Sozialgericht Neubrandenburg Urteil, 20. Okt. 2017 - S 11 AS 658/17

published on 20/10/2017 00:00
Sozialgericht Neubrandenburg Urteil, 20. Okt. 2017 - S 11 AS 658/17
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Tenor

1. Der Bescheid des Beklagten vom 03.05.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.06.2017 wird aufgehoben.

2. Der Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen die Verpflichtung durch den Beklagten zur Beantragung vorzeitiger Altersrente.

2

Der am 1954 geborene Kläger bezieht gemeinsam mit seiner Ehefrau seit 2014 Leistungen nach dem SGB 11. Ab dem 01.08.2017 kann der Kläger eine Altersrente für langjährig Versicherte mit einer Rentenminderung von 9,6 % beanspruchen. Ab dem 01.12.2017 erfüllt der Kläger die Wartezeit und Altersgrenze für eine ungeminderte Altersrente für besonders langjährig Versicherte, er ist bereits mit 14 Jahren in die Lehre gegangen und hat 567 Monate Beitragszeiten. Die Höhe der ungekürzten Altersrente würde nach der letzten Rentenauskunft 1.199,94 € monatlich betragen.

3

Mit Bescheid vom 03.05.2017 forderte der Beklagte den Kläger auf, bis zum 20.05.2017 eine geminderte Altersrente ab dem 01.08.2017 zu beantragen. Der dagegen eingelegte Widerspruch des Klägers vom 09.05.2017 wurde mit Widerspruchsbescheid vom 12.06.2017 als unbegründet zurückgewiesen. Der Kläger sei gemäß § 12a SGB II verpflichtet, die Rente wegen Alters vorzeitig in Anspruch zu nehmen. Er erreiche am 28.07.2017 das 63. Lebensjahr. Die Verordnung zur Vermeidung unbilliger Härten durch Inanspruchnahme einer vorgezogenen Altersrente (UnbilligkeitsV) regle die Ausnahmetatbestände abschließend. Keiner dieser Tatbestände sei erfüllt. Nach § 3 der UnbilligkeitsV sei eine Inanspruchnahme unbillig, wenn Hilfebedürftige in nächster Zukunft die Altersrente abschlagsfrei in Anspruch nehmen können. Dass hieße, Hilfebedürftige müssten eine Abschlagsrente nicht in Anspruch nehmen, wenn sie innerhalb von längsten drei Monaten ihre individuelle Regelaltersrente für den Bezug einer Altersrente erreichen. Der Kläger könnte eine abschlagsfreie Rente vier Monate nach der Abschlagsrente und damit nicht innerhalb von längsten drei Monaten in Anspruch nehmen. Der Ausnahmetatbestand nach § 3 UnbilligkeitsV sei damit nicht erfüllt. Auch die übrigen Ausnahmetatbestände seien nicht erfüllt. Es seien auch keine relevanten Ermessensgesichtspunkte gegeben, die einen atypischen Fall begründen würden. Außergewöhnliche Umstände, welche die Inanspruchnahme einer vorzeitigen Altersrente unzumutbar erscheinen ließen, seien nicht gegeben. Insbesondere liege ein atypischer Fall nicht aufgrund der individuellen Rentenabschläge auch nicht in Verbindung mit der vorliegenden viermonatigen Zeitspanne zwischen Beginn der vorzeitigen Inanspruchnahme mit Abschlägen bis zur abschlagsfreien Inanspruchnahme vor. Nach pflichtgemäßem Ermessen sei der Kläger zur Beantragung der vorzeitigen geminderten Altersrente ab dem 01.08.2017 zu verpflichten.

4

Mit Schreiben vom 19.06.2017 beantragte der Beklagte ersatzweise eine geminderte Altersrente ab dem 01.08.2017 bei der Beigeladenen.

5

Am 05.07.2017 hat der Kläger Klage gegen die Aufforderung zur Beantragung der Altersrente am Sozialgericht Neubrandenburg erhoben. Am 07.07.2017 hat er einstweiligen Rechtsschutz unter dem Az. S 11 AS 663/17 beantragt. § 3 UnbilligkeitsV nenne keine Beschränkung auf drei Monate. Bei der Gesetzesformulierung „in nächster Zeit" handele es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, welcher vor dem Hintergrund der Zielstellung der Verordnung und der Auswirkungen auf alle Beteiligten auszulegen sei. Es sei davon auszugehen, dass der Gesetzgeber eine monatliche Rentenminderung von 0,3 % für jeden Monat vorgezogener Rente im Blick gehabt habe. Der Kläger verwirkliche innerhalb von vier Monaten jedoch die Voraussetzungen einer anderen Rentenart, die der besonders langjährig Versicherten, welche nicht vorzeitig in Anspruch genommen werden könne. Er müsste damit einen Abschlag von 9,6 % hinnehmen. Im Übrigen sei die abschlagsfreie Rente aufgrund des dadurch zu erwartenden höheren SGB II-Leistungsanspruches der Ehefrau des Klägers auch für den Beklagten unwirtschaftlich.

6

Der Kläger beantragt:

7

Der Bescheid vom 03.05.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.06.2017 wird aufgehoben.

8

Der Beklagte beantragt,

9

die Klage abzuweisen.

10

Zur Begründung verweist der Beklagte auf die Gründe des angefochtenen Widerspruchsbescheides. Der Gesetzgeber habe auch bei/nach Einführung der Rente für besonders langjährig Versicherte eine Änderung bzw. Anpassung der UnbilligkeitsV nicht für erforderlich gehalten.

11

Das Gericht hat den zuständigen Rentenversicherungsträger zum Verfahren beigeladen.

12

Mit Beschluss vom 24.07.2017 hat das Gericht im Verfahren S 11 AS 663/17 ER die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den hier streitigen Bescheid angeordnet und die Beigeladene verpflichtet , über den ersatzweise gestellten Antrag des Beklagten vom 19.06.2017 auf vorzeitige Altersrente ab dem 01.08.2017 bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Hauptsache keinen Rentenbescheid zu erlassen. Im parallel geführten Verfahren S 11 AS 936/17 ER Sozialgericht Neubrandenburg des hiesigen Beklagten gegen die hiesige Beigeladene hat die Beigeladene sich mit Schreiben vom 11.10.2017 verpflichtet, auf den Antrag des hiesigen Klägers auf Altersrente für besonders langjährig Versicherte ab dem 01.12.2017 bis zur rechtskräftigen Entscheidung der hiesigen Hauptsache keinen Rentenbescheid zu erlassen.

13

Die Beteiligten haben gemäß 124 Abs. 2 SGG das Einverständnis mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung erklärt.

14

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten, wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte und der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Gerichtsakten S 11 AS 663/17 ER und S 11 AS 936/17 ER Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

15

Die Klage ist zulässig und begründet.

16

Die Aufforderung an den Leistungsempfänger, den Rentenantrag zu stellen, ist ein belastender Verwaltungsakt (BSG, Beschluss vom 16.12.2011, B 14 AS 138/11 B) gegen den die Anfechtungsklage statthaft ist. Der Ersatzantrag des Beklagten gemäß § 5 Abs. 3 SGB II ist kein Verwaltungsakt (siehe Bayrisches LSG, Beschluss vom 03.06.2016, L 7 AS 233/16 ER), sondern der Vollzug der (vergeblichen) Aufforderung des Leistungsempfängers zur Rentenantragstellung (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16.12.2014, L 5 AS 2740/14 B ER; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 10.12.2014, L 2 AS 520/14 B ER).

17

Die Aufforderung zur Beantragung vorzeitiger Altersrente ist vorliegend rechtswidrig. Nach § 12a Satz 1 SGB 11 sind Leistungsberechtigte verpflichtet, Sozialleistungen anderer Träger in Anspruch zu nehmen und die dafür erforderlichen Anträge zu stellen, sofern dies zur Vermeidung, Beseitigung, Verkürzung oder Verminderung der Hilfebedürftigkeit erforderlich ist. In Bezug auf die Inanspruchnahme einer vorzeitigen Altersrente gilt dies nicht, wenn der Ausnahmetatbestand des § 12a Satz 2 Nr. 1 SGB II erfüllt ist oder einer der Tatbestände nach der Unbilligkeitsverordnung gegeben ist. Dabei hat das BSG mit Urteilen vom 19.08.2015, B 14 AS 1/15 R, und 23.06.2016, B 14 AS 46/15 R zunächst festgestellt, dass die Ausnahmetatbestände der UnbilligkeitsV abschließend geregelt sind. Nach § 13 Abs. 2 SGB II i.V.m. § 1 UnbilligkeitsV sind Hilfebedürftige nach Vollendung des 63. Lebensjahres nicht verpflichtet, eine Rente wegen Alters vorzeitig in Anspruch zu nehmen, wenn die Inanspruchnahme unbillig wäre. Nach § 3 UnbilligkeitsV ist die Inanspruchnahme einer vorzeitigen Altersrente unbillig, wenn Hilfebedürftige in nächster Zukunft die Altersrente abschlagsfrei in Anspruch nehmen können. Dieser Ausnahmetatbestand ist nach Rechtsauffassung der Kammer vorliegend erfüllt, weil der Kläger statt der um 9,6 % gekürzten Altersrente in nächster Zukunft nämlich ab 01.12.2017, d.h. in vier Monaten eine ungekürzte Altersrente für besonders langjährig Versicherte in Anspruch nehmen kann. Bei dem Begriff „in nächster Zukunft" handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, dessen Auslegung gerichtlich überprüfbar ist. Dabei ist zu beachten, dass das in der Verordnungsermächtigung des § 13 Abs. 2 SGB II zum Ausdruck gebrachte Regel-Ausnahme-Verhältnis verdeutlichen soll, dass die Verordnung lediglich eng umgrenzte Fälle bestimmen soll, in denen die Verpflichtung, eine vorzeitige Altersrente in Anspruch zu nehmen, unbillig wäre. Mit der Verordnungsermächtigung kann nach dem Willen des Gesetzgebers auf Erfahrungen und Erkenntnisse der Praxis flexibel reagiert und möglichen Fehlentwicklungen entgegengewirkt werden (BT-Drucksache 16/7460, S. 12). Nach der Begründung des Referentenentwurfs zur UnbilligkeitsV aus dem Jahr 2008 ist es mit den Zielsetzungen des Leistungsrechtes der Grundsicherung für Arbeitssuchende - Überwindung der Hilfebedürftigkeit und Ausübung einer Erwerbstätigkeit - vereinbar, bestimmte Personen von der Pflicht zur Inanspruchnahme der Altersrente auszunehmen.

18

Dazu gehören u.a. Personen, die in naher Zukunft eine abschlagsfreie Altersrente beziehen können. Zur weiteren Begründung heißt es auf BI. 8 des Entwurfs , dass dies Hilfebedürftige betreffe, die innerhalb von längstens drei Monaten ihre individuelle Regelaltersgrenze für den Bezug einer Altersrente erreichen. Unter Abwägung der Höhe der Abschläge für die gesamte Dauer des Rentenbezuges und des vergleichsweise kurzen Bezugszeitraums von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende sei es - so der Verordnungsgeber - gerechtfertigt, bei Personen, die kurz vor der abschlagsfreien Altersrente stehen, von der Pflicht zur Inanspruchnahme einer vorgezogenen Altersrente abzusehen. Das gelte insbesondere vor dem Hintergrund, dass den Hilfebedürftigen nur noch ein vergleichsweise kurzer Zeitraum zur Eingliederung in Arbeit zur Verfügung stehe. Bei dieser Begründung zur Vermeidung unbilliger Härten, hat sich der Verordnungsgeber für die Verwendung eines unbestimmten Rechtsbegriffes entschieden und in der Verordnung nicht die Formulierung „innerhalb von längstens drei Monaten" verwendet. Er ließ damit Raum zur Auslegung, was insbesondere auch vor dem Hintergrund des bereits vom Gesetzgeber gesehenen Erfordernisses zur Anpassung aufgrund von möglichen Fehlentwicklungen beachtlich ist. Bei Erlass der Verordnung und dessen Begründung war die vom Kläger nunmehr begehrte Rente für besonders langjährig Versicherte noch nicht normiert, insbesondere noch nicht mit der Möglichkeit des Anspruches bereits ab dem 63. Lebensjahr für bestimmte Geburtsjahrgänge. Diese zum 01.01.2012 neu eingeführte und zum 01.07.2014 erweiterte Altersrente soll der Gruppe der Versicherten zukommen, die mit außerordentlich langjähriger, nicht selten belastender Berufstätigkeit und entsprechend langer Zahlung von Beiträgen Besonderes für die Versichertengemeinschaft geleistet hat und nun nicht um die Früchte ihrer langjährigen Arbeit gebracht werden soll (Fichte in: Hauck/Noftz, SGB, 06/16, § 38 SGB VI, Rn. 2).

19

Für die Erfüllung der Wartezeit von 45 Jahren für die Inanspruchnahme dieser abschlagsfreien Altersrente zählen Pflichtbeiträgen aus Beschäftigung, selbstständiger Tätigkeit und Pflege sowie Zeiten der Kindererziehung bis zum zehnten Lebensjahr des Kindes. Eine vorzeitige Inanspruchnahme dieser Altersrente ist dem Zweck entsprechend ausgeschlossen. Unter Berücksichtigung dieses gesetzgeberischen Zieles der Altersente für besonders langjährig Versicherte ist es geboten die Regelung des Verordnungsgebers hinsichtlich des Begriffes einer abschlagsfreien Rente „in nächster Zukunft" entsprechend auszulegen. Der Verordnungsgeber hat abwägend auf die Höhe der Rentenabschläge abgestellt, welche im vorliegenden Fall mit 9,6 % deutlich höher sind, als nach der damaligen Gesetzeslage zu erwarten, obwohl demgegenüber nur ein viermonatiger Bezug von SGB II-Leistungen stehen würde und damit sogar nach alter Rechtslage deutlich weniger als ein Bewilligungszeitraum von sechs Monaten. Nach Auslegung des § 3 UnbilligkeitsV durch die Kammer ist daher vorliegend ein Anspruch auf abschlagsreife Altersrente in nächster Zukunft zu bejahen.

20

Dem stehen auch nicht die bisherigen Entscheidung des BSG, B 14 AS 1/15 R und B 14 AS 46/15 R, entgegen, in welchen das BSG in Klammerzusätzen auf die Begründung des Verordnungsentwurfs ,,innerhalb von längstens drei Monaten" verwiesen hat, denn diese Entscheidungen betrafen Fälle von abschlagsfreien Renten, welche eindeutig nicht in nächster Zukunft zu beanspruchen waren, sondern erst in zwei Jahren und mehr mit Rentenabschlägen von 0,3 % pro Monat. Diese Fälle sind daher mit dem vorliegenden Fall einer Altersrente für besonders langjährig Versicherte, welche in vier Monaten zu beanspruchen ist, nicht zu vergleichen.

21

Soweit der Beklagte in seiner Klageerwiderung ergänzend anmerkt, der Gesetzgeber habe auch bei/nach Einführung der Rente für besonders langjährig Versicherte eine Änderung bzw. Anpassung der UnbilligkeitsV nicht für erforderlich gehalten, war auch keinerlei Anlass für eine Änderung dieser Verordnung gegeben, da die Verordnung entgegen der Ansicht des Beklagten gerade keinen konkreten Zeitraum festsetzt, sondern unter Verwendung des unbestimmten Rechtsbegriff „in nächster Zukunft" Raum für Auslegung im Einzelfalls bietet.

22

Der angefochtene Bescheid hinsichtlich der Aufforderung zur Beantragung einer vorzeitigen Altersrente mit Abschlägen war daher aufzuheben. Mit Aufhebung des Bescheides entfällt auch die Grundlage für die ersatzweise Antragstellung durch den Beklagten gemäß § 5 Abs. 3 Satz 1 SGB 11.

23

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

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(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha
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(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha
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published on 16/12/2011 00:00

Tenor Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde vor dem Bundessozialgericht gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 29. Juni 2011 Prozes
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Annotations

Leistungsberechtigte sind verpflichtet, Sozialleistungen anderer Träger in Anspruch zu nehmen und die dafür erforderlichen Anträge zu stellen, sofern dies zur Vermeidung, Beseitigung, Verkürzung oder Verminderung der Hilfebedürftigkeit erforderlich ist. Abweichend von Satz 1 sind Leistungsberechtigte nicht verpflichtet,

1.
bis zur Vollendung des 63. Lebensjahres eine Rente wegen Alters vorzeitig in Anspruch zu nehmen oder
2.
Wohngeld nach dem Wohngeldgesetz oder Kinderzuschlag nach dem Bundeskindergeldgesetz in Anspruch zu nehmen, wenn dadurch nicht die Hilfebedürftigkeit aller Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft für einen zusammenhängenden Zeitraum von mindestens drei Monaten beseitigt würde.
Für die Zeit vom 1. Januar 2023 bis zum Ablauf des 31. Dezember 2026 findet Satz 2 Nummer 1 mit der Maßgabe Anwendung, dass Leistungsberechtigte nicht verpflichtet sind, eine Rente wegen Alters vorzeitig in Anspruch zu nehmen.

Unbillig ist die Inanspruchnahme, wenn Hilfebedürftige in nächster Zukunft die Altersrente abschlagsfrei in Anspruch nehmen können.

(1) Auf Rechtsvorschriften beruhende Leistungen Anderer, insbesondere der Träger anderer Sozialleistungen, werden durch dieses Buch nicht berührt. Ermessensleistungen dürfen nicht deshalb versagt werden, weil dieses Buch entsprechende Leistungen vorsieht.

(2) Der Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach diesem Buch schließt Leistungen nach dem Dritten Kapitel des Zwölften Buches aus. Leistungen nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buches sind gegenüber dem Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 2 vorrangig.

(3) Stellen Leistungsberechtigte trotz Aufforderung einen erforderlichen Antrag auf Leistungen eines anderen Trägers nicht, können die Leistungsträger nach diesem Buch den Antrag stellen sowie Rechtsbehelfe und Rechtsmittel einlegen. Der Ablauf von Fristen, die ohne Verschulden der Leistungsträger nach diesem Buch verstrichen sind, wirkt nicht gegen die Leistungsträger nach diesem Buch; dies gilt nicht für Verfahrensfristen, soweit die Leistungsträger nach diesem Buch das Verfahren selbst betreiben. Wird eine Leistung aufgrund eines Antrages nach Satz 1 von einem anderen Träger nach § 66 des Ersten Buches bestandskräftig entzogen oder versagt, sind die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach diesem Buch ganz oder teilweise so lange zu entziehen oder zu versagen, bis die leistungsberechtigte Person ihrer Verpflichtung nach den §§ 60 bis 64 des Ersten Buches gegenüber dem anderen Träger nachgekommen ist. Eine Entziehung oder Versagung nach Satz 3 ist nur möglich, wenn die leistungsberechtigte Person vom zuständigen Leistungsträger nach diesem Buch zuvor schriftlich auf diese Folgen hingewiesen wurde. Wird die Mitwirkung gegenüber dem anderen Träger nachgeholt, ist die Versagung oder Entziehung rückwirkend aufzuheben.

(4) Leistungen zur Eingliederung in Arbeit nach dem Ersten Abschnitt des Dritten Kapitels werden nicht an oder für erwerbsfähige Leistungsberechtigte erbracht, die einen Anspruch auf Arbeitslosengeld oder Teilarbeitslosengeld haben.

(5) Leistungen nach den §§ 16a, 16b, 16d sowie 16f bis 16k können auch an erwerbsfähige Leistungsberechtigte erbracht werden, sofern ein Rehabilitationsträger im Sinne des Neunten Buches zuständig ist; § 22 Absatz 2 Satz 1 und 2 des Dritten Buches ist entsprechend anzuwenden.

Leistungsberechtigte sind verpflichtet, Sozialleistungen anderer Träger in Anspruch zu nehmen und die dafür erforderlichen Anträge zu stellen, sofern dies zur Vermeidung, Beseitigung, Verkürzung oder Verminderung der Hilfebedürftigkeit erforderlich ist. Abweichend von Satz 1 sind Leistungsberechtigte nicht verpflichtet,

1.
bis zur Vollendung des 63. Lebensjahres eine Rente wegen Alters vorzeitig in Anspruch zu nehmen oder
2.
Wohngeld nach dem Wohngeldgesetz oder Kinderzuschlag nach dem Bundeskindergeldgesetz in Anspruch zu nehmen, wenn dadurch nicht die Hilfebedürftigkeit aller Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft für einen zusammenhängenden Zeitraum von mindestens drei Monaten beseitigt würde.
Für die Zeit vom 1. Januar 2023 bis zum Ablauf des 31. Dezember 2026 findet Satz 2 Nummer 1 mit der Maßgabe Anwendung, dass Leistungsberechtigte nicht verpflichtet sind, eine Rente wegen Alters vorzeitig in Anspruch zu nehmen.

(1) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen ohne Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung zu bestimmen,

1.
welche weiteren Einnahmen nicht als Einkommen zu berücksichtigen sind und wie das Einkommen im Einzelnen zu berechnen ist,
2.
welche weiteren Vermögensgegenstände nicht als Vermögen zu berücksichtigen sind und wie der Wert des Vermögens zu ermitteln ist,
3.
welche Pauschbeträge für die von dem Einkommen abzusetzenden Beträge zu berücksichtigen sind,
4.
welche durchschnittlichen monatlichen Beträge für einzelne Bedarfe nach § 28 für die Prüfung der Hilfebedürftigkeit zu berücksichtigen sind und welcher Eigenanteil des maßgebenden Regelbedarfs bei der Bemessung des Bedarfs nach § 28 Absatz 6 zugrunde zu legen ist.

(2) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, ohne Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung zu bestimmen, unter welchen Voraussetzungen und für welche Dauer Leistungsberechtigte nach Vollendung des 63. Lebensjahres ausnahmsweise zur Vermeidung von Unbilligkeiten nicht verpflichtet sind, eine Rente wegen Alters vorzeitig in Anspruch zu nehmen.

(3) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, nähere Bestimmungen zum näheren Bereich im Sinne des § 7b Absatz 1 Satz 2 zu treffen sowie dazu, für welchen Zeitraum und unter welchen Voraussetzungen erwerbsfähige Leistungsberechtigte bei einem Aufenthalt außerhalb des näheren Bereichs einen Leistungsanspruch haben können, ohne erreichbar zu sein.

Hilfebedürftige sind nach Vollendung des 63. Lebensjahres nicht verpflichtet, eine Rente wegen Alters vorzeitig in Anspruch zu nehmen, wenn die Inanspruchnahme unbillig wäre.

Unbillig ist die Inanspruchnahme, wenn Hilfebedürftige in nächster Zukunft die Altersrente abschlagsfrei in Anspruch nehmen können.

(1) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen ohne Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung zu bestimmen,

1.
welche weiteren Einnahmen nicht als Einkommen zu berücksichtigen sind und wie das Einkommen im Einzelnen zu berechnen ist,
2.
welche weiteren Vermögensgegenstände nicht als Vermögen zu berücksichtigen sind und wie der Wert des Vermögens zu ermitteln ist,
3.
welche Pauschbeträge für die von dem Einkommen abzusetzenden Beträge zu berücksichtigen sind,
4.
welche durchschnittlichen monatlichen Beträge für einzelne Bedarfe nach § 28 für die Prüfung der Hilfebedürftigkeit zu berücksichtigen sind und welcher Eigenanteil des maßgebenden Regelbedarfs bei der Bemessung des Bedarfs nach § 28 Absatz 6 zugrunde zu legen ist.

(2) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, ohne Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung zu bestimmen, unter welchen Voraussetzungen und für welche Dauer Leistungsberechtigte nach Vollendung des 63. Lebensjahres ausnahmsweise zur Vermeidung von Unbilligkeiten nicht verpflichtet sind, eine Rente wegen Alters vorzeitig in Anspruch zu nehmen.

(3) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, nähere Bestimmungen zum näheren Bereich im Sinne des § 7b Absatz 1 Satz 2 zu treffen sowie dazu, für welchen Zeitraum und unter welchen Voraussetzungen erwerbsfähige Leistungsberechtigte bei einem Aufenthalt außerhalb des näheren Bereichs einen Leistungsanspruch haben können, ohne erreichbar zu sein.

Versicherte haben Anspruch auf Altersrente für besonders langjährig Versicherte, wenn sie

1.
das 65. Lebensjahr vollendet und
2.
die Wartezeit von 45 Jahren erfüllt
haben.

Unbillig ist die Inanspruchnahme, wenn Hilfebedürftige in nächster Zukunft die Altersrente abschlagsfrei in Anspruch nehmen können.

(1) Die Pflegekassen sollen Leistungen zur Prävention in stationären Pflegeeinrichtungen nach § 71 Absatz 2 für in der sozialen Pflegeversicherung Versicherte erbringen, indem sie unter Beteiligung der versicherten Pflegebedürftigen und der Pflegeeinrichtung Vorschläge zur Verbesserung der gesundheitlichen Situation und zur Stärkung der gesundheitlichen Ressourcen und Fähigkeiten entwickeln sowie deren Umsetzung unterstützen. Die Pflichten der Pflegeeinrichtungen nach § 11 Absatz 1 bleiben unberührt. Der Spitzenverband Bund der Pflegekassen legt unter Einbeziehung unabhängigen Sachverstandes die Kriterien für die Leistungen nach Satz 1 fest, insbesondere hinsichtlich Inhalt, Methodik, Qualität, wissenschaftlicher Evaluation und der Messung der Erreichung der mit den Leistungen verfolgten Ziele.

(2) Die Ausgaben der Pflegekassen für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben nach Absatz 1 sollen insgesamt im Jahr 2016 für jeden ihrer Versicherten einen Betrag von 0,30 Euro umfassen. Die Ausgaben sind in den Folgejahren entsprechend der prozentualen Veränderung der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Absatz 1 des Vierten Buches anzupassen. Sind in einem Jahr die Ausgaben rundungsbedingt nicht anzupassen, ist die unterbliebene Anpassung bei der Berechnung der Anpassung der Ausgaben im Folgejahr zu berücksichtigen.

(3) Bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben nach Absatz 1 sollen die Pflegekassen zusammenarbeiten und kassenübergreifende Leistungen zur Prävention erbringen. Erreicht eine Pflegekasse den in Absatz 2 festgelegten Betrag in einem Jahr nicht, stellt sie die nicht verausgabten Mittel im Folgejahr dem Spitzenverband Bund der Pflegekassen zur Verfügung, der die Mittel nach einem von ihm festzulegenden Schlüssel auf die Pflegekassen zur Wahrnehmung der Aufgaben nach Absatz 1 verteilt, die Kooperationsvereinbarungen zur Durchführung kassenübergreifender Leistungen geschlossen haben. Auf die zum Zwecke der Vorbereitung und Umsetzung der Kooperationsvereinbarungen nach Satz 2 gebildeten Arbeitsgemeinschaften findet § 94 Absatz 1a Satz 2 und 3 des Zehnten Buches keine Anwendung.

(4) Die Pflegekassen wirken unbeschadet ihrer Aufgaben nach Absatz 1 bei den zuständigen Leistungsträgern darauf hin, dass frühzeitig alle geeigneten Leistungen zur Prävention, zur Krankenbehandlung und zur medizinischen Rehabilitation eingeleitet werden, um den Eintritt von Pflegebedürftigkeit zu vermeiden.

(5) Die Pflegekassen beteiligen sich an der nationalen Präventionsstrategie nach den §§ 20d bis 20f des Fünften Buches mit den Aufgaben nach den Absätzen 1 und 2.

(6) Die Leistungsträger haben im Rahmen ihres Leistungsrechts auch nach Eintritt der Pflegebedürftigkeit ihre Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und ergänzenden Leistungen in vollem Umfang einzusetzen und darauf hinzuwirken, die Pflegebedürftigkeit zu überwinden, zu mindern sowie eine Verschlimmerung zu verhindern.

(7) Im Jahr 2020 müssen die Ausgaben der Pflegekassen für die Wahrnehmung der Aufgaben nach Absatz 1 nicht dem in Absatz 2 festgelegten Betrag entsprechen. Im Jahr 2019 nicht verausgabte Mittel sind abweichend von Absatz 3 Satz 2 im Jahr 2020 nicht dem Spitzenverband Bund der Pflegekassen zur Verfügung zu stellen.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.