Sozialgericht Landshut Urteil, 13. Juni 2017 - S 1 R 5018/16 FdV

published on 13/06/2017 00:00
Sozialgericht Landshut Urteil, 13. Juni 2017 - S 1 R 5018/16 FdV
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Tenor

I. Der Bescheid der Beklagten vom 27.11.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.03.2013 wird aufgehoben.

II. Die Beklagte hat die Verfahrenskosten zu tragen.

III. Der Streitwert wird auf 127.085,70 € festgesetzt.

Tatbestand

Streitig ist die Rechtmäßigkeit eines Betriebsprüfungsbescheides nach § 28 p Abs. 1 SGB IV, mit dem die Beklagte Gesamtsozialversicherungsbeiträge, Umlagen und Säumniszuschläge in Höhe von 127.085,70 Euro vom Kläger fordert.

Der Forderung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Firma L. AG, A., ein deutschlandweit operierendes Trockenbauunternehmen, hatte sich zur Ausführung von Montagearbeiten bei einer Vielzahl von Bauvorhaben neben eigenen gemeldeten Arbeitskräften auch zahlreicher Subunternehmer bedient. Bei einer Überprüfung der Subunternehmer wurde festgestellt, dass diese die Bauleistungen teilweise nicht selbst erbracht haben, sondern lediglich als „Rechnungsschreiber“ fungierten. Die zugrundeliegenden Werkverträge der L. AG mit den „Rechnungsschreibern“ wurden dabei nur zum Schein abgeschlossen und hatten den Zweck, den Einsatz illegal beschäftigten Personals zu vertuschen und der L. AG gleichwohl den Ansatz von Betriebsausgaben und den Abzug der hierauf ausgewiesenen Umsatzsteuer als Vorsteuer zu ermöglichen.

Im Zusammenhang mit mehreren Strafverfahren gegen Verantwortliche der Firma L. AG verpflichtete sich diese, im Wege des Täter-Opfer-Ausgleichs Gesamtsozialversicherungsbeiträge in Höhe von 2,55 Millionen Euro zu bezahlen. Hierzu schlossen die L. AG und die Beklagte nachstehenden Vergleichsvertrag über Haftungsfreistellung gegen Leistung einer pauschalen Beitragsnachzahlung

I. Vertragsgegenstand

Die vorstehenden Parteien schließen hiermit im Rahmen der Verständigung mit den Strafverfolgungsbehörden in dem Ermittlungsverfahren gegen Verantwortliche der L. AG und gleichzeitig im Rahmen und zur Beendigung der Betriebsprüfung der Deutschen Rentenversicherung-Bayern Süd zum Thema Nachunternehmer der L. AG für Zeiträume bis 31.12.2003 den folgenden Vergleich.

Die vergleichsweise Einigung besteht darin, dass die L. AG - ohne Anerkennung einer Rechtspflicht oder Haftung dem Grund oder der Höhe nach - eine pauschale Beitragszahlung leistet, welche die Deutsche Rentenversicherung-Bayern Süd einem oder mehreren von ihr zu bestimmenden Gläubigern durch einen in Vollzug des Vergleichs zu erlassenden Bescheid (Umsetzungsbescheid) zuweist, und die DRV die L. AG im Gegenzug von jeglicher etwa bestehender Beitragsschuld und jeglicher Haftung für Beiträge in allen Zweigen der Sozialversicherung (einschließlich Nebenleistungen) freistellt, gleich welchem Gläubiger aus dem Bereich der gesetzlichen Sozialversicherung nach der Rechtslage eine Forderung zustünde.

II. Beitragsnachzahlung; Umsetzungsbescheid

II.1. Die Parteien vereinbaren im Wege der einvernehmlichen tatsächlichen Verständigung und des gegenseitigen Nachgebens eine Beitragsnachzahlung von € 2.550.000,00 EURO (Zweimillionenfünfhundertfünfzigtausend) für den gesamten Zeitraum bis 31.12.2003.

II.2. Die Deutsche Rentenversicherung-Bayern-Süd erlässt in Ausführung dieses Vergleichs über den gesamten Betriebsprüfungszeitraum bis 31.12.2003 einen Bescheid (Umsetzungsbescheid), welcher als Anlage diesem Vergleich beigefügt ist.

Die L. AG verpflichtet sich, gegen den Umsetzungsbescheid keinen Widerspruch einzulegen und erklärt schon jetzt Rechtsmittelverzicht.

Im Umsetzungsbescheid bestimmt die DRV diejenigen Einzugsstelle(n), welche den Vergleichsbetrag/Nachforderungsbetrag erhalten. Die L. AG verpflichtet sich, an die bezeichnete(n) Einzugsstelle(n) die ausgewiesenen Beträge binnen 14 Tagen ab Bekanntgabe des Bescheids zu bezahlen.

III. Endgültige Haftungsfreistellung der L. AG für Sozialversicherungsbeiträge und Nebenleistungen für die Zeit bis 31.12.2003; Zahlung auf Haftungsschuld; Nebenleistungen; Beendigung der Betriebsprüfung

III.1. Die Parteien sind sich einig, dass damit die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung aller Nachunternehmer der L. AG - d.h. insbesondere nicht nur derjenigen, die Gegenstand des eingangs erwähnten Ermittlungsverfahrens waren, sind oder noch sein werden - bis zum 31.12.2003 abgeschlossen und die mit dem Umsetzungsbescheid der DRV getroffene Festsetzung der Sozialversicherungsbeiträge für den gesamten Zeitraum bis 31.12.2003 - d.h. auch für Zeiträume, in denen keine Betriebsprüfung mehr anhängig ist - endgültig ist. Dies gilt nicht für Beitragsforderungen für Nachunternehmer, über die etwa bereits sozialgerichtliche Streitverfahren zwischen der L. AG und Sozialversicherungsträgern (auch Einzugsstellen) anhängig sind (Beispiel Grabert).

Soweit Grundlage der gegen die L. AG geltend gemachte Forderung eine Bürgenhaftung ist, wird klargestellt, dass Zahlungen der L. AG jedenfalls auf deren etwaige eigene (Haftungs-)Schuld erfolgen und nicht auf (fremde) Schuld der Nachunternehmer.

III.2. Mit diesem Vertrag wird die L. AG durch die DRV von etwaiger Beitragsschuld und Beitragshaftung für Sozialversicherungsbeiträge einschließlich Nebenleistungen für die Zeit bis 31.12.2003 freigestellt. Damit sind - über die Zahlung gem. Ziffer II. hinaus - weitere Sozialversicherungsbeiträge für Nachunternehmer, gleich ob diese im eigenen Namen, als Strohmänner oder Hintermänner tätig waren, für deren Beschäftigte, deren Leiharbeitnehmer wie überhaupt für alle Personen, welche mit der Erbringung von Arbeitsleistungen auf und für die Baustellen der L. AG tätig waren (die Betriebsprüfung für die eigenen Arbeitnehmer der L. AG bis 31.12.2003 ist unabhängig von den eingangs genannten Verfahren ohnehin bereits abgeschlossen), von der L. AG nicht zu leisten. Mit der in Ziffer II geregelten Zahlung sind gleichzeitig alle nicht ohnehin bereits erfüllten Beitragsansprüche gegen die L. AG für Nachunternehmer und die vorgenannten Personenkreise in allen Zweigen der Sozialversicherung für die Zeit bis 31.12.2003, gleich aus welchem Rechtsgrund, abgegolten und erledigt. Abgegolten und erledigt sind insbesondere etwaige Ansprüche von Einzugsstellen unter dem Gesichtspunkt der Bürgenhaftung gemäß § 28e Abs. 3a ff. SGB IV, Beitragsschuld und Beitragshaftung im Zusammenhang mit § 10 AÜG und § 28e, Abs. 2 SGB IV, etwaige Ansprüche wegen Straftaten und Ordnungswidrigkeiten (z.B. Hinterziehungs- und Betrugstatbestände, illegale Arbeitsnehmerüberlassung) und Teilnahme an solchen Delikten einschließlich etwaiger Ansprüche aufgrund zivilrechtlicher Haftungsbestände und Schadensersatznormen (z.B. §§ 823, 831, 31 DGB) und zwar gegen die L. AG selbst und gleichzeitig gegen weitere Personen aus dem (… unleserlich) bestimmt.

III.3. Freigestellt sind - ebenso wie in Ziffer III. 2. für die L. AG geregelt - außer der L. AG selbst Personen, und abgegolten und erledigt sind Ansprüche - wie in Ziffer III. 2. für Ansprüche gegen die L. AG selbst geregelt - auch Ansprüche gegen Personen, die als Arbeitnehmer oder Dienstnehmer (…unleserlich) für die L. AG tätig waren.

III.4. Klargestellt wird, dass dieser zwischen der DRV und der L. AG abgeschlossene Vergleich über die Regelungen gem. III. 2. und III.3. hinaus keine Erlasswirkung gegenüber natürlichen und juristischen Personen aus dem Bereich der Nachunternehmer haben soll und hat, und zwar unabhängig davon, ob es sich bei Schuldnern aus dem Bereich der Nachunternehmer um Primärschuldner oder Mit-Gesamtschuldner oder Mit-Haftende handelt. Die DRV verzichtet mit diesem Vergleich in keiner Weise - weder für sich noch für sonstige Gläubiger - auf Ansprüche wegen Beiträgen oder Nebenleistungen gegenüber allen Nachunternehmern, gleich ob diese im eigenen Namen, als Strohmänner oder Hintermänner tätig waren, und auch nicht auf Ansprüche wegen Haftungen, die sich gegen sonstige Dritte aus dem Bereich der Nachunternehmer richten (z.B. gegen Geschäftsführer oder Gesellschafter von Strohmannfirmen o.ä.). Insoweit wird klargestellt, dass weder die gesetzliche Regel gem. § 840, Abs. 2 BGB abbedungen sein soll (vorrangige Haftung der Täter) noch auf Ansprüche gegen Täter verzichtet wird, nur weil wegen der rechtlichen Unsicherheit, ob die L. AG überhaupt mithaftet, mit dieser der gegenständliche Vergleich geschlossen wird.

Soweit die L. AG nach dem Vorstehenden fremde Beitragsschulden bezahlt, gehen die Ansprüche auf sie über.

III.5. Säumniszuschläge, Zinsen oder sonstige Nebenleistungen für die Zeit bis zur Fälligkeit der Zahlung gem. Ziffer II. werden nicht erhoben. Sollten Einzugsstellen gleichwohl für diesen Zeitraum solche erheben, vermindert sich um diese der Vergleichsbetrag und ist von der Deutschen Rentenversicherung-Bayern-Süd insoweit zurückzuerstatten, so dass die L. AG insgesamt nicht mehr bezahlt als in Ziffer II.1. bestimmt.

III.6. Die Parteien sind sich einig, dass mit diesem Vergleich die Betriebsprüfung für die Zeit bis 31.12.2003 rechtskräftig abgeschlossen ist.

IV. Kosten

Verfahrenskosten sind wechselseitig unter keinem Gesichtspunkt geschuldet. Jede Partei trägt die ihr entstandenen Kosten selbst.

Dem Kläger wird vorgeworfen, im Zeitraum 11/2000 bis 10/2002 erbrachte Leistungen ebenfalls illegal mit der Fa. L. abgerechnet und sich hierbei als „Rechnungsschreiber“ der Firmen B. GmbH, S. Bau …, C.C.C. GmbH, … Trockenbau GmbH und D. Trockenbau GmbH bedient zu haben.

Mit Strafbefehl des Amtsgerichts Landshut vom 24.09.2008 wurde gegen ihn wegen Steuerhinterziehung, Beihilfe zur Steuerhinterziehung und Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt eine Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr verhängt. Die Vollstreckung der Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt.

Dem Strafbefehl lag eine Verständigung mit dem damaligen Verteidiger des Klägers zugrunde.

Bei seiner polizeilichen Vernehmung am 19.09.2008 hatte der Kläger zu Protokoll gegeben:

"Ich war nur Vorarbeiter und nie Geschäftsführer oder Inhaber dieser Firmen. Ich kenne auch nur die B. Bau, die S. Bau und die D. Bau. Die Firma … sagt mir nichts. Inhaber dieser Firmen war D. S. Soviel ich gehört habe, ist S. in F. in Haft. Er wurde vor ein paar Monaten eingesperrt. Ich nehme an, dass es um die Steuerangelegenheiten geht, die mir auch vorgeworfen werden …

S. war Subunternehmer für die L. AG. Ich war wiederum nur der Baustellenleiter für S. Ich habe damals schon mitbekommen, dass S. die Bauarbeiter so bezahlt, dass keine Steuer in Deutschland angefallen ist. Ich habe hierbei aber nicht mitgemacht, ich war bloß der Bauleiter, habe mich darum gekümmert, dass die Bauaufträge ordentlich ausgeführt worden sind.

Die Arbeiter sind bar bezahlt worden. Der S. hat das meistens selber gemacht, manchmal ist er auch zu mir gekommen und hat mir das Geld gegeben und ich habe die Leute bezahlt. Ich war bei den Firmen von S. zu keiner Zeit unterschriftsberechtigt und hatte weder mit der Geschäftsleitung, noch mit der Buchführung oder dem Personalwesen und schon gar nicht mit dem Finanzamt zu tun. Ich wollte bloß arbeiten und mein Geld verdienen, das mir zusteht…".

Nach Auswertung der ihr vom Hauptzollamt Landshut zur Verfügung gestellten Unterlagen errechnete die Beklagte eine Nachforderung für den Prüfzeitraum vom 01.11.2000 bis 31.10.2002 in Höhe von insgesamt 127.085,70 Euro (einschließlich Säumniszuschlägen in Höhe von 42.708,19 Euro) und machte mit dem hier streitgegenständlichen Bescheid vom 27.11.2008 diese Forderung gegenüber dem Kläger geltend. Aus den im Rahmen des Ermittlungsverfahrens gemachten Zeugenaussagen bzw. den vorgefundenen Beweismitteln würde hervorgehen, dass er mit nicht gemeldetem Personal Arbeiten ausgeführt und unter den genannten Firmen abgerechnet habe.

In den Fällen, in denen keinerlei personenbezogene Stundenaufzeichnungen vorgefunden wurden, bzw. die Abrechnungen als Umsatz- oder Pauschalzahlen durchgeführt wurden, sei die Ermittlung des maßgeblichen Entgelts in Gleichklang mit der Steuerfandung Landshut erfolgt.

Für die Berechnung des beitragspflichtigen Entgelts seien, analog der Berechnung der Steuerschuld durch die Steuerfandung Landshut, 60% des Nettoumsatzes angesetzt worden. Nach der Rechtsprechung der Strafgerichte sei bei namentlich nicht bekannten Arbeitnehmern eine Schätzung zwischen 60% und 80% des Nettoumsatzes nicht zu beanstanden.

Ab 01.08.2002 sei die Rechtsnorm des § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV in Fällen der illegalen Beschäftigung anzuwenden. Dies gelte auch für Lohnsummen, die in Höhe des Umsatzes festgestellt und folglich das Arbeitsentgelt unter Beachtung von § 28 f SGB IV geschätzt werden müsse.

Auf die nicht bezahlten Sozialversicherungsbeiträge würden zusätzlich Säumniszuschläge erhoben. Aus den vorliegenden Ermittlungen sei ersichtlich, dass die Nichtabführung der Beiträge billigend in Kauf genommen wurde.

Die Beitragsschuld sei nicht verjährt, da für vorsätzlich vorenthaltene Beiträge die 30-jährige Verjährungsfrist gelte.

Die Bekanntgabe des Bescheides an den Kläger erfolgte durch öffentliche Zustellung.

Auch das Anhörungsschreiben vom 07.10.2008 war wegen „unbekannten Aufenthaltes“ bereits öffentlich zugestellt worden.

Mit der Begründung, dass am österreichischen Wohnort des Klägers Kontenpfändung veranlasst worden sei, beantragte der Prozessbevollmächtigte des Klägers am 17.07.2012 die Aussetzung der Vollziehung des Bescheides. Gleichzeitig wurde mitgeteilt, dass der Kläger weder vom Anhörungsschreiben noch vom Bescheid aus dem Jahre 2008 Kenntnis erlangt habe.

Mit weiterem Schreiben vom 29.07.2012 legte der Prozessbevollmächtigte des Klägers Widerspruch gegen den Bescheid vom 27.11.2008 ein und beantragte vorsorglich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Der Wiedereinsetzungsantrag wurde damit begründet, dass der Aufenthalt des Klägers im Zeitpunkt der öffentlichen Zustellung nicht unbekannt gewesen sei, außerdem hätte der Bescheid dem Bevollmächtigten zugestellt werden können.

Am 16.08.2012 übersandte die Beklagte den angefochtenen Bescheid an den Bevollmächtigten des Klägers per Einschreiben.

Mit Schriftsatz vom 24.08.2012 legte der Prozessbevollmächtigte des Klägers erneut Widerspruch gegen den Bescheid vom 27.11.2008 ein und trug zur Begründung im Wesentlichen vor:

- Die Schätzungsgrundlagen seien nicht Bestandteil des Bescheides, die Berechnung somit nicht nachvollziehbar

- Gem. § 28 f Abs. 2 SGB IV sei nur eine monatliche Schätzung zulässig

- Die Anschrift des Klägers in Österreich sei der Beklagten spätestens am 27.11. 2008 bekannt, eine öffentliche Zustellung daher nicht rechtens gewesen

- Es habe keine wirksame Anhörung stattgefunden

- Ferner werde eine Amtspflichtverletzung und ein Ermessenfehlgebrauch gerügt Mit Schreiben vom 29.08.2012 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass der Vollzug der Beitragsforderung in voller Höhe bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens ausgesetzt werde. Mit weiterem Schreiben vom 15.11.2012 gewährte die Beklagte dem Kläger wegen Versäumnis der Widerspruchsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

Mit Schreiben vom 02.01.2013 wurde die Anhörung nachgeholt. In dem Schreiben wird u.a. ausgeführt:

„Die Nachberechnung für November 2000 begründet sich mit der Rechnung der Firma … Trockenbau GmbH an die Firma L. Die Auszahlung erfolgte an M.-M., bei dem es sich um Herrn A. gehandelt hat (vgl. hierzu Anlage I). Für Mai 2001 bis August 2001 wird beispielhaft ein Wochenbericht mit der Firma “Truppe A.„vorgelegt (Anlage II) bzw. ein Materialausgabebeleg der Firma S. Bau mit der Abkürzung “Rado„für A. (Anlage III)“.

Den Ausführungen des Beklagten widersprach der Bevollmächtigte des Klägers im Schriftsatz vom 21.02.2013. Bei der Unterschrift von „Rado“ auf dem Materialausgabeschein an Subunternehmer handle es sich nicht um die Unterschrift des Herrn A., sondern um die des R., was man bei einem nur flüchtigem Vergleich der Unterschriften mühelos hätte feststellen können. Bei dem Beleg zur Pauschalzahlung „… Trockenbau“ sei auf der Kopie deutlich vermerkt, dass es sich um die Auszahlung für die Kontingentfirma M. handle, die ihre Arbeitnehmer im Rahmen der damaligen Arbeitnehmerüberlassungsverträge mit der BRD ordnungsgemäß versteuert und versichert habe. Dieser Sachverhalt sei eindeutig nachprüfbar und feststellbar.

Ähnlich verhalte es sich mit dem Vermerk „Truppe A.“. Herr A. sei als Vorarbeiter am Objekt Hotel S. in F. Flughafen als Arbeiter beschäftigt gewesen und nicht als selbständiger Unternehmer. A. sei innerhalb des Arbeitsverhältnisses als Vorarbeiter mit einer Hilfskraft mit der Ablösung alter Tapeten von einer Betonwand beschäftigt gewesen, die sich im Altbau des Hotels S. befanden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 26.03.2013 wies die Beklagte den Widerspruch unter Bezugnahme auf die Ausführungen im Ausgangsbescheid zurück und führte ergänzend aus: Zwar habe der Rentenversicherungsträger grundsätzlich die Beweislast für seine Beitragsnachforderung zu tragen. Da es der Kläger als Arbeitgeber durch die Verletzung der ihm obliegenden Aufzeichnungs- und Nachweispflichten schuldhaft vereitelt habe, dass die Einzugsstellen bzw. der Rentenversicherungsträger die für die Beitragserhebung erforderlichen Angaben erhalten, liege die Beweislast nicht beim Rentenversicherungsträger, sondern beim Kläger (Umkehr der Beweislast).

Die vom Hauptzollamt Landshut und der Steuerfandungsstelle des Finanzamtes Landshut ermittelten Sachverhalte seien schlüssig und nachvollziehbar.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende Klage.

In der Begründung wurde, wie bereits im Widerspruchsverfahren, die fehlende Bestimmtheit der angefochtenen Entscheidung gerügt. Weder im angefochtenen Bescheid noch im Widerspruchsbescheid seien die geltend gemachte Forderung und deren Grundlage nachvollziehbar dargestellt.

Aus dem „Vergleichsvertrag über Haftungsfreistellung gegen Leistung einer pauschalen Beitragsnachzahlung“ zwischen der Deutschen Rentenversicherung Bayern Süd und der L. AG ergebe sich in eindeutiger Weise, dass die L. AG sämtliche Ansprüche aus dem Bereich der gesetzlichen Sozialversicherung, gleich auf welche Art sie zustande gekommen sein mögen, für die Zeit bis 31.12.2003 gegen Leistung eines Pauschalbetrages gegenüber der Deutschen Rentenversicherung Bayern Süd abgegolten habe. Aus dem Vergleich ergebe sich ferner, dass damit die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung aller Nachunternehmer der L. AG, die Gegenstand der eingangs erwähnten Ermittlungsverfahren waren oder noch sein werden, abgeschlossen sind. Unabhängig von der Tatsache, dass der Kläger als Nachunternehmer behandelt wurde, obwohl er es nicht war, sei mit dieser Pauschalregelung die gesamte Behandlungsweise gedeckelt, die sich auf Tätigkeiten für die L. AG beschränkt haben.

Die Beklagte übersandte hierzu eine Stellungnahme vom 14.04.2014 gegenüber dem Sozialgericht Hamburg. Darin vertritt sie in einem vergleichbaren Fall die Auffassung, dass durch die Zahlungen der L. AG in Höhe von 2,55 Mio die Beitragsforderungen gegen den dortigen Kläger nicht abgegolten seien. Eine solche Erlasswirkung lasse sich dem Vergleich zwischen der Beklagten und der L. AG nicht entnehmen. Dies folge schon aus dem Wortlaut in Ziffer III.4 des Vergleichsvertrages. Darin sei festgehalten, dass die DRV mit diesem Vergleich in keiner Weise - weder für sich noch für sonstige Gläubiger - auf Ansprüche wegen Beiträgen oder Nebenleistungen verzichte.

Eine Erlasswirkung gegenüber den Nachunternehmern sei auch zu keiner Zeit beabsichtigt gewesen. Die Beklagte habe den Vergleich geschlossen, um rechtliche Unsicherheiten über die Mithaftung der L. AG zu überwinden und einen Teil der geschuldeten Beiträge zu erhalten.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung nahm der Kläger ausführlich zu den Umständen seiner Beschäftigung im hier maßgeblichen Zeitraum Stellung. Auf die Angaben in der Sitzungsniederschrift wird insoweit Bezug genommen.

Zum Schluss der mündlichen Verhandlung stellte der Prozessbevollmächtigte des Klägers den Antrag,

den Bescheid der Beklagten vom 27.11.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.03.2013 aufzuheben.

Der Beklagtenvertreter stellte den Antrag,

die Klage abzuweisen.

Die Beigeladenen stellten keine Anträge.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird im Übrigen auf den wesentlichen Inhalt der beigezogenen Beklagtenakte, auf die ebenfalls beigezogene Akte der Staatsanwaltschaft Landshut (Az: 54 JS 14167/06) sowie auf die zwischen den Beteiligten im Klageverfahren gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Gründe

Die erhobene Anfechtungsklage ist zulässig; sie ist auch begründet.

Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 27.11.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.03.2013 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG).

Die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Entscheidung ergibt sich bereits darauf, dass die Arbeitgebereigenschaft des Klägers nicht erwiesen ist (1) und auch nicht durch eine Umkehr der Beweislast fingiert werden kann (2). Auch liegen die gesetzlichen Voraussetzungen für den Erlass eines kombinierten Summen-/Schätzbescheides nicht vor (3). Schließlich ist die Klage auch deswegen begründet, weil im streitgegenständlichen Bescheid keinerlei Ermessenserwägungen getätigt wurden, obwohl solche, jedenfalls im Hinblick auf die mit der Fa. L. vereinbarte Haftungsfreistellung im Zusammenhang mit den Nachunternehmern, zwingend notwendig gewesen wären (4).

Im Einzelnen:

1. Die Beklagte nimmt den Kläger auf der Grundlage des § 28 e SGB IV in Anspruch. Danach hat den Gesamtsozialversicherungsbeitrag grundsätzlich der Arbeitgeber zu tragen.

Die Träger der Rentenversicherung prüfen bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, ordnungsgemäß erfüllen. Sie erlassen im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern (§ 28 p Abs. 2 SGB IV).

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sieht die Kammer keine hinreichenden Belege dafür, dass der Kläger tatsächlich im Zeitraum November 2000 bis Oktober 2002 Arbeitgeber im Sinne der o.g. Bestimmungen war.

Der Begriff des „Arbeitgebers“ ist nicht gesetzlich definiert. Die ständige Rechtsprechung definiert ihn als denjenigen, der einen anderen beschäftigt, zu dem der Beschäftigte also in persönlicher Abhängigkeit steht. Arbeitgebereigenschaft ist gekennzeichnet durch Tragung des Unternehmerrisikos und Lohn-/Gehaltszahlungspflichten (vgl. Kassler Kommentar SGB IV, § 28 e Anm. 3, m.w.N.).

Nach den Feststellungen im angefochtenen Bescheid soll der Kläger für die Firma L. AG Bauleistungen erbracht und sich bei der Abrechnung verschiedener Fremdfirmen („Rechnungsschreiber“) bedient haben. Die von der Beklagten hierbei vorgelegten „Beweismittel“ rechtfertigen diese Schlussfolgerung nicht. Der Umstand, dass der Kläger Regieberichte geschrieben und sein Name auf Materialausgabelisten an Subunternehmer erscheint, beweist nicht, dass er auf „eigene Rechnung“ gearbeitet hat. In den vorgelegten Unterlagen finden sich keine Nachweise, dass der Kläger eigene Leistungen über Drittfirmen abgerechnet hätte. Nach den Angaben des Klägers in der polizeilichen Vernehmung vom 19.09.2008 war Inhaber der … Bau, der S. Bau und der D. Bau ein gewisser D. S., er selbst habe für S. die Baustellen geführt und in diesem Zusammenhang auch Regiestundenberichte geschrieben. Er sei weder Geschäftsführer noch unterschriftsberechtigt gewesen.

In der mündlichen Verhandlung machte der Kläger hierzu nähere Angaben. Dabei räumte er ein, für S. auch „schwarz“ gearbeitet zu haben. Die Abrechnung mit der Firma L. sei auch in diesen Fällen durch S. bzw. einen Herrn S. erfolgt. Ansonsten, so der Kläger, habe er in einem regulären Beschäftigungsverhältnis gestanden.

Die Kammer hält die Angaben des Klägers im Wesentlichen für glaubhaft. Dies auch deshalb, weil sich in den Akten keine Unterlagen befinden, die einen Geldfluss zum Kläger für erbrachte Bauleistungen über den Umweg „Rechnungsschreiberfirmen“ belegen.

Dass die Argumentationskette der Beklagten nicht stichhaltig ist, ergibt sich hinreichend deutlich aus den der nachgeholten Anhörung vom 02.01.2013 beispielhaft beigefügten Unterlagen und der hierzu abgegebenen Stellungnahme des Bevollmächtigten des Klägers. Auf den Schriftsatz vom 21.02.2013 wird insoweit Bezug genommen.

Es wäre Aufgabe des Beklagten gewesen, auf Basis der Unterlagen des Hauptzollamtes bzw. der Steuerfandung Landshut eigene Ermittlungen durchzuführen. Das Gericht ist aufgrund des Untersuchungsgrundsatzes nicht verpflichtet, bei einer reinen Anfechtungsklage Ermittlungen nachzuholen, die die beklagte Behörde unterlassen hat, um die Voraussetzungen für die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes selbst festzustellen (BSG, Urteil vom 25.06.2015, B 14 AS 30/14 R).

2. Die Arbeitgebereigenschaft des Klägers und eine damit verbundene Zahlungspflicht lässt sich auch nicht mit einer „Umkehr der Beweislast“ begründen.

Nach den allgemeinen Regeln für die Darlegung zur Beweislast gilt, dass derjenige die objektiven Tatsachen darlegen muss, die den von ihm geltend gemachten Anspruch begründen. Dies betrifft sowohl das Vorhandensein von positiven, als auch das Fehlen von negativen Tatbestandsvoraussetzungen.

Damit trägt die Beklagte die Beweislast dafür, dass der Kläger tatsächlich Arbeitgeber im Sinne der sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften war. Das Argument der Beklagten, der Kläger habe die ihm obliegenden Aufzeichnungs- und Nachweispflichten verletzt, deshalb komme es zu einer Umkehrung der Beweislast, geht fehl und gleicht einem Zirkelschluss: Eine Verletzung der Aufzeichnungs- und Nachweispflichten kann nur dann zu einer Umkehr der Beweislast in Bezug auf die Beitragsschuld und evtl. Ausschlusstatbestände führen, wenn die Arbeitgebereigenschaft feststeht. Dies ist vorliegend gerade nicht der Fall.

3. Selbst wenn man, entgegen dem Ergebnis der Beweisaufnahme, dass der Kläger - jedenfalls zeitweise - Arbeitgeberfunktion innehatte, wäre der angefochtene Bescheid dennoch rechtswidrig. Es handelt sich nämlich hierbei um einen kombinierten Summen-/Schätzbescheid, für dessen Zulässigkeit bestimmte Anforderungen gelten. Diese sind vorliegend nicht gegeben.

Die Feststellung der Versicherungspflicht und Beitragshöhe im Prüfbescheid hat grundsätzlich personenbezogen zu erfolgen. Als Ausnahme von diesem Grundsatz kann der prüfende Träger der Rentenversicherung nach § 28 f Abs. 2 Satz 1 SGB IV den Beitrag in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung und zur Arbeitsförderung von der Summe der vom Arbeitgeber gezahlten Arbeitsentgelte geltend machen (sogenannter Summenbescheid), wenn ein Arbeitgeber seine Aufzeichnungspflicht nicht ordnungsgemäß erfüllt hat und dadurch die Versicherungs- oder Beitragspflicht oder die Beitragshöhe nicht festgestellt werden kann.

Unter bestimmten Voraussetzungen ist ein Rentenversicherungsträger im Rahmen der Betriebsprüfung auch zur Schätzung der Entgelte einzelner Beschäftigter berechtigt. Rechtsgrundlage hierfür ist § 28 f Abs. 2 Satz 3 und 4 SGB IV.

Eine Schätzung von Entgelten ist jedoch nicht in jedem Fall fehlender oder fehlerhafter Arbeitgeberaufzeichnungen zulässig. Diese Befugnis besteht nur dann, wenn der prüfende Träger Arbeitsentgelte „nicht ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand“ ermitteln kann. Die Verhältnismäßigkeit des Unterlassens weiterer Feststellungen durch den Rentenversicherungsträger unterliegt dabei gerichtlicher Überprüfung.

Die Schätzung ist so exakt vorzunehmen, wie dies unter Wahrung eines noch verhältnismäßigen Verwaltungsaufwands möglich ist. Sie ist nicht zu beanstanden, wenn sie auf sorgfältig ermittelten Tatsachen gründet und nachvollziehbar ist. Dabei sind die Anforderungen an eine Schätzung umso höher, je größer die für die Versicherten und Arbeitgeber zu befürchtenden Nachteile sind. Schließlich sind Schätzungsgrundlagen und Berechnungsmethode vom Versicherungsträger in der Begründung seines Bescheides im Einzelnen darzulegen (vgl. Urteil des Bundessozialgerichts vom 16.12.2015, B 12 R 11/14 R).

Wegen der erheblichen Bedeutung einer personenbezogenen Zuordnung der Entgelte für den einzelnen Beschäftigten darf der Rentenversicherungsträger dabei nicht von vornherein von eigenen Ermittlungsbemühungen absehen. Je höher die Summe der nachfolgenden Beiträge ist, desto intensiver muss der prüfende Rentenversicherungsträger vielmehr versuchen, eine personenbezogene Zuordnung vorzunehmen (vgl. Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 27.01.2014, L 5 R 1191/13 B ER m.w.N.).

Diesen skizzierten Anforderungen an den Erlass eines Summen-/Schätzbescheides genügt die angefochtene Entscheidung nicht. Weder hat die Beklagte im angefochtenen Bescheid die Schätzungsgrundlagen und Berechnungsmethode, wie von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts gefordert, dargestellt noch hat sie ausreichende eigene Ermittlungen durchgeführt. Auch nach intensiver Auseinandersetzung mit dem dem Bescheid beigefügten Zahlenwerk erschließt sich für die Kammer nicht, worauf die geltend gemachten Sozialversicherungsbeiträge im Einzelnen beruhen. Allein die Angabe, man habe von den sich aus dem Aufmaß errechneten Rechnungssummen 60% als Lohnsumme zugrunde gelegt, genügt diesen Anforderungen nicht. Nach Auffassung der Kammer wäre es notwendig gewesen, im Einzelnen darzulegen, welche Bauvorhaben und welche Zahlungsflüsse dem Kläger im Einzelnen zugerechnet werden. Hierzu hätte es allerdings eigener, intensiver Ermittlungen der Beklagten bedurft. Auch wenn dies ein deutlicher Mehraufwand gewesen wäre, wäre dies der Beklagten schon in Anbetracht ihrer möglicherweise existenzvernichtenden Forderung über 127.000 Euro (deren Zahlung auch keine personenbezogenen Anwartschaften begründet!) zumutbar gewesen. Nicht nachvollziehbar ist in diesem Zusammenhang auch, dass die Beklagte keinerlei Anstrengungen unternahm, um den Kläger persönlich anzuhören, obwohl dessen österreichischer Wohnsitz im Zeitpunkt der öffentlichen Zustellung des Bescheides vom 27.11.2008 positiv bekannt war. Auch eine Befragung des Herrn S. und ein Abgleich der Meldedaten des Klägers hinsichtlich der angegebenen Beschäftigung bei der Kontingentfirma M.-M. hätte sich angeboten.

Dass die Beklagte keine Bemühungen unternommen hat, mit dem Kläger vor Erlass des Bescheides einen persönlichen Kontakt herzustellen, wiegt auch deswegen schwer, weil dieser dadurch „aus heiterem Himmel“ mit Vollstreckungsmaßnahmen der Einzugsstelle überzogen wurde, ohne sich hiergegen angemessen verteidigen zu können.

4. Der angefochtene Bescheid ist schließlich wegen fehlender Ermessensausübung rechtswidrig.

§ 28 f Abs. 2 Satz 1 SGB IV stellt den Erlass eines Summenbeitragsbescheides in das Ermessen des Rentenversicherungsträgers („kann“), d.h. der Rentenversicherungsträger muss nicht jeder Aufzeichnungspflichtverletzung mit einem Summenbeitragsbescheid begegnen. Die Ausübung des Ermessens ist gerichtlich überprüfbar (LSG Nordrhein Westfalen, Beschluss vom 30.12.2013, L 8 R 406/13 B ER; SG Landshut, Urteil vom 06.11.2013, S 10 R 5003/11; juris Praxiskommentar § 28 f SGB IV RdNr. 55 mit weiteren Nachweisen).

Der streitgegenständliche Bescheid enthält keinerlei Ermessenserwägungen. Die Beklagte ging offenbar davon aus, dass ihr kein Entscheidungsspielraum zusteht.

Es liegt somit ein Ermessensnichtgebrauch vor, der nach § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG zur Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes führt.

Selbst wenn man § 28 f Abs. 2 SGB IV als sogenannte „intendierte Entscheidung“ auslegen wollte, d.h. dass für den Regelfall eine bestimmte Entscheidung vorgegeben ist, so hätte die Beklagte zumindest prüfen müssen, ob ein „atypischer Fall“ vorliegt. Dies ist nach Auffassung der Kammer insbesondere im Hinblick auf den zwischen der Firma L. AG und der Beklagten geschlossenen „Vergleichsvertrag über Haftungsfreistellung gegen Leistung einer pauschalen Beitragsnachzahlung“ der Fall.

Mit dieser, im Strafverfahren gegen Verantwortliche der Firma L. getroffenen, Vereinbarung stellte die Beklagte die L. AG gegen Zahlung einer Pauschalsumme in die Kassen der Sozialversicherung von jeder Haftung im Zusammenhang mit dem Einsatz illegaler Sub- und Nachunternehmer für die Zeit bis 31.12.2003 frei. Die Vereinbarung gilt ausdrücklich auch für „Nachunternehmer, gleich ob diese im eigenen Namen, als Strohmänner oder Hintermänner tätig waren, für deren Beschäftigte, deren Leiharbeitnehmer wie überhaupt für alle Personen, welche mit der Erbringung von Arbeitsleistungen auf und für die Baustellen der L. AG tätig waren“. Offenbar um Missverständnisse aus der gewählten weitgehenden Formulierung zu vermeiden, haben die Beteiligten in Ziffer III.4. „klargestellt“, dass diese Vereinbarung keine Erlasswirkung gegenüber natürlichen und juristischen Personen aus dem Bereich der Nachunternehmer haben soll und die DRV mit diesem Vergleich in keiner Weise auf Ansprüche wegen Beiträgen oder Nebenleistungen gegenüber den Nachunternehmern verzichtet.

Nach Auffassung der Kammer irrt die Beklagte, wenn sie im Schreiben gegenüber dem Sozialgericht Hamburg die Auffassung vertritt, dass dieser Vergleichsvertrag keinerlei Auswirkungen auf beitragsrechtliche Ansprüche gegenüber den in das „System L.“ involvierten Subunternehmern besitzt. Es ist mit rechtsstaatlichen Grundsätzen schwer vereinbar, den Hauptverantwortlichen für den illegalen Einsatz von Nachunternehmern durch Zahlung einer pauschalen Summe in die Sozialkassen freizustellen, von den betroffenen Nachunternehmern, Rechnungsschreibern oder Hintermännern aber nochmal die vollen Beiträge zu fordern. Die Beklagte kann nicht einerseits wegen Ermittlungsschwierigkeiten auf Beiträge (möglicherweise in Millionenhöhe) verzichten, andererseits gegen die betroffenen Nachunternehmer Summen-/Schätzbescheide erlassen, die sich auf die gleichen Lebenssachverhalte gründen, ohne die von der L. AG geleisteten Zahlungen in irgendeiner Form zu berücksichtigen.

Unabhängig davon, ob die mit der Firma L. getroffene Vereinbarung eine teilweise Sperr- bzw. Erfüllungswirkung gegenüber den mittelbar betroffenen Nachunternehmern besitzt, hätte dieser Umstand jedenfalls im Rahmen der notwendigen Ermessensausübung wegen Vorliegens eines „atypischen Falles“ einer Würdigung bedurft.

Dies ist nicht geschehen.

Damit liegt nach Ansicht der Kammer ein weiterer Umstand vor, der die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Beitragsbescheides begründet und zu dessen Aufhebung führt.

Der Klage war daher in vollem Umfang stattzugeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 197 a SGG i.V.m. §§ 52, 53 Gerichtskostengesetz (GKG).

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Lastenausgleichsgesetz - LAG
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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published on 16/12/2015 00:00

Tenor Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 25. Juni 2014 aufgehoben. Die S
published on 25/06/2015 00:00

Tenor Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 13. Juni 2013 geändert.
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Annotations

(1) Ist der Vertrag zwischen einem Verleiher und einem Leiharbeitnehmer nach § 9 unwirksam, so gilt ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer zu dem zwischen dem Entleiher und dem Verleiher für den Beginn der Tätigkeit vorgesehenen Zeitpunkt als zustande gekommen; tritt die Unwirksamkeit erst nach Aufnahme der Tätigkeit beim Entleiher ein, so gilt das Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer mit dem Eintritt der Unwirksamkeit als zustande gekommen. Das Arbeitsverhältnis nach Satz 1 gilt als befristet, wenn die Tätigkeit des Leiharbeitnehmers bei dem Entleiher nur befristet vorgesehen war und ein die Befristung des Arbeitsverhältnisses sachlich rechtfertigender Grund vorliegt. Für das Arbeitsverhältnis nach Satz 1 gilt die zwischen dem Verleiher und dem Entleiher vorgesehene Arbeitszeit als vereinbart. Im übrigen bestimmen sich Inhalt und Dauer dieses Arbeitsverhältnisses nach den für den Betrieb des Entleihers geltenden Vorschriften und sonstigen Regelungen; sind solche nicht vorhanden, gelten diejenigen vergleichbarer Betriebe. Der Leiharbeitnehmer hat gegen den Entleiher mindestens Anspruch auf das mit dem Verleiher vereinbarte Arbeitsentgelt.

(2) Der Leiharbeitnehmer kann im Fall der Unwirksamkeit seines Vertrags mit dem Verleiher nach § 9 von diesem Ersatz des Schadens verlangen, den er dadurch erleidet, daß er auf die Gültigkeit des Vertrags vertraut. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Leiharbeitnehmer den Grund der Unwirksamkeit kannte.

(3) Zahlt der Verleiher das vereinbarte Arbeitsentgelt oder Teile des Arbeitsentgelts an den Leiharbeitnehmer, obwohl der Vertrag nach § 9 unwirksam ist, so hat er auch sonstige Teile des Arbeitsentgelts, die bei einem wirksamen Arbeitsvertrag für den Leiharbeitnehmer an einen anderen zu zahlen wären, an den anderen zu zahlen. Hinsichtlich dieser Zahlungspflicht gilt der Verleiher neben dem Entleiher als Arbeitgeber; beide haften insoweit als Gesamtschuldner.

(4) und (5) weggefallen

(1) Den Gesamtsozialversicherungsbeitrag hat der Arbeitgeber und in den Fällen der nach § 7f Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 auf die Deutsche Rentenversicherung Bund übertragenen Wertguthaben die Deutsche Rentenversicherung Bund zu zahlen. Die Zahlung des vom Beschäftigten zu tragenden Teils des Gesamtsozialversicherungsbeitrags gilt als aus dem Vermögen des Beschäftigten erbracht. Ist ein Träger der Kranken- oder Rentenversicherung oder die Bundesagentur für Arbeit der Arbeitgeber, gilt der jeweils für diesen Leistungsträger oder, wenn eine Krankenkasse der Arbeitgeber ist, auch der für die Pflegekasse bestimmte Anteil am Gesamtsozialversicherungsbeitrag als gezahlt; dies gilt für die Beiträge zur Rentenversicherung auch im Verhältnis der Träger der Rentenversicherung untereinander.

(2) Für die Erfüllung der Zahlungspflicht des Arbeitgebers haftet bei einem wirksamen Vertrag der Entleiher wie ein selbstschuldnerischer Bürge, soweit ihm Arbeitnehmer gegen Vergütung zur Arbeitsleistung überlassen worden sind. Er kann die Zahlung verweigern, solange die Einzugsstelle den Arbeitgeber nicht gemahnt hat und die Mahnfrist nicht abgelaufen ist. Zahlt der Verleiher das vereinbarte Arbeitsentgelt oder Teile des Arbeitsentgelts an den Leiharbeitnehmer, obwohl der Vertrag nach § 9 Absatz 1 Nummer 1 bis 1b des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes unwirksam ist, so hat er auch den hierauf entfallenden Gesamtsozialversicherungsbeitrag an die Einzugsstelle zu zahlen. Hinsichtlich der Zahlungspflicht nach Satz 3 gilt der Verleiher neben dem Entleiher als Arbeitgeber; beide haften insoweit als Gesamtschuldner.

(2a) Für die Erfüllung der Zahlungspflicht, die sich für den Arbeitgeber knappschaftlicher Arbeiten im Sinne von § 134 Absatz 4 des Sechsten Buches ergibt, haftet der Arbeitgeber des Bergwerkbetriebes, mit dem die Arbeiten räumlich und betrieblich zusammenhängen, wie ein selbstschuldnerischer Bürge. Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend.

(3) Für die Erfüllung der Zahlungspflicht des Arbeitgebers von Seeleuten nach § 13 Absatz 1 Satz 2 haften Arbeitgeber und Reeder als Gesamtschuldner.

(3a) Ein Unternehmer des Baugewerbes, der einen anderen Unternehmer mit der Erbringung von Bauleistungen im Sinne des § 101 Absatz 2 des Dritten Buches beauftragt, haftet für die Erfüllung der Zahlungspflicht dieses Unternehmers oder eines von diesem Unternehmer beauftragten Verleihers wie ein selbstschuldnerischer Bürge. Satz 1 gilt entsprechend für die vom Nachunternehmer gegenüber ausländischen Sozialversicherungsträgern abzuführenden Beiträge. Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend.

(3b) Die Haftung nach Absatz 3a entfällt, wenn der Unternehmer nachweist, dass er ohne eigenes Verschulden davon ausgehen konnte, dass der Nachunternehmer oder ein von ihm beauftragter Verleiher seine Zahlungspflicht erfüllt. Ein Verschulden des Unternehmers ist ausgeschlossen, soweit und solange er Fachkunde, Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit des Nachunternehmers oder des von diesem beauftragten Verleihers durch eine Präqualifikation nachweist, die die Eignungsvoraussetzungen nach § 6a der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil A in der Fassung der Bekanntmachung vom 31. Januar 2019 (BAnz. AT 19.02.2019 B2) erfüllt.

(3c) Ein Unternehmer, der Bauleistungen im Auftrag eines anderen Unternehmers erbringt, ist verpflichtet, auf Verlangen der Einzugstelle Firma und Anschrift dieses Unternehmers mitzuteilen. Kann der Auskunftsanspruch nach Satz 1 nicht durchgesetzt werden, hat ein Unternehmer, der einen Gesamtauftrag für die Erbringung von Bauleistungen für ein Bauwerk erhält, der Einzugsstelle auf Verlangen Firma und Anschrift aller Unternehmer, die von ihm mit der Erbringung von Bauleistungen beauftragt wurden, zu benennen.

(3d) Absatz 3a gilt ab einem geschätzten Gesamtwert aller für ein Bauwerk in Auftrag gegebenen Bauleistungen von 275 000 Euro, wobei für Schätzungen die Vergabeverordnung vom 12. April 2016 (BGBl. I S. 624) in der jeweils geltenden Fassung gilt.

(3e) Die Haftung des Unternehmers nach Absatz 3a erstreckt sich in Abweichung von der dort getroffenen Regelung auf das von dem Nachunternehmer beauftragte nächste Unternehmen, wenn die Beauftragung des unmittelbaren Nachunternehmers bei verständiger Würdigung der Gesamtumstände als ein Rechtsgeschäft anzusehen ist, dessen Ziel vor allem die Auflösung der Haftung nach Absatz 3a ist. Maßgeblich für die Würdigung ist die Verkehrsanschauung im Baubereich. Ein Rechtsgeschäft im Sinne dieser Vorschrift, das als Umgehungstatbestand anzusehen ist, ist in der Regel anzunehmen,

a)
wenn der unmittelbare Nachunternehmer weder selbst eigene Bauleistungen noch planerische oder kaufmännische Leistungen erbringt oder
b)
wenn der unmittelbare Nachunternehmer weder technisches noch planerisches oder kaufmännisches Fachpersonal in nennenswertem Umfang beschäftigt oder
c)
wenn der unmittelbare Nachunternehmer in einem gesellschaftsrechtlichen Abhängigkeitsverhältnis zum Hauptunternehmer steht.
Besonderer Prüfung bedürfen die Umstände des Einzelfalles vor allem in den Fällen, in denen der unmittelbare Nachunternehmer seinen handelsrechtlichen Sitz außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums hat.

(3f) Der Unternehmer kann den Nachweis nach Absatz 3b Satz 2 anstelle der Präqualifikation auch für den Zeitraum des Auftragsverhältnisses durch Vorlage von lückenlosen Unbedenklichkeitsbescheinigungen der zuständigen Einzugsstellen für den Nachunternehmer oder den von diesem beauftragten Verleiher erbringen. Die Unbedenklichkeitsbescheinigung enthält Angaben über die ordnungsgemäße Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge und die Zahl der gemeldeten Beschäftigten.

(3g) Für einen Unternehmer im Speditions-, Transport- und damit verbundenen Logistikgewerbe, der im Bereich der Kurier-, Express- und Paketdienste tätig ist und der einen anderen Unternehmer mit der Beförderung von Paketen beauftragt, gelten die Absätze 3a, 3b Satz 1, 3e und 3f entsprechend. Absatz 3b Satz 2 gilt entsprechend mit der Maßgabe, dass die Präqualifikation die Voraussetzung erfüllt, dass der Nachunternehmer in einem amtlichen Verzeichnis eingetragen ist oder über eine Zertifizierung verfügt, die jeweils den Anforderungen des Artikels 64 der Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG (ABl. L 94 vom 28.3.2014, S. 65), die zuletzt durch die Delegierte Verordnung (EU) 2017/2365 (ABl. L 337 vom 19.12.2017, S. 19) geändert worden ist, entsprechen. Für einen Unternehmer, der im Auftrag eines anderen Unternehmers Pakete befördert, gilt Absatz 3c entsprechend. Beförderung von Paketen im Sinne dieses Buches ist

a)
die Beförderung adressierter Pakete mit einem Einzelgewicht von bis zu 32 Kilogramm, soweit diese mit Kraftfahrzeugen mit einem zulässigen Gesamtgewicht von bis zu 3,5 Tonnen erfolgt,
b)
die stationäre Bearbeitung von adressierten Paketen bis zu 32 Kilogramm mit Ausnahme der Bearbeitung im Filialbereich.

(3h) Die Bundesregierung berichtet unter Beteiligung des Normenkontrollrates zum 31. Dezember 2023 über die Wirksamkeit und Reichweite der Haftung für Sozialversicherungsbeiträge für die Unternehmer im Speditions-, Transport- und damit verbundenen Logistikgewerbe, die im Bereich der Kurier-, Express- und Paketdienste tätig sind und einen anderen Unternehmer mit der Beförderung von Paketen beauftragen, insbesondere über die Haftungsfreistellung nach Absatz 3b und Absatz 3f Satz 1.

(4) Die Haftung umfasst die Beiträge und Säumniszuschläge, die infolge der Pflichtverletzung zu zahlen sind, sowie die Zinsen für gestundete Beiträge (Beitragsansprüche).

(5) Die Satzung der Einzugsstelle kann bestimmen, unter welchen Voraussetzungen vom Arbeitgeber Vorschüsse auf den Gesamtsozialversicherungsbeitrag verlangt werden können.

(1) Sind für den aus einer unerlaubten Handlung entstehenden Schaden mehrere nebeneinander verantwortlich, so haften sie als Gesamtschuldner.

(2) Ist neben demjenigen, welcher nach den §§ 831, 832 zum Ersatz des von einem anderen verursachten Schadens verpflichtet ist, auch der andere für den Schaden verantwortlich, so ist in ihrem Verhältnis zueinander der andere allein, im Falle des § 829 der Aufsichtspflichtige allein verpflichtet.

(3) Ist neben demjenigen, welcher nach den §§ 833 bis 838 zum Ersatz des Schadens verpflichtet ist, ein Dritter für den Schaden verantwortlich, so ist in ihrem Verhältnis zueinander der Dritte allein verpflichtet.

(1) Arbeitsentgelt sind alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Arbeitsentgelt sind auch Entgeltteile, die durch Entgeltumwandlung nach § 1 Absatz 2 Nummer 3 des Betriebsrentengesetzes für betriebliche Altersversorgung in den Durchführungswegen Direktzusage oder Unterstützungskasse verwendet werden, soweit sie 4 vom Hundert der jährlichen Beitragsbemessungsgrenze der allgemeinen Rentenversicherung übersteigen.

(2) Ist ein Nettoarbeitsentgelt vereinbart, gelten als Arbeitsentgelt die Einnahmen des Beschäftigten einschließlich der darauf entfallenden Steuern und der seinem gesetzlichen Anteil entsprechenden Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung. Sind bei illegalen Beschäftigungsverhältnissen Steuern und Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung nicht gezahlt worden, gilt ein Nettoarbeitsentgelt als vereinbart.

(3) Wird ein Haushaltsscheck (§ 28a Absatz 7) verwendet, bleiben Zuwendungen unberücksichtigt, die nicht in Geld gewährt worden sind.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.