Sozialgericht München Urteil, 03. Nov. 2016 - S 30 R 1673/15

published on 03/11/2016 00:00
Sozialgericht München Urteil, 03. Nov. 2016 - S 30 R 1673/15
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Gericht

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Tenor

I.

Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 20.11.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.07.2015 zur der bescheidsmäßigen Befreiung der Klägerin von der Versicherungspflicht für ihre Tätigkeit seit 01.10.2009 verurteilt.

II.

Die Beklagte hat der Klägerin ihre außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Tatbestand

Streitig zwischen den Beteiligten ist die Befreiung der Klägerin von der Versicherungs-pflicht. Die am ... 1977 geborene Klägerin beantragte am 15.10.2014 bei der Beklagten diese Befreiung wegen ihrer seit 01.01.2004 bestehenden gesetzlichen Pflichtmitgliedschaft in der Bayerischen Apothekerversorgung aufgrund einer Tätigkeit als „Associate pharmacovigilance“ bei der Firma B. in B-Stadt seit 01.10.2009. Beigefügt war ein aus-führliches Positionsprofil, aus dem ein breites Tätigkeitsfeld in der Überwachung von Risiken, Nebenwirkungen und Komplikationen im Zusammenhang mit Medikamenten ersicht-lich war. Kommunikative Aufgaben im Zusammenwirken mit Ärzteschaft, Behörden, Forschungseinrichtungen und ausländischen Partnern haben darin einen hohen Anteil. Als „gewünschte Erfahrungen“ im Sinne von persönlichen Voraussetzungen für die Tätigkeit war „ein erfolgreich abgeschlossenes Studium der Medizin, Veterinärmedizin, Pharmazie oder Biologie“ verlangt. Unter der Rubrik „gewünschte Kenntnisse“ war ein „fundiertes medizinisches, pharmakologisches und pharmazeutisches Fachwissen“ verlangt. Die individuelle Tätigkeitsbeschreibung für die Klägerin wies ihr in der Abteilung Pharmakovigilanz die Therapiegebiete Virologie, Immunologie und Schmerz zu. Als Berufsbezeichnung wählte die Firma - B. die Bezeichnung „Apothekerin in der pharmazeutischen Industrie“.

Die Klägerin legte eine ausführliche Stellungnahme der Bayerischen Landesapotheker-kammer vom 08.10.2014 bei. Darin wurde nochmals die kommunikativ akzentuierte Tätig-keit der Klägerin im Bereich der Berichte und Meldungen über Nebenwirkungen umrissen und „ohne Zweifel“ als apothekerliche Tätigkeit anerkannt. Der Beruf des Apothekers werde nicht nur in öffentlichen Apotheken und Krankenhausapotheken ausgeübt. Die Qualifikation, die mit der Approbation dokumentiert werde, stelle auch für andere Tätigkeitsbereiche etwa im Bereich der Verwaltung oder der pharmazeutischen Industrie die Zugangsberechtigung dar und bestimme auch dort das berufliche Anforderungsbild. Demgemäß habe die Bundesapothekerkammer auch in einer Veröffentlichung aus dem Jahre 2004 das Berufsbild des Apothekers interdisziplinär definiert; es umfasse auch den Tätigkeitsbereich in der pharmazeutischen Industrie. Auch § 1 der Berufsordnung für Apothekerinnen und Apotheker stelle fest, dass die apothekerliche Tätigkeit in unterschiedlichen Tätigkeitsbereichen insbesondere in der öffentlichen Apotheke, im Krankenhaus, im pharmazeutischen Großhandel, in der pharmazeutischen Industrie, in Prüfinstitutionen, bei der Bundeswehr, bei Behörden und Körperschaften, an der Universität und an Lehranstalten und Berufsschulen ausgeübt werden könne. Der Auftrag des Apothekers um-fasse je nach individuellem Tätigkeitsbereich die Entwicklung, Herstellung, Prüfung und Abgabe von Arzneimitteln, insbesondere die Beratung und Betreuung der Patienten, die Beratung der Ärzte und anderer Beteiligter im Gesundheitswesen, die Sicherstellung des ordnungsgemäßen Umgangs mit Arzneimitteln, Forschung, Lehre und Verwaltung, die Tätigkeit als Sachverständiger sowie weitere pharmazeutische Leistungen, wobei er sich auf Medizinprodukte sowie sonstige apothekenübliche Waren und Tätigkeiten bezieht und auch die Mitarbeit bei qualitätssichernden und präventiven Maßnahmen umfasst. Die Klägerin unterliege aufgrund der von ihr beschriebenen pharmazeutischen Tätigkeit der Berufsordnung für Apothekerinnen und Apotheker. Gleichzeitig liege kraft Gesetzes eine Mitgliedschaft in der Bayerischen Landesapothekerkammer vor. Die Stellungnahme verwies auf einen von diesen Prinzipien geleiteten Beschluss des Hessischen Landessozialgerichts vom 17.11.2011 mit dem Aktenzeichen L 8 KR 77/11 B ER und ein ebenfalls die Befreiung von der Versicherungspflicht gebietendes rechtskräftiges Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 20.12.2013 mit dem Aktenzeichen S 10 R 369/11. Laut diesem Urteil sei die Pflichtmitgliedschaft einer Apothekerin in der Landesapothekerkammer mindestens ein gewichtiges Indiz für die Ausübung des Apothekerberufs. Mit Bescheid vom 20.11.2014 lehnte die Beklagte die Befreiung der Klägerin von der Ver-sicherungspflicht nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch VI (SGB VI) ab.

Sie verwies zur Begründung darauf, dass die befreiungsfähige apothekerliche Tätigkeit nur berufsspezifisch sei, wenn sie zwingend die Approbation als Apothekerin voraussetze und gleichzeitig dem typischen durch die Hochschulausbildung und entsprechenden Hochschulabschluss geprägten Berufsbild und Tätigkeitsbereich der Apothekerin entspre-che. Eine berufsspezifische Tätigkeit sei nicht bereits gegeben, wenn noch Kenntnisse und Fähigkeiten der pharmazeutischen Ausbildung mit verwendet werden. Es müsse sich um eine approbationspflichtige Tätigkeit handeln. Laut Stellenbeschreibung wäre auch ein abgeschlossenes Studium der Medizin, Veterinärmedizin oder Biologie als mögliche Qualifikation für die Tätigkeit der Klägerin in Betracht gekommen. Aus den gesetzlichen Regelungen über den Verkehr mit Arzneimitteln ergebe sich nicht, dass ausschließlich approbierte Apotheker in verantwortlichen Positionen in arzneiherstellenden Unternehmen tätig sein können. Vielmehr sei § 15 des Arzneimittelgesetzes zu entnehmen, dass auch Hochschulabsolventen der Studiengänge Chemie, Biologie oder Humanmedizin geeignet sind, Funktionen im Sinne des Arzneimittelgesetzes wahrzunehmen. Wenn sich der Arbeitgeber der Klägerin dafür entschieden habe, die Stelle mit einem approbierten Apotheker zu besetzen, so sei dies als rein betriebswirtschaftliche Entscheidung zu werden, die nichts an der objektiv erforderlichen Qualifikation für diese Tätigkeit ändere. Hiergegen erhob die Klägerin ausführlich Widerspruch und beharrte auf ihrer Betrachtung, die Tätigkeit als associate pharmacovigilance sei sehr wohl eine berufsspezifische Tätigkeit als Apothekerin. Nach der Definition der Weltgesundheitsorganisation umfasse Pharmakovigilanz „die Analyse und Abwehr von Arzneimittelrisiken, die Aktivitäten, die zur Entdeckung, Beurteilung sowie zum Verständnis und zur Versorgung von unerwünschten Nebenwirkungen und anderen Problemen in Verbindung mit Arzneimitteln dienen, das Risikomanagement, die Vorbeugung von Therapiefehlern, die Vermittlung von Arzneimit-telinformationen sowie die Förderung der rationalen Therapie mit Arzneimitteln“. Durch ihr abgeschlossenes Studium der Pharmazie und ihre Berufserfahrung in der öffentlichen Apotheke und in der Zulassung erfülle sie die gewünschten Kenntnisse und Erfahrungen und setze sie in ihrer täglichen Arbeit ein. Sie beschrieb anschließend Beispiele aus dem nationalen und internationalen Berichts- und Bildungswesen. Für jede einzelne Aktivität und für jeden Handlungsschritt seien medizinisch-pharmakologisches Fachwissen und Kenntnisse über frei verkäufliche und verschreibungspflichtige Arzneimittel erforderlich. Die Klägerin beschrieb des weiteren die Erstreckung des Studiums der Pharmazie auf die Fächer Chemie, Biologie, Biochemie, Humanbiologie, Mikrobiologie, Anatomie, Physiologie, Pathophysiologie, Histologie, Genetik, Physik, physikalische Chemie, Arzneiformen-lehre, pharmazeutische Analytik, pharmazeutische/medizinische Chemie, pharmazeuti-sche Technologie/Biopharmazie, Pharmakologie, Toxikologie, klinische Pharmazie sowie Arzneimittel- und Betäubungsmittelrecht. Diese Fächer seien in unterschiedlicher Zusammensetzung größtenteils auch Gegenstand der anderen für ihre Position geeigneten Studiengänge, so dass die Grenzen zwischen den Tätigkeiten dieser Berufsgruppen fließend seien. In der Industrie und in global tätigen Gesundheits- und Pharmakonzernen würden die Berufe der Human- und Veterinärmediziner, Apotheker, Pharmazeuten und Biologen nicht immer im konservativen Sinne ausgeübt. Allein die Überschneidungen der einzelnen Berufsgruppen dürften jedoch nicht dazu führen, dass im Einzelfall keine berufsspezifische Tätigkeit anerkannt werde. Gemäß § 1 der Berufsordnung für Apothekerinnen und Apotheker habe der Apotheker die öffentliche Aufgabe, die Bevölkerung ordnungsgemäß mit Arzneimitteln zu versorgen. Er übe seinen Beruf in unterschiedlichen Tätigkeitsbereichen aus, insbesondere der öffentlichen Apotheke, im Krankenhaus, im pharmazeutischen Großhandel oder in der pharmazeutischen Industrie. Mit Widerspruchsbescheid vom 15.07.2015 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Befreiung sei zwingend tätigkeits- und nicht personenbezogen. Die zu befreienden Personen dürften nicht nur Pflichtmitglieder in der berufsständischen Kammer und in der berufsständischen Versorgungseinrichtung sein, sondern müssten auch einen dem Kam-merberuf entsprechende berufsspezifische Tätigkeit ausüben. Die Beklagte hielt an der Formel fest, eine befreiungsfähige Apothekertätigkeit liege nur vor, wenn die Tätigkeit objektiv zwingend die Approbation als Apotheker voraussetze und gleichzeitig dem typischen durch die Hochschulausbildung und den entsprechenden Hochschulabschluss geprägten Berufsbild und Tätigkeitsbereich des Apothekers entspreche. Typisch sei diese Tätigkeit bei der Entwicklung, Herstellung, Prüfung oder Abgabe von Arzneimitteln unter der Berufsbezeichnung „Apotheker“. Die Klägerin sei hingegen vorrangig mit Berichtswe-sen und Managementaufgaben befasst. Es könne nicht entscheidend darauf abgestellt werden, ob der Arbeitgeber für die fraglichen Tätigkeiten nur Apotheker einstellt. Das LSG Baden-Württemberg wurde mit der Auffassung zitiert, die Beschäftigung von Ärzten als Pharmaberater als nicht berufsspezifisch zu bewerten. Die Nutzung einer Sachkenntnis aus dem Kammerberuf genüge nicht für die Befreiung von der Versicherungspflicht. Die Klage hält am Begehren der Befreiung der Klägerin von der Versicherungspflicht fest. Sie argumentiert mit der Anwendbarkeit der versorgungs- und kammerrechtlichen Normen. Die Klagebegründung bestätigte die Auffassung der Beklagten, dass es auf die konkrete Tätigkeit der zu befreienden Person ankommt. Anders als die Beklagte postulier-te sie jedoch die berufsspezifische Eigenschaft der Tätigkeit der Klägerin. Das Tätigkeits-profil eines Apothekers dürfe nicht auf die Tätigkeit in einer öffentlichen oder einer Kran-kenhausapotheke eingeengt werden.

§ 2 Abs. 2 der Bundesapothekerordnung und § 1 Abs. 1 der Berufsordnung für Apotheke-rinnen und Apotheker der Bayerischen Landesapothekerkammer würden davon ausge-hen, dass der Apotheker seinen Beruf in verschiedenen Tätigkeitsbereichen ausübe, hierunter auch in der pharmazeutischen Industrie. Die Aufgaben des Apothekers in der pharmazeutischen Industrie würden dort umrissen mit „Sammlung, Dokumentation und Auswertung der Informationen über Beanstandungen bei Arzneimitteln und Medizinpro-dukten, insbesondere Qualitätsmängel sowie Risiken wie Nebenwirkungen, Wechselwirkungen, Gegenanzeigen und Hinweisen auf Missbrauch sowie Koordination der notwen-digen innerbetrieblichen Maßnahmen, Information der Arzneimittelkommissionen der Heilberufe und der zuständigen Behörden (Pharmakovigilanz)“. Die Klägerin übe eine Tätigkeit aus, die dem Kernbereich des Berufsbildes entspreche, das die Bundesapothekerkammer selbst erarbeitet habe. Die Klage verwies zur Stützung des Befreiungsbegehrens auf das rechtskräftige Urteil des Sozialgerichts München vom 05.02.2015 mit dem Aktenzeichen S 15 R 928/14. Hiernach lässt sich die von der Beklagten aufgestellte Befreiungsvoraussetzung, dass die Approbation als Apotheker zwingende Voraussetzung für die Ausübung einer Apothekerinnentätigkeit sein müsse, weder aus dem Gesetz noch aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung ableiten. Bei einer Tätigkeit, die sich mit der Entwicklung, Herstellung und Prüfung von Medikamenten der Humanmedizin in der pharmazeutischen Industrie befasst, spreche eine tatsächliche Vermutung für eine apothekerliche Tätigkeit. Mit der Forderung nach einer Tätigkeit mit zwingender Approba-tionsvoraussetzung verenge die Beklagte den Apothekerberuf auf Tätigkeiten in der öffentlichen Apotheke und der Krankenhausapotheke. Ein Blick in die Approbationsord-nung für Apotheker zeige, dass deren Ausbildung interdisziplinär angelegt sei, so dass ein Zusammenarbeiten mit anderen Disziplinen wie Chemikern, Biochemikern und sogar Physikern bei der Entwicklung, Herstellung und Prüfung von Medikamenten im apotheker-lichen Berufsbild angelegt sei. Eine ausführliche Beschreibung der Tätigkeit in der Pharmakovigilanz mündete in die Aussage, dass durch die Tätigkeit der Klägerin die Sicherheit der Arzneimittel und damit auch die Sicherheit des Patienten gefördert würden. Auch die Landesärztekammer habe die berufsspezifische Tätigkeit der Klägerin als Apothekerin bestätigt. Während des laufenden Rechtsstreits gab das Sozialgericht München auch in dem Urteil S 56 R 1777/15 vom 17.12.2015 dem Befreiungsbegehren einer Apothekerin für eine Tätigkeit in der Pharmakovigilanz statt. Die D. unterstützte in ausführlicher Form das Klagebegehren. Es komme nicht darauf an, dass die Tätigkeit der die Befreiung beantragenden Person objektiv zwingend die Approbation als Apotheker voraussetzt, sondern darauf, ob die Klägerin eine pharmazeutische Tätigkeit ausübt. Dies sei anhand der einschlägigen versorgungs- und kammerrechtlichen Normen zu prüfen und vorliegend zu bejahen. Es sei auch geplant, die Bundesapothekerordnung dahin-gehend zu ändern, dass auch der sogenannte „Industrieapotheker“ Aufnahme in das Berufsbild der Apothekerinnen und Apotheker aufgenommen werde. Aus aktueller Recht-sprechung wurde das Hessische Landessozialgericht mit dem Urteil L 1 KR 347/15 vom 28.04.2016 zitiert, wonach die Tatbestandsvoraussetzung einer approbationspflichtigen Tätigkeit weder mit § 2 Abs. 3 der Bundesapothekerordnung noch mit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts in Einklang zu bringen sei. In der mündlichen Verhandlung zählte die Klägerin wesentliche Arbeitsgänge auf, die sie in einer Arbeitsgruppe von etwa sieben Pharmazeuten, Biologen und Medizinern verrichte, nämlich - Informationsgewinnung über Nebenwirkungen, - Prüfung der Relevanz der Informationen, - Eingabe der Informationen in eine Datenbank, - Abgleich der Informationen mit dem Wissensstand des Mutterkonzerns in den USA, - Fallrecherche im einzelnen, - Meldung an Behörden einschließlich international relevanter Fälle, - Risikomanagement ggf. bei neuen Darreichungsformen - Pharmakovigilanz auf der Basis so vieler Informationen wie möglich, - Maßnahmen zur Risikominimierung, - Organisation von Meetings, - Mitwirkung in Studien, - Casereporting.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 20.11.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.07.2015 zu ihrer Befreiung von der Versiche-rungspflicht für ihre Tätigkeit seit 01.10.2009 zu verurteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Gericht hat die Akten der Beklagten beigezogen. Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Prozessakte sowie auf den gesamten Akteninhalt verwiesen.

Gründe

Die Klage wurde nach Durchführung des gesetzlich vorgeschriebenen Widerspruchsverfahrens form- und fristgerecht beim zuständigen Gericht erhoben und ist somit zulässig. Sie ist auch begründet. § 6 Absatz 1 S. 1 Nr. 1 SGB IV gebietet auf Antrag die Befreiung derjenigen Beschäftigten und selbstständig Tätigen von der Versicherungspflicht, die wegen ihrer Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit kraft Gesetzes Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe und zugleich kraft Gesetzes Mitglied einer berufsständischen Kammer sind. Mit weiteren vorliegend unstrittigen Anforderungen hat der Gesetzgeber eine in den neunziger Jahren beobachtete Tendenz beschränkt, immer neuen Berufsgruppen durch Schaffung oder Ausweitung von Versorgungswerken außerhalb der Rentenversicherung die Befreiung hiervon zu ermöglichen. Ein Rentenversicherungsträger hat sich bei der Prüfung einer kraft Gesetzes eintretenden Versicherungsfreiheit nach § 5 SGB VI und einer auf Antrag einzuräumenden Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 6 SGB VI zunächst bei mehreren Varianten in hohem Maße an den Entscheidungen eines jeweils anderen Rechtsträgers zu orientieren. So hat der Rentenversicherungsträger keine Prüfungskompetenz über das für § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 maßgebliche Beamtenverhältnis oder über die Rechtmäßigkeit der Gewährleistungsentscheidung nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI. Auch die Aufnahme einer Apothekerin in die Apothekerkammer und das ihr zugeordnete Versorgungswerk hat eine erhebliche Tatbestandswirkung. Der Rentenversicherungsträger darf und muss angesichts solcher Aufnahmeentscheidungen zunächst durchaus annehmen, dass es sich bei der entsprechenden Person um eine Apothekerin im apothekerlichen Beruf handelt. Gleichwohl ist vom Gesetz gedeckt und von der Rechtsprechung anerkannt, dass durch den Rentenversicherungsträger geprüft werden muss, ob die Mitgliedschaft in einer entsprechenden berufsständischen Versorgungseinrichtung auf genau jener Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit beruht, für die eine Befreiung von der Versicherungspflicht begehrt wird. Eine solche Prüfung könnte im Einzelfall auch zu dem abweichenden Ergebnis führen, dass beispielsweise eine journalistische Tätigkeit in einer mit Fragen der gesundheitsbewussten Ernährung befassten Redaktion oder eine administrative Funktion in der Verwaltung eines Krankenhauses oder eine kommerzielle Tätigkeit im Zusammenhang mit Produktion und Bewerbung von Nahrungsergänzungs-mitteln unter lediglich beiläufiger Nutzung pharmakologischer Kenntnisse ggfs. unter werbewirksamer Nutzung eines Doktortitels ohne berufsspezifischen Zusammenhang mit der zur Mitgliedschaft im Versorgungswerk führenden Berufsausübung bleibt.

In diesem Zusammenhang zu verstehen ist das Urteil des Bayerischen Landessozialge-richts vom 08.09.2015 L 19 R 554/11, in dem es um einen Unternehmensberater ging, der Kenntnisse aus seinem studierten Beruf als Arzt naturgemäß in einer eher weitgefassten und unverbindlichen Ableitung „noch“ nutzen konnte. Sicherlich in einem Grenzbereich des Arztberufes sind die Pharmaberater und Pharmavertreter mit dem kommerziellen Gepräge ihres Geschäfts angesiedelt. Die Tätigkeit der Klägerin hat jedoch mit Bewerbung und Verkauf von Produkten nichts zu tun, so dass die dahingehende Argumentation der Beklagten in die Irre führt. Die notwendige Prüfung einer befreiungsfähigen Tätigkeit oder Beschäftigung durch den Rentenversicherungsträger kann nicht so weit ausgedehnt wer-den, dass letzten Endes ihm die Deutungshoheit über die Berufsbilder des Arztes, des Apothekers, des Rechtsanwalts und des Architekten zuerkannt wird. Vorliegend ist mit ausreichender Deutlichkeit und unwidersprochen belegt, dass die Tätigkeit der Klägerin in der Pharmakovigilanz durch eine streng wissenschaftliche Arbeitsweise gekennzeichnet sind und in größter Unmittelbarkeit dem pharmazeutischen Produkt, dem Heilmittel gewidmet ist und ebenfalls unmittelbar den Patienten zugute kommt. Die systematische Erfassung von Nebenwirkungen und Nebenwirkungsrisiken und die nationale und internationale Kommunikation in diesem Problemfeld kann sowohl unter unmittelbar fachlichen als auch unter ethischen Aspekten nur ausgebildeten und geprüften Ärzten und selbstverständlich auch Apothekern und Naturwissenschaftlern anvertraut werden. Die Beklagte legt viel zu großen Wert auf ein überkommenes apothekerliches Berufsbild, das nur den durch Zubereitung und persönliche Abgabe von Medikamenten an den Patienten charakterisierten Apotheker alter Schule kennen will. Wie bei der bis zur gesetz-lichen Neuregelung gerichtlich zu prüfenden Fallgruppe der Befreiung von Rechtsanwälten bei nichtanwaltlichen Arbeitgebern zeigt der Blick auf die gesellschaftliche Wirklichkeit, dass die Zugrundelegung „klassischer“ Berufsbilder heute nicht mehr zu Ergebnissen ausreichender Schärfe führt. Die Pharmaindustrie ist, gerade weil sie sich wegen schwerer Fehlleistungen (Stichworte Contergan und HIV-infizierte Blutpräparate) im Kreuzfeuer öffentlicher Kritik behaupten muss, nicht einfach nur eine verkaufs- und gewinnorientierte kleine Schwester der Chemieindustrie, sondern ein breites Betätigungsfeld für höchst verantwortlich arbeitende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Das gleiche gilt für die der Pharmaindustrie zuarbeitenden Dienstleister im Bereich der Pharmakovigilanz und der Medikamentenzulassung. Bei genauerer Betrachtung ist die Arbeitsweise der Klägerin in Wirklichkeit sogar näher am „Produkt Medikament“ angesiedelt als heute der dem Publikum gegenübertretende Apotheker. Die Herstellung und Dosierung von Medikamenten findet bekanntlich heute so gut wie nicht mehr im Hinterzimmer der städtischen oder ländlichen Apotheke statt, sondern in der Fabrik und mithin im Arbeitsfeld der Klägerin. Die Arbeitsweise des klassischen Apothekers hat heute durchaus Anteile an der Arbeitsweise eines schlichten Verkäufers, der fertig konfigurierte und verpackte Produkte über die Theke reicht und genauso wie der Patient auf die Packungsbeilage vertrauen muss. Die angegriffenen Bescheide betonen stark und schematisch, dass als Einstellungsvoraussetzung für die Klägerin nicht unbedingt ein abgeschlossenes pharmakologisches Studium verlangt wurde. Der Arbeitgeber hätte sich auch für eine Biologin oder eine Ärztin entscheiden können. Die Befreiung der Ärztin von der Versicherungspflicht wäre dann mit dem Argument verweigert worden, - B. hätte auch eine Apothekerin einstellen können. In parallelen Verfahren stellt die Beklagte gerne in den Mittelpunkt ihrer Argumentation, dass theoretisch auch eine nicht näher definierte Ausbildung unterhalb des akademischen Niveaus den Zugang zur jeweils streitbefangenen Beschäftigung geöffnet hätte. Vorliegend war ein akademisches Studium verlangt, so dass genau diese Argumentation ins Leere geht. Ärzte wie auch Apotheker sind in entsprechenden Versorgungswerken erfasst und können die Befreiung von der Rentenversicherung beantragen. Es kann nicht angehen, Mediziner mit dem Hinweis auf ihre Ersetzbarkeit durch Pharma-kologen und Pharmakologen mit dem Hinweis auf ihre Ersetzbarkeit durch Mediziner von der Befreiung auszuschließen. Insoweit wendet das Gericht den Rechtsgedanken des Ur-teils des Bayerischen Landessozialgerichts vom 10.07.2014 mit dem Az. L 14 R 1207/13 an. Die Beklagte wird akzeptieren müssen, dass Arbeitgeber ganz bestimmte Stellen mit Ärzten, Apothekern oder Architekten besetzen und sie mit entsprechenden berufsspezifi-schen Tätigkeiten betrauen, woraus dann der Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht resultiert. Die Überlegung, der jeweilige Arbeitgeber hätte sich auch für eine Person anderer Qualifikation entscheiden können, erweist sich als immer weniger tragfähig.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

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(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha
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(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha
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published on 17/12/2015 00:00

Tenor I. Der Bescheid vom 10.09.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.07.2015 wird aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin für ihre in der Zeit vom 01.06.2013 bis 31.03.2015 ausgeübte Tätigkeit als
published on 08/09/2015 00:00

Gründe Leitsatz: in dem Rechtsstreit A., A-Straße, A-Stadt - Kläger und Berufungskläger - Proz.-Bev.: Rechtsanwälte B., B-Straße, B-Stadt - gegen ... Rentenversicherung ..., vertreten durch das Direktorium, .
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Annotations

(1) Der Nachweis der erforderlichen Sachkenntnis als sachkundige Person nach § 14 wird erbracht durch

1.
die Approbation als Apotheker oder
2.
das Zeugnis über eine nach abgeschlossenem, mindestens vierjährigem Hochschulstudium der Pharmazie, der Chemie, der pharmazeutischen Chemie und Technologie, der Biologie, der Human- oder der Veterinärmedizin abgelegte Prüfung
sowie eine mindestens zweijährige praktische Tätigkeit auf dem Gebiet der qualitativen und quantitativen Analyse sowie sonstiger Qualitätsprüfungen von Arzneimitteln oder Tierarzneimitteln. Die Mindestdauer des Hochschulstudiums kann dreieinhalb Jahre betragen, wenn auf das Hochschulstudium eine theoretische und praktische Ausbildung von mindestens einem Jahr folgt, die ein Praktikum von mindestens sechs Monaten in einer öffentlichen Apotheke umfasst und durch eine Prüfung auf Hochschulniveau abgeschlossen wird. Die Dauer der praktischen Tätigkeit nach Satz 1 kann um ein Jahr herabgesetzt werden, wenn das Hochschulstudium mindestens fünf Jahre umfasst, und um eineinhalb Jahre, wenn das Hochschulstudium mindestens sechs Jahre umfasst. Bestehen zwei akademische oder als gleichwertig anerkannte Hochschulstudiengänge, von denen sich der eine über vier, der andere über drei Jahre erstreckt, so ist davon auszugehen, dass das Zeugnis über den akademischen oder den als gleichwertig anerkannten Hochschulstudiengang von drei Jahren Dauer die Anforderung an die Dauer nach Satz 2 erfüllt, sofern die Zeugnisse über die beiden Hochschulstudiengänge als gleichwertig anerkannt werden.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 muss der zuständigen Behörde nachgewiesen werden, dass das Hochschulstudium theoretischen und praktischen Unterricht in mindestens folgenden Grundfächern umfasst hat und hierin ausreichende Kenntnisse vorhanden sind:
Experimentelle Physik
Allgemeine und anorganische Chemie
Organische Chemie
Analytische Chemie
Pharmazeutische Chemie
Biochemie
Physiologie
Mikrobiologie
Pharmakologie
Pharmazeutische Technologie
Toxikologie
Pharmazeutische Biologie.
Der theoretische und praktische Unterricht und die ausreichenden Kenntnisse können an einer Hochschule auch nach abgeschlossenem Hochschulstudium im Sinne des Absatzes 1 Nr. 2 erworben und durch Prüfung nachgewiesen werden.

(3) Für die Herstellung und Prüfung von Blutzubereitungen, Sera menschlichen oder tierischen Ursprungs, Impfstoffen und Allergenen findet Absatz 2 keine Anwendung. An Stelle der praktischen Tätigkeit nach Absatz 1 muss eine mindestens dreijährige Tätigkeit auf dem Gebiet der medizinischen Serologie oder medizinischen Mikrobiologie nachgewiesen werden. Abweichend von Satz 2 müssen an Stelle der praktischen Tätigkeit nach Absatz 1

1.
für Blutzubereitungen aus Blutplasma zur Fraktionierung eine mindestens dreijährige Tätigkeit in der Herstellung oder Prüfung in plasmaverarbeitenden Betrieben mit Herstellungserlaubnis und zusätzlich eine mindestens sechsmonatige Erfahrung in der Transfusionsmedizin oder der medizinischen Mikrobiologie, Virologie, Hygiene oder Analytik,
2.
für Blutzubereitungen aus Blutzellen, Zubereitungen aus Frischplasma sowie für Wirkstoffe und Blutbestandteile zur Herstellung von Blutzubereitungen eine mindestens zweijährige transfusionsmedizinische Erfahrung, die sich auf alle Bereiche der Herstellung und Prüfung erstreckt,
3.
für autologe Blutzubereitungen eine mindestens sechsmonatige transfusionsmedizinische Erfahrung oder eine einjährige Tätigkeit in der Herstellung autologer Blutzubereitungen,
4.
für hämatopoetische Stammzellzubereitungen aus dem peripheren Blut oder aus dem Nabelschnurblut zusätzlich zu ausreichenden Kenntnissen mindestens zwei Jahre Erfahrungen in dieser Tätigkeit, insbesondere in der zugrunde liegenden Technik,
nachgewiesen werden. Zur Vorbehandlung von Personen zur Separation von hämatopoetischen Stammzellen aus dem peripheren Blut oder von anderen Blutbestandteilen muss die verantwortliche ärztliche Person ausreichende Kenntnisse und eine mindestens zweijährige Erfahrung in dieser oder einer anderen, vergleichbar qualifizierenden Tätigkeit nachweisen. Für das Abpacken und Kennzeichnen verbleibt es bei den Voraussetzungen des Absatzes 1.

(3a) Für die Herstellung und Prüfung von Arzneimitteln für neuartige Therapien, xenogenen Arzneimitteln, Gewebezubereitungen, Arzneimitteln zur In-vivo-Diagnostik mittels Markergenen, radioaktiven Arzneimitteln und Wirkstoffen findet Absatz 2 keine Anwendung. Anstelle der praktischen Tätigkeit nach Absatz 1 muss

1.
für Gentherapeutika und Arzneimittel zur In-vivo-Diagnostik mittels Markergenen eine mindestens zweijährige Tätigkeit auf einem medizinisch relevanten Gebiet, insbesondere der Gentechnik, der Mikrobiologie, der Zellbiologie, der Virologie oder der Molekularbiologie,
2.
für somatische Zelltherapeutika und biotechnologisch bearbeitete Gewebeprodukte eine mindestens zweijährige Tätigkeit auf einem medizinisch relevanten Gebiet, insbesondere der Gentechnik, der Mikrobiologie, der Zellbiologie, der Virologie oder der Molekularbiologie,
3.
für xenogene Arzneimittel eine mindestens dreijährige Tätigkeit auf einem medizinisch relevanten Gebiet, die eine mindestens zweijährige Tätigkeit auf insbesondere einem Gebiet der in Nummer 1 genannten Gebiete umfasst,
4.
für Gewebezubereitungen eine mindestens zweijährige Tätigkeit auf dem Gebiet der Herstellung und Prüfung solcher Arzneimittel in Betrieben und Einrichtungen, die einer Herstellungserlaubnis nach diesem Gesetz bedürfen oder eine Genehmigung nach dem Recht der Europäischen Union besitzen,
5.
für radioaktive Arzneimittel eine mindestens dreijährige Tätigkeit auf dem Gebiet der Nuklearmedizin oder der radiopharmazeutischen Chemie und
6.
für andere als die unter Absatz 3 Satz 3 Nummer 2 aufgeführten Wirkstoffe eine mindestens zweijährige Tätigkeit in der Herstellung oder Prüfung von Wirkstoffen
nachgewiesen werden.

(4) Die praktische Tätigkeit nach Absatz 1 muss in einem Betrieb abgeleistet werden, für den eine Erlaubnis zur Herstellung von Arzneimitteln durch einen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einen anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder durch einen Staat erteilt worden ist, mit dem eine gegenseitige Anerkennung von Zertifikaten nach § 72a Satz 1 Nr. 1 vereinbart ist.

(5) (weggefallen)

(6) Eine nach Überprüfung der erforderlichen Sachkenntnis durch die zuständige Behörde rechtmäßig ausgeübte Tätigkeit als sachkundige Person berechtigt auch zur Ausübung dieser Tätigkeit innerhalb des Zuständigkeitsbereichs einer anderen zuständigen Behörde, es sei denn, es liegen begründete Anhaltspunkte dafür vor, dass die bisherige Sachkenntnis für die neu auszuübende Tätigkeit nicht ausreicht.

(1) Versicherungsfrei sind

1.
Beamte und Richter auf Lebenszeit, auf Zeit oder auf Probe, Berufssoldaten und Soldaten auf Zeit sowie Beamte auf Widerruf im Vorbereitungsdienst,
2.
sonstige Beschäftigte von Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts, deren Verbänden einschließlich der Spitzenverbände oder ihrer Arbeitsgemeinschaften, wenn ihnen nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen Anwartschaft auf Versorgung bei verminderter Erwerbsfähigkeit und im Alter sowie auf Hinterbliebenenversorgung gewährleistet und die Erfüllung der Gewährleistung gesichert ist,
3.
Beschäftigte im Sinne von Nummer 2, wenn ihnen nach kirchenrechtlichen Regelungen eine Anwartschaft im Sinne von Nummer 2 gewährleistet und die Erfüllung der Gewährleistung gesichert ist, sowie satzungsmäßige Mitglieder geistlicher Genossenschaften, Diakonissen und Angehörige ähnlicher Gemeinschaften, wenn ihnen nach den Regeln der Gemeinschaft Anwartschaft auf die in der Gemeinschaft übliche Versorgung bei verminderter Erwerbsfähigkeit und im Alter gewährleistet und die Erfüllung der Gewährleistung gesichert ist,
in dieser Beschäftigung und in weiteren Beschäftigungen, auf die die Gewährleistung einer Versorgungsanwartschaft erstreckt wird. Für Personen nach Satz 1 Nr. 2 gilt dies nur, wenn sie
1.
nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen Anspruch auf Vergütung und bei Krankheit auf Fortzahlung der Bezüge haben oder
2.
nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Beihilfe oder Heilfürsorge haben oder
3.
innerhalb von zwei Jahren nach Beginn des Beschäftigungsverhältnisses in ein Rechtsverhältnis nach Nummer 1 berufen werden sollen oder
4.
in einem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis stehen.
Über das Vorliegen der Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 2 und 3 sowie nach Satz 2 und die Erstreckung der Gewährleistung auf weitere Beschäftigungen entscheidet für Beschäftigte beim Bund und bei Dienstherren oder anderen Arbeitgebern, die der Aufsicht des Bundes unterstehen, das zuständige Bundesministerium, im Übrigen die oberste Verwaltungsbehörde des Landes, in dem die Arbeitgeber, Genossenschaften oder Gemeinschaften ihren Sitz haben. Die Gewährleistung von Anwartschaften begründet die Versicherungsfreiheit von Beginn des Monats an, in dem die Zusicherung der Anwartschaften vertraglich erfolgt.

(2) Versicherungsfrei sind Personen, die eine

1.
Beschäftigung nach § 8 Absatz 1 Nummer 2 oder § 8a in Verbindung mit § 8 Absatz 1 Nummer 2 des Vierten Buches oder
2.
geringfügige selbständige Tätigkeit nach § 8 Absatz 3 in Verbindung mit § 8 Absatz 1 oder nach § 8 Absatz 3 in Verbindung mit den §§ 8a und 8 Absatz 1 des Vierten Buches
ausüben, in dieser Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit. Bei Anwendung von Satz 1 Nummer 2 ist im gesamten Kalenderjahr die zum 1. Januar des jeweiligen Kalenderjahres geltende Geringfügigkeitsgrenze maßgebend. § 8 Absatz 2 des Vierten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine Zusammenrechnung mit einer nicht geringfügigen selbständigen Tätigkeit nur erfolgt, wenn diese versicherungspflichtig ist. Satz 1 Nummer 1 gilt nicht für Personen, die im Rahmen betrieblicher Berufsbildung beschäftigt sind.

(3) Versicherungsfrei sind Personen, die während der Dauer eines Studiums als ordentliche Studierende einer Fachschule oder Hochschule ein Praktikum ableisten, das in ihrer Studienordnung oder Prüfungsordnung vorgeschrieben ist.

(4) Versicherungsfrei sind Personen, die

1.
nach Ablauf des Monats, in dem die Regelaltersgrenze erreicht wurde, eine Vollrente wegen Alters beziehen,
2.
nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen oder entsprechenden kirchenrechtlichen Regelungen oder nach den Regelungen einer berufsständischen Versorgungseinrichtung eine Versorgung nach Erreichen einer Altersgrenze beziehen oder die in der Gemeinschaft übliche Versorgung im Alter nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 3 erhalten oder
3.
bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze nicht versichert waren oder nach Erreichen der Regelaltersgrenze eine Beitragserstattung aus ihrer Versicherung erhalten haben.
Satz 1 gilt nicht für Beschäftigte in einer Beschäftigung, in der sie durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Arbeitgeber auf die Versicherungsfreiheit verzichten. Der Verzicht kann nur mit Wirkung für die Zukunft erklärt werden und ist für die Dauer der Beschäftigung bindend. Die Sätze 2 und 3 gelten entsprechend für selbständig Tätige, die den Verzicht gegenüber dem zuständigen Träger der Rentenversicherung erklären.

(1) Von der Versicherungspflicht werden befreit

1.
Beschäftigte und selbständig Tätige für die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, wenn
a)
am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit für ihre Berufsgruppe bereits vor dem 1. Januar 1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat,
b)
für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind und
c)
aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist,
2.
Lehrer oder Erzieher, die an nicht-öffentlichen Schulen beschäftigt sind, wenn ihnen nach beamtenrechtlichen Grundsätzen oder entsprechenden kirchenrechtlichen Regelungen Anwartschaft auf Versorgung bei verminderter Erwerbsfähigkeit und im Alter sowie auf Hinterbliebenenversorgung gewährleistet und die Erfüllung der Gewährleistung gesichert ist und wenn diese Personen die Voraussetzungen nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 erfüllen,
3.
nichtdeutsche Besatzungsmitglieder deutscher Seeschiffe, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz haben,
4.
Gewerbetreibende in Handwerksbetrieben, wenn für sie mindestens 18 Jahre lang Pflichtbeiträge gezahlt worden sind.
Die gesetzliche Verpflichtung für eine Berufsgruppe zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer im Sinne des Satzes 1 Nr. 1 gilt mit dem Tag als entstanden, an dem das die jeweilige Kammerzugehörigkeit begründende Gesetz verkündet worden ist. Wird der Kreis der Pflichtmitglieder einer berufsständischen Kammer nach dem 31. Dezember 1994 erweitert, werden diejenigen Pflichtmitglieder des berufsständischen Versorgungswerks nicht nach Satz 1 Nr. 1 befreit, die nur wegen dieser Erweiterung Pflichtmitglieder ihrer Berufskammer geworden sind. Für die Bestimmung des Tages, an dem die Erweiterung des Kreises der Pflichtmitglieder erfolgt ist, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden. Personen, die nach bereits am 1. Januar 1995 geltenden versorgungsrechtlichen Regelungen verpflichtet sind, für die Zeit der Ableistung eines gesetzlich vorgeschriebenen Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes Mitglied einer berufsständischen Versorgungseinrichtung zu sein, werden auch dann nach Satz 1 Nr. 1 von der Versicherungspflicht befreit, wenn eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer für die Zeit der Ableistung des Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes nicht besteht. Satz 1 Nr. 1 gilt nicht für die in Satz 1 Nr. 4 genannten Personen.

(1a) Personen, die nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig sind, werden von der Versicherungspflicht befreit

1.
für einen Zeitraum von drei Jahren nach erstmaliger Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt,
2.
nach Vollendung des 58. Lebensjahres, wenn sie nach einer zuvor ausgeübten selbständigen Tätigkeit erstmals nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig werden.
Satz 1 Nr. 1 gilt entsprechend für die Aufnahme einer zweiten selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt. Eine Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit liegt nicht vor, wenn eine bestehende selbständige Existenz lediglich umbenannt oder deren Geschäftszweck gegenüber der vorangegangenen nicht wesentlich verändert worden ist.

(1b) Personen, die eine geringfügige Beschäftigung nach § 8 Absatz 1 Nummer 1 oder § 8a in Verbindung mit § 8 Absatz 1 Nummer 1 des Vierten Buches ausüben, werden auf Antrag von der Versicherungspflicht befreit. Der schriftliche oder elektronische Befreiungsantrag ist dem Arbeitgeber zu übergeben. § 8 Absatz 2 des Vierten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine Zusammenrechnung mit einer nicht geringfügigen Beschäftigung nur erfolgt, wenn diese versicherungspflichtig ist. Der Antrag kann bei mehreren geringfügigen Beschäftigungen nur einheitlich gestellt werden und ist für die Dauer der Beschäftigungen bindend. Satz 1 gilt nicht für Personen, die im Rahmen betrieblicher Berufsbildung, nach dem Jugendfreiwilligendienstegesetz, nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz oder nach § 1 Satz 1 Nummer 2 bis 4 beschäftigt sind oder von der Möglichkeit einer stufenweisen Wiederaufnahme einer nicht geringfügigen Tätigkeit (§ 74 des Fünften Buches) Gebrauch machen.

(2) Die Befreiung erfolgt auf Antrag des Versicherten, in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 auf Antrag des Arbeitgebers. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Versicherte den Antrag elektronisch über die zuständige berufsständische Versorgungseinrichtung zu stellen. Diese leitet den Antrag durch Datenübertragung an den Träger der Rentenversicherung zusammen mit den Bestätigungen über das Vorliegen einer Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung, über das Bestehen einer Pflichtmitgliedschaft in der berufsständischen Kammer und über die Pflicht zur Zahlung einkommensbezogener Beiträge zur Entscheidung unverzüglich weiter. Der Träger der Rentenversicherung teilt seine Entscheidung dem Antragsteller in Textform und der den Antrag weiterleitenden berufsständischen Versorgungseinrichtung elektronisch mit. Der Eingang des Antrags bei der berufsständischen Versorgungseinrichtung ist für die Wahrung der in Absatz 4 bestimmten Frist maßgeblich. Der Datenaustausch erfolgt über die Annahmestelle der berufsständischen Versorgungseinrichtungen und die Datenstelle der Rentenversicherung. Die technische Ausgestaltung des Verfahrens regeln die Deutsche Rentenversicherung Bund und die Arbeitsgemeinschaft berufsständischer Versorgungseinrichtungen e. V. in gemeinsamen Grundsätzen, die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu genehmigen sind.

(3) Über die Befreiung entscheidet der Träger der Rentenversicherung. Abweichend von Satz 1 entscheidet in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 die Deutsche Rentenversicherung Bund, nachdem das Vorliegen der Voraussetzungen bestätigt worden ist

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 von der für die berufsständische Versorgungseinrichtung zuständigen obersten Verwaltungsbehörde und
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 von der obersten Verwaltungsbehörde desjenigen Landes, in dem der Arbeitgeber seinen Sitz hat.
In den Fällen des Absatzes 1b gilt die Befreiung als erteilt, wenn die nach § 28i Satz 5 des Vierten Buches zuständige Einzugsstelle nicht innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches dem Befreiungsantrag des Beschäftigten widerspricht. Die Vorschriften des Zehnten Buches über die Bestandskraft von Verwaltungsakten und über das Rechtsbehelfsverfahren gelten entsprechend.

(4) Die Befreiung wirkt vom Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen an, wenn sie innerhalb von drei Monaten beantragt wird, sonst vom Eingang des Antrags an. In den Fällen des Absatzes 1b wirkt die Befreiung bei Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches bei der zuständigen Einzugsstelle rückwirkend vom Beginn des Monats, in dem der Antrag des Beschäftigten dem Arbeitgeber zugegangen ist, wenn der Arbeitgeber den Befreiungsantrag der Einzugsstelle mit der ersten folgenden Entgeltabrechnung, spätestens aber innerhalb von sechs Wochen nach Zugang, gemeldet und die Einzugsstelle innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nicht widersprochen hat. Erfolgt die Meldung des Arbeitgebers später, wirkt die Befreiung vom Beginn des auf den Ablauf der Widerspruchsfrist nach Absatz 3 folgenden Monats. In den Fällen, in denen bei einer Mehrfachbeschäftigung die Befreiungsvoraussetzungen vorliegen, hat die Einzugsstelle die weiteren Arbeitgeber über den Zeitpunkt der Wirkung der Befreiung unverzüglich durch eine Meldung zu unterrichten.

(5) Die Befreiung ist auf die jeweilige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit beschränkt. Sie erstreckt sich in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 und 2 auch auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist und der Versorgungsträger für die Zeit der Tätigkeit den Erwerb einkommensbezogener Versorgungsanwartschaften gewährleistet.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.