläubiger bei der Ermittlung der beitragspflichtigen Grundstücksfläche fehlerhaft von einer zu geringen Größe des Buchgrundstücks ausgegangen ist. Das Grundstück Fl. Nr. ... hatte im Frühjahr 2011 eine Größe von 19.390 m². Erst seit dem 1. August 2012 ist das Grundstück mit einer Größe von 14.404 m² eingetragen.

Der Beklagte hat jedoch einen vorläufigen Beitrag für einen pauschalen Flächenanteil von ca. 10.000 m² (aus einer Grundstücksfläche von 14.404 m²) festgesetzt, ohne die Ermittlung dieses Flächenanteils in einem Lageplan exakt darzustellen. Der Beklagte hat auch im Klageverfahren lediglich darauf hingewiesen, dass die Ermittlung der Fläche Vertretern der Klägerin erläutert worden sei und auf den als Anlage B 7 der Klageerwiderung beigefügten Plan verwiesen. Bei diesen handelt es sich um eine Kopie des Bebauungsplans mit den vorgesehenen Festsetzungen. Aus diesem Plan lässt sich jedoch nicht entnehmen, welche Flächenteile von den veranlagten ca. 10.000 m² exakt erfasst sind, was nach dem oben Gesagten jedoch erforderlich ist.

Ein solcher Verstoß stellt sich nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs jedoch nicht als offenkundiger und besonders schwerwiegender Fehler dar, der die Nichtigkeit des Bescheides zur Folge hätte (vgl. Beschlüsse vom 19.5.2008 - 20 CS 08.861 und vom 6.4.2011 - 20 CS 11.498). Denn der vorläufige Beitragsbescheid vom 29. Mai 2013 benennt jedenfalls die Höhe des festgesetzten Beitrags und die Faktoren, aus denen sich der Beitrag berechnet und hat so jedenfalls einen vollstreckbaren Inhalt.

Die Kammer weist im Interesse der Beteiligten vorsorglich noch darauf hin, dass im Übrigen die Voraussetzungen für eine Beitragserhebung für das Grundstück Fl.Nr. ... vorgelegen hätten.

Das veranlagte Grundstück wurde nach dem von der Klägerin nicht bestrittenen Vortrag des Beklagten erstmals im Frühjahr 2011 durch die öffentliche Wasserversorgungseinrichtung des Beklagten erschlossen. Zu diesem Zeitpunkt war die Wasserleitung der öffentlichen Wasserversorgungseinrichtung des Beklagten (sogar) bis in das Grundstück Fl.Nr. ... hinein verlegt. Das Grundstück stand bereits im Eigentum der Klägerin und hatte damals eine Größe von 19.390 m².

Der bürgerlich-rechtliche (grundbuchrechtliche) Grundstücksbegriff findet auch dann Anwendung, wenn das zu veranlagende Buchgrundstück, das sich im Geltungsbereich eines Bebauungsplans befindet, - wie vorliegend - bisher nicht entsprechend den Festsetzungen des Bebauungsplans parzelliert und die auf dem Grundstück vorgesehene Erschließungsstraße noch nicht errichtet worden ist, da Bebauungsplanparzellen eines einheitlichen Buchgrundstücks keine selbstständigen, eine eigene Beitragspflicht unterliegenden Grundstücke darstellen. Dass die vorgesehenen Parzellen derzeit keine eigenen Erschließungseinrichtungen besitzen, lässt ihre grundsätzliche Bebaubarkeit unberührt, zumal es der Klägerin offen stünde, als Eigentümerin des Grundstücks die zur Bebauung notwendigen Erschließungseinrichtungen selbst zu verwirklichen (BayVGH, Beschluss vom 20.5.1998 - 23 ZS 98.762, juris Rn. 7).

Die Klägerin kann sich demgegenüber nicht darauf berufen, das Grundstück Fl.Nr. ... sei zum Zeitpunkt des Entstehens der Beitragspflicht im März 2011 wegen nicht gesicherter Erschließung nicht im Sinne des § 30 Abs. 1 BauGB bebaubar gewesen.

Das Grundstück Fl.Nr. ... befindet sich im Geltungsbereich des am 21. Dezember 2000 rechtsverbindlich gewordenen Bebauungsplans „...“, das im Bereich des genannten Grundstückes ein allgemeines Wohngebiet ausweist. Dies indiziert bereits die Bebaubarkeit im Sinne des § 30 Abs. 1 BauGB (vgl. BayVGH, Beschluss vom 30.8.2006 - 23 B 06.1467, juris Rn. 6 f.). Das Grundstück Fl. Nr. ... ist nach dem Entstehen der Beitragspflicht (im Frühjahr 2011) nachfolgend in Teilbereichen (nach Herausmessen von Teilflächen und Bildung selbstständiger Buchgrundstücke) auch tatsächlich bebaut worden, was die tatsächliche und rechtliche Bebaubarkeit des Grundstücks bestätigt.

Soweit es die bisher nicht bebaute (Rest)Fläche von 14.404 m² des nunmehrigen Grundstücks Fl.Nr. ... betrifft, ist zu beachten, dass die Erschließung im Sinne des § 30 Abs. 1 BauGB bereits dann als gesichert anzusehen ist, wenn zu erwarten ist, dass spätestens im Zeitpunkt der Nutzbarkeit der in den Baugrenzen zulässigen baulichen Anlagen die planungsrechtlich gebotene Erschließung tatsächlich vorhanden und benutzbar sein wird (vgl. Thimet, Kommunalabgaben- und Ortsrecht in Bayern, Teil IV, Art. 5, Frage 7 Rn. 6.1; Nitsche/Baumann/Schwammberger, Satzungen zur Abwasserbeseitigung, 20.02, Erl. 3 d) zu § 2 BGS). Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn sich zu diesem Zeitpunkt die gemeindliche Erschließungsaufgabe der Klägerin zu einer Erschließungspflicht verdichtet haben sollte. Eine solche Fallgestaltung kann nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 22.1.1993 - 8 C 46/91, BVerwGE 92, 8) nach dem Grundsatz von Treu und Glauben dann bestehen, wenn sich die Gemeinde nach Erlass eines qualifizierten Bebauungsplans entschließt, den Plan zwar nicht aufzuheben, aber von der Durchführung der Erschließung abzusehen. Dem steht es gleich, wenn sie unter diesen Voraussetzungen die Durchführung der Erschließung ungebührlich verzögert.

Hiervon ausgehend kann sich die Klägerin unter Beachtung des Rechtsgrundsatzes des „venire contra factum proprium“ nach Treu und Glauben nicht darauf berufen, die Erschließung des in ihrem Eigentum stehenden Grundstücks Fl.Nr. ... sei nicht gesichert, womit das Grundstück nicht beitragspflichtig sei. Die Klägerin hat den Bebauungsplan „...“ bis heute nicht aufgehoben, sondern in den Jahren 2011/2012 lediglich eine Änderung im südlichen Bereich vorgenommen, wodurch deutlich wird, dass die Klägerin im Übrigen nach wie vor an dem Bebauungsplan festhalten will. Das Baugebiet wird von der Klägerin auch nach wie vor beworben.

Da es die Klägerin als Grundstückseigentümerin zudem selbst in der Hand hat, die erforderlichen Erschließungseinrichtungen zu schaffen (vgl. BayVGH, Beschluss vom 20.5.1998 - 23 ZS 98.762), würde sie sich in dieser Konstellation widersprüchlich und rechtsmissbräuchlich verhalten, wenn sie dem Entstehen der Beitragspflicht mit der Begründung entgegentritt, die Erschließung ihres Grundstücks, das sie selbst als Bauland ausgewiesen hat, sei nicht gesichert.

Die Klage war im Ergebnis deshalb insgesamt als unzulässig abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 VwGO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i. V. m. § 709 ZPO.

Gründe, die Berufung nach § 124 a Abs. 1 VwGO zuzulassen, liegen nicht vor.

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 21. Okt. 2014 - 1 K 14.00046

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 21. Okt. 2014 - 1 K 14.00046

Referenzen - Gesetze

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Lastenausgleichsgesetz - LAG

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Zivilprozessordnung - ZPO | § 709 Vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung


Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur
Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 21. Okt. 2014 - 1 K 14.00046 zitiert 16 §§.

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(1) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsfl

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Baugesetzbuch - BBauG | § 133 Gegenstand und Entstehung der Beitragspflicht


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Baugesetzbuch - BBauG | § 127 Erhebung des Erschließungsbeitrags


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Abgabenordnung - AO 1977 | § 157 Form und Inhalt der Steuerbescheide


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Baugesetzbuch - BBauG | § 123 Erschließungslast


(1) Die Erschließung ist Aufgabe der Gemeinde, soweit sie nicht nach anderen gesetzlichen Vorschriften oder öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen einem anderen obliegt. (2) Die Erschließungsanlagen sollen entsprechend den Erfordernissen der Bebauun

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Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 21. Okt. 2014 - 1 K 14.00046 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

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Bundesverwaltungsgericht Urteil, 27. Juni 2012 - 9 C 7/11

bei uns veröffentlicht am 27.06.2012

Tatbestand 1 Die Klägerin, die ein Kalkwerk im Gebiet der beklagten Gemeinde betreibt, wendet sich gegen die Heranziehung zu Abwasserbeiträgen durch die Beklagte.

Referenzen

(1) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen enthält, ist ein Vorhaben zulässig, wenn es diesen Festsetzungen nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(2) Im Geltungsbereich eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans nach § 12 ist ein Vorhaben zulässig, wenn es dem Bebauungsplan nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(3) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht erfüllt (einfacher Bebauungsplan), richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben im Übrigen nach § 34 oder § 35.

(1) Die Gemeinden erheben zur Deckung ihres anderweitig nicht gedeckten Aufwands für Erschließungsanlagen einen Erschließungsbeitrag nach Maßgabe der folgenden Vorschriften.

(2) Erschließungsanlagen im Sinne dieses Abschnitts sind

1.
die öffentlichen zum Anbau bestimmten Straßen, Wege und Plätze;
2.
die öffentlichen aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen mit Kraftfahrzeugen nicht befahrbaren Verkehrsanlagen innerhalb der Baugebiete (z. B. Fußwege, Wohnwege);
3.
Sammelstraßen innerhalb der Baugebiete; Sammelstraßen sind öffentliche Straßen, Wege und Plätze, die selbst nicht zum Anbau bestimmt, aber zur Erschließung der Baugebiete notwendig sind;
4.
Parkflächen und Grünanlagen mit Ausnahme von Kinderspielplätzen, soweit sie Bestandteil der in den Nummern 1 bis 3 genannten Verkehrsanlagen oder nach städtebaulichen Grundsätzen innerhalb der Baugebiete zu deren Erschließung notwendig sind;
5.
Anlagen zum Schutz von Baugebieten gegen schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, auch wenn sie nicht Bestandteil der Erschließungsanlagen sind.

(3) Der Erschließungsbeitrag kann für den Grunderwerb, die Freilegung und für Teile der Erschließungsanlagen selbständig erhoben werden (Kostenspaltung).

(4) Das Recht, Abgaben für Anlagen zu erheben, die nicht Erschließungsanlagen im Sinne dieses Abschnitts sind, bleibt unberührt. Dies gilt insbesondere für Anlagen zur Ableitung von Abwasser sowie zur Versorgung mit Elektrizität, Gas, Wärme und Wasser.

(1) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen enthält, ist ein Vorhaben zulässig, wenn es diesen Festsetzungen nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(2) Im Geltungsbereich eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans nach § 12 ist ein Vorhaben zulässig, wenn es dem Bebauungsplan nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(3) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht erfüllt (einfacher Bebauungsplan), richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben im Übrigen nach § 34 oder § 35.

(1) Die Erschließung ist Aufgabe der Gemeinde, soweit sie nicht nach anderen gesetzlichen Vorschriften oder öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen einem anderen obliegt.

(2) Die Erschließungsanlagen sollen entsprechend den Erfordernissen der Bebauung und des Verkehrs kostengünstig hergestellt werden und spätestens bis zur Fertigstellung der anzuschließenden baulichen Anlagen benutzbar sein.

(3) Ein Rechtsanspruch auf Erschließung besteht nicht.

(4) Die Unterhaltung der Erschließungsanlagen richtet sich nach landesrechtlichen Vorschriften.

(1) Der Beitragspflicht unterliegen Grundstücke, für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung festgesetzt ist, sobald sie bebaut oder gewerblich genutzt werden dürfen. Erschlossene Grundstücke, für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung nicht festgesetzt ist, unterliegen der Beitragspflicht, wenn sie nach der Verkehrsauffassung Bauland sind und nach der geordneten baulichen Entwicklung der Gemeinde zur Bebauung anstehen. Die Gemeinde gibt bekannt, welche Grundstücke nach Satz 2 der Beitragspflicht unterliegen; die Bekanntmachung hat keine rechtsbegründende Wirkung.

(2) Die Beitragspflicht entsteht mit der endgültigen Herstellung der Erschließungsanlagen, für Teilbeträge, sobald die Maßnahmen, deren Aufwand durch die Teilbeträge gedeckt werden soll, abgeschlossen sind. Im Falle des § 128 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 entsteht die Beitragspflicht mit der Übernahme durch die Gemeinde.

(3) Für ein Grundstück, für das eine Beitragspflicht noch nicht oder nicht in vollem Umfang entstanden ist, können Vorausleistungen auf den Erschließungsbeitrag bis zur Höhe des voraussichtlichen endgültigen Erschließungsbeitrags verlangt werden, wenn ein Bauvorhaben auf dem Grundstück genehmigt wird oder wenn mit der Herstellung der Erschließungsanlagen begonnen worden ist und die endgültige Herstellung der Erschließungsanlagen innerhalb von vier Jahren zu erwarten ist. Die Vorausleistung ist mit der endgültigen Beitragsschuld zu verrechnen, auch wenn der Vorausleistende nicht beitragspflichtig ist. Ist die Beitragspflicht sechs Jahre nach Erlass des Vorausleistungsbescheids noch nicht entstanden, kann die Vorausleistung zurückverlangt werden, wenn die Erschließungsanlage bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht benutzbar ist. Der Rückzahlungsanspruch ist ab Erhebung der Vorausleistung mit 2 vom Hundert über dem Basiszinssatz nach § 247 des Bürgerlichen Gesetzbuchs jährlich zu verzinsen. Die Gemeinde kann Bestimmungen über die Ablösung des Erschließungsbeitrags im Ganzen vor Entstehung der Beitragspflicht treffen.

(1) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen enthält, ist ein Vorhaben zulässig, wenn es diesen Festsetzungen nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(2) Im Geltungsbereich eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans nach § 12 ist ein Vorhaben zulässig, wenn es dem Bebauungsplan nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(3) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht erfüllt (einfacher Bebauungsplan), richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben im Übrigen nach § 34 oder § 35.

(1) Der Widerspruch ist innerhalb eines Monats, nachdem der Verwaltungsakt dem Beschwerten bekanntgegeben worden ist, schriftlich, in elektronischer Form nach § 3a Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes oder zur Niederschrift bei der Behörde zu erheben, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Die Frist wird auch durch Einlegung bei der Behörde, die den Widerspruchsbescheid zu erlassen hat, gewahrt.

(2) §§ 58 und 60 Abs. 1 bis 4 gelten entsprechend.

(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Einer solchen Nachprüfung bedarf es nicht, wenn ein Gesetz dies bestimmt oder wenn

1.
der Verwaltungsakt von einer obersten Bundesbehörde oder von einer obersten Landesbehörde erlassen worden ist, außer wenn ein Gesetz die Nachprüfung vorschreibt, oder
2.
der Abhilfebescheid oder der Widerspruchsbescheid erstmalig eine Beschwer enthält.

(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein.

(2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich zu bestätigen, wenn hieran ein berechtigtes Interesse besteht und die betroffene Person dies unverzüglich verlangt.

(3) Ein schriftlich oder elektronisch erlassener Verwaltungsakt muss die erlassende Behörde erkennen lassen. Ferner muss er die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten; dies gilt nicht für einen Verwaltungsakt, der formularmäßig oder mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wird. Ist für einen Verwaltungsakt durch Gesetz eine Schriftform angeordnet, so muss bei einem elektronischen Verwaltungsakt auch das der Signatur zugrunde liegende qualifizierte Zertifikat oder ein zugehöriges qualifiziertes Attributzertifikat die erlassende Behörde erkennen lassen. Im Falle des § 87a Absatz 4 Satz 3 muss die Bestätigung nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes die erlassende Finanzbehörde als Nutzer des De-Mail-Kontos erkennen lassen.

(1) Steuerbescheide sind schriftlich oder elektronisch zu erteilen, soweit nichts anderes bestimmt ist. Sie müssen die festgesetzte Steuer nach Art und Betrag bezeichnen und angeben, wer die Steuer schuldet. Ihnen ist außerdem eine Belehrung darüber beizufügen, welcher Rechtsbehelf zulässig ist und binnen welcher Frist und bei welcher Behörde er einzulegen ist.

(2) Die Feststellung der Besteuerungsgrundlagen bildet einen mit Rechtsbehelfen nicht selbständig anfechtbaren Teil des Steuerbescheids, soweit die Besteuerungsgrundlagen nicht gesondert festgestellt werden.

Tatbestand

1

Die Klägerin, die ein Kalkwerk im Gebiet der beklagten Gemeinde betreibt, wendet sich gegen die Heranziehung zu Abwasserbeiträgen durch die Beklagte.

2

Mit zwei Bescheiden vom 27. Dezember 2006 setzte die Beklagte Abwasserbeiträge in Höhe von insgesamt 1 004 000,45 € fest. Adressiert waren die Beitragsbescheide unter der Anschrift der Klägerin an die "... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH". Als Beitragsschuldner wird "die in der Anschrift genannte Person" bezeichnet. In einem der Bescheide brachte die Beklagte 127 822,97 € Vorausleistung in Abzug, die von der "... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH" aufgrund eines an sie adressierten Vorausleistungsbescheides vom 14. Dezember 2001 entrichtet worden waren.

3

Die "... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH" wurde mit Verschmelzungsvertrag vom 28. August 2001 gemeinsam mit (vier) weiteren Gesellschaften der ...-Gruppe zum 27. Dezember 2001 durch Eintragung in das Handelsregister mit der "Heidelberger ... GmbH" als übernehmendem Rechtsträger verschmolzen. Die Beklagte teilte der "Heidelberger ... GmbH" unter dem 28. August 2002 mit, dass die Bauarbeiten zum Anschluss der M. Schmutzwasserentsorgung an die Kläranlage des örtlichen Zweckverbandes abgeschlossen seien und es daher möglich sei, die Grundstücke der "Heidelberger ... GmbH" an den öffentlichen Schmutzwasserkanal anzuschließen. Ferner enthält das Schreiben einen Hinweis, dass über die zu entrichtenden Beiträge gesonderte Bescheide ergehen werden. Die Firma der "Heidelberger ... GmbH" wurde im Dezember 2002 in "... Deutschland GmbH" geändert. Die Klägerin ist im Wege einer weiteren Verschmelzung am 20. Juli 2009 als übernehmender Rechtsträger Rechtsnachfolgerin der "... Deutschland GmbH" und damit Eigentümerin der beitragspflichtigen Grundstücke geworden.

4

Der von der "... Deutschland GmbH" gegen die Bescheide eingelegte Widerspruch wurde zurückgewiesen. Die daraufhin erhobene Klage hatte vor dem Verwaltungsgericht Erfolg. Der Verwaltungsgerichtshof hat die erstinstanzliche Entscheidung mit Urteil vom 28. April 2010 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die angegriffenen Bescheide seien inhaltlich hinreichend bestimmt. Aus den Bescheiden ergebe sich insbesondere eindeutig, an wen sie sich richteten; danach schulde die "... Deutschland GmbH" die festgesetzten Abwasserbeiträge und nicht deren im Zeitpunkt des Erlasses der Bescheide erloschene Rechtsvorgängerin. Die Bescheide führten zwar im Adressfeld die "... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH" als Adressatin auf, die lediglich bis zum 27. Dezember 2001 Eigentümerin der im Bescheid genannten Grundstücke des Kalkwerks gewesen sei. Im Zeitpunkt des Zugangs der Bescheide hätten die Organe der "... Deutschland GmbH" die Bescheide auf Grundlage der für sie ohne Weiteres erkennbaren Umstände des Einzelfalls und unter Berücksichtigung von Treu und Glauben aber nur so verstehen können, dass die "... Deutschland GmbH" als aktuelle Eigentümerin der Grundstücke des Kalkwerks zum Beitrag herangezogen werden sollte. Eine andere Entscheidung rechtfertige auch nicht die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, wonach ein Verwaltungsakt unwirksam sei, wenn er sich gegen ein nicht oder nicht mehr existentes Steuersubjekt richte. Ob sich ein Verwaltungsakt gegen ein nicht existentes Steuersubjekt richte, könne erst nach erfolgter Auslegung und damit nicht allein aufgrund des Wortlauts des Adressfeldes gesagt werden.

5

Mit ihrer vom Senat mit Beschluss vom 28. April 2011 zugelassenen Revision macht die Klägerin in erster Linie geltend: Die Beitragsbescheide seien inhaltlich unbestimmt und damit nichtig, da vor ihrem Erlass das Vermögen der "... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH" einschließlich der beitragspflichtigen Grundstücke durch Verschmelzung auf die Rechtsvorgängerin der Klägerin übergegangen und die "... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH" erloschen sei. Darauf, ob die Rechtsvorgängerin der Klägerin hätte wissen müssen, dass die Bescheide an sie gerichtet gewesen seien, komme es nicht an. Der Verwaltungsgerichtshof habe durch seine Auslegung die Bescheide in Wahrheit umgedeutet und deren Unbestimmtheit erst herbeigeführt. Tatsächlich habe seitens der Beklagten auch kein Erklärungsirrtum vorgelegen, da der Sachbearbeiter den Bescheid bewusst an die noch im Grundbuch als Eigentümerin eingetragene "... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH" adressiert habe.

6

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 28. April 2010 zu ändern und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 29. April 2009 zurückzuweisen.

7

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

8

Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Die Bescheide seien auslegungsfähig. Dabei komme es nicht darauf an, wie ein außenstehender Dritter, sondern allein wie der Betroffene sie nach den ihm bekannten Umständen unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen musste. Der Klägerin sei sofort klar gewesen, dass sie die Adressatin der Bescheide und Beitragsschuldnerin gewesen sei. Aus der den Bescheiden beigefügten Liste der der Beitragspflicht unterliegenden Grundstücke und der Vorkorrespondenz hätte sie dies jedenfalls ohne Weiteres erkennen können und müssen.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Klägerin, auf die das Abgabenschuldverhältnis im Wege der Gesamtrechtsnachfolge übergegangen ist (§ 45 Abs. 1 Satz 1 AO) und die das Verfahren ihrer Rechtsvorgängerin aufgenommen hat (§ 173 VwGO i.V.m. den entsprechend anwendbaren §§ 239 ff. ZPO), ist nicht begründet. Das angefochtene Urteil ist mit Bundesrecht vereinbar (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO).

10

Die vom Verwaltungsgerichtshof vertretene Auffassung, die Beitragsbescheide der Beklagten, die an eine schon mehrere Jahre zuvor durch gesellschaftsrechtliche Verschmelzung erloschene und damit als Rechtssubjekt nicht mehr existente GmbH adressiert sind, seien inhaltlich hinreichend bestimmt, weil sich die Rechtsnachfolgerin der Gesellschaft als Inhaltsadressatin ansehen musste, betrifft im Ausgangspunkt irrevisibles Landesrecht. Denn die Anforderungen an die Bestimmtheit von Heranziehungsbescheiden zu Abwasserbeiträgen ergeben sich hier zunächst aus § 3 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b, Nr. 4 Buchst. c des baden-württembergischen Kommunalabgabengesetzes in Verbindung mit § 119 Abs. 1, § 157 Abs. 1 Satz 2 der kraft Verweisung im Kommunalabgabengesetz ebenfalls nur als Landesrecht zur Anwendung kommenden Abgabenordnung (stRspr; vgl. Beschlüsse vom 2. Juli 1990 - BVerwG 5 B 37.90 - Buchholz 310 § 137 VwGO Nr. 160 S.10 und vom 25. März 1996 - BVerwG 8 B 48.96 - Buchholz 401.84 Benutzungsgebühren Nr. 79 S. 53; Urteil vom 19. März 2009 - BVerwG 9 C 10.08 - Buchholz 406.11 § 133 BauGB Nr. 135 Rn. 9). Unter bundesrechtlichen und damit revisiblen Gesichtspunkten ist deshalb lediglich fraglich, ob die Auslegung und Anwendung von Landesrecht mit den Anforderungen, die das allgemeine Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) an die Bestimmtheit von Abgabenbescheiden stellt, vereinbar ist. Dies ist der Fall.

11

1. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass der Adressat eines Verwaltungsakts zwar einerseits hinreichend bestimmt bezeichnet sein muss, dass aber andererseits ein Verwaltungsakt mit Blick auf die Bezeichnung des Inhaltsadressaten auslegungsfähig sein und die Auslegung etwaige Zweifel an der Bestimmtheit beseitigen kann. Dabei kommt es nicht darauf an, wie ein außenstehender Dritter, sondern allein wie der Betroffene selbst nach den ihm bekannten Umständen den Verwaltungsakt unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen musste. Die Annahme der Nichtigkeit eines Abgabenbescheides wegen Unbestimmtheit scheidet danach aus, wenn die (vorrangige) Auslegung des Bescheides etwaige Zweifel an der Bestimmtheit beseitigt (Urteil vom 25. Februar 1994 - BVerwG 8 C 2.92 - Buchholz 401.84 Benutzungsgebühren Nr. 68 S. 4; Beschlüsse vom 25. März 1996 a.a.O. S. 53 f. und vom 6. September 2008 - BVerwG 7 B 10.08 - juris Rn. 24). Diese Auslegungsgrundsätze hat das Berufungsgericht seinem Urteil zugrunde gelegt.

12

Weiter gehende Anforderungen an die Auslegung von Bescheiden aufgrund des rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebots folgen nicht aus der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zur Unbestimmtheit und Nichtigkeit von an den nicht mehr existenten Rechtsvorgänger des Steuerschuldners adressierten Steuerbescheiden. In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geht der Bundesfinanzhof davon aus, dass konstituierender Bestandteil jedes Verwaltungsakts die Angabe des Inhaltsadressaten ist, d.h. desjenigen, dem gegenüber der Einzelfall geregelt werden soll (BFH, Urteil vom 13. Dezember 2007 - IV R 91/05 - juris Rn. 14). Weiterhin in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Bestimmtheit von Verwaltungsakten lässt der Bundesfinanzhof es grundsätzlich genügen, wenn die Identität des Inhaltsadressaten eines Steuerverwaltungsakts durch Auslegung anhand der dem Betroffenen bekannten Umstände einschließlich dem Bescheid beigefügten Unterlagen und zeitlich vorhergehender Bescheide hinreichend sicher bestimmt werden kann (BFH, Beschluss vom 29. Juni 1988 - IV B 70/88 - juris Rn. 22 und Urteil vom 1. Dezember 2004 - II R 10/02 - juris Rn. 9 m.w.N. ). Diese Grundsätze erfahren nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs jedoch dann eine Einschränkung, wenn sich der in seiner Bezeichnung des Adressaten eindeutige Abgabenbescheid gegen ein nicht oder nicht mehr existierendes Steuersubjekt richtet. Das ist unter anderem dann der Fall, wenn der Adressat des Abgabenbescheides eine Gesellschaft ist, die bei Erlass des Bescheides durch Umwandlung erloschen war (BFH, Großer Senat, Beschluss vom 21. Oktober 1985 - GrS 4/84 - BFHE 145, 110, BStBl II 1986, 230; Urteil vom 25. Januar 2006 - I R 52/05 - juris Rn. 9, 13). Ferner können nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs Fehler in der Bezeichnung des Steuerschuldners im Fall der Rechtsnachfolge im weiteren Verfahren nicht geheilt werden (BFH, Großer Senat, Beschluss vom 21. Oktober 1985 a.a.O.). Die Tatsache, dass sich der Empfänger eines Bescheides mit unrichtiger Bezeichnung des Steuerschuldners als Adressat angesehen hat, sei unbeachtlich, weil die objektive Richtigkeit oder Unrichtigkeit eines Bescheides nicht vom Verhalten der Beteiligten abhängen könne. Eine Auslegung eines Steuerbescheides hinsichtlich des Inhaltsadressaten kommt danach nur dann in Betracht, wenn dessen Bezeichnung im Bescheid selbst mehrdeutig ist (BFH, Urteil vom 13. Dezember 2007 a.a.O. Rn. 16, 19).

13

Die Frage, ob das Berufungsgericht bei seiner Auslegung diesen vom Bundesfinanzhof für die Fälle der Rechtsnachfolge entwickelten Grundsätzen gerecht geworden ist, stünde einer revisionsgerichtlichen Überprüfung nur dann offen, wenn die vom Bundesfinanzhof vorgenommenen Einschränkungen der allgemeinen Auslegungsregeln bei der Ermittlung des Inhaltsadressaten eines Abgabenverwaltungsakts durch den rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgrundsatz geboten und damit Teil des Bundesrechts (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) wären. Dies ist nicht der Fall.

14

Das Bundesverfassungsgericht hat das im allgemeinen Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) wurzelnde, der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit dienende Bestimmtheitsgebot vor allem im Zusammenhang mit der hinreichenden Bestimmtheit von Gesetzen konturiert. Danach sind gesetzliche Tatbestände so zu fassen, dass die Betroffenen die Rechtslage erkennen und ihr Verhalten danach ausrichten können. Welche Anforderungen an die Bestimmtheit zu stellen sind, lässt sich indes nicht generell und abstrakt festlegen, sondern hängt auch von der Eigenart des zu ordnenden Lebenssachverhalts und dem Zweck der betroffenen Norm (BVerfG, Beschlüsse vom 17. Juli 2003 - 2 BvL 1/99 u.a. - BVerfGE 108, 186 <235> und vom 18. Mai 2004 - 2 BvR 2374/99 - BVerfGE 110, 370 <396 f.>) sowie den jeweiligen Grundrechtsauswirkungen und der Art und Intensität des zugelassenen behördlichen Eingriffs ab (BVerfG, Beschluss vom 24. November 1981 - 2 BvL 4/80 - BVerfGE 59, 104 <114>; Urteil vom 27. Juli 2005 - 1 BvR 668/04 - BVerfGE 113, 348 <375 f.>; BVerwG, Beschluss vom 20. August 1997 - BVerwG 8 B 170.97 - BVerwGE 105, 144 <147>). Auch bei öffentlich-rechtlichen Abgaben kommt es für die hinreichende Bestimmtheit des Gesetzes auf die Eigenart des geregelten Sachbereichs wie auf das Betroffensein von Grundrechten an. Für alle Abgaben gilt als allgemeiner Grundsatz, dass abgabenbegründende Tatbestände so bestimmt sein müssen, dass der Abgabenpflichtige die auf ihn entfallende Abgabe in gewissem Umfang vorausberechnen kann. Dabei genügt es im Bereich des Gebühren- und Beitragsrechts, dass für den Abgabenschuldner die Höhe der zu erwartenden Abgabe im Wesentlichen abschätzbar ist, so dass für ihn unzumutbare Unsicherheiten nicht entstehen können (BVerfG, Beschluss vom 17. Juli 2003 a.a.O. S. 236; BVerwG, Beschluss vom 20. August 1997 a.a.O. S. 148 f.).

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Aus diesen Grundsätzen lassen sich Rückschlüsse auf die verfassungsrechtlich gebotene Bestimmtheit von Verwaltungsakten ziehen. Auch bei ihnen dient das Bestimmtheitsgebot der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit und verlangt, dass ein rechtsstaatlicher Mindeststandard eingehalten wird (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl. 2011, § 37 Rn. 2). Der Adressat muss in der Lage sein zu erkennen, was von ihm gefordert wird; zudem muss der Verwaltungsakt geeignete Grundlage für Maßnahmen zu seiner zwangsweisen Durchsetzung sein können. Im Einzelnen richten sich die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit eines Verwaltungsakts nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden und mit dem Verwaltungsakt umzusetzenden materiellen Rechts (vgl. Urteil vom 18. April 1997 - BVerwG 8 C 43.95 - BVerwGE 104, 301 = Buchholz 401.0 § 191 AO Nr. 7). Dem rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebot lässt sich von daher nicht entnehmen, dass es in Fällen der Rechtsnachfolge von Verfassungs wegen ausgeschlossen ist, einen an ein erloschenes Rechtssubjekt als Beitragsschuldner adressierten Abgabenbescheid im Wege der Auslegung als an den Rechtsnachfolger des Adressaten gerichtet zu verstehen. Bei Beachtung der anerkannten Auslegungsgrundsätze ist auch in diesen Fällen in einer dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot genügenden Weise gesichert, dass für den durch Auslegung des Bescheides ermittelten Inhaltsadressaten keine unzumutbaren Unsicherheiten über seine Betroffenheit sowie über Grund, Höhe und Fälligkeit der Abgabenschuld entstehen. Die von dem Bundesfinanzhof in Auslegung einfach-rechtlicher Normen der Abgabenordnung vertretene Auffassung, ein im Fall der Rechtsnachfolge an den Rechtsvorgänger gerichteter Abgabenbescheid sei unwirksam und könne nicht dahin ausgelegt werden, dass Inhaltsadressat der Rechtsnachfolger sei, geht mithin über das durch Bundes(verfassungs)recht Gebotene hinaus und ist damit einer revisionsgerichtlichen Überprüfung hier entzogen.

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2. Die Auslegung der angefochtenen Beitragsbescheide durch das Berufungsgericht hält einer revisionsgerichtlichen Überprüfung ebenfalls stand. Dabei kann offen bleiben, ob das Revisionsgericht zur selbständigen Auslegung von Verwaltungsakten befugt ist (so Urteile vom 14. Dezember 2005 - BVerwG 10 C 6.04 - BVerwGE 125, 9 Rn. 19 und vom 25. Februar 1994 a.a.O.) oder ob es jedenfalls dann, wenn das Berufungsgericht ein Auslegungsergebnis - wie hier - näher begründet hat, darauf beschränkt ist, die Auslegung des Tatrichters daraufhin zu überprüfen, ob sie auf einem Rechtsirrtum beruht oder ob sie einen Verstoß gegen allgemeine Erfahrungssätze, Denkgesetze oder Auslegungsregeln erkennen lässt oder einen umstrittenen Prozessstoff zu Unrecht unberücksichtigt gelassen hat (Urteil vom 4. Dezember 2001 - BVerwG 4 C 2.00 - BVerwGE 115, 274 <280>; vgl. auch Neumann, in: Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, 3. Aufl. 2010, § 137 Rn. 166 ff.). Denn die Vorinstanz ist ohne Verstoß gegen die anerkannten Auslegungsregeln oder einen sonstigen Rechtsverstoß zu einer Auslegung der angegriffenen Beitragsbescheide gelangt, die der Senat teilt.

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Die Rüge der Revision, die Bescheide seien aufgrund der Adressierung an die "... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH" hinsichtlich ihres Inhaltsadressaten eindeutig und daher nicht der Auslegung zugänglich, übersieht, dass nach der Ermittlung des Wortlauts einer Erklärung in einem zweiten Schritt auch die außerhalb der Begleitumstände liegenden Umstände in die Auslegung einzubeziehen sind, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen. Selbst ein klarer Wortlaut einer Erklärung stellt keine Grenze für die Auslegung anhand der Gesamtumstände dar. Die Feststellung, dass eine Erklärung eindeutig ist, lässt sich erst durch eine alle Umstände berücksichtigende Auslegung treffen (BGH, Urteile vom 19. Januar 2000 - VIII ZR 275/98 - NJW-RR 2000, 1002 <1003> und vom 19. Dezember 2001 - XII ZR 281/99 - NJW 2002, 1260 <1261>). Eine solche umfassende Auslegung hat der Verwaltungsgerichtshof vorgenommen, indem er berücksichtigt hat, dass der Klägerin ihre Eigentümerstellung hinsichtlich der in der Anlage zu den Bescheiden genau bezeichneten Grundstücke ebenso bekannt war wie ihre Beitragspflicht aufgrund des Anschlusses ihres Betriebs an die neu errichtete Schmutzwasserentsorgungsanlage der Beklagten. Als weiteren wesentlichen und der Klägerin bekannten Teil der Vorgeschichte der Bescheide hat der Verwaltungsgerichtshof den an die "... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH" gerichteten und beglichenen Vorausleistungsbescheid vom 14. Dezember 2001 und insbesondere das nach Erlöschen der "... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH" an deren Rechtsnachfolgerin gerichtete Schreiben der Beklagten vom 28. August 2002, mit dem die Klägerin als Grundstückseigentümerin über ihre bevorstehende Heranziehung zu den Kosten des Klärwerks informiert wurde, angesehen. Die Schlussfolgerung des Berufungsgerichts, der Rechtsvorgängerin der Klägerin habe aufgrund dieser Umstände bei Erhalt der Bescheide "auf den ersten Blick" klar sein müssen, dass sie selbst als aktuelle Eigentümerin der Grundstücke des Kalkwerks und nicht die bereits seit Jahren erloschene "... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH" herangezogen werden sollte und lediglich die Adressierung versehentlich fehlerhaft war, weist einen Rechtsfehler nicht auf.

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Die Rüge der Klägerin, bei einer eindeutigen Adressierung eines Bescheides könne sich aus einem zeitlich vorangehenden Bescheid allenfalls ergeben, dass unklar sei, welches Rechtssubjekt der später ergangene Bescheid betreffe, übersieht, dass die Auslegung stets einer Gesamtbetrachtung aller Umstände des jeweiligen Einzelfalls bedarf und das Berufungsgericht gerade nicht nur auf die Ankündigung der Beklagten, die Rechtsvorgängerin der Klägerin heranziehen zu wollen, sondern zusätzlich darauf abgestellt hat, dass für die Klägerin ohne Weiteres erkennbar war, dass sie für den ihr gewährten Vorteil des Anschlusses an die kommunale Kläranlage beitragspflichtig und daher Adressatin der Beitragsforderung war. Ohne Erfolg bleibt auch die Rüge der Klägerin, bei einer Auslegung nach § 133 BGB sei der wirkliche Wille des Erklärenden zu erforschen und der Sachbearbeiter der Beklagten habe nach den tatrichterlichen Feststellungen des Berufungsgerichts in den Bescheiden bewusst und gewollt die "... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH" als Adressatin bezeichnet. Entsprechend den zu empfangsbedürftigen Willenserklärungen im Zivilrecht entwickelten Grundsätzen ist bei Verwaltungsakten nicht auf den wirklichen Willen des Erklärenden (sog. natürliche Auslegung), sondern - wie oben dargelegt - auf die objektive Erklärungsbedeutung (sog. normative Auslegung), wie sie der Empfänger verstehen musste, abzustellen (stRspr, Urteil vom 2. September 1999 - BVerwG 2 C 22.98 - BVerwGE 109, 283 <286>; BFH, Urteil vom 26. August 1982 - IV R 31/82 - BFHE 136, 351 m.w.N; vgl. zum Zivilrecht Ellenberger, in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 71. Aufl. 2012, § 133 Rn. 7, 9). Dass der Abgabenbescheid Grundlage für die Zwangsvollstreckung gegen den Abgabenschuldner ist, führt zu keiner anderen Beurteilung. Soweit die Klägerin unter Hinweis auf zivilrechtliche Grundsätze geltend macht, aufgrund der Formenstrenge des Zwangsvollstreckungsverfahrens komme eine Auslegung eines Titels durch außerhalb des Titels liegende Umstände nicht in Betracht, übersieht sie, dass auch im Zivilrecht Umstände außerhalb des Titels berücksichtigt werden können, wenn dem nicht berechtigte Schutzinteressen des Vollstreckungsschuldners entgegenstehen. Solche verneint der Bundesgerichtshof dann, wenn Prozess- und Vollstreckungsgericht identisch sind und daher auch das Vollstreckungsgericht über die für die Auslegung des Titels erforderlichen Kenntnisse verfügt (BGH, Beschluss vom 23. Oktober 2003 - I ZB 45/02 - BGHZ 156, <339>). Hiermit vergleichbar ist die Situation bei der zwangsweisen Durchsetzung öffentlich-rechtlicher Abgaben durch die den Abgabenbescheid erlassende Behörde, die zudem bei der Vollstreckung weitergehenden rechtlichen Bindungen als ein privater Gläubiger unterworfen ist.

(1) Wer kraft Gesetzes für eine Steuer haftet (Haftungsschuldner), kann durch Haftungsbescheid, wer kraft Gesetzes verpflichtet ist, die Vollstreckung zu dulden, kann durch Duldungsbescheid in Anspruch genommen werden. Die Anfechtung wegen Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis außerhalb des Insolvenzverfahrens erfolgt durch Duldungsbescheid, soweit sie nicht im Wege der Einrede nach § 9 des Anfechtungsgesetzes geltend zu machen ist; bei der Berechnung von Fristen nach den §§ 3 und 4 des Anfechtungsgesetzes steht der Erlass eines Duldungsbescheids der gerichtlichen Geltendmachung der Anfechtung nach § 7 Abs. 1 des Anfechtungsgesetzes gleich. Die Bescheide sind schriftlich oder elektronisch zu erteilen.

(2) Bevor gegen einen Rechtsanwalt, Patentanwalt, Notar, Steuerberater, Steuerbevollmächtigten, Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchprüfer wegen einer Handlung im Sinne des § 69, die er in Ausübung seines Berufs vorgenommen hat, ein Haftungsbescheid erlassen wird, gibt die Finanzbehörde der zuständigen Berufskammer Gelegenheit, die Gesichtspunkte vorzubringen, die von ihrem Standpunkt für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Die Vorschriften über die Festsetzungsfrist sind auf den Erlass von Haftungsbescheiden entsprechend anzuwenden. Die Festsetzungsfrist beträgt vier Jahre, in den Fällen des § 70 bei Steuerhinterziehung zehn Jahre, bei leichtfertiger Steuerverkürzung fünf Jahre, in den Fällen des § 71 zehn Jahre. Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Tatbestand verwirklicht worden ist, an den das Gesetz die Haftungsfolge knüpft. Ist die Steuer, für die gehaftet wird, noch nicht festgesetzt worden, so endet die Festsetzungsfrist für den Haftungsbescheid nicht vor Ablauf der für die Steuerfestsetzung geltenden Festsetzungsfrist; andernfalls gilt § 171 Abs. 10 sinngemäß. In den Fällen der §§ 73 und 74 endet die Festsetzungsfrist nicht, bevor die gegen den Steuerschuldner festgesetzte Steuer verjährt (§ 228) ist.

(4) Ergibt sich die Haftung nicht aus den Steuergesetzen, so kann ein Haftungsbescheid ergehen, solange die Haftungsansprüche nach dem für sie maßgebenden Recht noch nicht verjährt sind.

(5) Ein Haftungsbescheid kann nicht mehr ergehen,

1.
soweit die Steuer gegen den Steuerschuldner nicht festgesetzt worden ist und wegen Ablaufs der Festsetzungsfrist auch nicht mehr festgesetzt werden kann,
2.
soweit die gegen den Steuerschuldner festgesetzte Steuer verjährt ist oder die Steuer erlassen worden ist.
Dies gilt nicht, wenn die Haftung darauf beruht, dass der Haftungsschuldner Steuerhinterziehung oder Steuerhehlerei begangen hat.

(1) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen enthält, ist ein Vorhaben zulässig, wenn es diesen Festsetzungen nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(2) Im Geltungsbereich eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans nach § 12 ist ein Vorhaben zulässig, wenn es dem Bebauungsplan nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(3) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht erfüllt (einfacher Bebauungsplan), richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben im Übrigen nach § 34 oder § 35.

(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluß über die Kosten zu entscheiden.

(2) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 4 nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens durch Beschluß; der bisherige Sach- und Streitstand ist zu berücksichtigen. Der Rechtsstreit ist auch in der Hauptsache erledigt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Erledigungserklärung enthaltenden Schriftsatzes widerspricht und er vom Gericht auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(3) In den Fällen des § 75 fallen die Kosten stets dem Beklagten zur Last, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.