Sozialgericht München Urteil, 12. Okt. 2016 - S 29 KR 1177/14

published on 12/10/2016 00:00
Sozialgericht München Urteil, 12. Okt. 2016 - S 29 KR 1177/14
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Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten werden der Klägerin nicht erstattet.

Tatbestand

I.

1. Die Klägerin begehrt im Sinne von § 18 Abs. 1 Satz 1 SGB V die Übernahme der Kosten für die Teilnahme am so genannten „Projekt Walk“-Programm, in Carlsbad, USA vom 27. Februar 2014 bis 31. Mai 2015.

Sie erlitt bei einem Reitunfall im Januar 2006 eine HW K-4/5-Fraktur mit inkompletter Tetraparese unterhalb C4.

Ihren eigenen Angaben zufolge hat sie in Deutschland von den behandelnden Ärzten hinsichtlich einer gewünschten Rehabilitationsbehandlung nur negative Reaktionen in dem Sinne erfahren, dass bei ihrem Verletzungsbild keine Verbesserung zu erwarten sei. Sie habe dann in Eigeninitiative durch Anschaffung und Aufstellung diverser Trainingsgeräte in der eigenen Wohnung bereits erhebliche Verbesserungen ihrer gesundheitlichen Situation erreicht, aber auch hierbei ihrer Auffassung nach zu wenig Resonanz und Unterstützung bei den hiesigen Ärzten erfahren. Sie sei dann bei Ihren Recherchen auf das „projekt walk“ in den USA gestoßen und habe nach einem vierwöchigen Probetraining dort das regelmäßige Training aufgenommen. Dieses Training sei nur jeweils durch die ausländerrechtlichen Vorschriften in den USA durch Zwischenaufenthalte in Deutschland zwangsweise zu unterbrechen gewesen.

Am 12. März 2014 beantragte sie die Kostenerstattung/zukünftige Kostenübernahme für die Teilnahme an der „Projekt Walk“ genannten Therapie in den vereinigten Staaten von Amerika (USA).

Nach Überprüfung des Antrags sagte die Beklagte daraufhin ohne Anerkennung einer Rechtspflicht im streitgegenständlichen Bescheid vom 14. April 2014 eine Kostenbeteiligung in einem Umfang von 800 € pro Monat für die Dauer von 8 Monaten zu.

2. Der Widerspruch der Klägerin wurde durch Widerspruchsbescheid vom 29.8.2014 als unbegründet zurückgewiesen.

Es wird durch die Beklagte darauf hingewiesen, dass mit den USA kein Krankenversicherungsabkommen bestehe und Leistungen nach § 18 SGB V an die Voraussetzung geknüpft seien, dass die Auslandskrankenbehandlung dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen müsse. Damit setze die Regelung für eine Behandlung im Ausland hinsichtlich Qualität und Wirksamkeit denselben Standard voraus, dem die medizinische Versorgung im Inland zu genügen hat. Zudem müsse eine dem allgemeinen Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur außerhalb des Geltungsbereichs des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft bzw. des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum möglich sein, was hier nicht vorliege. Bei komplexen Therapieansätzen müsse dabei eine Gesamtwürdigung unter Einbeziehung aller eingesetzten Maßnahmen erfolgen.

Die durchgeführte Therapie in den USA habe im Übrigen den persönlichen Vorstellungen der Klägerin entsprochen und ob es innerhalb Deutschlands oder der Europäischen Union eine ähnliche Therapiemöglichkeit gegeben hätte, sei dabei für die Klägerin offensichtlich nicht mehr relevant gewesen.

3. Mit der am 1. Oktober 2014 beim Sozialgericht München eingegangenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Ziel weiter.

Sie macht dabei im Wesentlichen geltend, dass eine Behandlungsmethode wie das „projekt walk“ ausschließlich in den USA angeboten werde und vergleichbare Behandlungsmethoden in Deutschland bzw. der EU nicht vorhanden bzw. ihr nicht bekannt seien. Gleichzeitig wird auf individuelle Erfolge der US-Behandlung hingewiesen, die sich jedenfalls beim Aufstehen und beim Stehen manifestierten und die die Klägerin sich bemüht, durch Videomaterial zu belegen.

4. Mit Schreiben vom 3. Februar 2015 hatte das Gericht der Beklagten aufgegeben mitzuteilen, ob entsprechende Behandlungsmöglichkeiten in Deutschland vorhanden waren bzw. vorhanden sind.

Die Beklagte hat am 7.4.2015 einen Gutachtensauftrag an den MDK erteilt. Nach diesem Gutachten (Blatt 90 Gerichtsakte) handelt es sich bei der Maßnahme „Projekt Walk“ um eine „activity-based-therapy“, d.h. ein intensives Trainingsprogramm mit dem Ziel, fehlende Funktionen wiederherzustellen.“

Der angebliche wissenschaftliche Hintergrund der Methode bestehe darin, dass angenommen werde, dass durch intensives Training über eine Hochregulation von BDNF(Brain derived neurotrophic factor) die Regeneration von Nervenzellen gefördert werde. Nach Auffassung des MDK gibt es allerdings keine klinischen Studien, die zeigen könnten, dass eine intensive Trainingstherapie zu einer Verbesserung der motorischen Funktion bei Menschen mit chronischer inkompletter Querschnittslähmung führe. Systematische Studien lägen nicht vor, so dass derzeit ein klinisch relevanter Nutzen der Methode nicht bewiesen sei und diese demnach nicht dem allgemein anerkannten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entspreche.

In Deutschland gebe es eine Reihe von Einrichtungen die als spezialisierte Querschnittzentren anerkannt seien. Die übliche Behandlung im Inland umfasse im ambulanten Bereich die regelmäßige Heilmitteltherapie. Daneben solle dem Konzept der lebenslangen medizinischen Betreuung folgend eine regelmäßige Vorstellung in einem spezialisierten Querschnittszentrum erfolgen. Es gehöre auch eine neurologische Mitbetreuung zum üblichen medizinischen Standard. Bei Komplikationen oder Veränderungen des neurologischen Befundes könne eine akutstationäre Behandlung und/oder eine (teil-) stationären Rehabilitationsmaßnahme in einem spezialisierten Zentrum infrage kommen.

5. Mit Beweisanordnung vom 27. November 2015 wurde der ärztliche Sachverständige M. F. zum gerichtlichen Sachverständigen ernannt. Es wurden ihm folgende Fragen gestellt:

1. Welche Behandlungsmethoden werden bei dem hier in Rede stehenden und derzeit nur in Amerika durchgeführten „Projekt Walk“ im Rahmen der Erkrankung der Klägerin angewandt?

2. Inwieweit unterscheidet sich diese Behandlung von der in Deutschland bzw. in der EU (inklusive dem europäischen Wirtschaftsraum) durchgeführten Behandlungen für Erkrankungen, wie sie die Klägerin hat? Wie gravierend sind gegebenenfalls vorliegende Unterschiede?

3. Lässt sich die Behandlungsmethode „Projekt Walk“ als eigenständige Behandlungsmethode einordnen oder handelt sich nur um eine neue Zusammenstellung bereits bekannter und auch in Deutschland bzw. in den EU (bzw. dem europäischen Wirtschaftsraum) praktizierter Behandlungsformen?

4. Entspricht die Behandlungsmethode anzusehen und breitet Walk" in Bezug auf die Erkrankung der Klägerin dem anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse?

5. Gibt es in Deutschland oder der EU (bzw. dem europäischen Wirtschaftsraum) andere Behandlungsmöglichkeiten für die Erkrankung der Klägerin, die dem anerkannten stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen und vergleichbare Ergebnisse bringen?

Der Sachverständige hat die Klägerin bei ihrem Training in den USA am 4./5. Februar 2016 besucht und die dortigen Verhältnisse und Methoden studieren können.

Zur der oben gestellten Frage Nr. 1. führt der Sachverständige aus, dass bei „projekt walk“ neben passiven Dehnungen und Kräftigungsübungen für Rumpf- und Extremitätenmuskulatur zwei Geräte für funktionelle Elektrostimulation, modifizierte Muskeltrainingsgeräte, Behandlungsliegen, Bobath-Bänke in verschiedenen Höhen, Gehbarren, Stehgeräte, Laufband, mehrere elektrische Bewegungstrainer, Handkurbelergometer und Elektrotherapiegeräte zum Einsatz gelangten.

Zur oben gestellten Frage Nr. 2. sieht der Sachverständige den grundsätzlichen Unterschied zu der Behandlung in Deutschland/EU in der Herangehensweise. Während in Deutschland/EU primäres Ziel eine größtmögliche Wiederherstellung der Selbstständigkeit bei den Aktivitäten des täglichen Lebens und der beruflichen und sozialen Integration sei, versuche „projekt walk“ als anfangs Schritt von der (das Gehen erschwerenden) Spastik loszukommen und dann die willkürlichen Muskelnkontraktionen zum Gehtraining zu verwenden. Auch die Dauer der Trainingseinheiten unterscheide sich deutlich. In Deutschland/EU seien schon mehr als 1 Stunde pro Trainingseinheit unüblich während bei „projekt walk“ normal 3 Stunden veranschlagt würden, was eine deutlich höhere Trainingsintensität ermögliche und signifikante Fortschritte der motorischen Funktionen bringe.

Zur oben gestellten Frage Nr. 3. gibt der Sachverständige an, dass es sich bei „projekt walk“ definitiv um eine neue Zusammenstellung bereits bekannter, wissenschaftlich anerkannter Behandlungsmethoden handele, dass aber gerade diese neue Zusammenstellung, die in Deutschland nicht angeboten werde, den entscheidenden Unterschied ausmache und damit den bereits beschriebenen Hauptunterschied zwischen beiden Methoden unterstreiche. Die Eigenständigkeit liege in der Konzeption dieser Therapieform, die nicht zum Ziel habe, einen Patienten in möglichst kurzer Zeit „alltagstauglich“ zu machen, sondern in einem großzügig angelegten Zeitraum möglichst viele der verlorenen Fähigkeiten wieder zu erlernen und dabei die „gesündere“ natürliche Muskelkontraktion zu nutzen. Es solle darüber hinaus den Patienten motivieren, durch physisches und mentales Training, die Kontrolle über seinen Körper wiederzuerlangen.

Zur oben gestellten Fragen Nr. 4., ob „projekt walk“ dem anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspreche, gibt der Sachverständige an, das „projekt walk“ den gesetzlich geforderten Status (die große Mehrheit der einschlägigen Fachleute befürworten die Behandlungsmethode) zumindest in Europa noch nicht erreicht habe. Dennoch gebe es mittlerweile zuverlässige wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen über die Qualität und die Wirksamkeit der Methode.

Schließlich gibt der Sachverständige zur oben gestellten Frage Nr. 5. an, dass es in Deutschland/EU andere Behandlungsmethoden mit vergleichbaren Ergebnissen derzeit nicht gebe.

Zusammenfassend kommt er zu dem Ergebnis, das „projekt walk“ ein Therapiekonzept sei, dass zwar zum Teil in Einzelformen auch in Deutschland angeboten werde (hier jedoch weder in der Intensität noch bezüglich der Herangehensweise vergleichbar), jedoch deutliche Vorteile und Erfolge zeige, die unbedingt weiter genutzt werden sollten.

6. Die Beklagte führt in einem Schreiben vom 20. April 2016 erhebliche Zweifel an der Validität der medizinischen Unterlagen des Gutachtens an. Es müssten Qualität und Wirksamkeit der neuen Methode aus wissenschaftlich einwandfrei geführten Studien ablesbar sein. Das sei dem Gutachten nicht einwandfrei zu entnehmen.

In einem weiteren Schriftsatz vom 3. Mai 2016 gibt die Beklagte darüber hinaus zu bedenken, dass auch dann, wenn Behandlungsmethoden der besonderen Therapierichtungen nicht ausgeschlossen seien (§ 2 Abs. 1 Satz 2 SGB V - Ausnahme Alternativmedizin), doch Qualität und Wirksamkeit auch dieser Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen hätten und der medizinische Fortschritt zu berücksichtigen sei (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V - Schulmedizin als Regel). Außenseitermethoden die zwar bekannt seien, aber sich nicht bewährt hätten, lösten keine Leistungspflicht der Krankenkassen aus, denn es sei nicht Aufgabe der Krankenkassen, die medizinische Forschung zu finanzieren. Dies gelte auch dann, wenn neue Methoden im Einzelfall zu einer Heilung der Krankheit oder Linderung der Krankheitsbeschwerden führten. Zudem merkt die Beklagte an, dass neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, wie sie im Inland die „projekt walk“-Methode darstellen würde, durch den gemeinsamen Bundesausschuss zugelassen werden müssten, weil andernfalls keine abrechenbare Leistung vorliege Darüber hinaus wird ein Versorgungsdefizite in Deutschland/EU bezweifelt. Im Inland gäbe es auf gesicherten Erkenntnissen und Ergebnissen beruhende Behandlungen. Geschuldet sei seitens der gesetzlichen Krankenversicherung eine vertragsärztliche Behandlung nicht jedoch eine Wunschbehandlung. Im Weiteren legt die Beklagte dann detailliert dar, warum sie der Auffassung ist, dass auch die vorangegangene Behandlung in Deutschland Ergebnisse erzielt habe bzw. das „projekt walk“ nicht einzigartig sei.

Mit Schreiben vom 9. Juni 2016 hat das Gericht den Sachverständigen angefragt, ob es denkbar sei, die spezifische Zusammenstellung der Trainingseinheiten unter Einschluss der besonderen „projekt walk“-Herangehensweise nach Deutschland bzw. in die EU zu transferieren, also dort in ähnlicher Weise durchzuführen.

In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 17. Juli 2016 bejaht der Gutachter diese Frage. Unter der Voraussetzung, dass entsprechend geeignetes Material und ausgebildetes Personal zur Verfügung stehe, lasse sich - nach Schaffung der notwendigen Infrastruktur - eine Trainingseinrichtung wie in den USA mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch in Deutschland/EU etablieren.

7. Die Klägerin beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung der streitgegenständlichen Bescheide zu verpflichten, die Kosten der Klägerin für die Teilnahme am „projekt walk“, USA, vom 27. Februar 2014 bis 31. Mai 2015 inklusive Behandlungskosten, monatlichen Mietkosten für eine Wohnung, Bereitstellung von Betreuungspersonen, Anmieten eines behindertengerechten Bettes sowie notwendigen Fahrdienste in Höhe von insgesamt 106.845 € zu übernehmen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Im Übrigen wird gemäß § 136 Abs. 2 SGG auf den Akteninhalt verwiesen. Der Kammer haben die Beklagtenakten vorgelegen.

Gründe

II.

1. Die Klage ist zulässig, da das sachlich (§ 51 Abs. 1 Nr. 2 SGG) und örtlich (§ 57 Abs. 1 SGG) zuständige Sozialgericht München angerufen, das gesetzlich vorgesehene (§ 78 SGG) Vorverfahren durchgeführt wurde und fristgerecht (§ 87 Abs. 2 SGG) Klage erhoben worden ist.

2. Die Klage ist aber unbegründet.

Eine teilweise oder vollständige Kostenübernahme für Behandlungen außerhalb des Geltungsbereichs des Vertrages zur Gründung der europäischen Gemeinschaft und des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum ist im Rahmen der Kassenversorgung nur zulässig (Ermessensentscheidung), wenn eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur außerhalb des Geltungsbereichs dieser Verträge möglich ist (§ 18 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Die Krankenkasse kann auch weitere Kosten für den Versicherten und für eine erforderliche Begleitperson ganz oder teilweise übernehmen (§ 18 Abs. 2 SGB V). Die USA ist EU-Ausland und es besteht kein entsprechendes bilaterales oder EU-Abkommen.

Im Rahmen von § 18 SGB V muss ein erhebliches Versorgungsdefizite vorliegen, das heißt es darf überhaupt keine, also auch keine alternative Behandlungsmethode zur Verfügung stehen, die dem Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht. Das ist der Fall, wenn das erforderliche Therapieverfahren als solches in Deutschland/EU nicht praktiziert wird oder notwendiges medizinisch-technisches Instrumentarium nicht bereitsteht (Noftz in Hauck/Noftz, § 18 SGB V Rn. 15).

Eine quantitative Versorgungslücke besteht dann, wenn die Behandlung im Inland zwar generell möglich ist, aber im konkreten Fall wegen eines spezifischen Krankheitsbildes individuell keinen Erfolg verspricht oder nicht rechtzeitig erreichbar ist (Wartezeit). Dem steht gleich, wenn die ausländische Behandlungsmethode den inländischen qualitativ eindeutig überlegen ist (Hauck, a.a.O.).

Die tatbestandlichen Voraussetzungen liegen dagegen nicht vor, wenn zwar die konkrete von den Versicherten gewünschte bzw. bevorzugte Therapie nur im Ausland möglich ist, in Deutschland aber andere gleich oder ähnlich wirksame und zumutbare Leistungsangebote zur Verfügung stehen. Dem steht gleich, wenn im Ausland lediglich andere Behandlungspektren angeboten werden ohne die Behandlungspotenz deutlich zu verbessern. Ebenso irrelevant ist eine moderne technische Ausstattung oder ein international herausragender fachlicher Ruf der Behandler (Aspekte der Spitzenmedizin sind - wie auch im Inland - nicht relevant: Hauck a.a.O., Rn. 16).

3. Eine Genehmigungsfiktion (§ 13. Abs. 3 a Satz 6 SGB V) kann vorliegend - trotz Fristversäumung der Dreiwochenfrist nach § 13 Abs. 3 ah Satz 1 SGB V: Antrag am 12. März 2014, Bescheid am 14. April 2014 ohne taggenaue Fristverlängerung (BSG, B1 KR 24/15 R, Urteil vom 8. März 2016, Juris, Rn. 20) - nicht in Betracht kommen, da im Rahmen von § 18 SGB V eine Kostenerstattung, also Geldleistung, in Frage steht, die nicht der Genehmigungsfiktion zugänglich ist (BSG, a.a.O., Rn. 11).

Die nach § 18 SGB V entscheidungserhebliche Frage, ob die Maßnahmen, die hier unter dem Begriff „projekt walk“ zusammengefasst werden, nur außerhalb Deutschland bzw. des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft bzw. des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum möglich sind, musste das Gericht nach dem oben dargelegten Ergebnis der Beweisaufnahme verneinen.

Fragen bezüglich einer möglichen Außenseitermedizin oder hinsichtlich des Problembereichs der neuen Behandlungsmethoden (Letztere spielen im Bereich von § 18 SGB V sowieso keine Rolle: siehe Hauck/Noftz, § 18 SGB V, Rn. 14 C), die von der Beklagten angesprochen worden sind, können hier als nicht relevant außer Betracht bleiben.

a) Zur Einordnung der „projekt walk“-Methode hat sich dabei als Ergebnis der Beweisaufnahme ergeben, dass der Begriff „projekt walk“ eine Vielzahl von Behandlungsmaßnahmen zusammenfasst, die in Deutschland/EU dem Grunde nach ebenfalls angeboten werden. Der Gerichtssachverständige hat insbesondere die im Einsatz befindlichen Geräte im Einzelnen aufgeführt und angemerkt, dass sich in den Räumen von „projekt walk“ alle Trainingseinrichtungen dem deutschen „Konzept zur trägerübergreifenden umfassenden Behandlung und Rehabilitation querschnittsgelähmter Menschen der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation“ entsprächen. Der Behandlungsunterschied liegt nicht in der sächlichen Ausstattung sondern darin, dass mit sehr viel höherem personellem und zeitlichem Aufwand gearbeitet wird und eine unterschiedliche Herangehensweise an die Behandlung gesehen wird.

In Deutschland/EU sei primäres Ziel eine größtmögliche Wiederherstellung der Selbstständigkeit bei den Aktivitäten des täglichen Lebens und die berufliche und soziale Integration. „Projekt walk“ versuche die das Gehen erschwerenden Spastik in den Griff zu bekommen, was durch ein vielfach höheres und intensiveres Training erreicht werden soll. Insgesamt bewertet der Gerichtssachverständige „projekt walk“ definitiv als eine neue Zusammenstellung bereits bekannter, wissenschaftlich anerkannter Behandlungsformen.

Unter der Voraussetzung, dass entsprechend geeignetes Material und ausgebildetes Personal zur Verfügung stehe, lasse sich nach Auffassung des Gerichtssachverständigen eine Training wie in den USA mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch in Deutschland/EU durchführen.

Davon unberührt bleibt die hier gerichtlicherseits nicht zu entscheidende Frage, welches Konzept, nämlich das der größtmöglichen Wiederherstellung der Selbstständigkeit oder das der größtmöglichen Wiederherstellung der Körperfunktionen im Einzelfall das richtige ist oder hier sich eventuell nicht auch verbinden ließe. Im vorliegenden Fall drängt sich auf, dass die Klägerin (aus ihrer Sicht verständlich) die Behandlungsform mit der größtmöglichen mentalen Betreuung und einem verstärkt motivierende Behandlungsansatz den Vorzug gibt. Ob damit die Alltagstauglichkeit vernachlässigt wird, war vorliegend weder zu überblicken noch zu entscheiden. Jedenfalls erscheint es fraglich, ob es wirklich „die“ Therapie gibt, die alle wünschenswerten Ziele erreicht.

b) Entscheidungserheblich war jedoch nur, ob in Deutschland/EU für die Erkrankung der Klägerin nach Qualität, Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit (§ 2 Abs. 1 SGB V) ausreichende Leistungen im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung zur Verfügung stehen. Das kann nach dem oben gesagten und insbesondere nach den gutachterlichen Feststellungen nicht verneint werden. Das Krankheitsbild der Klägerin ist einmal nicht so außergewöhnlich, dass eine Behandlung im Inland individuell keinen Erfolg verspricht. Die Klägerin trägt zwar im Rechtsstreit als zentral die in den USA erzielten Erfolge vor. Es mögen auch Erfolge erzielt worden sein, dies allein kann jedoch nicht Maßstab für einen Vergleich der Behandlungen in Deutschland/EU gegenüber der USA sein, denn ein sinnvoller Vergleich mit einer im streitgegenständlichen Zeitraum erfolgten Behandlung in Deutschland/EU ist mangels Durchführung derselben nicht möglich. Dazu kommt, dass die Methode „projekt walk“ sowohl nach Aussagen der Beklagten (MDK) als auch des gerichtlichen Sachverständigen als anerkannter Stand der medizinischen Erkenntnisse derzeit noch als unsicher anzusehen ist und damit als Vergleichsbehandlungsmethode dem Grunde nach (§ 18 Abs. 1 Satz 1 SGB V) nicht in Frage kommt.

Darüber hinaus steht, was der Gerichtssachverständige eindeutig ermittelt hat, in Deutschland zweifellos auch ein vergleichbares medizinisch-technisches Instrumentarium zur Verfügung. Auch ein ähnliches Vorgehen in der Behandlung wie in den USA konnte der Sachverständige nicht ausschließen, wobei neben der im Wesentlichen unproblematischen medizinisch-technischen Ausrüstung auch die personelle Kompetenz in einem Hochbildungsland wie Deutschland kein Problem darstellt. Gleichzeitig ist eine eindeutige qualitative Überlegenheit der projekt-walk-Methode in keinster Weise ausreichend zu belegen. Notwendig wäre dazu - wie grundsätzlich im Krankenversicherungsrecht (Ausnahmen sind nur in besonderen Fällen möglich - BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 2005,1 BvR 347/98 Rn. 67 f) - der allgemein nachgewiesene Wirkzusammenhang und nicht nur ein individueller Wirkzusammenhang, wie er hier durch die Klägerin hauptsächlich thematisiert wurde.

c) Das Gericht kann daher zusammenfassend nicht erkennen dass die durch „projekt walk“ durchgeführten physiotherapeutischen Grundbehandlungsformen, die in Deutschland/EU weithin bekannt sind, nur in den USA durchgeführt werden können. Die meisten dort vorhandenen Geräte sind auch in Deutschland/EU Teil der physiotherapeutischen Behandlung. Dass diesbezüglich eine ärztliche Therapieerstellung mit notwendigem Trainingsumfang und ärztlicher Begleitung auch in Deutschland/EU möglich sind, liegt dabei auf der Hand.

Subtrahiert man von der nicht dem allgemeinen medizinischen Erkenntnisstand zuzuordnende (siehe oben) besondere „Grundidee“ des „projekt walk“, verbleibt als Unterschiedsmerkmal lediglich die besondere mentale Betreuung bzw. Motivation in den USA. Allein diese kann die streitgegenständliche US-Behandlungsform nicht im Sinne von § 18 Abs. 1 SGB V zu einem gesetzlich relevanten Unikat machen. Entscheidendes Tatbestandsmerkmal des § 18 Abs. 1 SGB V ist aber gerade, dass „nur“ in den USA diese Methode durchgeführt werden kann. Es liegt aber auf der Hand, dass Motivation und mentale Betreuung indirekt keine krankenversicherungsrechtlichen Leistungsinhalte betreffen, ansonsten aber auch in Deutschland etwa in Form einer psychotherapeutischen Begleitung ohne weiteres möglich sind.

4. Die Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 193 SGG abzuweisen.

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(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. B

(1) Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit entscheiden über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten 1. in Angelegenheiten der gesetzlichen Rentenversicherung einschließlich der Alterssicherung der Landwirte,2. in Angelegenheiten der gesetzlichen Kranken
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(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. B

(1) Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit entscheiden über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten 1. in Angelegenheiten der gesetzlichen Rentenversicherung einschließlich der Alterssicherung der Landwirte,2. in Angelegenheiten der gesetzlichen Kranken

Annotations

(1) Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur außerhalb des Geltungsbereichs des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft und des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung ganz oder teilweise übernehmen. Der Anspruch auf Krankengeld ruht in diesem Fall nicht.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 kann die Krankenkasse auch weitere Kosten für den Versicherten und für eine erforderliche Begleitperson ganz oder teilweise übernehmen.

(3) Ist während eines vorübergehenden Aufenthalts außerhalb des Geltungsbereichs des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft und des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum eine Behandlung unverzüglich erforderlich, die auch im Inland möglich wäre, hat die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung insoweit zu übernehmen, als Versicherte sich hierfür wegen einer Vorerkrankung oder ihres Lebensalters nachweislich nicht versichern können und die Krankenkasse dies vor Beginn des Aufenthalts außerhalb des Geltungsbereichs des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft und des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum festgestellt hat. Die Kosten dürfen nur bis zu der Höhe, in der sie im Inland entstanden wären, und nur für längstens sechs Wochen im Kalenderjahr übernommen werden. Eine Kostenübernahme ist nicht zulässig, wenn Versicherte sich zur Behandlung ins Ausland begeben. Die Sätze 1 und 3 gelten entsprechend für Auslandsaufenthalte, die aus schulischen oder Studiengründen erforderlich sind; die Kosten dürfen nur bis zu der Höhe übernommen werden, in der sie im Inland entstanden wären.

(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.

(1a) Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, können auch eine von Absatz 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die Krankenkasse erteilt für Leistungen nach Satz 1 vor Beginn der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung, wenn Versicherte oder behandelnde Leistungserbringer dies beantragen. Mit der Kostenübernahmeerklärung wird die Abrechnungsmöglichkeit der Leistung nach Satz 1 festgestellt.

(2) Die Versicherten erhalten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen, soweit dieses oder das Neunte Buch nichts Abweichendes vorsehen. Die Leistungen werden auf Antrag durch ein Persönliches Budget erbracht; § 29 des Neunten Buches gilt entsprechend. Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels Verträge mit den Leistungserbringern.

(3) Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihre Vielfalt zu beachten. Den religiösen Bedürfnissen der Versicherten ist Rechnung zu tragen.

(4) Krankenkassen, Leistungserbringer und Versicherte haben darauf zu achten, daß die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden.

(1) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
den Ort und Tag der mündlichen Verhandlung,
4.
die Urteilsformel,
5.
die gedrängte Darstellung des Tatbestands,
6.
die Entscheidungsgründe,
7.
die Rechtsmittelbelehrung.

(2) Die Darstellung des Tatbestands kann durch eine Bezugnahme auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze und auf die zu Protokoll erfolgten Feststellungen ersetzt werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand richtig und vollständig ergibt. In jedem Fall sind jedoch die erhobenen Ansprüche genügend zu kennzeichnen und die dazu vorgebrachten Angriffs- und Verteidigungsmittel ihrem Wesen nach hervorzuheben.

(3) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsaktes oder des Widerspruchsbescheides folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(4) Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so bedarf es des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe nicht, wenn Kläger, Beklagter und sonstige rechtsmittelberechtigte Beteiligte auf Rechtsmittel gegen das Urteil verzichten.

(1) Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit entscheiden über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten

1.
in Angelegenheiten der gesetzlichen Rentenversicherung einschließlich der Alterssicherung der Landwirte,
2.
in Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung und der privaten Pflegeversicherung (Elftes Buch Sozialgesetzbuch), auch soweit durch diese Angelegenheiten Dritte betroffen werden; dies gilt nicht für Streitigkeiten in Angelegenheiten nach § 110 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch aufgrund einer Kündigung von Versorgungsverträgen, die für Hochschulkliniken oder Plankrankenhäuser (§ 108 Nr. 1 und 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch) gelten,
3.
in Angelegenheiten der gesetzlichen Unfallversicherung mit Ausnahme der Streitigkeiten aufgrund der Überwachung der Maßnahmen zur Prävention durch die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung,
4.
in Angelegenheiten der Arbeitsförderung einschließlich der übrigen Aufgaben der Bundesagentur für Arbeit,
4a.
in Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende,
5.
in sonstigen Angelegenheiten der Sozialversicherung,
6.
in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts mit Ausnahme der Streitigkeiten aufgrund der §§ 25 bis 27j des Bundesversorgungsgesetzes (Kriegsopferfürsorge), auch soweit andere Gesetze die entsprechende Anwendung dieser Vorschriften vorsehen,
6a.
in Angelegenheiten der Sozialhilfe einschließlich der Angelegenheiten nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch und des Asylbewerberleistungsgesetzes,
7.
bei der Feststellung von Behinderungen und ihrem Grad sowie weiterer gesundheitlicher Merkmale, ferner der Ausstellung, Verlängerung, Berichtigung und Einziehung von Ausweisen nach § 152 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch,
8.
die aufgrund des Aufwendungsausgleichsgesetzes entstehen,
9.
(weggefallen)
10.
für die durch Gesetz der Rechtsweg vor diesen Gerichten eröffnet wird.

(2) Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit entscheiden auch über privatrechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der Zulassung von Trägern und Maßnahmen durch fachkundige Stellen nach dem Fünften Kapitel des Dritten Buches Sozialgesetzbuch und in Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung, auch soweit durch diese Angelegenheiten Dritte betroffen werden. Satz 1 gilt für die soziale Pflegeversicherung und die private Pflegeversicherung (Elftes Buch Sozialgesetzbuch) entsprechend.

(3) Von der Zuständigkeit der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit nach den Absätzen 1 und 2 ausgenommen sind Streitigkeiten in Verfahren nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, die Rechtsbeziehungen nach § 69 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch betreffen.

(1) Örtlich zuständig ist das Sozialgericht, in dessen Bezirk der Kläger zur Zeit der Klageerhebung seinen Sitz oder Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seinen Aufenthaltsort hat; steht er in einem Beschäftigungsverhältnis, so kann er auch vor dem für den Beschäftigungsort zuständigen Sozialgericht klagen. Klagt eine Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts, in Angelegenheiten nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch ein Unternehmen der privaten Pflegeversicherung oder in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts oder des Schwerbehindertenrechts ein Land, so ist der Sitz oder Wohnsitz oder Aufenthaltsort des Beklagten maßgebend, wenn dieser eine natürliche Person oder eine juristische Person des Privatrechts ist.

(2) Ist die erstmalige Bewilligung einer Hinterbliebenenrente streitig, so ist der Wohnsitz oder in Ermangelung dessen der Aufenthaltsort der Witwe oder des Witwers maßgebend. Ist eine Witwe oder ein Witwer nicht vorhanden, so ist das Sozialgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die jüngste Waise im Inland ihren Wohnsitz oder in Ermangelung dessen ihren Aufenthaltsort hat; sind nur Eltern oder Großeltern vorhanden, so ist das Sozialgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Eltern oder Großeltern ihren Wohnsitz oder in Ermangelung dessen ihren Aufenthaltsort haben. Bei verschiedenem Wohnsitz oder Aufenthaltsort der Eltern- oder Großelternteile gilt der im Inland gelegene Wohnsitz oder Aufenthaltsort des anspruchsberechtigten Ehemanns oder geschiedenen Mannes.

(3) Hat der Kläger seinen Sitz oder Wohnsitz oder Aufenthaltsort im Ausland, so ist örtlich zuständig das Sozialgericht, in dessen Bezirk der Beklagte seinen Sitz oder Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seinen Aufenthaltsort hat.

(4) In Angelegenheiten des § 51 Abs. 1 Nr. 2, die auf Bundesebene festgesetzte Festbeträge betreffen, ist das Sozialgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Bundesregierung ihren Sitz hat, in Angelegenheiten, die auf Landesebene festgesetzte Festbeträge betreffen, das Sozialgericht, in dessen Bezirk die Landesregierung ihren Sitz hat.

(5) In Angelegenheiten nach § 130a Absatz 4 und 9 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch ist das Sozialgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die zur Entscheidung berufene Behörde ihren Sitz hat.

(6) Für Antragsverfahren nach § 55a ist das Landessozialgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Körperschaft, die die Rechtsvorschrift erlassen hat, ihren Sitz hat.

(7) In Angelegenheiten nach § 7a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch ist das Sozialgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Auftraggeber seinen Sitz oder in Ermangelung dessen seinen Wohnsitz hat. Hat dieser seinen Sitz oder in Ermangelung dessen seinen Wohnsitz im Ausland, ist das Sozialgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Auftragnehmer seinen Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seinen Aufenthaltsort hat.

(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Eines Vorverfahrens bedarf es nicht, wenn

1.
ein Gesetz dies für besondere Fälle bestimmt oder
2.
der Verwaltungsakt von einer obersten Bundesbehörde, einer obersten Landesbehörde oder von dem Vorstand der Bundesagentur für Arbeit erlassen worden ist, außer wenn ein Gesetz die Nachprüfung vorschreibt, oder
3.
ein Land, ein Versicherungsträger oder einer seiner Verbände klagen will.

(2) (weggefallen)

(3) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

(1) Die Klage ist binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts zu erheben. Die Frist beträgt bei Bekanntgabe im Ausland drei Monate. Bei einer öffentlichen Bekanntgabe nach § 85 Abs. 4 beträgt die Frist ein Jahr. Die Frist beginnt mit dem Tag zu laufen, an dem seit dem Tag der letzten Veröffentlichung zwei Wochen verstrichen sind.

(2) Hat ein Vorverfahren stattgefunden, so beginnt die Frist mit der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids.

(1) Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur außerhalb des Geltungsbereichs des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft und des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung ganz oder teilweise übernehmen. Der Anspruch auf Krankengeld ruht in diesem Fall nicht.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 kann die Krankenkasse auch weitere Kosten für den Versicherten und für eine erforderliche Begleitperson ganz oder teilweise übernehmen.

(3) Ist während eines vorübergehenden Aufenthalts außerhalb des Geltungsbereichs des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft und des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum eine Behandlung unverzüglich erforderlich, die auch im Inland möglich wäre, hat die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung insoweit zu übernehmen, als Versicherte sich hierfür wegen einer Vorerkrankung oder ihres Lebensalters nachweislich nicht versichern können und die Krankenkasse dies vor Beginn des Aufenthalts außerhalb des Geltungsbereichs des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft und des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum festgestellt hat. Die Kosten dürfen nur bis zu der Höhe, in der sie im Inland entstanden wären, und nur für längstens sechs Wochen im Kalenderjahr übernommen werden. Eine Kostenübernahme ist nicht zulässig, wenn Versicherte sich zur Behandlung ins Ausland begeben. Die Sätze 1 und 3 gelten entsprechend für Auslandsaufenthalte, die aus schulischen oder Studiengründen erforderlich sind; die Kosten dürfen nur bis zu der Höhe übernommen werden, in der sie im Inland entstanden wären.

(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.

(1a) Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, können auch eine von Absatz 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die Krankenkasse erteilt für Leistungen nach Satz 1 vor Beginn der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung, wenn Versicherte oder behandelnde Leistungserbringer dies beantragen. Mit der Kostenübernahmeerklärung wird die Abrechnungsmöglichkeit der Leistung nach Satz 1 festgestellt.

(2) Die Versicherten erhalten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen, soweit dieses oder das Neunte Buch nichts Abweichendes vorsehen. Die Leistungen werden auf Antrag durch ein Persönliches Budget erbracht; § 29 des Neunten Buches gilt entsprechend. Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels Verträge mit den Leistungserbringern.

(3) Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihre Vielfalt zu beachten. Den religiösen Bedürfnissen der Versicherten ist Rechnung zu tragen.

(4) Krankenkassen, Leistungserbringer und Versicherte haben darauf zu achten, daß die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden.

(1) Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur außerhalb des Geltungsbereichs des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft und des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung ganz oder teilweise übernehmen. Der Anspruch auf Krankengeld ruht in diesem Fall nicht.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 kann die Krankenkasse auch weitere Kosten für den Versicherten und für eine erforderliche Begleitperson ganz oder teilweise übernehmen.

(3) Ist während eines vorübergehenden Aufenthalts außerhalb des Geltungsbereichs des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft und des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum eine Behandlung unverzüglich erforderlich, die auch im Inland möglich wäre, hat die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung insoweit zu übernehmen, als Versicherte sich hierfür wegen einer Vorerkrankung oder ihres Lebensalters nachweislich nicht versichern können und die Krankenkasse dies vor Beginn des Aufenthalts außerhalb des Geltungsbereichs des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft und des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum festgestellt hat. Die Kosten dürfen nur bis zu der Höhe, in der sie im Inland entstanden wären, und nur für längstens sechs Wochen im Kalenderjahr übernommen werden. Eine Kostenübernahme ist nicht zulässig, wenn Versicherte sich zur Behandlung ins Ausland begeben. Die Sätze 1 und 3 gelten entsprechend für Auslandsaufenthalte, die aus schulischen oder Studiengründen erforderlich sind; die Kosten dürfen nur bis zu der Höhe übernommen werden, in der sie im Inland entstanden wären.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.