Sozialgericht München Urteil, 02. Nov. 2016 - S 11 R 1953/13

published on 02/11/2016 00:00
Sozialgericht München Urteil, 02. Nov. 2016 - S 11 R 1953/13
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Tenor

I. Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheids vom 14.09.2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 02.08.2013 entsprechend ihrem Anerkenntnis verurteilt, die Nachforderung aus der Betriebsprüfung für den Zeitraum 01.01.2007 bis 31.12.2010 neu zu berechnen und hierbei

1. beim Beigeladenen zu 1) eine selbstständige nicht sozialversicherungspflichtige Tätigkeit zu Grunde zu legen

2. beim Beigeladenen zu 4) das tatsächliche Arbeitsentgelt und nicht eine Berechnung nach § 14 Abs. 2 SGB IV zu Grunde zu legen. Säumniszuschläge werden nicht erhoben.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Von den Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin 7/8, die Beklagte 1/8.

III. Der Streitwert wird auf 146.259,72 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen das Ergebnis der Betriebsprüfung für den Prüfzeitraum 01.01.2007 bis 31.12.2010, bei der die Beklagte eine Nachforderung von 146.249,72 Euro festgestellt hat.

Mit Bescheid vom 12.12.2011 war für den Prüfzeitraum 01.01.2007 bis 31.12.2010 eine Nachforderung in Höhe von 6.322,54 Euro festgestellt worden. Dieser Bescheide erging als Teilbescheid, da bezüglich der freien Mitarbeiter des Planungsbüros für Bauwesen noch weitere Ermittlungen erforderlich waren. Bei der Befragung der freien Mitarbeiter wurden folgende Angaben gemacht:

1.) Zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1 wurde am 23.05.2007 ein Vertrag über die freie Mitarbeit mit dem Tätigkeitsgebiet „Abwicklung von Hochbauprojekten ganz oder in Teilen einschließlich eventueller Bestandsvermessung und Herstellung von Bestandsplänen“ (§ 2 des Vertrages) geschlossen. Die Vergütung beträgt 12.000.- Euro vierteljährlich zuzüglich Mehrwertsteuer. Zugrunde gelegt wird ein Aufwand von 445 Stunden vierteljährlich, der Stundensatz für Über- und Unterschreitungen der zur Verfügung zu stellenden Stundenzahl wird mit 27,00 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer vereinbart. Des Weiteren erhält der Vertrag Regelungen unter anderen zu Aufwendungsersatz und Wettbewerbsverbot.

2.) Zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 2 war am 26.02.2007 ein Vertrag über freie Mitarbeit mit dem Aufgabengebiet „Abwicklung von Straßen- und Ingenieurbauprojekten ganz oder in Teilen einschließlich Bestandsvermessung und Erstellung von Bestandsplänen“ (§ 2) geschlossen worden. Es wurde vereinbart, dass ein Honorar von 12.000.- Euro vierteljährlich zuzüglich Mehrwertsteuer bei einem Aufwand von 445 Stunden vierteljährlich gezahlt wird. Der Stundensatz für Über- und Unterschreitungen der vereinbarten vierteljährlich zur Verfügung stehender Stunden wird mit 26,90 Euro zusätzlich Mehrwertsteuer vereinbart. Der Vertrag enthält unter anderem Bestimmungen zum Aufwendungsersatz (§ 4) sowie zum Wettbewerbsverbot und Vertragsdauer (§§ 8, 9).

3.) Bezüglich des Beigeladenen zu 3 war am 29.02.2008 ein Vertrag mit der Klägerin über die freie Mitarbeit mit dem Aufgabengebiet „Abwicklung von Straßen- und Ingenieurbauprojekten ganz oder in Teilen einschließlich Bestandsvermessung und Erstellung von Bestandsplänen“ (§ 2) geschlossen worden. Der Beigeladene zu 3 sei frei von Weisungen und verpflichtet, die zur Objektbearbeitung notwendigen Abstimmungen mit der Klägerin vorzunehmen, wobei die Abstimmungen ausschließlich im Büro der Klägerin erfolgen. Die Klägerin stelle darüber hinaus einen Arbeitsplatz zur freien Benutzung zur Verfügung sowie alle zur Ausübung der Tätigkeit erforderlichen Informationen und Unterlagen. Der Beigeladene zu 3 erhalte für seine Tätigkeit ein Honorar von 5.600.- Euro für das erste Vierteljahr, danach 10.080.- Euro vierteljährlich zuzüglich Mehrwertsteuer. Zugrunde gelegt würde ein Aufwand von 445 Stunden vierteljährlich mit einem Stundensatz von 22,65 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer. Vergütet würden die gefahrenen Kilometer sowie die Auslagen gegen Nachweis (vgl. § 4 Aufwendungsersatz). § 8 enthält ein Wettbewerbsverbot. Der Vertrag beginnt zum 01.03.2008, wird zunächst für eine Dauer von sechs Monaten geschlossen und verlängert sich bei Nichtkündigung automatisch um weitere sechs Monate (§ 9). Der Beigeladene gab des Weiteren an, er arbeite als Bauingenieur und beziehe einen Gründungszuschuss der Agentur für Arbeit. Den Gründungszuschuss habe er in der Zeit vom 01.03.2008 bis 30.11.2008 erhalten.

4.) Der Beigeladene zu 4 gab an, er sei im Alter von 65 Jahren aus dem Angestelltenverhältnis der Klägerin ausgeschieden und habe anschließend bis Juli 2009 dort freiberufliche Tätigkeiten übernommen. Er habe zuvor beim Finanzamt als auch beim Steuerberater Informationen darüber eingeholt, ob die Tätigkeit sozialversicherungspflichtig sei. Er habe als Architekt Planungsarbeiten durchgeführt und sei Projektbetreuer gewesen, er habe ca. 34 Wochenstunden gearbeitet und nach Stunden (Stundensatz 26,78 Euro + Mehrwertsteuer) abgerechnet.

5.) Der Vertrag mit dem Beigeladenen zu 5 vom 11.5.2007 beinhaltet die Abwicklung von Straßen- und Ingenieurbauprojekten. Der Beigeladene zu 5 soll zur Entlastung, Abarbeit von Arbeitsrückständen und termingerechter Erledigung von Aufträgen in freier Mitarbeit mit Planungsaufgaben betraut werden (vgl. Präambel des Vertrages - gleichlautend in den Verträgen der Beigeladenen zu 1-3). Als Vergütung wurde ein Honorar von 12.000.- vierteljährlich festgesetzt bei einem Aufwand von 445 Stunden vierteljährlich und einem Stundensatz für Über- oder Unterschreitungen in Höhe von 26,90 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer.

Mit Schreiben vom 07.03.2012 wurde die Klägerin über die beabsichtigte Nachforderung der Sozialversicherung in Höhe von 183.069,12 Euro angehört. Es wurde ausgeführt, dass die Beigeladenen zu 1-5 für ihre Tätigkeiten als Architekten bzw. Ingenieure im Rahmen eines die Versicherungspflicht begründenden Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt hätten. Nach Einwendungen der Klägerin erließ die Beklagte in Ergänzung des Bescheides vom 12.12.2011 den streitgegenständlichen Bescheid vom 14.09.2012. Sie führte aus, die Nachforderung betrage nunmehr 146.259,72 Euro. Die Säumniszuschläge würden nur für den Beigeladenen zu 4, F., erhoben. Bei den übrigen Mitarbeitern könne eine Unkenntnis im Sinne des § 24 SGB IV angenommen werden. Bezüglich der einzelnen Mitarbeiter werde Folgendes festgestellt:

1. F. (Beigeladener zu 4): Dieser habe keine eigene Betriebsausstattung und sei gegenüber Kunden nicht in eigenem Namen aufgetreten. Merkmale für eine selbständige Tätigkeit seien nicht ersichtlich. Daher sei eine abhängige Beschäftigung für die Zeit vom 01.12.2006 bis 31.01.2009 festzustellen.

2. E. (Beigeladener zu 3) sei als Bauingenieur seit 3/08 bei der Klägerin tätig. Die Vergütung in der Probezeit sei geringer gewesen. Aufgrund der vertraglichen Regelungen würden die Merkmale einer abhängigen Beschäftigung überwiegen.

3. C. (Beigeladener zu 1) sei seit 5/07 als Architekt für die Klägerin tätig. Aus den Vertragsbestimmungen ergäben sich überwiegende Merkmale einer abhängigen Beschäftigung. Für eine selbständige Tätigkeit sprächen, dass Herr C. in die Architektenliste eingetragen sei, die Tätigkeit eines Architekten grundsätzlich im Rahmen einer selbstständigen Tätigkeit erbracht werden könne und Herr C. diese Tätigkeit seit 1989 ausübe.

4. D. (Beigeladener zu 2) sei seit 02/2007 für die Klägerin tätig. Er sei bei der Ausübung seiner Tätigkeit in den Betriebsablauf des Unternehmens der Klägerin eingegliedert. Für die Annahme einer selbständigen Tätigkeit seien keine Anhaltspunkte gefunden worden.

5. G. (Beigeladener zu 5) sei im Jahr 2007 als Planungsingenieur für die Abwicklung von Straßen- und Ingenieurbauprojekten für die Klägerin zuständig gewesen. Für die Annahme einer selbständigen Tätigkeit seien keine Anhaltspunkte gefunden worden.

Die Beigeladenen zu 1-5 würden daher der Versicherungspflicht unterliegen.

Die Klägerin hat hiergegen am 15.10.2012 Widerspruch erhoben, der mit Schreiben vom 19.03.2013 begründet wurde. Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 02.08.2013 den Widerspruch zurück und führte aus, Herr F. (Beigeladener zu 4) sei ausschließlich am Betriebssitz der Klägerin tätig geworden, er trage kein Unternehmerrisiko, er trete gegenüber den Kunden im Namen der Klägerin auf und sei in den Betrieb der Klägerin eingebunden.

Bezüglich des Herrn E. (Beigeladener zu 3) könne erst zum 01.03.2011 eine Beschäftigung von Arbeitnehmern nachvollzogen werden, er habe kein Unternehmerrisiko getragen. Im Bereich des Bauingenieurwesens sei es durchaus möglich, dass bei entsprechender Gleitzeitvereinbarung je nach Auftragslage schwankende Arbeitszeiten vorliegen.

Herr C. (Beigeladener zu 1) habe nicht projektbezogen abgerechnet sondern sei nach geleisteten Arbeitsstunden bezahlt worden. Gegenüber den Merkmalen einer selbstständigen Tätigkeit wie die Eintragung in die Architektenliste und die Haftung für eigene Fehler würden die Merkmale einer abhängigen Beschäftigung wie die Eingliederung in die Betriebsorganisation sowie das fehlende Unternehmerrisiko überwiegen.

Auch Herr D. (Beigeladener zu 2) und Herr G. (Beigeladener zu 5) hätten im streitgegenständlichen Zeitraum keine bzw. nahezu keine weiteren Auftraggeber gehabt. Die Merkmale für eine abhängige Beschäftigung würden überwiegen.

Die Klägerin hat hiergegen am 18.09.2013 Klage zum Sozialgericht München erhoben und unter anderem ausgeführt, Herr F. habe selbstbestimmt ausgewählte Projekttätigkeiten übernommen und sich zuvor beim Finanzamt und Steuerberater verbindlich erkundigt, ob eine versicherungspflichtige Tätigkeit vorliegt. Keinesfalls sei die Nichtanmeldung des Herrn F. zur Sozialversicherung mit „bedingtem Vorsatz“ geschehen.

Gerade im Baubereich sei es üblich, sich zur Erfüllung von Vertragspflichten Subunternehmer zu bedienen. Der geschlossene Rahmenvertrag sei so nicht gelebt worden. Es seien vielmehr bestimmte Projekte vertraglich vereinbart worden, für die vorher eine Kalkulation des zu erwartenden adäquaten Aufwandes erfolgt sei. Das Realisierungsrisiko habe Herr E. entgegen der Vertragsformulierung getragen. Herr C. habe ein eigenes Unternehmen und hafte für eigene Fehler, er habe eine eigene Haftpflichtversicherung und sei somit selbständig. Dass Herr D. keine weiteren Auftraggeber habe, spreche nicht für eine abhängige Beschäftigung ebenso sprächen die steuerliche und versicherungsrechtliche Handhabung der Parteien über die Jahre für eine Selbständigkeit. Diese Kriterien würden auch hinsichtlich des Herrn G. gelten, der nur von Juni bis Dezember 2007 für die Klägerin tätig gewesen sei.

In der nichtöffentlichen Sitzung vom 20.01.2016 hat das Gericht die Beteiligten im Rahmen eines Erörterungstermins angehört.

Der im Anschluss daran unterbreitete gerichtliche Vergleich vom 28.01.2016 wurde von der Beklagten mit Ausnahme des Kostenpunktes angenommen. Die Klägerin hat den Vergleichsvorschlag des Gerichts nicht angenommen und Antrag auf Berichtigung der Niederschrift gestellt, der mit Beschluss vom 27.05.2016 abgelehnt wurde.

Am 02.11.2016 fand eine mündliche Verhandlung statt, in der die Beklagte entsprechend dem Vergleichsvorschlag des Gerichts vom 28.01.2016 ein Teilanerkenntnis abgab.

Die Klägerin beantragt sinngemäß:

1. Der Bescheid der Beklagten vom 14.09.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.08.2013 wird aufgehoben.

2. Es wird festgestellt, dass die im Prüfzeitraum vom 01.01.2007 bis 31.12.2010 tätigen freiberuflichen Architekten bzw. Ingenieure nicht als Arbeitnehmer zu beurteilen sind, sondern mangels abhängiger Beschäftigung eine selbständige Tätigkeit und somit keine Beitragspflicht der Klägerin vorliegt.

3. Hilfsweise für den Fall, dass nicht gemäß § 7 a Abs. 7 SGB IV ohnehin der Klage aufschiebende Wirkung zukommt, wird die Vollziehung gemäß § 86 a SGG ausgesetzt respektive die aufschiebende Wirkung hergestellt.

4. Hilfsweise für den Unterliegensfall zu 1. und 2. wird beantragt festzustellen, dass jedenfalls keine Säumniszuschläge und Mahngebühren angefallen sind, keine Nettolohnvereinbarung unterstellt werden darf und die von der Beklagten angewandte ungünstigste hypothetische Steuerklasse bei der Berechnung von Nachforderungen zu korrigieren ist.

Die Beklagte beantragt,

im Übrigen die Klage abzuweisen.

Beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren die Verwaltungsakten der Beklagten.

Auf die beigezogenen Akten sowie die Klageakte, insbesondere auf die Niederschrift der nichtöffentlichen Sitzung vom 20.01.2016 wird Bezug genommen.

Gründe

Das Sozialgericht München ist sachlich und örtlich zuständig. Die form- (§ 90 SGG) und fristgerecht (§ 87 SGG) erhobene Klage ist zulässig.

Die Klage ist über das von der Beklagten abgegebene Teilanerkenntnis hinaus unbegründet.

1. Beigeladener zu 1, C.:

Die Beklagte hat hierzu - entsprechend dem Vergleichsvorschlag des Gerichts vom 28.01.2016 - ein Anerkenntnis dahingehend abgegeben, dass die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1 bei der Klägerin eine selbständige nicht sozialversicherungspflichtige Tätigkeit im streitgegenständlichen Zeitraum 01.01.2007 bis 31.12.2010 war. Entsprechend ist die Nachforderung unter Zugrundelegung der selbständigen Tätigkeit des Beigeladenen zu 1 neu zu berechnen.

2. Beigeladener zu 4, F.:

Für den Beigeladenen zu 4 konnte das Gericht keine selbstständige Tätigkeit bei der Klägerin feststellen. Der Beigeladene zu 4, der bis zu seinem Ausscheiden im April 2006 als angestellter Architekt bei der Klägerin tätig war, hat im Anschluss daran die Tätigkeit als Projektbetreuer für die Klägerin weitergeführt. Er gab an, ca. 34 Wochenstunden gearbeitet und nach Stunden abgerechnet zu haben. Ihm sei die Abwicklung von Sonderwünschen der Kunden eines Bauträgers von der Klägerin zur selbständigen Abwicklung übertragen worden. Aus den Unterlagen und aus der Einlassung des Beigeladenen zu 4 geht nicht hervor, dass dieser im eigenen Namen aufgetreten ist, vielmehr hat er die Sonderwünsche der Kunden eines Bauträgers der Klägerin abgewickelt und trat daher als Mitarbeiter der Klägerin in Erscheinung. Somit war von einer abhängigen Beschäftigung auszugehen. Da dem Kläger ein bedingter Vorsatz bei der Verletzung der Meldepflicht nach § 28 a SGB IV nicht nachgewiesen werden kann - der Beigeladene zu 4 hat insoweit glaubhaft vorgetragen, sich zuvor beim Finanzamt als auch beim Steuerberater informiert zu haben - war eine Nettolohnvereinbarung mit erfolgter „Hochrechnung“ nach § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV nicht möglich. Die Beklagte hat insoweit ein Teilanerkenntnis abgegeben und war entsprechend dem Teilanerkenntnis zu verurteilen.

3. Beigeladener zu 3, E.:

Der Beigeladene zu 3 war im Zeitraum März 2008 bis Dezember 2010 als Bauingenieur für die Klägerin tätig. Im Vertrag vom 29.02.2008 war unter anderem aufgeführt, dass der Beigeladene zu 3 mit der Abwicklung von Straßen- und Ingenieurbauprojekten ganz oder in Teilen befasst ist. Er hat die notwendigen Abstimmungen mit der Klägerin vorzunehmen. Diese Abstimmung erfolgt ausschließlich im Büro der Klägerin. Die Klägerin stellt dem Beigeladenen zu 3 einen Arbeitsplatz zur freien Benutzung zur Verfügung. Hinsichtlich der Vergütung erhielt der Beigeladene zu 3 für das erste Vierteljahr ein Honorar von 5.600.- Euro, danach von 10.080.- Euro vierteljährlich zuzüglich Mehrwertsteuer. Zugrunde gelegt wird ein Aufwand von 445 Stunden vierteljährlich. Des Weiteren ist vereinbart, dass der Beigeladene zu 3 nach Vertragsbeendigung für die Dauer von zwölf Monaten nicht für die Landeshauptstadt A-Stadt selbständig tätig werden darf. Der Vertrag wird zunächst für die Dauer von sechs Monaten geschlossen (§ 9 des Vertrages) und verlängert sich automatisch um weitere sechs Monate. Im Erörterungstermin hat die Klägerin hierzu erklärt, am Anfang hätten die Arbeitsergebnisse des Beigeladenen zu 3 häufiger kontrolliert werden müssen, da der Beigeladene zu 3 Berufsanfänger gewesen sei, mit der Zeit habe die Kontrolldichte abgenommen.

Für den Zeitraum bis 31.12.2010 liegt nach Auffassung des Gerichts ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vor. Der Beigeladene zu 3 hatte kein Unternehmerrisiko, da er nach Stunden bezahlt wurde. Im Vertrag ist bezüglich der Vergütung (§ 3) aufgeführt, dass er für das erste Vierteljahr 5.600.- Euro bei einem zugrunde gelegten Aufwand von 445 Stunden erhält. Dies entspricht einem Stundenlohn von netto 12,58 Euro. Danach werden bei ca. 37 Wochenstunden 22,65 Euro gezahlt. Der Beigeladene zu 3 hat keine eigene Berufshaftpflichtversicherung und hat (§ 2 des Vertrages) die notwendigen Abstimmungen mit der Klägerin ausschließlich in deren Büro vorzunehmen. Auch die Tatsache, dass der Beigeladene zu 3 einen Gründungszuschuss seitens der Bundesagentur erhalten hat, ist kein Indiz für eine selbstständige Tätigkeit. Die Regelung der Bundesagentur für Arbeit erschöpft sich in der Gewährung einer Sozialleistung und enthält keine Feststellung, dass die Tätigkeit, für die der Zuschuss gewährt wird, eine selbstständige Tätigkeit ist, vgl. LSG Baden- Württemberg vom 26.07.2016, L 11 R 5180/13 m.w.N., BayLSG Urteil vom 28.05.2013, L 5 R 863/12. Der Gewährung eines Gründungszuschusses kommt keine Indizwirkung zugunsten der Selbstständigkeit zu.

In der Gesamtschau der vertraglichen Regelung einerseits, der Einlassungen des Beigeladenen zu 3 während des Verwaltungsverfahren und des Klageverfahrens andererseits kommt das Gericht zu dem Ergebnis, dass die Merkmale für eine abhängige Beschäftigung bei Weitem überwiegen. Dafür sprechen - wie oben bereits ausgeführt - zum einen die höhere Kontrolldichte zu Beginn der Tätigkeit des Beigeladenen zu 3 bei der Klägerin aber auch die Vergütungsregelungen. Dass der Beigeladene zu 3 daneben möglicherweise noch einzelne Aufträge in eigenem Namen für andere Auftraggeber durchgeführt hat, ist nicht zu berücksichtigen, da es lediglich auf das Vertragsverhältnis bzw. Tätigkeitverhältnis des Beigeladenen zu 3 bei der Klägerin ankommt. Auch die vierteljährliche Vergütung von anschließend 10.080.- Euro entspricht in etwa der eines Angestellten der Klägerin (vgl. Niederschrift vom 20.01.2016, wonach angestellte Architekten und Bauingenieure ca. 3.000 - 4.000.- Euro monatlich verdient haben).

4. Der Beigeladene zu 2, D.:

Der Beigeladene zu 2 war als Ingenieur ab Februar 2007 für die Klägerin tätig. Gemäß Vertrag vom 26.02.2007 war er für die Abwicklung von Straßen- und Ingenieurbauprojekten zuständig und erhielt ein Honorar von 12.000.- Euro vierteljährlich, bei einem Aufwand von 445 Stunden im Vierteljahr. Der Beigeladene zu 2 gab an, dass ihm die Betriebsausstattung zur Erledigung seiner Aufträge zur Verfügung steht, er muss keine Werbung machen, da ihm Folgeaufträge unter anderem wegen termingerechter Auftragsausführung erteilt werden. Als freier Mitarbeiter habe er lediglich das Endergebnis präsentiert. Seit 01.01.2010 sei er angestellt und müsse nun auch Zwischenschritte der Planung mit der Klägerin absprechen.

Auch hier entspricht die Vergütung der eines Angestellten bei der Klägerin. Der Beigeladene zu 2 trägt kein Unternehmerrisiko, da nach Stunden bezahlt wird und ein Aufwandvolumen von 445 Stunden vierteljährlich für die Klägerin zur Verfügung zu stellen hat. Der Beigeladene zu 2 ist als Diplom- Ingenieur bei den zu erledigenden Aufträgen in den Betriebsablauf der Klägerin eingebunden und hatte die notwendigen Abstimmungen durchzuführen (§ 2 des Vertrages). Das Gericht kommt daher insgesamt zum Ergebnis, dass der Beigeladene zu 2 bei der Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum abhängig beschäftigt war.

5. Beigeladener zu 5, G.:

Der Beigeladene zu 5 war im Zeitraum Juni bis Dezember 2007 für die Klägerin tätig. Das Aufgabengebiet umfasste die Abwicklung von Straßen- und Ingenieurbauprojekten, wobei ein Honorar von 12.000.- Euro vierteljährlich bei einem Aufwand von 445 Stunden vierteljährlich vereinbart war (vgl. Vertrag vom 11.05.2007). Der Beigeladene zu 5 hat in dieser Zeit auch im Büro der Klägerin gearbeitet und z.B. einen Plotter benutzt, wobei dessen Benutzung im Preis mit inbegriffen war. Das Honorar von 12.000.- Euro im Vierteljahr entspricht dem eines Angestellten bei der Klägerin. Aufgrund des vereinbarten Honorars trug der Beigeladene zu 5 kein Unternehmerrisiko, da er für einen Aufwand von 445 Stunden pro Vierteljahr mit 12.000.- Euro vergütet wurde. Da auch eine Eingliederung in den Betriebsablauf bei der Klägerin vorlag und Abstimmungen im Büro der Klägerin - der Beigeladene hatte dort einen eigenen Arbeitsplatz zur freien Verfügung - durchzuführen waren, gelangt das Gericht zu der Auffassung, dass der Beigeladene zu 5 als abhängig Beschäftigter für die Klägerin tätig war.

Inwieweit sich nach dem 31.12.2010 Änderungen im Tätigkeitsbereich und dem Status insbesondere des Beigeladenen zu 3 ergeben haben, war nicht zu prüfen, da Klagegegenstand lediglich die Betriebsprüfung für den Zeitraum 01.01.2007 bis 31.12.2010 war.

Damit waren die Klageanträge in Ziffer 1 und 2, soweit sie über das Teilanerkenntnis der Beklagten hinausgehen, abzuweisen.

Der Klageantrag 3 hat sich erledigt, nachdem die Einzugsstelle die Vollziehung bis zum Abschluss des Klageverfahrens ausgesetzt hat.

Dem hilfsweise gestellten Klageantrag 4 hat die Beklagte mit Teilanerkenntnis Rechnung getragen insoweit als keine Nettolohnvereinbarung unterstellt wird und Säumniszuschläge nicht erhoben werden.

Die Klage war daher - soweit sie über das Teilanerkenntnis der Beklagten hinausging - abzuweisen.

Die Kostenfolge ergibt sich aus §§ 197 a, 193 SGG. Danach waren entsprechend dem Klageerfolg die Kosten aufzuteilen.

Der Streitwert orientiert sich am streitgegenständlichen Nachforderungsbetrag.

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(1) Arbeitsentgelt sind alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus de

(1) Die Klage ist binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts zu erheben. Die Frist beträgt bei Bekanntgabe im Ausland drei Monate. Bei einer öffentlichen Bekanntgabe nach § 85 Abs. 4 beträgt die Frist ein Jahr. Die Frist beginnt mit dem
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(1) Arbeitsentgelt sind alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus de

(1) Die Klage ist binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts zu erheben. Die Frist beträgt bei Bekanntgabe im Ausland drei Monate. Bei einer öffentlichen Bekanntgabe nach § 85 Abs. 4 beträgt die Frist ein Jahr. Die Frist beginnt mit dem
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published on 26/07/2016 00:00

Tenor Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 13.11.2013 wird zurückgewiesen.Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Tatbestand   1 Streitig ist, ob der Kläger bei der
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(1) Arbeitsentgelt sind alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Arbeitsentgelt sind auch Entgeltteile, die durch Entgeltumwandlung nach § 1 Absatz 2 Nummer 3 des Betriebsrentengesetzes für betriebliche Altersversorgung in den Durchführungswegen Direktzusage oder Unterstützungskasse verwendet werden, soweit sie 4 vom Hundert der jährlichen Beitragsbemessungsgrenze der allgemeinen Rentenversicherung übersteigen.

(2) Ist ein Nettoarbeitsentgelt vereinbart, gelten als Arbeitsentgelt die Einnahmen des Beschäftigten einschließlich der darauf entfallenden Steuern und der seinem gesetzlichen Anteil entsprechenden Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung. Sind bei illegalen Beschäftigungsverhältnissen Steuern und Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung nicht gezahlt worden, gilt ein Nettoarbeitsentgelt als vereinbart.

(3) Wird ein Haushaltsscheck (§ 28a Absatz 7) verwendet, bleiben Zuwendungen unberücksichtigt, die nicht in Geld gewährt worden sind.

(1) Für Beiträge und Beitragsvorschüsse, die der Zahlungspflichtige nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt hat, ist für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von 1 Prozent des rückständigen, auf 50 Euro nach unten abgerundeten Betrages zu zahlen. Eine jeweils gesonderte Abrundung rückständiger Beiträge und Beitragsvorschüsse unterschiedlicher Fälligkeit ohne vorherige Addition ist zulässig. Bei einem rückständigen Betrag unter 150 Euro ist der Säumniszuschlag nicht zu erheben, wenn dieser gesondert anzufordern wäre. Für die Erhebung von Säumniszuschlägen in der gesetzlichen Unfallversicherung gilt § 169 des Siebten Buches.

(1a) (weggefallen)

(2) Wird eine Beitragsforderung durch Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit festgestellt, ist ein darauf entfallender Säumniszuschlag nicht zu erheben, soweit der Beitragsschuldner glaubhaft macht, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte.

(3) Hat der Zahlungspflichtige ein Lastschriftmandat zum Einzug der Beiträge erteilt, so sind Säumniszuschläge zu erheben, wenn der Beitragseinzug aus Gründen, die vom Zahlungspflichtigen zu vertreten sind, nicht ausgeführt werden kann oder zurückgerufen wird. Zusätzlich zum Säumniszuschlag soll der Gläubiger vom Zahlungspflichtigen den Ersatz der von einem Geldinstitut erhobenen Entgelte für Rücklastschriften verlangen; dieser Kostenersatz ist wie die Gebühren, die im Zusammenhang mit der Durchsetzung von Beitragsansprüchen erhoben werden, zu behandeln.

Die Klage ist bei dem zuständigen Gericht der Sozialgerichtsbarkeit schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu erheben.

(1) Die Klage ist binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts zu erheben. Die Frist beträgt bei Bekanntgabe im Ausland drei Monate. Bei einer öffentlichen Bekanntgabe nach § 85 Abs. 4 beträgt die Frist ein Jahr. Die Frist beginnt mit dem Tag zu laufen, an dem seit dem Tag der letzten Veröffentlichung zwei Wochen verstrichen sind.

(2) Hat ein Vorverfahren stattgefunden, so beginnt die Frist mit der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids.

(1) Arbeitsentgelt sind alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Arbeitsentgelt sind auch Entgeltteile, die durch Entgeltumwandlung nach § 1 Absatz 2 Nummer 3 des Betriebsrentengesetzes für betriebliche Altersversorgung in den Durchführungswegen Direktzusage oder Unterstützungskasse verwendet werden, soweit sie 4 vom Hundert der jährlichen Beitragsbemessungsgrenze der allgemeinen Rentenversicherung übersteigen.

(2) Ist ein Nettoarbeitsentgelt vereinbart, gelten als Arbeitsentgelt die Einnahmen des Beschäftigten einschließlich der darauf entfallenden Steuern und der seinem gesetzlichen Anteil entsprechenden Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung. Sind bei illegalen Beschäftigungsverhältnissen Steuern und Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung nicht gezahlt worden, gilt ein Nettoarbeitsentgelt als vereinbart.

(3) Wird ein Haushaltsscheck (§ 28a Absatz 7) verwendet, bleiben Zuwendungen unberücksichtigt, die nicht in Geld gewährt worden sind.