Sozialgericht Nürnberg Endurteil, 30. Juni 2016 - S 20 SO 109/15
Gericht
Tenor
I.
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom
Für die Zeit vom
II.
Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Kläger dem Grunde nach.
III.
Gerichtskosten werden für das Verfahren nicht erhoben.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von laufenden Geldleistungen nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) ab dem 01.11.2014.
I.
Die Klägerin zu 1) (im folgenden: „K1“) ist 1940 geboren und griechische Staatsbürgerin. Der Kläger zu 2) (im folgenden: „K2“) ist 1944 geboren, ebenfalls griechischer Staatsbürger und mit der K1 verheiratet.
K1 bezieht seit dem
Die Kläger bewohnen seit dem
II.
K2 war bereits im Jahre 1960 in die Bundesrepublik eingereist, K1 im Jahre 1962, um in der Bundesrepublik zu arbeiten. Sie hatten sich hier kennengelernt und geheiratet. Zwischen 1964 und 1966 hatte sich K2 zum Militärdienst in Griechenland aufgehalten. Der erste Sohn der Kläger ist 1967 geboren, der zweite 1969 in Deutschland. Die Kläger hatten dann bis 1980 in Deutschland gearbeitet. Im Anschluss daran war die gesamte Familie nach Griechenland gezogen. 1988 waren die Kläger erneut zwecks Erwerbstätigkeit in die Bundesrepublik nach L. zurückgekehrt bis 2007. Bis zur Ausreise hatte die Stadt L. aufstockende Grundsicherungsleistungen im Alter und bei Erwerbsminderung erbracht.
Als Rentner waren die Kläger dann 2007 in ihr Dorf O. nahe der bulgarischen und türkischen Staatsgrenzen in Griechenland zurückgekehrt, um nach eigenen Angaben dort ihren Lebensabend zu verbringen.
III.
1.
Am
2.
Mit Bescheid vom
Hiergegen erhoben die Kläger
Die Berufung auf den Leistungsausschluss durch die Beklagte verstoße zudem gegen Artikel 1 des Europäischen Fürsorgeabkommens (EFA). Zum einen gelte der Vorbehalt der Bundesrepublik hinsichtlich SGB II - Leistungen nicht für Leistungen nach dem SGB XII. Zum anderen habe das Bundessozialgericht (BSG,
Darüber hinaus ergebe sich ein Leistungsanspruch der Kläger auch direkt aus der Vorschrift des Art. 4 der Verordnung (EG) 883/2004. Die Vorschrift garantiere Unionsbürgern, die sich in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union (EU) aufhalten, Gleichbehandlung bei den Leistungen der sozialen Sicherheit. Nach Art. 3 Abs. 3 i. V. m. Art. 70 der Verordnung gelte dies auch für die besonderen beitragsunabhängigen Geldleistungen, wozu auch die Grundsicherung im Alter gehöre. Auch widerspreche die Leistungsablehnung dem Diskriminierungsverbot des Art. 18 Abs. 1 AEUV
3.
Die Beklagte half dem Widerspruch nicht ab und legte den Vorgang der Regierung von Mittelfranken zur Entscheidung vor.
Im Vorlageschreiben an die Regierung begründete die Beklagte die Nichtabhilfe. Es würde sich ein rechnerischer Grundsicherungsbedarf für die Kläger in Höhe von € 589,23 monatlich ergeben.
Da die Kläger aber bis zur Ausreise 2007 ebenfalls aufstockende Grundsicherung bezogen hätten, hätte diesen klar sein müssen, dass eine solche ebenfalls wieder nötig sein würde, wenn sie in das Bundesgebiet zurückkehren würden. Dies ergebe sich aus den Einlassungen der Kläger. Es bestehe daher ein finaler Zusammenhang zwischen Einreiseentschluss und beabsichtigter Inanspruchnahme von Grundsicherung. Für einen solchen Fall sei aber in § 23 Abs. 3 SGB XII ein Leistungsausschluss vorgesehen. Neben anderen Motiven sei daher die Erlangung von Sozialhilfe von prägender Bedeutung für den Einreiseentschluss gewesen. Hilfe im Krankheits- oder Pflegefall seien dagegen nicht als vordergründige Motive anzusehen, zumal weder vorgetragen noch ersichtlich sei, dass eine solche Situation aktuell gegeben sei.
Nach Auffassung der Beklagten verstoße der Leistungsausschluss auch nicht gegen das Gemeinschaftsrecht. Nach Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie (EG) 38/04 sei dieser für die ersten drei Monate ohnehin möglich. Aus den Entscheidungen des EuGH (20.09.2001, Az.: C-184/99 „Grelczyk“ und 07.09.2004, Az.: C-456/02
Auch stehe der Ausschluss nach § 23 Abs. 3 SGB XII im Einklang mit dem Europäischen Fürsorgeabkommen (EFA). Dies sei bereits herrschende Verwaltungsrechtsprechung nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) gewesen und sei inzwischen weitestgehend unumstritten. Der Ausschluss stehe im Einklang mit Sinn und Zweck des EFA. Es sei nicht Ziel des Abkommens gewesen, demjenigen, der bereits bedürftig sei, die Möglichkeit einzuräumen, sich unter den Vertragsstaaten das Land auszusuchen, in dem er öffentliche Hilfe in Anspruch nehmen möchte. Dies lasse sich aus den Gesetzesunterlagen zum EFA herleiten. In der Denkschrift und zum Zusatzprotokoll heiße es:
„Gemeinsam beschreiten hiermit die Vertragschließenden einen Weg des sozialen Schutzes für die Staatsangehörigen aller beteiligten Staaten, die den gewöhnlichen Aufenthalt in irgendeinem dieser Staaten beizubehalten wünschen, aber ohne die soziale Hilfe des Aufenthaltsstaates nicht beizubehalten vermögen.“
Daraus sei zu schließen, dass sich das EFA an Personen richte, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt bereits in einem Vertragsstaat haben und nicht erst begründen.
Mit Widerspruchsbescheid vom
IV.
Gegen den Bescheid vom 17.12.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.06.2015 haben die Kläger am 25.06.2015 Klage zum Sozialgericht Nürnberg mit dem Ziel der Gewährung laufender Leistungen nach dem Vierten Kapitel SGB XII ab dem 01.11.2014 erhoben und Prozesskostenhilfe beantragt.
Letztere ist durch Beschluss vom 31.07.2015
Mit Schriftsatz vom 29.06.2015, eingegangen am 03.07.2015, haben die Kläger zudem einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz beim Sozialgericht Nürnberg gestellt mit dem Ziel der darlehensweisen Gewährung laufender Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel SGB XII in gesetzlicher Höhe bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Hauptsache.
Mit Beschluss vom 31.07.2015
Ergänzend zum bisherigen Vorbringen haben die Kläger zur Klagebegründung ausgeführt, dass das Dorf O. früher etwa 1.000 Einwohner gehabt habe. Zwischenzeitlich seien alle jungen Familien aus dem Dorf weggezogen. Die nächste medizinische Erstversorgung sei 10 km entfernt und mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar. Allerdings liege das nächste Krankenhaus etwa 120 km entfernt, nachdem das näher gelegene Bezirkskrankenhaus zwischenzeitlich geschlossen worden sei. Im Hinblick auf das fortschreitende Alter der Kläger habe sich der jüngere, in N. lebende Sohn Sorgen um seine Eltern gemacht. Die Initiative, dass beide Kläger in dessen Nähe nach A-Stadt ziehen sollten, sei vom Sohn ausgegangen. Die Kläger seien über 70 Jahre alt und in dem Dorf an der bulgarischen Grenze vollkommen auf sich allein gestellt. Die Sorge um die Kläger sei der Grund dafür gewesen, dass diese sich im November 2014 in N. niedergelassen hätten. Die Kläger hätten dem Wunsche des jüngeren Sohnes nachgegeben und sich keinen weiteren Gedanken darüber gemacht, wie hoch die Unterkunftskosten in N. seien. Nach der Entscheidung des LSG Berlin-Brandenburg (
Die entsprechenden Unterstellungen der Beklagten seien jedoch haltlos.
Im Übrigen hätten die Kläger ohne wenn und aber Anspruch auf Grundsicherung, wenn sie nicht 2007 ausgereist wären.
Darüber hinaus habe sich der Widerspruchsbescheid nicht mit den erhobenen europarechtlichen Einwendungen auseinandergesetzt. Ferner stehe den Klägern nach §§ 4a Abs. 1, 2 Abs. 2 Ziff. 7 Freizügigkeitsgesetz/EU (FreizügG/EU) ein Daueraufenthaltsrecht in der Bundesrepublik zu. Als Inhaber eines solchen hätten sie wieder einreisen und sich hier aufhalten dürfen. Als Unionsbürger dürften sie aber nicht diskriminiert werden im Vergleich zu Inländern. Wären beide deutsche Staatsangehörige, so hätten sie fraglos Leistungsansprüche. Der Ausschluss widerspreche dem EU-rechtlichen Diskriminierungsverbot.
Aus den Entscheidungen des LSG Niedersachsen-Bremen (
In diesem Zusammenhang werde auf die Aufenthaltsbescheinigungen der Stadt A-Stadt vom
In jedem Falle seien die Kläger aufenthaltsberechtigt für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts nach Art. 14 der Richtlinie 2004/38/EG, im Übrigen nach Art. 17 Abs. 1 Buchst. A) der vorgenannten Richtlinie. Auch seien die Kläger als Familienangehörige ihres Sohnes nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. D) der Richtlinie bzw. nach § 3 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 Nr. 2 FreizügG/EU ein Aufenthaltsrecht nach § 2 Abs. 1 FreizügG/EU. Der Sohn der Kläger übe eine selbstständige Tätigkeit aus.
Der in N. lebende Sohn der Kläger habe diese selbstverständlich seit der Einreise finanziell unterstützt. Dies könne er aber nicht auf Dauer.
Im Übrigen seien die Angaben bei der Antragstellung auf Empfehlung einer Mitarbeiterin der Beklagten so gemacht worden im Hinblick auf Hausratsbedarf.
Die Kläger beantragen daher,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat im Rahmen des Klageverfahrens auf ihr Vorlageschreiben an die Regierung verwiesen und ergänzend ausgeführt, dass das Daueraufenthaltsrecht der Kläger durch den Wegzug 2007 nach Griechenland gemäß § 4a Abs. 7 FreizügG/EU kraft Gesetzes erloschen sei. Die Kläger unterfielen daher nicht § 2 Abs. 2 Nr. 7 FreizügG/EU, sondern § 2 Abs. 2 Nr. 5 FreizügG/EU (nicht erwerbstätige Unionsbürger). Letztere seien aber nur freizügigkeitsberechtigt, wenn sie die Voraussetzungen des § 4 FreizügG/EU erfüllen würden. Dies setze einen ausreichenden Krankenversicherungsschutz und ausreichende Existenzmittel voraus. Demnach dürfe keine Bedürftigkeit nach dem SGB XII vorliegen, um die Freizügigkeit berechtigterweise in Anspruch nehmen zu dürfen. Die Kläger würden aber nicht über solche ausreichenden Existenzmittel verfügen, daher seien sie auch nicht aufenthaltsberechtigt.
Auch wenn die Einreise auf Initiative des Sohnes zurückzuführen sei, ändere dies nichts daran, dass den Klägern bei Einreise klar gewesen sei, dass ihre finanziellen Mittel nicht zur Deckung des Lebensunterhaltes in Deutschland ausreichen würden. Die Rückkehr sei vor allem aus wirtschaftlichen Gründen - nach den ursprünglichen Angaben der Kläger - erfolgt. Familiäre Gründe seien zunächst nicht angeführt worden. Zudem erscheinen die Schilderungen über die medizinische Versorgung in Griechenland nicht existenzgefährdend. Auch in Deutschland sei in ländlichen Gebieten die Versorgung schlechter als in Großstädten. Dass die Kläger sich überhaupt keine Gedanken über die Finanzierung des Lebensunterhaltes in Deutschland gemacht hätten, sei schlicht unglaubwürdig. Hierfür spreche bereits die kurzfristige Beantragung entsprechender Leistung direkt nach der Einreise sowie das Vorleben der Kläger.
Die vorgelegten Aufenthaltsbescheinigungen würden zudem nur eine Aussage über die tatsächliche Aufenthaltsdauer treffen, nicht jedoch darüber, ob der Aufenthalt erlaubt sei oder nicht. Die unbefristeten Aufenthaltserlaubnisse seien vor der Ausreise im Jahre 2007 ausgestellt worden; das Daueraufenthaltsrecht sei aber gem. § 4a Abs. 7 FreizügG/EU inzwischen erloschen. Die Kläger hätten auch kein Aufenthaltsrecht als Familienangehörige, weil solche nach Art. 7 Abs. 1 Buchstabe d) der Richtlinie 2004/38/EG nur dann ein solches haben, wenn sie vom Familienangehörigen in gerader Linie unterhalten würden, also keiner Sozialleistungen bedürften wegen des Unterhaltes.
Die Kläger seien nicht im Besitze einer formell gültigen oder materiell rechtmäßigen Aufenthaltserlaubnis. Daher sei auch auf sie nicht das EFA anwendbar.
Dass die Beklagte die Erstangaben der Kläger bei der Antragstellung angeregt haben soll, sei erstmalig nach über einem Jahr Verfahrensdauer vorgetragen worden und sei daher nur als Schutzbehauptung zu werten. Sie widerspreche auch der Aktennotiz von damals.
Aus Sicht der Beklagten sei auch eine Erstausstattung der Wohnung strittig.
Das Gericht hat die Akten der Beklagten sowie die Verfahrensakte des Sozialgerichts N. mit dem Aktenzeichen S 20 SO 115/15 ER beigezogen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogenen Akten sowie die gesamte Gerichtsakte Bezug genommen.
Gründe
Die zulässige Klage erweist sich unter Berücksichtigung des Hilfsantrages im Ergebnis auch als begründet.
I.
Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig, insbesondere ist das Sozialgericht N. örtlich und sachlich zuständig.
II.
Die Klage ist unter Berücksichtigung des Hilfsantrages begründet.
Der angefochtene Bescheid vom
Die Beklagte hat zu Unrecht laufende Leistungen nach dem Vierten Kapitel Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) abgelehnt.
Nicht entschieden hat das Gericht über einen Anspruch auf Wohnungserstausstattung, da dies vor Gericht nicht durch die Kläger beantragt worden ist. Insofern haben die Kläger von sich aus den Streitgegenstand beschränkt; das Gericht hatte hierüber daher auch nicht zu entscheiden.
1.
Nach § 41 Abs. 1 Satz1 SGB XII ist Älteren und dauerhaft voll erwerbsgeminderten Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht aus Einkommen und Vermögen nach den §§ 82 bis 84 und 90 bestreiten können, auf Antrag Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung zu leisten.
Diese Voraussetzungen erfüllen die Kläger an sich unstreitig. So hat auch die Beklagte einen monatlichen Grundsicherungsbedarf errechnet, gegen dessen Höhe die Kläger auch keine Einwendungen erhoben haben.
2.
Entgegen der Auffassung der Kläger erfüllen diese aber an sich zur Überzeugung der Kammer die Tatbestandsvoraussetzungen der Ausschlussnorm des § 23 Abs. 3 Satz 1 1. Alternative SGB XII.
Nach § 23 Abs. 3 Satz 1 1. Alternative SGB XII haben Ausländer, die eingereist sind, um Sozialhilfe zu erlangen, sowie ihre Familienangehörige jedoch keinen Anspruch auf Sozialhilfe.
Nach einhelliger Auffassung (vgl. Coseriu in Juris-PK SGB XII, 2. A. 2014, § 23 RdNr. 54ff m. w. N.) verlangt die Vorschrift einen finalen Zusammenhang zwischen dem Einreiseentschluss und der Inanspruchnahme von Sozialhilfe im Sinne eines ziel- und zweckgerichteten Handelns. Hierfür genügt ein nur fahrlässiges Verhalten bei der Einschätzung der Hilfebedürftigkeit und der Möglichkeit, sich selbst helfen zu können, nicht. Erforderlich ist vielmehr, dass nach den objektiven Umständen von einem Wissen und Wollen mindestens im Sinne eines Vorsatzes ausgegangen werden kann, der für den Entschluss zur Einreise von prägender Bedeutung gewesen sein muss, ohne dass hierin auch ein „unlauteres Verhalten“ gesehen werden müsste. Das Wissen und Wollen setzt nicht die Kenntnis des deutschen Sozialhilferechts mit seinen vielfältigen Möglichkeiten voraus.
Der erforderliche Zusammenhang zwischen der Einreise und der missbilligten Inanspruchnahme von Sozialhilfe besteht nicht nur, wenn der Wille, Sozialhilfe zu erlangen, der einzige Einreisegrund ist. Beruht die Einreise des Ausländers auf verschiedenen Motiven, ist das Erfordernis des finalen Zusammenhangs auch erfüllt, wenn der Zweck der Inanspruchnahme von Sozialhilfe für den Einreiseentschluss von zumindest prägender Bedeutung ist; es genügt aber nicht, dass der Sozialhilfebezug beiläufig verfolgt oder anderen Einreisezwecken untergeordnet und in diesem Sinne nur billigend in Kauf genommen wird.
Nach Auffassung des Gerichts ist bei den Klägern vorliegend ein solcher finaler Zusammenhang zwischen Einreiseentschluss und Inanspruchnahme von Sozialhilfe gegeben bei Würdigung der gesamten Umstände des Einzelfalles:
Die Kläger hatten viele Jahre ihres Lebens in Deutschland verbracht. Zuletzt hielten sie sich im Bundesgebiet dauerhaft als Altersrentner auf und bezogen aufstockende Grundsicherungsleistungen, weil die Altersrenten nicht zum Lebensunterhalt ausreichten. Den Klägern war damit bekannt, dass diese Renten auch bei einer Rückkehr nach Deutschland nicht für ihren Lebensunterhalt ausreichen würden.
In den ersten, vom weiteren Verfahrensgang unbeeinflussten (und deswegen auch als sehr glaubwürdig einzustufenden) Einlassungen der Kläger und von deren Sohn und Schwiegertochter haben diese wiederholt darauf hingewiesen, dass aufgrund der Wirtschaftskrise in Griechenland die wirtschaftliche Situation sich für die Kläger dramatisch verschlechtert habe. Zunächst hätten die Kläger versucht, die Krise durch eigene Rücklagen zu überbrücken, diese seien jedoch inzwischen aufgebraucht. Zudem habe sich die gesundheitliche Versorgung verschlechtert. Daher hätten sie sich dazu entschlossen, entgegen ihrer früheren Absicht nach Deutschland zurückzukehren.
Aus Sicht des Gerichtes wird bereits aus diesen Einlassungen deutlich, dass prägendes Motiv für die Wiedereinreise die wirtschaftliche Situation der Kläger in Griechenland gewesen ist. Offenbar versprachen sich die Kläger (auch im Hinblick auf ihre früheren Erfahrungen in Deutschland) hier bessere wirtschaftliche Lebensverhältnisse. Dass diese besseren Lebensverhältnisse in Deutschland für sie aber nur durch aufstockenden Grundsicherungsbezug erreichbar sind, war den Klägern aufgrund ihrer eigenen Vorgeschichte bekannt. Die schlechter gewordene Gesundheitsversorgung in O. als prägendes Motiv anzusehen, überzeugt das Gericht nicht: Zum einen wird dieses Motiv anfangs auch nur am Rande erwähnt. Zum anderen bedingt eine schlechtere medizinische Versorgung in O. nicht zwangsläufig den Wusch einer Einreise nach Deutschland. Als Alternative wäre auch ein Umzug in Griechenland, etwa zum älteren Sohn nach Z. oder zur Schwiegertochter nach A. in Betracht zu ziehen gewesen. Die dortige medizinische Versorgung dürfte in jedem Falle besser sein als die von den Klägern in O. beschriebene. Eine Einreise vor allem aus medizinischen Gründen ist daher wenig nachvollziehbar, zumal die Kläger außer ihres zunehmenden Alters weder vorgetragen noch nachgewiesen haben, an schwerwiegenderen Erkrankungen zu leiden, die nicht in Griechenland behandelt werden könnten.
Vor diesem Hintergrund vermögen auch die späteren Einlassungen der Kläger, die Rückkehr sei aus Sorge durch den jüngeren Sohn, auch im Hinblick auf eine etwaige Pflegebedürftigkeit der Kläger, veranlasst worden, nichts an diesem Ergebnis zu ändern: Zum einen ist auch hier weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht, dass die Kläger gegenwärtig pflegebedürftig sind oder in absehbarere Zeit werden könnten. Ein aktueller konkreter (Pflege-)Bedarf diesbezüglich ist daher wohl nicht ausschlaggebend gewesen für die Einreise. Zudem hätte auch hier die Alternative bestanden, innerhalb Griechenlands zu den dortigen Verwandten zu ziehen.
Vor diesem Hintergrund darf auch nicht außer Betracht bleiben, dass die Kläger 2007 sich bewusst dafür entschieden haben, ihren Lebensabend in O. zu verbringen. Es erscheint schwer vorstellbar, wie der damals in T. in über 400 km Entfernung lebende, ältere Sohn der Kläger diese von dort aus im Pflegefall maßgeblich hätte unterstützen sollen. Das bedeutet, dass der Pflegegesichtspunkt immer eine eher untergeordnete Rolle gespielt hat, auch bei der jetzt erfolgten Einreise.
Es fällt auf, dass durch die Einreise in das Bundesgebiet die Kläger sich in aller erster Linie hinsichtlich ihrer wirtschaftlichen Situation besser stellen im Vergleich zu einem Verbleib in Griechenland, weil in Deutschland eine signifikante Aufstockung durch Grundsicherung zu den Altersrenten hinzutreten würde, in Griechenland offenbar aber wohl nicht in diesem Umfange. Dort werden die Altersrenten selbst aber gleichermaßen wie in Deutschland ausbezahlt. Der wirtschaftliche Unterschied ergibt sich durch die aufstockende Grundsicherung in Deutschland.
Für die anderen Gesichtspunkte hätte es in Griechenland ebenfalls Alternativen zur Verbesserung der Umstände der Kläger gegeben, nur eben nicht auf der wirtschaftlichen Seite.
In Würdigung aller Gesamtumstände ist das Gericht daher davon überzeugt, dass der erforderliche finale Zusammenhang zwischen dem Einreiseentschluss der Kläger und der Inanspruchnahme von Sozialhilfe im Sinne eines ziel- und zweckgerichteten Handelns zweifelsfrei gegeben ist. Dafür spricht auch die sofortige Anmietung einer Wohnung nebst unverzüglichem Leistungsantrag bei der Beklagten. Hätten entsprechend der Behauptung der Kläger andere Gesichtspunkte im Vordergrund gestanden, wäre die Aufnahme einer ärztlichen Behandlung oder ein Antrag auf Feststellung einer Pflegestufe oder dergleichen wesentlich naheliegender gewesen. Derartiges ist weder vorgetragen, noch nachgewiesen oder sonst ersichtlich. Die im weiteren Verfahrensgang von den Klägern vorgebrachten Gründe für die Wiedereinreise vermögen daher nicht zu überzeugen im Sinne eines diese prägenden Motivs.
Damit sind aus Sicht der Gerichts aber die Tatbestandsvoraussetzungen des Leistungsausschlusses nach § 23 Abs. 3 Satz 1. Alternative SGB XII erfüllt.
3.
Die Kläger haben gleichwohl wie Inländer Anspruch auf laufenden Leistungen nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) in voller gesetzlicher Höhe für die Zeit vom
a)
Die Anwendung der Vorschrift des § 23 Abs. 3 Satz 1 1. Alternative SGB XII ist entgegen der Ansicht der Beklagten vorliegend aber durch vorrangiges Recht ausgeschlossen, soweit dies den Zeitraum der ersten drei Monate des Aufenthaltes betrifft:
Zwar steht die Anwendung der Vorschrift im hier konkreten Fall im Einklang mit dem höherrangigen und somit vorrangigen EU-Primär- und -Sekundärrecht (hierzu unter aa), allerdings ergibt sich in der hier vorliegenden Fallkonstellation eine Kollision mit dem auf der Grundlage des Europarates abgeschlossenen Europäischen Fürsorgeabkommen (EFA) (hierzu unter bb).
aa)
Der von der Beklagten bei den Klägern zur Anwendung gebrachte Leistungsausschluss nach § 23 Abs. 3 Satz 1 1. Alternative SGB XII verstößt nicht gegen höherrangiges EU-Primär- oder Sekundärrecht.
In der hier zu entscheidenden Fallkonstellation geht es um die Inanspruchnahme der Freizügigkeitsrechte nicht erwerbstätiger Unionsbürger, die über nicht ausreichende Existenzmittel verfügen, und die Frage, ob ihnen wegen des Diskriminierungsverbotes des Art. 18 Abs. 1 AEUV und des Sekundärrechts mit dem prinzipiellen Gebot der Inländergleichbehandlung ein Anspruch auf besondere beitragsunabhängige Geldleistungen, zu denen auch die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach deutschem Recht zählt, wie einem Inländer zustehen oder nicht.
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat mit Urteil vom 11.11.2014 in der Rechtssache „Dano“ (Az.: C-333/13
Zunächst verweist der EuGH darauf, dass das in Art. 18 Abs. 1 AEUV formulierte Diskriminierungsverbot nach Art. 20 Abs. 2 Unterabs. 2 AEUV nicht schrankenlos besteht, sondern unter den Bedingungen und innerhalb der Grenzen besteht, die in den Verträgen und durch die in Anwendung der Verträge erlassenen Maßnahmen festgelegt sind. Auch die Freizügigkeits- und Aufenthaltsrechte des Art. 21 AEUV gelten nicht schrankenlos, sondern nur vorbehaltlich der in den Verträgen und in den Durchführungsvorschriften vorgesehenen Beschränkungen und Bedingungen.
Die Konkretisierung des allgemeinen Diskriminierungsverbots erfolge durch die Richtlinie (EG) 2004/38, insbesondere Art. 24, sowie durch die Verordnung (EG) Nr. 883/2004, insbesondere Art. 4 und 70, nebst Durchführungsverordnung.
Insofern formuliert Art 24 Abs. 2 der Richtlinie (EG) 2004/38 eine Ausnahme vom allgemeinen Diskriminierungsverbot. Die Vorschrift lautet:
„(2) Abweichend von Absatz 1 ist der Aufnahmemitgliedstaat jedoch nicht verpflichtet,
anderen Personen als Arbeitnehmern oder Selbstständigen, Personen, denen dieser Status erhalten
bleibt, und ihren Familienangehörigen während der ersten drei Monate des Aufenthalts oder gegebenenfalls
während des längeren Zeitraums nach Artikel 14 Absatz 4 Buchstabe b einen Anspruch
auf Sozialhilfe oder vor Erwerb des Rechts auf Daueraufenthalt Studienbeihilfen, einschließlich
Beihilfen zur Berufsausbildung, in Form eines Stipendiums oder Studiendarlehens, zu gewähren.“
Diese Vorschrift trifft exakt die Fallkonstellation der Kläger: Bei den Klägern handelt es sich um nicht erwerbstätige Unionsbürger, die nach den unbestrittenen Feststellungen der Beklagten nicht über ausreichende Existenzmittel verfügen und auch kein Recht auf Daueraufenthalt (mehr oder noch nicht wieder) haben. Anzumerken ist, dass die nach der Rechtsprechung des EuGH zulässige Schwelle bei der Beurteilung der Frage, ob ausreichende Existenzmittel vorhanden sind, nicht über der der Grundsicherung liegen darf. Diese Schwelle hat die Beklagte bei ihrer Prüfung zutreffend zugrunde gelegt.
Die Umsetzung der an sich nicht unmittelbare Individualrechte verschaffenden Richtlinie (EG) 2004/38 ist in Deutschland durch das Gesetz über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (FreizüG/EU) vom 30.07.2004 erfolgt.
Der Anwendungsbereich des § 1 FreizügG/EU ist bei den Klägern unstreitig eröffnet. Nach § 2 Abs. 2 Nr. 5 FreizügG/EU sind nicht erwerbstätige Unionsbürger unter den Voraussetzungen des § 4 FreizügG/EU freizügigkeitsberechtigt. Danach haben nicht erwerbstätige Unionsbürger und ihre Familienangehörigen, die den Unionsbürger begleiten oder ihm nachziehen, das Recht auf Einreise und Aufenthalt, wenn sie über ausreichenden Krankenversicherungsschutz und ausreichende Existenzmittel verfügen. Demnach sind die Kläger nicht auf der Grundlage des § 4 FreizügG/EU aufenthaltsberechtigt aufgrund ihrer Wiedereinreise im Oktober 2014.
Ihnen steht aber auch kein Daueraufenthaltsrecht aufgrund früherer Aufenthalte mehr zu: Zwar hatten die Kläger bis zu ihrer Ausreise nach Griechenland im Jahre 2007 ein solches Daueraufenthaltsrecht unzweifelhaft nach § 4a Abs. 1 FreizügG/EU, weil sie sich über mehr als fünf Jahre rechtmäßig im Bundesgebiet als Erwerbstätige aufgehalten hatten.
Dieses Daueraufenthaltsrecht haben sie jedoch inzwischen nach den Bestimmungen des § 4a Abs. 7 FreizügG/EU wieder verloren. Die Vorschrift lautet:
„Eine Abwesenheit aus einem seiner Natur nach nicht nur vorübergehenden Grund von mehr als zwei aufeinander folgenden Jahren führt zum Verlust des Daueraufenthaltsrechts.“
Diese Voraussetzungen haben die Kläger zwei Jahre nach ihrer Ausreise 2007 erfüllt. Nach eigenen Angaben sind die Kläger 2007 nach Griechenland gezogen, um dort ihren Lebensabend zu verbringen. Die Finalität war daher nicht auf Rückkehr gerichtet und der Umzug auch nicht nur vorübergehender Natur. Damit haben die Kläger aber ihr früher erworbenes Daueraufenthaltsrecht verloren.
§ 4a Abs. 7 FreizügG/EU ist eine konforme Umsetzung des Art. 16 Abs. 4 der Richtlinie (EG) 2004/38. Die Vorschrift lautet:
„(4) Wenn das Recht auf Daueraufenthalt erworben wurde, führt nur die Abwesenheit vom
Aufnahmemitgliedstaat, die zwei aufeinander folgende Jahre überschreitet, zu seinem Verlust.“
Die Umsetzung ist insbesondere deswegen auch richtlinienkonform, als sie nicht hinter den Vorgaben der Richtlinie zurückbleibt, sondern sogar über deren Mindestfestlegung der zweijährigen Abwesenheit im Sinne einer Begünstigung der Unionsbürger hinausgeht, indem die einschränkende zusätzliche Voraussetzung des seiner Natur nach nicht nur vorübergehenden Abwesenheitsgrundes eingefügt ist. Demzufolge stellt die innerstaatliche Umsetzung Unionsbürger sogar besser als nach den Vorgaben der Richtlinie gefordert.
Nach Art. 7 Abs. 1 Buchstabe b) der Richtlinie (EG) 2004/38 soll nach der Rechtsprechung des EuGH der nicht erwerbstätige Unionsbürger daran gehindert werden, das System der sozialen Sicherheit des Aufnahmemitgliedstaats zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes in Anspruch zu nehmen (EuGH, a. a. O..). Ein Mitgliedstaat müsse daher die Möglichkeit gemäß dieser Vorschrift haben, nicht erwerbstätigen Unionsbürgern, die von ihrer Freizügigkeit allein mit dem Ziel Gebrauch machen, in den Genuss der Sozialhilfe eines anderen Mitgliedstaates zu kommen, obwohl sie nicht über ausreichende Existenzmittel für die Beanspruchung eines Aufenthaltsrechts verfügen, Sozialleistungen zu versagen.
Insgesamt hat der EuGH festgestellt, dass eine Regelung wie § 23 Abs. 3 Satz 1 1. Alternative SGB XII, nach der Unionsbürger vom Bezug bestimmter beitragsunabhängiger Geldleistungen im Sinne des Art. 70 Abs. 2 Verordnung (EG) Nr. 883/2004 ausgeschlossen werden, während Staatsangehörige des Aufnahmemitgliedstaats, die sich in der gleichen Situation befinden, diese Leistungen erhalten, nicht EU-rechtlichen Vorgaben widerspricht, wenn den betreffenden Unionsbürgern im Aufenthaltsmitgliedstaat kein Aufenthaltsrecht nach der Richtlinie (EG) 2004/38 zusteht. Für die weiteren Einzelheiten wird auf die zitierte Entscheidung des EuGH ausdrücklich Bezug genommen (m.w.N).
Die Kläger haben auch kein Aufenthaltsrecht nach § 2 Abs. 2 Ziff. 6 FreizügG/EU als Familienangehörige ihres in N. wohnhaften selbstständigen Sohnes, weil sie zwar Verwandte in gerader aufsteigender Linie ihres Sohnes sind, der ihnen aber keinen (dauerhaften) Unterhalt gewährt im Sinne des § 3 Abs. 2 Ziff. 2 FreizügG/EU. Insbesondere sei der Sohn der Kläger hierzu nach ihrem eigenen Sachvortrag auch nicht in der Lage.
Der Leistungsausschluss verstößt auch nicht in den ersten drei Monaten des Aufenthaltes gegen Gemeinschaftsrecht:
Zwar räumen Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie (EG) 2004/38 bzw. § 2 Abs. 5 Satz 1 FreizügG/EU grundsätzlich jedem Unionsbürger ein dreimonatiges Aufenthaltsrecht in einem anderen Mitgliedstaat ohne Vorliegen weiterer Voraussetzungen ein, wohingegen erst ein längerer Aufenthalt als drei Monate an das Vorliegen der weiteren Voraussetzungen des Art. 7 der Richtlinie (EG) 2004/38 geknüpft ist. Damit steht die Frage im Raume, ob die Kläger zumindest während ihrer ersten drei Monate nach Wiedereinreise sich berechtigt im Bundesgebiet aufgehalten haben und somit zumindest in diesem Zeitraum einen Grundsicherungsanspruch hätten haben müssen, weil insofern andere EU-rechtliche Vorgaben zu beachten wären.
Nach der hier vertretenen Auffassung ist dies aber nicht der Fall. Zwar könnte die Differenzierung der Art. 6 und 7 der Richtlinie (EG) 2004/38 und die Voraussetzung des EuGH, dass auch tatsächlich kein Aufenthaltsrecht dem Unionsbürger zusteht, eine andere Sicht für die ersten drei Monate nahe legen; durch die eindeutige Bestimmung des Art. 24 Abs. 2 Richtlinie (EG) 2004/38 sind jedoch die Mitgliedstaaten von der Verpflichtung der Erbringung von Sozialhilfe ausdrücklich auch während der ersten drei Monate entbunden. Diese lex specialis ist aus Sicht des Gerichts vorrangig zu den vorstehenden Überlegungen.
Insgesamt ist daher festzuhalten, dass der Leistungsausschluss des § 23 Abs. 3 Satz 1 1. Alternative SGB XII nicht gegen EU-Recht verstößt, sondern mit diesem im Einklang steht. EU-Recht steht daher entgegen der Auffassung der Kläger der Anwendung des Leistungsausschlusses nicht entgegen.
bb)
Die Anwendung des § 23 Abs. 3 Satz 1 1. Alt. SGB XII verstößt in der hier vorliegenden Fallkonstellation aber gegen die Bestimmungen des Europäischen Fürsorgeabkommens vom
Die Bundesrepublik Deutschland und Griechenland sind Signatarstaaten des EFA, einem völkerrechtlichen Vertrag auf der Grundlage des Europarates. Es findet daher auf ihre Staatsangehörigen Anwendung.
Mangels eines entsprechend von der Bundesregierung erklärten völkerrechtlichen Vorbehalts ist das EFA grundsätzlich auf Leistungen nach dem SGB XII anwendbar (vgl. BSG, Urteil vom 03.12.2015, Az.: B 4 AS 59/13 R).
Innerstaatliche Geltung hat das EFA in Deutschland erlangt durch Transformationsgesetz des Deutschen Bundestages und des Deutschen Bundesrates vom 15.05.1956. Es handelt sich hierbei nach Art. 59 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz (GG) um ein Bundesgesetz wie § 23 Abs. 3 Satz1 1. Alt. SGB XII und somit um eine gleichrangige Norm. Aus dieser Rangzuweisung folgt, dass deutsche Gerichte das EFA wie anderes Gesetzesrecht des Bundes im Rahmen methodisch vertretbarer Auslegung zu beachten und anzuwenden haben (BSG, Urteil vom 19.10.2010, Az.: B 14 AS 23/10 R, RdNr. 25, zitiert nach juris, m. w. N. hinsichtlich der Rechtsprechung des BVerfG zu dieser Frage). Innerstaatliches Recht sei grundsätzlich so auszulegen, dass ein Konflikt mit völkerrechtlichen Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland nicht entgegensteht. Dies entspreche dem Grundsatz der Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes (BSG, a. a. O..). In diesem Sinne sei auch § 30 Abs. 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) zu verstehen.
Das bedeutet im Ergebnis, dass die Anwendung des § 23 Abs. 3 Satz 1 1. Alt. SGB XII nur dann rechtskonform erfolgen kann, wenn sie den Bestimmungen des EFA nicht widerspricht (so auch im Ergebnis: BSG a. a. O..; LSG Niedersachsen-Bremen,
Nach Art. 1 EFA haben Bürger der Signatarstaaten Anspruch auf Fürsorge, wie ein deutscher Staatsangehöriger, der sich im Inland gewöhnlich aufhält, wenn der Aufenthalt erlaubt ist.
Unzweifelhaft fallen laufende Geldleistungen nach dem Vierten Kapitel SGB XII unter den in Art. 1 und 2 EFA gefassten Begriff der Fürsorge.
Nach Art. 11 Abs. a) EFA gilt:
„Der Aufenthalt eines Ausländers im Gebiet eines der Vertragsschließenden gilt solange als erlaubt im Sinne dieses Abkommens, als der Beteiligte im Besitz einer gültigen Aufenthaltserlaubnis oder einer anderen in den Rechtsvorschriften des betreffenden Staates vorgesehenen Erlaubnis ist, aufgrund welcher ihm der Aufenthalt in diesem Gebiet gestattet ist. Die Fürsorge darf nicht deswegen versagt werden, weil die Verlängerung einer solchen Erlaubnis lediglich infolge einer Nachlässigkeit des Beteiligten unterblieben ist.“
So hat das BSG (a. a. O..) in der von ihm entschiedenen Konstellation es als erlaubten Aufenthalt im Sinne des EFA angesehen, dass der dortige Kläger über eine Freizügigkeitsbescheinigung nach § 5 FreizügG/EU verfügte. Dass diese nur deklaratorischer Natur sei, ändere aus Sicht des BSG nichts. Es entspreche der gesetzlichen Konzeption des Freizügigkeitsrechts, von der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts auszugehen, solange die Ausländerbehörde nicht von ihrer Möglichkeit Gebrauch gemacht habe, den Verlust oder das Nichtbestehen des Aufenthaltsrechts nach § 5 Abs. 5 FreizügG/EU festzustellen und die Bescheinigung über das gemeinschaftsrechtliche Aufenthaltsrecht einzuziehen.
In seinem Urteil vom 03.12.2015 hat das BSG (Az.: B 4 AS 59/13 R) darauf hingewiesen, dass die im EFA geregelte „formale“ Betrachtungsweise bei der Aufenthaltserlaubnis inzwischen überholt sei. Abzustellen sei darauf, ob sich der Bürger eines EFA-Signatarstaates erlaubterweise im Bundesgebiet aufhalte. Dies beruhe darauf, dass die ein Aufenthaltsrecht begründenden Urkunden in dieser Form gar nicht mehr existieren würden. Die im Anhang III des EFA für die Bundesrepublik erfassten Urkunden seien nicht mehr aktuell, Die Bundesrepublik habe es bislang versäumt, den Generalsekretär des Europarates über eine Änderung der nationalen Gesetzgebung zu unterrichten und diesem mitzuteilen, welche Urkunden nach der Umsetzung der Richtlinie 2004/38/EG durch das FreizügG/EU als Nachweis eines erlaubten Aufenthaltes im Sinne des EFA anzusehen seien.
Das BSG (a. a. O..) hat daher in klassischer, völkergewohnheitsrechtlicher, anpassender Völkervertragsauslegung („clausula rebus sic stantibus“) das EFA dahingehend ausgelegt, dass an das materielle Aufenthaltsrecht /an die materielle Freizügikeitsberechtigung eines Unionsbürgers anzuknüpfen sei.
Wie bereits dargelegt, haben die Kläger während der ersten drei Monate eine materielle Aufenthaltberechtigung nach § 2 Abs. 5 Satz 1 FreizügG/EU.
Danach halten sich die Kläger während der ersten drei Monate seit ihrer Einreise erlaubtermaßen im Sinne des Art. 11 Abs. a) EFA in der Bundesrepublik auf.
Somit findet das EFA auf die Kläger Anwendung. Sie haben daher das Recht nach Art. 1 EFA, wonach sie auch in sozialhilferechtlicher Hinsicht mit Inländern gleich zu behandeln sind.
Demzufolge steht das EFA auch der Anwendung des Leistungsausschlusses des § 23 Abs. 3 Satz 1 1. Alt. SGB XII im Falle der Kläger in den ersten drei Monaten ihres Inlandsaufenthaltes entgegen. Der Leistungsausschluss ist aus den oben dargestellten Gründen völkerrechtskonform einschränkend auszulegen.
Daher haben die Kläger während der ersten drei Monate ihres Aufenthaltes, der materiell rechtmäßig ist, Anspruch auf Gleichstellung mit deutschen Staatsbürgern im Inland hinsichtlich laufender Leistungen nach dem Vierten Kapitel SGB XII. Die Beklagte hat daher während der ersten drei Monate des Aufenthaltes, also bis 24.01.2015, laufende Leistungen in gesetzlicher Höhe wie einem deutschen Staatsbürger gegenüber zu erbringen. Da die Kläger jedoch nur Leistungen ab dem 01.11.2014 beantragt und somit den Streitgegenstand eingeschränkt haben, hat das Gericht nicht auf das Antragsdatum vom 27.10.2014 abgestellt, so dass Leistungen erst ab dem 01.11.2014 zuzusprechen sind.
Hinsichtlich der Höhe ergeben sich im Hinblick auf die Bedarfsberechnung der Beklagten nach Aktenlage keine Bedenken.
b)
Anders liegen die Verhältnisse für den Zeitraum ab dem
In diesem Zeitraum haben die Kläger keinen Anspruch auf Sozialhilfeleistungen, sondern nur auf Leistungen nach pflichtgemäßem Ermessen nach § 23 Abs. 1 Satz SGB XII. Insoweit kommt der klägerische Hilfsantrag zum Tragen.
Dies beruht darauf, dass die Kläger nach drei Monaten kein Aufenthaltsrecht mehr haben. Wie bereits oben ausgeführt, haben die Kläger weder ein Daueraufenthaltsrecht aus früheren Aufenthalten mehr inne, noch können sie sich auf ein Aufenthaltsrecht als nicht erwerbstätige Unionsbürger stützen, weil sie nicht über ausreichende Eigenmittel verfügen, noch sind sie aufenthaltsberechtigte Familienangehörige eines aufenthaltsberechtigten Unionsbürgers, weil ihr im Inland befindlicher Sohn ihnen keinen Unterhalt gewährt. Auf die obigen Ausführungen wird verwiesen.
Nach Ablauf von drei Monaten entfällt aber die materielle Aufenthaltsbefugnis als Unionsbürger nach § 2 Abs. 5 FreizügG/EU bzw. Art. 6 Richtlinie 2004/38/EG.
An dieser Stelle sei auch noch darauf hingewiesen, dass die Kläger auch kein Aufenthaltsrecht nach Art. 14 Abs. 1 Richtlinie 2004/38/EG haben: Zum einen können Individuen nach ständiger Rechtsprechung des EuGH nur unter ganz engen Voraussetzungen unmittelbare Rechte aus an sich an die Mitgliedstaaten gerichteten Richtlinien herleiten; eine solche Ausnahmekonstellation u. a. liegt vor, wenn die Richtlinie inhaltlich hinreichend klar und bestimmt ist, und die Regelungen der Richtlinie durch den Mitgliedstaat nicht, nicht zutreffend oder nicht fristgerecht umgesetzt worden ist.
Zum anderen missverstehen die Kläger bereits den Regelungsgehalt des Art. 14 selbst, wenn sie irrig davon ausgehen, dass das nach Art. 6 der Richtlinie gewährte, nur einen gültigen Ausweis voraussetzende dreimonatige Aufenthaltsrecht unter den weiteren Voraussetzungen des Art. 14 beliebig in zeitlicher Hinsicht ausgeweitet werden könnte. Dies widerspricht dem klaren Wortlaut des Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie, der ausdrücklich auf Art. 6 der Richtlinie Bezug nimmt, der aber nur das Aufenthaltsrecht von bis zu drei Monaten regelt. Eine andere Sichtweise würde die gesamte Regelung des Art. 7 der Richtlinie überflüssig machen. Vielmehr ist Art. 14 Abs. 1 in systematischem Zusammenhang mit Art. 14 Abs. 3 zu sehen, wonach die Inanspruchnahme von Sozialleistungen nicht automatisch zu einer Ausweisung führen dürfe, auch während der ersten drei Monate nicht, sondern nur dann, wenn Sozialleistungen unangemessen in Anspruch genommen werden.
In Ermangelung eines materiellen Aufenthaltsrechts ab dem
Nach der Rechtsprechung des BSG (vgl. BSG,
Danach haben die Kläger aber Anspruch darauf, dass die Beklagte nach pflichtgemäßem Ermessen erneut über den Antrag vom
Das Gericht kann das fehlende Verwaltungsermessen nicht ersetzen.
Die Beklagte wird bei ihrer Entscheidung aber folgende Gesichtspunkte bei der Ermessensausübung zugrunde zu legen haben:
Die Kläger haben ab dem 25.01.2015 keine materielle Aufenthaltsbefugnis. An sich haben sie auch nach der Berechnung der Beklagten einen Aufstockungsbedarf im Rahmen der Grundsicherung. Grundsätzlich gebietet die Verfassung nach Art. 1 und Art. 20 Grundgesetz (GG) das Grundrecht auf die Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums (vgl. BSG, Urteil vom 20.01.2016, Az.: B 14 AS 35/15 R, m. w. N.). Insbesondere dürfen die Kläger nach der Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG)
Ihre Ermessensentscheidung hat die Beklagte rechtsbehelfsfähig unter Beachtung der dargestellten Rechtsauffassung des Gerichts zu verbescheiden, § 131 Abs. 3 SGG.
c)
Für die Zeit ab dem 25.04.2015 ergibt sich bis auf weiteres wiederum ein Anspruch der Kläger auf laufende Leistungen der Grundsicherung nach den gesetzlichen Vorschriften, und zwar in voller Höhe wie bei einem Inländer.
Die Kläger haben weiterhin keine materielle Aufenthaltserlaubnis inne, so dass das EFA keine Anwendung auf sie findet. Damit greift grundsätzlich der Leistungsausschluss des Art. 23 Abs. 3 Satz 1 1. Alt. SGB XII ein. Dieser betrifft jedoch nicht Ermessensleistungen im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII. Nach der Rechtsprechung des BSG (vgl. BSG,
Die Kammer hält die genannten Entscheidungen des BSG ausdrücklich für nachvollziehbar und schließt sich der Auffassung des BSG an:
Zwar mag es der politischen Zielsetzung der Europäischen Union zuwiderlaufen, wenn - wie vorliegend - Unionsbürger in einem anderen Mitgliedstaat einreisen und dann Sozialhilfe beziehen, obwohl deren Ausschluss in einem solchen Fall gemeinschaftsrechtlich zulässig ist. Andererseits stellt es keinen Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht dar, wenn das Recht eines Mitgliedsstaates einem Unionsbürger sogar mehr Rechte einräumt, als vom Gemeinschaftsrecht vorgeschrieben.
In einem Fall wie dem vorliegenden beruht das Ergebnis aber zum einen darauf, dass die Bundesregierung - anders als zum SGB II - hinsichtlich des EFA keinen völkerrechtlichen Vorbehalt hinsichtlich Leistungen nach dem SGB XII formuliert hat. Zum anderen ergeben sich die Konsequenzen direkt aus dem SGB XII, weil dieses Ermessensleistungen seinem Wortlaut nach gerade nicht ausschließt, sowie aus dem Grundgesetz, das als Menschenrecht die Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums grundsätzlich für jeden vorschreibt, der sich tatsächlich im Bundesgebiet aufhält. Besteht danach ein ausländerrechtliches Vollzugsdefizit, oder bestehen sonstige Ausweisungshindernisse, die hier nicht zu erörtern sind, verbleiben daher Menschen im Inland auch ohne materielles Aufenthaltsrecht. Dann ist ihnen aber auch von Verfassungs wegen das Existenzminimum als Menschenrecht zu gewährleisten, solange und soweit sie sich hier aufhalten.
Danach stehen den Klägern (zwischen den Beteiligten der Höhe nach unstrittige) Aufstockungsleistungen nach dem Vierten Kapitel SGB XII zu.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung der §§ 193, 183 SGG und § 64 SGB X.
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(1) Ausländern, die sich im Inland tatsächlich aufhalten, ist Hilfe zum Lebensunterhalt, Hilfe bei Krankheit, Hilfe bei Schwangerschaft und Mutterschaft sowie Hilfe zur Pflege nach diesem Buch zu leisten. Die Vorschriften des Vierten Kapitels bleiben unberührt. Im Übrigen kann Sozialhilfe geleistet werden, soweit dies im Einzelfall gerechtfertigt ist. Die Einschränkungen nach Satz 1 gelten nicht für Ausländer, die im Besitz einer Niederlassungserlaubnis oder eines befristeten Aufenthaltstitels sind und sich voraussichtlich dauerhaft im Bundesgebiet aufhalten. Rechtsvorschriften, nach denen außer den in Satz 1 genannten Leistungen auch sonstige Sozialhilfe zu leisten ist oder geleistet werden soll, bleiben unberührt.
(2) Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes erhalten keine Leistungen der Sozialhilfe.
(3) Ausländer und ihre Familienangehörigen erhalten keine Leistungen nach Absatz 1 oder nach dem Vierten Kapitel, wenn
- 1.
sie weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmer oder Selbständige noch auf Grund des § 2 Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts, - 2.
sie kein Aufenthaltsrecht haben oder sich ihr Aufenthaltsrecht allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt oder - 3.
sie eingereist sind, um Sozialhilfe zu erlangen.
- 1.
Leistungen zur Deckung der Bedarfe für Ernährung sowie Körper- und Gesundheitspflege, - 2.
Leistungen zur Deckung der Bedarfe für Unterkunft und Heizung in angemessener Höhe nach § 35 und § 35a, einschließlich der Bedarfe nach § 30 Absatz 7, - 3.
die zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände erforderliche ärztliche und zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Arznei- und Verbandmitteln sowie sonstiger zur Genesung, zur Besserung oder zur Linderung von Krankheiten oder Krankheitsfolgen erforderlichen Leistungen und - 4.
Leistungen nach § 50 Nummer 1 bis 3.
(3a) Neben den Überbrückungsleistungen werden auf Antrag auch die angemessenen Kosten der Rückreise übernommen. Satz 1 gilt entsprechend, soweit die Personen allein durch die angemessenen Kosten der Rückreise die in Absatz 3 Satz 5 Nummer 1 und 2 genannten Bedarfe nicht aus eigenen Mitteln oder mit Hilfe Dritter decken können. Die Leistung ist als Darlehen zu erbringen.
(4) Ausländer, denen Sozialhilfe geleistet wird, sind auf für sie zutreffende Rückführungs- und Weiterwanderungsprogramme hinzuweisen; in geeigneten Fällen ist auf eine Inanspruchnahme solcher Programme hinzuwirken.
(5) Hält sich ein Ausländer entgegen einer räumlichen Beschränkung im Bundesgebiet auf oder wählt er seinen Wohnsitz entgegen einer Wohnsitzauflage oder einer Wohnsitzregelung nach § 12a des Aufenthaltsgesetzes im Bundesgebiet, darf der für den Aufenthaltsort örtlich zuständige Träger nur die nach den Umständen des Einzelfalls gebotene Leistung erbringen. Unabweisbar geboten ist regelmäßig nur eine Reisebeihilfe zur Deckung des Bedarfs für die Reise zu dem Wohnort, an dem ein Ausländer seinen Wohnsitz zu nehmen hat. In den Fällen des § 12a Absatz 1 und 4 des Aufenthaltsgesetzes ist regelmäßig eine Reisebeihilfe zu dem Ort im Bundesgebiet zu gewähren, an dem der Ausländer die Wohnsitznahme begehrt und an dem seine Wohnsitznahme zulässig ist. Der örtlich zuständige Träger am Aufenthaltsort informiert den bislang örtlich zuständigen Träger darüber, ob Leistungen nach Satz 1 bewilligt worden sind. Die Sätze 1 und 2 gelten auch für Ausländer, die eine räumlich nicht beschränkte Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 23a, 24 Absatz 1 oder § 25 Absatz 4 oder 5 des Aufenthaltsgesetzes besitzen, wenn sie sich außerhalb des Landes aufhalten, in dem der Aufenthaltstitel erstmals erteilt worden ist. Satz 5 findet keine Anwendung, wenn der Wechsel in ein anderes Land zur Wahrnehmung der Rechte zum Schutz der Ehe und Familie nach Artikel 6 des Grundgesetzes oder aus vergleichbar wichtigen Gründen gerechtfertigt ist.
(1) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs gelten für alle Personen, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in seinem Geltungsbereich haben.
(2) Regelungen des über- und zwischenstaatlichen Rechts bleiben unberührt.
(3) Einen Wohnsitz hat jemand dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, daß er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Den gewöhnlichen Aufenthalt hat jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, daß er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt.
(1) Ausländern, die sich im Inland tatsächlich aufhalten, ist Hilfe zum Lebensunterhalt, Hilfe bei Krankheit, Hilfe bei Schwangerschaft und Mutterschaft sowie Hilfe zur Pflege nach diesem Buch zu leisten. Die Vorschriften des Vierten Kapitels bleiben unberührt. Im Übrigen kann Sozialhilfe geleistet werden, soweit dies im Einzelfall gerechtfertigt ist. Die Einschränkungen nach Satz 1 gelten nicht für Ausländer, die im Besitz einer Niederlassungserlaubnis oder eines befristeten Aufenthaltstitels sind und sich voraussichtlich dauerhaft im Bundesgebiet aufhalten. Rechtsvorschriften, nach denen außer den in Satz 1 genannten Leistungen auch sonstige Sozialhilfe zu leisten ist oder geleistet werden soll, bleiben unberührt.
(2) Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes erhalten keine Leistungen der Sozialhilfe.
(3) Ausländer und ihre Familienangehörigen erhalten keine Leistungen nach Absatz 1 oder nach dem Vierten Kapitel, wenn
- 1.
sie weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmer oder Selbständige noch auf Grund des § 2 Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts, - 2.
sie kein Aufenthaltsrecht haben oder sich ihr Aufenthaltsrecht allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt oder - 3.
sie eingereist sind, um Sozialhilfe zu erlangen.
- 1.
Leistungen zur Deckung der Bedarfe für Ernährung sowie Körper- und Gesundheitspflege, - 2.
Leistungen zur Deckung der Bedarfe für Unterkunft und Heizung in angemessener Höhe nach § 35 und § 35a, einschließlich der Bedarfe nach § 30 Absatz 7, - 3.
die zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände erforderliche ärztliche und zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Arznei- und Verbandmitteln sowie sonstiger zur Genesung, zur Besserung oder zur Linderung von Krankheiten oder Krankheitsfolgen erforderlichen Leistungen und - 4.
Leistungen nach § 50 Nummer 1 bis 3.
(3a) Neben den Überbrückungsleistungen werden auf Antrag auch die angemessenen Kosten der Rückreise übernommen. Satz 1 gilt entsprechend, soweit die Personen allein durch die angemessenen Kosten der Rückreise die in Absatz 3 Satz 5 Nummer 1 und 2 genannten Bedarfe nicht aus eigenen Mitteln oder mit Hilfe Dritter decken können. Die Leistung ist als Darlehen zu erbringen.
(4) Ausländer, denen Sozialhilfe geleistet wird, sind auf für sie zutreffende Rückführungs- und Weiterwanderungsprogramme hinzuweisen; in geeigneten Fällen ist auf eine Inanspruchnahme solcher Programme hinzuwirken.
(5) Hält sich ein Ausländer entgegen einer räumlichen Beschränkung im Bundesgebiet auf oder wählt er seinen Wohnsitz entgegen einer Wohnsitzauflage oder einer Wohnsitzregelung nach § 12a des Aufenthaltsgesetzes im Bundesgebiet, darf der für den Aufenthaltsort örtlich zuständige Träger nur die nach den Umständen des Einzelfalls gebotene Leistung erbringen. Unabweisbar geboten ist regelmäßig nur eine Reisebeihilfe zur Deckung des Bedarfs für die Reise zu dem Wohnort, an dem ein Ausländer seinen Wohnsitz zu nehmen hat. In den Fällen des § 12a Absatz 1 und 4 des Aufenthaltsgesetzes ist regelmäßig eine Reisebeihilfe zu dem Ort im Bundesgebiet zu gewähren, an dem der Ausländer die Wohnsitznahme begehrt und an dem seine Wohnsitznahme zulässig ist. Der örtlich zuständige Träger am Aufenthaltsort informiert den bislang örtlich zuständigen Träger darüber, ob Leistungen nach Satz 1 bewilligt worden sind. Die Sätze 1 und 2 gelten auch für Ausländer, die eine räumlich nicht beschränkte Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 23a, 24 Absatz 1 oder § 25 Absatz 4 oder 5 des Aufenthaltsgesetzes besitzen, wenn sie sich außerhalb des Landes aufhalten, in dem der Aufenthaltstitel erstmals erteilt worden ist. Satz 5 findet keine Anwendung, wenn der Wechsel in ein anderes Land zur Wahrnehmung der Rechte zum Schutz der Ehe und Familie nach Artikel 6 des Grundgesetzes oder aus vergleichbar wichtigen Gründen gerechtfertigt ist.
(1) Wird ein Verwaltungsakt oder ein Widerspruchsbescheid, der bereits vollzogen ist, aufgehoben, so kann das Gericht aussprechen, daß und in welcher Weise die Vollziehung des Verwaltungsakts rückgängig zu machen ist. Dies ist nur zulässig, wenn die Verwaltungsstelle rechtlich dazu in der Lage und diese Frage ohne weiteres in jeder Beziehung spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Hält das Gericht die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten Verwaltungsakts für begründet und diese Frage in jeder Beziehung für spruchreif, so ist im Urteil die Verpflichtung auszusprechen, den beantragten Verwaltungsakt zu erlassen. Im Übrigen gilt Absatz 3 entsprechend.
(3) Hält das Gericht die Unterlassung eines Verwaltungsakts für rechtswidrig, so ist im Urteil die Verpflichtung auszusprechen, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(4) Hält das Gericht eine Wahl im Sinne des § 57b oder eine Wahl zu den Selbstverwaltungsorganen der Kassenärztlichen Vereinigungen oder der Kassenärztlichen Bundesvereinigungen ganz oder teilweise oder eine Ergänzung der Selbstverwaltungsorgane für ungültig, so spricht es dies im Urteil aus und bestimmt die Folgerungen, die sich aus der Ungültigkeit ergeben.
(5) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Satz 1 gilt auch bei Klagen auf Verurteilung zum Erlass eines Verwaltungsakts und bei Klagen nach § 54 Abs. 4; Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlass des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, dass Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluss kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(1) Ausländern, die sich im Inland tatsächlich aufhalten, ist Hilfe zum Lebensunterhalt, Hilfe bei Krankheit, Hilfe bei Schwangerschaft und Mutterschaft sowie Hilfe zur Pflege nach diesem Buch zu leisten. Die Vorschriften des Vierten Kapitels bleiben unberührt. Im Übrigen kann Sozialhilfe geleistet werden, soweit dies im Einzelfall gerechtfertigt ist. Die Einschränkungen nach Satz 1 gelten nicht für Ausländer, die im Besitz einer Niederlassungserlaubnis oder eines befristeten Aufenthaltstitels sind und sich voraussichtlich dauerhaft im Bundesgebiet aufhalten. Rechtsvorschriften, nach denen außer den in Satz 1 genannten Leistungen auch sonstige Sozialhilfe zu leisten ist oder geleistet werden soll, bleiben unberührt.
(2) Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes erhalten keine Leistungen der Sozialhilfe.
(3) Ausländer und ihre Familienangehörigen erhalten keine Leistungen nach Absatz 1 oder nach dem Vierten Kapitel, wenn
- 1.
sie weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmer oder Selbständige noch auf Grund des § 2 Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts, - 2.
sie kein Aufenthaltsrecht haben oder sich ihr Aufenthaltsrecht allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt oder - 3.
sie eingereist sind, um Sozialhilfe zu erlangen.
- 1.
Leistungen zur Deckung der Bedarfe für Ernährung sowie Körper- und Gesundheitspflege, - 2.
Leistungen zur Deckung der Bedarfe für Unterkunft und Heizung in angemessener Höhe nach § 35 und § 35a, einschließlich der Bedarfe nach § 30 Absatz 7, - 3.
die zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände erforderliche ärztliche und zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Arznei- und Verbandmitteln sowie sonstiger zur Genesung, zur Besserung oder zur Linderung von Krankheiten oder Krankheitsfolgen erforderlichen Leistungen und - 4.
Leistungen nach § 50 Nummer 1 bis 3.
(3a) Neben den Überbrückungsleistungen werden auf Antrag auch die angemessenen Kosten der Rückreise übernommen. Satz 1 gilt entsprechend, soweit die Personen allein durch die angemessenen Kosten der Rückreise die in Absatz 3 Satz 5 Nummer 1 und 2 genannten Bedarfe nicht aus eigenen Mitteln oder mit Hilfe Dritter decken können. Die Leistung ist als Darlehen zu erbringen.
(4) Ausländer, denen Sozialhilfe geleistet wird, sind auf für sie zutreffende Rückführungs- und Weiterwanderungsprogramme hinzuweisen; in geeigneten Fällen ist auf eine Inanspruchnahme solcher Programme hinzuwirken.
(5) Hält sich ein Ausländer entgegen einer räumlichen Beschränkung im Bundesgebiet auf oder wählt er seinen Wohnsitz entgegen einer Wohnsitzauflage oder einer Wohnsitzregelung nach § 12a des Aufenthaltsgesetzes im Bundesgebiet, darf der für den Aufenthaltsort örtlich zuständige Träger nur die nach den Umständen des Einzelfalls gebotene Leistung erbringen. Unabweisbar geboten ist regelmäßig nur eine Reisebeihilfe zur Deckung des Bedarfs für die Reise zu dem Wohnort, an dem ein Ausländer seinen Wohnsitz zu nehmen hat. In den Fällen des § 12a Absatz 1 und 4 des Aufenthaltsgesetzes ist regelmäßig eine Reisebeihilfe zu dem Ort im Bundesgebiet zu gewähren, an dem der Ausländer die Wohnsitznahme begehrt und an dem seine Wohnsitznahme zulässig ist. Der örtlich zuständige Träger am Aufenthaltsort informiert den bislang örtlich zuständigen Träger darüber, ob Leistungen nach Satz 1 bewilligt worden sind. Die Sätze 1 und 2 gelten auch für Ausländer, die eine räumlich nicht beschränkte Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 23a, 24 Absatz 1 oder § 25 Absatz 4 oder 5 des Aufenthaltsgesetzes besitzen, wenn sie sich außerhalb des Landes aufhalten, in dem der Aufenthaltstitel erstmals erteilt worden ist. Satz 5 findet keine Anwendung, wenn der Wechsel in ein anderes Land zur Wahrnehmung der Rechte zum Schutz der Ehe und Familie nach Artikel 6 des Grundgesetzes oder aus vergleichbar wichtigen Gründen gerechtfertigt ist.
(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.
(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.
(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.
(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.
Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Nimmt ein sonstiger Rechtsnachfolger das Verfahren auf, bleibt das Verfahren in dem Rechtszug kostenfrei. Den in Satz 1 und 2 genannten Personen steht gleich, wer im Falle des Obsiegens zu diesen Personen gehören würde. Leistungsempfängern nach Satz 1 stehen Antragsteller nach § 55a Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative gleich. § 93 Satz 3, § 109 Abs. 1 Satz 2, § 120 Absatz 1 Satz 2 und § 192 bleiben unberührt. Die Kostenfreiheit nach dieser Vorschrift gilt nicht in einem Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2).
(1) Für das Verfahren bei den Behörden nach diesem Gesetzbuch werden keine Gebühren und Auslagen erhoben. Abweichend von Satz 1 erhalten die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung für jede auf der Grundlage des § 74a Absatz 2 und 3 erteilte Auskunft eine Gebühr von 10,20 Euro.
(2) Geschäfte und Verhandlungen, die aus Anlass der Beantragung, Erbringung oder der Erstattung einer Sozialleistung nötig werden, sind kostenfrei. Dies gilt auch für die im Gerichts- und Notarkostengesetz bestimmten Gerichtskosten. Von Beurkundungs- und Beglaubigungskosten sind befreit Urkunden, die
- 1.
in der Sozialversicherung bei den Versicherungsträgern und Versicherungsbehörden erforderlich werden, um die Rechtsverhältnisse zwischen den Versicherungsträgern einerseits und den Arbeitgebern, Versicherten oder ihren Hinterbliebenen andererseits abzuwickeln, - 2.
im Sozialhilferecht, im Recht der Eingliederungshilfe, im Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende, im Kinder- und Jugendhilferecht sowie im Recht der Kriegsopferfürsorge aus Anlass der Beantragung, Erbringung oder Erstattung einer nach dem Zwölften Buch, dem Neunten Buch, dem Zweiten und dem Achten Buch oder dem Bundesversorgungsgesetz vorgesehenen Leistung benötigt werden, - 3.
im Schwerbehindertenrecht von der zuständigen Stelle im Zusammenhang mit der Verwendung der Ausgleichsabgabe für erforderlich gehalten werden, - 4.
im Recht der sozialen Entschädigung bei Gesundheitsschäden für erforderlich gehalten werden, - 5.
im Kindergeldrecht für erforderlich gehalten werden.
(3) Absatz 2 Satz 1 gilt auch für gerichtliche Verfahren, auf die das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit anzuwenden ist. Im Verfahren nach der Zivilprozessordnung, dem Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit sowie im Verfahren vor Gerichten der Sozial- und Finanzgerichtsbarkeit sind die Träger der Eingliederungshilfe, der Sozialhilfe, der Grundsicherung für Arbeitsuchende, der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, der Jugendhilfe und der Kriegsopferfürsorge von den Gerichtskosten befreit; § 197a des Sozialgerichtsgesetzes bleibt unberührt.