Sozialgericht Würzburg Urteil, 09. Nov. 2016 - S 15 AS 393/14

published on 09/11/2016 00:00
Sozialgericht Würzburg Urteil, 09. Nov. 2016 - S 15 AS 393/14
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Tenor

I. Die Klage gegen den Bescheid vom 30.12.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1.7.2014 wird abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens um die Rechtmäßigkeit der Rücknahme und Erstattung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in Höhe von insgesamt 65.378,97 € für den Zeitraum von Januar 2005 bis November 2011.

Der am ... 1967 geborene Kläger wird seit dem 26.5.2014 durch seine Prozessbevollmächtigte betreut (Blatt 51 ff. der Akte des Amtsgerichts A-Stadt - Abteilung für Betreuungssachen). Bei ihm ist ein Grad der Behinderung von 80 und die Voraussetzungen für die Merkzeichen G und B aufgrund einer geistigen Behinderung anerkannt (Blatt 65 f. der Akte des Zentrums Bayern Familie und Soziales, Region ...- Versorgungsamt). Er bezog von Januar 2005 bis November 2011 Leistungen nach dem SGB II von der Beklagten. Nachdem der Beklagten im Rahmen der Bearbeitung des Folgeantrags für den Zeitraum ab Dezember 2011 auf den vom Kläger vorgelegten Kontoauszügen Einzahlungen von Sparbüchern bzw. anderen Anlageformen bekannt geworden waren, ermittelte diese Vermögenswerte bei verschiedenen Kreditinstituten in Höhe von insgesamt 45.979,40 €. Mit Schreiben vom 18.5.2012 wurde der Kläger zu einer Überzahlung von Arbeitslosengeld II in Höhe von insgesamt 56.999,96 € für den Zeitraum von Januar 2005 bis November 2011 und zu einer beabsichtigten Rückforderung angehört (Blatt L 170 der Verwaltungsakte). Nachdem trotz Akteneinsicht und angekündigter Stellungnahme durch seine Prozessbevollmächtigte keine weitere Stellung mehr genommen wurde, nahm die Beklagte mit Bescheid vom 6.3.2013 diverse Bescheide für den Zeitraum von Januar 2005 bis November 2011 vollständig zurück und verfügte die Erstattung von zu Unrecht erbrachten Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende in Höhe von insgesamt 50.059,85 € zuzüglich Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt 15.319,12 €. Der Bescheid wurde dem Kläger am 11.3.2013 zugestellt. Er enthielt eine Rechtsbehelfsbelehrung:über Widerspruchserhebung und Widerspruchsfrist. Widerspruch wurde jedoch nicht erhoben. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den betreffenden Rücknahme- und Erstattungsbescheid der Beklagten vom 6.3.2013 verwiesen (Blatt L 403 ff. der Verwaltungsakte).

Mit Schreiben vom 2.7.2012 erstattete die Beklagte gegen den Kläger Strafanzeige wegen Betrugs bei der Staatsanwaltschaft A-Stadt; das Ermittlungsverfahren wurde bei dieser unter dem Aktenzeichen 15 Js 386/13 geführt (Blatt L 325, S. 51 ff. der Verwaltungsakte). Mit Urteil des Amtsgerichts A-Stadt vom 16.12.2013 wurde der Kläger diesbezüglich freigesprochen, da er in schuldunfähigen Zustand handelte (Blatt 318 ff. der Akten der Staatsanwaltschaft A-Stadt).

Mit Schreiben vom 25.4.2013 ließ der Kläger durch seine Prozessbevollmächtigte bei der Beklagten einen Antrag nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) auf Überprüfung des Rücknahme- und Erstattungsbescheides vom 6.3.2013 stellen. Die Ausschlussfrist des § 45 Abs. 4 S. 2 SGB X sei abgelaufen. Der Kläger habe bei seiner ersten Antragstellung Kontoauszüge vorgelegt, aus denen hervorgehe, dass Sparbeträge abgehen würden. Er habe immer alle seine Unterlagen und Ordner zu Terminen mitgebracht und vorzeigen wollen. Es sei von Anfang an bekannt gewesen, dass beim Kläger massive geistige Defizite bestünden. Er könne die Differenzierung zwischen Einkommen und Vermögen nicht nachvollziehen. Es könne ihm nicht einmal ein grob fahrlässiger Vorwurf gemacht werden. Es bestünde Vertrauensschutz, da die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 S. 3 SGB X nicht vorlägen. Den Kläger treffe aufgrund seiner geistigen Defizite keine Schuld. Es sei Ermessen anzuwenden, was jedoch unterlassen worden sei (Blatt S. 61 ff. der Verwaltungsakte).

Mit Bescheid vom 30.12.2013 lehnte die Beklagte die Rücknahme des Bescheides ab. Bei einer Rücknahmeentscheidung beginne die Jahresfrist erst dann zu laufen, wenn es keiner weiteren Ermittlungen mehr bedürfe. Dies sei erst nach der Anhörung des Betroffenen der Fall, für welche eine Frist bis zum 1.6.2012 gesetzt worden sei. Vertrauensschutz könne der Kläger nicht geltend machen. Bei ihm lägen keine Defizite im Sinne einer geistigen Behinderung vor. Er sei mehrfach über vorhandenes Vermögen ausdrücklich befragt worden. Dennoch habe er bewusst mehrfach wahrheitswidrige Angaben gemacht. Durch sein Verhalten am 3.11.2011 habe er unter Beweis gestellt, dass er zwischen Einkommen und Vermögen unterscheiden könne. Dort habe er geschwärzte Kontoauszüge vorgelegt. Auf Nachfrage habe er angegeben, dass die daraus hervorgehenden Informationen die Beklagte nichts angehen würden. Seine Anlagestrategie und die Streuung des Vermögens in verschiedene Anlageformen zeugten von der Einsichtsfähigkeit. Der Versuch, Kontobewegungen, die mit finanziellen Transaktionen im Zusammenhang stehen, zu verschleiern, stelle Erkenntnisfähigkeit und absichtliches Handeln unter Beweis (Blatt S. 72 f. der Verwaltungsakte).

Hiergegen ließ der Kläger mit Schreiben vom 27.1.2014 Widerspruch einlegen. Die Ausschlussfrist beginne ab dem 14.12.2011 zu laufen. Dem Kläger sei nicht der Vorwurf der groben Fahrlässigkeit bzw. der Kenntnis der Rechtswidrigkeit zu machen. Es sei nicht bösgläubig gewesen. Dies ergebe sich aus einem im Rahmen des eingeleiteten Strafverfahrens eingeholten Sachverständigengutachten, welchem zu entnehmen sei, dass der Kläger aufgrund einer Intelligenzminderung bei aufgehobener Einsichtsfähigkeit als schundunfähig anzusehen sei. Er sei intellektuell nicht in der Lage, komplexe Sachverhalte nachvollziehen zu können. Ihm mangele es an der Fähigkeit zur Abstraktion und dem Verständnis übergeordneter Zusammenhänge (Blatt S. 77 ff. der Verwaltungsakte).

Mit Widerspruchsbescheid vom 1.7.2014 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Es habe keine Hinweise auf das vorhandene Vermögen des Klägers gegeben. Er habe in den letzten 12 Jahren vor Erstantragstellung kein Einkommen erzielt, welches eine Rücklagenbildung ermöglicht hätte. Die Gewährung eines Mehrbedarfs nach § 21 Abs. 4 SGB II a.F. stehe nicht im Zusammenhang mit eingeschränkter geistiger Leistungsfähigkeit. Die Schuldunfähigkeit im Sinne des § 20 StGB ziehe nicht den Ausschluss der Bösgläubigkeit im Sinne des § 45 SGB X nach sich. Anhand des Verhaltens des Klägers sei nachgewiesen, dass dieser von Beginn an die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 SGB X erfülle. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den betreffenden Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 1.7.2014 verwiesen (Blatt S. 143 ff. der Verwaltungsakte).

Hiergegen hat der Kläger am 25.7.2014 Klage erhoben. Die anfängliche Rechtswidrigkeit der im Rücknahme- und Erstattungsbescheid vom 6.3.2013 aufgeführten Bewilligungsbescheide sei aufgrund übersteigenden Vermögens zuzugestehen. Der Kläger habe offensichtlich bei den jeweiligen Antragstellungen nicht immer sein gesamtes Vermögen angegeben. Der Kläger sei jedoch schon damals geschäftsunfähig gewesen und habe schuldlos gehandelt. Er habe Vertrauensschutz. Der Vorwurf, dem Kläger seien wahrheitsgemäße Angaben zuzumuten gewesen und dass er hierzu in der Lage gewesen sei, sei widerlegt. Der Kläger sei nicht in der Lage nachzuvollziehen, was Einkommen und was Vermögen sei, geschweige denn wieso dieses bei Antragstellung angegeben werden müsse. Das Führen eines geordneten Gespräches sei mit ihm nicht möglich. Die Konten bei der Postbank und bei der Sparkasse seien bekannt gewesen. Der Schuldvorwurf eines grob fahrlässigen Handelns sei dem Kläger nicht zu machen. Er sei bei einer Parallelwertung in der Laiensphäre nicht in der Lage gewesen, zu erkennen, dass er sein Erspartes anzugeben gehabt habe. Zudem sei die Ausschlussfrist des § 45 Abs. 4 S. 2 SGB X nicht beachtet worden. Der Kläger habe weder vorsätzlich noch grob fahrlässig gehandelt. Es sei ihm aufgrund seiner Behinderung, seiner Persönlichkeitsstruktur und seines Bildungsstandes nicht möglich gewesen, Hinweise oder Belehrungen zur Kenntnis zu nehmen und nachzuvollziehen, da es ihm an der individuellen Urteils- und Kritikfähigkeit und an der Einsichtsfähigkeit gemangelt habe. Diesbezüglich werde beantragt, ein Sachverständigengutachten einzuholen.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid vom 30.12.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1.7.2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Rücknahme- und Erstattungsbescheid vom 6.3.2013 zurückzunehmen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie verweist auf den Widerspruchsbescheid.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verfahrensakten der Beklagten im vorliegenden Verfahren sowie auf die beigezogene Akte des Sozialgerichts Würzburg unter dem Aktenzeichen S 13 AS 79/12, die beigezogene Akte des Amtsgerichts A-Stadt - Abteilung für Betreuungssachen (), die beigezogenen Akten der Staatsanwaltschaft A-Stadt (15 Js 386/13), die beigezogene Akte der Deutschen Rentenversicherung Nordbayern () sowie die beigezogene Akte des Zentrums Bayern Familie und Soziales, Region Unterfranken - Versorgungsamt (17/37/1 876 903/6) verwiesen. Diese waren alle Gegenstand der Entscheidungsfindung.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid vom 30.12.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1.7.2014 ist rechtmäßig und der Kläger hierdurch nicht beschwert, § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rücknahme oder Abänderung des Rücknahme- und Erstattungsbescheides vom 6.3.2013.

1. Streitgegenstand ist ausweislich des Klageantrags der Bescheid der Beklagten vom 30.12.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1.7.2014, mit dem die Beklagte den Antrag des Klägers ablehnte, den Rücknahme- und Erstattungsbescheid vom 6.3.2013 im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens nach § 44 SGB X zurückzunehmen.

2. Die so verstandene (§ 123 SGG) - gemäß § 54 Abs. 1 S. 1, Abs. 4 SGG als kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage statthafte (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG [10. Aufl. 2012], § 54 Rn. 20c m.w.N.) - Klage ist unbegründet. Die erkennende Kammer folgt im Wesentlichen der Begründung des Bescheides vom 30.12.2013 sowie des Widerspruchsbescheids vom 1.7.2014 und sieht deshalb von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 136 Abs. 3 SGG).

3. Ergänzend hält die erkennende Kammer fest, dass der Kläger aus § 44 SGB X keinen Anspruch auf Rücknahme oder Abänderung des Rücknahme- und Erstattungsbescheides vom 6.3.2013 hat. § 44 SGB X ist nicht anwendbar, weil der Rücknahme- und Erstattungsbescheid vom 6.3.2013 im Zeitpunkt seines Erlasses rechtmäßig war.

a) Nach § 44 Abs. 1 S. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist. Die Beklagte hat damals jedoch nicht das Recht unrichtig angewandt, § 44 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 SGB X. Die Beklagte stützte ihren Rücknahme- und Erstattungsbescheid auf § 40 Abs. 2 Nr. 3 SGB II in Verbindung mit § 330 Abs. 2 SGB III in Verbindung mit § 45 SGB X. Damit war dieser Verwaltungsakt im Zeitpunkt seines Erlasses gesetzmäßig. Dies stand zwischen den Beteiligten nicht im Streit.

b) Die Beklagte hat damals auch das Gesetz auf einen zutreffend ermittelten Sachverhalt richtig angewandt, § 44 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 SGB X. Die Voraussetzungen für eine Rücknahme der Bewilligungsbescheide nach § 45 SGB X lagen vor. Die anfängliche Rechtswidrigkeit der im Rücknahme- und Erstattungsbescheid vom 6.3.2013 aufgeführten Bewilligungsbescheide aufgrund übersteigenden Vermögens ist zwischen den Beteiligten nicht streitig. Gegenteilige Anhaltspunkte sind auch nicht ersichtlich.

Der Kläger kann sich auch nicht nach § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 SGB X auf Vertrauen berufen, da die aufgehobenen Bewilligungsbescheide auf Angaben beruhten, die er vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hatte. Der Begriff der „Angaben“ ist dabei eine verkürzte Formulierung für die Angabe von Tatsachen, wie sie das Gesetz an anderer Stelle (etwa in § 60 Abs. 1 Nr. 1 SGB I, §§ 21 Abs. 2 S. 2, 24 Abs. 2 Nr. 3 SGB X) kennt. Unter Tatsachen sind Vorgänge oder Zustände der Gegenwart oder Vergangenheit zu verstehen, nicht aber Rechtsauffassungen oder Werturteile (Merten in: Hauck/Noftz, SGB X [Stand: 08/16], § 45 Rn. 61). Vorsätzlich handelt, wer wissentlich und willentlich unrichtige bzw. unvollständige Angaben macht. (Merten in: Hauck/Noftz, SGB X [Stand: 08/16], § 45 Rn. 64). Der Begriff des Vorsatzes enthält ähnlich wie im Strafrecht ein Element des Wissens und des Wollens. Es reicht insofern entweder die Kenntnis von der Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der angegebenen Tatsachen oder das billigende Inkaufnehmen einer erkannten möglichen Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der gemachten Angaben aus (Padé in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X [1. Aufl. 2013], § 45 Rn. 86).

Diese Voraussetzungen sind zur Überzeugung der erkennenden Kammer vorliegend gegeben. Der Kläger hatte wissentlich und willentlich unrichtige bzw. unvollständige Angaben über den wirtschaftlichen Wert der Gesamtheit aller in seinem Eigentum stehenden Güter und Rechte bzw. Ansprüche hierauf gemacht, mithin über das, was gemeinläufig - und gerade nicht im Sinne des SGB II - als „Vermögen“ bezeichnet wird. Dies steht für die erkennende Kammer aufgrund des klägerischen Verhaltens fest, wie es im streitgegenständlichen Widerspruchsbescheid vom 1.7.2014 auf den Seiten 4 ff. aufgeführt wird und sich auch in der Verwaltungsakte der Beklagten wiederfindet. Exemplarisch sei hier die Vorlage der geschwärzten Kontoauszüge am 3.11.2011 (Blatt L 122 ff. der Verwaltungsakte) im Rahmen des Weiterbewilligungsantrages vom 20.10.2011 (Blatt A 66 der Verwaltungsakte) aufgeführt. Hier wurden unter anderem bewusst die Abbuchungen für die FC Bayern Sparkarte der HypoVereinsbank geschwärzt, wie sich aus den ungeschwärzten Kontoauszügen ergibt, die sich die erkennende Kammer hat vorlegen lassen (Blatt 129 ff. der Gerichtsakte). Die Existenz der Sparbücher wurde sogar vom Kläger auf Nachfrage der Beklagten bejaht (Blatt L 129 der Verwaltungsakte). Auch die Prozessbevollmächtigte und Betreuerin des Klägers selbst trägt vor, dass der Kläger bei den jeweiligen Antragstellungen offensichtlich nicht immer sein gesamtes Vermögen angegeben hat. Dies ist für die Bejahung von Vorsatz im Hinblick auf die Nichtangabe von Vermögenswerten ausreichend. Rechtliche Würdigungen oder Werturteile sind hierfür nicht erforderlich. Dem Kläger war bewusst, dass er Vermögenswerte besaß und er hierauf würde zurückgreifen müssen, wenn er diese angeben und infolgedessen keine Leistungen mehr von der Beklagten erhalten würde. Dies ergibt sich für die erkennende Kammer nicht zuletzt auch aus dem Widerspruchsschreiben des Klägers vom 4.1.2012 gegen den Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 14.12.2011 (Blatt 142 ff. der Verwaltungsakte) sowie den diesbezüglich vor dem Sozialgericht Würzburg unter dem Aktenzeichen S 13 AS 79/12 geführten Rechtsstreit.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Schuldunfähigkeit des Klägers, welche in dem Strafverfahren vor dem Amtsgericht Schweinfurt unter dem Aktenzeichen mit Urteil vom 16.12.2013 aufgrund des psychiatrischen Gutachtens des Prof. Dr. med. Volz vom 11.9.2013 (Blatt 278 ff. der Akten der Staatsanwaltschaft A-Stadt) festgestellt wurde. Denn hierauf kommt es vorliegend nicht an. Vertrauensschutz hängt nicht von einer strafrechtlichen Verantwortungsfähigkeit ab. Schuld ist die Verantwortung für die Folgen normwidrigen Verhaltens. Die Schuldfähigkeit ist mithin die Einsichtsfähigkeit in das Unrecht einer Tat, das verstehende Erkennen der Rechtswidrigkeit einer Tat. Dies ist für § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 SGB X im Hinblick auf den Vorsatz ohne Belang. Auf das Verständnis von (komplexen) Zusammenhängen kommt es nicht an. Entscheidend ist allein die wissentliche und willentliche unrichtige bzw. unvollständige Angabe von Vorgängen oder Zuständen der Vergangenheit bzw. Gegenwart. Der Vorsatz ist das Wissen und Wollen um das, was man tut. Zur Überzeugung der erkennenden Kammer wusste und wollte der Kläger aber genau, was er tat, als er seine Vermögenswerte nicht angab. Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus dem psychiatrischen Gutachten des Prof. Dr. med. Volz vom 11.9.2013. Hiernach ist bei dem Kläger lediglich die Einsichtsfähigkeit, nicht hingegen die Steuerungs- oder gar die Handlungsfähigkeit aufgehoben. Auch aus dem im Rahmen des Betreuungsverfahrens vor dem Amtsgericht Schweinfurt - Abteilung für Betreuungssachen eingeholten psychiatrischen Gutachten des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie Dipl.-Med. Lux vom 16.3.2014 (Blatt 37 ff. der Akte des Amtsgerichts A-Stadt - Abteilung für Betreuungssachen) ergibt sich nichts anderes. Hier wird vielmehr die Vermutung geäußert, dass der Kläger den Besitz einer größeren Summe Geldes als Erfolgserlebnis und Aufwertung der eigenen Person empfunden habe, deshalb darauf nicht mehr verzichten wolle und wahrscheinlich versuchen werde, die Zahlung der Rückforderungen an die Beklagte zu verhindern. Dies mag möglicherweise ein Motiv für das Handeln des Klägers sein, spricht jedoch gerade nicht gegen, sondern vielmehr für dessen Handlungsbzw. Steuerungsfähigkeit. Schließlich ergeben sich auch aus dem psychologischen Gutachten des Dipl.-Psych. Wallkamp vom 7.9.2007 (Blatt E 70 f. der Verwaltungsakte) sowie dem ärztlichen Gutachten für die gesetzliche Rentenversicherung der Frau Dr. med. Schmittner vom 27.10.2014 (Blatt 80 ff. der Gerichtsakte) keine gegenteiligen Anhaltspunkte.

Da es somit auf die vom Kläger aufgeworfene Frage bezüglich dessen Urteils-, Kritik- und Einsichtsfähigkeit nicht entscheidungserheblich ankommt, konnte die erkennende Kammer von der Einholung des beantragten Sachverständigengutachtens absehen (Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG [11. Aufl. 2014], § 103 Rn. 8 m.w.N.).

Die Klage war somit nach alledem in vollem Umfang abzuweisen.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Verfahrens.

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(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha
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(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Annotations

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

(1) Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit

1.
er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat,
2.
der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder
3.
er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.

(3) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung kann nach Absatz 2 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Satz 1 gilt nicht, wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung vorliegen. Bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Absatz 2 zurückgenommen werden, wenn

1.
die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 gegeben sind oder
2.
der Verwaltungsakt mit einem zulässigen Vorbehalt des Widerrufs erlassen wurde.
In den Fällen des Satzes 3 kann ein Verwaltungsakt über eine laufende Geldleistung auch nach Ablauf der Frist von zehn Jahren zurückgenommen werden, wenn diese Geldleistung mindestens bis zum Beginn des Verwaltungsverfahrens über die Rücknahme gezahlt wurde. War die Frist von zehn Jahren am 15. April 1998 bereits abgelaufen, gilt Satz 4 mit der Maßgabe, dass der Verwaltungsakt nur mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben wird.

(4) Nur in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 wird der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.

(5) § 44 Abs. 3 gilt entsprechend.

(1) Mehrbedarfe umfassen Bedarfe nach den Absätzen 2 bis 7, die nicht durch den Regelbedarf abgedeckt sind.

(2) Bei werdenden Müttern wird nach der zwölften Schwangerschaftswoche bis zum Ende des Monats, in welchen die Entbindung fällt, ein Mehrbedarf von 17 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs anerkannt.

(3) Bei Personen, die mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern zusammenleben und allein für deren Pflege und Erziehung sorgen, ist ein Mehrbedarf anzuerkennen

1.
in Höhe von 36 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Bedarfs, wenn sie mit einem Kind unter sieben Jahren oder mit zwei oder drei Kindern unter 16 Jahren zusammenleben, oder
2.
in Höhe von 12 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Bedarfs für jedes Kind, wenn sich dadurch ein höherer Prozentsatz als nach der Nummer 1 ergibt, höchstens jedoch in Höhe von 60 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Regelbedarfs.

(4) Bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten mit Behinderungen, denen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 49 des Neunten Buches mit Ausnahme der Leistungen nach § 49 Absatz 3 Nummer 2 und 5 des Neunten Buches sowie sonstige Hilfen zur Erlangung eines geeigneten Platzes im Arbeitsleben oder Eingliederungshilfen nach § 112 des Neunten Buches erbracht werden, wird ein Mehrbedarf von 35 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs anerkannt. Satz 1 kann auch nach Beendigung der dort genannten Maßnahmen während einer angemessenen Übergangszeit, vor allem einer Einarbeitungszeit, angewendet werden.

(5) Bei Leistungsberechtigten, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, wird ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt.

(6) Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, besonderer Bedarf besteht; bei einmaligen Bedarfen ist weitere Voraussetzung, dass ein Darlehen nach § 24 Absatz 1 ausnahmsweise nicht zumutbar oder wegen der Art des Bedarfs nicht möglich ist. Der Mehrbedarf ist unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Leistungsberechtigten gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht.

(6a) Soweit eine Schülerin oder ein Schüler aufgrund der jeweiligen schulrechtlichen Bestimmungen oder schulischen Vorgaben Aufwendungen zur Anschaffung oder Ausleihe von Schulbüchern oder gleichstehenden Arbeitsheften hat, sind sie als Mehrbedarf anzuerkennen.

(7) Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit Warmwasser durch in der Unterkunft installierte Vorrichtungen erzeugt wird (dezentrale Warmwassererzeugung) und deshalb keine Bedarfe für zentral bereitgestelltes Warmwasser nach § 22 anerkannt werden. Der Mehrbedarf beträgt für jede im Haushalt lebende leistungsberechtigte Person jeweils

1.
2,3 Prozent des für sie geltenden Regelbedarfs nach § 20 Absatz 2 Satz 1 oder Satz 2 Nummer 2, Absatz 3 oder 4,
2.
1,4 Prozent des für sie geltenden Regelbedarfs nach § 20 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 oder § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten im 15. Lebensjahr,
3.
1,2 Prozent des Regelbedarfs nach § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten vom Beginn des siebten bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres oder
4.
0,8 Prozent des Regelbedarfs nach § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres.
Höhere Aufwendungen sind abweichend von Satz 2 nur zu berücksichtigen, soweit sie durch eine separate Messeinrichtung nachgewiesen werden.

(8) Die Summe des insgesamt anerkannten Mehrbedarfs nach den Absätzen 2 bis 5 darf die Höhe des für erwerbsfähige Leistungsberechtigte maßgebenden Regelbedarfs nicht übersteigen.

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

(1) Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit

1.
er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat,
2.
der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder
3.
er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.

(3) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung kann nach Absatz 2 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Satz 1 gilt nicht, wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung vorliegen. Bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Absatz 2 zurückgenommen werden, wenn

1.
die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 gegeben sind oder
2.
der Verwaltungsakt mit einem zulässigen Vorbehalt des Widerrufs erlassen wurde.
In den Fällen des Satzes 3 kann ein Verwaltungsakt über eine laufende Geldleistung auch nach Ablauf der Frist von zehn Jahren zurückgenommen werden, wenn diese Geldleistung mindestens bis zum Beginn des Verwaltungsverfahrens über die Rücknahme gezahlt wurde. War die Frist von zehn Jahren am 15. April 1998 bereits abgelaufen, gilt Satz 4 mit der Maßgabe, dass der Verwaltungsakt nur mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben wird.

(4) Nur in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 wird der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.

(5) § 44 Abs. 3 gilt entsprechend.

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

Das Gericht entscheidet über die vom Kläger erhobenen Ansprüche, ohne an die Fassung der Anträge gebunden zu sein.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

(1) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
den Ort und Tag der mündlichen Verhandlung,
4.
die Urteilsformel,
5.
die gedrängte Darstellung des Tatbestands,
6.
die Entscheidungsgründe,
7.
die Rechtsmittelbelehrung.

(2) Die Darstellung des Tatbestands kann durch eine Bezugnahme auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze und auf die zu Protokoll erfolgten Feststellungen ersetzt werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand richtig und vollständig ergibt. In jedem Fall sind jedoch die erhobenen Ansprüche genügend zu kennzeichnen und die dazu vorgebrachten Angriffs- und Verteidigungsmittel ihrem Wesen nach hervorzuheben.

(3) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsaktes oder des Widerspruchsbescheides folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(4) Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so bedarf es des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe nicht, wenn Kläger, Beklagter und sonstige rechtsmittelberechtigte Beteiligte auf Rechtsmittel gegen das Urteil verzichten.

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

(1) Für das Verfahren nach diesem Buch gilt das Zehnte Buch. Abweichend von Satz 1 gilt § 44 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass

1.
rechtswidrige nicht begünstigende Verwaltungsakte nach den Absätzen 1 und 2 nicht später als vier Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem der Verwaltungsakt bekanntgegeben wurde, zurückzunehmen sind; ausreichend ist, wenn die Rücknahme innerhalb dieses Zeitraums beantragt wird,
2.
anstelle des Zeitraums von vier Jahren nach Absatz 4 Satz 1 ein Zeitraum von einem Jahr tritt.
Abweichend von Satz 1 gelten die §§ 45, 47 und 48 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit nicht aufzuheben ist, wenn sich ausschließlich Erstattungsforderungen nach § 50 Absatz 1 des Zehnten Buches von insgesamt weniger als 50 Euro für die Gesamtheit der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft ergäben. Bei der Prüfung der Aufhebung nach Satz 3 sind Umstände, die bereits Gegenstand einer vorherigen Prüfung nach Satz 3 waren, nicht zu berücksichtigen. Die Sätze 3 und 4 gelten in den Fällen des § 50 Absatz 2 des Zehnten Buches entsprechend.

(2) Entsprechend anwendbar sind die Vorschriften des Dritten Buches über

1.
(weggefallen)
2.
(weggefallen)
3.
die Aufhebung von Verwaltungsakten (§ 330 Absatz 2, 3 Satz 1 und 4);
4.
die vorläufige Zahlungseinstellung nach § 331 mit der Maßgabe, dass die Träger auch zur teilweisen Zahlungseinstellung berechtigt sind, wenn sie von Tatsachen Kenntnis erhalten, die zu einem geringeren Leistungsanspruch führen;
5.
die Erstattung von Beiträgen zur Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung (§ 335 Absatz 1, 2 und 5); § 335 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 ist nicht anwendbar, wenn in einem Kalendermonat für mindestens einen Tag rechtmäßig Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 gewährt wurde; in den Fällen des § 335 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 2 besteht kein Beitragserstattungsanspruch.

(3) Liegen die in § 44 Absatz 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes vor, weil dieser auf einer Rechtsnorm beruht, die nach Erlass des Verwaltungsaktes

1.
durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts für nichtig oder für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt worden ist oder
2.
in ständiger Rechtsprechung anders als durch den für die jeweilige Leistungsart zuständigen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende ausgelegt worden ist,
so ist der Verwaltungsakt, wenn er unanfechtbar geworden ist, nur mit Wirkung für die Zeit nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder ab dem Bestehen der ständigen Rechtsprechung zurückzunehmen. Bei der Unwirksamkeit einer Satzung oder einer anderen im Rang unter einem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschrift, die nach § 22a Absatz 1 und dem dazu ergangenen Landesgesetz erlassen worden ist, ist abweichend von Satz 1 auf die Zeit nach der Entscheidung durch das Landessozialgericht abzustellen.

(4) Der Verwaltungsakt, mit dem über die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch abschließend entschieden wurde, ist mit Wirkung für die Zukunft ganz aufzuheben, wenn in den tatsächlichen Verhältnissen der leistungsberechtigten Person Änderungen eintreten, aufgrund derer nach Maßgabe des § 41a vorläufig zu entscheiden wäre.

(5) Verstirbt eine leistungsberechtigte Person oder eine Person, die mit der leistungsberechtigten Person in häuslicher Gemeinschaft lebt, bleiben im Sterbemonat allein die dadurch eintretenden Änderungen in den bereits bewilligten Leistungsansprüchen der leistungsberechtigten Person und der mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen unberücksichtigt; die §§ 48 und 50 Absatz 2 des Zehnten Buches sind insoweit nicht anzuwenden. § 118 Absatz 3 bis 4a des Sechsten Buches findet mit der Maßgabe entsprechend Anwendung, dass Geldleistungen, die für die Zeit nach dem Monat des Todes der leistungsberechtigten Person überwiesen wurden, als unter Vorbehalt erbracht gelten.

(6) § 50 Absatz 1 des Zehnten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass Gutscheine in Geld zu erstatten sind. Die leistungsberechtigte Person kann die Erstattungsforderung auch durch Rückgabe des Gutscheins erfüllen, soweit dieser nicht in Anspruch genommen wurde. Eine Erstattung der Leistungen nach § 28 erfolgt nicht, soweit eine Aufhebungsentscheidung allein wegen dieser Leistungen zu treffen wäre. Satz 3 gilt nicht im Fall des Widerrufs einer Bewilligungsentscheidung nach § 29 Absatz 5 Satz 2.

(7) § 28 des Zehnten Buches gilt mit der Maßgabe, dass der Antrag unverzüglich nach Ablauf des Monats, in dem die Ablehnung oder Erstattung der anderen Leistung bindend geworden ist, nachzuholen ist.

(8) Für die Vollstreckung von Ansprüchen der in gemeinsamen Einrichtungen zusammenwirkenden Träger nach diesem Buch gilt das Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz des Bundes; im Übrigen gilt § 66 des Zehnten Buches.

(9) § 1629a des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt mit der Maßgabe, dass sich die Haftung eines Kindes auf das Vermögen beschränkt, das bei Eintritt der Volljährigkeit den Betrag von 15 000 Euro übersteigt.

(10) Erstattungsansprüche nach § 50 des Zehnten Buches, die auf die Aufnahme einer bedarfsdeckenden sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung zurückzuführen sind, sind in monatlichen Raten in Höhe von 10 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs zu tilgen. Dies gilt nicht, wenn vor Tilgung der gesamten Summe erneute Hilfebedürftigkeit eintritt.

(1) Liegen die in § 44 Abs. 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes vor, weil er auf einer Rechtsnorm beruht, die nach Erlass des Verwaltungsaktes für nichtig oder für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt oder in ständiger Rechtsprechung anders als durch die Agentur für Arbeit ausgelegt worden ist, so ist der Verwaltungsakt, wenn er unanfechtbar geworden ist, nur mit Wirkung für die Zeit nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder ab dem Bestehen der ständigen Rechtsprechung zurückzunehmen.

(2) Liegen die in § 45 Abs. 2 Satz 3 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes vor, ist dieser auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.

(3) Liegen die in § 48 Abs. 1 Satz 2 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vor, ist dieser mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben. Abweichend von § 48 Abs. 1 Satz 1 des Zehnten Buches ist mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an ein Verwaltungsakt auch aufzuheben, soweit sich das Bemessungsentgelt auf Grund einer Absenkung nach § 200 Abs. 3 zu Ungunsten der Betroffenen oder des Betroffenen ändert.

(4) Liegen die Voraussetzungen für die Rücknahme eines Verwaltungsaktes vor, mit dem ein Anspruch auf Erstattung des Arbeitslosengeldes durch Arbeitgeber geltend gemacht wird, ist dieser mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.

(5) (weggefallen)

(1) Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit

1.
er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat,
2.
der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder
3.
er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.

(3) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung kann nach Absatz 2 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Satz 1 gilt nicht, wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung vorliegen. Bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Absatz 2 zurückgenommen werden, wenn

1.
die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 gegeben sind oder
2.
der Verwaltungsakt mit einem zulässigen Vorbehalt des Widerrufs erlassen wurde.
In den Fällen des Satzes 3 kann ein Verwaltungsakt über eine laufende Geldleistung auch nach Ablauf der Frist von zehn Jahren zurückgenommen werden, wenn diese Geldleistung mindestens bis zum Beginn des Verwaltungsverfahrens über die Rücknahme gezahlt wurde. War die Frist von zehn Jahren am 15. April 1998 bereits abgelaufen, gilt Satz 4 mit der Maßgabe, dass der Verwaltungsakt nur mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben wird.

(4) Nur in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 wird der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.

(5) § 44 Abs. 3 gilt entsprechend.

(1) Wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, hat

1.
alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen,
2.
Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich mitzuteilen,
3.
Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen.
Satz 1 gilt entsprechend für denjenigen, der Leistungen zu erstatten hat.

(2) Soweit für die in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 genannten Angaben Vordrucke vorgesehen sind, sollen diese benutzt werden.

(1) Die Behörde bedient sich der Beweismittel, die sie nach pflichtgemäßem Ermessen zur Ermittlung des Sachverhalts für erforderlich hält. Sie kann insbesondere

1.
Auskünfte jeder Art, auch elektronisch und als elektronisches Dokument, einholen,
2.
Beteiligte anhören, Zeugen und Sachverständige vernehmen oder die schriftliche oder elektronische Äußerung von Beteiligten, Sachverständigen und Zeugen einholen,
3.
Urkunden und Akten beiziehen,
4.
den Augenschein einnehmen.
Urkunden und Akten können auch in elektronischer Form beigezogen werden, es sei denn, durch Rechtsvorschrift ist etwas anderes bestimmt.

(2) Die Beteiligten sollen bei der Ermittlung des Sachverhalts mitwirken. Sie sollen insbesondere ihnen bekannte Tatsachen und Beweismittel angeben. Eine weitergehende Pflicht, bei der Ermittlung des Sachverhalts mitzuwirken, insbesondere eine Pflicht zum persönlichen Erscheinen oder zur Aussage, besteht nur, soweit sie durch Rechtsvorschrift besonders vorgesehen ist.

(3) Für Zeugen und Sachverständige besteht eine Pflicht zur Aussage oder zur Erstattung von Gutachten, wenn sie durch Rechtsvorschrift vorgesehen ist. Eine solche Pflicht besteht auch dann, wenn die Aussage oder die Erstattung von Gutachten im Rahmen von § 407 der Zivilprozessordnung zur Entscheidung über die Entstehung, Erbringung, Fortsetzung, das Ruhen, die Entziehung oder den Wegfall einer Sozialleistung sowie deren Höhe unabweisbar ist. Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Recht, ein Zeugnis oder ein Gutachten zu verweigern, über die Ablehnung von Sachverständigen sowie über die Vernehmung von Angehörigen des öffentlichen Dienstes als Zeugen oder Sachverständige gelten entsprechend. Falls die Behörde Zeugen, Sachverständige und Dritte herangezogen hat, erhalten sie auf Antrag in entsprechender Anwendung des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes eine Entschädigung oder Vergütung; mit Sachverständigen kann die Behörde eine Vergütung vereinbaren.

(4) Die Finanzbehörden haben, soweit es im Verfahren nach diesem Gesetzbuch erforderlich ist, Auskunft über die ihnen bekannten Einkommens- oder Vermögensverhältnisse des Antragstellers, Leistungsempfängers, Erstattungspflichtigen, Unterhaltsverpflichteten, Unterhaltsberechtigten oder der zum Haushalt rechnenden Familienmitglieder zu erteilen.

(1) Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit

1.
er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat,
2.
der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder
3.
er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.

(3) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung kann nach Absatz 2 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Satz 1 gilt nicht, wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung vorliegen. Bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Absatz 2 zurückgenommen werden, wenn

1.
die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 gegeben sind oder
2.
der Verwaltungsakt mit einem zulässigen Vorbehalt des Widerrufs erlassen wurde.
In den Fällen des Satzes 3 kann ein Verwaltungsakt über eine laufende Geldleistung auch nach Ablauf der Frist von zehn Jahren zurückgenommen werden, wenn diese Geldleistung mindestens bis zum Beginn des Verwaltungsverfahrens über die Rücknahme gezahlt wurde. War die Frist von zehn Jahren am 15. April 1998 bereits abgelaufen, gilt Satz 4 mit der Maßgabe, dass der Verwaltungsakt nur mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben wird.

(4) Nur in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 wird der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.

(5) § 44 Abs. 3 gilt entsprechend.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.