Verwaltungsgericht Aachen Beschluss, 04. Jan. 2016 - 9 Nc 11/15
Gericht
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
2. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.000,00 € festgesetzt.
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G R Ü N D E :
2I.
3Der Antragsteller besitzt die allgemeine Hochschulreife und erstrebt die Zulassung zum Studium der Humanmedizin - Klinischer Teil - im Wintersemester 2015/2016 an der S. -X. U. Hochschule (S1. ) B. .
4Mit der Begründung, die verordnungsrechtlich festgesetzte Zulassungszahl für das fünfte Fachsemester erschöpfe die tatsächlich vorhandene Ausbildungskapazität nicht, beantragt der Antragsteller sinngemäß,
5der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, ihn zum Studium der Humanmedizin im Wintersemester 2015/2016 im fünften, hilfsweise einem niedrigeren Fachsemester zuzulassen.
6Die Antragsgegnerin hat Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten; sie hat in diesem Rahmen die kapazitätsrelevanten Berechnungsunterlagen zur Generalakte Humanmedizin vorgelegt.
7II.
8Der Antrag auf vorläufige Zulassung zum Studium der Humanmedizin im fünften Fachsemester (= erstes klinisches Fachsemester) im Wintersemester 2015/2016 ist zulässig, aber nicht begründet. Der Antragsteller hat nicht glaubhaft gemacht, dass über die festgesetzte Zulassungszahl hinaus noch weitere Studienplätze zur Verfügung stehen.
9Die Zahl der Studienplätze im fünften Fachsemester hat die Ministerin für Innovation, Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein‑Westfalen (MIWF) durch Verordnung über die Festsetzung von Zulassungszahlen und die Vergabe von Studienplätzen in höheren Fachsemestern an den Hochschulen des Landes Nordrhein-Westfalen zum Studienjahr 2015/2016 vom 24. August 2015 (GV. NRW. S. 576), geändert durch Verordnung vom 4. September 2015 (GV. NRW. S. 630), für die S1. B. im Modellstudiengang Medizin auf 216 im Wintersemester 2015/2016 festgesetzt.
10Nach Mitteilung der Antragsgegnerin vom 14. Dezember 2015 sind im fünften Fachsemester 271 Studenten eingeschrieben.
11Eine darüber hinausgehende Kapazität besteht nicht.
12Dabei ist die Ausbildungskapazität für den integrierten Modellstudiengang Medizinnach Ablauf der Erprobungsphase mangels normativer Festlegung von Berechnungsmethoden weiterhin nach den - studienbewerberfreundlichen - Vorgaben der Verordnung über die Kapazitätsermittlung, die Curricularnormwerte und die Festsetzung von Zulassungszahlen (Kapazitätsverordnung ‑ KapVO ‑) in der Neufassung vom 25. August 1994 (GV NRW S. 732), zuletzt geändert durch Verordnung vom 12. August 2003 (GV NRW S. 544) für den Regelstudiengang Medizin zu ermitteln.
13Vgl. hierzu im Einzelnen: Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 3. Juli 2015 - 13 B 113/15 - sowie Beschluss der erkennenden Kammer vom 18. Dezember 2015 - 9 Nc 4/15 -, beide in NRWE.
14Die gemäß den Vorschriften des Zweiten Abschnitts der KapVO vorgenommene Berechnung aufgrund der personellen Ausstattung hat in der Kapazitätsermittlung der MIWF - basierend auf dem Bericht der S1. B. gemäß § 4 KapVO - in der Lehreinheit Klinisch-praktische Medizin für das Studienjahr 2015/2016 zu einer personalbezogenen Kapazität von 1018 Studienplätzen geführt. Diese hat die MIWF aufgrund der ihr gemeldeten 700 verfügbaren Stellen mit Lehrverpflichtung unter Einbeziehung der weiter zu berücksichtigenden Parameter für den Krankenversorgungsabzug, die Lehrauftragsstunden, den Dienstleistungsbedarf, den gewichteten Curricularanteil und einen Schwundausgleichsfaktor ermittelt.
15Indessen ist dieses Berechnungsergebnis für den klinischen Teil des Studiengangs Medizin gemäß § 17 Abs. 1 KapVO anhand der patientenbezogenen Einflussfaktoren zu überprüfen. Liegt das Berechnungsergebnis dieser Überprüfung niedriger als das des Zweiten Abschnitts, ist es gemäß § 17 Abs. 2 KapVO der Festsetzung der Zulassungszahl zugrunde zu legen. Dies ist hier der Fall. Die Überprüfung nach § 17 Abs. 1 KapVO führt zu einer ‑ verordnungsrechtlich auch festgesetzten ‑ Zulassungszahl von 216 Studienplätzen im fünften Fachsemester. Diese ergeben sich zunächst aus der Berechnung nach § 17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KapVO, wonach an der S1. B. aus 336.682 Pflegetagen (ohne Pflegetage mit Wahlarztabschlag) - dabei handelt es sich um einen Wert in einer Größenordnung wie in den Vorjahren - dividiert durch 365 eine Anzahl von 922,42 tagesbelegten Betten errechnet, wovon 15,5 % (und damit 142,97, gerundet) 143 Studienplätze ergeben. Es unterliegt dabei keinen Bedenken, dass bei der Ermittlung Privatpatienten nicht einbezogen werden, von dem - bundeseinheitlichen - Parameter von 15,5 % der Gesamtzahl der tagesbelegten Betten ausgegangen und deren Berechnung die "Mitternachtsstatistik" zu Grunde gelegt wird.
16Vgl. zu diesen Ausführungen: OVG NRW, Beschluss vom 7. Dezember 2015 - 13 C 18/15 -, NRWE.
17Des Weiteren bringt die Berechnung nach § 17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 KapVO aus insgesamt 150.207 poliklinischen Neuzugängen weitere 71 Studienplätze hinzu, sodass sich insgesamt für das erste klinische Fachsemester unter Berücksichtigung eines Schwundausgleichsfaktors (1/0,99) eine Studienplatzzahl von 216 ergibt, die auch festgesetzt worden ist. Anhaltspunkte dafür, dass die von der Antragsgegnerin gemeldeten und von der MIWF zur Berechnung verwendeten Daten in Zweifel zu ziehen sein könnten, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
18Angesichts der im ersten klinischen Semester vorgenommenen 271 Einschreibungen liegt damit eine Überbuchung um 55 vor. Bei dieser Sachlage erscheint es nicht überwiegend wahrscheinlich, wenn nicht sogar fernliegend, dass über die die festgesetzte Aufnahmekapazität deutlich übersteigende Überlast hinaus noch weitere klinische Studienplätze im fünften Fachsemester zur Verfügung stehen.
19Der hilfsweise auf vorläufige Zulassung in ein niedrigeres Semester gerichtete Antrag bleibt ohne Erfolg, weil die hierfür festgesetzten Studienplätze besetzt sind und eine Erhöhung der Kapazität nach dem Beschluss der erkennenden Kammer vom 18. Dezember 2015 - 9 L 832/15 - ausscheidet.
20Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
21Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG) und berücksichtigt, dass die begehrte Entscheidung die Entscheidung in der Hauptsache regelmäßig vorwegnimmt. Dies gilt auch unabhängig davon, ob der Antrag auf die Teilnahme an einem Losverfahren beschränkt worden ist.
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:
- 1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen, - 2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts, - 3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung), - 4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und - 5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.
(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:
- 1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung, - 2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung, - 3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung, - 4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und - 5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.