Sozialgericht München Endurteil, 24. Jan. 2018 - S 38 KA 971/16

published on 24/01/2018 00:00
Sozialgericht München Endurteil, 24. Jan. 2018 - S 38 KA 971/16
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Tenor

I. Der Bescheid des Beklagten vom 10.11.2016 ( Az.) wird insoweit aufgehoben, als Herr Dr. C. zur vertragsärztlichen Tätigkeit zugelassen und der Widerspruch des Klägers zurückgewiesen worden ist.

II. Der Beklagte wird verurteilt, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

III. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

Die Klage richtet sich gegen den Beschluss des Berufungsausschusses vom 06.10.2016 nach Entsperrung für einen Vertragsarztsitz (Radiologie) durch den Landesausschuss (Beschluss vom 10.06.2013). Der Beigeladene zu 8 wurde als für den Vertragsarztsitz in C-Stadt, Planungsbereich Raumordnungsregion Oberland zur vertragsärztlichen Tätigkeit zugelassen (Bedarfsplanungsfaktor 1,0). Dagegen wurden die Anträge der übrigen Bewerber, MVZ E-Stadt, Dr. F. (C-Stadt) und der des Klägers (G-Stadt)) zurückgewiesen.

Vorausgegangen waren der Beschluss des Zulassungsausschusses vom 23.10.2013 (Beschluss zu Gunsten des Bewerbers Dr. C.= Beigeladener zu 8.). Dem folgte der Antrag des Beigeladenen zu 8 auf Sofortvollzug, der mit Beschluss des Sozialgerichts München vom 10.03.2014 (Aktenzeichen S 38 KA 130/14 ER) abgelehnt wurde. Mit Beschluss des Beklagten vom 26.06.2014 hob dieser die Entscheidung des Zulassungsausschusses vom 23.10.2013 auf und ließ den Bewerber Dr. F. zur vertragsärztlichen Tätigkeit zu. Die Anträge der übrigen Bewerber wurden abgelehnt, weshalb diese Klagen zum Sozialgericht München einlegten. Hierüber wurde mit Urteilen vom 27.04.2016 (Az. S 38 KA 1388/14, S 38 KA 1381/14 und S 38 KA 1377/14) entschieden. Im Ergebnis vertrat das Sozialgericht München die Auffassung, die Auswahlentscheidung sei insgesamt neu zu treffen. In dem nachfolgenden, nunmehr angefochtenen Beschluss des Beklagten vom 06.10.2016 kam dieser zur Auffassung, die berufliche Eignung, das Approbationsalter und die Dauer der ärztlichen Tätigkeit sei bei allen Bewerbern gleichermaßen zu bewerten. Der Gesichtspunkt der Versorgungskontinuität spreche für Frau Dr. H. (MVZ E-Stadt) und Herrn Dr. F. (C-Stadt). Maßgeblich komme es aber unter dem Gesichtspunkt einer gleichmäßigen Versorgung der Patienten auf den Standort an. Hier sei festzustellen, dass der Standort G-Stadt am schlechtesten erreichbar sei und nur für eine geringe Anzahl von Patienten eine Verbesserung darstelle. Insgesamt sei daher der Standort G-Stadt nicht geeignet. Der Beigeladene zu 8 (Standort C-Stadt) habe glaubhaft versichert, es gebe eine Vielzahl von Anrufen von Patienten, die an ihn herangetreten seien und bei denen Kassenkostenerstattung bei den Krankenkassen beantragt worden sei. Andererseits spreche für den Kläger der Gesichtspunkt der Behandlung von am T-See ansässigen Patienten zur Abklärung. Der Kläger sei programmverantwortlicher Arzt (PVA) für die Screening-Einheit J. Diesem Gesichtspunkt der Verbesserung der Versorgung stünden Erreichbarkeitsdefizite für Patienten aus dem Norden der Screening-Einheit gegenüber. Insgesamt sei am ehesten von einem Bedarf im Landkreis K-Stadt auszugehen. Hinzu komme auch die gute verkehrsmäßige Anbindung. Der Beigeladene zu 8 sei deshalb der geeignetste Bewerber.

Mit Beschluss vom 13.03.2017 (Az. S 38 KA 47/17 ER) wurde der Antrag des Beigeladenen zu 8 auf Anordnung der sofortigen Vollziehung abgelehnt. Die dagegen eingelegte Beschwerde zum Bayerischen Landessozialgericht (Az.) wurde zurückgewiesen. Das Bayerische Landessozialgericht hob hervor, wesentlicher Gesichtspunkt bei der Auswahlentscheidung sei die Standortfrage. Ferner wurde zur Aussage des Beklagten, am Standort C-Stadt gebe es eine Vielzahl von Anrufen von Patienten, die darauf verweisen wurden, dass ein zeitnaher Termin für radiologische Leistungen im ambulanten Bereich nicht verfügbar sei und insoweit auf Kostenerstattungen verwiesen würden, angemerkt, es sei als offen zu bezeichnen, ob eine derartige Aussage ohne weiteren Beleg maßgeblich für die Beurteilung der Standortfrage sein könne. Zum Kriterium „PVA“ bei dem Kläger als maßgeblich für die Auswahlentscheidung wurde ausgeführt, auch dies sei zumindest als offen zu bezeichnen.

In der Klagebegründung vom 17.03.2017 und weiteren Schriftsätzen bemängelte der Prozessbevollmächtigte des Klägers die seines Erachtens nicht ausreichende Sachverhaltsaufklärung. So seien die Anzahl der Kostenerstattungsfälle in C-Stadt und die dort bestehenden Wartezeiten nicht festgestellt worden. Ferner sei für die Bedarfsdeckung in C-Stadt die Filialpraxis in K-Stadt zu berücksichtigen. Dort gebe es massive tatsächlich und real vorhandene Kapazitäten mit 2.500 Fällen/Quartal. Mit der Filiale seien auch Mehrbehandlungen ohne weiteres möglich. Für den Standort G-Stadt spreche, dass die Region westlich und südlich des T-Sees radiologisch bisher nicht erschlossen sei. Bestehende Praxen seien vergleichsweise nur schlecht erreichbar. Zu berücksichtigen sei ferner, dass es am T-See viele Inhaber von Zweitwohnsitzen und Tagestouristen gebe. Insofern sei auch der Tourismusaspekt am T-See zu berücksichtigen. Was den Tourismus im Landkreis K-Stadt betreffe, handle es sich zwar auch um eine Tourismusregion, jedoch sei nicht auf den Landkreis K-Stadt, sondern auf C-Stadt abzustellen. Das Einzugsgebiet von I-Stadt sei wesentlich größer, was Gästeankünfte und Übernachtungen betreffe. Aufgrund der Feststellungen zum Tourismusschwerpunkt im Landkreis L-Stadt spreche die sogenannte „exzentrische“ Lage von I-Stadt gerade für diesen Praxisstandort. Auch sei das von ihm angebotene Mammographie-Screening zu berücksichtigen. Denn es sei von einer deutlichen Verbesserung des Mammographie-Screenings im Landkreis L-Stadt auszugehen. Es handle sich um ein Alleinstellungsmerkmal. Für die Patientinnen sei es sehr beschwerlich und unzumutbar, zur Abklärungsdiagnostik die Praxen in M-Stadt und N-Stadt aufzusuchen. O-Stadt sei gerade kein Abklärungsstandort, weil die in §§ 22 Abs. 5, 31 Abs. 2 der Anlage 9.2 zum Bundesmantelvertrag genannten besonderen Voraussetzungen für einen Abklärungsstandort dort nicht gegeben seien. In diesem Zusammenhang sei darauf hinzuweisen, dass das Fraunhofer-Institut dringend die Einrichtung eines Abklärungsstandortes im Landkreis L-Stadt empfohlen habe. Anders als vom Berufungsausschuss befürchtet, seien durch die Tätigkeit des Klägers in G-Stadt für andere Patientinnen keine Erreichbarkeitsdefizite zu erkennen. Denn es gebe, wie bereits mitgeteilt, einen zweiten „PVA“, nämlich in der Person von Dr. P.

In seiner Klageerwiderung und den nachfolgenden Äußerungen ging der Beklagte zunächst auf den Gesichtspunkt „Tourismus“ ein. Dabei wurde die Auffassung vertreten, in K-Stadt gebe es mehr Übernachtungsgäste und auch mehr Tagesgäste. Auch sei die Sachaufklärung im Zusammenhang mit der Einlassung des Beigeladenen zu 8. nicht zu beanstanden. Im Landkreis L-Stadt seien zwei Radiologen mit jeweils einem vollen Vertragsarztsitz niedergelassen. Die Praxis in Q-Stadt sei verkehrsmäßig in der Mitte des relevanten Verkehrsnetzes verortet. Nach Auffassung des Beklagten (Schreiben vom 07.10.2017) spreche für den Kläger zwar dessen besondere Qualifikation auf dem Gebiet der Mammographie-Untersuchungen. Bei 6.000 Screening-Untersuchungen pro Zeiteinheit und 3-8% für ein nachlaufendes Gespräch sei von einer Patientenzahl von 180-480 auszugehen. Auch nach dem Vortrag des Klägers gebe es lediglich 400 anreisende Versicherte jährlich aus dem Landkreis L-Stadt zur Abklärungsdiagnostik. Diesen Patienten werde ein erheblicher Reiseaufwand zugemutet. Es handle sich aber um eine relativ geringe Patientenzahl, so dass dem keine streitentscheidende Bedeutung beizumessen sei. Der Kläger müsse zumindest konkretisieren, ob der Standort M-Stadt oder N-Stadt von den Patienten wahrgenommen werde und ob es wegen der erforderlichen Anreise zu Vorbehalten gegenüber dem Screening-Programm gekommen sei. Diesbezüglich fehle jeglicher Vortrag.

Nach Darstellung des Beklagten (Schreiben vom 20.11.2017) sind im Quartal 1/2017 in der Filialpraxis in K-Stadt 2.287 Fälle behandelt worden, bei denen „umschichtig/parallel“ neun Radiologen tätig gewesen seien. Dies sei bei der Bedarfsplanung zu berücksichtigen (vgl. BSG, Urteil vom 08.10.2010, Az. B 6 KA 36/09 R). Im Schriftsatz vom 28.12.2017 bezeichnete der Berufungsausschuss die Tätigkeit der Münchner Radiologen als „elastisch-nachfragebezogen“, die den erheblichen Arbeitsanfall in der Filiale praktisch zu bewältigen sich in der Lage gesehen hätten. Angemerkt wurde ferner, die Erwägung „Bedarf in C-Stadt “ gerade wegen Patienten mit anschließenden Kostenerstattungsverfahren bei deren „eigenen“ gesetzlichen Krankenkassen“ habe sich angesichts der sich laufend weiter entwickelten Faktenlage als wenig tragfähig erwiesen. Die Krankenkassen hätten hierzu überhaupt nichts bestätigt. Dies spreche wortlos für sich, allerdings nicht für den Beigeladenen.

Für den Prozessbevollmächtigten des Beigeladenen zu 8 ist die räumliche Wahl des Vertragsarztsitzes im Hinblick auf das Kriterium der bestmöglichen Versorgung der Patienten von wesentlicher Bedeutung. Zum Standort C-Stadt wurde ausgeführt, der Landkreis K-Stadt sei insgesamt homogen, die Entfernung zwischen C-Stadt und K-Stadt betrage zwar nur 24,6 km, jedoch sei je nach Verkehrssituation die Fahrtzeit unverhältnismäßig lange, teilweise 2 Stunden. Dagegen sei die radiologische Versorgung in den Gemeinden im T-Seer Tal ausgezeichnet; und dies ohne Staufallen. So betrage die Fahrtstrecke von R-Stadt nach Q-Stadt nur 8,6 km. Die radiologischen Praxen seinen ohne weiteres mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar. Hinzuweisen sei ferner auf einen signifikant erhöhten Anteil an alten Patienten in K-Stadt mit einer höheren Nachfrage nach radiologischen Leistungen (Positionspapier „Lokale Entwicklungsstrategie Landkreis K-Stadt 2020 für Leader 2014-2020). Außerdem sei die Standortfrage durch den Beklagten ausreichend geprüft worden. Der Landkreis L-Stadt sei mit radiologischen Praxen gut ausgestattet. Nach Auffassung des Prozessbevollmächtigten des Beigeladenen zu 8 komme der PVA-Eigenschaft des Klägers keine entscheidungserhebliche Bedeutung zu. Im Übrigen versorge der Kläger Patientinnen über eine Kooperationseinheit mit den Radiologen Professor Dr. T. u.a. in O-Stadt. Fraglich sei außerdem, ob die Reduzierung der Tätigkeit als ärztlicher Leiter im MVZ M-Stadt auf 10 Stunden/Woche dem Kläger erlaube, ortsfern eine Praxis zu führen. Im Übrigen sei der Kläger seit 19.05.2017 Honorarkonsul der Republik U. mit Sitz in B-Stadt. Zudem sei darauf hinzuweisen, dass die gerichtliche Überprüfung darauf beschränkt sei, ob der Beklagte sein Ermessen fehlerhaft ausgeübt habe und der Kläger durch den Ermessensfehler beschwert sei (BSG, Urteil vom 20.03.2013, Az. B 6 KA 19/12 R).

In der mündlichen Verhandlung am 24.01.2018 stellte der Prozessbevollmächtigte des Klägers den Antrag aus dem Schriftsatz vom 17.03.2017.

Der Vertreter des Beklagten beantragte, die Klage abzuweisen.

Der Vertreter des Beigeladenen zu 8 stellte den Antrag aus dem Schriftsatz vom 09.05.2017.

Die Vertreterin der Beigeladenen zu 1 stellte keinen Antrag.

Beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung war die Beklagtenakte, die Klageakten aus den Verfahren unter den Az. S 38 KA 1388/14, S 38 KA 1381/14 und S 38 KA 1377/14 sowie die Antragsakte aus dem Verfahren unter dem Az. S 38 KA 47/17 ER. Im Übrigen wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 24.01.2018 verwiesen.

Gründe

Die zum Sozialgericht München eingelegte Klage ist zulässig und erweist sich auch als begründet. Die Entscheidung des Berufungsausschusses (Sitzung vom 06.10.2016) ist als rechtswidrig anzusehen und verletzt den Kläger in seinen Rechten.

Gegenstand des Verfahrens ist nicht die Frage der Nachbesetzung eines frei gewordenen Vertragsarztsitzes in einem überversorgten, gesperrten Gebiet nach § 103 Abs. 4 SGB V, sondern die Besetzung eines freien Vertragsarztsitzes nach Teilentsperrung durch den Landesausschuss im Rahmen einer Auswahlentscheidung unter mehreren Bewerbern (Kläger und Beigeladener zu 8). Nachdem den Zulassungsgremien ein Entscheidungsspielraum eröffnet ist, ist die gerichtliche Rechtskontrolle beschränkt (vgl. BSG, Urteil vom 20.03.2013; Az. B 6 KA 19/12 R; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 20.07.2007, Az. L 5 KA 3384/06 ER-B). Konkret reduziert sich die gerichtliche Überprüfung darauf, ob die Behörde von einem vollständigen und richtigen Sachverhalt ausgegangen ist, die rechtlichen Grenzen ihres Ermessensspielraums eingehalten wurden und von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat. „Eine danach rechtsfehlerfreie Auswahlentscheidung muss das Gericht hinnehmen; es ist nicht befugt, an Stelle der Zulassungsinstanzen eine eigene Auswahlentscheidung zu treffen.“

Rechtsgrundlage für die Auswahlentscheidung des Beklagten ist § 26 Abs. 4 Nr. 3 Bedarfsplanungsrichtlinie, nicht aber § 103 Abs. 4 S. 5 SGB V, da diese Vorschrift nur bei einer Auswahlentscheidung zur Praxisnachbesetzung in überversorgten, gesperrten Gebieten gilt (vgl. SG Nürnberg, Urteil vom 25.01.2017, Az. S 1 KA 4/16). Die in § 26 Abs. 4 Nr. 3 Bedarfsplanungsrichtlinie genannten Auswahlkriterien sind ebenfalls wie die in § 103 Abs. 4 S. 5 SGB V genannten nicht abschließend, zumal den Zulassungsgremien ein pflichtgemäßes Ermessen eingeräumt ist (vgl. BSG, Urteil vom 20.03.2013, Az. B 6 KA 19/12 R). Auswahlkriterien sind die berufliche Eignung, die Dauer der bisherigen ärztlichen Tätigkeit, das Approbationsalter, die Dauer der Eintragung in die Warteliste gem. § 103 Abs. 5 S. 1 SGB V, die bestmögliche Versorgung der Versicherten im Hinblick auf die räumliche Wahl des Vertragsarztsitzes und die Entscheidung nach Versorgungsgesichtspunkten (siehe z.B. Fachgebietsschwerpunkt, Barrierefreiheit, Feststellungen nach § 35).

Der Beklagte hat, wie bereits vom Bayerischen Landessozialgericht in seiner Beschwerdeentscheidung vom 2. November 2017 (Az.) angedeutet, den Sachverhalt nicht ausreichend ermittelt, was sich zwangsläufig auf die Auswahlentscheidung auswirken musste.

Nach Entsperrung durch den Landesausschuss war vom Beklagten zunächst über die Anträge von vier Bewerbern für den freigewordenen Vertragsarztsitz im Bereich „Radiologie“ (e i n voller Versorgungsauftrag) zu entscheiden. In der erneuten Entscheidung des Berufungsausschusses nach den rechtskräftigen Urteilen des Sozialgerichts München vom 27.04.2016 (Az. S 38 KA 1377/14, S 38 KA 1388/14 und S 38 KA 1381/14) hatte sich der Berufungsausschuss erneut mit dem Widersprüchen der Bewerber zu befassen. Von den drei abgelehnten Bewerbern hat lediglich der Kläger Klage zum Sozialgericht München einlegen lassen. Somit reduziert sich im streitgegenständlichen Verfahren die zu überprüfende Auswahlentscheidung auf die Frage, ob dem Kläger der Vertragsarztsitz zuzusprechen ist oder dem Beigeladenen zu 8.

Wie das Bayerische Landessozialgericht in seinem Beschluss vom 2. November 2017 (Az.) im Zusammenhang mit dem Antrag des Beigeladenen zu 8 auf Anordnung des Sofortvollzugs ausgeführt hat, mit dem die vorausgegangene Entscheidung des Sozialgerichts München vom 13.03.2017 (Az. S 38 KA 47/17 ER) bestätigt wurde, konnte eine offensichtliche Rechtmäßigkeit, aber auch eine offensichtliche Rechtswidrigkeit der Entscheidung des Berufungsausschusses jedenfalls im summarischen Verfahrens nicht festgestellt werden. Es wurde die Auffassung vertreten, der Ausgang des Hauptsacheverfahrens sei offen, weshalb der Antrag auf Anordnung des Sofortvollzugs abzulehnen sei. Allerdings hat das Bayerische Landessozialgericht verschiedene Punkte angesprochen, die seines Erachtens auch für den Ausgang des Hauptsacheverfahrens von Bedeutung sein könnten. Das Gericht hat hervorgehoben, wesentlicher Gesichtspunkt der Auswahlentscheidung sei zunächst die Standortfrage. In dem Zusammenhang wurde ausgeführt, es sei zumindest als offen zu bezeichnen, ob die Aussage des Beklagten, am Standort C-Stadt gebe es eine Vielzahl von Anrufen von Patienten, die darauf hinweisen würden, dass ein zeitnaher Termin für radiologische Leistungen im ambulanten Bereich nicht verfügbar sei und insoweit die Patienten auf Kostenerstattungen verwiesen würden, ohne weiteren Beleg maßgeblich für die Beurteilung der Standortfrage sein könne. Ferner hat es die Meinung vertreten, eine hypothetisch mögliche Bedarfsdeckung durch Ermächtigungen sei nicht in die Auswahlentscheidung einzubeziehen. Auch sei es für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des streitgegenständlichen Bescheides vom 06.10.2016 unmaßgeblich, dass später eine Teil-Entsperrung in Höhe von 0,5 mit der Folge der Zulassung des Dr. S. in Q-Stadt stattfand. Dagegen sei es zumindest offen, das Alleinstellungsmerkmal „PVA“ des Beigeladenen im Beschwerdeverfahren, hier des Klägers nochmals als maßgeblich für die Auswahlentscheidung „hervorzuheben“. Zudem werde im Hauptsacheverfahren zu klären sein, ob - unabhängig von Haftungsfragen - eine Tätigkeit des Beschwerdeführers, hier des Beigeladenen zu 8 im Umfang von 15 Wochenstunden in der BG Unfallklinik C-Stadt einer Vollzulassung entgegenstehe, zumal das SG selbst nur einen Tätigkeitsumfang von maximal 13 Wochenstunden neben einer Vollzulassung für zulässig angesehen habe.

Auch das Sozialgericht München sieht in der Standortfrage ein wesentliches Kriterium für die zu treffende Auswahlentscheidung. Es geht um die Standorte C-Stadt (Standort des Beigeladenen zu 8) und G-Stadt (Standort des Klägers). Nach § 13 Abs. 1 Nr. 4 Bedarfsplanungs-Richtlinie gehört die Arztgruppe der Radiologen zur spezialisierten fachärztlichen Versorgung. Planungsbereich ist nach § 13 Abs. 3 Bedarfsplanungs-Richtlinie die Raumordnungsregion in der Zuordnung des Bundesinstituts für Bau-, Stadt-und Raumforschung. Expressis verbis ist zwar eine flächendeckende und wohnortnahe Versorgung für den Bereich Radiologie nicht vorgesehen. In § 26 Abs. 4 Nr. 3 sechster Spiegelstrich Bedarfsplanungs-Richtlinie wird jedoch als eines der Auswahlkriterien, die auch für die spezialisierte fachärztliche Versorgung gelten, die „bestmögliche Versorgung der Versicherten“ genannt. Aus der Formulierung „bestmögliche Versorgung der Versicherten“ in § 26 Abs. 4 Nr. 3 sechster Spiegelstrich Bedarfs-Planungsrichtlinie ergibt sich, dass auch für die spezialisierte fachärztliche Versorgung trotz der Großräumigkeit des Planungsbereichs (§ 13 Abs. 1 Nr. 4 Bedarfsplanungs-Richtlinie = Raumordnungsregion) zumindest indirekt eine möglichst flächendeckende und wohnortnahe Versorgung bei gleichmäßiger Verteilung der Vertragsarztsitze anzustreben ist (vgl. SG Marburg, Urteil vom 16.03.2016, Az. S 12 KA 170/15).

Somit ist auch bei einer solchen Auswahlentscheidung ein Bedarf seitens der Zulassungsgremien zu ermitteln; d.h. die regionalen Besonderheiten und Gegebenheiten, insbesondere der Bedarf im Einzugsbereich der avisierten Praxisstandorte, Struktur, Zuschnitt, Lage, Infrastruktur, geographische Besonderheiten und Verkehrsanbindung der avisierten Praxisstandorte, bereits vorhandene Vertragsarztsitze mit ihren Standorten, aber auch etwaige Standorte von Filialpraxen. Zwar ist hier nach Auffassung des Gerichts keine so exakte Bedarfsprüfung wie beispielsweise bei einer Sonderbedarfszulassung nach §§ 36, 27 Bedarfsplanungsrichtlinie durch Befragung von Ärzten und Objektivierung der subjektiven Angaben zwingend erforderlich. Es genügt vielmehr eine allgemeine, jedoch nachvollziehbare Einschätzung des Bedarfs an radiologischen Leistungen, verbunden mit einer Gegenüberstellung des Bedarfs an den einzelnen avisierten Standorten. Dies ist bislang durch die Zulassungsgremien noch nicht ausreichend geschehen und wird deshalb nachzuholen sein.

Der avisierte Standort des Klägers (G-Stadt im Landkreis L-Stadt) ist davon geprägt, dass im Hinblick auf die Grenzlage zu Österreich zumindest nach einer Seite hin das Hinterland fehlt und insofern der Standort als „exzentrisch“ anzusehen ist, was die Klägerseite als Kriterium ansieht, das gerade für den klägerischen Standort spreche. Grds. sind „exzentrische Lagen“ nicht als geeignete Standorte für einen Vertragsarztsitz anzusehen. Nur ausnahmsweise können diese im Rahmen eines lokalen Sonderbedarfs nach § 36 Bedarfsplanungs-Richtlinie Berücksichtigung finden. Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor. Vielmehr ist bei einer Auswahlentscheidung zwischen mehreren Bewerbern nach Teilentsperrung für ein Fachgebiet, dessen Planungsbereich die Raumordnungsregion ist, auf die gleichmäßige Verteilung der Vertragsarztsitze zu achten, wie sich auch aus § 26 Abs. 4 Nr. 3 sechster Spiegelstrich Bedarfsplanungs-Richtlinie ableiten lässt. Die Geltung einer wohnortnahen und flächendeckenden Versorgung führt nicht dazu, dass „exzentrische“ Lagen besonders berücksichtigt werden müssten. Denn eine „exzentrische Lage“ eines Vertragsarztsitzes wäre kaum zu vereinbaren mit der gleichmäßigen Verteilung der Vertragsarztsitze in einem großräumigen Planungsbereich, auf den für die spezielle fachärztliche Versorgung abzustellen ist. Insofern kann dem Kläger aus der „exzentrischen Lage“ des von ihm gewählten Praxisstandortes in G-Stadt kein Vorteil gegenüber anderen Bewerbern, die einen weniger „exzentrischen Standort“ als Praxisstandort anstreben, erwachsen.

Dagegen ist der vom Beigeladenen zu 8 avisierten Standort C-Stadt nach allen Himmelsrichtungen offen, wenn man von dem noch bestehenden „Nadelöhr“ in V-Stadt/W-Stadt absieht, und deshalb grundsätzlich günstiger zu beurteilen. Der Bedarf an radiologischen Leistungen ergibt sich zunächst aus der Zahl der einheimischen Bevölkerung (mit 86.588 Einwohnern im Landkreis K-Stadt und mit 95.971 Einwohnern im Landkreis L-Stadt). Dabei stellt sich nach den Statistiken des Bayerischen Landesamtes die demographische Lage im Landkreis K-Stadt in der Tat ungünstiger dar als im Landkreis L-Stadt (K-Stadt: 28,1% der Einwohner älter als 65 Jahre; L-Stadt: 22,5% der Einwohner älter als 65 Jahre; beides Stand 31.12.2016), woraus sich eine größere Nachfrage nach radiologischen Leistungen ergeben könnte. Andererseits sind die Bevölkerungszahlen nicht identisch (ca. 10.000 Einwohner weniger im Landkreis K-Stadt), so dass damit die demographischen Unterschiede keine entscheidungserhebliche Rolle spielen dürften. Hinzu kommt aber in Tourismusgebieten, zu denen beide Standorte gehören, auch der Umfang des Tourismusaufkommens, insbesondere Zahl der Übernachtungen, da Tagestouristen, abgesehen von Notfällen keine Nachfrage nach radiologischen Leistungen auslösen dürften. Zwar dürfte das Tourismusaufkommen im Landkreis K-Stadt insgesamt höher sein, als im Landkreis L-Stadt. Dabei wäre es durchaus sachgemäß, nicht auf den Landkreis K-Stadt insgesamt, sondern auf das gesamte Tourismusaufkommen in C-Stadt und Umgebung abzustellen, zumal die Entfernung von über 20 km zwischen C-Stadt und K-Stadt, deren regionale Unterschiede und die bekannte Engstelle in V-Stadt/W-Stadt nach Autobahnende dazu beitragen, dass de facto von zwei Tourismuszentren mit unterschiedlicher Frequenz gesprochen werden kann. Was den Standort G-Stadt betrifft, wäre es zumindest ebenfalls nicht inkonsequent, auch hier nicht das Tourismusaufkommen im Landkreis L-Stadt zur Gänze einzubeziehen, sondern im Hinblick auf die regionalen Gegebenheiten ausschließlich den Fremdenverkehr in den Gemeinden rund um den T-See zu berücksichtigen. Der Umstand, dass sich beide avisierte Standorte in Tourismusgebieten befinden, ist vom Beklagten ebenfalls noch nicht ausreichend gewürdigt worden.

Für die Standortfrage mitentscheidend ist schließlich der Aspekt der bereits vorhandenen radiologischen Versorgung und deren Lage zu den avisierten Standorten C-Stadt und G-Stadt. Hier ist zunächst festzustellen, dass in beiden Landkreisen eine radiologische Versorgung besteht. Im Landkreis L-Stadt sind zwei Radiologen mit jeweils vollen Versorgungsaufträgen vertragsärztlich zugelassen. Im Landkreis K-Stadt existiert eine Filialpraxis einer Münchner Praxis. Im angefochtenen Bescheid des Beklagten wird die Auffassung vertreten, nachdem im gesamten Landkreis K-Stadt eine Filiale in K-Stadt mit einer angestellten Radiologin (Anrechnungsfaktor 1,0) betrieben werde, sehe der Berufungsausschuss für einen weiteren Vertragsarztsitz im Landkreis K-Stadt eher einen Bedarf als für einen weiteren Vertragsarztsitz im Landkreis L-Stadt, die mit Radiologen gut versorgt sei. Entgegen der Darstellung des Beklagten, die wohl auf die Informationen der Beigeladenen zu 1 zurückgeht, handelt es sich aber nicht lediglich um eine dort vollzeitig tätige angestellte Ärztin und gelegentlich dorthin kommende Berufsträgern vom Hauptstandort B-Stadt. Denn aus der Abrechnung für das Quartal 1/2017, die in anderem Zusammenhang vorgelegt wurde, ergibt sich, dass von der Münchner BAG, bestehend aus 12 Radiologen, „umschichtig/parallel 9 Radiologen“ tätig gewesen sind. Der Beklagte selbst spricht von einer „elastisch-nachfragebezogen“ Tätigkeit der in der Filialpraxis tätigen Radiologen. Damit war es möglich, beispielsweise im Quartal 1/2017 2.287 Fälle zu behandeln bzw. zu untersuchen. Dadurch wird eine gewisse Flexibilität deutlich, die allerdings limitiert ist durch die apparative Ausstattung (einfaches Vorhandensein von MRT und CT in der Filialpraxis) und auch personell (zusätzliche Tätigkeiten der BAG-Mitglieder im Rotkreuzklinikum B-Stadt und Krankenhaus Martha-Maria München). Die hohe Anzahl an Fällen entspricht in etwa der von zwei durchschnittlichen radiologischen Vertragsarztsitzen, so dass zwischen den Standorten, was die Zahl der faktisch zur Verfügung stehenden Ärzte betrifft, kaum Unterschiede erkennbar sind.

In dem Zusammenhang wäre schließlich die Erreichbarkeit, d.h. die verkehrsmäßige Anbindung der bereits vorhandenen radiologischen Standorte zu würdigen, wobei nicht einfach auf die Entfernungskilometer abzustellen sein wird, sondern auch die benötigte Fahrtzeit bei normaler Verkehrslage heranzuziehen wäre. Bei dem in den Tourismusgebieten generell guten Verkehrsnetz, das an beiden Standorten vorliegen dürfte, dürften sich allerdings weder für den einen, noch für den anderen Standort entscheidungserhebliche Vorteile ergeben.

Für den Standort C-Stadt könnte sprechen, wenn die Behauptung des Beigeladenen zu 8 zu objektivieren wäre, wonach dort ein zeitnaher Termin für radiologische Leistungen im ambulanten Bereich nicht verfügbar sei und die Patienten insoweit auf Kostenerstattungen verwiesen würden. Das Bayerische Landessozialgericht (Az.) hat in dem Zusammenhang angemerkt, es sei als offen zu bezeichnen, ob eine derartige Aussage ohne weiteren Beleg maßgeblich für die Beurteilung der Standortfrage sein könne. Der Beklagte hat diesem Aspekt hinsichtlich der Standortfrage und letztendlich für die Auswahl der Bewerber entscheidungserhebliche Bedeutung beigemessen, wie sich daraus ergibt, dass er sich die Angaben des Beigeladenen zu eigen macht und sie als „glaubhaft“ bezeichnet. In diesem Fall genügt es nach Auffassung des Sozialgerichts nicht, die Angaben des Beigeladenen zu 8, betreffend die Nachfrage nach radiologischen Leistungen, die im Kostenerstattungsverfahren erbracht worden sein sollen, ungeprüft zu übernehmen. Hier hätte sich eine Nachfrage bei den Krankenkassen über Kostenerstattungsverfahren und Wartezeiten aufdrängen müssen, was sicherlich auch keinen unverhältnismäßigen Aufwand bedeutet hätte. Selbst der Beklagte hat im Rahmen des Klageverfahrens zumindest in seinen letzten Schriftsätzen sein Argument als wenig tragfähig bezeichnet (vgl. Schriftsatz vom 28.12.2017).

Für den Kläger könnte seine PVA-Tätigkeit (Tätigkeit als programmverantwortlicher Arzt im Screening-Verfahren) sprechen, über die der Beigeladene zu 8 nicht verfügt. Es handelt sich um einen besonderen Versorgungsauftrag (Anlage 9.2 BMV-Ä/EKV) als Teil der vertragsärztlichen Versorgung. Screening bedeutet, dass allen Frauen zwischen 50 und 69 in zweijährigem Abstand eine Mammographie angeboten wird (§ 10 Abs. 1 der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Früherkennung von Krebserkrankungen = Krebsfrüherkennungs-Richtlinie). Ziel ist die Sicherung der Versorgungsqualität und Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung (Abschnitt A Besonderer Versorgungsauftrag § 1 S. 1), insbesondere eine deutliche Senkung der Brustkrebssterblichkeit. Als Schritte der Versorgungskette werden die Einladung und Information der Frauen, Erstellung und Befundung von Screening-Mammographieaufnahmen, ggf. notwendige Abklärungsdiagnostik und Überleitung in die Therapie genannt (§ 9 Abs. 2 Krebsfrüherkennungs-Richtlinie).

Die Tätigkeit des Klägers als programmverantwortlicher Arzt stellt insofern ein Alleinstellungsmerkmal dar, als der Beigeladene zu 8 hierüber nicht verfügt. Dagegen kann nicht eingewandt werden, es werde bei Zulassung des Klägers am Standort G-Stadt zu Erreichbarkeitsdefiziten für Patienten im Norden der Screening-Einheit kommen. Denn, wie der Kläger ausgeführt hat, gibt es in der Person von Dr. P. einen weiteren programmverantwortlichen Arzt, der im MVZ des Klägers in M-Stadt tätig ist. Insofern ist nicht zu besorgen, dass in einer anderen Region der zu versorgenden Screening-Einheit Erreichbarkeitsdefizite für Patientinnen entstehen.

Der Standort G-Stadt könnte zumindest partielle Vorteile für Patientinnen aus dem T-Seer Tal mit sich bringen. Dabei ist allerdings anzumerken, dass auch ohne Zulassung des Klägers am Standort G-Stadt und Praxisgründung Erstbefundungen im Rahmen der Screening-Einheit durch den Kläger als programmverantwortlichen Arzt möglich und hierfür Erreichbarkeitsdefizite nicht erkennbar sind. Denn - soweit bekannt - verfügt der Kläger über eine mobile Einheit, mit der auch eine Erstbefundung vor Ort im T-Seer Tal durchgeführt werden kann; anders aber für die Patientinnen, bei denen die Befundung zu Auffälligkeiten geführt hat und die zu einer diagnostischen Abklärung (Ultraschalluntersuchung, erneutes Röntgen, Biopsie) nach § 10 Abs. 1 Krebsfrüherkennungs-Richtlinie eingeladen werden. Die Durchführung wird dann nicht mehr in der mobilen Einheit, sondern stationär in einer Praxis erfolgen. Es handelt sich aber lediglich um 30 Frauen von 1.000 (Anlage IVb Krebserkennungs-Richtlinie). Auch wenn es auffällt, dass im Landkreis L-Stadt die „Abbrecherquote“ (Abklärung) von mehr als 60% vergleichsweise sehr hoch ist und das Fraunhofer-Institut für Techno- und Wirtschaftsmathematik die Hypothese aufstellt, es nehme die „Abbrecherquote“ tendenziell zu, wenn die Entfernung zum Abklärungsstandort größer werde (Schreiben des Fraunhofer ITWM vom 13.06.2017) und es wünschenswert wäre, dass Frauen in diesem Fall im Rahmen der Versorgungskette des Mammographie-Screenings weiter diagnostiziert und weiter behandelt werden, ist davon auszugehen, dass ein Teil dieser Frauen aus unterschiedlichen Gründen die Versorgungskette verlassen. Sie suchen andere Ärzte, bei denen sie sich bereits in Behandlung befinden oder, die sie neu auswählen, zur weitergehenden Abklärung und gegebenenfalls Behandlung auf und dies unabhängig von der Entfernung. Für diese Gruppe von Frauen spielt es daher keine Rolle, wenn der Standort der Abklärung im Rahmen des Mammographie-Screenings nicht ortsnah ist. Ferner ist zu vermuten, dass Frauen, bei denen sich eine auffällige Befundung ergibt, grundsätzlich auch bereit sind, längere Wege zur abschließenden Abklärung in Kauf zu nehmen. Insgesamt wird es daher kaum möglich sein, eine Kausalität zwischen Standort und „Abbrecherquote“ nachzuweisen.

Bei einer Befundung von Screening-Mammographieaufnahmen von mindestens 5.000 Frauen innerhalb eines Zeitraums von zwölf Monaten, wie Sie zur Aufrechterhaltung und Weiterentwicklung der fachlichen Befähigung zur Erstellung und Befundung von Screening-Mammographieaufnahmen nach Abschnitt E § 24 Abs. 3d der Anlage 9.2 BMV-Ä/EKV erforderlich ist, ist daher maximal bei 350 Patientinnen eine Abklärungsdiagnostik notwendig. Insofern relativiert sich das Alleinstellungsmerkmal programmverantwortlicher Arzt durch die geringe Anzahl der potenziell am Standort G-Stadt zu versorgenden Patienten.

Dabei darf jedoch nicht übersehen werden, dass die Tätigkeit des Klägers als programmverantwortlicher Arzt Bestandteil der vertragsärztlichen Versorgung ist (§ 1 der Anlage 9.2 BMV-Ä/EKV), die Versorgungsqualität und Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung im Vordergrund steht und in regelmäßigen Abständen (30 Monate) eine Rezertifizierung (§ 37 der Anlage 9.2 BMV-Ä/EKV; § 22 Abs. 3 Krebsfrüherkennungs-Richtlinie) notwendig ist. Ferner erfährt die Tätigkeit des Klägers als programmverantwortlicher Arzt dadurch auch überregionale Bedeutung, dass Statistiken erstellt und die Daten bundesweit ausgewertet werden (Anlage 9.2 BMV-/EKV IV. 1. und IV.2. Evaluation).

Sollte die Rezertifizierung deshalb in Frage stehen und deshalb die Ziele der Krebsfrüherkennungs-Richtlinie (§ 9 Abs. 2) gefährdet werden, weil die Voraussetzungen für eine Rezertifizierung aufgrund des fehlenden Standortes G-Stadt (z.B. Nichterreichen der notwenigen Patientenzahl) nicht erfüllt werden können - eine solche Kausalität wird allerdings schwerlich nachzuweisen sein - hätte der Aspekt des Alleinstellungsmerkmals programmverantwortlicher Arzt einen höheren Stellenwert im Rahmen der zu treffenden Auswahlentscheidung. Derartiges ist aber von der Klägerseite bisher nicht konkret vorgetragen, geschweige denn nachgewiesen worden.

Die Chefarzttätigkeit des Beigeladenen zu 8 im Umfang von 15 Stunden, wie vorgesehen, steht nach Auffassung des Gerichts einer Zulassung mit einem vollen Versorgungsauftrag im Bereich der Radiologie nicht mehr entgegen. Bis zur Änderung des § 20 Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV durch das GKV-VStG zum 01.01.2012 hat das Bundessozialgericht neben einer Vollzulassung eine sonstige Beschäftigung im Umfang von 13 Wochenstunden zugelassen (BSGE 89, 134, 143 = SozR 3-5520 § 20 Nr. 3 S. 28). Nunmehr wird unter Hinweis auf die Änderung des § 20 Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV, insbesondere unter Hinweis auf die Gesetzesbegründung (BT-Drucks 17/6906, 104) von einer „festen zeitlichen Grenze“ Abstand genommen. Insofern gilt die Zeitgrenze von 13 Wochenstunden bei Vollzulassung nicht mehr. Eine sonstige Beschäftigung steht einer vertragsärztlichen Tätigkeit nunmehr dann entgegen, wenn sie zur Ungeeignetheit der Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit im Sinne von § 20 Abs. 1 Ärzte-ZV führt. Bei der Begrifflichkeit „Ungeeignetheit“ handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der einzelfallbezogen auszulegen ist. In diesem Zusammenhang wird zunächst zu differenzieren sein zwischen den jeweiligen Fachgebieten. Handelt es sich um Leistungen, in denen hauptsächlich zum Beispiel Befundungen ohne gleichzeitige Anwesenheit der Patienten erfolgen, wird ein großzügiger Maßstab anzulegen sein. Daneben wird es auch auf die berufliche Stellung im Rahmen der sonstigen Beschäftigung ankommen. Während ein subalterner Arzt allein tarifvertraglich nicht über die 40- Stundenwoche hinauskommen dürfte, wird bei einer leitenden Tätigkeit, wie dies bei einem Chefarzt der Fall ist, angesichts der Leitungsfunktion und der damit verbundenen Verantwortlichkeit ein größerer Einsatz erwartet, der generell über die 40- Stundenwoche hinausgeht. Diesen zusätzlichen zeitlichen Umfang veranschlagt das Gericht mit 20%. Dies gilt auch für einen Chefarzt, der zwar nach dem Dienstvertrag nur reduziert arbeitet, jedoch seine berufliche Stellung als Chefarzt beibehält. Wenn also wie hier von einer Reduzierung auf 15 Wochenstunden die Rede ist, wird de facto von einem darüber hinausgehenden Tätigkeitsumfang auszugehen sein. Einer Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit im Umfang eines vollen Versorgungsauftrages wird daher jedenfalls ein Tätigkeitsumfang von annähernd 20-Wochenstunden in der sonstigen Beschäftigung entgegenstehen. Nachdem hier eine Reduzierung auf 15 Wochenstunden geplant ist, erscheint selbst bei einer darüber hinaus liegenden Wochenstundenzahl (insgesamt 15 Wochenstunden zuzüglich 3 Wochenstunden = 18 Wochenstunden) aufgrund der nach wie vor bestehenden Leitungsfunktion dieser Tätigkeitsumfang als Chefarzt noch mit der gleichzeitigen vertragsärztlichen Zulassung in Einklang zu stehen.

Auch der Kläger übt als Leiter des MVZ M-Stadt und als programmverantwortlicher Arzt (PVA) sonstige Beschäftigungen aus, die einer Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit, insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Eignung i.S.d. § 20 Abs. 1 Ärzte-ZV entgegenstehen könnten. Außerdem ist er seit 19.05.2017 Honorarkonsul der Republik U. mit Sitz in B-Stadt. Nach dem Internet-Auftritt der MVZ A. GmbH ist der Kläger zwar ärztlicher Leiter des MVZ und zugleich Geschäftsführer. Daneben ist seine Ehefrau, die auch als Ärztin im MVZ tätig ist, ebenfalls Geschäftsführerin. Insofern ist eine Vertretung sichergestellt, so dass eine ständige bzw. eine einer Zulassung entgegenstehende Präsenz des Klägers im MVZ M-Stadt nicht erforderlich ist. Ebenfalls ist eine Vertretung des Klägers in seiner Tätigkeit als PVA gewährleistet, indem Herr P. als weiterer PVA für die Screening-Einheit J. zur Verfügung steht. Was die Tätigkeit des Klägers als Honorarkonsul der Republik U. mit Sitz in B-Stadt betrifft, so sind dessen Aufgaben in Art. 5 des „Wiener Übereinkommens über konsularische Beziehungen (WÜK)“ festgelegt. Im Vordergrund stehen der Schutz der Interessen des Entsendestaates und seiner Angehörigen sowie die Förderung der Entwicklung der Beziehungen auf dem Gebiet des Handels, der Wirtschaft, des Fremdenverkehrs, der Kultur und der Wissenschaft. Bei der Republik U. handelt es sich um einen kleinen Staat, so dass die Aufgaben des Honorarkonsuls unter Berücksichtigung der Tätigkeit konsularischer Mitarbeiter vom Umfang her und zeitlich zumindest nicht als besonders anspruchsvoll anzusehen sind. Jedenfalls wird die Tätigkeit als Honorarkonsul für sich genommen einer vertragsärztlichen Tätigkeit nicht entgegenstehen.

Was die angegebenen ärztlichen Leistungen betrifft, so hat sich der Berufungsausschuss zwar im Wesentlichen mit den von Beigeladenen zu 8 und einem der Bewerber angegebenen ärztlichen Leistungen auseinandergesetzt. Eine Gegenüberstellung der Leistungen des Beigeladenen zu 8 mit denen des Klägers fand nicht statt, zumal für den Beschwerdeausschuss hierzu auch keine Veranlassung bestand, weil es in erster Linie auf den Standort ankam. Ungeachtet dessen wird es rechtlich nicht zu beanstanden sein, die angeboten ärztlichen Leistungen der übrig gebliebenen zwei Bewerber, in etwa gleich zusetzen. Denn beide sind - wenn auch mit unterschiedlichen Schwerpunkten, was auf den jeweiligen beruflichen Werdegang zurückzuführen ist - in der Lage, das ganze Spektrum der Radiologie abzubilden und zu erbringen.

Der Altersunterschied beim Kläger und dem Beigeladenen zu 8 unter dem Aspekt der Versorgungskontinuität dürfte im Rahmen der Auswahlentscheidung, wie auch vom Bayerischen Landessozialgericht in seiner Beschwerdeentscheidung angedeutet, keine Rolle spielen, zumal dieser mit zwei Jahren nur minimal ist. Hinzu kommt, dass es nach Auffassung des Bundessozialgerichts „unter Berücksichtigung der an die Kontinuität des Praxisbetriebs zu stellenden Anforderungen sowie im Interesse der Eindämmung eines Zulassungshandels“ sachgerecht ist, „den Fortführungswillen auf einen Zeitraum von fünf Jahren - gerechnet ab dem Zeitpunkt der Aufnahme der vertragsärztlichen Tätigkeit durch den Nachfolger - zu beziehen (vgl. BSG, Urteil vom 11.12.2013, Az. B 6 KA 49/12 R). Bei beiden Bewerbern, sowohl beim Kläger als auch beim Beigeladenen zu 8 ist davon auszugehen, dass diese mehr als fünf Jahre als Vertragsärzte zur Verfügung stehen. Insofern ist von einer Versorgungskontinuität im Falle der Zulassung jedes der beiden Bewerber auszugehen.

Im Ergebnis wird es daher bei der Auswahlentscheidung darauf ankommen, wie die jeweiligen Standorte, C-Stadt und G-Stadt unter Versorgungsgesichtspunkten zu bewerten sind und wie das Alleinstellungsmerkmal des Kläger in seiner Eigenschaft als programmverantwortlicher Arzt gewichtet wird, ob der letzte Aspekt geeignet und entscheidungserheblich ist, die an sich ungünstigere Randlage des Standorts des Klägers (G-Stadt) und einen etwaig höheren Bedarf in C-Stadt nicht nur auszugleichen, sondern zu überlagern.

Aus den genannten Gründen war zu entscheiden, wie geschehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 VwGO.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskosten

(1) Die Landesausschüsse der Ärzte und Krankenkassen stellen fest, ob eine Überversorgung vorliegt; die durch Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und die Ärzte, die in ermächtigten Einrichtungen tätig sind, sind bei
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskosten

(1) Die Landesausschüsse der Ärzte und Krankenkassen stellen fest, ob eine Überversorgung vorliegt; die durch Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und die Ärzte, die in ermächtigten Einrichtungen tätig sind, sind bei
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published on 25/01/2017 00:00

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. III. Der Streitwert wird auf 134.982,39 Euro festgesetzt. Tatbestand
published on 20/03/2013 00:00

Tenor Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Schleswig-Holstein vom 21. Februar 2012 wird zurückgewiesen.
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published on 08/11/2018 00:00

Tenor I. Der Beschluss des Beklagten vom 28.09.2017 (Bescheid vom 03.11.2017) wird aufgehoben. II. Der Beklagte wird verpflichtet, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut über den Zulassungsantrag des Klägers zu
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(1) Die Landesausschüsse der Ärzte und Krankenkassen stellen fest, ob eine Überversorgung vorliegt; die durch Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und die Ärzte, die in ermächtigten Einrichtungen tätig sind, sind bei der Feststellung einer Überversorgung nicht zu berücksichtigen. Wenn dies der Fall ist, hat der Landesausschuß nach den Vorschriften der Zulassungsverordnungen und unter Berücksichtigung der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses Zulassungsbeschränkungen anzuordnen. Darüber hinaus treffen die Landesausschüsse eine Feststellung, wenn der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um 40 Prozent überschritten ist.

(2) Die Zulassungsbeschränkungen sind räumlich zu begrenzen. Sie können einen oder mehrere Planungsbereiche einer Kassenärztlichen Vereinigung umfassen. Sie sind arztgruppenbezogen unter angemessener Berücksichtigung der Besonderheiten bei den Kassenarten anzuordnen. Die für die Sozialversicherung zuständigen obersten Landesbehörden können ländliche oder strukturschwache Teilgebiete eines Planungsbereichs bestimmen, die auf ihren Antrag für einzelne Arztgruppen oder Fachrichtungen von den Zulassungsbeschränkungen auszunehmen sind; in dem Antrag ist die Anzahl der zusätzlichen Zulassungsmöglichkeiten arztgruppenbezogen festzulegen. Die zusätzlichen Zulassungsmöglichkeiten sind an das nach Satz 4 bestimmte Teilgebiet gebunden. Für die Bestimmung der ländlichen und strukturschwachen Teilgebiete stellt der Landesausschuss im Einvernehmen mit der für die Sozialversicherung zuständigen obersten Landesbehörde allgemeingültige Kriterien auf, die den jeweiligen Entscheidungen zugrunde zu legen sind. Der Landesausschuss hat sich dabei an den laufenden Raumbeobachtungen und Raumabgrenzungen des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung zu orientieren oder eine vergleichbare Abgrenzung ländlicher Gebiete durch die für die Landesplanung zuständigen Stellen zugrunde zu legen. Die zusätzlichen Arztsitze sind in den von den Kassenärztlichen Vereinigungen im Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen gemäß § 99 aufzustellenden Bedarfsplänen auszuweisen.

(3) Die Zulassungsbeschränkungen sind aufzuheben, wenn die Voraussetzungen für eine Überversorgung entfallen sind.

(3a) Wenn die Zulassung eines Vertragsarztes in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, durch Tod, Verzicht oder Entziehung endet und die Praxis von einem Nachfolger weitergeführt werden soll, entscheidet der Zulassungsausschuss auf Antrag des Vertragsarztes oder seiner zur Verfügung über die Praxis berechtigten Erben, ob ein Nachbesetzungsverfahren nach Absatz 4 für den Vertragsarztsitz durchgeführt werden soll. Satz 1 gilt auch bei Verzicht auf die Hälfte oder eines Viertels der Zulassung oder bei Entziehung der Hälfte oder eines Viertels der Zulassung; Satz 1 gilt nicht, wenn ein Vertragsarzt, dessen Zulassung befristet ist, vor Ablauf der Frist auf seine Zulassung verzichtet. Der Zulassungsausschuss kann den Antrag ablehnen, wenn eine Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist; dies gilt nicht, sofern die Praxis von einem Nachfolger weitergeführt werden soll, der dem in Absatz 4 Satz 5 Nummer 4, 5 und 6 bezeichneten Personenkreis angehört oder der sich verpflichtet, die Praxis in ein anderes Gebiet des Planungsbereichs zu verlegen, in dem nach Mitteilung der Kassenärztlichen Vereinigung aufgrund einer zu geringen Ärztedichte ein Versorgungsbedarf besteht oder sofern mit der Nachbesetzung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 befolgt werden. Für einen Nachfolger, der dem in Absatz 4 Satz 5 Nummer 4 bezeichneten Personenkreis angehört, gilt Satz 3 zweiter Halbsatz mit der Maßgabe, dass dieser Nachfolger die vertragsärztliche Tätigkeit in einem Gebiet, in dem der Landesausschuss nach § 100 Absatz 1 das Bestehen von Unterversorgung festgestellt hat, nach dem 23. Juli 2015 erstmals aufgenommen hat. Für einen Nachfolger, der dem in Absatz 4 Satz 5 Nummer 6 bezeichneten Personenkreis angehört, gilt Satz 3 zweiter Halbsatz mit der Maßgabe, dass das Anstellungsverhältnis oder der gemeinschaftliche Betrieb der Praxis mindestens drei Jahre lang angedauert haben muss. Satz 5 gilt nicht, wenn das Anstellungsverhältnis oder der gemeinschaftliche Praxisbetrieb vor dem 5. März 2015 begründet wurde. Hat der Landesausschuss eine Feststellung nach Absatz 1 Satz 3 getroffen, soll der Zulassungsausschuss den Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens ablehnen, wenn eine Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist. Im Fall des Satzes 7 gelten Satz 3 zweiter Halbsatz sowie die Sätze 4 bis 6 entsprechend; Absatz 4 Satz 9 gilt mit der Maßgabe, dass die Nachbesetzung abgelehnt werden soll. Der Zulassungsausschuss beschließt mit einfacher Stimmenmehrheit; bei Stimmengleichheit ist dem Antrag abweichend von § 96 Absatz 2 Satz 6 zu entsprechen. § 96 Absatz 4 findet keine Anwendung. Ein Vorverfahren (§ 78 des Sozialgerichtsgesetzes) findet nicht statt. Klagen gegen einen Beschluss des Zulassungsausschusses, mit dem einem Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens entsprochen wird, haben keine aufschiebende Wirkung. Hat der Zulassungsausschuss den Antrag abgelehnt, hat die Kassenärztliche Vereinigung dem Vertragsarzt oder seinen zur Verfügung über die Praxis berechtigten Erben eine Entschädigung in der Höhe des Verkehrswertes der Arztpraxis zu zahlen. Bei der Ermittlung des Verkehrswertes ist auf den Verkehrswert abzustellen, der nach Absatz 4 Satz 8 bei Fortführung der Praxis maßgeblich wäre.

(4) Hat der Zulassungsausschuss in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, nach Absatz 3a einem Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens entsprochen, hat die Kassenärztliche Vereinigung den Vertragsarztsitz in den für ihre amtlichen Bekanntmachungen vorgesehenen Blättern unverzüglich auszuschreiben und eine Liste der eingehenden Bewerbungen zu erstellen. Satz 1 gilt auch bei hälftigem Verzicht oder bei hälftiger Entziehung der Zulassung oder bei der Festlegung zusätzlicher Zulassungsmöglichkeiten nach Absatz 2 Satz 4. Dem Zulassungsausschuß sowie dem Vertragsarzt oder seinen Erben ist eine Liste der eingehenden Bewerbungen zur Verfügung zu stellen. Unter mehreren Bewerbern, die die ausgeschriebene Praxis als Nachfolger des bisherigen Vertragsarztes fortführen wollen, hat der Zulassungsausschuß den Nachfolger nach pflichtgemäßem Ermessen auszuwählen. Bei der Auswahl der Bewerber sind folgende Kriterien zu berücksichtigen:

1.
die berufliche Eignung,
2.
das Approbationsalter,
3.
die Dauer der ärztlichen Tätigkeit,
4.
eine mindestens fünf Jahre dauernde vertragsärztliche Tätigkeit in einem Gebiet, in dem der Landesausschuss nach § 100 Absatz 1 das Bestehen von Unterversorgung festgestellt hat,
5.
ob der Bewerber Ehegatte, Lebenspartner oder ein Kind des bisherigen Vertragsarztes ist,
6.
ob der Bewerber ein angestellter Arzt des bisherigen Vertragsarztes oder ein Vertragsarzt ist, mit dem die Praxis bisher gemeinschaftlich betrieben wurde,
7.
ob der Bewerber bereit ist, besondere Versorgungsbedürfnisse, die in der Ausschreibung der Kassenärztlichen Vereinigung definiert worden sind, zu erfüllen,
8.
Belange von Menschen mit Behinderung beim Zugang zur Versorgung,
9.
bei medizinischen Versorgungszentren die Ergänzung des besonderen Versorgungsangebots; dies gilt entsprechend für Vertragsärzte und Berufsausübungsgemeinschaften mit einem besonderen Versorgungsangebot.
Die Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 sind zu beachten. Ab dem 1. Januar 2006 sind für ausgeschriebene Hausarztsitze vorrangig Allgemeinärzte zu berücksichtigen. Die Dauer der ärztlichen Tätigkeit nach Satz 5 Nummer 3 wird verlängert um Zeiten, in denen die ärztliche Tätigkeit wegen der Erziehung von Kindern oder der Pflege pflegebedürftiger naher Angehöriger in häuslicher Umgebung unterbrochen worden ist. Die wirtschaftlichen Interessen des ausscheidenden Vertragsarztes oder seiner Erben sind nur insoweit zu berücksichtigen, als der Kaufpreis die Höhe des Verkehrswerts der Praxis nicht übersteigt. Kommt der Zulassungsausschuss in den Fällen des Absatzes 3a Satz 3 zweiter Halbsatz bei der Auswahlentscheidung nach Satz 4 zu dem Ergebnis, dass ein Bewerber auszuwählen ist, der nicht dem in Absatz 3a Satz 3 zweiter Halbsatz bezeichneten Personenkreis angehört, kann er die Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes mit der Mehrheit seiner Stimmen ablehnen, wenn eine Nachbesetzung aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist; Absatz 3a Satz 10, 11, 13 und 14 gilt in diesem Fall entsprechend. Hat sich ein Bewerber nach Satz 5 Nummer 7 bereit erklärt, besondere Versorgungsbedürfnisse zu erfüllen, kann der Zulassungsausschuss die Zulassung unter der Voraussetzung erteilen, dass sich der Bewerber zur Erfüllung dieser Versorgungsbedürfnisse verpflichtet.

(4a) Verzichtet ein Vertragsarzt in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, auf seine Zulassung, um in einem medizinischen Versorgungszentrum tätig zu werden, so hat der Zulassungsausschuss die Anstellung zu genehmigen, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen; eine Fortführung der Praxis nach Absatz 4 ist nicht möglich. Bei der Prüfung, ob der Anstellung Gründe der vertragsärztlichen Versorgung entgegenstehen, ist die Ergänzung des besonderen Versorgungsangebots des medizinischen Versorgungszentrums durch den Arzt zu berücksichtigen. Der Arzt kann in dem Planungsbereich, für den er zugelassen war, weiter tätig sein, auch wenn der Sitz des anstellenden medizinischen Versorgungszentrums in einem anderen Planungsbereich liegt. Nach einer Tätigkeit von mindestens fünf Jahren in einem medizinischen Versorgungszentrum, dessen Sitz in einem Planungsbereich liegt, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, erhält ein Arzt unbeschadet der Zulassungsbeschränkungen auf Antrag eine Zulassung in diesem Planungsbereich; dies gilt nicht für Ärzte, die auf Grund einer Nachbesetzung nach Satz 5 oder erst seit dem 1. Januar 2007 in einem medizinischen Versorgungszentrum tätig sind. Medizinischen Versorgungszentren ist die Nachbesetzung einer Arztstelle möglich, auch wenn Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind; dies gilt nicht, soweit der Nachbesetzung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen. § 95 Absatz 9b gilt entsprechend.

(4b) Verzichtet ein Vertragsarzt in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, auf seine Zulassung, um bei einem Vertragsarzt als nach § 95 Abs. 9 Satz 1 angestellter Arzt tätig zu werden, so hat der Zulassungsausschuss die Anstellung zu genehmigen, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen; eine Fortführung der Praxis nach Absatz 4 ist nicht möglich. Bei der Prüfung, ob der Anstellung Gründe der vertragsärztlichen Versorgung entgegenstehen, ist die Ergänzung des besonderen Versorgungsangebots des anstellenden Vertragsarztes durch den anzustellenden Arzt zu berücksichtigen. Im Fall des Satzes 1 kann der angestellte Arzt in dem Planungsbereich, für den er zugelassen war, weiter tätig sein, auch wenn der Sitz des anstellenden Vertragsarztes in einem anderen Planungsbereich liegt. Soll die vertragsärztliche Tätigkeit in den Fällen der Beendigung der Zulassung durch Tod, Verzicht oder Entziehung von einem Praxisnachfolger weitergeführt werden, kann die Praxis auch in der Form weitergeführt werden, dass ein Vertragsarzt den Vertragsarztsitz übernimmt und die vertragsärztliche Tätigkeit durch einen angestellten Arzt in seiner Praxis weiterführt, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen. Die Nachbesetzung der Stelle eines nach § 95 Abs. 9 Satz 1 angestellten Arztes ist möglich, auch wenn Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind; dies gilt nicht, soweit der Nachbesetzung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen. § 95 Absatz 9b gilt entsprechend.

(4c) Soll die vertragsärztliche Tätigkeit in den Fällen der Beendigung der Zulassung durch Tod, Verzicht oder Entziehung von einem Praxisnachfolger weitergeführt werden, kann die Praxis auch in der Form weitergeführt werden, dass ein medizinisches Versorgungszentrum den Vertragsarztsitz übernimmt und die vertragsärztliche Tätigkeit durch einen angestellten Arzt in der Einrichtung weiterführt, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen. Die Absätze 3a, 4 und 5 gelten entsprechend. Absatz 4 gilt mit der Maßgabe, dass bei der Auswahl des Praxisnachfolgers ein medizinisches Versorgungszentrum, bei dem die Mehrheit der Geschäftsanteile und der Stimmrechte nicht bei Ärzten liegt, die in dem medizinischen Versorgungszentrum als Vertragsärzte tätig sind, gegenüber den übrigen Bewerbern nachrangig zu berücksichtigen ist. Dieser Nachrang gilt nicht für ein medizinisches Versorgungszentrum, das am 31. Dezember 2011 zugelassen war und bei dem die Mehrheit der Geschäftsanteile und der Stimmrechte bereits zu diesem Zeitpunkt nicht bei den dort tätigen Vertragsärzten lag.

(5) Die Kassenärztlichen Vereinigungen (Registerstelle) führen für jeden Planungsbereich eine Warteliste. In die Warteliste werden auf Antrag die Ärzte, die sich um einen Vertragsarztsitz bewerben und in das Arztregister eingetragen sind, aufgenommen. Bei der Auswahl der Bewerber für die Übernahme einer Vertragsarztpraxis nach Absatz 4 ist die Dauer der Eintragung in die Warteliste zu berücksichtigen.

(6) Endet die Zulassung eines Vertragsarztes, der die Praxis bisher mit einem oder mehreren Vertragsärzten gemeinschaftlich ausgeübt hat, so gelten die Absätze 4 und 5 entsprechend. Die Interessen des oder der in der Praxis verbleibenden Vertragsärzte sind bei der Bewerberauswahl angemessen zu berücksichtigen.

(7) In einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, haben Krankenhausträger das Angebot zum Abschluß von Belegarztverträgen auszuschreiben. Kommt ein Belegarztvertrag mit einem im Planungsbereich niedergelassenen Vertragsarzt nicht zustande, kann der Krankenhausträger mit einem bisher im Planungsbereich nicht niedergelassenen geeigneten Arzt einen Belegarztvertrag schließen. Dieser erhält eine auf die Dauer der belegärztlichen Tätigkeit beschränkte Zulassung; die Beschränkung entfällt bei Aufhebung der Zulassungsbeschränkungen nach Absatz 3, spätestens nach Ablauf von zehn Jahren.

(8) Die Absätze 1 bis 7 gelten nicht für Zahnärzte.

(1) Ein Beschäftigungsverhältnis oder eine andere nicht ehrenamtliche Tätigkeit steht der Eignung für die Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit entgegen, wenn der Arzt unter Berücksichtigung der Dauer und zeitlichen Lage der anderweitigen Tätigkeit den Versicherten nicht in dem seinem Versorgungsauftrag entsprechenden Umfang persönlich zur Verfügung steht und insbesondere nicht in der Lage ist, Sprechstunden zu den in der vertragsärztlichen Versorgung üblichen Zeiten anzubieten. Ein Arzt steht auch dann für die Versorgung der Versicherten in erforderlichem Maße zur Verfügung, wenn er neben seiner vertragsärztlichen Tätigkeit im Rahmen eines Vertrages nach den §§ 73b oder 140a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch oder im Rahmen der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung nach § 116b des Fünften Buches Sozialgesetzbuch tätig wird. Gleiches gilt für die Tätigkeit im Rahmen eines Vertrages, der nach den §§ 73c und 140b des Fünften Buches Sozialgesetzbuch in der am 22. Juli 2015 geltenden Fassung geschlossen wurde.

(2) Für die Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit ist nicht geeignet ein Arzt, der eine ärztliche Tätigkeit ausübt, die ihrem Wesen nach mit der Tätigkeit des Vertragsarztes am Vertragsarztsitz nicht zu vereinbaren ist. Die Tätigkeit in oder die Zusammenarbeit mit einem zugelassenen Krankenhaus nach § 108 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch oder einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung nach § 111 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch ist mit der Tätigkeit des Vertragsarztes vereinbar.

(3) Ein Arzt, bei dem Hinderungsgründe nach den Absätzen 1 oder 2 vorliegen, kann unter der Bedingung zugelassen werden, daß der seiner Eignung entgegenstehende Grund spätestens drei Monate nach dem Zeitpunkt beseitigt wird, in dem die Entscheidung über die Zulassung unanfechtbar geworden ist.

(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.

(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.